Hamburg: Solidaritätsaktion anlässlich der Massenproteste in Spanien!

Am 25.9. fand in Hamburg eine Solidaritätsaktion für die von Sparpolitik betroffenen europäischen Länder vor dem spanischen Generalkonsulat statt. Anlass war der Aufruf für die unbefristete Umzingelung des spanischen Parlaments in Madrid, um die Regierung zum Rücktritt zu zwingen und eine verfassungsgebende Versammlung einzuberufen.  Aufgerufen für die Aktion hatte United Hamburg, ein Bündnis aus verschiedenen Gruppen, Initiativen und Einzelpersonen, bei dem auch REVOLUTION und die Gruppe Arbeitermacht aktiv mitarbeitet (www.united-hamburg.de).

Um 18 Uhr hatten sich ca. 50 Menschen vor dem Konsulat versammelt, um ihren Protest auszudrücken. Dabei ging es natürlich nicht nur um die Situation in Spanien, sondern auch in Griechenland, Portugal und Italien – alles Länder, die von den Finanzmärkten an den Rand des Ruins getrieben wurden und wo von den Regierungen massive Sparprogramme aufgelegt werden, damit die Arbeiterklasse, die Unterdrückten und die Jugend die Krise bezahlen sollen, die von den Kapitalist_innen verursacht wurde. Das Schema ist dabei überall gleich: um die Rettungspakete für die Banken zu finanzieren und die Schulden an die internationalen Finanzinstitutionen zu bezahlen wird bei staatlichen Leistungen gekürzt was das Zeug hält: Renten und Löhne werden gekürzt, Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld und Zuschüsse abgebaut, Beschäftigte im öffentlichen Dienst entlassen etc.

Hamburger Aktivist_innen protestieren vor dem spanischen Konsulat

Dabei geht es einzig und allein darum, die Profite für das internationale Kapital zu garantieren. Der Finanzminister von Deutschland, Wolfgang Schäuble, regte sich am Montag in der Financial Times darüber auf, dass über einen neuen Schuldenschnitt für Griechenland debattiert würde. „So können wir das Vertrauen der Finanzmärkte niemals zurück gewinnen.“ Was zeigt das anderes, als dass die deutsche Regierung – wie alle europäischen Regierungen – zu reinen Handlangern des internationalen Kapitals verkommen ist. Es tritt deutlich zu Tage, was schon immer der Charakter des Kapitalismus war: das ist keine Demokratie, sondern die Diktatur des Kapitals.

So wurde in den Redebeitragen auch deutlich gemacht, dass diese Politik eine internationale Frage ist und es besonders wichtig ist, endlich hier in Deutschland Protest und Solidarität zu organisieren. Zu Beginn wurde das spanische Manifest, welches zu der Umzingelung des Parlaments aufgerufen hat, in Spanisch und Deutsch verlesen. Anschließend gab es einen Redebeitrag, der unter anderem auf die immer weiter steigende Repression in ganz Europa aufmerksam machte. Der Redebeitrag des Genossen der Gruppe Arbeitermacht unterstrich, dass endlich europaweiter Widerstand organisiert und koordiniert werden muss und kritisierte die sozialchauvinistische Politik der Gewerkschaftsbürokratie und reformistischen Parteien, die die Politik des Fiskalpaktes mittragen anstatt internationale Solidarität zu organisieren. Er endete damit, dass die Frage der Zukunft in Europa mit der Systemfrage verknüpft ist und nur durch den Sturz des Kapitalismus und den Aufbau des Sozialismus gelöst werden kann. In dem anschließenden Beitrag wurde auf die beschämende Rolle der SPD in Hamburg eingegangen, die wie so oft gewählt wurde, um eine sozialere Politik umzusetzen, heute aber den Sozialkahlschlag aktiv vorantreibt und umsetzt. Führende Verdi-Bürokraten, die gleichzeitig Abgeordnete sind, fallen ihren streikenden Kolleg_innen im Rathaus in den Rücken! Im letzten Redebeitrag wurde schließlich noch einmal näher auf die Losung der verfassungsgebenden Versammlung in Spanien eingegangen.

Madrid – Athen – Hamburg, gemeinsam gegen die Sparpolitik der Troika!

Obwohl die Kundgebung vergleichsweise schwach besucht war, war es richtig und wichtig sie durchzuführen: wir haben ein deutliches Zeichen gesetzt, dass wir auch in Hamburg aktiv Solidarität organisieren wollen. Durch völlige Abwesenheit glänzte ein weiteres Mal ein Großteil der Hamburger Linken: die Linkspartei, Solid, SAV, Sol, Jour Fixe Gewerkschaftslinke, sowie die komplette autonome Szene . Das bestärkt uns einerseits in der politischen Kritik an diesen Organisationen, andererseits in unserer Aufforderung an diese, sich an kommenden Aktionen zu beteiligen und zu mobilisieren.

Diesen Samstag, den 29.9., stehen die „Umfairteilen“-Demonstrationen an, an denen wir von Revolution teilnehmen und für ein revolutionäre Perspektive eintreten werden. Für den Herbst ist eine europaweite Konferenz in Florenz geplant (Florenz 10 + 10) und für das Frühjahr 2013 in Athen (Altersummit). Darüber hinaus wollen wir von REVOLUTION auch in Hamburg eine Vernetzungskonferenz im Herbst organisieren, auf der diskutiert werden soll wie der Widerstand gegen das Kapital europaweit organisiert werden kann.

Auf dass der Widerstand endlich in Fahrt kommt! Hoch die internationale Solidarität!

Ein Artikel von Ernesto – REVOLUTION Hamburg




Bankrott – aber nicht am Ende!

Quelle: Scharf-Links

Warum also nicht etwas riskieren, Widerstand organisieren oder einen Aufstand wagen, einen kleinen oder auch größeren, so oder ähnlich dürften derzeit viele denken in Spanien, in Griechenland. Und sie tun es, die Mineros (Minenarbeiter_innen in Asturien), die Stahlarbeiter_innen in Thessaloniki und viele, viele andere Jugendliche, Arbeitslose, Arbeiter_innen, Rentner_innen in ganz Europa – hunderttausende, bis zu 800.000 waren es am 19. Juli in Madrid, mehrere Millionen waren es letzte Woche in Portugal und Spanien. Sie müssen befürchten, dass es für sie nach Jahren steigender Arbeitslosigkeit, sozialer Angriffe, Kürzungen in Bildung, Gesundheit, Rente nun noch viel schlimmer kommt, denn das ist der Plan ihrer Regierungen, der EU und ganz besonders „unserer“ Frauen und Herren Merkel und Rösler. Doch dieser Plan kann gestoppt werden, und dass hierfür der erste Schritt bereits getan ist, das zeigen die hektischen Reaktionen der rechten deutschen Presse, die ein „Umkippen“ Spaniens befürchtet. Sind die Proteste also bloß Ausdruck einer Verzweiflung angesichts des unvermeidlichen Bankrotts?

Nein, sie sind vielmehr die richtige und notwendige Reaktion – auf den Versuch der herrschenden Kapitalist_innen, ihre Krise in unseren Ruin zu verwandeln. Der Kampf gegen Sparprogramme und „Bankenrettung“ kann erfolgreich sein, und so er das in Spanien und Griechenland nicht ist, werden auch uns derartige Angriffe nicht erspart bleiben. Von den Zuständen manch anderer Länder – in Griechenland und Spanien sind mehr als die Hälfte der Jugendlichen arbeitslos – sind wir in Deutschland weit entfernt. Doch die Durchsetzung der gewaltigen Sparprogramme dort würde die Situation für uns nicht etwa verbessern – ganz im Gegenteil wären die deutschen Kapitalist_innen ermutigt, auch uns solche Einschnitte aufzuhalsen: Denn sie wissen, dass sie hauptsächlich deswegen besser dastehen, weil bereits seit Jahren die Löhne in Deutschland stagnieren und Hartz 4, Agenda 2010 und Leiharbeit höhere Profite als anderswo erlauben. Und umgekehrt ist das Fehlen von massenhaftem Widerstand in Deutschland, vor allem das weitestgehende Stillhalten von Gewerkschaften und der Partei „DIE LINKE“ mit dem Ziel, „friedlich und ruhig“ durch die Krise zu kommen, nicht nur ein schändlicher Verrat an der Bevölkerung in „Krisenländern“, sondern wird auf uns selbst zurückfallen, sobald Griechenland und Spanien „abgehakt“ ist. Der Kampf gegen die Politik der Bundesregierung ist daher jetzt notwendig – es ist falsch, erst auf die „Zuspitzung der Lage“ zu warten (wie manche linke Reformist_innen in Deutschland, aber auch SYRIZA in Griechenland)  oder – wie die DGB-Gewerkschaften in den Tarifrunden vormachen – „verantwortungsvoll“ gemeinsam mit den Kapitalist_innen die Krise „auszustehen“. Verantwortungsvoll ist dies nur vom Standpunkt der Ausbeuter, den Kapitalist_innen.

Für den Kampf gegen die Krise schlagen wir folgende Schritte vor:

  • Europaweite Mobilisierung gegen Fiskalpakt, Sparpaket, Bankenrettung! In ganz Europa muss 2012 ein Herbst des Widerstandes werden!
  • Generalstreiks in Spanien und Griechenland sind in der Diskussion. Diese sind notwendig, wenn die Verarmung gestoppt werden soll!
  • Solidaritätsstreiks auch in Deutschland! Überhaupt jeder Arbeitskampf, jede Demo muss auch Solidarität mit Spanien und Griechenland zum Ausdruck bringen!
  • Unterstützung muss praktisch werden: Solidaritätskomitees in jeder Stadt! Kampf der nationalistischen Hetze gegen Griechenland! Materielle Unterstützung für die griechische Arbeiter_innenklasse, wo der Kampf dies erfordert!
  • Aktionstag „UMfairTEILEN“ am 29. September: Alle auf die Straße, in jeder Stadt! Bildet Vorbereitungskomitees!
  • Schluss mit dem Stillhalten der Gewerkschaftsführungen! Ernsthafte Mobilisierung, klassenkämpferische Opposition von unten!
  • Für eine europaweite Konferenz der Linken, Arbeiter_innen- und Jugend-Aktivist_innen zur Verstärkung des Kampfes gegen die Krise – beteiligt euch vom 08.-11. November an „Florenz 10+10“. Macht es mit uns zu einer europaweiten Aktionskonferenz unseres Widerstandes!



Post aus Athen – Griechenland am Scheideweg

Am morgigen Tag findet ein weiterer Generalstreik in Griechenland statt. Fast 20 Generalstreiks hat das Land seit Ausbruch der Krise 2007 gesehen – fast keine der elementaren Angriffe konnte bisher verhindert werden. Im Zusammenhang mit der sich zuspitzenden Lage und der aktuellen Solidaritätskampagne unserer Organisation veröffentlichen wir daher den Bericht unserer Genossin Sonja Spunk, den sie im August 2012 nach ihrem 3 wöchigen Aufenthalt in Athen verfasste.

Nirgendwo sonst fanden in Europa so heftige Klassenkämpfe statt wie in Griechenland in den letzten 3 Jahren – Stahlwerke und Krankenhäuser werden besetzt und unter Arbeiterkontrolle gestellt, ein Generalstreik folgt dem anderen, riesige Massendemonstrationen lassen die Straßen von Athen beben und brennen, es kommt zu brutalen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und den Protestierenden.

REVOLUTION organisiert Solidaritätsdelegationen nach Griechenland.

Doch diese Kämpfe nur zu heroisieren, Solidarität nur Kund zu tun, indem man Bilder auf Facebook teilt und im viel zu ruhigen Deutschland darauf zu warten, dass die Griechen das Ding schon schaukeln werden, hilft niemandem. Denn wenn man genauer hinsieht, entstanden diese Kämpfe nicht als eine spontane Idee von einigen Jugendlichen, die Lust auf Krawall hatten, sondern sie drücken den Willen der Unterdrückten in Griechenland aus, die seit Beginn der Krise 2008 immer weiter in Armut und Elend gedrängt werden. Der Wille nach einem Leben,dass nicht vom auf und ab der kapitalistischen Wirtschaft bestimmt ist, sondern nach einer Zukunft, die man selbst in die Hand nehmen kann.

Um einen Eindruck von den griechischen Lebensverhältnissen zu bekommen, mit Aktivisten zu sprechen, über unsere eigenen Vorschläge für Griechenlands Zukunft zu diskutieren und um an Aktionen teilzunehmen haben wir von REVOLUTION gemeinsam mit der Liga für die 5. Internationale Anfang Juli begonnen, Solidaritätsdelegation nach Athen zu schicken, die bis Ende August mit wechselnder Besetzung vor Ort sein werden. Was nun folgt, ist ein Bericht über die Eindrücke, die wir während unserer Zeit in Griechenland gewonnen haben, sowie die Schlüsse,die wir daraus ziehen.

Betrachtet man zu erst einmal das Stadtbild von Athen, und damit meinen wir nicht die touristischen Einkaufsmeilen oder die Akropolis, sondern die normalen Wohnbezirke, ist man doch erstaunt, wie groß das Gefälle des Lebensstandards innerhalb von Europa ist. Zerfallene Häuser reihen sich an geschlossene Geschäfte vor denen Bettler sitzen, die noch weniger haben als die erst kürzlich obdachlos gewordenen, die noch viel von dem Hausrat bei sich haben, der aus ihrer alten Wohnung stammt. Man muss auch nicht in den hintersten Winkel der Stadt gehen, um Drogenabhängige sich Heroin spritzen zu sehen, als Student der Polytechnischen Universität wird man von ihnen an der Eingangstür begrüßt.

Athen macht keinen Hehl daraus, heruntergekommen und von der Krise schwer getroffen zu sein, es wirkt fast so als wolle es allen, die hierherkommen, sagen: „So sieht Wettbewerb und Marktwirtschaft auf der Seite der Verlierer aus!“ Aber die Armut hat keineswegs den Nachgeschmack der Hoffnungslosigkeit oder der Ohnmacht der Gesellschaft, ganz im Gegenteil. Was aus diesen Zuständen erwächst ist Widerstand und Kampfgeist. Der Wille, für eine bessere Zukunft zu kämpfen, denn was hat man schon zu verlieren?

Tsipras: Held oder doch eher Heuchler?

SYRIZA, die größte linke Partei, die bei den letzten Wahlen beinahe die konservative Nea Demokratia vom Throne der Regierung geschubst hätte, gewann in den letzten Monaten viele Mitglieder und Sympathisanten. Ihre Forderung nach einem sozialen Griechenland der Arbeiter_innen, der Menschen und nicht des Kapitals, traf auf breite Unterstützung. Die fehlenden drei Prozent zum Wahlsieg, hätten kein Hindernis für SYRIZA sein sollen, um auch nach der Wahl den Kurs Richtung Antikapitalismus zu halten, gegen die neue Regierung zu mobilisieren und sich auf die Basisstrukturen zu stützen, die die griechische Bevölkerung aufgebaut hat, um sich selbst zu organisieren.

Stattdessen sieht SYRIZAs Parteivorsitzender Tsipras tatenlos zu, wie die Regierung neue Angriffspläne schmiedet, wie zum Beispiel das bereits durchgesetzte Sparpaket in Höhe von 11,5 Mrd. Euro, die durch geringere Renten und massenhafte Entlassungen zusammenkommen sollen oder der Plan eine 6-tägige Arbeitswoche einzuführen.

Antarsya, das kleine und radikalere linke Bündnis, eine Allianz aus 10 Gruppen, lag bei den letzten Wahlen zahlenmäßig unter einem Prozent. Auf der Straße scheinen sie jedoch bei sämtlichen Aktionen ganz vorne mit dabei zu sein. Ein Beispiel war die antifaschistische Demonstration in Nikea, einem stark migrantisch geprägten Viertel von Athen, das Mitte Juni von Faschisten und der Polizei pogromartig angegriffen wurde. Am 05. Juli fand dort eine Demonstration statt, bei der klar wurde, dass die Migrant_innen in Zukunft mit ausnahmslos allen Mitteln bereit seien, sich selbst und ihren Stadtteil zu verteidigen. Antarsya-Mitglieder waren dort zahlenmäßig gut vertreten und mobilisierten zu der Demonstration, jedoch gibt es auch von ihnen keinen entschlossenen Schritte in Richtung des Aufbaus gemeinsamer Selbstverteidigungsstrukturen für Migrant_innen und linker Aktivist_innen, die im Angesicht der immer stärker werdenden Faschist_innen  nun immer notwendiger werden.

Ebenso wenig Ruhm verdiente sich bisher die stalinistische KKE. So radikal manche ihrer Thesen auch sein mögen, reicht es doch nicht aus, sich in seinem Büro zu verschanzen und darauf zu warten, dass die revolutionären Massen von ganz alleine zu einem strömen. Sie lehnt gemeinsame Aktionen mit anderen Organisationen meist ab, organisiert nur eigene Demonstrationen und auch bei dem jährlich stattfindenden Antirassismus-Festival, bei dem diesen Sommer 30.000 Besucher teilnahmen, ließ sie sich nicht blicken. Als vermeintlich revolutionäre Kraft hätte sie die Pflicht – gerade unter dem Anbetracht, dass sie einen erheblichen Organisationsgrad unter der industriellen Arbeiterklasse besitzt – jeden Kampf mit aller Kraft zu unterstützen, um die Arbeiter_innen zum Sieg zu führen. Stattdessen versteckt sie sich und mobilisiert ihre Basis nur zu symbolischen Aktionen außerhalb der praktischen Bewegung. Nur um das theoretische Potential der KKE und wie sie damit umgeht, aufzuzeigen erinnern wir an den Streik der Stahlarbeiter in Chalivourgia. Beispielsweise schaffte sie es gemeinsam mit der ihr nahe stehenden Gewerkschaft „PAME“ innerhalb kürzester Zeit, eine Demonstration von 30.000 auf die Straße zu bringen, die gegen die Räumung des besetzten und seit 9 Monaten bestreikten Stahlwerks in Chalivourgia protestierten. Über eine Demonstration schienen die Führer jedoch nicht hinaus gehen zu wollen, weder Syntagma noch Omonia wurden besetzt, das Stahlwerk nicht zurückerobert.

Doch bei aller Kritik an den politischen Mängeln der einzelnen Organisationen – Wie erreicht man nun sein Ziel, wenn scheinbar keine Organisation genügend Durchschlagskraft besitzt?

Die griechische Arbeiterklasse darf sich weder von ihren falschen politischen Führern, noch von der herrschenden Klasse aufhalten lassen, will sie ihrem Elend ein Ende bereiten!

Schuld sind nicht die Mitglieder, die, wie manche behaupten, gar keine Lust hätten, die Regierung zu stürzen und die Macht in ihre Hand zu nehmen. Schuld tragen die Führungen dieser Organisationen, die sich manchmal nicht einmal ihres genauen Zieles, manchmal aber auch nur nicht dem Weg dorthin bewusst sind. Tsipras spricht nicht offen davon, eine Arbeiterregierung und eine Rätedemokratie in Griechenland zu erkämpfen. Es wüsste auch gar nicht wie, denn er setzt er auf den parlamentarischen Weg, auf seine Rolle als „verantwortungsvolle Opposition“. Seine Basis will aber sicherlich nicht bis zur nächsten
Wahl abwarten und alle Maßnahmen ertragen, die die neue Regierung zur Zufriedenheit der Bourgeoisie erlässt.

Was die Arbeiter_innen, die Jugend und andere Unterdrückte zum Erfolg, also zur Umsetzung ihrer Forderungen bringen würde, wären riesige Proteste, die sich auf alle Basiskomitees, Aktions- und Streikkomitees stützen würden. Ein unbefristeter Generalstreik, der die gesamte Wirtschaft zum Stillstand bringt und enormen Druck gegen die Herrschenden aufbaut – letztlich die Frage der Macht in der griechischen und europäischen Gesellschaft stellen würde – muss angekündigt werden. Alle linken Organisationen, Migrantenorganisationen, Jugendorganisationen, Arbeiter_innen und Arbeitslose müssten zusammen eine demokratisch gewählte Arbeiterregierung aufbauen, die der Bourgeoisie, der EU, Merkel & Co. die Stirn bieten kann. Sie müsste sich selbst verteidigen gegen die Polizei der Herrschenden, gegen das Militär und die Faschisten. Nur auf diesem Weg, durch die gemeinsame Aktion aller Unterdrückten kommt man dem Sieg gegen die Kapitalisten von Europa, die Griechenland unter ihrer Führung behalten wollen, einen Schritt näher.

Griechenland ist der beste Beweis, dass man im Parlament keinen Kapitalismus reformieren kann, dessen einziges Ziel es ist, die Wirtschaft und die Gesellschaft und die Kontrolle der Besitzenden zu stellen, während die Arbeiter_innen den eigentlichen gesellschaftlichen Reichtum produzieren. Die Mehrheit der Bevölkerung will keine Sparmaßnahmen diktiert bekommen, aber im Parlament scheint das niemanden zu interessieren. Schon das allein zeigt, wie demokratisch dieses Parlament, das über dem Syntagma Platz erhebt, wirklich ist.

Doch kann man die Griech_innen nicht alleine kämpfen lassen, denn auch ein noch so sozialistisches Griechenland wäre in Europa vollkommen von der Wirtschaft isoliert und würde in kürzester Zeit zusammenbrechen, bliebe es isoliert. Deshalb müssen alle europäischen Arbeiter_innen gegen ihre bürgerlichen Regierungen kämpfen, um Solidarität organisieren zu können und überhaupt Handelsbeziehungen mit Griechenland aufrecht erhalten können. Diese Kämpfe müssen international koordiniert werden, von Gewerkschaften, von Jugendorganisationen, von Arbeiterparteien in einer neuen, fünften Internationale Seite an Seite mit einer revolutionären Jugendinternationale!

Ein Artikel von Sonja Spunk, REVOLUTION Ulaan Bataar




Athen, Berlin, Madrid – gemeinsam gegen Sparpolitik

„Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“ sagte Karl Liebknecht Anfang des 20. Jahrhunderts. Heute, wo die herrschenden Klassen versuchen die Arbeiter und Jugendlichen Europas untereinander auszuspielen ist der Satz aktueller denn je. Unsere Waffe dagegen: die revolutionäre internationale Solidarität!

Zum 15. und 25. September 2012 mobilisieren die spanischen Gewerkschaften und Teile der 15-M-Bewegung zu einem „Marsch auf Madrid“. Sie protestieren damit gegen die massive Sparpolitik der Troika aus EU, EZB und IWF. Diese sieht enorme Einschnitte bei Löhnen der öffentlich Beschäftigten, eine Verschlechterung des Arbeits- und Sozialrechts und eine Privatisierung der Altersvorsorge vor. Damit droht Spanien das „zweite Griechenland“ zu werden.

Auch in Griechenland werden die Spardiktate gegen die lohnabhängige Bevölkerung mit immer größerem Druck vorangetrieben. So sind weitere Kürzungen auf Kosten der Rentner geplant. Offen wird über die Einführung von „Wirtschaftssonderzonen“ diskutiert. In diesen gibt es keine gewerkschaftlichen und tarifvertraglichen Rechte. Dafür brauchen die hier angesiedelten Unternehmen kaum Steuern zahlen. Hinter der Troika steht vor allem Deutschland. Die BRD nutzt die jetzige Krise dazu, auf Kosten der Werktätigen anderer EU-Staaten die internationale Wettbewerbsfähigkeit ihrer eigenen Banken und Konzerne zu verbessern. Dabei kümmert es sie nicht, dass die Situation in Griechenland und in Spanien längst die Kriterien einer humanitären Katastrophe erfüllt (Arbeitslosigkeit in beiden Ländern um die 25 %, Jugendarbeitslosigkeit über 50 %, Zunahme von Obdachlosigkeit, Selbstmorden und Armutsprostitution). Besonders die schwarz-gelbe Koalition macht fortwährend mehr Druck für neue Kürzungswellen, fordert offen „Exempel zu statuieren“ und verschärft rassistische Töne gegen die „faulen Südländer“.

Derweil wächst in Griechenland die faschistische Gefahr. Im Aufwind der herrschenden Propaganda gegen Immigranten und andere „Sozialschmarotzern“ machen Faschisten der Partei „Goldene Morgenröte“ Jagd auf die sozial Schwächsten. Die griechische Regierung begleitet diesen Kurs, indem sie Tausende von Migranten in Internierungslager steckt. Gegen diese sozialen Angriffe wächst auch in Griechenland und Spanien der Widerstand.

Es ist längst überfällig, etwas dagegen zu tun! Griechenland und Spanien sind die Experimentierfelder für neoliberale Krisenlösungen, die früher oder später auch hier in Deutschland eingeführt werden. Bereits jetzt leben 6 Mio. Menschen in Deutschland mit einem Existenzminimum am Rand der Gesellschaft. Allein die jetzige Solidarität und der gemeinsame Kampf mit unseren Kolleginnen und Kollegen in Griechenland und Spanien und europaweit kann eine verschärfte Attacke auf die sozialen Errungenschaften in Deutschland verhindern. Wir brauchen eine starke Protestbewegung, die sich den Plänen der Banker, Konzernchefs und deren Politiker zur Abwälzung der Krisenkosten auf die arbeitende Bevölkerung in Europa entgegenstellen. Die Wirtschaftskrise ist genauso international, wie der brutale soziale Kahlschlag der herrschenden Konzerne und Banken und ihrer Regierungen. Höchste Zeit, dass wir, die lohnabhängige Bevölkerung, Jugend und Rentner, uns international zur Wehr setzen. Deshalb versammeln wir uns am 25. September auch in Berlin.

  • Rücknahme und Stopp aller Spardiktate!
  • Für einen drastischen Schuldenschnitt zugunsten Griechenlands und Spaniens!
  • Massive Besteuerung der Superreichen!

 

Aufruf des Griechenland-Solidaritäts-Komitees Berlin

Weitere UnterstützerInnen sind: Real Democracy Now! Berlin/Griechenland, 15M Berlin, DIE LINKE. Berlin, Sozialistisch-demokratischer Studierendenverband (DIE LINKE. SDS), Antifaschistisch-Revolutionäre Aktion Berlin (ARAB), Sozialistische Initiative Berlin (SIB), Sozialistische Alternative Voran (SAV), Internationale Sozialistische Linke (isl), Revolutionär-Sozialistischer Bund (RSB/ IV: Internationale), Gruppe Arbeitermacht (GAM), Revolution, Revolutionäre Internationalistische Organisation (RIO), Gruppe soziale Kämpfe (GsK), ATTAC Berlin

Wir weisen darauf hin, dass eine Minderheit aus REVOLUTION, Gruppe Arbeitermacht und RIO in dem Bündnis für eine weitere Forderung – die Verstaatlichung der Banken und großen Konzerne unter Arbeiterkontrolle – eintraten, die jedoch von der Mehrheit des Bündnis als gemeinsame Forderung abgelehnt wurde.




Umfairteilen – Alle auf die Straße am 29. September

Aktion der Antikrisenbewegung 2011 vor einer Berliner Bank!

Die Krise greift um sich! Nicht nur in Spanien und Griechenland, sondern auch in Deutschland sind wir Jugendlichen von massiven Kürzungen betroffen. Zwar haben wir noch keine Jugendarbeitslosigkeit von 50%, wie in Südeuropa. Doch auch in Deutschland gibt es zahlreiche Sparmaßnahmen an Schulen und Unis, vor allem Jugendzentren sind von Schließungen betroffen. Unsere Perspektiven sind miserabel: Kaum gute Ausbildungsplätze, schlechte Arbeitsbedingungen und das bei sinkendem Lohn.

Warum sollen ausgerechnet wir für diese Krise hinhalten? Warum sollen nicht die, die Krise verursacht haben, nämlich die Banken und Konzerne, bezahlen? Als Antwort auf diese Frage ruft das Bündnis „UmFAIRteilen“ am 29. September zum bundesweiten Aktionstag auf. Es fordert die Reichen zu besteuern und Abgaben auf hohe Vermögen zu leisten.

Wir von REVOLUTION unterstützen diese Forderungen, doch unserer Meinung nach braucht es mehr! Wir wollen das System beenden, das die Grundlage der Machenschaften der Reichen ist. Dafür brauchen wir europaweite Aktionen – getragen von Jugendlichen, Gewerkschaften und sozialen Bewegungen.

Beteiligt euch am 29. September an den Aktionen von „UmFAIRteilen“ – organisiert den Widerstand gegen das Europa des Kapitals!

  • Ruecknahme und stopp aller Sparmassnahmen und reaktionaeren Gesetze!
  • Massive Besteuerung von Reichtum und Gewinnen!
  • Fuer einen Schuldenschnitt verschuldeter Staaten, Nein zur antisozialen Schuldenbremse!
  • Enteignet die Banken unter Kontrolle der Arbeiter_innen und kleinen Sparer zu einer zentralen Staatsbank!
  • Fuer die entschaedigungslose Verstaatlichung der Schlüsselindustrien unter Arbeiterkontrolle, anstatt weiterer Privatisierungen!

Kurzaufruf von REVOLUTION-Berlin, ein längerer inhaltlicher Artikel folgt in Kürze




Verteidigt den Streik der griechischen Stahlarbeiter_innen!

Das Stahlwerk von Chalevourgia aus der Entfernung. Im Vordergrund links sieht man ein Spruchband von PAME, einer der KKE nahen Gewerkschaft.

Am Freitag. den 20. Juli  wurde das Stahlwerk in Chalivourgia, das seit über neun Monaten von den 380 Beschäftigten bestreikt und besetzt wurde, von der Polizei mit Tränengas und Knüppeln geräumt. Der Streik, der für viele Arbeiter_innen in- und außerhalb Griechenlands ein Vorbild war, sollte durch die Polizeikräfte zerschlagen werden. Der Streikposten wurde gewaltsam aufgelöst und 9 Arbeiter_innen verhaftet!

Dieser Anschlag auf die Arbeiterklasse geht auf das Konto der Regierung Samaras, die sich auf die konservative Nea Demokratia, die nationalistische PASOK und die „sozialdemokratische“ DIMAR stützt.

Ein angeblicher Gesetzesverstoß bei einer Streikabstimmung vor zwei Monaten – eine Entscheidung wurde damals per Handzeichen und nicht per Urnenwahl gefällt – diente als Anlass, die Aktion für „illegal“ zu erklären und als Vorwand, ein wichtiges Symbol des Widerstandes zu räumen. Die Beschäftigen hatten das Werk besetzt, um die Entlassung von 120 Arbeiter_innen und weitere Sparmaßnahmen, wie die Streichung des fünften Arbeitstages der Woche zu verhindern. Der Angriff der Polizei auf den Streik, war nicht nur ein Angriff auf die Stahlarbeiter_innen sondern auf die gesamte Widerstandsbewegung. So sollen nicht nur die Streikenden, sondern die gesamte Arbeiterklasse und Jugend des Landes entmutigt werden.

Es waren 50 mal mehr Arbeiter und Jugendliche als Polizisten gekommen, um den Stahlarbeitern ihre Solidarität auszusprechen!

Doch bereits am Abend fand eine Demonstration mit mehr als 5.000 Demonstrant_innen vor dem Werk statt – viele von ihnen KKE- und PAME-Anhänger_innen. Die Stimmung war kämpferisch und militant, die Polizei in einer klaren Unterzahl. Doch die Führung der Streikenden und der Demonstration – die KKE (Kommunistische Partei) und PAME (ihr nahe stehende Gewerkschaft) – unterließen es, das Werk wieder zu besetzen.

Am folgenden Tag fand, wenn auch außerhalb der Fabrik, eine Streikversammlung statt, an der sich fast 200 Arbeiter_innen beteiligten (momentan sind viele Griechen aufgrund des Sommers außerhalb Athens), die mit großer Mehrheit die Fortsetzung des Streiks beschloss.

Dieser kann allerdings nicht gewonnen werden, wenn er vor allem auf die Hoffnung setzt, dass der Kapitalist durch den Druck des Staates (welcher die Polizei ins Werk schickte!) mit den Streikenden verhandeln würde.

Diese Hoffnungen oder besser die Illusionen, mit denen Führer_innen von PAME und KKE die Arbeiter_innen blenden, ist ein Hindernis für dieses Ziel. Noch mehr ist es die Untätigkeit, die Passivität und ihr sektiererisches Verhalten gegenüber der „restlichen“ organisierten Jugend und Arbeiterklasse. Das haben sie in der Vergangenheit oft genug bewiesen.

Unsere volle Solidarität gilt den streikenden Arbeiter_innen in Chalivourgia, den Militanten von PAME und KKE, die sich gegen die Angriffe von Polizei und Staat verteidigen wollen. Nichts desto trotz werden wir uns nicht davor scheuen unsere Kritik an den Führer_innen von KKE oder PAME zu artikulieren, denn letztlich kann die griechische – nein die internationale Krise – nur auf Grundlage eines revolutionären Programms gelöst werden!

Am Montag soll eine weitere Demonstration im Zentrum Athens stattfinden, an der sich auch Genoss_innen der Solidaritätsdelegation von REVOLUTION und der L5I (Gruppe Arbeitermacht) beteiligen werden.

Dort, wo es unserer Organisation möglich ist, werden wir Solidarität mit allen Streikenden, Arbeiter_innen und Jugendlichen, die den Kampf der Stahlarbeiter_innen unterstützen, aufbauen und für folgende Forderungen eintreten:

  • Rücknahme aller 120 Kündigungen, für eine 35-Stunden Woche bei altem Lohn!
  • Raus mit der Polizei – für organisierte Verteidigungsstrukturen, die die Polizei wenn nötig vertreiben können und den Bezirk vor den dortigen Faschisten schützen!
  • Für die Besetzung des Betriebes unter Arbeiterkontrolle. Wenn der Kapitalist nicht produzieren will, dann sollen es die Arbeiter_innen unter eigener Regie tun!
  •  Wenn der Kapitalist den Forderungen der Streikenden nicht nachkommt, soll das Werk unter Arbeiterkontrolle verstaatlicht werden!

Nach der Räumung braucht der Kampf die Unterstützung der gesamten Arbeiterklasse und Jugend. KKE, Syriza und Antarsya müssen gemeinsam für eine landesweite Unterstützungskampagne durch Solidaritätsaktionen und Streiks mobilisieren. Das gilt auch für die großen Gewerkschaften ADEDY, GSEE und PAME sowie kleinere oder lokale Gewerkschaften. Dazu müssen revolutionäre und kämpferische ArbeiterInnen, wenn nötig, auch gegen bürokratische Führer_innen – egal ob sie nun der PASOK, der KKE oder Syriza nahe stehen – kämpfen.

Die Verteidigung des Streiks in Chalivourgia sollte auch mit der Verbreitung des Slogans der Besetzung und Arbeiterkontrolle verbunden werden, der bereits durch Antarsya getragen wird. Die Besetzung ist alles andere als ein Einfall, sondern eines der bekanntesten und wichtigsten Beispiele, wo die Beschäftigten gegen die Schließung oder Nicht-Bezahlung ihre Löhne zur Besetzung griffen, ja greifen mussten.

Zugleich zeigen die Räumung durch die Polizei und die fortgesetzte Kahlschlagpolitik der Regierung Samaras, hinter der die imperialistischen Mächte, wie Deutschland und ihre Institutionen wie die TROIKA stehen, dass der Kampf um Chalivourgia und die anderen Betriebe letztlich nur politisch gelöst werden kann. Daher treten wir für einen politischen Generalstreik gegen die Angriffe und zum Sturz der Regierung ein, um so die Bedingungen zu schaffen für eine Arbeiterregierung, die sich auf Räte und Milizen, auf die Selbstorganisation der Masse der Lohnabhängigen stützt.

Erklärung der Solidaritätsdelegation von REVOLUTION und der Liga für die Fünfte Internationale in Griechenland




Kampf im "Herzen der Bestie" – Vor welchen Chancen und Gefahren steht die revolutionäre Jugend?

Wir veröffentlichen hier ein Dokument, das von der REVOLUTION-Jahreskonferenz im Juni 2012 beschlossen wurde und eine umfassende Zusammenstellung der politischen und ökonomischen Entwicklung und der Perspektiven für Klassen- und Jugendkämpfe weltweit enthält.

1. Der Rahmen: globale Krise

2011 und 2012 waren weltweit von der historischen Krise des Kapitalismus geprägt, die in allen Ländern sowohl Kapitalisten als auch Unterdrückte vor gleichsam historische Herausforderungen stellt. Innerimperialistische Konflikte haben sich in Europa wie international zugespitzt, ebenso wie sich in vielen Halbkolonien imperialistische Konflikte, Klassenkämpfe, Unabhängigkeitsbewegungen und Aufstände verschärft haben. Die politische und wirtschaftliche Entwicklung war dabei in verschiedenen Ländern in höchstem Maße unterschiedlich, widersprüchlich und zugleich eng verbunden.

Während der US-Imperialismus sich im Niedergang befindet, weite Teile Europas stagnieren oder vor dem Kollaps stehen, hat besonders Deutschland die Krise zur vergrößerung seines Einfluss genutzt. Während sich in Griechenland oder im Nahen Osten revolutionäre Bewegungen formieren, herrscht in wichtigen imperialistischen Ländern weitgehende Friedhofsruhe zwischen Unterdrückten und Unterdrückern. China erhöht seine Ansprüche auf Iran oder Syrien und fordert gar Zugeständnisse von Europa und den USA, letztere sind dagegen weitgehend erfolglos in der Unterordnung Afghanistans und der Region.

In Europa hat der deutsche Imperialismus seine Offensive zur Unterordnung Süd- und Osteuropas sowie zur Hegemonialmacht der EU ausgeweitet. Frankreich ist hierbei Rivale ebenso wie zeitweise taktischer Verbündeter in gemeinsamen Interessen. Als politisches Führungsduo der EU unangefochten, haben Merkel und Sarkozy der EU und insbesondere Griechenland, Spanien, Italien zahlreiche Maßnahmen aufgezwungen, die der Entschärfung der Krise zugunsten des deutschen und französischen Imperialismus dienen sollen. Verlierer in diesem Kampf sind neben den jeweiligen nationalen Bourgeoisien natürlich stets in erster Linie die Unterdrückten, die Arbeiterklasse und in hohem Maß die Jugend, die von enormer Verarmung, Massenarbeitslosigkeit und Entrechtung in allen wichtigen Fragen – soziale Sicherung, Bildung, Gesundheit usw. – betroffen ist. Die Jugendlichen beantworten diese Entwicklung mit Massenaktionen – Millionen waren aktiv in Platzbesetzungen, Streiks bis hin zur Belagerung des griechischen Parlaments und Straßenkampf gegen die Macht des Staates.

2. Der deutsche Imperialismus als Krisenprofiteur

In Deutschland hat sich der leichte Aufschwung von 2011 nicht fortgesetzt. Vorhersagen, dass dieser in einen weiteren tiefen Einbruch vergleichbar 2009 mündet, haben sich jedoch nicht bestätigt. Vielmehr befindet sich die deutsche Wirtschaft wieder nahe der Stagnation, die Bourgeoisie selbst geht von einem schwachen Wachstum von knapp 1% für 2012 aus. Dies steht in starkem Ungleichgewicht zu der Entwicklung der meisten europäischen Länder. Insgesamt wird eine Stagnation oder sogar Rezession im Euroraum erwartet. Griechenland, Italien, Spanien und Portugal befinden sich in der Rezession. Dieses Ungleichgewicht ist derzeit kennzeichnend für die Krise.

Der deutsche Imperialismus hat insgesamt während der Krise seine Position verteidigen und auf Kosten imperialistischer Rivalen ausbauen können.

Grundlage hierfür war zum einen seine ökonomische Basis in Form der exportierenden Industrie. Diese war zwar mit am schärfsten vom Einbruch 2009 betroffen, konnte jedoch mit massiven Subventionen (Konjunkturpakete, Kurzarbeit) auf Bereitschaft gehalten werden, so dass sie widerum zu den ersten Gewinnern in 2010-2011 zählte. Wichtig waren hierfür auch die Niedrigzinspolitik der EZB. Weiterhin haben die forgesetzten Konjunkturprogramme der USA dazu beigetragen, den deutschen Export aufrecht zu erhalten.

Nicht minder wichtig war jedoch die reaktionäre Mitarbeit der Gewerkschaften an der Krisenpolitik, welche die gewerkschaftlichen Kämpfe weitgehend lähmte und stets in Niederlagen führte. Der Verzicht auf ernsthafte Abwehrkämpfe gegen Kurzarbeit, Leiharbeit, die Nichtdurchsetzung von Lohnforderungen und weitgehende politische Unterstützung des schwarz-gelben Krisenprogramms macht die reformistischen Gewerkschaftsführungen verantwortlich nicht nur für Prekarisierung der unteren ArbeiterInnenschichten in Deutschland – insbesondere Jugendliche und Frauen – sondern auch für die imperialistische Offensive der deutschen Bourgeoisie mit weltweit historischen Auswirkungen. Nicht nur für die Arbeiterklasse in Deutschland, sondern auch für die Unterdrückten Griechenlands, Portugals oder Spaniens ist die Erledigung dieser reformistischen Führung daher eine Aufgabe ersten Ranges.

Darüber hinaus haben die expansive Geldpolitik der EZB und die staatlichen Kredite und Kreditgarantien (EFSM, EFSF, ESM) auch die Staatsschuldenkrise im Euroraum kurzfristig entschärft, indem die Kreditklemme verhindert wurde und „Schrottpapiere“ unmittelbar durch Garantien abgesichert wurden. Langfristig sind die Folgen dieser Politik für den Imperialismus jedoch kaum absehbar – In jedem Fall führt grundsätzlich die Ausweitung des Kredits zu weiterem Wertverfall der kritischen Staatsanleihen und damit zu höheren Zinsen für diese. Ein Crash an den Anleihemärkten mit gewaltigen und weltweiten Auswirkungen ist also durchaus möglich.

3. Die Euro-Krise

Die historische Krise des Kapitalismus drückt sich derzeit am deutlichsten in der EU-Schuldenkrise aus. Die massive Ausweitung von Zentralbankkrediten und Staatsanleihen setzt die schwächer industrialisierten Euro-Länder massiv unter Druck, da die Renditen ihrer Papiere bei vergleichsweise schwachen Profitraten steigen. Dies macht deren Refinanzierung schwerer oder gar unmöglich.

Im Rahmen bürgerlicher Politik ist der einzige Ausweg die Unterwerfung unter eine imperialistische „Schutzmacht“, die sich für die Anleihen verbürgt und damit den Fortbestand des Staatshaushaltes ermöglicht – hierfür jedoch nicht nur massive Angriffe auf die Unterdrückten fordert, sondern auch die Bourgeoisie selbst ihrer bisherigen Souveränität beraubt.

Vom Standpunkt der Arbeiterklasse ist jedoch die einzige Lösung die Annulierung der Schulden – also die Enteignung der Gläubiger. Linke Reformisten, die einen Schuldenschnitt durch Verhandlung mit den Imperialisten und Fortbestand des bürgerlichen Eigentums anstreben – wie beispielsweise die SYRIZA – stehen vor dem Dilemma, dass dies selbstverständlich die sofortige Kapitalflucht und ökonomischen Zusammenbruch bedeuten würde. Die Annulierung der Schulden kann nur durch eine Regierung der Arbeiterklasse, bei gleichzeitiger Enteignung des nationalen Bankwesens, der Industrie etc. erfolgreich sein.

Dies macht die Krise zu einer tatsächlich revolutionären Krise. Für die herrschende Klasse ist sie nur unter unzumutbaren Zugeständnissen zu entschärfen – für die Unterdrückten nur durch Umwälzung der Eigentumsverhältnisse, also den Sturz der Kapitalistenklasse.

Das ökonomische Ungleichgewicht innerhalb eines gemeinsamen Währungsraumes war die Grundlage für den Plan der Unterordnung Europas unter deutsch-französische Führung – ist jedoch derzeit eine gewaltige Bedrohung des imperialistischen Projektes EU. Die Frage, wie mit dieser existentiellen Krise umgegangen werden soll, spaltet naturgemäß die Imperialisten untereinander, aber auch die bürgerlichen Parteien Deutschlands und anderer Länder sind im innern geteilter Meinung. Die Hauptkonfliktlinie zieht sich durch die Frage, ob eine gewaltige Kapitalvernichtung in Ländern wie Griechenland als Beitrag zur Entschärfung der Krise erzielt werden soll – was diese Länder um Jahrzehnte zurückwerfen würde und z.B. Absatzmärkte auf lange Zeit zerstören würde – oder aber ein „moderates“ Sparprogramm, das selbstverständlich die Arbeiterklasse enteignen und prekarisieren, nicht aber die griechische Wirtschaft in den Abgrund stoßen soll.

4. Griechenland: im Kreuzfeuer imperialistischer Angriffe

In Griechenland wurde eine imperialistische Diktatur errichtet. Die EU-Troika hat eine durch nichts demokratisch legitimierte Regierung eingesetzt, um die brutalen Angriffe gegenüber Griechenland und insb. der Arbeiterklasse durchzusetzen.

Die brutalen Angriffe des EU-Imperialismus gegenüber Griechenland haben mehreres gezeigt:

  1. Die deutsch-französische Führungsmacht ist entschlossen, ihre imperialistischen Ziele mit aller Gewalt und Härte durchzusetzen und nimmt dabei auch revolutionäre Krisen in Kauf.
  2. Wir befinden uns in einer revolutionären Periode, d.h. die herrschenden Klassen sind aufgrund der historischen Krise des Kapitalismus – die im Kern eine Krise der Produktionsverhältnisse ist – zur Umwälzung dieser Produktionsverhältnisse in ihrem Sinne gezwungen. Die Unterdrückten werden in den Abwehrkampf gegen diese Angriffe gezwungen, was – zeitweilig auch spontan – das Ausmaß von Aufständen und Revolutionen annimmt.
  3. Die imperialistische Umordnung Europas ist eine grundlegende Notwendigkeit für die imperialistischen Mächte, deren Ausgang wird die Kräfteverhältnisse auf lange Zeit bestimmen.
  4. Ebenso ist für die Arbeiterklasse der Kampf gegen die imperialistischen Angriffe existentiell. Eine tiefe historische Niederlage ist in erster Linie wegen des Versagens ihrer Führungen – möglich. Ebenso möglich sind jedoch rasche Wendungen im Klassenkampf mit massenhafter Umorientierung und Radikalisierung.
  5. Die Aufgabe von Revolutionären in dieser Situation ist es selbstverständlich, in allen legitimen Kämpfen mit einem proletarischen,
    sozialistischen Programm den entschlossensten militanten Weg zur Zerschlagung der Klassenmacht der Bourgeoisie zu propagieren und nach Kräften zu führen.
  6. Die Stagnation der griechischen Revolution ist zu großen Teilen auch dem Versagen, dem offenen Verrat der Arbeiterbewegung in den imperialistischen Ländern – allen voran der deutschen Gewerkschaftsbürokratie – geschuldet. Allein durch die Vereinigung der Arbeiter- und Jugendbewegungen auf europäischer Ebene mit einem radikalen Aktionsprogramm gegen „Rettungspakete“, Arbeitslosigkeit und Massenverarmung könnte die Krise zum Fortschritt der Unterdrückten gelöst werden.

Es ist zu erwarten, dass sich die Euro-Krise weiter verschärfen wird. Neben der Frage der ökonomischen Entwicklung ist der Fortgang der Kämpfe in Griechenland und in anderen Krisenländern von größter Bedeutung.

In Griechenland findet vor dem Hintergrund der seit 2 Jahren anhaltenden Massenproteste eine politische Polarisierung und Radikalisierung von AktivistInnen statt. Dies wurde durch die aggressive Politik und chauvinistische Hetze der EU, BRD, Frankreich und des IWF noch verstärkt. Die Parlamentswahl im Mai hat einen Linksruck gezeigt, besonders die linksreformistische SYRIZA hat stark gewonnen. Die Neuwahlen am 17. Juni haben diese Entwicklung fortgesetzt, wenn auch die SYRIZA keine Regierung bilden konnte und knapp nur zweitstärkste Kraft wurde. Die Stärke von SYRIZA ist offenkundig von großer Bedeutung für die Kämpfe in Griechenland. Es ist jedoch offenkundig, dass selbst eine linke Regierungsmehrheit unter SYRIZA zu schwach wäre, um die Angriffe der EU zu stoppen und schnell zwischen EU-Imperialisten und griechischer Bourgoisie und Bürokratie zerrieben wäre. Die KKE dagegen betreibt eine verräterische Politik, leugnet die Möglichkeit des revolutionären Umsturz und verhält sich sektiererisch gegenüber allen anderen Organisationen der Linken und der Arbeiterbewegung, wärend sie sich rechten, bürgerlichen Kräften anbiedert. Ihre tiefe Niederlage am 17. Juni ist insofern eine berechtigte Strafe und könnte angesichts der historischen Tiefe der griechischen Revolution den ebenso berechtigten historischen Niedergang der KKE einleiten, da ihr Versagen ein historisches Verbrechen gegenüber der Arbeiterklasse und den Unterdrückten ist.

Für Revolutionäre ist es von größter Bedeutung, in dieser Situation:

  1. Für eine Regierung der Arbeiterklasse auf Grundlage eines Aktionsprogramms gegen die Krise einzutreten und die reformistischen, illusorischen Vorstellungen bspw. der SYRIZA zu kritisieren bei gleichzeitiger Unterstützung in Wahlen.
  2. Das Sektierertum von KKE, aber auch Teilen der SYRIZA zu attackieren, nicht zuletzt um die kämpfende Basis dieser Organisationen für ein solches Aktionsprogramm zu gewinnen.
  3. Die Organisierung und Zentralisierung der überwiegend vereinzelten gewerkschaftlichen Kämpfe voranzutreiben und in diesen eine Einheitsfront der Linken herzustellen. Die gewerkschaftlichen Kämpfe, die auch Besetzungen einschließen, sind derzeit meist voneinander isoliert und zudem nicht mit den politischen Massenmobilisierungen verbunden.
  4. Die rechte und chauvinistische Hetze gegen Griechenland und bspw. die SYRIZA aufs schärfste zu bekämpfen.
  5. Die Gewinnung von Verbündeten und GenossInnen aus der Bewegung nach allen Kräften zu versuchen und wenn möglich eine Gruppe aufzubauen. Hierfür wird REVOLUTION nach den Parlamentswahlen eine Delegation nach Griechenland entsenden.

5. Ist eine Lösung in Sicht?

Die bisherigen Maßnahmen zur „Eindämmung“ der Krise haben diese grundsätzlich nicht im geringsten entschärft. Für die Kapitalisten ist die einzig mögliche „Lösung“ der Krise die massive Vernichtung von überschüssigem Kapital, um auf Grundlage dann höherer relativer Profitschöpfung (Profitrate) einen neuen Aufschwung zu ermöglichen. Trotz des vorübergehenden schweren Einbruchs hat dies in den imperialistischen Ländern nicht in großem Umfang stattgefunden. Keine Imperialistische Macht war bislang in der Lage und entschlossen, den jeweiligen Rivalen diese Kapitalvernichtung aufzuzwingen. Die bisherige Krisenpolitik hat dagegen in verschieden großem Ausmaß die Verringerung der Lohnkosten erreicht, die Ausweitung der Zentralbankkredite und die „Absicherung“ gewaltiger Kreditsummen durch die jeweiligen Staaten. Vor allem Letzteres hat im Wesentlichen die empfindlichen Kreisläufe von Kapital- und Warenzirkulation aufrechterhalten und chaotische, unberechenbare Zusammenbrüche verhindert. Gleichzeitig hat dies jedoch bestehende Anleihen teils massiv entwertet – mit dem Resultat, dass in Ländern wie Griechenland die Krise der kapitalistischen Produktion in vollem Umfang dorthin zurückkehrt – und zur Stilllegung von Betrieben in großem Umfang und einer historisch einzigartigen Entlassungswelle führt.

Die „Rettung“ von zentralen Banken und Industrien durch drastische Erhöhung der Staatsschulden in allen wichtigen Ländern und vor allem die Abwertung der Schuldverschreibungen in den schwächeren Ökonomien stößt natürlich früher oder später an eine Grenze. Weitere schwere Konjunktureinbrüche können dann nicht mehr wie bisher vom Staat aufgefangen werden.

Die inner-imperialistischen Widersprüche sind überdeutlich zu Tage getreten. Angesichts des Niedergangs des US-Imperialismus beansprucht China einen größer werdenden Einfluss in wichtigen Regionen wie dem nahen und mittleren Osten. China profitiert von der Schwäche der US-Industrie, hat seinen Export ausgebaut und scheint auf den ersten Blick von den weltweiten Erschütterungen unberührt. Gleichzeitig hängen jedoch US- und chinesische Wirtschaft durch chinesischen Waren- und Kapitalexport zusammen und sind auf Kooperation angewiesen. Die US-Chinesische Rivalität drückte sich u.a. in dem Streit um den Yuan-Dollar-Kurs aus. Die offene Herausforderung der USA durch China ist eine Frage der Zeit.

6. Die Kämpfe der Unterdrückten

Weltweit haben die Entwicklungen die Linke in Bewegung versetzt und auch millionenfach junge Menschen politisiert. Die bürgerliche Demokratie wird durch Intervention von kapitalistischen Institutionen, imperialistischen Regierungen oder direkten Zwang der Finanzmärkte oftmals zur Farce und ist in den Augen vieler delegitimiert. In den meisten Ländern haben sich reformistische Kräfte gestärkt, die zudem nach links gerückt sind – nicht jedoch in Deutschland. Andererseits entstehen kleinbürgerliche Strömungen – wie die sog. „Piraten“ – gerade dort, wo die Reformisten in den Augen der Unterdrückten keine Antwort auf ihre Probleme haben. Bislang hat sich jedoch nirgendwo eine revolutionäre, kommunistische Kraft an die Spitze von Massenkämpfen stellen können und sie mit einer tatsächlichen politischen Perspektive zur Erringung der Macht ausstatten können.

Die kapitalistische Krise hat in vielen Ländern der Welt zu heftigen Klassenkämpfen geführt, die direkt oder indirekt von den Verwerfungen auf den Weltmärkten oder imperialistischen Agressionen ausgelöst wurden. Auch nationale und demokratische Befreiungsbewegungen haben in vielen Ländern einen Aufschwung erfahren, was nicht nur für die Länder des Arabischen Frühlings gilt.

In Russland findet eine Kampagne gegen die Putin-Regierung statt. Diese geht zwar gänzlich von bürgerlichen oppositionellen Kräften aus und spiegelt den Kampf verschiedener Kapitalfraktionen wider. Sie bezieht ihre Stärke jedoch auch durch die Mobilisierung von Unterdrückten, ArbeiterInnen und StudentInnen – und erfährt aus diesem Grund brutale Repression durch Geheimpolizei, Paramilitär und auch Faschisten.

In China befinden sich täglich tausende ArbeiterInnen im Streik. Die größte Arbeiterklasse der Welt wird dabei automatisch vor die Aufgabe gestellt, ihre eigenen Streikkomittees, Gewerkschaften und politische Organisationen aufzubauen. Aufgrund der äußerst repressiven Bedingungen muss dies meist zwangsläufig in der Illegalität stattfinden, was die überregionale Organisierung – von der internationalen nicht zu sprechen – enorm erschwert. Der Aufbau von Gewerkschaften und proletarischen Kampforganisationen in China wird angesichts der Bedeutung des chinesischen Imperialismus eine der wichtigsten Aufgaben der Arbeiterbewegung und für revolutionäre InternationalistInnen.

In Indien hat im April 2012 ein landesweiter Generalstreik von 10 Millionen ArbeiterInnen stattgefunden, was angesichts der Rückständigkeit des Landes ein beeindruckender Ausdruck zunehmender Organisierung der Arbeiterklasse ist. Die Kashmir Intifadah, die sich seit 2010 verstärkt hat, hält an und erreicht am 11. Juni 2012 einen neuen Höhepunkt.

In der pakistanischen Provinz Belutschistan ist die Unabhängigkeitsbewegung erstarkt. Sie kämpft für einen eigenen Staat und genießt hierfür unsere volle Unterstützung und Solidarität, was auch für unsere GenossInnen vom „Revolutionary Socialist Movement“ gilt.

7. Der Arabische Frühling

Die Aufstände des Arabischen Frühlings haben Länder und Kontinente erschüttert. Das revolutionäre Lauffeuer, entfacht durch die massenhafte Erhebung der Jugend, hat Despoten hinweggefegt, deren Macht als unzerbrechlich galt und hat zweifellos zu einem neuen Selbstbewusstsein der Unterdrückten in der gesamten arabischen Welt geführt. In Ländern, die jahrzehntelang keine legale politische Opposition kannten, entwickelten sich binnen Monaten Massenbewegungen, die sich bewaffneten, um ihre Unterdrückerregime zu stürzen. Dies hat der gesamten Welt offenbart, dass unter der steinernen Fassade der von den Imperialisten gestützten Unterdrückerstaaten oftmals ein morsches Skelett steckt, das seine steinerne Hülle zu tragen nicht mehr imstande ist.

In Libyen ebenso wie in Syrien haben innerhalb
kurzer Zeit Teile der Armee die Seite gewechselt und sich mit der kämpfenden Bevölkerung verbunden. In Libyen wurde der verbleibende Kern mit Unterstützung der Imperialisten militärisch besiegt. Die Rebellenverbände installierten eine Übergangsregierung, die mit den Imperialisten paktiert. Stammesführer haben ebenso wie Gaddafi-Anhänger führende Positionen inne.

Lediglich in Ägypten verstand es die Armeeführung, rechtzeitig Zugeständnisse zu machen, um die weitere Zuspitzung zu vermeiden. Als Mubarak vom Generalstab fallengelassen wurde, behielt dieser die Kontrolle über das Land. Derzeit ist die einzige Kraft, von der die Armeeführung herausgefordert wird, die reaktionäre Muslimbruderschaft. Syrien befindet sich derzeit in einem blutigen Bürgerkrieg gegen die Assad-Regierung.

In den Revolutionen treten eine Reihe von Widersprüchen offen zu Tage:

  1. Die Verrottetheit der ganzen Region als Teil des verrotteten imperialistischen Weltsystems, die keine Hegemonialmacht mehr kennt, welche die jahrzehntelang gestützten Regime zu verteidigen bereit ist. Die anfängliche Hilflosigkeit der Imperialisten angesichts der unkontrollierbaren Erhebungen, die freilich rasch einer ebenso zynischen wie zweckmäßigen „Unterstützung“ der Revolution wich mit dem Ziel ihrer Liquidation.
  2. Die objektive Notwendigkeit und Möglichkeit des Sieges einer demokratischen Revolution und gleichzeitige Paralyse durch Reaktionäre wie Stammesführer, „Reformer“, Islamisten, imperialistische Agenten etc.
  3. Die Schärfe und Entschlossenheit der Revolutionen, deren rasche technische Entwicklung (Waffen, Training, Kommandostrukturen etc.) bei gleichzeitigem Fehlen einer bewussten politischen Führung und eines Programms, das bspw. die Einheitsfront der Arbeiterklasse, Jugend und der Armen gemeinsam mit desertierten Kämpfern für die Durchsetzung der sozialen und demokratischen Forderungen herstellt.

Revolutionäre haben in den entscheidenden Stunden stets und ohne jede Bedingung an der Seite der revolutionären Erhebungen zu stehen. Wir tun dies, um die wichtigste objektive Grundlage für die Aufstände – die Ausbeutung und Unterdrückung der Arbeiterklasse durch nationale wie imperialistische Kapitalisten – bewusst zu machen, d.h. für eine proletarische, sozialistische Führung der Revolution einzutreten. Der Kampf für demokratische oder soziale Rechte ist in jedem Fall und in jeder Form legitim – und drängt doch objektiv auf die Machtergreifung der Arbeiterklasse, der einzigen Klasse, die diese Ziele gegenüber jenen der Bourgeoisie durchsetzen kann. KommunistInnen sollten stets das „Gesamtinteresse“ einer fortschrittlichen Bewegung vertreten, denn nur so können ArbeiterInnen und proletarische Schichten von der Richtigkeit des jeweiligen proletarischen, d.h. kommunistischen Programms überzeugt werden. Das beinhaltet, dass auch der revolutionäre Kampf von kleinbürgerlichen, feudalen oder anderen reaktionären Kräften legitim ist, solange er den konkreten Zielen der Revolution dient.

Mit entschiedener Ablehnung müssen wir jedoch jenen begegnen, die mit Imperialisten paktieren, d.h. ihnen Zugeständnisse machen, damit sie die Revolution unterstützen mögen. Dies ist immer ein Verrat an der Revolution und die Imperialisten werden grundsätzlich immer eine konterrevolutionäre Rolle spielen, selbst wenn sie in bestimmten Situationen die Revolution gutheißen, um die ihnen am „nützlichsten“ erscheinende Kraft zur Macht zu bringen, oder imperialistische Rivalen zu schwächen.

In Deutschland sollten wir Solidaritätskampagnen für die arabischen Revolutionen unterstützen oder initiieren, nach Möglichkeit Veranstaltungen mit entsprechenden Gruppen machen, und wo immer möglich entstehende Kontakte – insbesondere arabische MigrantInnen – als GenossInnen gewinnen. Die Möglichkeit, über das Internet Kontakte zu machen und AktivistInnen in den arabischen Ländern zu gewinnen, ist sehr wichtig und muss bewusst genutzt werden.

8. Klassenkampf in der BRD

Gleichzeitig bilden die wichtigen imperialistischen Zentren Europas und die USA – allen voran Deutschland – in Bezug auf die Kämpfe der Unterdrückten das „Auge inmitten des Hurrikans“.

Der politische Kampf gegen die Politik der Bundesregierung blieb im Wesentlichen auf einzelne Protestaktionen beschränkt. Einige bundesweite und sogar international koordinierte Aktionen wie zuletzt 15.-19. Mai hatten zwar starke Mobilisierungswirkung und waren für militante und radikale AktivistInnen wichtig. In keinem Fall ist es jedoch gelungen, eine größere Verbindung zwischen organisierten AktivistInnen und der Arbeiterklasse bzw. der unterdrückten Jugend herzustellen. Vor allem führten sie bislang nicht zur Formierung einer Einheitsfront der Linken mit klarem Ziel, die Angriffe der Kapitalisten durch Methoden des Klassenkampfes zu stoppen. Insoweit sie überhaupt zu einer Vernetzung oder Kampfeinheit geführt haben, waren diese entweder vollständig von reformistischen Apparaten gelähmt, oder aber von kleinbürgerlichen, organisationsfeindlichen oder gar reaktionär (bspw. antideutsch) beeinflussten Kräften. Besonders hervorgehoben werden muss die reaktionäre Politik der Gewerkschaftsführungen, die teilweise die bürgerliche Krisenpolitik unterstützten, sie gar „von rechts“ kritisierten, in jedem Falle den tatsächlichen Kampf und die Mobilisierungen blockierte und nur vereinzelt in Worten fortschrittliche Ansätze für den gewerkschaftlichen und politischen Kampf formulierte.

Die Tarifrunden im öffentlichen Dienst und in der Metallindustrie endeten mit Lohnsteigerungen oberhalb der Inflationsrate. Die Gewerkschaftsbürokratie verstand es in beiden Fällen, im Gegenzug die betriebliche Mobilisierung auf Sparflamme zu halten und sich auf Warnstreiks zu beschränken. Ein Streik im öffentlichen Dienst hätte die Möglichkeit beinhaltet, die Organisierung von bspw. ErzieherInnen weiter voranzutreiben. Die Organisierung von LeiharbeiterInnen, anderen Prekären und insbesondere Jugendlichen wäre eine ungemein wichtige Aufgabe gewesen, die auf diese Weise unerfüllt blieb. In den Metallbetrieben herrscht nach dem kampflosen Abschluss oft Enttäuschung über die Gewerkschaft. In allen Fällen sollten wir jede Möglichkeit nutzen, in Betrieben für klassenkämpferische Gewerkschaften, gegen Gewerkschaftsverdrossenheit und für den Kampf gegen die Apparate und deren falsche Politik der kampflosen Klassenzusammenarbeit einzutreten. Die Gewinnung von GenossInnen und die Propaganda sollte in allen Betrieben, wo wir Mitglieder oder Kontakte haben, zentral sein.

9. Soziale Lage der Jugend in der BRD

Eine enorme Masse von Jugendlichen in Deutschland, insbesondere die Mehrheit der migrantischen Jugendlichen, ist in Bezug auf ihre sozialen und demokratischen Rechte (wozu auch das Recht auf Bildung gehört) prekarisiert und hat Grund genug zu radikalem Protest. Dies hat sich sicher seit 2008 noch verschärft durch starke Ausweitung der prekären Beschäftigung in diesen Schichten. Für Millionen gibt es derzeit keinerlei Perspektive außer Leiharbeit, Billigjobs oder Hartz 4.

Gleichzeitig sind für Millionen von Jugendlichen weltweit die Auswirkungen und Zusammenhänge der kapitalistischen Krise greifbar und ebenso die Formierung von Protestbewegungen wie bspw. in Spanien, Chile oder Griechenland.

Dass dennoch keine großen Proteste von diesen Teilen der unterdrückten Jugend ausgingen und auch die Bildungsstreikbewegung einen Niedergang erlitten hat, liegt zum einen am „Fettpolster“ der deutschen Imperialisten, welches scharfe, offene Angriffe nicht erfordert – hauptsächlich jedoch am schädlichen Einfluss der reformistischen Apparate und der bspw. in der Bildungsstreikbewegung vorherrschenden kleinbürgerlichen Strömungen:

  1. Organisierung prekärer Schichten (LeiharbeiterInnen, Azubis, Praktikanten, Frauen) wird von Reformisten nicht betrieben
  2. dadurch sind insb. prekäre Jugendliche aus solchen Schichten unorganisiert und politisch schwer ansprechbar (Lumpenproletariat)
  3. sicherlich trägt auch ein elitäres Bewusstsein unter „bessergestellten“ Schülern und StudentInnen dazu bei, die zudem meist tragender Bestandteil der Bildungsproteste waren.
  4. berechtigte Ablehnung der ref. Apparate, aus der jedoch falsche libertäre Schlussfolgerungen gezogen werden (Konsens, Lokalborniertheit, Organisationsfeindlichkeit)

10. Die Occupy-Proteste

Die „Occupy“-Proteste sind ein wichtiger Ausdruck der Kämpfe der Jugend. Obwohl keinerlei großräumige Organisierung stattfand, noch eine selbst kleine Übereinstimmung über die politische Zielrichtung besteht, ist eines hervorzuheben: Die Identifizierung mit dem Symbol „Occupy“ nimmt für Millionen positiven Bezug auf die politischen Kämpfe von Kairo, Bengasi, Tel Aviv, Athen, Madrid, Frankfurt, New York, Boston, Washington und ungezählter anderer Orte, wo Unterdrückte ihre berechtigten Forderungen – so unterschiedlich sie im einzelnen sind – durch Inbesitznahme öffentlicher Plätze zum Ausdruck bringen. Implizit wurde so eine wichtige Brücke geschlagen – zwischen den Unterdrückten im „reichen Westen“ und in den Halbkolonien, zwischen Jugendlichen in Unterdrücker- und unterdrückten Staaten, zwischen linken Weltverbesserern, Hippies und Träumern auf der einen und den Militanten des Nahen Ostens auf der anderen Seite, die ihr Blut für ihre Zukunft und die ihrer Brüder und Schwestern vergießen. Die Platzbesetzungen in Israel setzten dort eine Diskussion in Gang, wo Linke offen für den Palästinensischen Widerstand Position beziehen konnten und inmitten einer Massenbewegung die zionistischen Verbrecher im eigenen Land attackieren konnten.

Die Occupy-Bewegung beinhaltet also die Idee des Internationalismus, der Solidarität der Unterdrückten
aller Länder. Die Bedeutung dieser Tatsache kann nicht hoch genug geschätzt werden für eine Bewegung, die Millionen von Jugendlichen weltweit politisiert hat – selbst wenn freilich diese Idee noch nicht zur Tat geworden ist. Revolutionäre müssen unbedingt stets dieses – wenn auch phrasenhafte und unmanifeste – Bewusstsein hervorheben, dass unser Kampf in den imperialistischen Zentren – gegen die Herrscher der Welt – Hand in Hand geht und identisch ist mit dem Kampf unserer Schwestern und Brüder aller Länder, denen „unsere“ Imperialisten nicht bloß Herrscher und Ausbeuter, sondern Henker und Mörder sind.

Leider traten verschiedene Schwächen deutlich zu Tage, die bislang verhinderten, den Protest auf eine ideologisch und organisatorisch höhere Ebene zu heben. Dies ist in Deutschland zum einen eine falsche Antwort auf ein richtig erkanntes Problem:

Aus der Unbrauchbarkeit der reformistischen Apparate haben viele AktivistInnen eine generelle Ablehnung von Parteien und Organisationen gefolgert. Nicht nötig zu erklären, dass auf solcher Grundlage jede Bewegung zum Scheitern verurteilt ist. Es überwiegt die Vorstellung von autonomen, nicht zentral geführten Aktionen. So findet auch keine systematische Diskussion über politische Taktiken und Ziele statt, darüber, welche Schlüsse aus der gesammelten Erfahrung der früheren sozialen, antikapitalistischen oder demokratischen Bewegungen gezogen werden müssen, und welches Aktionsprogramm die weltweiten Bewegungen gegen Krise, Arbeitslosigkeit, Krieg und Diktatur vereinen kann.

Die generelle Ablehnung, sich mit politischer Organisierung und mit bestehenden Organisationen, Gewerkschaften und Parteien auseinanderzusetzen macht es gerade für diese besonders leicht, eine Bewegung zu vereinnahmen und zu instrumentalisieren. So erlebt ATTAC nach Jahren des Dahindümpelns einen gewissen Wiederaufschwung, indem sie in den Mobilisierungen der letzten Monate eine zentrale Rolle gespielt haben.

Letztlich finden auch Reaktionäre in den „Occupy“-Protesten ihren Platz. Dies gilt weniger für die weitgehend ausgebluteten „Antideutschen“, die derartige Massenmobilisierungen ebenso verabscheuen wie alle spontanen Erhebungen und Aufstände. Jedoch haben diverse verkappte Rechtspopulisten versucht, insbesondere in der Diskussion um die „Euro-Rettung“ ihre reaktionäre und nationalistische Rhetorik zu verbreiten.

11. Analyse und Theorie der Krise und die Debatten innerhalb der Linken

Die verschiedenen Strömungen in der deutschen Linken haben verschiedene Beiträge zur Analyse der Krise gebracht. In den Folgenden Abschnitten 12-16 wollen wir uns mit den Positionen einiger Gruppen und mit ihrer Intervention in den Protesten beschäftigen und ihnen einige unserer zentralen Postionen gegenüberstellen. Wir werden uns beschränken auf jene Gruppen, die von besonderer Bedeutung sind oder exemplarisch für bestimmte politische Strömungen stehen.

Zu den Fragen, die innerhalb der Linken diskutiert werden gehören:

  1. die Ursachen der Krise und ihre Einordnung in die marxistische Krisentheorie sowie in verschiedene andere Theorien, die von linken und sich marxistisch verstehenden Autoren entwickelt wurden.
  2. die Frage, für welche Ziele linke AktivistInnen, Jugend- oder Arbeiterorganisationen in der Krise eintreten sollen
  3. die historische Bewertung der Krise und Vorraussagen für die weitere Entwicklung
  4. Die Führungskrise der Arbeiterbewegung und Schlussfolgerungen wie Umorganisation von linken Gruppen bzw. Diskussion über den Aufbau einer neuen “vereinigten” antikapitalistischen linken Organisation.

Hierzu einige zentrale Positionen von REVOLUTION in aller Kürze:

Wir betrachten die Krise seit 2007 als eine Krise der kapitalistischen Produktionsweise, die den Gesetzen der kapitalistischen Produktion entspringt. Es handelt sich jedoch nicht einfach um eine zyklische Konjunkturkrise, die einen darauffolgenden Boom vorbereitet, sondern um den Beginn einer historischen Krisenperiode, die sich weltweit in zunehmenden Verwertungsproblemen des Kapitals, imperialistischen Spannungen, chaotischen Entwicklungen an Finanzmärkten und Börsen, Arbeitslosigkeit und massiven sozialen und politischen Angriffen auf die Unterdrückten auszeichnet. Der tiefe Wirtschaftseinbruch 2009 ist nicht in einen allgemeinen Aufschwung übergegangen, wie es die allgemeine Erfahrung erwarten ließe. Wenn auch überall zyklische Konjunkturbewegungen stattfinden und in einzelnen Ländern durch besondere Umstände hohe Wachstumsraten erreicht werden, ist die Entwicklung weltweit beherrscht von einer allgemeinen Tendenz zum Niedergang. Dies verweist auf tiefliegende Probleme des kapitalistischen Systems.

Der wichtigste Begriff ist dabei das Gesetz des „tendenziellen Falls der Profitraten“, das von Marx beschrieben wurde. Demnach führt die technische Entwicklung der Produktivkräfte – also die Einführung neuer Technologie, die Nutzbarmachung von wissenschaftlichen Entdeckungen und die Entwicklung fortschrittlicher Produktionsverfahren – im Kapitalismus zu einem widersprüchlichen Resultat: dem Sinken der Profitrate (also dem relativen Schrumpfen der Profite im Vergleich zum investierten Kapital). Die Begründung lautet in einem Wort: die technische Verbesserung von Produktionsverfahren durch Einsatz neuer Mittel erfolgt für den Kapitalisten mit dem Ziel, die Kosten für die verausgabte Arbeitskraft zu senken und damit den individuellen Profit oder die individuelle Profitrate zu erhöhen. In der historischen Tendenz jedoch wird die allgemeine (gesellschaftliche) Profitrate aus genau demselben Grund fallen: das Verhältnis von Mehrwert-schaffendem Kapital (in Arbeitskraft investiert) zum nicht-Mehrwehrt-schaffenden Kapital (in Maschinen, Rohprodukte, Transportmittel etc. investiert) wird bei fortschreitender technischer Entwicklung stets geringer. Wenn man zusätzlich annimmt, dass die Ausbeutungsrate (das Verhältnis von unbezahlter zu bezahlter Arbeitszeit) nicht beliebig hohe Werte annehmen kann, muss die durchschnittliche Profitrate in der Tendenz fallen. In der Folge wird es regelmäßig zu Situationen kommen, in denen bestehendes, angehäuftes Kapital nur noch unterdurchschnittliche Profite erzielt und entweder neue Anlagemöglichkeiten benötigt werden oder aber die Entwertung dieses Kapitals hingenommen werden muss.

Dieser Sachverhalt, der für Marx das “wichtigste historische Gesetz” darstellt, wird vielfach diskutiert und mit verschiedensten Argumenten abgeändert oder in Frage gestellt. So richtig diese erste Erkenntnis unserer Einschätzung nach ist, erklärt sie jedoch noch nicht konkret das Zustandekommen der weltweiten Krise seit 2007.

Wichtig für das Verständnis der Entwicklungen ist:

  1. das Hinausschieben der Krise durch massive Vergrößerung von fiktivem Kapital, wodurch es möglich war, den Fall der tatsächlichen Profitraten zu verschleiern und durch spekulative Profite scheinbar aufzuhalten
  2. das unvermeidliche “Platzen” der Spekulationsblasen mit der Folge plötzlich auftretender großer Verluste, Preisschwankungen, Kreditknappheit u.a.
  3. internationale Ungleichgewichte wie die großen Handelsbilanzüberschüsse bzw. -defizite (die bspw. den USA jahrelang überhöhte Profitraten ermöglichte)
  4. den Einfluss diverser Kämpfe auf das Kräfteverhältnis der Klassen sowohl national als auch international
  5. der Zusammenbruch des Stalinismus und damit zusammenhängend Expansion des Imperialismus (“Globalisierung”), die an ihre Grenzen gekommen ist.
  6. der Niedergang der USA als Hegemon und deren Unfähigkeit, einen “planmäßigen” Verlauf der Krise in ihrem Sinne durchzusetzen.

Die Wichtigkeit der marxistischen Analyse der Krise liegt darin begründet, dass sie uns zu den notwendigen Schlussfolgerungen für die stattfindenden Klassenkämpfe führt. Vom Standpunkt der Arbeiterklasse und anderer Unterdrückter ist die einzig historisch relevante Frage die, ob es gelingt, die Krise zu ihren Gunsten zu lösen – also ob es gelingt:

  1. das Kräfteverhältnis im Klassenkampf für die ArbeiterInnen zu verbessern,
  2. die Abwälzung der kapitalistischen Verluste auf die Unterdrückten abzuwehren,
  3. der Kapitalistenklasse selbst die Kosten der Krise aufzubürden,
  4. dabei eine klassenkämpferische, internationale revolutionäre Führung der Arbeiterklasse zu erreichen
  5. und das System der Lohnarbeit und das kapitalistische Privateigentum zu zerschlagen.

12. DIE LINKE/SOLID/SDS

Die Partei „DIE LINKE“ befindet sich im Niedergang und ist in zwei Lager gespalten. Der Hauptgrund für die Krise der PDL ist deren Abwesenheit in allen wichtigen Bewegungen der letzten Zeit: in Krisen-Protesten, Tarifkämpfen, Occupy oder S21 hat die PDL keine relevante Mobilisierungsaktivität gezeigt, noch hat sie versucht, diese politisch voranzutreiben und als kämpfende Basis für eine linke Partei zu gewinnen – und hat sich damit innerhalb von fünf Jahren mehr denn je von ihrem Anspruch entfernt, parlamentarischer Ausdruck der ArbeiterInnen und sozial schwachen zu sein. Dies könnte natürlich nur durch die tatsächliche Verankerung in den Kämpfen dieser Schichten erreicht werden. Sie hat es nicht verstanden, die rechte Politik der SPD vor Millionen von ArbeiterInnen zu entblößen und dadurch an Stärke zu gewinnen.

Der Parteitag im Juni 2012 hat zur Stärkung des linken Flügels geführt. Jedoch hat auch dieser (Marx21, KPF, AKL …) keine grundsätzliche politische Alternative zum sozialdemokratischen Programm von Gysi/Bartsch. Sie bilden eine Verbindung zu linken Gewerkschaftsströmungen (Riexinger usw.), haben jedoch im Kern ein ähnliches keynesianisches Programm. Das gilt besonders für die sog.
„Kommunistische Plattform“ (KPF) um Wagenknecht. Deren Kritik an der Politik der Bundesregierung erschöpft sich völlig darin, dass Sparprogramme zur Bewältigung von Krisen sich „nicht bewährt“ haben und dies „dumm und töricht“ sei. Sie gibt stattdessen der EU den Ratschlag, eine „öffentliche europäische Bank“ zur Finanzierung der Staatshaushalte einzurichten. Auf derartige Ratschläge legt diese jedoch sicherlich keinen Wert.

Die Hetze des rechten Flügels um Gysi gegen die diversen linken Strömungen in der Partei („Kaderkommissionen“) ist natürlich falsch und zu verurteilen – jedoch zu großen Teilen von diesen selbst verschuldet aufgrund ihrer Passivität in sozialen Kämpfen und ihres Opportunismus gegenüber den „Reformern“ in der Partei. In diesem Zustand sind sie in der Tat im Ganzen überflüssig. Dass die Parteilinken für den rechten Flügel ein Hindernis darstellen, ist klar – solange sie jedoch keine reale Kraft in kämpfenden Bewegungen darstellen, sind sie aber keinesfalls eine Herausforderung oder Bedrohung für diese, sondern lediglich politischer Ballast und Angriffsfläche für Hetze der bürgerlichen Medien.

Die Führung der Partei „DIE LINKE“ vertritt in Zusammenhang mit der Krise ein klassisch keynesianistisches Programm, was auch für SOLID und „DIE LINKE/SDS“ gilt. Sie kritisieren die Politik der Bundesregierung und fordern die Rückkehr zu sozialer Sicherung und Einführung von „Reichensteuer“ etc. Während einige ihrer Forderungen trotz ihres reformistischen Charakters zu unterstützen sind, ist vor allem eines falsch: Der Versuch, die verschiedenen reformistischen Losungen als „vernünftige“ und „nachhaltige“ Alternative zu Sozialabbau und Sparpolitik der Bourgeoisie und den bürgerlichen Parteien anzubieten. Sie schlagen politische Rezepte zur Genesung des krank gewordenen Kapitalismus vor, die eine Stärkung der Binnennachfrage, staatliche Konjunkturprogramme und illusorische Vorschläge wie „Entkoppelung der Staatsfinanzen von den Finanzmärkten“ beinhalten. Soziale Forderungen werden nicht als Kampfforderungen gegen die Kapitalisten erhoben, sondern als gutgemeinte Ratschläge an ebendiese. Folglich krankt dieses Programm vor allem darin, dass es – sofern es richtige Vorschläge enthält – utopisch ist, solange es nicht zur Mobilisierung der betroffenen ArbeiterInnen und Jugendlichen eingesetzt wird. In den tatsächlichen Kämpfen (bspw. die Aktionstage in Frankfurt) spielte „DIE LINKE“ – gemessen an ihrer Stärke – eine untergeordnete Rolle. Zwar stellte sie größere Blöcke auf Demonstrationen, jedoch hat sie nicht im Ansatz versucht, eine Verbindung zu schaffen zwischen ihrem politischen Programm und neuen, kämpferischen AktivistInnen, der Jugend und der Arbeiterklasse.

Von den bürgerlichen Reform-Vorschlägen unterscheidet sich das Programm von „DIE LINKE“ also vor allem dadurch, dass es eine Randnotiz in den bürgerlichen Debatten bleiben wird, denn die Bourgeoisie lehnt ihre gutgemeinten Ratschläge zu Recht ab. Solange „DIE LINKE“ ein parlamentarischer Debattierverein bleibt, der sich an „linkere“ bürgerliche Kräfte anbiedert (z.B. Unterstützung des DIW-“Expertenpapiers“), wird sich auch ihr Niedergang fortsetzen – denn die herrschende Klasse legt keinen Wert auf linke Parteien. Wir fordern „DIE LINKE“ dagegen auf, aktiv den Kampf gegen die Krisenpolitik der Bundesregierung zu führen – also ihre Basis zu mobilisieren für eine Massenbewegung gegen Sparpolitik und Krisenabwälzung. Dies tun wir, um ebendiese Basis von der Nutzlosigkeit des Reformismus zu überzeugen und in den stattfindenden Kämpfen für ein Aktionsprogramm gegen die Krise zu gewinnen.

13. ARAB

Die autonome Gruppe ARAB hat in ihrem Heft „PERSPEKTIVE Nr. 1”1 eine Zusammenfassung ihrer Positionen zur Krise veröffentlicht, die gegenüber anderen Analysen einige Stärken aufweist. So wird auf Grundlage der allgemeinen marxistischen Theorie korrekt die bürgerliche Version der „Krisenanalyse“ kritisiert, ebenso wie deren linker Ableger, der von Reformisten wie „DIE LINKE“ vertreten wird. Die grundlegenden Bewegungsgesetze der kapitalistischen Krise werden marxistisch beschrieben. Die Flucht des Kapitals in die Spekulation wird als Ausdruck, nicht als Ursache der Krise erkannt und auf den tendenziellen Fall der Profitrate zurückgeführt. Korrekt erkannt wird auch der Niedergang der US-Ökonomie, die aufgebauten internationalen Ungleichgewichte bspw. in Bezug auf die EU-Ökonomie und die Ambitionen des deutschen Imperialismus. Ebenso richtige Schlussfolgerungen für die Politik proletarischer InternationalistInnen.

Eine Schwäche des Papiers liegt im unausgegorenen Verständnis der historischen Einordnung der Krise sowie der historischen Perspektive. So wird bspw. – unserer Einschätzung nach unzutreffend – auf die „Kondratiev-Wellen“ zurückgegriffen, ohne hier eine abschließende Position zu beziehen.

14. SAV

Die Krisenanalyse der SAV ist auf theoretischer Ebene oftmals durchaus richtig und ausgereift. Kritik üben wir jedoch an ihrem zentristischen, nicht-revolutionären Agieren in Kämpfen und Bewegungen. Anstatt auf Grundlage einer richtigen materialistischen Analyse die Aufgaben für Revolutionär_Innen zu entwickeln und anzugehen – was in Deutschland bspw. den politischen Kampf gegen die reformistischen Führungen und für klassenkämpferische Basisbewegung beinhalten würde – führen sie ein „Schläferdasein“ und warten auf eine Art „Bewusstseinssprung“ in der Arbeiterklasse, der spontan durch die objektiven Bedingungen revolutionäre Erhebungen auslösen könne: „Wenn das Bewusstsein der ArbeiterInnen zu den objektiven Gegebenheiten aufschließt, dann kann sich die Lage urplötzlich verändern.”2 Dabei erkennen sie zwar die Notwendigkeit revolutionärer leninistischer Organisierung formal an, praktizieren jedoch weiterhin ihren falschverstandenen „Entrismus“ in der PDL und lehnen den politischen Kampf gegen die Gewerkschaftsführungen ab. Politisches Bewusstsein entsteht im Kampf. Das vorherrschende bürgerliche Bewusstsein ist dabei Ausdruck der Schwäche und der unzähligen Niederlagen der Arbeiterbewegung und zugleich das größte Hindernis für die kommendene Kämpfe. Es kann jedoch nur überwunden werden durch den politischen Kampf gegen die bürgerlichen (reformistischen) Führungen der Arbeiterklasse.

Die SAV verhält sich in der Regel opportunistisch, indem sie ihre Positionen anpasst, entschärft oder zurückstellt zugunsten des „Friedens“ mit reformistischen oder bürgerlichen Kräften. Beispielsweise stellt sie nicht die Forderung nach Enteignung der Konzerne unter Arbeiterkontrolle – denn anderenfalls müssten sie auch zu den Mitteln des Kampfes, die hierzu nötig sind, Stellung beziehen: Gegenmachtorgane, Besetzungen, Selbstschutzorganisationen etc.

Stattdessen versteckt sie sich hinter Floskeln wie „Vergesellschaftung unter demokratischer Kontrolle“. Hier wird bewusst die Frage vermieden, wer (welche Klasse) die „vergesellschafteten“ Einrichtungen kontrollieren und besitzen soll.

15. SDAJ

Die Positionen der SDAJ stehen – wenn auch eigentständige Aktivität in einigen Bereichen – im Schatten der Mutterorganisation DKP. Sie vertritt einen degenerierten Stalinismus und verhält sich sowohl sektiererisch gegenüber anderen linken Kräften, als auch opportunistisch gegenüber bürgerlichen Feinden. Eine eigene Analyse der Krise hat sie nicht veröffentlicht.

Obgleich sie sich mit gewerkschaftlichen und politischen Kämpfen in Deutschland ebenso wie in Griechenland oder Spanien im allgemeinen solidarisiert, vertritt sie nicht die notwendigen, unmittelbaren Ziele dieser Bewegungen und hat keine Vorstellung, wie diese Bewegungen zum Sieg geführt werden können (Agitation für Arbeiter_Innenregierung, Einheitsfront, Gegenmachtorgane etc.)

Ihre politische Kritik an anderen Strömungen ist oft destruktiv und sektiererisch (bspw. in Bezug auf Occupy oder SYRIZA3). Ihre „revolutionären“ Positionen sind phrasenhaft und erfüllen ihren Anspruch nicht, meist reduzieren sie sich darauf, von anderen „sozialistisches Bewusstsein“ einzufordern, ohne dieses jedoch zu entwickeln und seinen Nutzen für die Unterdrückten darzulegen. Selbst wenn sie abstrakt richtige Prinzipien aufstellt (bspw. internationale Solidarität, Verbindung von Tageskämpfen mit dauerhaften pol. Kampagnen), bleibt sie hinter diesen zurück. Ihre Positionen gegenüber den griechischen Kämpfen verleugnen diese sogar (z.B. Sektierertum gegenüber SYRIZA).

Als politische Kraft ist die SDAJ daher für uns von keinem besonderen Interesse, jedoch sollten wir im Rahmen von Einheitsfronten mit der SDAJ auch die Flügelkämpfe innerhalb der DKP beachten, die auch Auswirkungen und Linksbewegungen innerhalb der SDAJ auslösen könnten.

16. Gruppe Soziale Kämpfe

Die Vorstellungen der rechts-autonomen Gruppe gehen nicht von der materialistischen Analyse der Wirklichkeit aus. Vielmehr stellen sie ein idealistisches Programm zur Weltverbesserung auf, und hoffen auf die selbstverschuldete „Delegitimierung“ des Krisen-Kapitalismus, die Proteste auslösen könnte. Die Kritik an Krise und Kapitalismus bleibt in moralischen Floskeln („Menschen vor Profite! Zukunft statt Kapitalismus!“). Eine marxistische Analyse der Krise bieten sie nicht und die „Klassenfragen“ werden in ihren Texten grundsätzlich stark gemieden. Im Rahmen ihrer sog. „Revolutionären Realpolitik“ stellen sie umfangreiche Forderungslisten auf, die zwar vielfach richtig sind, jedoch teilweise unkonkret bleiben (bsp. „Sozialer und ökologischer Umbau der Wirtschaft durch Überführung zentraler Wirtschaftsbereiche
in öffentliches Eigentum unter demokratischer Gestaltung der Beschäftigten und der BürgerInnen!”4) und denen in jedem Fall eine Perspektive zur tatsächlichen Erreichung dieser Ziele fehlt: Einheitsfront gegen soziale Angriffe, Kampf gegen reformistische Führungen, Methoden des Klassenkampfes wie pol. Streiks etc. Diese Fehler sind bei vielen autonomen Gruppen zu beobachten, wenn auch die GSK den rechtesten Flügel der Autonomen darstellt.

In Bezug auf die Organisationsdebatte vertreten sie ein Konzept der “pluralistischen Linken”, also der kritik- und perspektivlosen “freundlichen Zusammenarbeit” aller Linken ohne Konzept und Ziel, wie folgende Darstellung zeigt: “Statt Revolution und Reform gegeneinander auszuspielen, setzen wir auf eine revolutionäre Realpolitik (Rosa Luxemburg), die an den Widersprüchen des Bestehenden ansetzt”5 Positiv hervorheben wollen wir jedoch den Aktivismus der GSK gegen Rassismus.

17. Die “Piratenpartei”

Eine für viele bemerkenswerte Entwicklung der letzten Jahre war das Wachstum der sogenannten “Piratenpartei” als politische Strömung, das in Deutschland und einigen anderen Ländern zu beobachten war. Die deutsche “Piratenpartei” hat seit 2006 (nach eigenen Aussagen) etwa 30.000 Mitglieder gewonnen und stellt sich dar als eine fortschrittliche “Bürgerpartei”, die allen Menschen gleich welchen sozialen Ursprungs offensteht und für “vernünftige” Politik im Interesse aller einsteht. Ihre politischen Forderungen – sofern überhaupt verbindlich niedergeschrieben – sind zutiefst widersprüchlich und sind ein wildes Durcheinander sowohl fortschrittlicher als auch illusorischer, reformistischer oder gar reaktionärer Positionen. Aus marxistischer Sicht ist die sog. “Piratenpartei” keinesfalls eine linke, sondern eine kleinbürgerliche Strömung. Dem widerspricht nicht, dass auch linke AktivistInnen, ArbeiterInnen oder unterdrückte Jugendliche sich ihnen anschließen – vielmehr ist es gerade typisch für kleinbürgerliche Strömungen, dass sie mal in den Reihen der Bourgeoisie, mal in der Arbeiterklasse oder unterdrückten Jugend nach Unterstützern suchen und entsprechende politische Rezepte für “Alle”, also – marxistisch gesprochen – für alle Klassen anbieten. Die Interessen der Bourgeoisie mit jenen der Arbeiterklasse zu verbinden, ist natürlich immer ein Betrug – es entspricht jedoch dem Charakter des Kleinbürgertums, sich von Zeit zu Zeit von den originär bürgerlichen Parteien zu entfernen und selbst für ihre Interessen zu kämpfen. Hierfür sind sie jedoch auf Unterstützung von den “wichtigen” Klassen – also der Bourgeoisie oder der Arbeiterklasse – angewiesen.

Neben enttäuschten und verwirrten Linken tummeln sich in der sog. “Piratenpartei” auch Nazis, ehemalige Mitglieder von CDU, FDP, GRÜNEN u.a. Daher kann es für uns eine Zusammenarbeit mit “Piraten” nur im Rahmen konkreter Kämpfe für legitime Ziele geben mit der Vorraussetzung, dass Reaktionäre aus der Bewegung ausgeschlossen werden.

Zu den wirren Positionen der sog. “Piratenpartei” gehören beispielsweise folgende originär kleinbürgerliche Parolen (Grundsatzprogramm Piratenpartei6):

  • Förderung des freien Marktes
  • Bekämpfung von “Monopolen”
  • Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft in der IHK

Die vielbeschworene radikale Verteidigung der “Grundrechte” entpuppt sich als vollkommene Nullnummer, wie folgende Forderungen zeigen (Wahlprogramm NRW7):

  • Erhöhung der “Transparenz” des Verfassungsschutzes, “soweit dies im Rahmen der Handlungsfähigkeit des Verfassungsschutzes möglich ist”
  • Online-Überwachung “nur durch richterliche Anordnung”
  • “Einsatz neuer Technologien bei der öffentlichen Überwachung sind kritisch zu hinterfragen”
  • “Statt technischer Mittel wollen wir eine höhere Präsenz von Polizei- und Ordnungskräften an potenziellen Kriminalitätsbrennpunkten.”
  • “Die Entscheidung für den Einsatz von Überwachungsmaßnahmen während einer Demonstration ist von den verantwortlichen Einsatzkräften nach pflichtgemäßem Ermessen unter gleichzeitiger Beurteilung der Gefahren- und Aggressionslage zu treffen.”

Auch die “sozialen” Forderungen sind keinesfalls radikal, sondern bleiben selbst hinter den schlechtesten reformistischen Losungen zurück:

  • Der “fahrscheinlose ÖPNV” (Berlin) soll durch Zwangsabgabe i.H.v. 24EUR/Monat finanziert werden
  • Es findet sich keine einzige konkrete Forderung in Bezug auf Abschaffung von Hartz 4, Leiharbeit, Niedriglohn, Kampf gegen Entlassungen o.ä. Stattdessen eine Lobhudelei auf die “Soziale Marktwirtschaft”
  • das sog. “Bedingungslose Grundeinkommen” wäre tatsächlich eine massive Enteignung von prekären ArbeiterInnen und Arbeitslosen und wird aus diesem Grund von einem (kleinen) Teil der Bourgeoisie unterstützt
  • Sehr skurril ist die Forderung nach staatlicher Bezuschussung von “Arbeitslosen-Selbsthilfegruppen”

Aufgrund ihrer größtenteils reaktionären Ziele betrachten wir die sog. “Piratenpartei” als politischen Gegner. Sie stellt eine Gefahr für die gesamte Linke dar, weil sie auch in linken Bewegungen rekrutiert und ihre reaktionären Ziele dort hineinträgt. Wenn Linke sich bei den “Piraten” organisieren sollten, werden sie früher oder später entnervt und demoralisiert aufgrund der Nutzlosigkeit der “Piraten” das Handtuch werfen. Um die vielen linksgerichteten Mitglieder der “Piraten” sollten wir daher politisch werben, wir fordern sie zum Bruch mit allen bürgerlichen Elementen auf, zum gemeinsamen Kampf für gemeinsame Ziele und zur Abkehr von den sog. “Piraten”.

18. Stuttgart 21

Die Bewegung gegen S21 ist aufgrund ihrer Schwächen vollständig gescheitert, besteht jedoch fort als versteinerte Erscheinung der gesammelten Fehler ihrer Führung, der Arbeiterbewegung und der Linken. Die Politisierung von tausenden Menschen, denen auch ein Kern von Militanten angehört, hat überwiegend nicht zu deren Radikalisierung und politischen Entwicklung durch die Schule des Kampfes geführt, sondern meist entweder zur Resignation in der Niederlage oder zur Verfestigung von kleinbürgerlichen und zum Teil reaktionären Vorstellungen. Dies drückt sich auch gerade im völligen Versagen aus, unterdrückte Jugendliche in größerer Zahl zu mobilisieren. Sie ist zu einer Stillstands-Bewegung geworden: die offenkundige Niederlage wird verkannt und geleugnet, die notwendigen Konsequenzen (die Verallgemeinerung des Kampfes und die Vereinigung mit anderen fortschrittlichen Bewegungen) nicht vollzogen, jedoch der Aktivismus in Form von Demonstrationen und Blockaden unverändert beibehalten.

19. Nazis

Die Aktivität von Faschisten hat weiterhin eine gewisse Bedeutung. In Deutschland kann man jedoch sagen, dass diese nicht an Kraft gewonnen und die antifaschistischen Mobilisierungen trotz ihrer verhältnismäßigen Schwäche den Nazis die Stirn geboten haben. In Dresden wurde der Naziaufmarsch im Februar im Angesicht der geplanten Gegendemonstration nicht durchgeführt. Auch alle anderen Versuche von Faschisten, große Aufmärsche durchzuführen, konnten erfolgreich gestört oder verhindert werden. In Deutschland ist eine Stärkung der Faschisten nicht zu erwarten, auch weil sie von der Bourgeoisie derzeit mehr als Gefahr, denn als mögliches Werkzeug für ihre Politik betrachtet werden. Chauvinistische und rassistische Hetze von bürgerlichen Kräften selbst hat sich jedoch verstärkt, bspw. im Zusammenhang mit der Euro-Krise oder dem angeblichen Erstarken von sog. „Salafisten“

In einigen Ländern Osteuropas, insbesondere Ungarn und Griechenland, sind Nazis eine ernste Gefahr für die Linke und greifen regelmäßig MigrantInnen, andere Minderheiten und Linke an. Nicht zuletzt aus diesem Grund sollten wir weiterhin schwerpunktmäßig antifaschistische Einheitsfronten unterstützen und auf wichtigen Demonstrationen möglichst stark und militant eingreifen.

20. Jugendinternationale

In unserem internationalen Manifest haben wir die wichtigsten politischen Grundsätze, die wir in unseren Kämpfen aus der eigenen und der Erfahrung anderer AktivistInnen gewonnen haben, dargelegt. Ein besonderes Ziel, das wir in den Jugendkämpfen aller Länder, aber auch und besonders im eigenen Land einbringen, ist die Losung der Jugend-Internationale. Wir treten ein für die Schaffung einer internationalen Kampforganisation der Jugend, die ausschließlich ihren jugendlichen Mitgliedern verantwortlich ist und von diesen kontrolliert wird. Die Wichtigkeit einer solchen Organisation wird augenscheinlich, wenn wir die Kämpfe letzten Jahre betrachten: In Europa, in Nordafrika und im Nahen Osten, in den vom Imperialismus besetzten Ländern und überhaupt in allen großen Kämpfen spielte die Jugend eine herausragende, wenn nicht tragende Rolle. Doch nirgendwo kämpfte sie unter ihrer eigenen, selbstgewählten Führung – stattdessen war sie auf die traditionellen Führungen der reformistischen Parteien oder sogar religiöser, reaktionärer Bewegungen angewiesen. Doch bereits die reformistischen ArbeiterführerInnen verhalten sich überall stets nationalborniert, anpasslerisch und schwankend und vertreten niemals die gemeinsamen Interessen der Jugend, wenn sie bereits die Arbeiterklasse – die Basis ihrer Organisationen – verraten. Für proletarische oder andere unterdrückte Jugendliche kann es keine Option sein, sich von diesen bremsenden FührerInnen benutzen zu lassen, ohne überhaupt Anteil an deren Entscheidungen zu haben. Vielmehr haben wir,
die jugendlichen AktivistInnen heutiger Kämpfe, die Aufgabe, uns endlich eine eigene, unabhängige Führung für alle unterdrückten Jugendlichen zu geben, um an der Seite der Arbeiter_Innenklasse – jedoch politisch selbstbestimmt – die Kämpfe für unsere Rechte zu führen und zu gewinnen. Doch nicht nur das, wir haben auch die weit größere Aufgabe, die künftige Speerspitze im Kampf der Arbeiterklasse zu werden und die falschen, ungeeigneten FührerInnen – Reformist_Innen, Stalinist_Innen und andere – zu ersetzen.

Aber wir würden einen Fehler begehen, würden wir dabei nicht von Anfang auf die engst mögliche Vereinigung der unterdrückten Jugend aller Länder setzen. Wie können wir trotz unserer fehlenden Erfahrung die richtigen Entscheidungen treffen, ohne uns auf andere Organisationen zu verlassen? Wenn schon die Arbeiterklasse nur weltweit vereint das Bewusstsein und die Kraft entwickeln kann, den Kapitalisten die Stirn zu bieten, so gilt das für die Jugend umso mehr, sind wir doch der unwichtigste Teil der kapitalistischen Maschine. Eine Jugendinternationale sollte all jene umfassen, die im Kampf für ihre Rechte die Kapitalist_Innen als Gegner und die Arbeiterklasse als Verbündeten betrachten. Dies setzt keine politische Übereinstimmung in allen Fragen voraus. Die Jugendinternationale ist eine objektive Notwendigkeit für jede Jugendbewegung. Sie würde die Kampfbedingungen für alle unterdrückten Jugendlichen verbessern und die Kraft der Kapitalisten schwächen. Wenn heute die Jugend vereinzelt, unorganisiert und schwach ist gegenüber den gezielten Angriffen des bürgerlichen Staates, so müssten in Zukunft die Kapitalisten davor zittern, an verschiedenen Fronten auf allen Kontinenten angegriffen zu werden von einer grenzenlosen Bewegung der Jugend.

Als revolutionäre internationale Jugendorganisation haben wir derzeit die dringlichste Aufgabe, die stattfindenden Umwälzungen weltweit durch Intervention auf Grundlage unserer programmatischen Dokumente zur Radikalisierung und Ausweitung der legitimen Proteste und Kämpfe zu nutzen. Wir haben jeden Grund, selbstbewusst und entschlossen unser revolutionäres Manifest als notwendigen Beitrag in alle Bewegungen einzubringen, in denen Jugendliche legitimerweise für demokratische Freiheit oder gegen Arbeitslosigkeit, Armut, imperialistische Diktatur oder Besatzung und Fremdherrschaft kämpfen.

Das größte Augenmerk sollten wir dabei auf all jene Bewegungen legen, wo junge AktivistInnen hinzuströmen, im Kampf für ihre Rechte sich radikalisieren und politische Antworten auf die dringenden Fragen suchen:

Wie können die konkreten Angriffe auf unsere sozialen und demokratischen Rechte gestoppt werden? Wie können die verrotteten Organe der bürgerlichen Demokratie entsorgt werden und durch was werden sie ersetzt? Wie können Diktatur, Besatzung und Krieg beendet werden, wer sind hierbei die Verbündeten und gegen wen richtet sich der Kampf? Wie kann letztendlich das kapitalistische System zerschlagen werden, welche Organisation und welche politischen Grundsätze sind hierfür und zur Erringung der Macht notwendig?

Auf diese Fragen haben wir Antworten, die darauf warten, verbreitet und umgesetzt zu werden. Die rasche Intervention auch in Ländern, in denen wir bislang nicht verankert sind, ist hierbei eine große Verantwortung und Chance, GenossInnen zu gewinnen und die Organisation durch die Erfahrungen anderer Unterdrückter zu bereichern und zu festigen.

REVOLUTION-Konferenz, Juni 2012




Kampf im "Herzen der Bestie" – Vor welchen Chancen und Gefahren steht die revolutionäre Jugend?

Wir veröffentlichen hier ein Dokument, das von der REVOLUTION-Jahreskonferenz im Juni 2012 beschlossen wurde und eine umfassende Zusammenstellung der politischen und ökonomischen Entwicklung und der Perspektiven für Klassen- und Jugendkämpfe weltweit enthält.

1. Der Rahmen: globale Krise

2011 und 2012 waren weltweit von der historischen Krise des Kapitalismus geprägt, die in allen Ländern sowohl Kapitalisten als auch Unterdrückte vor gleichsam historische Herausforderungen stellt. Innerimperialistische Konflikte haben sich in Europa wie international zugespitzt, ebenso wie sich in vielen Halbkolonien imperialistische Konflikte, Klassenkämpfe, Unabhängigkeitsbewegungen und Aufstände verschärft haben. Die politische und wirtschaftliche Entwicklung war dabei in verschiedenen Ländern in höchstem Maße unterschiedlich, widersprüchlich und zugleich eng verbunden.

Während der US-Imperialismus sich im Niedergang befindet, weite Teile Europas stagnieren oder vor dem Kollaps stehen, hat besonders Deutschland die Krise zur vergrößerung seines Einfluss genutzt. Während sich in Griechenland oder im Nahen Osten revolutionäre Bewegungen formieren, herrscht in wichtigen imperialistischen Ländern weitgehende Friedhofsruhe zwischen Unterdrückten und Unterdrückern. China erhöht seine Ansprüche auf Iran oder Syrien und fordert gar Zugeständnisse von Europa und den USA, letztere sind dagegen weitgehend erfolglos in der Unterordnung Afghanistans und der Region.

In Europa hat der deutsche Imperialismus seine Offensive zur Unterordnung Süd- und Osteuropas sowie zur Hegemonialmacht der EU ausgeweitet. Frankreich ist hierbei Rivale ebenso wie zeitweise taktischer Verbündeter in gemeinsamen Interessen. Als politisches Führungsduo der EU unangefochten, haben Merkel und Sarkozy der EU und insbesondere Griechenland, Spanien, Italien zahlreiche Maßnahmen aufgezwungen, die der Entschärfung der Krise zugunsten des deutschen und französischen Imperialismus dienen sollen. Verlierer in diesem Kampf sind neben den jeweiligen nationalen Bourgeoisien natürlich stets in erster Linie die Unterdrückten, die Arbeiterklasse und in hohem Maß die Jugend, die von enormer Verarmung, Massenarbeitslosigkeit und Entrechtung in allen wichtigen Fragen – soziale Sicherung, Bildung, Gesundheit usw. – betroffen ist. Die Jugendlichen beantworten diese Entwicklung mit Massenaktionen – Millionen waren aktiv in Platzbesetzungen, Streiks bis hin zur Belagerung des griechischen Parlaments und Straßenkampf gegen die Macht des Staates.

2. Der deutsche Imperialismus als Krisenprofiteur

In Deutschland hat sich der leichte Aufschwung von 2011 nicht fortgesetzt. Vorhersagen, dass dieser in einen weiteren tiefen Einbruch vergleichbar 2009 mündet, haben sich jedoch nicht bestätigt. Vielmehr befindet sich die deutsche Wirtschaft wieder nahe der Stagnation, die Bourgeoisie selbst geht von einem schwachen Wachstum von knapp 1% für 2012 aus. Dies steht in starkem Ungleichgewicht zu der Entwicklung der meisten europäischen Länder. Insgesamt wird eine Stagnation oder sogar Rezession im Euroraum erwartet. Griechenland, Italien, Spanien und Portugal befinden sich in der Rezession. Dieses Ungleichgewicht ist derzeit kennzeichnend für die Krise.

Der deutsche Imperialismus hat insgesamt während der Krise seine Position verteidigen und auf Kosten imperialistischer Rivalen ausbauen können.

Grundlage hierfür war zum einen seine ökonomische Basis in Form der exportierenden Industrie. Diese war zwar mit am schärfsten vom Einbruch 2009 betroffen, konnte jedoch mit massiven Subventionen (Konjunkturpakete, Kurzarbeit) auf Bereitschaft gehalten werden, so dass sie widerum zu den ersten Gewinnern in 2010-2011 zählte. Wichtig waren hierfür auch die Niedrigzinspolitik der EZB. Weiterhin haben die forgesetzten Konjunkturprogramme der USA dazu beigetragen, den deutschen Export aufrecht zu erhalten.

Nicht minder wichtig war jedoch die reaktionäre Mitarbeit der Gewerkschaften an der Krisenpolitik, welche die gewerkschaftlichen Kämpfe weitgehend lähmte und stets in Niederlagen führte. Der Verzicht auf ernsthafte Abwehrkämpfe gegen Kurzarbeit, Leiharbeit, die Nichtdurchsetzung von Lohnforderungen und weitgehende politische Unterstützung des schwarz-gelben Krisenprogramms macht die reformistischen Gewerkschaftsführungen verantwortlich nicht nur für Prekarisierung der unteren ArbeiterInnenschichten in Deutschland – insbesondere Jugendliche und Frauen – sondern auch für die imperialistische Offensive der deutschen Bourgeoisie mit weltweit historischen Auswirkungen. Nicht nur für die Arbeiterklasse in Deutschland, sondern auch für die Unterdrückten Griechenlands, Portugals oder Spaniens ist die Erledigung dieser reformistischen Führung daher eine Aufgabe ersten Ranges.

Darüber hinaus haben die expansive Geldpolitik der EZB und die staatlichen Kredite und Kreditgarantien (EFSM, EFSF, ESM) auch die Staatsschuldenkrise im Euroraum kurzfristig entschärft, indem die Kreditklemme verhindert wurde und „Schrottpapiere“ unmittelbar durch Garantien abgesichert wurden. Langfristig sind die Folgen dieser Politik für den Imperialismus jedoch kaum absehbar – In jedem Fall führt grundsätzlich die Ausweitung des Kredits zu weiterem Wertverfall der kritischen Staatsanleihen und damit zu höheren Zinsen für diese. Ein Crash an den Anleihemärkten mit gewaltigen und weltweiten Auswirkungen ist also durchaus möglich.

3. Die Euro-Krise

Die historische Krise des Kapitalismus drückt sich derzeit am deutlichsten in der EU-Schuldenkrise aus. Die massive Ausweitung von Zentralbankkrediten und Staatsanleihen setzt die schwächer industrialisierten Euro-Länder massiv unter Druck, da die Renditen ihrer Papiere bei vergleichsweise schwachen Profitraten steigen. Dies macht deren Refinanzierung schwerer oder gar unmöglich.

Im Rahmen bürgerlicher Politik ist der einzige Ausweg die Unterwerfung unter eine imperialistische „Schutzmacht“, die sich für die Anleihen verbürgt und damit den Fortbestand des Staatshaushaltes ermöglicht – hierfür jedoch nicht nur massive Angriffe auf die Unterdrückten fordert, sondern auch die Bourgeoisie selbst ihrer bisherigen Souveränität beraubt.

Vom Standpunkt der Arbeiterklasse ist jedoch die einzige Lösung die Annulierung der Schulden – also die Enteignung der Gläubiger. Linke Reformisten, die einen Schuldenschnitt durch Verhandlung mit den Imperialisten und Fortbestand des bürgerlichen Eigentums anstreben – wie beispielsweise die SYRIZA – stehen vor dem Dilemma, dass dies selbstverständlich die sofortige Kapitalflucht und ökonomischen Zusammenbruch bedeuten würde. Die Annulierung der Schulden kann nur durch eine Regierung der Arbeiterklasse, bei gleichzeitiger Enteignung des nationalen Bankwesens, der Industrie etc. erfolgreich sein.

Dies macht die Krise zu einer tatsächlich revolutionären Krise. Für die herrschende Klasse ist sie nur unter unzumutbaren Zugeständnissen zu entschärfen – für die Unterdrückten nur durch Umwälzung der Eigentumsverhältnisse, also den Sturz der Kapitalistenklasse.

Das ökonomische Ungleichgewicht innerhalb eines gemeinsamen Währungsraumes war die Grundlage für den Plan der Unterordnung Europas unter deutsch-französische Führung – ist jedoch derzeit eine gewaltige Bedrohung des imperialistischen Projektes EU. Die Frage, wie mit dieser existentiellen Krise umgegangen werden soll, spaltet naturgemäß die Imperialisten untereinander, aber auch die bürgerlichen Parteien Deutschlands und anderer Länder sind im innern geteilter Meinung. Die Hauptkonfliktlinie zieht sich durch die Frage, ob eine gewaltige Kapitalvernichtung in Ländern wie Griechenland als Beitrag zur Entschärfung der Krise erzielt werden soll – was diese Länder um Jahrzehnte zurückwerfen würde und z.B. Absatzmärkte auf lange Zeit zerstören würde – oder aber ein „moderates“ Sparprogramm, das selbstverständlich die Arbeiterklasse enteignen und prekarisieren, nicht aber die griechische Wirtschaft in den Abgrund stoßen soll.

4. Griechenland: im Kreuzfeuer imperialistischer Angriffe

In Griechenland wurde eine imperialistische Diktatur errichtet. Die EU-Troika hat eine durch nichts demokratisch legitimierte Regierung eingesetzt, um die brutalen Angriffe gegenüber Griechenland und insb. der Arbeiterklasse durchzusetzen.

Die brutalen Angriffe des EU-Imperialismus gegenüber Griechenland haben mehreres gezeigt:

  1. Die deutsch-französische Führungsmacht ist entschlossen, ihre imperialistischen Ziele mit aller Gewalt und Härte durchzusetzen und nimmt dabei auch revolutionäre Krisen in Kauf.
  2. Wir befinden uns in einer revolutionären Periode, d.h. die herrschenden Klassen sind aufgrund der historischen Krise des Kapitalismus – die im Kern eine Krise der Produktionsverhältnisse ist – zur Umwälzung dieser Produktionsverhältnisse in ihrem Sinne gezwungen. Die Unterdrückten werden in den Abwehrkampf gegen diese Angriffe gezwungen, was – zeitweilig auch spontan – das Ausmaß von Aufständen und Revolutionen annimmt.
  3. Die imperialistische Umordnung Europas ist eine grundlegende Notwendigkeit für die imperialistischen Mächte, deren Ausgang wird die Kräfteverhältnisse auf lange Zeit bestimmen.
  4. Ebenso ist für die Arbeiterklasse der Kampf gegen die imperialistischen Angriffe existentiell. Eine tiefe historische Niederlage ist in erster Linie wegen des Versagens ihrer Führungen – möglich. Ebenso möglich sind jedoch rasche Wendungen im Klassenkampf mit massenhafter Umorientierung und Radikalisierung.
  5. Die Aufgabe von Revolutionären in dieser Situation ist es selbstverständlich, in allen legitimen Kämpfen mit einem proletarischen, sozialistischen Programm den entschlossensten militanten Weg zur Zerschlagung der Klassenmacht der Bourgeoisie zu propagieren und nach Kräften zu führen.
  6. Die Stagnation der griechischen Revolution ist zu großen Teilen auch dem Versagen, dem offenen Verrat der Arbeiterbewegung in den imperialistischen Ländern – allen voran der deutschen Gewerkschaftsbürokratie – geschuldet. Allein durch die Vereinigung der Arbeiter- und Jugendbewegungen auf europäischer Ebene mit einem radikalen Aktionsprogramm gegen „Rettungspakete“, Arbeitslosigkeit und Massenverarmung könnte die Krise zum Fortschritt der Unterdrückten gelöst werden.

Es ist zu erwarten, dass sich die Euro-Krise weiter verschärfen wird. Neben der Frage der ökonomischen Entwicklung ist der Fortgang der Kämpfe in Griechenland und in anderen Krisenländern von größter Bedeutung.

In Griechenland findet vor dem Hintergrund der seit 2 Jahren anhaltenden Massenproteste eine politische Polarisierung und Radikalisierung von AktivistInnen statt. Dies wurde durch die aggressive Politik und chauvinistische Hetze der EU, BRD, Frankreich und des IWF noch verstärkt. Die Parlamentswahl im Mai hat einen Linksruck gezeigt, besonders die linksreformistische SYRIZA hat stark gewonnen. Die Neuwahlen am 17. Juni haben diese Entwicklung fortgesetzt, wenn auch die SYRIZA keine Regierung bilden konnte und knapp nur zweitstärkste Kraft wurde. Die Stärke von SYRIZA ist offenkundig von großer Bedeutung für die Kämpfe in Griechenland. Es ist jedoch offenkundig, dass selbst eine linke Regierungsmehrheit unter SYRIZA zu schwach wäre, um die Angriffe der EU zu stoppen und schnell zwischen EU-Imperialisten und griechischer Bourgoisie und Bürokratie zerrieben wäre. Die KKE dagegen betreibt eine verräterische Politik, leugnet die Möglichkeit des revolutionären Umsturz und verhält sich sektiererisch gegenüber allen anderen Organisationen der Linken und der Arbeiterbewegung, wärend sie sich rechten, bürgerlichen Kräften anbiedert. Ihre tiefe Niederlage am 17. Juni ist insofern eine berechtigte Strafe und könnte angesichts der historischen Tiefe der griechischen Revolution den ebenso berechtigten historischen Niedergang der KKE einleiten, da ihr Versagen ein historisches Verbrechen gegenüber der Arbeiterklasse und den Unterdrückten ist.

Für Revolutionäre ist es von größter Bedeutung, in dieser Situation:

  1. Für eine Regierung der Arbeiterklasse auf Grundlage eines Aktionsprogramms gegen die Krise einzutreten und die reformistischen, illusorischen Vorstellungen bspw. der SYRIZA zu kritisieren bei gleichzeitiger Unterstützung in Wahlen.
  2. Das Sektierertum von KKE, aber auch Teilen der SYRIZA zu attackieren, nicht zuletzt um die kämpfende Basis dieser Organisationen für ein solches Aktionsprogramm zu gewinnen.
  3. Die Organisierung und Zentralisierung der überwiegend vereinzelten gewerkschaftlichen Kämpfe voranzutreiben und in diesen eine Einheitsfront der Linken herzustellen. Die gewerkschaftlichen Kämpfe, die auch Besetzungen einschließen, sind derzeit meist voneinander isoliert und zudem nicht mit den politischen Massenmobilisierungen verbunden.
  4. Die rechte und chauvinistische Hetze gegen Griechenland und bspw. die SYRIZA aufs schärfste zu bekämpfen.
  5. Die Gewinnung von Verbündeten und GenossInnen aus der Bewegung nach allen Kräften zu versuchen und wenn möglich eine Gruppe aufzubauen. Hierfür wird REVOLUTION nach den Parlamentswahlen eine Delegation nach Griechenland entsenden.

5. Ist eine Lösung in Sicht?

Die bisherigen Maßnahmen zur „Eindämmung“ der Krise haben diese grundsätzlich nicht im geringsten entschärft. Für die Kapitalisten ist die einzig mögliche „Lösung“ der Krise die massive Vernichtung von überschüssigem Kapital, um auf Grundlage dann höherer relativer Profitschöpfung (Profitrate) einen neuen Aufschwung zu ermöglichen. Trotz des vorübergehenden schweren Einbruchs hat dies in den imperialistischen Ländern nicht in großem Umfang stattgefunden. Keine Imperialistische Macht war bislang in der Lage und entschlossen, den jeweiligen Rivalen diese Kapitalvernichtung aufzuzwingen. Die bisherige Krisenpolitik hat dagegen in verschieden großem Ausmaß die Verringerung der Lohnkosten erreicht, die Ausweitung der Zentralbankkredite und die „Absicherung“ gewaltiger Kreditsummen durch die jeweiligen Staaten. Vor allem Letzteres hat im Wesentlichen die empfindlichen Kreisläufe von Kapital- und Warenzirkulation aufrechterhalten und chaotische, unberechenbare Zusammenbrüche verhindert. Gleichzeitig hat dies jedoch bestehende Anleihen teils massiv entwertet – mit dem Resultat, dass in Ländern wie Griechenland die Krise der kapitalistischen Produktion in vollem Umfang dorthin zurückkehrt – und zur Stilllegung von Betrieben in großem Umfang und einer historisch einzigartigen Entlassungswelle führt.

Die „Rettung“ von zentralen Banken und Industrien durch drastische Erhöhung der Staatsschulden in allen wichtigen Ländern und vor allem die Abwertung der Schuldverschreibungen in den schwächeren Ökonomien stößt natürlich früher oder später an eine Grenze. Weitere schwere Konjunktureinbrüche können dann nicht mehr wie bisher vom Staat aufgefangen werden.

Die inner-imperialistischen Widersprüche sind überdeutlich zu Tage getreten. Angesichts des Niedergangs des US-Imperialismus beansprucht China einen größer werdenden Einfluss in wichtigen Regionen wie dem nahen und mittleren Osten. China profitiert von der Schwäche der US-Industrie, hat seinen Export ausgebaut und scheint auf den ersten Blick von den weltweiten Erschütterungen unberührt. Gleichzeitig hängen jedoch US- und chinesische Wirtschaft durch chinesischen Waren- und Kapitalexport zusammen und sind auf Kooperation angewiesen. Die US-Chinesische Rivalität drückte sich u.a. in dem Streit um den Yuan-Dollar-Kurs aus. Die offene Herausforderung der USA durch China ist eine Frage der Zeit.

6. Die Kämpfe der Unterdrückten

Weltweit haben die Entwicklungen die Linke in Bewegung versetzt und auch millionenfach junge Menschen politisiert. Die bürgerliche Demokratie wird durch Intervention von kapitalistischen Institutionen, imperialistischen Regierungen oder direkten Zwang der Finanzmärkte oftmals zur Farce und ist in den Augen vieler delegitimiert. In den meisten Ländern haben sich reformistische Kräfte gestärkt, die zudem nach links gerückt sind – nicht jedoch in Deutschland. Andererseits entstehen kleinbürgerliche Strömungen – wie die sog. „Piraten“ – gerade dort, wo die Reformisten in den Augen der Unterdrückten keine Antwort auf ihre Probleme haben. Bislang hat sich jedoch nirgendwo eine revolutionäre, kommunistische Kraft an die Spitze von Massenkämpfen stellen können und sie mit einer tatsächlichen politischen Perspektive zur Erringung der Macht ausstatten können.

Die kapitalistische Krise hat in vielen Ländern der Welt zu heftigen Klassenkämpfen geführt, die direkt oder indirekt von den Verwerfungen auf den Weltmärkten oder imperialistischen Agressionen ausgelöst wurden. Auch nationale und demokratische Befreiungsbewegungen haben in vielen Ländern einen Aufschwung erfahren, was nicht nur für die Länder des Arabischen Frühlings gilt.

In Russland findet eine Kampagne gegen die Putin-Regierung statt. Diese geht zwar gänzlich von bürgerlichen oppositionellen Kräften aus und spiegelt den Kampf verschiedener Kapitalfraktionen wider. Sie bezieht ihre Stärke jedoch auch durch die Mobilisierung von Unterdrückten, ArbeiterInnen und StudentInnen – und erfährt aus diesem Grund brutale Repression durch Geheimpolizei, Paramilitär und auch Faschisten.

In China befinden sich täglich tausende ArbeiterInnen im Streik. Die größte Arbeiterklasse der Welt wird dabei automatisch vor die Aufgabe gestellt, ihre eigenen Streikkomittees, Gewerkschaften und politische Organisationen aufzubauen. Aufgrund der äußerst repressiven Bedingungen muss dies meist zwangsläufig in der Illegalität stattfinden, was die überregionale Organisierung – von der internationalen nicht zu sprechen – enorm erschwert. Der Aufbau von Gewerkschaften und proletarischen Kampforganisationen in China wird angesichts der Bedeutung des chinesischen Imperialismus eine der wichtigsten Aufgaben der Arbeiterbewegung und für revolutionäre InternationalistInnen.

In Indien hat im April 2012 ein landesweiter Generalstreik von 10 Millionen ArbeiterInnen stattgefunden, was angesichts der Rückständigkeit des Landes ein beeindruckender Ausdruck zunehmender Organisierung der Arbeiterklasse ist. Die Kashmir Intifadah, die sich seit 2010 verstärkt hat, hält an und erreicht am 11. Juni 2012 einen neuen Höhepunkt.

In der pakistanischen Provinz Belutschistan ist die Unabhängigkeitsbewegung erstarkt. Sie kämpft für einen eigenen Staat und genießt hierfür unsere volle Unterstützung und Solidarität, was auch für unsere GenossInnen vom „Revolutionary Socialist Movement“ gilt.

7. Der Arabische Frühling

Die Aufstände des Arabischen Frühlings haben Länder und Kontinente erschüttert. Das revolutionäre Lauffeuer, entfacht durch die massenhafte Erhebung der Jugend, hat Despoten hinweggefegt, deren Macht als unzerbrechlich galt und hat zweifellos zu einem neuen Selbstbewusstsein der Unterdrückten in der gesamten arabischen Welt geführt. In Ländern, die jahrzehntelang keine legale politische Opposition kannten, entwickelten sich binnen Monaten Massenbewegungen, die sich bewaffneten, um ihre Unterdrückerregime zu stürzen. Dies hat der gesamten Welt offenbart, dass unter der steinernen Fassade der von den Imperialisten gestützten Unterdrückerstaaten oftmals ein morsches Skelett steckt, das seine steinerne Hülle zu tragen nicht mehr imstande ist.

In Libyen ebenso wie in Syrien haben innerhalb kurzer Zeit Teile der Armee die Seite gewechselt und sich mit der kämpfenden Bevölkerung verbunden. In Libyen wurde der verbleibende Kern mit Unterstützung der Imperialisten militärisch besiegt. Die Rebellenverbände installierten eine Übergangsregierung, die mit den Imperialisten paktiert. Stammesführer haben ebenso wie Gaddafi-Anhänger führende Positionen inne.

Lediglich in Ägypten verstand es die Armeeführung, rechtzeitig Zugeständnisse zu machen, um die weitere Zuspitzung zu vermeiden. Als Mubarak vom Generalstab fallengelassen wurde, behielt dieser die Kontrolle über das Land. Derzeit ist die einzige Kraft, von der die Armeeführung herausgefordert wird, die reaktionäre Muslimbruderschaft. Syrien befindet sich derzeit in einem blutigen Bürgerkrieg gegen die Assad-Regierung.

In den Revolutionen treten eine Reihe von Widersprüchen offen zu Tage:

  1. Die Verrottetheit der ganzen Region als Teil des verrotteten imperialistischen Weltsystems, die keine Hegemonialmacht mehr kennt, welche die jahrzehntelang gestützten Regime zu verteidigen bereit ist. Die anfängliche Hilflosigkeit der Imperialisten angesichts der unkontrollierbaren Erhebungen, die freilich rasch einer ebenso zynischen wie zweckmäßigen „Unterstützung“ der Revolution wich mit dem Ziel ihrer Liquidation.
  2. Die objektive Notwendigkeit und Möglichkeit des Sieges einer demokratischen Revolution und gleichzeitige Paralyse durch Reaktionäre wie Stammesführer, „Reformer“, Islamisten, imperialistische Agenten etc.
  3. Die Schärfe und Entschlossenheit der Revolutionen, deren rasche technische Entwicklung (Waffen, Training, Kommandostrukturen etc.) bei gleichzeitigem Fehlen einer bewussten politischen Führung und eines Programms, das bspw. die Einheitsfront der Arbeiterklasse, Jugend und der Armen gemeinsam mit desertierten Kämpfern für die Durchsetzung der sozialen und demokratischen Forderungen herstellt.

Revolutionäre haben in den entscheidenden Stunden stets und ohne jede Bedingung an der Seite der revolutionären Erhebungen zu stehen. Wir tun dies, um die wichtigste objektive Grundlage für die Aufstände – die Ausbeutung und Unterdrückung der Arbeiterklasse durch nationale wie imperialistische Kapitalisten – bewusst zu machen, d.h. für eine proletarische, sozialistische Führung der Revolution einzutreten. Der Kampf für demokratische oder soziale Rechte ist in jedem Fall und in jeder Form legitim – und drängt doch objektiv auf die Machtergreifung der Arbeiterklasse, der einzigen Klasse, die diese Ziele gegenüber jenen der Bourgeoisie durchsetzen kann. KommunistInnen sollten stets das „Gesamtinteresse“ einer fortschrittlichen Bewegung vertreten, denn nur so können ArbeiterInnen und proletarische Schichten von der Richtigkeit des jeweiligen proletarischen, d.h. kommunistischen Programms überzeugt werden. Das beinhaltet, dass auch der revolutionäre Kampf von kleinbürgerlichen, feudalen oder anderen reaktionären Kräften legitim ist, solange er den konkreten Zielen der Revolution dient.

Mit entschiedener Ablehnung müssen wir jedoch jenen begegnen, die mit Imperialisten paktieren, d.h. ihnen Zugeständnisse machen, damit sie die Revolution unterstützen mögen. Dies ist immer ein Verrat an der Revolution und die Imperialisten werden grundsätzlich immer eine konterrevolutionäre Rolle spielen, selbst wenn sie in bestimmten Situationen die Revolution gutheißen, um die ihnen am „nützlichsten“ erscheinende Kraft zur Macht zu bringen, oder imperialistische Rivalen zu schwächen.

In Deutschland sollten wir Solidaritätskampagnen für die arabischen Revolutionen unterstützen oder initiieren, nach Möglichkeit Veranstaltungen mit entsprechenden Gruppen machen, und wo immer möglich entstehende Kontakte – insbesondere arabische MigrantInnen – als GenossInnen gewinnen. Die Möglichkeit, über das Internet Kontakte zu machen und AktivistInnen in den arabischen Ländern zu gewinnen, ist sehr wichtig und muss bewusst genutzt werden.

8. Klassenkampf in der BRD

Gleichzeitig bilden die wichtigen imperialistischen Zentren Europas und die USA – allen voran Deutschland – in Bezug auf die Kämpfe der Unterdrückten das „Auge inmitten des Hurrikans“.

Der politische Kampf gegen die Politik der Bundesregierung blieb im Wesentlichen auf einzelne Protestaktionen beschränkt. Einige bundesweite und sogar international koordinierte Aktionen wie zuletzt 15.-19. Mai hatten zwar starke Mobilisierungswirkung und waren für militante und radikale AktivistInnen wichtig. In keinem Fall ist es jedoch gelungen, eine größere Verbindung zwischen organisierten AktivistInnen und der Arbeiterklasse bzw. der unterdrückten Jugend herzustellen. Vor allem führten sie bislang nicht zur Formierung einer Einheitsfront der Linken mit klarem Ziel, die Angriffe der Kapitalisten durch Methoden des Klassenkampfes zu stoppen. Insoweit sie überhaupt zu einer Vernetzung oder Kampfeinheit geführt haben, waren diese entweder vollständig von reformistischen Apparaten gelähmt, oder aber von kleinbürgerlichen, organisationsfeindlichen oder gar reaktionär (bspw. antideutsch) beeinflussten Kräften. Besonders hervorgehoben werden muss die reaktionäre Politik der Gewerkschaftsführungen, die teilweise die bürgerliche Krisenpolitik unterstützten, sie gar „von rechts“ kritisierten, in jedem Falle den tatsächlichen Kampf und die Mobilisierungen blockierte und nur vereinzelt in Worten fortschrittliche Ansätze für den gewerkschaftlichen und politischen Kampf formulierte.

Die Tarifrunden im öffentlichen Dienst und in der Metallindustrie endeten mit Lohnsteigerungen oberhalb der Inflationsrate. Die Gewerkschaftsbürokratie verstand es in beiden Fällen, im Gegenzug die betriebliche Mobilisierung auf Sparflamme zu halten und sich auf Warnstreiks zu beschränken. Ein Streik im öffentlichen Dienst hätte die Möglichkeit beinhaltet, die Organisierung von bspw. ErzieherInnen weiter voranzutreiben. Die Organisierung von LeiharbeiterInnen, anderen Prekären und insbesondere Jugendlichen wäre eine ungemein wichtige Aufgabe gewesen, die auf diese Weise unerfüllt blieb. In den Metallbetrieben herrscht nach dem kampflosen Abschluss oft Enttäuschung über die Gewerkschaft. In allen Fällen sollten wir jede Möglichkeit nutzen, in Betrieben für klassenkämpferische Gewerkschaften, gegen Gewerkschaftsverdrossenheit und für den Kampf gegen die Apparate und deren falsche Politik der kampflosen Klassenzusammenarbeit einzutreten. Die Gewinnung von GenossInnen und die Propaganda sollte in allen Betrieben, wo wir Mitglieder oder Kontakte haben, zentral sein.

9. Soziale Lage der Jugend in der BRD

Eine enorme Masse von Jugendlichen in Deutschland, insbesondere die Mehrheit der migrantischen Jugendlichen, ist in Bezug auf ihre sozialen und demokratischen Rechte (wozu auch das Recht auf Bildung gehört) prekarisiert und hat Grund genug zu radikalem Protest. Dies hat sich sicher seit 2008 noch verschärft durch starke Ausweitung der prekären Beschäftigung in diesen Schichten. Für Millionen gibt es derzeit keinerlei Perspektive außer Leiharbeit, Billigjobs oder Hartz 4.

Gleichzeitig sind für Millionen von Jugendlichen weltweit die Auswirkungen und Zusammenhänge der kapitalistischen Krise greifbar und ebenso die Formierung von Protestbewegungen wie bspw. in Spanien, Chile oder Griechenland.

Dass dennoch keine großen Proteste von diesen Teilen der unterdrückten Jugend ausgingen und auch die Bildungsstreikbewegung einen Niedergang erlitten hat, liegt zum einen am „Fettpolster“ der deutschen Imperialisten, welches scharfe, offene Angriffe nicht erfordert – hauptsächlich jedoch am schädlichen Einfluss der reformistischen Apparate und der bspw. in der Bildungsstreikbewegung vorherrschenden kleinbürgerlichen Strömungen:

  1. Organisierung prekärer Schichten (LeiharbeiterInnen, Azubis, Praktikanten, Frauen) wird von Reformisten nicht betrieben
  2. dadurch sind insb. prekäre Jugendliche aus solchen Schichten unorganisiert und politisch schwer ansprechbar (Lumpenproletariat)
  3. sicherlich trägt auch ein elitäres Bewusstsein unter „bessergestellten“ Schülern und StudentInnen dazu bei, die zudem meist tragender Bestandteil der Bildungsproteste waren.
  4. berechtigte Ablehnung der ref. Apparate, aus der jedoch falsche libertäre Schlussfolgerungen gezogen werden (Konsens, Lokalborniertheit, Organisationsfeindlichkeit)

10. Die Occupy-Proteste

Die „Occupy“-Proteste sind ein wichtiger Ausdruck der Kämpfe der Jugend. Obwohl keinerlei großräumige Organisierung stattfand, noch eine selbst kleine Übereinstimmung über die politische Zielrichtung besteht, ist eines hervorzuheben: Die Identifizierung mit dem Symbol „Occupy“ nimmt für Millionen positiven Bezug auf die politischen Kämpfe von Kairo, Bengasi, Tel Aviv, Athen, Madrid, Frankfurt, New York, Boston, Washington und ungezählter anderer Orte, wo Unterdrückte ihre berechtigten Forderungen – so unterschiedlich sie im einzelnen sind – durch Inbesitznahme öffentlicher Plätze zum Ausdruck bringen. Implizit wurde so eine wichtige Brücke geschlagen – zwischen den Unterdrückten im „reichen Westen“ und in den Halbkolonien, zwischen Jugendlichen in Unterdrücker- und unterdrückten Staaten, zwischen linken Weltverbesserern, Hippies und Träumern auf der einen und den Militanten des Nahen Ostens auf der anderen Seite, die ihr Blut für ihre Zukunft und die ihrer Brüder und Schwestern vergießen. Die Platzbesetzungen in Israel setzten dort eine Diskussion in Gang, wo Linke offen für den Palästinensischen Widerstand Position beziehen konnten und inmitten einer Massenbewegung die zionistischen Verbrecher im eigenen Land attackieren konnten.

Die Occupy-Bewegung beinhaltet also die Idee des Internationalismus, der Solidarität der Unterdrückten aller Länder. Die Bedeutung dieser Tatsache kann nicht hoch genug geschätzt werden für eine Bewegung, die Millionen von Jugendlichen weltweit politisiert hat – selbst wenn freilich diese Idee noch nicht zur Tat geworden ist. Revolutionäre müssen unbedingt stets dieses – wenn auch phrasenhafte und unmanifeste – Bewusstsein hervorheben, dass unser Kampf in den imperialistischen Zentren – gegen die Herrscher der Welt – Hand in Hand geht und identisch ist mit dem Kampf unserer Schwestern und Brüder aller Länder, denen „unsere“ Imperialisten nicht bloß Herrscher und Ausbeuter, sondern Henker und Mörder sind.

Leider traten verschiedene Schwächen deutlich zu Tage, die bislang verhinderten, den Protest auf eine ideologisch und organisatorisch höhere Ebene zu heben. Dies ist in Deutschland zum einen eine falsche Antwort auf ein richtig erkanntes Problem:

Aus der Unbrauchbarkeit der reformistischen Apparate haben viele AktivistInnen eine generelle Ablehnung von Parteien und Organisationen gefolgert. Nicht nötig zu erklären, dass auf solcher Grundlage jede Bewegung zum Scheitern verurteilt ist. Es überwiegt die Vorstellung von autonomen, nicht zentral geführten Aktionen. So findet auch keine systematische Diskussion über politische Taktiken und Ziele statt, darüber, welche Schlüsse aus der gesammelten Erfahrung der früheren sozialen, antikapitalistischen oder demokratischen Bewegungen gezogen werden müssen, und welches Aktionsprogramm die weltweiten Bewegungen gegen Krise, Arbeitslosigkeit, Krieg und Diktatur vereinen kann.

Die generelle Ablehnung, sich mit politischer Organisierung und mit bestehenden Organisationen, Gewerkschaften und Parteien auseinanderzusetzen macht es gerade für diese besonders leicht, eine Bewegung zu vereinnahmen und zu instrumentalisieren. So erlebt ATTAC nach Jahren des Dahindümpelns einen gewissen Wiederaufschwung, indem sie in den Mobilisierungen der letzten Monate eine zentrale Rolle gespielt haben.

Letztlich finden auch Reaktionäre in den „Occupy“-Protesten ihren Platz. Dies gilt weniger für die weitgehend ausgebluteten „Antideutschen“, die derartige Massenmobilisierungen ebenso verabscheuen wie alle spontanen Erhebungen und Aufstände. Jedoch haben diverse verkappte Rechtspopulisten versucht, insbesondere in der Diskussion um die „Euro-Rettung“ ihre reaktionäre und nationalistische Rhetorik zu verbreiten.

11. Analyse und Theorie der Krise und die Debatten innerhalb der Linken

Die verschiedenen Strömungen in der deutschen Linken haben verschiedene Beiträge zur Analyse der Krise gebracht. In den Folgenden Abschnitten 12-16 wollen wir uns mit den Positionen einiger Gruppen und mit ihrer Intervention in den Protesten beschäftigen und ihnen einige unserer zentralen Postionen gegenüberstellen. Wir werden uns beschränken auf jene Gruppen, die von besonderer Bedeutung sind oder exemplarisch für bestimmte politische Strömungen stehen.

Zu den Fragen, die innerhalb der Linken diskutiert werden gehören:

  1. die Ursachen der Krise und ihre Einordnung in die marxistische Krisentheorie sowie in verschiedene andere Theorien, die von linken und sich marxistisch verstehenden Autoren entwickelt wurden.
  2. die Frage, für welche Ziele linke AktivistInnen, Jugend- oder Arbeiterorganisationen in der Krise eintreten sollen
  3. die historische Bewertung der Krise und Vorraussagen für die weitere Entwicklung
  4. Die Führungskrise der Arbeiterbewegung und Schlussfolgerungen wie Umorganisation von linken Gruppen bzw. Diskussion über den Aufbau einer neuen “vereinigten” antikapitalistischen linken Organisation.

Hierzu einige zentrale Positionen von REVOLUTION in aller Kürze:

Wir betrachten die Krise seit 2007 als eine Krise der kapitalistischen Produktionsweise, die den Gesetzen der kapitalistischen Produktion entspringt. Es handelt sich jedoch nicht einfach um eine zyklische Konjunkturkrise, die einen darauffolgenden Boom vorbereitet, sondern um den Beginn einer historischen Krisenperiode, die sich weltweit in zunehmenden Verwertungsproblemen des Kapitals, imperialistischen Spannungen, chaotischen Entwicklungen an Finanzmärkten und Börsen, Arbeitslosigkeit und massiven sozialen und politischen Angriffen auf die Unterdrückten auszeichnet. Der tiefe Wirtschaftseinbruch 2009 ist nicht in einen allgemeinen Aufschwung übergegangen, wie es die allgemeine Erfahrung erwarten ließe. Wenn auch überall zyklische Konjunkturbewegungen stattfinden und in einzelnen Ländern durch besondere Umstände hohe Wachstumsraten erreicht werden, ist die Entwicklung weltweit beherrscht von einer allgemeinen Tendenz zum Niedergang. Dies verweist auf tiefliegende Probleme des kapitalistischen Systems.

Der wichtigste Begriff ist dabei das Gesetz des „tendenziellen Falls der Profitraten“, das von Marx beschrieben wurde. Demnach führt die technische Entwicklung der Produktivkräfte – also die Einführung neuer Technologie, die Nutzbarmachung von wissenschaftlichen Entdeckungen und die Entwicklung fortschrittlicher Produktionsverfahren – im Kapitalismus zu einem widersprüchlichen Resultat: dem Sinken der Profitrate (also dem relativen Schrumpfen der Profite im Vergleich zum investierten Kapital). Die Begründung lautet in einem Wort: die technische Verbesserung von Produktionsverfahren durch Einsatz neuer Mittel erfolgt für den Kapitalisten mit dem Ziel, die Kosten für die verausgabte Arbeitskraft zu senken und damit den individuellen Profit oder die individuelle Profitrate zu erhöhen. In der historischen Tendenz jedoch wird die allgemeine (gesellschaftliche) Profitrate aus genau demselben Grund fallen: das Verhältnis von Mehrwert-schaffendem Kapital (in Arbeitskraft investiert) zum nicht-Mehrwehrt-schaffenden Kapital (in Maschinen, Rohprodukte, Transportmittel etc. investiert) wird bei fortschreitender technischer Entwicklung stets geringer. Wenn man zusätzlich annimmt, dass die Ausbeutungsrate (das Verhältnis von unbezahlter zu bezahlter Arbeitszeit) nicht beliebig hohe Werte annehmen kann, muss die durchschnittliche Profitrate in der Tendenz fallen. In der Folge wird es regelmäßig zu Situationen kommen, in denen bestehendes, angehäuftes Kapital nur noch unterdurchschnittliche Profite erzielt und entweder neue Anlagemöglichkeiten benötigt werden oder aber die Entwertung dieses Kapitals hingenommen werden muss.

Dieser Sachverhalt, der für Marx das “wichtigste historische Gesetz” darstellt, wird vielfach diskutiert und mit verschiedensten Argumenten abgeändert oder in Frage gestellt. So richtig diese erste Erkenntnis unserer Einschätzung nach ist, erklärt sie jedoch noch nicht konkret das Zustandekommen der weltweiten Krise seit 2007.

Wichtig für das Verständnis der Entwicklungen ist:

  1. das Hinausschieben der Krise durch massive Vergrößerung von fiktivem Kapital, wodurch es möglich war, den Fall der tatsächlichen Profitraten zu verschleiern und durch spekulative Profite scheinbar aufzuhalten
  2. das unvermeidliche “Platzen” der Spekulationsblasen mit der Folge plötzlich auftretender großer Verluste, Preisschwankungen, Kreditknappheit u.a.
  3. internationale Ungleichgewichte wie die großen Handelsbilanzüberschüsse bzw. -defizite (die bspw. den USA jahrelang überhöhte Profitraten ermöglichte)
  4. den Einfluss diverser Kämpfe auf das Kräfteverhältnis der Klassen sowohl national als auch international
  5. der Zusammenbruch des Stalinismus und damit zusammenhängend Expansion des Imperialismus (“Globalisierung”), die an ihre Grenzen gekommen ist.
  6. der Niedergang der USA als Hegemon und deren Unfähigkeit, einen “planmäßigen” Verlauf der Krise in ihrem Sinne durchzusetzen.

Die Wichtigkeit der marxistischen Analyse der Krise liegt darin begründet, dass sie uns zu den notwendigen Schlussfolgerungen für die stattfindenden Klassenkämpfe führt. Vom Standpunkt der Arbeiterklasse und anderer Unterdrückter ist die einzig historisch relevante Frage die, ob es gelingt, die Krise zu ihren Gunsten zu lösen – also ob es gelingt:

  1. das Kräfteverhältnis im Klassenkampf für die ArbeiterInnen zu verbessern,
  2. die Abwälzung der kapitalistischen Verluste auf die Unterdrückten abzuwehren,
  3. der Kapitalistenklasse selbst die Kosten der Krise aufzubürden,
  4. dabei eine klassenkämpferische, internationale revolutionäre Führung der Arbeiterklasse zu erreichen
  5. und das System der Lohnarbeit und das kapitalistische Privateigentum zu zerschlagen.

12. DIE LINKE/SOLID/SDS

Die Partei „DIE LINKE“ befindet sich im Niedergang und ist in zwei Lager gespalten. Der Hauptgrund für die Krise der PDL ist deren Abwesenheit in allen wichtigen Bewegungen der letzten Zeit: in Krisen-Protesten, Tarifkämpfen, Occupy oder S21 hat die PDL keine relevante Mobilisierungsaktivität gezeigt, noch hat sie versucht, diese politisch voranzutreiben und als kämpfende Basis für eine linke Partei zu gewinnen – und hat sich damit innerhalb von fünf Jahren mehr denn je von ihrem Anspruch entfernt, parlamentarischer Ausdruck der ArbeiterInnen und sozial schwachen zu sein. Dies könnte natürlich nur durch die tatsächliche Verankerung in den Kämpfen dieser Schichten erreicht werden. Sie hat es nicht verstanden, die rechte Politik der SPD vor Millionen von ArbeiterInnen zu entblößen und dadurch an Stärke zu gewinnen.

Der Parteitag im Juni 2012 hat zur Stärkung des linken Flügels geführt. Jedoch hat auch dieser (Marx21, KPF, AKL …) keine grundsätzliche politische Alternative zum sozialdemokratischen Programm von Gysi/Bartsch. Sie bilden eine Verbindung zu linken Gewerkschaftsströmungen (Riexinger usw.), haben jedoch im Kern ein ähnliches keynesianisches Programm. Das gilt besonders für die sog. „Kommunistische Plattform“ (KPF) um Wagenknecht. Deren Kritik an der Politik der Bundesregierung erschöpft sich völlig darin, dass Sparprogramme zur Bewältigung von Krisen sich „nicht bewährt“ haben und dies „dumm und töricht“ sei. Sie gibt stattdessen der EU den Ratschlag, eine „öffentliche europäische Bank“ zur Finanzierung der Staatshaushalte einzurichten. Auf derartige Ratschläge legt diese jedoch sicherlich keinen Wert.

Die Hetze des rechten Flügels um Gysi gegen die diversen linken Strömungen in der Partei („Kaderkommissionen“) ist natürlich falsch und zu verurteilen – jedoch zu großen Teilen von diesen selbst verschuldet aufgrund ihrer Passivität in sozialen Kämpfen und ihres Opportunismus gegenüber den „Reformern“ in der Partei. In diesem Zustand sind sie in der Tat im Ganzen überflüssig. Dass die Parteilinken für den rechten Flügel ein Hindernis darstellen, ist klar – solange sie jedoch keine reale Kraft in kämpfenden Bewegungen darstellen, sind sie aber keinesfalls eine Herausforderung oder Bedrohung für diese, sondern lediglich politischer Ballast und Angriffsfläche für Hetze der bürgerlichen Medien.

Die Führung der Partei „DIE LINKE“ vertritt in Zusammenhang mit der Krise ein klassisch keynesianistisches Programm, was auch für SOLID und „DIE LINKE/SDS“ gilt. Sie kritisieren die Politik der Bundesregierung und fordern die Rückkehr zu sozialer Sicherung und Einführung von „Reichensteuer“ etc. Während einige ihrer Forderungen trotz ihres reformistischen Charakters zu unterstützen sind, ist vor allem eines falsch: Der Versuch, die verschiedenen reformistischen Losungen als „vernünftige“ und „nachhaltige“ Alternative zu Sozialabbau und Sparpolitik der Bourgeoisie und den bürgerlichen Parteien anzubieten. Sie schlagen politische Rezepte zur Genesung des krank gewordenen Kapitalismus vor, die eine Stärkung der Binnennachfrage, staatliche Konjunkturprogramme und illusorische Vorschläge wie „Entkoppelung der Staatsfinanzen von den Finanzmärkten“ beinhalten. Soziale Forderungen werden nicht als Kampfforderungen gegen die Kapitalisten erhoben, sondern als gutgemeinte Ratschläge an ebendiese. Folglich krankt dieses Programm vor allem darin, dass es – sofern es richtige Vorschläge enthält – utopisch ist, solange es nicht zur Mobilisierung der betroffenen ArbeiterInnen und Jugendlichen eingesetzt wird. In den tatsächlichen Kämpfen (bspw. die Aktionstage in Frankfurt) spielte „DIE LINKE“ – gemessen an ihrer Stärke – eine untergeordnete Rolle. Zwar stellte sie größere Blöcke auf Demonstrationen, jedoch hat sie nicht im Ansatz versucht, eine Verbindung zu schaffen zwischen ihrem politischen Programm und neuen, kämpferischen AktivistInnen, der Jugend und der Arbeiterklasse.

Von den bürgerlichen Reform-Vorschlägen unterscheidet sich das Programm von „DIE LINKE“ also vor allem dadurch, dass es eine Randnotiz in den bürgerlichen Debatten bleiben wird, denn die Bourgeoisie lehnt ihre gutgemeinten Ratschläge zu Recht ab. Solange „DIE LINKE“ ein parlamentarischer Debattierverein bleibt, der sich an „linkere“ bürgerliche Kräfte anbiedert (z.B. Unterstützung des DIW-“Expertenpapiers“), wird sich auch ihr Niedergang fortsetzen – denn die herrschende Klasse legt keinen Wert auf linke Parteien. Wir fordern „DIE LINKE“ dagegen auf, aktiv den Kampf gegen die Krisenpolitik der Bundesregierung zu führen – also ihre Basis zu mobilisieren für eine Massenbewegung gegen Sparpolitik und Krisenabwälzung. Dies tun wir, um ebendiese Basis von der Nutzlosigkeit des Reformismus zu überzeugen und in den stattfindenden Kämpfen für ein Aktionsprogramm gegen die Krise zu gewinnen.

13. ARAB

Die autonome Gruppe ARAB hat in ihrem Heft „PERSPEKTIVE Nr. 1”1 eine Zusammenfassung ihrer Positionen zur Krise veröffentlicht, die gegenüber anderen Analysen einige Stärken aufweist. So wird auf Grundlage der allgemeinen marxistischen Theorie korrekt die bürgerliche Version der „Krisenanalyse“ kritisiert, ebenso wie deren linker Ableger, der von Reformisten wie „DIE LINKE“ vertreten wird. Die grundlegenden Bewegungsgesetze der kapitalistischen Krise werden marxistisch beschrieben. Die Flucht des Kapitals in die Spekulation wird als Ausdruck, nicht als Ursache der Krise erkannt und auf den tendenziellen Fall der Profitrate zurückgeführt. Korrekt erkannt wird auch der Niedergang der US-Ökonomie, die aufgebauten internationalen Ungleichgewichte bspw. in Bezug auf die EU-Ökonomie und die Ambitionen des deutschen Imperialismus. Ebenso richtige Schlussfolgerungen für die Politik proletarischer InternationalistInnen.

Eine Schwäche des Papiers liegt im unausgegorenen Verständnis der historischen Einordnung der Krise sowie der historischen Perspektive. So wird bspw. – unserer Einschätzung nach unzutreffend – auf die „Kondratiev-Wellen“ zurückgegriffen, ohne hier eine abschließende Position zu beziehen.

14. SAV

Die Krisenanalyse der SAV ist auf theoretischer Ebene oftmals durchaus richtig und ausgereift. Kritik üben wir jedoch an ihrem zentristischen, nicht-revolutionären Agieren in Kämpfen und Bewegungen. Anstatt auf Grundlage einer richtigen materialistischen Analyse die Aufgaben für Revolutionär_Innen zu entwickeln und anzugehen – was in Deutschland bspw. den politischen Kampf gegen die reformistischen Führungen und für klassenkämpferische Basisbewegung beinhalten würde – führen sie ein „Schläferdasein“ und warten auf eine Art „Bewusstseinssprung“ in der Arbeiterklasse, der spontan durch die objektiven Bedingungen revolutionäre Erhebungen auslösen könne: „Wenn das Bewusstsein der ArbeiterInnen zu den objektiven Gegebenheiten aufschließt, dann kann sich die Lage urplötzlich verändern.”2 Dabei erkennen sie zwar die Notwendigkeit revolutionärer leninistischer Organisierung formal an, praktizieren jedoch weiterhin ihren falschverstandenen „Entrismus“ in der PDL und lehnen den politischen Kampf gegen die Gewerkschaftsführungen ab. Politisches Bewusstsein entsteht im Kampf. Das vorherrschende bürgerliche Bewusstsein ist dabei Ausdruck der Schwäche und der unzähligen Niederlagen der Arbeiterbewegung und zugleich das größte Hindernis für die kommendene Kämpfe. Es kann jedoch nur überwunden werden durch den politischen Kampf gegen die bürgerlichen (reformistischen) Führungen der Arbeiterklasse.

Die SAV verhält sich in der Regel opportunistisch, indem sie ihre Positionen anpasst, entschärft oder zurückstellt zugunsten des „Friedens“ mit reformistischen oder bürgerlichen Kräften. Beispielsweise stellt sie nicht die Forderung nach Enteignung der Konzerne unter Arbeiterkontrolle – denn anderenfalls müssten sie auch zu den Mitteln des Kampfes, die hierzu nötig sind, Stellung beziehen: Gegenmachtorgane, Besetzungen, Selbstschutzorganisationen etc.

Stattdessen versteckt sie sich hinter Floskeln wie „Vergesellschaftung unter demokratischer Kontrolle“. Hier wird bewusst die Frage vermieden, wer (welche Klasse) die „vergesellschafteten“ Einrichtungen kontrollieren und besitzen soll.

15. SDAJ

Die Positionen der SDAJ stehen – wenn auch eigentständige Aktivität in einigen Bereichen – im Schatten der Mutterorganisation DKP. Sie vertritt einen degenerierten Stalinismus und verhält sich sowohl sektiererisch gegenüber anderen linken Kräften, als auch opportunistisch gegenüber bürgerlichen Feinden. Eine eigene Analyse der Krise hat sie nicht veröffentlicht.

Obgleich sie sich mit gewerkschaftlichen und politischen Kämpfen in Deutschland ebenso wie in Griechenland oder Spanien im allgemeinen solidarisiert, vertritt sie nicht die notwendigen, unmittelbaren Ziele dieser Bewegungen und hat keine Vorstellung, wie diese Bewegungen zum Sieg geführt werden können (Agitation für Arbeiter_Innenregierung, Einheitsfront, Gegenmachtorgane etc.)

Ihre politische Kritik an anderen Strömungen ist oft destruktiv und sektiererisch (bspw. in Bezug auf Occupy oder SYRIZA3). Ihre „revolutionären“ Positionen sind phrasenhaft und erfüllen ihren Anspruch nicht, meist reduzieren sie sich darauf, von anderen „sozialistisches Bewusstsein“ einzufordern, ohne dieses jedoch zu entwickeln und seinen Nutzen für die Unterdrückten darzulegen. Selbst wenn sie abstrakt richtige Prinzipien aufstellt (bspw. internationale Solidarität, Verbindung von Tageskämpfen mit dauerhaften pol. Kampagnen), bleibt sie hinter diesen zurück. Ihre Positionen gegenüber den griechischen Kämpfen verleugnen diese sogar (z.B. Sektierertum gegenüber SYRIZA).

Als politische Kraft ist die SDAJ daher für uns von keinem besonderen Interesse, jedoch sollten wir im Rahmen von Einheitsfronten mit der SDAJ auch die Flügelkämpfe innerhalb der DKP beachten, die auch Auswirkungen und Linksbewegungen innerhalb der SDAJ auslösen könnten.

16. Gruppe Soziale Kämpfe

Die Vorstellungen der rechts-autonomen Gruppe gehen nicht von der materialistischen Analyse der Wirklichkeit aus. Vielmehr stellen sie ein idealistisches Programm zur Weltverbesserung auf, und hoffen auf die selbstverschuldete „Delegitimierung“ des Krisen-Kapitalismus, die Proteste auslösen könnte. Die Kritik an Krise und Kapitalismus bleibt in moralischen Floskeln („Menschen vor Profite! Zukunft statt Kapitalismus!“). Eine marxistische Analyse der Krise bieten sie nicht und die „Klassenfragen“ werden in ihren Texten grundsätzlich stark gemieden. Im Rahmen ihrer sog. „Revolutionären Realpolitik“ stellen sie umfangreiche Forderungslisten auf, die zwar vielfach richtig sind, jedoch teilweise unkonkret bleiben (bsp. „Sozialer und ökologischer Umbau der Wirtschaft durch Überführung zentraler Wirtschaftsbereiche in öffentliches Eigentum unter demokratischer Gestaltung der Beschäftigten und der BürgerInnen!”4) und denen in jedem Fall eine Perspektive zur tatsächlichen Erreichung dieser Ziele fehlt: Einheitsfront gegen soziale Angriffe, Kampf gegen reformistische Führungen, Methoden des Klassenkampfes wie pol. Streiks etc. Diese Fehler sind bei vielen autonomen Gruppen zu beobachten, wenn auch die GSK den rechtesten Flügel der Autonomen darstellt.

In Bezug auf die Organisationsdebatte vertreten sie ein Konzept der “pluralistischen Linken”, also der kritik- und perspektivlosen “freundlichen Zusammenarbeit” aller Linken ohne Konzept und Ziel, wie folgende Darstellung zeigt: “Statt Revolution und Reform gegeneinander auszuspielen, setzen wir auf eine revolutionäre Realpolitik (Rosa Luxemburg), die an den Widersprüchen des Bestehenden ansetzt”5 Positiv hervorheben wollen wir jedoch den Aktivismus der GSK gegen Rassismus.

17. Die “Piratenpartei”

Eine für viele bemerkenswerte Entwicklung der letzten Jahre war das Wachstum der sogenannten “Piratenpartei” als politische Strömung, das in Deutschland und einigen anderen Ländern zu beobachten war. Die deutsche “Piratenpartei” hat seit 2006 (nach eigenen Aussagen) etwa 30.000 Mitglieder gewonnen und stellt sich dar als eine fortschrittliche “Bürgerpartei”, die allen Menschen gleich welchen sozialen Ursprungs offensteht und für “vernünftige” Politik im Interesse aller einsteht. Ihre politischen Forderungen – sofern überhaupt verbindlich niedergeschrieben – sind zutiefst widersprüchlich und sind ein wildes Durcheinander sowohl fortschrittlicher als auch illusorischer, reformistischer oder gar reaktionärer Positionen. Aus marxistischer Sicht ist die sog. “Piratenpartei” keinesfalls eine linke, sondern eine kleinbürgerliche Strömung. Dem widerspricht nicht, dass auch linke AktivistInnen, ArbeiterInnen oder unterdrückte Jugendliche sich ihnen anschließen – vielmehr ist es gerade typisch für kleinbürgerliche Strömungen, dass sie mal in den Reihen der Bourgeoisie, mal in der Arbeiterklasse oder unterdrückten Jugend nach Unterstützern suchen und entsprechende politische Rezepte für “Alle”, also – marxistisch gesprochen – für alle Klassen anbieten. Die Interessen der Bourgeoisie mit jenen der Arbeiterklasse zu verbinden, ist natürlich immer ein Betrug – es entspricht jedoch dem Charakter des Kleinbürgertums, sich von Zeit zu Zeit von den originär bürgerlichen Parteien zu entfernen und selbst für ihre Interessen zu kämpfen. Hierfür sind sie jedoch auf Unterstützung von den “wichtigen” Klassen – also der Bourgeoisie oder der Arbeiterklasse – angewiesen.

Neben enttäuschten und verwirrten Linken tummeln sich in der sog. “Piratenpartei” auch Nazis, ehemalige Mitglieder von CDU, FDP, GRÜNEN u.a. Daher kann es für uns eine Zusammenarbeit mit “Piraten” nur im Rahmen konkreter Kämpfe für legitime Ziele geben mit der Vorraussetzung, dass Reaktionäre aus der Bewegung ausgeschlossen werden.

Zu den wirren Positionen der sog. “Piratenpartei” gehören beispielsweise folgende originär kleinbürgerliche Parolen (Grundsatzprogramm Piratenpartei6):

  • Förderung des freien Marktes
  • Bekämpfung von “Monopolen”
  • Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft in der IHK

Die vielbeschworene radikale Verteidigung der “Grundrechte” entpuppt sich als vollkommene Nullnummer, wie folgende Forderungen zeigen (Wahlprogramm NRW7):

  • Erhöhung der “Transparenz” des Verfassungsschutzes, “soweit dies im Rahmen der Handlungsfähigkeit des Verfassungsschutzes möglich ist”
  • Online-Überwachung “nur durch richterliche Anordnung”
  • “Einsatz neuer Technologien bei der öffentlichen Überwachung sind kritisch zu hinterfragen”
  • “Statt technischer Mittel wollen wir eine höhere Präsenz von Polizei- und Ordnungskräften an potenziellen Kriminalitätsbrennpunkten.”
  • “Die Entscheidung für den Einsatz von Überwachungsmaßnahmen während einer Demonstration ist von den verantwortlichen Einsatzkräften nach pflichtgemäßem Ermessen unter gleichzeitiger Beurteilung der Gefahren- und Aggressionslage zu treffen.”

Auch die “sozialen” Forderungen sind keinesfalls radikal, sondern bleiben selbst hinter den schlechtesten reformistischen Losungen zurück:

  • Der “fahrscheinlose ÖPNV” (Berlin) soll durch Zwangsabgabe i.H.v. 24EUR/Monat finanziert werden
  • Es findet sich keine einzige konkrete Forderung in Bezug auf Abschaffung von Hartz 4, Leiharbeit, Niedriglohn, Kampf gegen Entlassungen o.ä. Stattdessen eine Lobhudelei auf die “Soziale Marktwirtschaft”
  • das sog. “Bedingungslose Grundeinkommen” wäre tatsächlich eine massive Enteignung von prekären ArbeiterInnen und Arbeitslosen und wird aus diesem Grund von einem (kleinen) Teil der Bourgeoisie unterstützt
  • Sehr skurril ist die Forderung nach staatlicher Bezuschussung von “Arbeitslosen-Selbsthilfegruppen”

Aufgrund ihrer größtenteils reaktionären Ziele betrachten wir die sog. “Piratenpartei” als politischen Gegner. Sie stellt eine Gefahr für die gesamte Linke dar, weil sie auch in linken Bewegungen rekrutiert und ihre reaktionären Ziele dort hineinträgt. Wenn Linke sich bei den “Piraten” organisieren sollten, werden sie früher oder später entnervt und demoralisiert aufgrund der Nutzlosigkeit der “Piraten” das Handtuch werfen. Um die vielen linksgerichteten Mitglieder der “Piraten” sollten wir daher politisch werben, wir fordern sie zum Bruch mit allen bürgerlichen Elementen auf, zum gemeinsamen Kampf für gemeinsame Ziele und zur Abkehr von den sog. “Piraten”.

18. Stuttgart 21

Die Bewegung gegen S21 ist aufgrund ihrer Schwächen vollständig gescheitert, besteht jedoch fort als versteinerte Erscheinung der gesammelten Fehler ihrer Führung, der Arbeiterbewegung und der Linken. Die Politisierung von tausenden Menschen, denen auch ein Kern von Militanten angehört, hat überwiegend nicht zu deren Radikalisierung und politischen Entwicklung durch die Schule des Kampfes geführt, sondern meist entweder zur Resignation in der Niederlage oder zur Verfestigung von kleinbürgerlichen und zum Teil reaktionären Vorstellungen. Dies drückt sich auch gerade im völligen Versagen aus, unterdrückte Jugendliche in größerer Zahl zu mobilisieren. Sie ist zu einer Stillstands-Bewegung geworden: die offenkundige Niederlage wird verkannt und geleugnet, die notwendigen Konsequenzen (die Verallgemeinerung des Kampfes und die Vereinigung mit anderen fortschrittlichen Bewegungen) nicht vollzogen, jedoch der Aktivismus in Form von Demonstrationen und Blockaden unverändert beibehalten.

19. Nazis

Die Aktivität von Faschisten hat weiterhin eine gewisse Bedeutung. In Deutschland kann man jedoch sagen, dass diese nicht an Kraft gewonnen und die antifaschistischen Mobilisierungen trotz ihrer verhältnismäßigen Schwäche den Nazis die Stirn geboten haben. In Dresden wurde der Naziaufmarsch im Februar im Angesicht der geplanten Gegendemonstration nicht durchgeführt. Auch alle anderen Versuche von Faschisten, große Aufmärsche durchzuführen, konnten erfolgreich gestört oder verhindert werden. In Deutschland ist eine Stärkung der Faschisten nicht zu erwarten, auch weil sie von der Bourgeoisie derzeit mehr als Gefahr, denn als mögliches Werkzeug für ihre Politik betrachtet werden. Chauvinistische und rassistische Hetze von bürgerlichen Kräften selbst hat sich jedoch verstärkt, bspw. im Zusammenhang mit der Euro-Krise oder dem angeblichen Erstarken von sog. „Salafisten“

In einigen Ländern Osteuropas, insbesondere Ungarn und Griechenland, sind Nazis eine ernste Gefahr für die Linke und greifen regelmäßig MigrantInnen, andere Minderheiten und Linke an. Nicht zuletzt aus diesem Grund sollten wir weiterhin schwerpunktmäßig antifaschistische Einheitsfronten unterstützen und auf wichtigen Demonstrationen möglichst stark und militant eingreifen.

20. Jugendinternationale

In unserem internationalen Manifest haben wir die wichtigsten politischen Grundsätze, die wir in unseren Kämpfen aus der eigenen und der Erfahrung anderer AktivistInnen gewonnen haben, dargelegt. Ein besonderes Ziel, das wir in den Jugendkämpfen aller Länder, aber auch und besonders im eigenen Land einbringen, ist die Losung der Jugend-Internationale. Wir treten ein für die Schaffung einer internationalen Kampforganisation der Jugend, die ausschließlich ihren jugendlichen Mitgliedern verantwortlich ist und von diesen kontrolliert wird. Die Wichtigkeit einer solchen Organisation wird augenscheinlich, wenn wir die Kämpfe letzten Jahre betrachten: In Europa, in Nordafrika und im Nahen Osten, in den vom Imperialismus besetzten Ländern und überhaupt in allen großen Kämpfen spielte die Jugend eine herausragende, wenn nicht tragende Rolle. Doch nirgendwo kämpfte sie unter ihrer eigenen, selbstgewählten Führung – stattdessen war sie auf die traditionellen Führungen der reformistischen Parteien oder sogar religiöser, reaktionärer Bewegungen angewiesen. Doch bereits die reformistischen ArbeiterführerInnen verhalten sich überall stets nationalborniert, anpasslerisch und schwankend und vertreten niemals die gemeinsamen Interessen der Jugend, wenn sie bereits die Arbeiterklasse – die Basis ihrer Organisationen – verraten. Für proletarische oder andere unterdrückte Jugendliche kann es keine Option sein, sich von diesen bremsenden FührerInnen benutzen zu lassen, ohne überhaupt Anteil an deren Entscheidungen zu haben. Vielmehr haben wir, die jugendlichen AktivistInnen heutiger Kämpfe, die Aufgabe, uns endlich eine eigene, unabhängige Führung für alle unterdrückten Jugendlichen zu geben, um an der Seite der Arbeiter_Innenklasse – jedoch politisch selbstbestimmt – die Kämpfe für unsere Rechte zu führen und zu gewinnen. Doch nicht nur das, wir haben auch die weit größere Aufgabe, die künftige Speerspitze im Kampf der Arbeiterklasse zu werden und die falschen, ungeeigneten FührerInnen – Reformist_Innen, Stalinist_Innen und andere – zu ersetzen.

Aber wir würden einen Fehler begehen, würden wir dabei nicht von Anfang auf die engst mögliche Vereinigung der unterdrückten Jugend aller Länder setzen. Wie können wir trotz unserer fehlenden Erfahrung die richtigen Entscheidungen treffen, ohne uns auf andere Organisationen zu verlassen? Wenn schon die Arbeiterklasse nur weltweit vereint das Bewusstsein und die Kraft entwickeln kann, den Kapitalisten die Stirn zu bieten, so gilt das für die Jugend umso mehr, sind wir doch der unwichtigste Teil der kapitalistischen Maschine. Eine Jugendinternationale sollte all jene umfassen, die im Kampf für ihre Rechte die Kapitalist_Innen als Gegner und die Arbeiterklasse als Verbündeten betrachten. Dies setzt keine politische Übereinstimmung in allen Fragen voraus. Die Jugendinternationale ist eine objektive Notwendigkeit für jede Jugendbewegung. Sie würde die Kampfbedingungen für alle unterdrückten Jugendlichen verbessern und die Kraft der Kapitalisten schwächen. Wenn heute die Jugend vereinzelt, unorganisiert und schwach ist gegenüber den gezielten Angriffen des bürgerlichen Staates, so müssten in Zukunft die Kapitalisten davor zittern, an verschiedenen Fronten auf allen Kontinenten angegriffen zu werden von einer grenzenlosen Bewegung der Jugend.

Als revolutionäre internationale Jugendorganisation haben wir derzeit die dringlichste Aufgabe, die stattfindenden Umwälzungen weltweit durch Intervention auf Grundlage unserer programmatischen Dokumente zur Radikalisierung und Ausweitung der legitimen Proteste und Kämpfe zu nutzen. Wir haben jeden Grund, selbstbewusst und entschlossen unser revolutionäres Manifest als notwendigen Beitrag in alle Bewegungen einzubringen, in denen Jugendliche legitimerweise für demokratische Freiheit oder gegen Arbeitslosigkeit, Armut, imperialistische Diktatur oder Besatzung und Fremdherrschaft kämpfen.

Das größte Augenmerk sollten wir dabei auf all jene Bewegungen legen, wo junge AktivistInnen hinzuströmen, im Kampf für ihre Rechte sich radikalisieren und politische Antworten auf die dringenden Fragen suchen:

Wie können die konkreten Angriffe auf unsere sozialen und demokratischen Rechte gestoppt werden? Wie können die verrotteten Organe der bürgerlichen Demokratie entsorgt werden und durch was werden sie ersetzt? Wie können Diktatur, Besatzung und Krieg beendet werden, wer sind hierbei die Verbündeten und gegen wen richtet sich der Kampf? Wie kann letztendlich das kapitalistische System zerschlagen werden, welche Organisation und welche politischen Grundsätze sind hierfür und zur Erringung der Macht notwendig?

Auf diese Fragen haben wir Antworten, die darauf warten, verbreitet und umgesetzt zu werden. Die rasche Intervention auch in Ländern, in denen wir bislang nicht verankert sind, ist hierbei eine große Verantwortung und Chance, GenossInnen zu gewinnen und die Organisation durch die Erfahrungen anderer Unterdrückter zu bereichern und zu festigen.

REVOLUTION-Konferenz, Juni 2012




Spanien steht still – Verhindert das Sparpaket, Stürzt die Regierung

Die Kämpfe gegen Sparpakete und Regierung spitzen sich zu, während "Mineros", Arbeiter, Jugendliche, öffentliche Angestellte, Arbeitslose und Rentner ihren gemeinsamen Widerstand auf die Straßen Spaniens tragen!

Am Donnerstag den19. Juli ging nichts mehr Spanien und Madrid. Bereits in den vergangenen Wochen hatten die militanten Kämpfe der „Mineros“ Jugendliche und Arbeiter_innen in ganz Europa inspiriert, der seinen vorläufigen Höhepunkt mit dem „Schwarzen Marsch“, der am 11.07. in Madird eintraf, fand.

Die gesamte letzte Woche über fanden befeuert durch die sich zuspitzende ökonomische und soziale Krise in Europa Massenproteste in Spanien statt. Am gestrigen Donnerstag folgten daher Hunderttausende in über 80 großen Städten Spaniens dem Ruf von Gewerkschaften, politischen Organisationen und der „Bewegung des 15. Mai“, um ihre Wut gegen Banken und Regierung auf die Straße zu tragen. Allein in Madrid gingen bis zu 800´000 Menschen auf die Straße, während das spanische Parlament ein weiteres Kürzungsprogramm beschloss. Auch der deutsche Bundestag verabschiedete gleichzeitig ein neues „Rettungspaket“ in Milliardenhöhe für (diesmal spanische) Banken.

Doch die spanischen Jugendlichen und Lohnabhängigen lassen keinen Zweifel daran, was sie davon halten: Das Kürzungspaket muss weg, und die Regierung gleich mit! Die deutsche Presse befürchtet nun, dass „Spanien kippen“ könnte, wenn der Widerstand anhält und die Gewerkschaften tatsächlich zum Generalstreik aufrufen. Kippen würde dann jedoch lediglich das Ziel des spanischen und deutschen Kapitals, ihre Krise auf die Masse der Lohnabhängigen abzuwälzen. Eine Niederlage, die wir nur allzusehr begrüßen können.

Jetzt ist die Zeit, um Protest in Widerstand zu verwandeln – In dieser Situation muss in Spanien schnellstmöglich ein unbefristeter politischer Generalstreik organisiert werden, denn jetzt liegt die Initiative auf der Seite der Bewegung, die die Regierung in die Ecke drängt. Ein Ausdruck davon ist u.a. die Tatsache, dass selbst Teile des militärische Apparates Angriffe auf die Demonstrationen verweigert haben sollen – sich ihnen sogar angeschlossen haben sollen.

Die Demonstrant_innen, Belegschaften und Anwohner_innen sollten Basiskomitees gründen, um sich in den Stadtteilen, im Betrieb, in der Uni auf die Auseinandersetzungen mit der jetzigen Regierung und ihrem Apparat vorzubereiten. Wo immer möglich, sollten die kommenden Aktionen in Massenversammlungen diskutiert und entschieden werden. Alle Betroffenen  –  die Jugend und die Arbeiter_innenklasse –  müssen selbst bestimmen können und durch die Aktion auf der Straße weitere für die Bewegung gewinnen. Die Gewerkschaften und ihre Führer müssen aufgefordert werden, sofort den Generalstreik vorzubereiten, nicht erst im September.

Doch die Verantwortung liegt nicht allein bei den spanischen Jugendlichen und Arbeiter_innen. In ganz Europa sollten wir uns von dem Widerstand der vergangenen Wochen inspirieren lassen. Solidaritäts- und Unterstützungsaktionen sollten vorbereitet werden, um den europaweiten Kampf gegen Fiskalpakt und Rettungsschirm zu organisieren. In dieser Situation rufen wir alle Organisationen und Parteien der Arbeiterklasse, die Gewerkschaften und Basisbewegungen dazu auf sich auf die Seite der Unterdrückten – nicht nur in Worten, sondern Taten – in Spanien zu stellen. Gleichzeitig kann jedoch nicht in die aktuellen reformistischen Führer und Gewerkschaftsbürokraten in Europa vertraut werden, die viele der Kürzungen selbst zu verantworten haben – unsere politische Perspektive muss eine revolutionäre Antwort sein. REVOLUTION erklärt ihre volle Solidarität allen, die in Spanien derzeit im Betrieb oder auf der Straße, mit Demonstrationen oder Blockaden für ihre Rechte, gegen die Pläne der Regierung kämpfen!

  • Kein weiteres Kürzungspaket, kein weiterer Cent für die Rettung der Banken auf Kosten der Jugendlichen und Lohnabhängigen!
  • Nieder mit der Polizeigewalt gegen die Demonstrant_innen, für organisierte Selbstverteidungskomitees der Arbeiter- und Jugendbewegung!
  • Für die Verstaatlichung aller Betriebe und Banken, die Entlassungen durchführen oder schließen wollen unter Arbeiterkontrolle!
  • Für einen unbefristeten Generalstreik, der sich auf die organisierte Bewegung stützt und die Regierung des Kapitals stürtzt, um sie durch eine Regierung der Arbeiter_innen, gestützt durch und im Sinne der Bewegung zu errichten!

Solidaritätserklärung von REVOLUTION – internationale kommunistische Jugendorganisation




Massenproteste in Spanien – Die "Mineros" werden zum Leuchtfeuer der spanischen Arbeiterklasse und Jugend

Die Mineros werden von zehntausenden Arbeitern und Jugendlichen in Madird empfangen.

Am Mittwoch den 11.07. erreichte der „Schwarze Marsch“ der Minenarbeiter_innen aus Asturien und Léon nach 3 Wochen die Hauptstadt Madrid und wurde dort von zehntausenden UnterstützerInnen empfangen, die sich mit dem Kampf solidarisieren. Mit hunderten Bussen kamen Kolleg_innen aus dem ganzen Land angereist, um gemeinsam in einer nächtlichen Demonstration den Kampf gegen die Streichung der Kohlesubventionen auf die Straße zu tragen.

Durch die Mobilisierung der „Bewegung des 15. Mai“ zu der Demonstration verband sich an diesem Tag der militante Kampf der Minenarbeiter_innen mit der Jugendbewegung. Die Schaffung einer gemeinsamen Bewegung gegen weitere Sparpakete und die geplante „Bankenrettung“, getragen von jugendlichen Aktivist_innen, Platzbesetzer_innen und Arbeiter_innen aus ganz Spanien war ein eindrucksvoller Schritt.

Angeblich sollen sogar Teile der „Guardia Civil“, einer militärischen Aufstandsbekämpfungseinheit, es abgelehnt haben, die Blockaden anzugreifen und sich mit den Protesten solidarisiert haben. So protestierten am folgenden Tag auch Staatsbedienstete gegen geplante Kürzungen.

Der Anlass für die Großdemonstration am 11.07. war der Kampf der Minenarbeiter_innen im Norden Spaniens. Seit dem 29. Mai befinden sie sich im Streik, um die Kürzung der Kohle-Subventionen zu verhindern. Diese würde den Verlust von mehr als 30´000 Arbeitsplätzen allein in den Minen bedeuten – die weitergehenden Folgen für die Bergbauregionen abgesehen.

Seit Wochen werden die Streikposten wiederholt von der Polizei angegriffen. Diese verteidigen sich jedoch mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln: Straßen werden mit Kohlehaufen blockiert, Angriffe werden mit Schleudern oder improvisierten Explosivwaffen abgewehrt. Und auch die Solidarität aus der Bevölkerung ist groß.

Gleichzeitig kündigte die konservative Regierung weitere „Sparmaßnahmen“ an: Kürzungen beim Arbeitslosengeld, Senkung der Sozialversicherungsbeiträge für die „Arbeitgeber“, Erhöhung der Mehrwertsteuer. In dieser zugespitzten Situation nehmen sich tausende Menschen in Spanien ein Beispiel an dem Kampf der Mineros. Es kam zu ausdauernden Straßenkämpfen, als die Demonstrant_innen am 11.07. Straßen blockierten und versuchten, Regierungsgebäude zu stürmen. Eisenbahnarbeiter_innen unterstützten die Aktionen, indem sie die Gleise blockierten.

Als internationale, revolutionäre Jugendorganisation begrüßen wir diese Entwicklung der Kämpfe in Spanien! Die Vereinigung von kämpfenden Belegschaften mit den Jugendlichen, Arbeitslosen und allen Entrechteten zu einer gemeinsamen Bewegung gegen Krise und sogenannte „Sparprogramme“ ist genau die richtige Antwort auf die Pläne von EU und Regierung, die Krise auf die Unterdrückten abzuladen! Wenn das Sparpaket, die Steuererhöhungen und die „Bankenrettung“ nicht gestoppt werden, wäre das eine historische Niederlage nicht nur für die spanischen Arbeiter_innen, sondern für die Unterdrückten aller europäischen Länder.

Auch in Portugal, Italien, Griechenland – und auch in Deutschland – müssten wir schärfere Angriffe als bisher befürchten. Es wäre ein Rückschlag für die Kämpfe der griechischen Arbeiterklasse. Für Millionen spanische Arbeiter_innen und Jugendliche würde es Arbeitslosigkeit, Verarmung, Entrechtung bedeuten.

Daher müssen wir alles daran setzen, dass die Proteste fortgesetzt werden. Die Vereinigung der verschiedenen Kämpfe in Spanien zu einer ungleich stärkeren Massenbewegung und die Vereinigung mit den Kämpfen in Griechenland und anderen Ländern zu einer europaweiten Bewegung der Unterdrückten gegen Krise und Ruin ist unsere gemeinsame Aufgabe. Der Aufschwung der Kämpfe in Spanien muss zum Aufbau fester Kampfstrukturen genutzt werden: Aktionskomitees, in denen alle linken Organisationen, alle politischen Aktivist_innen, Gewerkschafter_innen, Jugendliche einen gemeinsamen Plan zum Stopp der Angriffe entwickeln.

Hier sollte ein landesweiter, unbefristeter Generalstreik vorbereitet werden mit dem Ziel, die konservative Regierung zu stürzen. Von dieser Regierung ist nichts zu erwarten außer weiteren Angriffen! Sie wird alles tun, um die sogenannten „internationalen Geldgeber“ – also die imperialistischen Ausbeuter in Deutschland, Frankreich und anderen Ländern – zufriedenzustellen. Sie hat keine Perspektive, außer sich dem Diktat der EU-Führer_innen zu beugen und die spanischen Massen in Verarmung zu stürzen.

Die letzte Woche, sowie der am 19. Juli von den spanischen Gewerkschaften ausgerufene landesweite Aktionstag können ein Anfang  für das Ende der jetzigen Regierung sein, nachdem erneut  riesige Proteste in über 80 Städten gegen die Kürzungen stattfanden.

Massendemonstration am 11.07. bei der Ankunft der Mineros in Madrid. Der Abend zeigte eindruckvoll die Macht der Vereinigung der spanischen Jugendlichen mit der Arbeiterklasse.

Die spanische Arbeiterklasse  hat die Möglichkeit, diese Regierung der Räuber und Lügner fortzujagen! Wenn bereits einzelne Belegschaften in der Lage sind, Minen und Fabriken stillzulegen, zu besetzen und wochenlang gegen die Polizei zu verteidigen, wenn zehntausende Demonstrant_innen die Hauptstadt lahmlegen und den Regierungssitz angreifen können, dann ist die spanische Arbeiterklasse gemeinsam mit den Jugendlichen stark genug, die korrupte und undemokratische Regierung zu ersetzen durch eine Arbeiterregierung, die den Ausverkauf stoppt.

Doch dieser Weg ist nicht frei von Hindernissen. Zum einen gilt es, die reformistischen Illusionen der PSOE, aber auch der Izquierda Unida (Vereinigte Linke) zu bekämpfen. Die PSOE („Sozialisten“) haben bis zu den Neuwahlen im November 2011 unzählige Angriffe auf soziale Rechte der Bevölkerung geführt: Erhöhung der Massensteuern, Kürzungen bei Sozialausgaben und Renten, Aufhebung des Kündigungsschutz, Einführung von „Kurzarbeit“ und Lohnkürzungen – mit einem Wort, die sogenannten „Sozialisten“ haben das ihnen Mögliche geleistet, um die Verarmung der spanischen Massen voranzutreiben. Sie haben die Profite und den Reichtum der Kapitalisten verteidigt und sichergestellt, dass die Arbeiterklasse weiterhin mit Milliarden für die Kredite der „Gläubiger“ bezahlt. Sie wurde dafür abgestraft und sollte nie wieder das Vertrauen der Massen bekommen, sondern für ihren historischen Verrat bestraft und auf dem Müllhaufen der Geschichte entsorgt werden.

Was die spanische Arbeiterklasse benötigt, ist eine klassenkämpferische politische Organisation, die ein Programm gegen Krise, Arbeitslosigkeit und Armut entwickelt und Millionen von Jugendlichen und Arbeiter_innen begeistern kann. Zum anderen ist der Sieg gegen Sparprogramm und Krise nur mit Unterstützung der Arbeiter_innen Europas möglich.

Die griechische Arbeiterklasse, die derzeit gegen ebenso brutale Angriffe kämpft, muss sich vereinen mit der Bewegung in Spanien und alles nur mögliche leisten, um die Kämpfe zu unterstützen. In Deutschland sind Solidaritätsstreiks und Demonstrationen gegen die Politik der Merkel-Regierung nötig! Wir müssen Solidaritätskomitees aufbauen, um konkrete Unterstützung für Griechenland und Spanien zu organisieren und die chauvinistische Hetze der bürgerlichen Medien zu bekämpfen. Jeder Kampf in Deutschland – ob Bildungsproteste, Arbeitskämpfe oder Krisenaktionstage – ist gleichzeitig Unterstützung für die Kämpfe der spanischen und griechischen Unterdrückten!

Um die Vereinigung der europäischen Anti-Krisen-Bewegungen voranzutreiben, ist eine internationale Konferenz der an den Kämpfen beteiligten Organisationen, Gewerkschaften und Initiativen nötig, auf der revolutionäre Jugendliche ein Aktionsprogramm des europaweiten Kampfes einbringen müssen.