Neue Schuldenkrise – oder wie die Wirtschaft den Bach runtergeht…

In den letzten Monaten berichteten die Medien wieder häufiger über die „Eurokrise“ in der EU, über Schuldenprobleme von Griechenland, Portugal, Spanien und Italien. Gleichzeitig gab es im Juli und August eine US -amerikanische Schuldenkrise, sogar über eine mögliche „Zahlungsunfähigkeit“ der USA wurde spekuliert, bis dann die beiden Kammern der USA(Senat & Repräsentantenhaus) eine Erhöhung der Schuldengrenze beschlossen.

In unserem Artikel wollen wir uns mit den Gründen für die Schuldenkrise beschäftigten, wieso die aktuelle Krise direkt mit der Wirtschaftskrise von 2008 zusammen hängt, was die astronomischen Summen eigentlich mit uns zu tun haben und welche Auswirkungen sie auf uns haben werden!

Woher kommen denn die ganzen Schulden?

Derzeit wird viel über die Schuldenquote bestimmter Staaten gesprochen, so liegt die Schuldenquote Griechenlands bei fast 160% – aber was heißt das eigentlich? Bei dieser Quote werden die Gesamtschulden eines Staates, in Beziehung zum jährlichen Bruttoinlandsprodukt (BIP) gesetzt, das BIP fasst alle Umsätze einer Volkswirtschaft zusammen.

Griechenland erwirtschaftete 2010 ein BIP von 230 Milliarden €, die Schuldenquote lag bei ca. 125% – damit überstieg die Schuldenmenge das jährlich erwirtschaftete BIP um 25%. In Griechenland entwickelte sich diese Quote in den letzten 4 Jahren rasant. 2007 lag diese Schuldenquote noch bei 95.7%, für 2011 wird eine Quote von 157% erwartet.

Diese Entwicklung trifft für alle Staaten der EU zu, wie auch für die USA & Japan – so erhöhten sich die Staatsschulden der BRD, USA und Japan in den letzten vier Jahren um ein Drittel oder mehr. Wie bei privaten Schuldnern, gibt es für Staaten sogenannte „Ratingagenturen“, die die Kreditwürdigkeit der Staaten bewerten. Diese „Ratings“ bestimmen wie viel Zinsen die Staaten für ihre Schulden bezahlen müssen, die BRD hat ein sehr gutes Rating (AAA) und bezahlt derzeit weniger als 3% Zinsen für ihre Schulden – Griechenland z.B. hat ein sehr schlechtes Rating (B1) und müsste auf dem Finanzmarkt 25% Zinsen für die Kredite zahlen.

Nun haben die Staaten aber keine neuen Schulden aufgenommen, um den Beschäftigten, der Jugend oder den Rentnern Wohltaten zu schenken. Woher also kommen die Schulden? Die Schulden wurden aufgenommen, um den Banken und Unternehmen zu helfen. Diese hatten in der Finanz – und Wirtschaftskrise 2008/2009 riesige Verluste angesammelt. Bei den Banken hießen diese Verluste „toxische Papiere“. Aus der Chemie wissen wir, das „toxisch“ ein sehr unangenehmer Zustand ist, bei den Banken hieß das, das viele Kredite quasi nichts mehr wert waren. In der Situation übernahmen die Staaten diese „toxischen“ Papiere mit direkten Finanzhilfen und sogenannten Bürgschaften, welche von den Banken in Anspruch genommen werden konnten.

In der BRD bürgte die Regierung beispielsweise mit 125 Milliarden € für die „Hypo Real Estate“ und legte den „SOFFIN“ Fond in Höhe von circa 500 Milliarden € an, von dem sich dann verschiedene Banken und Finanzinstitute Kredite abholen konnten. Ähnliche „Rettungsmaßnahmen“ gab es in den EU Staaten, der USA und Japan – insgesamt wurden mehrere Billionen Euro den Finanzmärkten und Banken zur Verfügung gestellt. Die Finanzmittel der damaligen Krise sind die Schulden von Heute. Die Staaten nahmen diese Schulden entweder bei den Zentralbanken (wie die FED in den USA oder die Bundesbank in der BRD) oder den privaten Banken auf – mit diesen Schulden wurde die Pleite von Banken und Unternehmen verhindert und die Profite der Kapitalisten gesichert.

Die Ratingagenturen – oder gib mir ein „Triple A“!

Seit 2008 haben die Staaten den Finanzmarkt mit Billionen finanziert und gestützt! Damit wurden die eigenen Staatsschulden erhöht. Besonders zugespitzt hatte sich diese Entwicklung beim „reichsten“ Land der Welt – den USA. In den USA gibt es eine „Schuldenobergrenze“. Diese lag bis Anfang August bei 14.3 Billionen $. Für dieses Jahr ist zu erwarten, dass diese Grenze überschritten werden muss, wenn die USA ihre Zinsen, die öffentlichen Beschäftigen oder das Militär bezahlen will. Anfang August wurde diese Grenze um 2.6 Billionen $ erhöht, dieses Jahr wird allein der US- Haushalt (also ohne Bundesstaaten und Kommunen) 800 Milliarden $ neue Schulden aufnehmen müssen. Dieser Vorgang ist nichts neues in der US-Geschichte. Im Durchschnitt wurde alle zwei bis drei Jahre die Schuldengrenze von der US-Regierung erhöht, seit 1945 neunzehn mal.

Nachdem die Grenze jetzt erhöht wurde, gab es aber eine Abstufung der Kreditwürdigkeit der USA durch die Ratingagentur „Standard & Poor“. Die bisherige Topbewertung AAA wurde auf AA+ gesenkt. Konkret bedeutet das höhere Zinsen für die USA für künftige Kredite. Gleichzeitig wurden auch die EU Staaten Portugal und Italien abgewertet – danach sanken die Börsenkurse und vernichteten im August circa 25% der weltweiten Börsenwerte.

Die Ratingagenturen sind private Unternehmen, die im Auftrag der Großbanken die Kreditwürdigkeit von Staaten, Kommunen und Unternehmen bewerten – nach diesen Bewertungen wird das jeweilige Zinsniveau bestimmt.

Der französische Präsident Sarkozy bezeichnete es als „nationale Aufgabe“ für Frankreich die Topbewertung AAA zu behalten, gleich im Anschluss gab es ein weiteres Sparpaket, nachdem bereits 2010 ein Sparpaket mit massiven Sozialkürzungen durchgesetzt wurde. In dieser Zeit sprach sogar die „Financial Times Deutschland“ von einer „Diktatur der Ratingagenturen“.

Wie das Kapital die Krise lösen will…

Am Beispiel Griechenland können wir beobachten wie sich das Kapital eine „Krisenlösung“ vorstellt. Der griechische Staat bekommt Kredite von der EU und der EZB (Europäische Zentralbank), damit sollen die bisherigen Kredite abbezahlt werden. Das erklärt auch zu großen Teilen die gestiegene Schuldenquote Griechenlands in den letzten beiden Jahren. Um diese Kredite zu bekommen muss der griechische Staat aber zunächst massive Angriffe und Kürzungen gegen die Mehrheit der Bevölkerung durchführen. Dazu gehören die Erhöhung der Lebensarbeitszeit, die Kürzung der Gehälter der öffentlichen Beschäftigten, die Erhöhung der Verbrauchssteuern und eine massive Privatisierung des noch vorhandenen öffentlichen Eigentums. Erst die Verabschiedung dieser „Spargesetze“, welche direkt durch die EU-Bürokratie und die BRD als imperialistischem Hegemon, der griechischen Regierung vorgeschrieben wurden, gab man die Kredite an Griechenland frei.

In der EU wird nun eine „Schuldenbremse“ von der BRD und Frankreich vorgeschlagen. Diese „deutsche“ Erfindung beinhaltet ein Gesetz, nachdem EU-Staaten ab einem bestimmten Jahr überhaupt keine Schulden mehr machen dürfen. In der BRD steht das nun im Grundgesetz – ab 2016 darf der Bund keine neuen Schulden mehr aufnehmen, ab 2020 die Bundesländer und die Kommunen.

Ähnliches, wenn auch unter anderen Bedingungen, geschah in den USA. Gleichzeitig mit der Erhöhung der Schuldengrenze wurde auch ein Sparpaket in gleicher Höhe verabschiedet. Das war die Voraussetzung für die „oppositionellen“ Republikaner, der Erhöhung überhaupt zu zustimmen.

Diese Sparpakete sind die Antwort von Kapital und Staat auf die Schuldenkrise. Wurden die Schulden aufgenommen um die Verluste des Kapitals während der Krise aufzufangen und gleichzeitig neue Profite zu sichern, sollen die Staaten jetzt weltweit die Kosten für die Schulden direkt auf die Arbeiterklasse, große Teile des Kleinbürgertums und die Jugend abwälzen. Dazu werden zum einen die Sozialleistungen massiv gekürzt, während gleichzeitig eine neue Privatisierungswelle gestartet wurde. Vor allem staatliche Unternehmen, aber auch Bereiche wie Gesundheit, Verkehr, Rente und Bildung, von denen sich das Kapital noch zusätzliche Profite verspricht, sollen privatisiert werden.

Die Krise heißt Kapitalismus!

Die momentane Schuldenkrise, wurde vom Kapital, beziehungsweise den Kapitalisten verursacht. Während alle Profite den Kapitalbesitzern „gehören“, die sich durch Ausbeutung aneignen und über die Börse auszahlen lassen, müssen die Verluste von der Allgemeinheit getragen werden.

Wenn jetzt die EU einen Rettungsfond für die Euro-Zone auflegt, so ist dieser Fond nur zur Rettung der Banken und Absicherung der Staatsanleihen da, genau wie die sogenannten „Euro Bonds“.

Die Nationalstaaten dienen dabei dem Kapital als Versicherung seiner Geschäfte. Durch vielfache Steuersenkungen bleibt der Profit meist unangetastet, durch Polizei und Militär wird jeder mögliche Widerstand national und international bekämpft und durch Bürgschaften und Kredite wird der Finanzmarkt zahlungsfähig gehalten. Nur durch die Hilfen seit 2008 sind die Banken und das Kapital heute in der Lage ganze Volkswirtschaften in den Ruin zu treiben, um sie dann gänzlich unter ihre Profitkontrolle zu stellen.

Aufgrund dieser aktuellen Fonds und Bürgschaften werden die nächsten Sparpakete bereits aufgelegt. In Frankreich werden neue Maßnahmen beschlossen
und in Spanien wird die „Schuldenbremse“ eingeführt. Diese „Schuldenbremse“ wird die soziale Realität der nächsten Jahre bestimmen, weitere Kürzungen, Entlassungen und Privatisierungen stehen auf der Tagesordnung.

Dagegen müssen wir Widerstand organisieren, besonders in den europäischen Gewerkschaften. Während in Frankreich und Griechenland die Gewerkschaften zum Generalstreik getrieben wurden, begnügte sich der DGB in der BRD mit Standortpolitik und stillhalten. Deswegen müssen wir die Beschäftigten und die Basis der Gewerkschaften gemeinsam mit den Jugendlichen und Arbeitslosen gegen die nächsten Sparpakete organisieren und schlagkräftige Bündnisse aufbauen.

Von der deutschen Revolutionärin Rosa Luxemburg ist der Ausspruch „Sozialismus oder Barbarei“bekannt, dieser wurde vor dem 1.Weltkrieg von ihr geprägt. Heute ist er aktueller denn je, denn dieses System hat abgewirtschaftet. Während Hungerkatastrophen, wie in Ostafrika zehntausende von Menschen heimsuchen und jährlich Hunderttausende sterben lassen, in einem Wirtschaftssystem, dass die ökologischen Grundlagen der Menschheit vernichtet – in so einer Situation soll uns interessieren, welche Buchstaben eine Ratingagentur über die Kreditwürdigkeit einer Volkswirtschaft veröffentlicht? Erbärmlicher geht’s eigentlich nicht!

Gefordert ist nun ein entschlossener internationaler Widerstand gegen den Kapitalismus, wir haben unsere Antwort Rosa Luxemburgs Frage. Für eine Gesellschaftsordnung die den Interessen der Mehrheit gehorcht und nicht den Profit -und Zinserwartungen einer kleinen parasitären Elite.

  • Wir zahlen nicht für ihre Krise! Organisiert euch gegen die Sparpakete und die Krise – baut  Organe des Widerstandes im Betrieb, in der Schule und im Stadtteil auf!
  • Für die entschädigungslose verstaatlichung der Banken zu einer zentralen Staatsbank, sowie aller Unternehmen, die Entlassungen oder Gehaltskürzungen fordern, unter Arbeiterkontrolle!
  • Für das Recht der Beschäftigten und der Arbeiterbewegung Einsicht in die Geschäftsbücher der Großkonzerne und Banken zu haben!
  • Vom Abwehrkampf zur Offensive! Gegen Hartz IV, die Rente mit 67 und die Gesundheitsreformen der vergangenen Jahre! Bekämpft die Leiharbeit, für einen Mindestlohn von 11 Euro die Stunde!
  • Teilt die Arbeit auf alle Hände auf – für eine 35-Stunden Woche und Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich!
  • Fordert die Gewerkschaften und Arbeiterparteien zur Aktion auf und organisiert in ihren Reihen eine kämpferische Basisbewegung!
  • Gegen Krise und Kapital – der Widerstand muss international koordiniert werden! Gegen Chauvinismus und nationalistische Hetze gegen „die faulen Griechen“, „gegen die Migranten die unsere Arbeitsplätze klauen“ oder ähnliche Verleumdungen, die unseren Widerstand spalten! Für europaweite Aktionen gegen die Sparangriffe und die Auswirkungen der Krise, die Führer der Gewerkschaften und Arbeiterparteien müssen zur Unterstützung von Aktionen wie koordinierten Streiks, Massenprotesten, Besetzungen bis hin zum Generalstreik gezwungen werden!
  • Widerstand braucht Organisation – wenn ihr gegen Krise und Kürzungen kämpfen wollt, dann organisiert euch gemeinsam mit REVOLUTION!



Vor einem neuen Finanzcrash?

Wir veröffentlichen hier einen Artikel der Gruppe Arbeitermacht zur aktuellen Finanz- und Schuldenkrise. Er befasst sich mit dem momentanen Sturz der Aktienmärkte, der europäischen Union, den U.S.A. und der momentanen Perspektive für die Arbeiterbewegung – Martin Suchanek, Infomail 572, 12. August 2011

Kapitalistische Widersprüche spitzen sich zu 

Trotz fieberhafter Telefondiplomatie zwischen Berlin, Paris und Washington ging die Talfahrt der weltweiten Aktienmärkte am 8. August 2011 weiter. In Asien purzelten alle Indices an den Hauptfinanzplätzen Tokio, Hongkong, Taiwan und Shanghai erneut zwischen 2 und 4 Prozent herunter. Die europäischen Märkte zogen nach. Nach ernsten Abwärtsbewegungen fand sich der deutsche DAX bei 5%igem Abschlag, die Pariser und Londoner Börse bei 3,7% Minus wieder.

Die US-Märkte konnten sich dieser Welle nicht entziehen, und die Nachricht vom 5. August hat die Krisenentwicklung noch verstärkt. Standard und Poors, eine der 3 in der Welt führenden Ratingagenturen, verkündeten an dem Tag die erstmalige Herabstufung der US-Wirtschaft von einem dreifachen A auf AA+. Trotz US-Präsident Barack Obamas Fernsehansprache, in der er seinen Landsleuten versicherte, dass die USA „immer eine Dreifach A-Nation“ sein werde, gab die Wall Street um 5,6 % nach.

Am selben Tag gerieten Italien und Spanien ins Kreuzfeuer der Finanzmärkte, als die Zinsen für italienische und spanische Staatspapiere auf über 6% stiegen. Italien als drittgrößte Ökonomie der Eurozone ist mit 1,9 Billionen Euro Schulden belastet. Jetzt drohen diese Länder in den Sog von Griechenland und Portugal hineingezogen zu werden, für die dann selbst die ‚Rettungsschirme’ von EU und IWF nicht mehr ausreichend gespannt werden könnten.

Schon jetzt ist klar, dass es nur eine Frage der Zeit sein wird, wann die europäische ‚Finanzstabilität’ sich als nicht mehr haltbar erweisen wird, nicht einmal für die Ökonomien auf seiner Südflanke. Ein Teil der Staatsschulden von Griechenland, Irland, Portugal, ja sogar Spanien und Italien wird wohl in absehbarer Zeit abgeschrieben werden müssen.

Die Märkte geben „der Politik“ die Schuld

Die Finanzpresse schiebt einhellig dem US-Präsidenten, dem US-Kongress, den europäischen SpitzenpolitikerInnen und der EU-Kommission den schwarzen Peter für das Chaos zu. China stimmt ebenfalls in den Kritikerchor ein und greift Politiker wie Obama, Merkel und Sarkozy an, sie würden die Weltwirtschaft durch ‚kleinliches Gezänk’ aufs Spiel setzen und hätten sich einmal mehr als nicht fähig erwiesen, ‚entschlossen’ und ‚verantwortungsbewusst’ zu handeln.

Natürlich gibt es keinen Grund, die Handlungsweise von EU- und US-PolitikerInnen zu rechtfertigen. Aber sie treten nicht ‚den Willen des Marktes’ mit Füßen, sondern ganz im Gegenteil liegt ihre Schuld gerade in der sklavischen Unterwerfung unter die Zwänge des Kapitalismus. All diese Regierungschefs haben nicht nur die Megabanken und Milliardäre gerettet, sie haben Abermillionen Menschen von Athen bis Seattle, von Kairo bis Rejkjavik von Santiago bis Tel Aviv die Kosten für das Wohlergehen dieser privilegierten Parasiten aufgehalst. ArbeiterInnen, Jugendliche, Arme sowie auch Kleinbürgerschichten leiden überall unter den Auswirkungen der kapitalistischen Krise, glücklicherweise verharren sie nicht mehr in Schweigen.

Jetzt bedroht ein weiterer Finanzkrach an den Aktienmärkten die Weltwirtschaft mit einer neuen Rezession. Nicht nur die neuesten Wirtschaftsdaten aus den USA und Frankreich sind alarmierend für die Kapitalisten. Die OECD rechnet damit, dass der Höhepunkt der ‚weltweiten Erholung’ bereits wieder überschritten sein könnte. Dieser Aufschwung fand praktisch ohnedies nur in den BRIC-Staaten (China, Russland, Indien, Brasilien) statt sowie in Deutschland und den damit verbundenen Ökonomien im europäischen Raum.

Seit der Weltrezession 2007 treten große Teile der kapitalistischen Ökonomien (USA, Japan, West- und Südeuropa) auf der Stelle oder bewegen sich kaum. Obwohl Billionen aufgewendet worden sind, zunächst für die Auslösung und Stützung der Finanzeinrichtungen, dann durch Nullzinspolitik für Unternehmen, wie sie die amerikanische Bundesbank betrieb, ist keine Stabilität eingekehrt.

Die Maßnahmen haben zwar den völligen Zusammenbruch des internationalen Finanzsystems verhindern können, die Weltwirtschaft leidet jedoch weiter an den selben Symptomen, die sich schon bei Krisenausbruch gezeigt haben.

Kapitalismus selbst ist Ursache der Krise

Die Ursache für die kapitalistischen Weltkrise liegt eben nicht in ‚verfehlter Politik’ oder in ‚spekulativer Gier’, die letztlich nur die Krise beschleunigt hat, sondern in der Überakkumulation des Kapitals selbst. Der Kapitalismus ist das erste System, dessen Krisen als Resultat von ‚Überfluss’ erscheinen, von zuviel Produktion, zu vielen Arbeitern, zu viel Warenangebot, zu viel Anlagekapital. Inmitten einer Spekulations- und Investitionshysterie platzt plötzlich eine Krisenbombe.

Das ist allerdings kein Zufall. Immer mehr Kapital wird in den Kapitalstock an Maschinerie und Gebäuden gesteckt, um die Profitmasse zu erhöhen. und treibt den Investitionslauf weiter an. Aber der ständige Anstieg dieses Kapitalbestandteils zu Ungunsten des Anteils an menschlicher Arbeit zieht ‚unbeabsichtigte’ doch unvermeidliche Folgen nach sich. Investitionen werden mit immer geringeren Profitaussichten und weniger realisiertem Profit getätigt. Die Rate für den Profit, den Antriebsmotor für Investitionen, sinkt. Was tun Kapitalisten nun? Sie verlagern ihr Kapital immer stärker in vielsprechendere Sphären der Ökonomie; auf der Suche nach kurzfristigeren und besseren Wertmargen ‚investieren’ sie v.a. an den Finanzmärkten.

Das kann für gewisse Zeit funktionieren wie in der Vorkrisenperiode von 2003 – 2007, aber dann muss diese Blase platzen, und eine Krise, eine Lähmung des ganzen Systems tritt ein. Diese Krise lässt sich nur lösen, d h. die Wiederherstellung eines zeitweiligen, dynamischen Gleichgewichts für eine neue Ausdehnung kann nur eintreten, wenn genügend Kapital in der Krise vernichtet worden ist, wenn ein veralteter Maschinenpark und Produktionsmittel ausgemerzt, wenn genug Arbeitskräfte entlassen worden sind und wenn überschüssiges, fiktives Kapital, das scheinbar aus dem Nichts in den Finanzmärkten erzeugt worden ist, vernichtet und abgeschrieben worden ist.

Aber während Millionen ArbeiterInnen ihre Jobs verloren haben und viele Klein- und Mittelbetriebe bankrott gegangen sind, fand immer noch ‚zu wenig’ Vernichtung von Kapital statt, um das kapitalistische System als ganzes neu zu beleben. Die Regierungen der großen imperialistischen Staaten Deutschland, Frankreich und USA retteten ihre global operierenden Riesenkonzerne mit staatlichen Geldern, oder wie im Fall von Autohersteller General Motors in den USA durch vorübergehende Nationalisierung, um die Karre auf Kosten der Steuerzahler wieder flott zu machen. Wie schon Marx sagte, Kapitalisten werden über Nacht zu ‚Sozialisten’, wenn es sich um ihre Verluste dreht.

Aber der eklatanteste Skandal bestand darin, dass die Regierungen nicht nur den größten Banken und Investmenthäusern Goldman Sachs, Deutsche Bank und die britische Honkong Shanghai Banking Corporation usw. die von ihnen selbst ausgelöste Krise überleben ließen, sondern ihnen auch noch die Spekulationsgewinne daraus sicherte. Im Jahrzehnt vor dem Kreditkrach floss das Kapital in den Händen dieser Institute in Immobilienspekulationen und danach in schuldenträchtige Staatsanleihen.

Die Rückzahlung des Geldes, das die Deutsche Bank dem griechischen Staat hochverzinslich lieh, dafür haftet nun der Europäische Finanzstabilitätsfonds. Es ist also nicht die griechische Ökonomie, die ‚gerettet’ wird, sondern vielmehr die deutschen und französischen Finanzkapitalisten und deren Spekulationsgewinne aus den Geschäften mit den Staatsschulden Griechenlands und anderer Länder. Ihnen werden die ‚Investitionen’ mit hohen Zinsen rückerstattet, während die Bedingungen, die an die neuen Kredite geknüpft sind, die Lebensbedingungen von griechischen ArbeiterInnen, BäuerInnen, dem Kleinbürgertum und der arbeitslosen Jugend zerstören. Wenn diese Ausplünderung der Massen in Griechenland funktioniert, warum soll sie nicht in Spanien oder Italien durchzuführen sein, und warum dann nicht auch in den USA oder Britannien, die noch weit mehr verschuldet sind?

Ungleichzeitige Entwicklung und innerimperialistische Konkurrenz

In den Monaten und Jahren seit der weltweiten Rezession hat sich außerdem die Schere der ungleichzeitigen Entwicklung in der Weltwirtschaft weiter geöffnet. Während Länder wie China, Deutschland oder Indien sich verhältnismäßig schnell erholt haben, zumal ihre Kapitalisten auf dem Weltmarkt größere Anteile erwerben konnten, sind andere deutlich zurück gefallen.

Aber all diese scheinbaren Erfolge sind großenteils auf dieselben Mechanismen und Antriebe zurück zu führen, die auch die Aufwärtsspirale, das plötzliche Scheitern und die schwerfällige Stagnation der anderen bewegen. Der Euro belastet bspw. die Konkurrenzfähigkeit der südeuropäischen Ökonomien, zumal er ihre Exporte verteuert; zugleich aber begünstigt er die deutsche Ausfuhrwirtschaft innerhalb und noch mehr außerhalb der Europäischen Union.

Eine rein deutsche Währung, die sich wie die DM in der
Vergangenheit ausschließlich auf die hoch produktive deutsche Wirtschaft stützen würde, wäre den Wechselkursmodalitäten mit einer starken Aufwertung wesentlich schärfer ausgeliefert als der Euro. Dieser Erfahrung unterliegt gerade der Schweizer Franken zum Schaden der eigenen Exporte. Für das deutsche Industriekapital ist also der ‚schwächere’ Euro vergleichsweise vorteilhafter.

Der kurzzeitige Vorsprung für die deutschen Kapitalisten muss vor dem Hintergrund der längerfristigen strategischen Orientierung des deutschen Imperialismus gesehen werden, der sich als führende Macht in der Eurozone und damit in ganz Europa absichern will. Derzeit ist er in seinen politischen und geostrategischen Bestrebungen durch verfassungsmäßige Beschränkungen innerhalb der EU als Bündnis von Nationalstaaten behindert.

Für die deutschen Imperialisten ist die gegenwärtige Schuldenkrise in der EU trotz der Gefahr für das gesamte EU-Projekt und den Euro auch eine Chance, den anderen europäischen Staaten die Anerkennung eines deutlichen und dauerhaften Schrittes zu einer gefestigteren politischen Union mit einer klareren Dominanz Deutschlands abzunötigen. Natürlich soll Frankreich Juniorpartner sein, der Deutschlands wirtschaftliche Überlegenheit eingesehen hat. Für das deutsche Finanzkapital und seine Regierung ist die derzeitige Krise von dem her nicht einfach eine wirtschaftliche Angelegenheit, sondern auch ein Schlachtfeld, auf dem die eigene Macht in der Europäischen Union, deren Charakter grundlegend verändert werden soll, ausgebaut werden kann.

Fast noch bedeutsamer erscheint der Umstand, dass die riesigen Dollarreserven Chinas die USA noch abhängiger von Peking werden lassen. War zur Jahrhundertwende die Anhäufung der US-Währung noch ein Mittel, den US-Markt für chinesische Waren zu öffnen, so nutzt China dies heute immer offener als Druckmittel gegen die USA. Die chinesische Ratingagentur Dagong hat die US-Wirtschaft bereits eine Woche vor Standard & Poors herabgestuft.

Nach dem langen und grotesken Tauziehen in Washington um die US-Schuldenobergrenze, den Wochen des Patts zwischen Obama und der republikanischen Mehrheit im US-Kongress forderte China, dass die USA „verantwortungsbewusst in Hinsicht auf die Weltwirtschaft handeln“ müsse. Der chinesische Staat erwartet von den USA eine „entschlossene Politik“, um ihre chronischen Schulden durch massive Kürzungen bei Sozial- und Rüstungsausgaben loszuwerden.

Die chinesischen Befürchtungen gegenüber der US- und europäischen Politik sind auch die Folge der allzu deutlichen Drohung, dass die Abwertung des US-Dollar und des Euro die Wareninflation weiter anheizen würde, wie das schon mit verheerenden Auswirkungen auf die Ökonomien und Bevölkerungen der ärmeren Länder der Fall war.

China selbst kämpft gegen eine wachsende Inflation und das Gespenst einer Krise in der eigenen kapitalistischen Entwicklung. Das wiederum verheißt eine Zunahme der Instabilität und eine neue Abwärtsspirale der Weltwirtschaft.

Explosiver Charakter…

Diese Beispiele verweisen auf zwei bedeutsame Umstände, die die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftskrise so explosiv machen:

a) Die offenkundige Uneinigkeit und Unentschlossenheit zwischen und innerhalb von Regierungen und Parlamenten sind nicht nur kleinliches Gezänk; sie spiegeln wirkliche Spaltungen zwischen konkurrierenden Kapitalen und Fraktionen der herrschenden Klasse wider.

b) Die gegenwärtige Periode ist gekennzeichnet von tiefer Strukturkrise des Kapitalismus, die die Risse zwischen den kapitalistischen Hauptmächten verbreitert und verschärft. Sie lässt die internationale Konkurrenz anwachsen und geht Hand in Hand mit einem sich anbahnenden Kampf um die Neuaufteilung der Welt zwischen diesen Mächten.

Gemeinsam ist allen Fraktionen der herrschenden Klasse jedoch die Entschlossenheit, die Arbeiter und Armen für die fortschreitende Schuldenkrise zahlen zu lassen. Die USA habe ihr Kürzungsprogramm mit 2,4 Billionen Dollar von Einsparungen an öffentlichen Ausgaben in den nächsten 10 Jahren verkündet. Die Speerspitze der Attacken richtet sich gegen das Gesundheitswesen. In Italien haben die Parlamente einen Burgfrieden mit dem reaktionären Ministerpräsidenten Berlusconi geschlossen und ermöglichen so, dass die ‚Sparprogramme’ vorangetrieben werden, ein verschleiernder Begriff, unter dem zynische Attacken auf die Lebensbedingungen von Arbeitern, Armen und auch Kleinbürgern durchgeführt werden.

Angesichts der Krise, der wachsenden imperialistischen und kapitalistischen Konkurrenz sowie der ungezügelten rücksichtslosen Offensive gegen die Arbeiterklasse werden die Kommentatoren der herrschenden Klasse nervös und unzufrieden mit ihren PolitikerInnen. Sind Obama und der ganze US-Kongress der Situation gewachsen? Nehmen Sarkozy und Merkel, ganz zu schweigen von dubiosen Figuren wie Berlusconi die Krise wirklich wahr? Noch schockierender für die herrschende Klasse ist, dass manche ihrer Kommentatoren sich fragen, ob nicht jeder bürgerliche Politiker, der antritt, das System zu retten, angesichts des historischen Ausmaßes der Weltkrise, sich als inkompetent erweisen wird.

Reformistische Politik und Illusionen:

Doch andererseits kann die herrschende Klasse beruhigt sein, dass die Führungen der Labour und sozialdemokratischen Parteien, der bürokratischen Gewerkschaften, die mit diesen Parteien oder gar den offen kapitalistischen Demokraten verbunden sind, ihnen eilig und eifrig bei der Rettung des Systems helfen wollen. Während Reformisten an der Regierung wie José Luis Zapatero in Spanien selbst die kapitalistischen Attacken tragen, entdecken ihre Gesinnungsgeschwister in der Opposition auf einmal ‚radikalere’ Lösungsvorschläge.

Gordon Brown, der frühere britische Premierminister rät nun zur Rückkehr zum Keynesianismus. Er befürwortet Steuererhöhungen für die reicheren Teile der Gesellschaft und erhöhte Staatsausgaben. Ähnliche Erklärungen kommen vom deutschen SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel, früher Minister in Gerhard Schröders und Angela Merkels Kabinett. Er fordert eine ‚europäisches Konjunkturprogramm’. Ein Brown/Gabriel-New Deal Kurs würde, so meinen sie, die EU, den Euro, die europäische Ökonomie, die Profite und Konkurrenzfähigkeit ihrer Bosse und gleichzeitig den Lebensstandard der ArbeiterInnen, wenigstens der europäischen, retten.

Man muss sich wundern, warum diese Labour und sozialdemokratischen Helden, als sie in der Regierung saßen, ihre keynesianische Politik zur Auslösung von Banken oder den Haushalt zur niedrigen Besteuerung von Reichen benutzt haben wie dies Tony Blair mit seiner Politik des ‚dritten Wegs’ oder Schröder mit seiner Orientierung auf die ‚neue Mitte’ getan haben. Man muss sich wundert, warum Brown das Programm von Kürzungen durchgeführt hat,das so viele seiner ParteianhängerInnen empört hat, oder warum Gabriel die Agenda 2010 vorangetrieben hat, eine strategische Offensive gegen die Nachkriegserrungenschaften der deutschen Arbeiterklasse.

Es ist dieselbe sozialdemokratische Story seit fast 100 Jahren. Einmal an der Regierung, behaupten sie, sie seien ‚gezwungen’ die Gegebenheiten der kapitalistischen Ökonomie zu akzeptieren. Zurück in der Opposition, fühlen sie sich frei, von einer alternativen Regierungspolitik zu träumen, natürlich auf der Grundlage von versöhnlicher Klassenharmonie.

Lenin hat einmal darauf hingewiesen, dass es selbst in der tiefsten Krise des Kapitalismus keine absolut hoffnungslose Lage für die herrschende Klasse gibt, solange sie nicht von der Macht verjagt worden ist. Anscheinend ist bei sozialdemokratischen Führern die Hoffnung auf Partnerschaft und Klassenkompromiss unausrottbar, selbst angesichts einer historischen Krise des Kapitalismus als Weltsystem.

Führungskrise der Arbeiterklasse!

Solange die Arbeiterklasse Führer dieses Schlages von Parteien wie SPD und Labour hat, solange die Gewerkschaften sie unterstützen und ihre reformistischen Ideen die Arbeiterbewegung dominieren, stehen die Aussichten gut für die herrschende Klasse, ihre Herrschaft zu behalten. Es ist die historische Führungskrise des Proletariats, die in Irreführern wie Brown und Gabriel zum Ausdruck kommt und damit entscheidend die herrschende Klasse stärkt.

Sie bilden ein gewaltiges Hindernis, dass der Widerstand erst beseitigen muss, will er erfolgreich die gegenwärtigen Attacken zurückschlagen. Die Arbeiterbürokratie in den reformistischen Parteien und Gewerkschaften verhindert wo sie kann die notwendigen entschlossenen Gegenwehrmaßnahmen. Sie sind entschiedene Gegner von Massenprotesten und Demonstrationen, die über gelegentliches Dampfablassen hinausgehen könnten. Sie hassen den bloßen Gedanken an ‚illegale’ Besetzungen, politische Massenstreiks oder gar an einen Generalstreik. Sie blockieren wo sie können den Aufbau von demokratisch koordinierten Kampforganen, von Massenversammlungen am Arbeitsplatz und in Wohngebieten, von Aktionsausschüssen.

Deshalb müssen wir uns und anderen helfen sich zu organisieren, darum müssen wir von den Massenorganisationen der Arbeiterklasse und ihren Führern diese Art von Aktionen fordern, zugleich aber für Lösungen der Schuldenkrise im Sinne der Arbeiterklasse kämpfen, dass die Bosse, Bänker und Großkapitalisten für ihre Krise zahlen. Wir müssen die Besteuerung der Reichen und Konzerne fordern, die entschädigungslose Verstaatlichung aller Banken und ihre Zusammenfassung in eine Staatsbank. Um die Erwerbslosen in gesellschaftlich sinnvoller Beschäftigung aufzufangen, müssen wir einen Plan zur Schaffung von sozialen Wohnungen, eine Wiederherstellung der Versorgungs- und Bildungssysteme fordern.

Deshalb müssen wir den Kampf um unmittelbare Massenaktion mit dem Eintreten
für eine Arbeiterregierung verbinden, die sich auf Massenorgane, Keimformen von Arbeiterräten, die aus solchen Kämpfen hervorgehen. berufen können.

Um solche Kämpfe bis zum siegreichen Abschluss, dem Sturz des dem Untergang geweihten kapitalistischen Systems selbst, führen zu können, brauchen wir eine politische Alternative an Stelle des in die Sackgasse führenden Labour-, sozialdemokratischen oder irgendeiner anderen Art von Reformismus: neue antikapitalistische und revolutionäre Parteien und eine neue, Fünfte Internationale.




Faschismus verstehen – um ihn zu bekämpfen!

„Halt’s Maul du Faschosau!“

Dieser Spruch kommt dir sicherlich bekannt vor. Nahezu jeder politische Jugendliche wird sich schon einmal dabei ertappt haben, wie er oder sie einen autoritären Lehrer, den Polizisten, der die Genossin festnimmt oder einen rassistischen Politiker als „Fascho“ bezeichnet hat. Immerhin liegt diese Bezeichnung nahe, wenn man sich nach dem Duden richtet, der schlichtweg den Faschismus als antidemokratische, nationalistische Herrschaftsform herabdegradiert.

Zwar ist diese Definition nicht wirklich falsch und viele weitere, wie „rassistisch“, „sexistisch“ oder „homophob“ treffen auch auf den Faschismus zu, aber ist er wirklich nur eine Summe dieser negativen Eigenschaften? Nimmt man sich nicht die Mittel, um gegen den Faschismus zu kämpfen, wenn man schlichtweg alles Reaktionäre als Faschismus abstempelt?

Wenn dem so wäre, dann wäre Sarrazin ebenso ein Faschist, wie es selbst Alice Schwarzer wäre. Auch die Islamisten wären dann genauso Faschisten, wie viele katholische Fundamentalisten und die bürgerliche Demokratie, in der wir momentan leben, wäre nicht weniger faschistisch, als die NS Diktatur von 1933 bis 1945.

Wir wollen jedoch nicht die genannten Institutionen und Personen in Schutz nehmen. Ganz im Gegenteil! Doch eins scheint uns allen klar zu sein: es muss etwas geben, dass den Faschismus von anderen reaktionären Strömungen innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft unterscheidet. Denn um gegen ihn kämpfen zu können und die richtigen Taktiken zu entwickeln, bedarf es mehr als einer rein schematischen Charakterisierung, die nicht nur der Duden, sondern ein Großteil der bürgerlichen Gesellschaft bis hin in die Linke teilt. Dieses Verständnis lässt sich nur entwickeln, wenn man dazu in der Lage ist, unter die Oberfläche des Faschismus zu blicken. Ihn nicht nur als Summe von negativen Eigenschaften zu sehen, sondern eine Analyse seines Klassencharackters zu wagen, die ihn als eine spezielle Erscheinungsform des Kapitalismus beleuchtet. Ihn zu mystifizieren, wie es die bürgerliche Gesellschaft genau wie die Faschisten tun, wird uns hierbei nicht helfen.

Krisen, Elend, sozialer Absturz…

Überall in der Geschichte, wo wir den Faschismus als Massenbewegung und sogar als Herrschaftsform des Kapitalismus sehen konnten, war die Gesellschaft durch Krisen erschüttert.

Anfang der 20er Jahre, kurz nach dem ersten Weltkrieg, lebte ein übergroßer Teil der Arbeiterklasse, aber auch der Mittelschichten in Europa in Armut. Etliche Landreformen und Lebensmittelkrisen hatten viele kleine Bauern in den Ruin getrieben. In den Städten verarmten ganze Schichten des städtischen Kleinbürgertums, wie Handwerker oder Teile der Intellektuellen. Im Kontrast zu Zeiten Mitte des 19. Jahrhunderts konnten diese aber nicht einmal in die Arbeiterklasse fallen, die selbst von Tag zu Tag, durch Entlassungen oder Werksschließungen, immer weiter ausgedünnt wurde.

Die Konsequenz war die Verarmung des Kleinbürgertums. Ebenso rutschte auch die Arbeiterklasse immer weiter in die Armut. Während unter den Arbeitern das Vertrauen in die einstige Arbeiterführer der reformistischen und sozialdemokratischen Parteien bröckelte, fand auch im Kleinbürgertum eine Art Radikalisierung statt. Das Vertrauen in die bürgerliche Demokratie, die nicht dazu in der Lage war, die entstandenen Probleme zu lösen, schwand. Eine Reform jagte die andere. Ein Kabinett wechselte zum nächsten. Nicht nur das die bürgerliche Demokratie niemals im Sinne der Arbeiterklasse und der Bevölkerung hätte sein können, war sie auch immer schlechter für die Durchsetzung der Interessen des Kapitals geeignet.

Denn der Kapitalismus als solches war in Verruf. Er schien nun offener als je zuvor aufzuzeigen, dass er keine Perspektive für die Menschheit war. Die Arbeiterklasse spürte dies, aber auch das Kleinbürgertum. Problematischerweise gab es jedoch keine signifikante revolutionäre Kraft in etlichen Ländern, die eine attraktive Alternative bieten konnte. Falls ja, dann war sie meist nicht dazu in der Lage, die Sozialdemokratie offen zu entlarven und große Teile der Bevölkerung hinter sich zu bringen. Erschwert wurde dies durch die Tatsache, dass bereits viele kommunistische Parteien unter die Kontrolle der stalinistischen Bürokratie gekommen waren.

Die Folge waren sektiererische Schwenks gegenüber den großen Gewerkschaften oder den reformistischen Parteien. So war es einerseits unmöglich eine starke Einheitsfront gegen den Faschismus aufzubauen, andererseits blieb die revolutionäre Bewegung oft isoliert von der großen Masse der reformistisch geführten Arbeiterklasse. Die Konsequenz ist uns allen bekannt.

Arbeiterbewegung: versagen auf voller Linie!

Trotzky, ein Revolutionär der Oktoberrevolution und einer der bedeutendsten Analytiker des Faschismus meinte einmal, dass das Erstarken des Faschismus zwei primäre Ursachen hätte.

„Das Erstarken des Nationalsozialismus ist ein Ausdruck von zwei Faktoren: eine tiefe soziale Krise, die das Kleinbürgertum tief erschüttert und das Fehlen einer revolutionären Partei, die als annerkannte Kraft von den Massen der Bevölkerung gesehen wird. Wenn die kommunistische Partei die Partei der revolutionären Hoffnung ist, dann ist der Faschismus als Massenbewegung, die offene Bewegung der Konterrevolution. Wenn die revolutionäre Hoffnung die Arbeitermassen erfüllt, dann wird sie auch große Teile des Kleinbürgertums hinter sich ziehen. In der genannten Zeit war jedoch das Gegenteil der Fall: konterrevolutionäre Verzweiflung erfüllte die Massen des Kleinbürgertums und zog große Teile der Arbeiterklasse hinter sich…“ (Aus The Turn in the communist International and the German Situation, 1930).

Die gescheiterten Revolutionen in Europa Anfang der 20er Jahre bedeuteten sicherlich einen Kompromiss zwischen den Klassen in vielerlei Hinsicht, trotzdem mussten sie als Niederlage für die Arbeiterklasse gesehen werden. Verschuldet war diese Niederlage den reformistischen Parteien, wie der SPD in Deutschland oder der PSI in Italien. Die Führer dieser Parteien hatten ihren Frieden mit dem Kapitalismus geschlossen und wähnten sich in einer sicheren Position. Doch die Krise in Europa ließ diese Sicherheit hinwegschmelzen und wurde für die Kapitalisten zur Notwendigkeit, die sich erhebende Arbeiterklasse zu bändigen, ja ihre Organisationen zu zerschlagen, jene verräterischen Parteien eingeschlossen.

Der erstarkende Faschismus schien nach und nach immer größeren Fraktionen des Kapitals ein geeignetes Mittel zu sein, um dies zu erreichen. Ohne Frage wäre die Arbeiterklasse stark genug gewesen, um die Faschisten zurückzuschlagen, immerhin besaß sie selbst riesige Selbstverteidigungsorganisationen. Doch während die Sozialdemokratie damit beschäftigt war, sich selbst als Hüter der bürgerlichen Demokratie zu verstehen und die eigene Basis vielerorts aus Angst vor Revolution demobilisierte, versäumten es die kommunistischen Parteien, Einheitsfronten mit der Sozialdemokratie zu schließen und im gemeinsamen Kampf die Faschisten zu bezwingen, aber auch die Arbeiter_innen von ihrer reformistischen Führung in der gemeinsamen Aktion wegzubrechen.

Charakter des Faschismus?

Die verelendeten Schichten des Kleinbürgertums suchten verzweifelt nach Auswegen aus ihrer scheinbar auswegslosen Situation. Eine vielversprechende Kraft schien vielen die faschistische Bewegung zu sein. Diese hüllte sich selbst, ähnlich wie heute, in antikapitalistische Phrasen. Sie wetterte gegen ausländisches Finanzkapital und schuf alle möglichen Schreckgespenster, um von den grundlegenden Klassenwidersprüchen abzulenken. Traurigerweise konnte sie mit dieser Strategie bei großen Teilen der Mittelschichten, die oft politisch verunsichert waren, Gewinne verbuchen.

Der Faschismus, oft als Hydra mit Hitlerkopf dargestellt, war mehr als ein Haufen autoritärer Nazis mit einem Hang zum Führerkult. Er war eine Massenbewegung des Kleinbürgertums. Jedoch hatte der Faschismus kein Interesse daran, die Ursachen der Armut seiner Anhänger wirklich darzulegen.

Er hatte natürlich keine Ambitionen, die Eigentumsverhältnisse in einem revolutionären Sinn zu verändern und war daher eine reaktionäre Bewegung. Die inhaltliche Schwäche seines Programms überdeckte der deutsche Faschismus zum Beispiel mit dem Antisemitismus. In ihm fokkussierte sich die faschistische Ideologie: er appellierte an die als „germanische Rasse“ verbrämte Nation, lenkte vom Klassenwiderspruch ab, versprach die Ausschaltung unliebsamer jüdischer Konkurrenz, lieferte einen Sündenbock und stärkte zugleich das „Selbstwertgefühl“ der von Kriegsniederlage und Krise Gebeutelten. Das gefährliche und spezifische am Faschismus war jedoch, dass er seine Anhänger nicht nur zu den Wahlurnen bewegte, sondern vor allem für Aktionen und Terror gegen die Arbeiterklasse und ihre Organe mobilisierte.

Zu Beginn standen nur kleine Teile der Kapitalist_innen hinter den Faschisten. Erst als die bürgerlichen Demokratien immer mehr schwankten und die Gefahr, dass die Arbeiterklasse den Kapitalismus stürzen könnte zu groß wurde, setzten große Teile des Kapitals auf die Faschisten.

Dabei war ihnen bewusst, dass der Faschismus, einmal an der Macht, expansionistische Züge hätte und den Imperialismus, wie Trotzky einst sagte, als „chemisches Destillat“ verkörpern würde. Eines war klar: dieses Programm enthielt von Beginn an die Gefahr einer revolutionären Gegenwehr zur Arbeiterklasse. Doch keine andere bürgerliche Kraft war dazu in der Lage, den Widerstand der Arbeiterklasse zu brechen, auch wenn dies die vollkommene (nicht unerwünschte) Zerschlagung all ihrer Organisationen bedeutete.

„Der
deutsche wie der italienische Faschismus stiegen zur Macht über den Rücken des Kleinbürgertums, das sie zu einem Rammbock gegen die Arbeiterklasse und die Einrichtungen der Demokratie zusammenpressten. Aber der Faschismus, einmal an der Macht, ist alles andere als eine Regierung des Kleinbürgertums. (…) Die gewaltsame Zusammenfassung aller Kräfte und Mittel (…) im Interesse des Imperialismus (Kapitalinteressen; Anmerkung der Redaktion) duldet keinen Widerstand von innen.“ (Trotzky Portrait des Nationalsozialismus)

Beispiel Dresden: verfehlter Widerstand.

Unter diesen Gesichtspunkten ist es auch lächerlich anzunehmen, man bräuchte eine stärkere, eine „wehrhafte“ Demokratie, um den Faschismus zurückzuhalten. Beide sind im Endeffekt Mittel ein und der gleichen Klasse, nämlich des Kapitals, um ihre Profitinteressen zu Ungunsten der Menschheit durchzusetzen.

Wie sich diese Demokratie gegenüber ehrlichem Antifaschismus verhält, haben wir in der Vergangenheit oft genug gesehen. Auch dieses Jahr wurden bereits etliche Linke mit Anzeigen seitens der Staatsanwaltschaft konfontiert, weil sie in die Vorbereitungen und Durchführung der Blockaden gegen den Naziaufmarsch 2010 in Dresden involviert waren.

Auch Dresdens Oberbürgermeisterin Helma Orosz sieht dies änlich und forderte bereits im letzten Jahr eine Entpolitisierung der Gedenkfeierlichkeiten für die Opfer der Zerbombung Dresdens. Damit verkennt sie die Tatsache, dass die Faschisten nicht spaßeshalber auf die Straße gehen, sondern um ihren Terror auf der Straße durchzusetzen. Dieses Denken hat jedoch nicht seinen Ursprung in einer falschen politischen Position, sondern einem bürgerlichen Klassenstandpunkt.

Lichterketten werden die Faschisten nicht aufhalten. Wer den Opfern des Faschismus, einen Großteil der deutschen Bevölkerung inbegriffen, gedenkt, indem man eine Entpolitisierung fordert und gleichzeitig auf der Straße das Demonstrationsrecht für Faschisten mit Polizeigewalt durchsetzt, macht sich in Wahrheit für deren Steigbügelhalter.

Aber auch in der Linken scheint ein anderer Mythos weit verbreitet zu sein. Der Mythos, dass man den Faschismus als Bewegung mit kleinen gezielten Aktionen aufhalten könne. Dies ist am Rande auch ein Trugschluss, dem viele Kommunisten Anfang der 30er auf den Leim gingen.

Zwar ist es richtig und sogar unabdingbar, antifaschistische Selbstverteidigungstrukturen auf jedem Dorf und in jedem Stadtbezirk aufzubauen. Diese allein und vereinzelt können den Faschismus als Bewegung, die in ihrem Endstadium von Militär, Polizei und dem Kapital unterstütz wird, jedoch nicht aufhalten.

United we Stand, Devided we Fall!

Eines muss uns klar sein. Faschistische Großaufmärsche und die gesamte Bewegung können nur durch die vereinte Aktion der gesamten Arbeiterklasse gebrochen werden. Dazu Bedarf es auch keines „bürgerlich demokratischen Bündnisses“, wie es an vielen Stellen unter anderem auch die DKP propagiert. Es ist vor allem wichtig, die Gewerkschaften und auch die reformistischen Parteien, wie Linkspartei oder die SPD für Mobilisierungen auf der Straße zu gewinnen. Das bedeutet natürlich auch eine konsequente Arbeit in den Gewerkschaften und in den Betrieben, die viele Antifa-Strukturen nur all zu oft scheuen.

Diese Scheu erklärt sich aus der Angst, gemeinsame Sache mit den Reformisten zu machen. Doch die reformistische Führung der Arbeiterklasse, verkörpert durch die Bürokratie der Gewerkschaften und der SPD/ LINKE wird nicht durch isolierte Kleinaktionen gebrochen. Sie wird durch den gemeinsamen Kampf gegen einen gemeinsamen Feind gebrochen. Gerade in der Praxis wird es Revolutionären leicht fallen, mit einer offenen Propaganda und klaren Losungen, die Schwäche der Reformisten aufzuzeigen. Gerade das ist einer der Gründe, warum sich viele dieser Parteien und Bürokraten oft vor Protesten fürchten.

In diesen Bündnissen müssen Revolutionäre jedoch immer offen für ihre Position eintreten. Sie dürfen sich nicht der angeblichen Übermacht von Reformisten oder sozaildemokratischen Positionen ergeben.

Einige dieser Positionen sind:

  • Die Organisierung von antifaschistischen Komitees in allen Stadtteilen und auf den Dörfern, die die Selbstverteidigung vor Faschisten organisieren und die Umgebung sicher machen!
  • Direkte Aktionen von Arbeiter_innen, Jugendlichen, Migrant_innen und der ansässigen Bevölkerung zu propagieren, um den faschistischen Terror zu stoppen!
  • Das Eintreten für Massenaktionen, die gezielt und militant die Faschisten von der Straße treiben und sie nicht nur blockieren!
  • Das Verständnis, dass der Faschismus eine Bewegung ist, die letztendlich die Interessen des Kapitals vertritt und der Schluss, dass es einer revolutionären Bewegung und einer Partei bedarf, die nicht nur die Faschist_innen hinwegfegt, sondern auch dem Kapitalismus den Kampf ansagt!

Antifaschismus heißt Klassenkampf!

Der Kampf gegen den Faschismus ist daher direkt mit dem Kampf gegen den Kapitalismus verknüpft. Für diesen Kampf brauchen wir nicht nur Selbstverteidigungsorgane und kämpferische Gewerkschaften. Wir brauchen auch eine bewusste Kraft, die für diese Errungenschaften kämpft. Das kann nur eine revolutionäre Partei sein, die in ihrem Kampf von ihren Partnerorganisationen, wie zum Beispiel einer revolutionären Jugendorganisation, unterstützt wird.

In Situationen, in denen sich der Faschismus erhebt stellt sich nicht die Frage, ob bürgerliche Demokratie oder Faschismus. Es stellt sich die Frage „Sozialismus oder Barbarei“. Diese Frage kann für uns nur durch eine proletarische Revolution gelöst werden.

Ein Artikel von Georg Sax, REVOLUTION-Berlin




Die Losung der sozialistischen Foederation

War noch vor kurzer Zeit zu hören, dass die Krise überwunden sei, belehren uns die Ereignisse in Nordafrika, aber auch die Hungerrevolten in Asien oder die Schuldenkrise in Europa eines Besseren. In dieser Krisenperiode, die mit Ausbruch der Weltwirtschaftskrise 2008 begann, können wir immer stärker erkennen, dass der globale Kapitalismus nicht dazu in der Lage ist, die Bedürfnisse der Menschheit zu befriedigen, geschweige denn grundlegende Probleme wie Erderwärmung, ungesicherte Energieversorgung oder immer knapper werdende Trinkwasservorräte zu lösen.

Rosa Luxemburgs Losung „Sozialismus oder Barbarei“ hat, heute mehr denn je, ihre Richtigkeit bewiesen. Gleichzeitig muss uns eines klar sein: die Herrschenden werden nicht kampflos das Feld räumen. In den imperialistischen Ländern sind es die Kapitalist_innen allein, die mit Militär und Polizei ihren Machtanspruch sichern. In vielen halbkolonialen Ländern sichern sie ihre Position oft in Bündnissen mit Großgrundbesitzern und regionalen Warlords.

Dem gegenüber stehen Millionen von landlosen Bauern, die städtische Armut, ebenso wie die Arbeiterklasse weltweit. Während wir in den imperialistischen Ländern klar für die Losung der Arbeiterregierung und damit verbunden, dem Sturz des bürgerlichen Staates, ersetzt durch die sogenannte Diktatur des Proletariats oder besser die Gewährung der Demokratie für die Mehrheit der Menschen eintreten, muss in den halbkolonialen Ländern ebenso für die Einbeziehung der armen Bauern eingetreten werden.

In vielen Ländern der Welt erheben sich Tag zu Tag Tausende, manchmal sogar Millionen von Menschen gegen ihre Regime. Die Alternative zu ihnen kann natürlich nur der internationale Sozialismus sein. Jedoch ist zeitgleich klar, dass es nicht von heute auf morgen in allen Ländern der Welt Revolutionen geben wird. Welche Losung, welche Alternative stellt man dem entgegen? Jeder wird verstehen, dass es unklug, ja falsch wäre, den Ländern, die vor einer Revolution stehen zu raten, auf andere zu warten. Im Gegenteil! Wir fordern diese Länder dazu auf, voranzuschreiten, andere Länder mit sich zu reißen und die Revolution weiter zu tragen. Daher treten wir für die Losung der „sozialistischen Föderation“ ein. Während sie das Recht auf Selbstbestimmung der Völker beinhaltet, macht sie klar, dass ein einziges Land unmöglich dazu in der Lage sein wird, eine Revolution gegen die Übermacht des Imperialismus zu halten. Es ist ganz klar, dass dieser ohne Umschweife nicht nur zum Wort sondern vor allem zur Waffe und militärischen Interventionen greifen würde, unter dem Deckmantel der Demokratie. Einer Demokratie, die es einigen wenigen erlaubt sich zu entfalten, auf Kosten der Mehrheit der Weltbevölkerung.

Mehr als das, diese Forderung geht einher mit einem politischen und ökonomischen Verständnis des Weltgeschehens. So treten wir von REVOLUTION für eine sozialistische Föderation im Nahen Osten und Nordafrika ein. Warum nur dort? Vorweg ist es natürlich klar, dass wir in allen Ländern der Welt für einen revolutionären Kampf eintreten und dort, wo wir selbst Sektionen haben, natürlich aktiv mit vorantreiben. Aber uns ist auch klar, dass die Situation zum Beispiel in Deutschland keine revolutionäre ist. Heißt das, den Kampf für die Revolution in Ägypten, Tunesien oder Afghanistan nicht zu fordern? Wohl kaum! Darüber hinaus ist es wichtig, diesen Ländern und der Arbeiterklasse dort eine Perspektive zu weisen, die Perspektive einer sozialistischen Föderation, die auf der Gleichberechtigung der Völker und der Anerkennung unterschiedlicher Kulturen und Religionen beruht. So ist es möglich, den aktuellen Kampf gegen Diktaturen, Hunger oder Armut mit einer sozialistischen Alternative zu verbinden, die ein Ausgangspunkt und ein Vorbild für die Unterdrückten der ganzen Welt sein kann. Denn auch wenn Deutschland heute ein sicheres Pflaster für die großen Konzerne, Banken und Spekulanten sein mag, eine proletarische Revolution und sei es im Nahen Osten, würde von heute auf morgen neue Fakten schaffen.

siehe auch: Nordafrika und der nahe Osten – eine ganze Region im Aufbruch




Die Nazis und das Kapital

In der deutschen Politik der Nachkriegsgeschichte nimmt die Freundschaft zu den USA einen ganz besonderen Stellenwert ein. Ja es war bis zum Irak-Krieg überhaupt ausgeschlossen, die USA zu kritisieren oder sich nicht auf ihre Seite zu stellen. Der Grund hierfür ist klar: die Amerikaner haben uns vor 60 Jahren todesmutig und selbstlos von der faschistischen Diktatur befreit. Doch todesmutig und selbstlos war die Landung in der Normandie allenfalls für die Soldaten der US-Army. Für ihre Generäle und die Politiker war der Einsatz Teil einer politischen Strategie.

Für das US-Kapital kam die Nazi-Diktatur in Deutschland alles andere als unrecht. Lange Zeit setzte man bewusst auf Hitler als „anti-sowjetisches Bollwerk“ in Europa. Doch das war nicht der einzige Grund. Mitte der 20er-Jahre befand sich die komplette Weltwirtschaft in der Krise. Diese Krise war Ausdruck einer gigantischen Überproduktion, welche charakteristisch für den  Kapitalismus ist. Die Gewinne der Unternehmen sanken rapide und die Arbeitslosigkeit schnellte in die Höhe. Wie wir alle wissen war auch das der Grund, warum Hitler in Deutschland an die Macht kam. Durch den Kriegsausbruch in Europa konnten sich die USA sicher sein, dass alle europäischen Staaten auf längere Zeit hin enormen Rüstungsbedarf haben werden. Das Nachfrage-Problem war gelöst. US-Konzerne machten bis weit in den Krieg hinein lukrative Geschäfte in und mit Nazi-Deutschland. Dass die USA dann doch noch auf der alliierten Seite eingriff, lag einerseits daran, dass die militärischen Erfolge von Hitler in Europa der US-Elite dann doch etwas zu weit gingen, aber auch vor allem weil sich das Kriegsgeschäft mit Groß-Britannien als noch gewinnbringender erweisen sollte. Insgesamt kann man feststellen, dass die kapitalistische Wirtschaft ohne den 2.Weltkrieg, der Millionen von Opfern forderte, sich nicht wieder erholt hätte.

Und so sind die gleichen „Corporations“, die damals fröhliche Geschäfte mit Nazi-Deutschland machten, nie zur Rechenschaft gezogen worden und heute noch in der ganzen Welt geliebt und geachtet. (Die folgende Auswahl umfasst natürlich nur einige wenige von vielen Beispielen*)

IBM

IBM ist noch heute einer der größten Software-Konzerne der Welt. Seinerzeit spielte der Konzern für die mörderischen Vorhaben der Nazis eine entscheidende Rolle. Es war die Lochkartentechnologie – Vorläufer des Computers – von IBM, welche die Nazis befähigte, die Verfolgung von Regime-Gegnern und „Untermenschen“ zu automatisieren. Ihre Rechenmaschinen wurden dazu benutzt, um Listen von Juden und sonstigen Opfern zu erstellen, die deportiert werden sollten, und um KZ-Insassen sowie Zwangsarbeiter zu registrieren. Die Geschäfte wurden über das deutsche Tochterunternehmen Dehomag organisiert, dessen Gewinne während des Krieges katapultartig anstiegen. Ohne die fortgeschrittene Technologie von IBM wäre es den Nazis kaum möglich gewesen, den Holocaust derart effektiv auszuführen. (Buchtipp: „IBM und der Holocaust“ von Edwin Black, Propyläen Verlag)

General Motors

General Motors trägt einen großen Anteil daran, dass Nazi-Deutschland im Krieg auf neueste Technologie bauen konnte. Die Nazis tasteten die Besitzverhältnisse von GM nie an. So blieb Opel, die deutsche Tochtergesellschaft von GM, während der gesamten Nazi-Herrschaft in GM-Besitz. Die deutschen Zweigwerke von GM wurden nach einem Treffen von Hitler und Göring mit dem GM-Vertreter Mooney am 19. und 20. September 1939 gänzlich auf Kriegsproduktion umgestellt. Das Berliner Opel-Werk war dabei so erfolgreich, dass die Nazis ihm den ehrenvollen Titel „Kriegsmusterbetrieb“ verliehen. GM setzte Kriegsgefangene vor allem aus Frankreich und der Sowjetunion ein. Die Gestapo sorgte persönlich dafür, dass die sogenannten Fremdarbeiter auch gut arbeiteten. Ihr Einsatz war gekennzeichnet von maximaler Ausbeutung und der Todesstrafe bei kleinsten Vergehen.

GM wurde nach dem Krieg nicht nur nicht bestraft, sondern erhielt sogar eine Entschädigung für Beschädigungen, die ihre Opel-Niederlassungen während der Luftangriffe der Alliierten erlitten, in Höhe von 33 Millionen US-Dollar vom amerikanischen Staat.

Ford

Auch Ford war maßgeblich am Nazi-Kriegserfolg beteiligt. Zu einem gegebenen Zeitpunkt stellten Ford und GM zusammen nicht weniger als die Hälfte der deutschen Gesamtproduktion an Panzern. Henry Ford, der Gründer des Unternehmens, war bekennender Antisemit, der Hitler bewunderte, finanziell unterstützte und sogar mit seinem antisemitischen Buch „The international jew“ inspirierte. Ford lieferte den spektakulärsten Fall von Missbrauch von Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen. Das Unternehmen setzte ab 1942 Kriegsgefangene aus Belgien, der Sowjetunion, Frankreich und anderen besetzten Ländern ein, hielt diese Menschen unter unmenschlichen Bedingungen hinter Stacheldraht gefangen, ließ sie jeden Tag außer Sonntag 12 Stunden lang schuften und zahlte ihnen nicht den geringsten Lohn. 1944 wurde Ford von den Nazis Häftlinge aus dem KZ-Buchenwald zur Verfügung gestellt, welche noch schlechter behandelt wurden.

Coca-Cola

Coca-Cola war seit jeher mit von der Partie, wenn es darum ging Arbeitsrechte zu verletzen und von brutaler Repressionspolitik zu profitieren. Die deutschen Zweigwerke von Coca-Cola konnten ihre Gewinne enorm erhöhen, als sie der Wehrmacht in besetzte Länder wie Frankreich und Belgien folgen durfte. Als nach dem Angriff auf Pearl Harbor der Coca-Cola-Sirup nicht mehr aus den USA importiert werden konnte, ging der Verkauf mit einem neuen Getränk namens Fanta weiter, von dem allein im Jahre 1943 nahezu 3 Millionen Kisten verkauft wurden. Diese enorme Produktion konnte nicht zuletzt durch den Einsatz von Kriegsgefangenen bewerkstelligt werden. Das Engagement von Coca-Cola kann wohl kaum mit seinem Image vereinbart werden, welches für „Freiheit und Demokratie“ steht.

*Alle Angaben aus dem Buch „Der Mythos vom guten Krieg“ von Jacques Powels, Papy Rossa Verlag




Nazis bekämpfen! Aber wie?

Sonntag, 17.4.2011

Anti-Nazi-Demo in Winterbach (Nähe von Stuttgart) anlässlich eines Angriffs von Faschos auf eine Gruppe Migrant_innen (die Faschos haben die Gartenhütte angezündet, in denen sich die Menschen aufhielten! Glücklicherweise konnten alle fliehen).

Treffpunkt: 15 Uhr, Bahnhof Winterbach

Das Faschismus bekämpft werden muss das leuchtet den meisten ein. Auch die bürgerliche Meinungsmaschine – manche sprechen auch von „freien Medien“ – wärmt das Thema immer mal wieder in der einen oder der anderen Art auf. Auf der einen Seite immer dann wenn die Nazis mit brutalsten Gewaltexzessen der widerlichsten Art auf sich aufmerksam machen. Dann hat die Presse wieder etwas Sensationelles zu verkaufen, Gewalt ist immer ein Super-Seller. Und dann wird wieder schockiert getan und nach dem Staat geschrieen, der etwas tun soll. Oder aber nach der „Zivilgesellschaft“ die mehr Courage zeigen soll. Orte wie Hoyerswerda, später Solingen und Mölln wurden in den 90ern zu Symbolen der Fremdenfeindlichkeit, als Rechtsextreme Anschläge auf Einwanderer verübten. Daraufhin gingen Hunderttausende auf die Straße und bildeten Lichterketten, um ein Zeichen zu setzen, dass sie die Anwesenheit der Migrant/innen begrüßten.

Vertreter aller Parteien heucheln danach wieder von ihrer angeblichen antifaschistischen Gesinnung, aber die Bundesregierung weigerte sich in den 90er-Jahren weiterhin, sich auch öffentlich zum längst real gewordenen Status als Einwanderungsland zu bekennen, ja betonte sogar, dass Deutschland nach wie vor kein solches sei. Solche Bekundungen, oder auch die verbalen Ausfälle von so manchem CDUler auch in jüngster Zeit, befördern den Rassismus und spornen die Nazis an, den Worten immer wieder Taten folgen zu lassen.

Doch ist der Staat etwa gegen Rassismus? Nein. Der Staat baut die NPD mit auf. Er schleust V-Männer in die NPD, die auf allen Ebenen die Partei mit aufbauen, angeblich um das ganze unter Kontrolle zu halten. Daran scheiterte auch das NPD Verbotsverfahren. Bis jetzt sind nach wie vor nur 2 von 16 (!)Innenministern bereit, ihre V-Männer abzuziehen. Das heißt 14 Innenminister stehen bei diesem Verbotsverfahren nicht zufällig im Weg. Des Weiteren sind Migranten/innen natürlich auch hier um sie gegen inländische Arbeiter/innen auszuspielen. Sie werden schlechter bezahlt, sie werden zu Sündenböcken abgestempelt, warum es in Deutschland nicht genug Arbeitsplätze gibt. Und wenn man sie gar nicht mehr gebrauchen kann, schiebt der Staat sie ab.

Der Kapitalismus reproduziert tagtäglich sämtliche Probleme der Menschheit, ein System mit einer Minorität von Gewinnern lässt natürlich den Rest der Bevölkerung im Regen stehen. Er ist folglich natürlich nicht in der Lage Probleme wie Armut, Arbeitslosigkeit, Krieg und eben auch Faschismus zu lösen. Also müssen wir das ganze selbst in die Hand nehmen.

Daher ist auch der Ansatz der Antifa, nämlich „nur“ den Faschismus zu bekämpfen, völlig unzureichend. Dieser Ansatz ist genauso falsch, und von dem der bürgerlichen Ideologen gar nicht so weit entfernt. „Ein Antifaschist, der nur ein Antifaschist ist, ist eben kein Antifaschist.“ Wir können den Faschismus nur wirksam bekämpfen, wenn wir ihn mit dem Kampf gegen den Kapitalismus verbinden. Dazu ist eine revolutionäre Organisierung notwendig, die dafür kämpft, die verschiedenen Kämpfe zusammenzubringen und mit dem Ziel des Sturzes des Kapitalismus zu verbinden. Aber davon wollen die Autonomen natürlich nichts hören. Sie sind deshalb auch dazu verdammt, genauso weiter zu machen wie bisher.

Wir werden natürlich weiter mit allen Antifaschist/Innen und auch den Autonomen – in Aktionsbündnissen – zusammenarbeiten, da es ihnen ernst ist und sie im Gegensatz zum kapitalistischen Staat ehrliche Antifaschist/Innen sind. Aber weder Lichterketten noch vereinzelte Übergriffe der Antifa auf Nazis werden den Faschismus beseitigen. Wir treten dafür ein, dass sich betroffene von rechtsradikaler Gewalt in Komitees organisieren und sich selbst gegen die Nazis verteidigen. Verlasst euch nicht auf die Polizei, die die Nasis schützt anstatt sie zu bekämpfen! Doch unser aller Ziel, den Faschismus letztendlich für immer zu besiegen, das kann nur der revolutionäre Kampf für den Sturz des Kapitalismus, verbunden mit dem Kampf für wirklichen Sozialismus und der Schaffung einer Rätedemokratie.




Who is Who?

Karl MarxKarl Marx (1818 –1883) und Friedrich Engels (1820 – 1895)

Diese beiden Theoretiker und Politiker waren mitentscheidend für die Entwicklung des Sozialismus und der internationalen ArbeiterInnenbewegung. In den berühmt-berüchtigten Marx-Engels Werken legen sie eine umfassende und wegweisende Analyse der bürgerlichen Gesellschaft, des Kapitalismus, vor. Eines ihrer Bekanntesten Werke ist das 1848 erschienene Kommunistische Manifest (Manifest der Kommunistischen Partei), welches bis heute durch seine Aktualität und Gültigkeit besticht. Als Akteure waren Marx und Engels im Bund der Kommunisten aktiv und an der Gründung der 1.Internationale 1864 beteiligt.Friedrich Engels

In ihrer Analyse sind sie die Wegbereiter des historischen Materialismus, der Analyse der Menschheitsgesellschaft als Klassengesellschaft. In ihrem politischen Wirken haben Marx und Engels für die politische Organisierung des Proletariats gekämpft, für die Gründung von Arbeiterparteien. Die größten politischen Widersacher zu ihrer Zeit waren die Anarchisten um Bakunin, die die politische Organisierung des Proletariats bis heute ablehnen.

Ihr Lebenswerk hat als Marxismus die internationale ArbeiterInnenbewegung geprägt, als Theorie und Analyse des Kampfes gegen den Kapitalismus, für den gemeinsamen internationalen Kampf des Proletariats. Der Internationalismus ist ohne Marx und Engels nicht vorstellbar, zusammen gefasst in dem berühmten Zitat des kommunistischen Manifest: „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“

Wladimir Iljitsch Uljanow – genannt Lenin (1870 – 1924)Lenin

Wladimir Lenin war neben Marx & Engels, eine der bekanntesten Personen der internationalen kommunistischen Bewegung. Als einer der bestimmenden Politiker während der Oktoberrevolution (1917) ist sein Name untrennbar mit der Gründung der Sowjetunion verbunden. Lenin war aktiv im Aufbau der SDAPR (Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands) beteiligt, genau wie am Aufbau der Bolschewiki („Mehrheitler“) in der russischen ArbeiterInnenbewegung. Zu seinen theoretischen Hauptwerken gehört “Was tun” aus dem Jahre 1902, indem Lenin die sozialistische Partei als “Organisation der Berufsrevolutionäre” bestimmt – eine Partei die darauf ausgerichtet ist, den politischen und sozialen Kampf des Proletariats gegen die Bourgeoise zu führen und zu gewinnen.

Nach dem Kriegseintritt der Parteien der 2. Internationale 1914 war Lenin entscheidend für den Kampf um das revolutionäre, antiimperialistische Programm (mit dem Werk „Staat und Revolution“ 1917) der ArbeiterInnenbewegung – die Gründung kommunistischer Parteien und der kommunistischen Internationale ist untrennbar verbunden mit den Bolschewiki und dem Wirken Lenins.

Rosa Luxemburg (1871 – 1919) und Karl Liebknecht (1871 – 1919)Luxemburg

Luxemburg und Liebknecht waren die entschiedensten Vorkämpfer für den revolutionären Sozialismus in Deutschland und in der 2.Internationale. Beide kämpften gegen die Politik der deutschen SPD und der meisten Parteien der 2.Internationale, die den 1. Weltkrieg unterstützten. Innerhalb der SPD gehörten beide auch vor dem 1.Weltkrieg dem linken Flügel an, Rosa Luxemburg war dabei die Vorkämpferin gegen den beginnenden Reformismus von Fraktion und Parteispitze. Ihr Werk „Soziale Reform oder Revolution“ (1899) war damals die Streitschrift gegen den rechten Flügel um Eduard Bernstein.Liebknecht

Nach dem 1.Weltkrieg gründeten Luxemburg und Liebknecht den „Spartakusbund“, den Vorläufer der am 1. Januar gegründeten KPD. Am 15. Januar wurden beide Revolutionäre von faschistischen Freikorps getötet. Zuvor hatten die SPD und die deutsche Bourgeoisie offen zu ihrem Mord aufgerufen.

Lew Dawidowitsch Bronstein – genannt Leo Trotzki (1879 – 1940)

Zusammen mit Lenin gehörte Trotzki zu den schillernden und prägenden Personen der Oktoberrevolution in Russland. Obwohl er lange Zeit nicht bei den Bolschewiki aktiv war, sondern linken Gruppen der Menschewiki nahe stand (Minderheit der SDAPR), schloss er sich 1917 wieder den Bolschewiki an, da diese als einzige Partei den sofortigen Sturz des Kapitalismus forderten. Wie in der Revolution von 1905 war Trotzki auch 1917 wiederTrotzki Vorsitzender des Petrograder Sowjet (Arbeiterrat) und bestimmte zusammen mit Lenin die Taktik der Bolschewiki in dieser Zeit. Trotzki übernahm entscheidende Positionen in der sowjetischen Räteregierung. Zuerst war er Kommissar für äußere Angelegenheiten und führte die Friedensverhandlungen mit Deutschland in Brest Litovsk, später war er der Organisator und Befehlshaber der Roten Armee im russischen Bürgerkrieg.

In der Sowjetunion kämpfte er ab Mitte der 20er-Jahre mit der „Linken Opposition“ gegen die sich entwickelnde Bürokratie, später im Exil (ab 1929) gegen die stalinistische Degeneration der kommunistischen Parteien. Wichtige Werke wie „Die verratene Revolution“ (1936) und „Die permanente Revolution“ (1929) zeigten die Degeneration der UdSSR auf und verteidigten und entwickelten die revolutionäre Theorie des Marxismus-Leninismus nach der Oktoberrevolution. Trotzki begründete 1938 die 4. Internationale, für welche das „Übergangsprogramm“ und das „Manifest der 4.Internationale“ die Grundlagen bildeten.




Lenin, Trotzki und Stalin

Lenin und Trotzki sind die wohl bekanntesten Kämpfer für den Sozialismus. Beide haben sowohl auf dem Gebiet der Theorie wie auch in der Praxis großartiges geleistet. Sie waren die beiden herausragenden Persönlichkeiten in der bolschewistischen Partei und haben einen maßgeblichen Anteil daran, dass in Russland die erste (und bislang wohl einzige) echte sozialistische Revolution stattgefunden hat. Als revolutionäre Marxisten stehen wir in ihrer Tradition.

Lenin

Lenin war der Führer der revolutionären Partei. Er war bereits seit ihrer Gründung im Jahre 1898 mit von d er Partie. Damals war es die Sozialdemokratische Partei Russlands (SDPR). Später teilte sie sich in die Bolschewiki (Mehrheitler) und M e nschewiki (Minderheitler). Die Namen ergaben sich aus der innerparteilichen Abstimmung über die Struktur der Partei , und da Lenin und seine Genossen sich durchsetzten, benannte er seine Fraktion Bolschewiki. Doch die beiden Fraktionen blieben no ch lange in der selben Partei und erst 1917 wurde die Bolschewiki eine eigenständige Partei.
Lenin hat bei dem Aufbau der Partei und ihrer revolutionären Konzeption entscheidend mitgewirkt. Anfang des 20.Jahrhunderts verfasste er die Broschüre „Was tun“, die ihn in der Partei zu einer bekannten Persönlichkeit machte und die SDPR in ihrer Gesamtheit entscheidend prägte. Ihn dieser Broschüre beschrieb Lenin, wie man unter den gegebenen Bedingungen am Besten eine Partei aufbaut. Darin legte er auch sein Prinzip des demokratischen Zentralismus dar. Lenin war in erster Linie ein Pragmatiker, der den Marxismus in der Praxis anwandte und die erste revolutionäre Partei aufbaute, die später sogar eine Revolution anführen sollte. Auf diesem Gebiet leistete er wahrhaftig Großartiges, und auch heute noch können wir viel von ihm lernen. Aber auch als Theoretiker des Marxismus war er ganz vorn e mit dabei. Er verwarf früh die These, dass in Russland erst eine bürgerliche Revolution stattfinden müsse. Viele Marxisten waren damals außer sich, denn Marx hatte geschrieben, dass nur der Kapitalismus die Voraussetzungen für den Kommunismus schaffe. Lenins Argument war, dass eine proletarische Revolution in Russland auf Westdeutschland überspringen würde, was die Entwicklung in Russland enorm beschleunigen würde. Später formte Trotzki dieses Argument zu seiner Theorie der permanenten Revolution. Lenin konzipierte auch das Prinzip, dass der Sozialismus als Zwischenetappe zwischen Ka pitalismus und Kommunismus fungiert.

Trotzki

Trotzki war bereits Anfang des 20.Jahrhunderts ein guter Freund von Lenin und arbeitete mit ihm in London und anderswo zusammen. Aber die beiden hatten im Laufe der Jahre mehrere politische Auseinandersetzungen und Trotzki stoß erst 1917 endgültig zu den Bolschewiki dazu. Na ch der Revolution wurde er zum Führer der Roten Armee, welche er auch aufbaute und war neben Lenin der wohl bedeutendste Mann in der revolutionären Regierung Russlands. Besonders bekannt ist seine Theorie der permanenten Revolution. Hierin legte er dar, dass auch in einem unterentwickelten Land (wie Russland) sofort eine proletarische Revolution stattfinden könne. Er führte aus, dass in solchen Ländern, die immer noch an der feudalen Herrschaft hingen, das Bürgertum zu schwach sei, um die Feudalherrschaft gänzlich zu zerschlagen und die Produktivkräfte voll zu entwickeln. Anders wie in Westdeutschland, wo die Industrie bereits früh einen hohen Stand erreicht hat, war Russland und Osteuropa sowie Asien (außer Japan) noch sehr durch die Landwirtschaft geprägt. Deswegen musste man hier die Macht sofort in die Hände der Arbeiterklasse geben, weil nur diese in der Lage sei, die Industrie schnell zu entwickeln. Dieses Vorhaben musste allerdings an die sozialistischen Revolutionen in Westeuropa gebunden sein, da sonst die unterentwickelte Wirtschaft des sozialistischen Russland die Bedürfnisse der Menschen nicht befriedigen könne und letztendlich zum Scheitern verurteilt sei.

Die Oktoberrevolution

Nachdem die Bolschewiki 17 Jahre lang die sozialistische Revolution propagiert hatten, kamen sie 1917 endlich zum Zug. Im Februar wurde der Zar durch Demonstrationen und Streiks im ganzen Land gezwungen, abzudanken. Es wurde eine provisorische Regierung unter Ministerpräsident Kerenski eingesetzt. Aber es existierten gleichzeitig die Arbeiterräte (Sowjets). Diese kamen in Russland bereits 1905 auf und stellten ein unmittelbares Machtorgan der Arbeiterklasse dar. Die Marxisten hatten Arbeiterräte nicht erfunden, diese entwickelten sich aus den Arbeitern selbst heraus. Lenin und Co. griffen dieses Element als grundlegende Herrschaftsausübung des Proletariats auf und bauten ihre gesamte Politik auf diesen Arbeiterräten auf (Alle Macht den Sowjets!). Glücklicherweise war damals Trotzki bereits der Vorsitzende des Petrograder (St.Petersburg) Sowjets, und der Einfluss der Bolschewiki in der Arbeiterklasse war somit groß. Somit gab es in Russland im Sommer 1917 eine Doppelherrschaft, und die Machtverhältnisse waren unklar. Die Arbeiterräte hatten bei der Februarrevolution bereits eine entscheidende Rolle gespielt und erkannten nun die Autorität der Provisorischen Regierung nicht an. Die meisten Bolschewiki waren erst mal überglücklich, dass der Zarismus gestürzt war. Anders Lenin. Als er im April (nach 17 jähriger Abwesenheit) nach Russland zurück kam, wurde er in Petersburg von einer begeisterten Menge empfangen. Er stieg auf einen Zugwaggon und redete zu den Anhängern der Bolschewiki. Zur Überraschung der anwesend Parteifunktionäre forderte er die sofortige Ablösung der Provisorischen Regierung zu Gunsten einer sozialistischen Regierung, gestützt auf die Arbeiterräte. Obwohl viele bolschewistische Führer (vor allem Kamenev) von der Forderung Lenins geschockt waren, konnte er sich in den folgenden Monaten mit seiner Linie durchsetzen (was übrigens auch der entscheidende Punkt war, warum Trotzki zu der Partei dazustoß). Während alle andere sozialistischen Parteien (Menschewiki, Sozialrevolutionäre etc.) für eine Beteiligung an der Provisorischen Regierung waren, forderten die Bolschewiki ihre sofortige Ablösung. Die Politik der Regierung spielte Lenin in die Hände: sie verteilten den Boden nicht gänzlich unter den armen Bauern, ließen den Großgrundbesitz teilweise bestehen, schützten die Großkapitalisten gegen die aufgebrachten Arbeiter und zu allem Überfluss führten sie den Krieg (1.Weltkrieg) an der Ostfront auch noch weiter. Alle diese Punkte und die Fähigkeit von Lenin, diese Sachen zu erkennen und in Politik umzuwandeln führten schließlich dazu, dass im Oktober die Zeit reif war. Die Bolschewiki hatten in Petersburg und Moskau die Mehrheit in den Sowjets, und die Führung empfand die Zeit als reif, den Aufstand auszurufen. Die Bolschewiki hatten damals bereits ein starkes revolutionäres Militärkomitee und nutzten es dazu, mehrere Plätze zu überwachen. Am 25.Oktober fand eine Dringlichkeitssitzung des Petrograder Sowjets statt. Totzki sprach die einleitenden Worte: „Kerenski´s Macht ist gestürzt. Einige Minister sind verhaftet worden. Die, die noch nicht verhaftet sind, werden bald verhaftet werden.“ Die Petersburger Arbeiter schlugen sich auf die Seite der Bolschewiki. Überall in Petersburg erhoben sie ihre Hand für die Revolution und beteiligten sich an dem Aufstand, der schließlich zu einer Revolution wurde. Der allrussische Sowjetkongress, der am 26.Oktober stattfand, sollte dazu genutzt werden, die Revolution als siegreich auszurufen und eine revolutionäre Regierung zu stellen. Der Plan ging voll auf: der Regierungssitz (der Winterpalais) und alle wichtigen Ämter etc. wurden besetzt und eine revolutionäre Regierung mit Lenin an der Spitze wurde von dem Sowjetkongress akzeptiert. Die Revolution, auf die Lenin sein ganzes Leben verwendet hatte, hatte stattgefunden.

Die Jahre 1918 bis 1924

Das entscheidende an der russischen Revolution war, dass sie nicht an den Arbeitern vorbei gemacht wurde, sondern dass die Arbeiter eine entscheidende Rolle in ihr spielten und sie letztendlich erst möglich machten. Im Gegensatz zu allen anderen anderen sog. sozialistischen Revolutionen hatten die Arbeiter ihre eigenen Organe, um die Macht auszuüben: die Sowjets. Diese Sowjets spielten nun auch in den Jahren nach der Revolution eine entscheidende Rolle in Russland, und es war der Regierung unter Lenin unmöglich, eine Politik an den Räten vorbei zu machen. Die Bolschewiki krempelten das Land erst mal um. Sie schafften den Privatbesitz ab und verteilten allen Boden unter den Bauern. Sie verstaatlichten die gesamte Industrie und stellten sie unter die Kontrolle der Arbeiterräte. Sie proklamierten den sofortigen Frieden und zogen alle Soldaten von der Ostfront zurück. Sie deklarierten als erster Staat überhaupt eine Reihe von Freiheiten: Recht auf Scheidung, freie Berufswahl auch für Frauen, kostenlose Bildung für alle, kostenloses Gesundheitssystem, Recht auf gewerkschaftliche Organisation etc. Doch die Errungenschaften hielten nicht lange vor.
Wie gesagt, betonten Lenin und Trotzki, dass der Erfolg der Revolution an eine Revolution in Westeuropa gebunden war. Ohne diese Revolution hatten die Bolschewiki nicht genug Nahrungsmittel, geschweige denn eine funktionierende Industrie, um den Lebensstandard der Bevölkerung zu heben. Trotzki: „Wenn sich die Völker Europas nicht erheben und den Imperialismus zerschlagen, dann werden wir zerschlagen werden – das steht außer Zweifel.“ Lenin war zuversichtlich, dass es nicht lange dauern werde, bis die Arbeiter in Westeuropa (vor allem Deutschland) sich erheben würden. Doch die Revolution in Deutschland schlug fehl und auch in den anderen Ländern zeichnete sich keine Revolution ab. Stattdessen bedrohte der deutsche Staat weiterhin Russland und forderte weite Teile von Polen und der Ukraine ein. Schließlich drohte Deutschland mit einem Einmarsch in Russland, und die Regierung sah sich gezwungen, einen Friedensvertrag zu unterschreiben (Brest Litovsk). Deutschland bekam das Land, das sie wollten. Unglücklicherweise waren diese Gebiete sehr ertragreich und stellten damals den Hauptanteil an der russischen Nahrungsmittelproduktion. Den Bolschewiki war klar, dass dieser Umstand für Russland untragbar war. Doch Lenin blieb weiterhin zuversichtlich. Deutschland werde bald zum sozialistischen Bruderstaat werden und alle Nahrungsmittelprobleme Russlands beseitigen. Die Geschichte hat gezeigt, dass dies nicht der Fall war. Die Nahrungsmittel in Russland wurden knapp, und die Bauern weigerten sich, ihr Getreide an den Staat abzuführen. Schließlich mobilisierten die sog. „weissen Garden“ die Massen gegen die neue Regierung und ein Bürgerkrieg brach aus. Die „weissen Garden“ wurden hauptsächlich von reaktionären ehemaligen Militärs geführt, welche natürlich die alten Umstände gerne wieder zurück hätten. Trotzki baute in Kürze eine „rote Armee“ auf, welche gegen die „Weissen“ zu Felde zog. Die ausländischen imperialistischen Mächte waren natürlich sofort auf der Seite der Weissen und unterstützten die Konterrevolution. Viele schickten eigene Soldaten nach Russland (Deutschland, England, USA und viele mehr). Das frisch geborene sozialistische Russland schaffte es jedoch, die Konterrevolution zurück zu schlagen und ging siegreich aus dem Bürgerkrieg hervor. Doch der Bürgerkrieg hatte verheerende Folgen für Russland. Die Industrie und Nahrungsmittelproduktion stürzten vollends zusammen und Armut verteilte sich übers ganze Land. Demokratische Freiheiten wie z.B. freie Wahl der Offiziere in der Armee wurden außer Kraft gesetzt. Viele Arbeiter waren zu der roten Armee gestoßen und kehrten nicht wieder zurück. Das Proletariat verringerte sich auf einen schwindend geringen Anteil der russischen Bevölkerung. Die Rätemacht stand somit auf wackligen Füssen. Die Bauern leideten Hunger und stellten die Revolutionsregierung in Frage, die weiterhin versuchte, dass Getreide einzusammeln und zu verteilen. Lenin sah sich gezwungen zu handeln und stellte 1921 seine „Neue ökonomische Politik“ (NEP) vor. Diese führte den privaten Handel unter den Bauern wieder ein, welche nun nicht mehr alles Getreide abführen mussten, sondern nur einen kleinen Teil. Diese Maßnahme löste keinesfalls das Hungerproblem (denn in den Städten und in ertraglosen Gegenden hatten die Leute kein Getreide), aber sie beschwichtigte die Bauern und verhinderte einen Aufstand. Für die Kommunisten bedeutete das natürlich einen Schritt rückwärts, denn man ließ ja den Kapitalismus wieder zu. Lenin verteidigte seine Politik als vorrübergehende Maßnahme, um das sozialistische Russland zu retten. Doch er musste sich auch eingestehen, dass die Geschichte nicht so gekommen war, wie er es vorausgesagt hatte. Sowjetrussland stand nach wie vor alleine da und war vom Bürgerkrieg zerrüttet. Die Rolle der Parteibürokratie und der Geheimpolizei war während des Bürgerkrieges immens angestiegen und fing an gefährliche Kreise zu ziehen. Die Oktoberrevolution ging in eine andere Richtung als Lenin sich das vorgestellt hatte, und er erkannte dies. Doch die NEP sollte seine letzte große Tat werden. Lenin starb im Frühjahr 1924.

Stalin- „Totengräber der Revolution“

Stalin war ein bis dahin unauffälliger Genosse. Er war schon lange vor der Oktoberrevolution in der Partei. Jeder kannte ihn. Er war zu dieser Zeit der Generalsekretär. Später sollte dieser Titel in jeder kommunistischen Partei Angst und Schrecken hervorrufen, aber zu dieser Zeit war er nichts anderes als es der Name aussagt: ein Sekretär, der organisatorische Aufgaben ausführt und keinerlei politischen Einfluss besitzt. Doch bereits während dem Bürgerkrieg nutzte er den Zentralismus um seine Macht auszuweiten. Er stützte sich auf den Parteiapparat und unterhielt gute Beziehungen zu der Geheimpolizei. Nach und nach weitete er seinen Einfluss aus. Stalin stand an der Spitze der Bürokratisierung, welche die bolschewistische Partei seit dem Bürgerkrieg heimsuchte. Lenin erkannte dies und forderte die Partei, welche er als krank bezeichnete, wieder zu demokratisieren und die Macht von den Funktionären zu nehmen. In seinem politischen Testament forderte er wörtlich, Stalin von dem Posten des Generalsekretärs zu entfernen. Aber sein Einfluss hatte sich bereits verringert und Stalin saß zu fest im Sattel. Trotzki war nach Lenin der bekannteste und einflussreichste Mann in der Partei, und man erwartete dass er der Nachfolger von Lenin an der Spitze der Regierung würde. Niemand rechnete mit Stalin, er war nie Mitglied im Zentralkomitee gewesen. Doch plötzlich stellte er sich lautstark an die Spitze und forderte mit Unterstützung der Parteibürokratie einen Umbruch in der Politik der bolschewistischen Partei. Vor allem hatte er es auf Trotzki abgesehen und wollte „den Trotzkismus vernichten“. Lenins Testament erreichte nie die Parteibasis, geschweige denn die einfachen Bürger, sondern verschwand in dem Parteiarchiv. Stalin sagte, Trotzki wolle Sowjetrussland aushungern, indem er immer noch von der unrealistischen Weltrevolution träumte. Es komme nun darauf an, die Revolution im eigenen Land voranzutreiben und die Industrie zu entwickeln. Er rief die Parole „Sozialismus in einem Land“ aus. Damit widersprach er der Grundausrichtung der Oktoberrevolution, und den meisten Bolschewiki war das bewusst. Doch sie wurden unsicher, denn die Perspektive weiterer Revolutionen wurde immer unwahrscheinlicher und Stalin verwendete den gesamten Propagandaapparat um seine Thesen in der Bevölkerung populär zu machen. Schließlich verbündete sich Stalin mit wichtigen Parteifunktionären (Sinowjew, Kamenev, Bukarin) gegen Trotzki. Dieser bildete die „linke Opposition“ innerhalb der Partei. Diese Opposition sollte der letzte demokratische Akt in der bolschewistischen Partei (welche in der Zwischenzeit in „Kommunistische Partei der Sowjetunion“ , KpdSU umbenannt war) werden. Bis 1928 kämpfte Trotzki gegen die bereits allumfassende Bürokratie mit Stalin an der Spitze, dann wurde die linke Opposition zerschlagen und Trotzki des Landes verwiesen. Stalin arbeitete zu dieser Zeit bereits mit allen Tricks, um politische Gegner auszuschalten. Schließlich setzte der Terror ein: politische Widersacher wurden einfach verhaftet, zu Geständnissen gezwungen und erschossen. Nach und nach wurde die gesamte Partei von der Revolution 1917 eliminiert. Auch Sinowjew und Kamenev, welche ja anfangs mit Stalin verbündet waren, wechselten zur Opposition und wurden erschossen. Bukarin war Stalins letzter Verbündeter und fiel schließlich auch dem Beil des Henkers zum Opfer. 1940 erwischte es dann auch Trotzki: er wurde in seinem mexikanischen Exil im Auftrag Stalins ermordet. 1928 war die linke Opposition und alle anderen Gegenstimmen in der Partei zerschmettert und die Macht von Stalin vollends gefestigt. Nun stand dem Diktator nichts mehr im Wege. Der große Terror setzte ein, und Stalin verwandelte das fortschrittlichste Land der Welt in eine blutige Diktatur, in der Demokratie der Vergangenheit angehört und politische Meinungsäußerung mit Gefängnis und Folter bestraft wird. Er enthob der Sowjets sämtlicher Macht und setzte eine Planungsbehörde ein, welche die Bedürfnisse der Arbeiter bürokratisch plante. Der einfache Arbeiter hatte nichts mehr zu melden, und dieses bürokratische Planungssystem wurde zur Stütze der späteren „Mangelwirtschaft“ im gesamten Ostblock. Das hat mit Planwirtschaft im marxistischen Sinn nichts zu tun, genauso wenig wie das gesamte System des „real existierenden Sozialismus“ nichts mehr mit der Gesellschaftsordnung zu tun hatte, die Marx und Lenin meinten, wenn sie von Sozialismus sprachen. Außerdem verwandelte Stalin mit dem Blut tausender Zwangsarbeiter Russland in eine industrielle und militärische Großmacht. Allein die Idee einer Großmacht widerspricht sämtlichen Ideen des Kommunismus. Die Bolschewiki proklamierten 1917 die Freiheit für jede Nation (Ukraine, Finnland Georgien usw.) sich von Russland loszutrennen, Stalin ließ die Armee in diese Länder einmarschieren und besetzte sie. Die Bolschewiki machten 1917 die Sowjets zu Organen der direkten Machtausübung der Arbeiterklasse, Stalin enthob sie jeglicher Macht. Die Bolschewiki schrieben 1917 fest, dass jeder Beamte oder Funktionär im Staat von den Arbeitern gewählt (und abgewählt) wird, Stalin setzte alle von oben ein und machte sie zu Instrumenten seiner Terrorherrschaft. Das sind nur einige Beispiele für die Perversion des Sozialismus und der Tradition von Marx und Lenin unter Stalin.

Lehre der Geschichte

Die Sowjetunion hatte sich zu einem undemokratischen und bürokratischen Staat entwickelt. Auch alle folgenden Revolutionen (China, Vietnam, Kuba) entwickelten ähnliche Elemente. Für viele bürgerliche Historiker und Politologen der Beweis, dass Sozialismus immer in einer Diktatur endet. Sie ziehen eine gerade Linie von „Lenin zu Stalin“.
Doch die Entartung der Oktoberrevolution war keineswegs unausweichlich. Es wurden Fehler gemacht (natürlich auch von Lenin und Trotzki), die analysiert werden und als Lehre für uns Revolutionäre gelten müssen. Insbesondere hat die Geschichte eins gezeigt: Sozialismus kann nur international verwirklicht werden, der Internationalismus wird zur Grundlage unserer Politik. Man kann natürlich nicht mit Sicherheit sagen, wie sich die Oktoberrevolution unter anderen Umständen entwickelt hätte, aber eins ist klar: wären nach 1917 Deutschland und weitere entwickelte Länder den Bolschewiki gefolgt, wäre die Geschichte heute eine andere.




Die bürgerliche Demokratie

Die bürgerliche Demokratie

Bürgerliche Definition: (gr. Volksherrschaft) im Gegensatz zu Monarchie, Oligarchie, Diktatur. Heute wird die D. als die dem Menschen am würdigsten polit. Organisationsform empfunden, in der er auf Grundlage von polit. Freiheit und rechtl. Gleichheit seinen polit. Willen zum Ausdruck bringt.

Wir stimmen zu: Die Demokratie ist die dem Menschen am würdigste politische Organisationsform. Es gibt jedoch zahlreiche Unterschiede zwischen einer bürgerlichen (Schein-)Demokratie und einer wirklichen Demokratie. Was die bürgerlichen „Demokraten“ verschweigen, ist dass wir in einer Klassengesellschaft leben. In dieser ist der demokratische Staat eng verknüpft mit der Herrschaft des Kapitals und es herrscht keineswegs das Volk. Selbst die demokratischsten kapitalistischen Länder überlassen die militärische Macht einer ungewählten Gruppe von Generälen und Polizeichefs, die ökonomische Macht ungewählten Konzernaufsichtsräten und die politische Macht ungewählten BürokratInnen hinter den Kulissen. Zwar gibt es „rechtliche Gleichheit“, aber wem nützt es, wenn das Recht selbst klassenabhängig handelt? Oder anders: Es ist wahrscheinlicher, dass ein Arbeiter ein Stück Brot klaut als ein Kapitalist dies tun würde. Trotzdem wird das gleiche Recht auf beide angewendet. Es ist dem Millionär wie dem Obdachslosen verboten, unter der Brücke zu schlafen. Die bürgerliche Demokratie, eigentlich die Herrschaft der Mehrheit über die Minderheit, ist die Macht der Minderheit (Kapital) über die Mehrheit (Arbeiterklasse) und für die Kapitalisten die beste Möglichkeit ihre Macht zu verhüllen, denn real muß sich jede Regierung dem Kapital beugen.

Staat und Wirtschaft

Nichtmal der größte Schwärmer der bürgerlichen Demokratie kann die Tatsache ignorieren, dass der Staat durch wachsende Staatsverschuldung, durch Personalunionen mit der Wirtschaft, durch Vertreter von Lobbygruppen in den Ausschüßen des Parlaments, durch Beraterverträge, durch Parteispenden der Wirtschaft für die Parteien, Public-Private-Partnership etc. – die Liste ließe sich bis Unendliche fortsetzen – übermäßig vom Kapital beeinflusst wird. Das Parlament ist nur Fassade. Hier wird nicht entschieden, denn Beschlüsse werden außerhalb, am „runden Tisch“ (und natürlich nur im Einvernehmen mit der Wirtschaft) gemacht.

Der hochgepriesene „demokratische Willen“ ist nur der Ausdruck des Willens einer handvoll Menschen. Und was ist das für eine „politische Freiheit“, wenn wir alle paar Jahre ein Kreuzchen machen dürfen? Geht ein Wahlausgang auch mal nicht nach dem Willen des Kapitals, so trifft dem Gewählten die volle Härte (z.B. Allende in Chile, gegenwärtig Chavez in Venezuela).

Das ganze so genannte demokratische System wird endgültig ad absurdum geführt, wenn wir passiv zuschauen müssen wie die „Demokraten“ nicht sofort zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn wir stattdessen erst Jahre warten müssen und die so genanntne Vertreter des Souveräns mit ihrem ewig-dämlichen Grinsgesichtern zusammen mit ihren Parteien Beschlüsse in Kraft setzen, die Auswirkungen auf das Leben von Millionen von Menschen haben. Sie sind nur dazu verpflichtet im Club der Dummschwätzer ein wenig mitzumischen, ohne für die Ausführung ihrerer Gesetze direkt verantwortlich zu sein. Einmal verabschiedet, schon vergessen. Aus den Augen, aus dem Sinn.

Die Ohn“macht“ der Regierenden

Die wahre Macht liegt nicht bei den „Regierenden“, sondern beim Kapital. Dieser hat durch Produktionsstandortverlagerungen, Entlassungen, etc. mehr Einfluss auf das Leben der Menschen als eine Mehrheit im Bundestag. Da kann ein Land so demokratisch wie die Schweiz sein. Die Mitentscheidung endet vor dem Werkstor.
Was haben wir nun von Bundestagswahlen zu erwarten? In erster Linie nichts. Jeder kennt den Spruch „Wenn Wahlen was verändern könnten, wären sie verboten.“ Also sollte man Wahlen boykottieren? Dies wäre eine Unterschätzung der Verhältnisse, denn auch das bürgerliche Parlament kann ein Schlachtfeld des Klassenkampfes sein und kann genutzt werden. Andererseits kann es aber auch nicht den Kampf auf der Straße ersetzen. Wahlen sind nur ein Ausdruck der Reife der Arbeiterklasse, nichts weiter.

Sozialistische Demokratie

Man kann dieses System nicht demokratischer gestalten (durch Plebiszite, Basisdemokratie), denn das würde irgendwann im Widerspruch zur Herrschaft des Kapitals stehen. Um eine großtmögliche Demokratie zu schaffen, muss man erstmal den Kapitalismus überwinden und den Arbeiterstaat errichten, in der die Mehrheit wirklich herrscht. Diese Demokratie wird vor der Wirtschaft nicht Halt machen. Der Kapitalismus zeigt, dass politische und ökonomische Macht nicht getrennt gesehen werden dürfen. Wer die ökonomische Macht hat, hat auch die politische. Nach der Revolution wird die Arbeiterklasse die Wirtschaft kontrollieren. Diese muss die Kapitalistenklasse unterdrücken. Diese Demokratie findet ihren Ausdruck im Rätesystem, nicht in einer Basisdemokratie. Eine Basisdemokratie würde allen Bevölkerungsschichten, auch der Kapitalistenklasse, Zugang zum demokratischen Prozess verschaffen.

Die proletarische Demokratie ist zentralistisch. Dies hat den Vorteil, dass man auf Veränderungen viel schneller und effizienter reagieren kann. Es gibt keine endlosen Wege bis zur Entscheidungsfindung mehr. Dadurch lässt sich auch die Wirtschaft viel bedarfsgerechter planen. Zudem können die Repräsentanten jederzeit abgewählt werden und sie bekommen nur einen Arbeiterlohn. Dadurch, dass der Arbeiterstaat viel durchschaubarer sein wird und stark vereinfacht wird, kann jeder Arbeiter administrative Aufgaben erfüllen. Der Arbeiterstaat verdient dann wirklich die Bezeichnung Demokratie. Aber auch diese Demokratie ist wie jede Staatsform ungerecht, den sie beruht auf Unterdrückung – wenn auch Unterdrückung der Kapitalistenklasse. Wir aber wollen eine Welt ohne Unterdrückung! Wir wollen eine klassenlose Gesellschaft! Deswegen wird es im Kommunismus auch keine Demokratie geben. Der Mensch wird sein eigener Staat sein, in einer Gemeinschaft aus frei assoziierten Menschen.




Nie wieder Faschismus!!!


Was wir aus der Geschichte des spanischen Bürgerkrieges lernen können

Der Kampf und der Widerstand gegen Faschismus, Rassismus und alle seine Ausprägungen ist heute wieder und immer noch eine der wichtigsten Aufgaben. Zu Recht ist es daher vor allem vielen Jugendlichen ein besonderes Anliegen, sich gegen die widerlichste Ausprägung aller bürgerlichen Ideologien mit Wort und Tat zur Wehr zu setzen. Auch in Deutschland hat die extreme Rechte längst wieder Fuß gefasst. Ihre rassistische Grundhaltung ist in der Gesellschaft angekommen (Stichwort Alltagsrassismus). Immer wiederkehrende Angriffe auf Migrant_innen und Antifaschist_innen zeugen davon, dass sie zunehmend gewaltbereit und auch besser organisiert ist.

Doch auch der Widerstand gegen die Neofaschisten wächst. Kein Naziaufmarsch findet ohne die breitesten Gegenmobilisierungen statt. Zuletzt konnte die antifaschistische Bewegung in Dresden den größten geplanten Aufmarsch in Europa verhindern. Auch in Lübeck im März konnten die Nazis nur einen kleinen Bruchteil ihrer Route marschieren.

Mit der Krise des Kapitalismus und der relativen Schwäche der linken, revolutionären Kräfte ist auch mit einem Erstarken des Faschismus zu rechnen. Obwohl die Menschen heute über eine historische Erfahrung mit dem Faschismus verfügen, ist die Gefahr einer erneuten faschistischen Machtergreifung in Zukunft nicht auszuschließen (siehe z.B. die faschistische Partei „Alleanza Norte“ in Italien). In so einem Fall ist es Wort wörtlich lebensnotwendig, die richtige Antwort parat zu haben um die Faschisten zu besiegen! Deshalb sollten wir einen Blick auf die Geschichte werfen, wie es passieren konnte, dass die Faschisten in verschiedenen Ländern an die Macht gekommen sind.

Der spanische Bürgerkrieg

Der spanische Bürgerkrieg begann im Jahre 1930 mit dem Sturz der Militärdiktatur von Primo de Rivera und endete 1939 mit dem denkbar schlechtesten Ergebnis, der Machtergreifung durch die Faschisten mit General Franco an der Spitze. Der Ausgang war eine blutige, verheerende Niederlage der spanischen und der gesamten Arbeiterklasse weltweit. Hunderttausende, die jahrelang gegen den Faschismus gekämpft hatten, wurden verhaftet, verschleppt, ermordet. Die Reaktion schlug schonungslos auf die Aufständischen nieder, eine Katastrophe, von der sich die spanische Arbeiterbewegung bis heute nicht erholt hat.

Doch wie konnte das passieren? Der antifaschistische Widerstand war in Spanien weitaus höher entwickelt als beispielsweise in Deutschland. Nicht nur dass die Arbeiterklasse zusammen mit der Bauernschaft in Spanien einen heroischen Kampf ungeahnten Ausmaßes geführt hat, ja eigene Machtorgane (Räte, Komitees, Milizen) entwickelt und Städte (Barcelona, Valencia) sowie ganze Regionen (Katalonien) kontrolliert hat, nein, auch aus dem Ausland kamen etliche internationale Brigaden zu Hilfe um Seite an Seite mit dem spanischen Proletariat zu kämpfen!

In Katalonien, speziell in Barcelona, war die Arbeiter_innenkontrolle am weitesten entwickelt. Dort besaß die Arbeiterklasse de facto die Macht. Die regionale Regierung, die „Generalidad“, war von dem Wohlwollen der „antifaschistischen Milizkomitees“ abhängig. Barrikaden wurde überall in der Stadt errichtet. In Lerida und Hostafrancos ergaben sich 1937 die Regierungstruppen den Arbeiter_innen. Anfänglich zur Verteidigung der noch jungen bürgerlichen Republik, merkten die Arbeiter_innen schnell, dass hier mehr zu holen war. Und trotzdem, am Ende siegte die faschistische Reaktion. Der Grund dafür lag in den katastrophalen Fehlern und dem Verrat der politischen Führungen. Um das zu verstehen und in zukünftigen Situationen dieselben Fehler zu vermeiden, müssen wir einen Blick auf die Geschichte werfen. Wir gehen hier auf die beiden zentralen Kräfte, die Stalinisten und die Anarchisten, ein. Der Einfachheit halber verzichten wir auf eine Darstellung der weiteren Parteien, wie Sozialdemokratie und der POUM, welche in trotzkistischer Tradition stand. Eine vollständige Erfassung der Ereignisse müsste eine Beurteilung dieser Kräfte natürlich beinhalten.

Der Stalinismus

Keine Frage: die Stalinisten trugen die Hauptschuld an der blutigen Niederlage des spanischen Widerstands! Sie erwiesen sich nicht nur als unwillig, den Widerstand und die Selbstorganisation der Arbeiter_innen und der Bauernschaft zu unterstützen, sondern sie avancierten zu dem größten Hindernis, ja den schärfsten Gegnern eben dieser Selbstorganisation. Hindergrund dafür bildet die Außenpolitik der Sowjetunion unter Stalin. Stalin hatte nach den Moskauer Prozessen (alle echten oder vermeintlichen innerparteilichen Gegner, die noch übrig geblieben waren, wurden hingemetzelt) Anfang der 1930er Jahre seine uneingeschränkte Macht gesichert. Er und die Bürokratie, mittels deren er herrschte, hatten kein Interesse an einer Ausweitung der Revolution, schon gar nicht wenn sie auf Machtorganen der Arbeiterklasse basierte. Stalin war vielmehr daran interessiert, einen Kuhhandel mit England und Frankreich einzugehen, um seine Stellung zu sichern. Dafür opferte er das spanische Proletariat auf dem Altar.

Um das Bündnis mit Frankreich und England zu suchen, musste die spanische Revolution im bürgerlichen Rahmen bleiben. Deshalb griffen Stalin und seine Konsorten zu einer Form der  Etappentheorie und erklärten, dass der Widerstand nicht gegen den Kapitalismus und für den Sozialismus gerichtet sein müsse, sondern gegen den Faschismus und für die bürgerliche Republik. Der Kampf für den Sozialismus stand nicht auf der Tagesordnung, wurde „nach hinten geschoben“, in eine ferne Zukunft. So kam es, dass die spanischen Stalinisten, welche sich Kommunisten schimpften, zu eisernen Verteidigern des Kapitalismus wurden!

Diese Politik fand ihre Ausprägung in der so genannten Volksfront („frente popular“), d.h. ein Bündnis mit den „demokratischen“ Sektoren der Bourgeoisie gegen den Faschismus. Dafür wurde die Losung der sozialistischen Revolution geopfert. In Spanien waren die Stalinisten in der PCE (Partido Communista de Espana) organisiert und über die Kommunistische Internationale aus Moskau dirigiert. Sie traten in die Volksfrontregierung zusammen mit den Republikanern und den Sozialdemokraten (der PSOE, Partido Socialista obrero de Espana) ein. Dort vertraten sie ein linksbürgerliches Wischiwaschi-Programm. Sämtliche Forderungen nach Arbeiter_innenkontrolle waren verschwunden. Sogar auf die Landreform, auf die Aufteilung des Grund und Bodens unter den Bauern wurde verzichtet. Lediglich Großgrundbesitzer, die offen mit den Faschisten kollaborierten, wurden enteignet. Das hatten sie aber gar nicht nötig, denn die Regierung mit der PCE stellte die Verteidigung ihres Besitzes gegen aufständische Bauern und Arbeiter_innen mit militärischer Gewalt sicher. Auch die koloniale Unterdrückung von Marokko wurde befürwortet!

So verhinderten die Stalinisten an vorderster Front den Widerstand der Arbeiter_innen, indem sie sie aufforderten, die Barrikaden zu räumen, ihre Waffen abzugeben und sich der bürgerlichen Polizei und Armee sowie der Regierung unterzuordnen. Durch diese Sabotage in den eigenen Reihen und die Demobilisierung wurde der Sieg der Faschisten erst möglich. Nachdem diese gewonnen hatten, wanden sich die einstigen Verbündeten der Stalinisten gegen sie. Sie hatten eine nützliche Rolle bei dem Sieg der Konterrevolution gespielt, jetzt konnte man sich ihnen entledigen. Und so kamen auch Tausende Stalinisten unters Messer. Demo Original aus Moskau konnte das jedoch egal sein. Die Schuld wurde dem republikanischen General Miaja gegeben, welcher desertiert hatte.

Der Anarchismus

Anders war die Lage bei den Anarchisten. Der Anarchismus war in Spanien traditionell stark verankert, da bei dem Konflikt innerhalb der 1.Internationale zwischen Anarchisten (Bakunin) und den Kommunisten (Marx) die spanische Sektion mehrheitlich auf Seite der Anarchisten stand. Sie hatten einen führenden Einfluss innerhalb der Arbeiterbewegung. Organisiert waren sie während des Bürgerkrieges in der anarcho-syndikalistischen Gewerkschaft CNT (Comité Nacional del Trabajo) sowie der FAI (Federación Anarquista Iberiqua), welche innerhalb der CNT agierte und die eigentliche ideologische Führung war.

Im Gegensatz zu den Stalinisten befürworteten die Anarchisten die Massenaktionen der Arbeiter_innen und die Schaffung ihrer eigenen Komitees und Räte. Doch die Realität des Klassenkampfes hat sie sozusagen rechts überholt. Der Anarchismus lehnt im Gegensatz zum Marxismus jede Art von Machtausübung ab. Das führte zu dem Paradoxon, dass obwohl die Macht praktisch in den Händen der Arbeiter_innenkomitees war, diese sich unter der Führung der Anarchisten weigerten, sie zu ergreifen und auszuüben. Fabriken und landwirtschaftliche Betriebe wurden zwar zu Kollektiven zusammengeschlossen, aber der nächst logische Schritt, eine Koordination dieser und die Aufstellung eines nationalen Plans zur Produktion, der Aufbau einer demokratischen Planwirtschaft, wurde von den Anarchisten ausdrücklich abgelehnt! Sie arbeiteten im Rahmen der kapitalistischen Wirtschaft weiter.

Daraus ergab sich eine Doppelmachtsituation: wer bestimmt über die Produktion? Die Anarchist_innen glaubten, diese einfach damit zu lösen, dass die Kollektive für sich produzierten und es immer mehr Kollektive geben würde. Doch die Reaktion schläft nicht, und jede Doppelmachtsituation muss letztendlich für die eine oder andere Seite entschieden werden. Da diese Macht, gestützt auf die Arbeiterklasse, nicht genutzt wurde, um den Kapitalismus zu zerschlagen und zu ersetzen, war es letztendlich Franco, der die Situation genutzt hat.

Die CNT scheute den Konflikt mit der Regierung. Letztendlich forderte auch sie die Arbeiter_innen
dazu auf, ihre Waffen niederzulegen.

Lehren für heute

Warum stellen wir ausgerechnet diese beiden Strömungen, Stalinismus und Anarchismus dar? Zum einen spielten beide eine zentrale Rolle bei der Niederlage der Revolution. Zum anderen haben diese Ideologien auch heute noch bzw. wieder einen wichtigen Einfluss in der antifaschistischen Bewegung.

Wir stellen der Politik der Volksfront die Politik der Einheitsfront entgegen. Das heißt ein Bündnis zwischen allen Strömungen der Arbeiterbewegung, jedoch nicht mit offen prokapitalistischen Parteien. Dieses Bündnis muss geeint in der Aktion gegen die Faschisten sein, darf sich aber nicht der bürgerlichen Ideologie der Verteidigung des Kapitalismus unterordnen. Wir werden innerhalb dieses Bündnisses für eine revolutionäre Politik agitieren, da der Faschismus eine Ausdrucksform des Kapitalismus ist und letztendlich nur durch seinen Sturz besiegt werden kann.

In der Herangehensweise vieler antifaschistischer Aktivist_innen findet sich auch heute wieder unbewusst die Volksfront wieder: „Ja, wir sind ja auch für die Revolution, aber gegen die Faschisten stehen wir erst mal alle zusammen, das ist unser oberstes Ziel, und danach kämpfen wir gegen den Kapitalismus.“ Der spanische Bürgerkrieg und seine blutige Niederlage hält uns vor Augen, wohin eine solche Politik führen kann und führen wird.

Der Kampf gegen den Faschismus ist untrennbar verbunden mit dem Kampf gegen den Kapitalismus!

Einheitsfront statt Volksfront!