Revolutionäre Jugendinternationale – Welche Organisation braucht die Jugend?

zweite Internationale#1

Sozialistenkongress – 1907 in Stuttgart

Vor etwas mehr als 100 Jahren wurde die erste internationale revolutionäre Jugendorganisation gegründet. Im August 1907 versammelten sich 21 Delegierte – junge Revolutionäre und Revolutionärinnen – aus 13 Staaten auf dem „Internationalen Sozialistenkongress“ in Stuttgart. Das war die Geburtsstunde der Sozialistischen Jugendinternationale. Am Ende des Jahres 1907 repräsentierte sie mehr als 60.000 Jugendliche.

Schon Ende des 19. Jahrhunderts hatten sich wiederholt starke sozialistische Jugendorganisationen – besonders in Skandinavien, in Belgien und den Niederlanden – gebildet. Doch diese ersten Erfahrungen und Entwicklungen waren noch nicht konstant genug, um eine internationale Koordinierung aufzubauen.

Liebknecht#1

Karl Liebknecht

Die Gründungsmitglieder der Jugendinternationale, um ihren ersten Sekretär Karl Liebknecht, sahen jedoch klar die Notwendigkeit einer internationalen revolutionären Jugendorganisation. Sie ergab sich aus der Stellung der Jugend, ihrer speziellen Unterdrückung und dem internationalen Charakter des Imperialismus. Die Jugend, damals wie heute, war nicht nur besonders stark ausgebeutet in der Produktion, hatte nur selten Zugang zu Bildungseinrichtungen und kaum politische Rechte. Die Jugendlichen sollten auch die Ersten sein, die in dem imperialistischen Krieg von 1914-1918 an den Fronten des Ersten Weltkrieges für die Interessen „ihrer“ imperialistischen Nationen sterben sollten. Daher war, neben dem Kampf für Bildung und Jugendschutz, vor allem der revolutionäre Antimilitarismus die Grundlage der sozialistischen Jugendinternationale von 1907.

Doch in vielen europäischen Staaten musste sich die Jugend innerhalb der sozialistischen Bewegung selbst das Recht auf eigene Organe und Vertretungen erkämpfen. Der reformistische Flügel in der Zweiten Internationale, der sich auf eine entstehende Schicht von GewerkschaftsbürokratInnen, ParlamentarierInnen und hohe ParteifunktionärInnen stützte, fürchtete sich vor der revolutionären Dynamik unabhängiger Jugendverbände. Der Kampf für die organisatorische Unabhängigkeit der Jugend war also von Beginn an auch ein Kampf des linken, revolutionären Flügels der Arbeiterbewegung.

So beobachtete Lenin 1916, als sich die Konflikte unter den Eindrücken des Krieges weiter verschärften: „Es kommt oft vor, dass Vertreter der Generation der Erwachsenen und Alten es nicht verstehen, in richtiger Weise an die Jugend heranzutreten, die sich zwangsläufig auf anderen Wegen dem Sozialismus nähert, nicht auf dem Wege, nicht in der Form, nicht in der Situation wie ihre Väter. Das ist einer der Gründe, warum wir unbedingt für die organisatorische Selbständigkeit des Jugendverbandes eintreten, nicht nur deshalb, weil die Opportunisten diese Selbständigkeit fürchten, sondern auch dem Wesen der Sache nach. Denn ohne vollständige Selbständigkeit wird die Jugend nicht imstande sein, sich zu guten Sozialisten zu entwickeln und sich darauf vorzubereiten, den Sozialismus vorwärts zu führen.“

Der herannahende Krieg

erster Weltkrieg#1Bereits 1907 waren die Vorzeichen des ersten imperialistischen Weltkrieges zu erkennen. Alle Staaten vergrößerten ihre Tötungsmaschinerie, neue Technologien wie Luftwaffe und C-Waffen wurden entwickelt. Die stehenden Heere wurden vergrößert. Eine Welle des nationalen Chauvinismus ging durch die Völker Europas. Jede Kolonialfrage, d.h. die Unterdrückung anderer Länder und Kontinente, wurde als Existenzfrage der „eigenen Nation“ diskutiert. Die bürgerliche Intelligenz, Pfaffen, Adligen wie Großkapitalisten bemühten sich, diese Welle des Rassismus und reaktionärem Nationalismus zu verbreiten, um den Krieg vorzubereiten.

Wichtige Adressat_innen dieser Ideologien waren auch die Arbeiter_innen und die Jugend, also jene, die von den Herrschenden, von Monarchie und Bourgeoisie, in den Krieg geschickt werden sollten. So sollte der internationalistische Widerstand gegen Krise, Verarmung und Krieg auf den Amboss der kapitalistischen Nation gelegt werden. Die Gewerkschaftsbürokrat_innen und die reformistischen Führer_innen der Zweiten Internationale, allen voran die SPD, ergriffen schließlich den dazugehörigen Hammer, um ihn gegen die revolutionäre Arbeiterbewegung zu schwingen. Dem unsicheren Ausgang der proletarischen Revolution zogen sie die vermeintliche Sicherheit des imperialistischen Gemetzels vor.

Jugendinternationale#1

Mit der Zeitschrift „Jugendinternationale“ agitierten die Revolutionär*innen gegen den Krieg.

Wo die offiziellen Führer_innen versagten, war es die proletarische Jugend, die am entschlossensten gegen den Militarismus vorging. Mehr und mehr traten nicht für ihr „Vaterland“ ein, sondern für das Endes Krieges und das Ende der sogenannten „Burgfriedenspolitik“, also das Aussetzen jeder Klassenaktion, um die Kriegsanstrengungen des „eigenen“ Landes nicht zu gefährden. Die Jugend erkannte zunehmend, dass die Niederlage im Krieg allemal das kleinere Übel war als der fortgesetzte Klassenfrieden. Sie warben für politische Streiks, die Sabotage der Kriegsindustrie, den Massenstreik gegen den Krieg. Die Aktion der Arbeiter_innen und der Jugend sollte in einen revolutionären Sieg – wie in Russland 1917 – umgewandelt werden.

Nur durch den proletarischen Kampf, so die Jugendinternationale, konnten Millionen junger Männer vor dem imperialistischen Massaker geschützt werden. Der reformistische Teil der Sozialdemokratie hingegen trat für „Abrüstung“ und „Pazifismus“ ein, nur um in der entscheidenden Stunde, die Kriegskredite für die weitere Aufrüstung zu unterstützen und zur „Vaterlandsverteidigung“ aufzurufen. Ihr bürgerlicher Pazifismus, der vor allem die revolutionäre Gewalt fürchtete, wurde in der Stunde der Not zum bürgerlichen Militarismus, der die reaktionäre Gewalt heiligte.

Die sozialistischen Jugendverbände argumentierten dafür die Waffen gegen die Herrschenden zu richten, um den Krieg zu beenden. Die Reformisten argumentierten dafür, die Waffen auf die Arbeiter_innen der anderen Länder zu richten. Einen Zwischenweg konnte es nicht geben.

Die internationale Solidarität war daher für die Jugendinternationale keine Phrase, sondern eine Praxis im Klassenkampf, die den jungen Genossinnen und Genossen vermittelt werden sollte. So sagte Liebknecht auf dem zweiten Kongress der JI, dass „die Erziehung der Jugend in diesem Geiste, […] eine der wichtigsten Aufgaben des kämpfenden Proletariats, und die selbständige proletarische Jugendbewegung […] das wirksamste Mittel zu dieser Erziehung“ sei.

Die Jugendorganisationen wollten also der Jugend den Sozialismus vermitteln. Ihre Kämpfe um demokratische Rechte, Bildung und Jugendschutz sollten mit den Kämpfen des Proletariats zusammengeführt werden. Nur mit einem revolutionären Programm, Seite an Seite mit der Arbeiterklasse, war diese Auseinandersetzung denkbar. Nur so war der Widerstand gegen die Kapitalist_innen und ihren Staat möglich.

Die Reaktion der herrschenden Eliten war eine weitere Verstärkung der Repression. So war es Jugendlichen unter 18 Jahren ab 1908 im deutschen Kaiserreich untersagt, sich politisch zu betätigen, auf Demonstrationen zu gehen oder an Versammlungen teilzunehmen. Der Kampf um die Jugend durch die Jugendorganisationen (in Deutschland FJO- Freie Jugendorganisation) fand illegal statt. Die bürgerlich-reaktionäre Ordnung wollte, noch weniger als die Reformist_innen, keine selbständigen Jugendverbände. Für sie war die Jugend Befehlsempfänger, billige Arbeitskraft und künftiges Kanonenfutter – und sollte es gefälligst auch bleiben.

Sozialdemokratische Verräter und revolutionäre Jugend

erster Weltkrieg#2

Beginn des ersten Weltkrieges: Noch herrscht Euphorie und die rechte Sozialdemokratie tut alles, um ihr „Vaterland“ zu verteidigen. Doch die linke Jugend, wehrt sich gegen diesen Verrat!

1914, mit dem Beginn des zweiten Weltkrieges, verrieten die Führer Zweiten Internationale alles, wofür die Arbeiterbewegung bisher gekämpft hatte. Mit der Einberufung von Millionen
Proletarier_innen und Jugendlicher in den imperialistischen Krieg wurden auch die sozialistischen Jugendorganisationen vor die alles entscheidende Frage der Zeit gestellt: Sozialchauvinismus der Rechten oder revolutionärer Internationalismus der Linken?

So erschienen während des Krieges 15 Ausgaben der Zeitung „Jugend-Internationale“. In ihr nahmen die jungen Revolutionär_innen entschieden Stellung gegen den Verrat der „Vaterlandsverteidiger“ in den Arbeiterparteien. Die Jugend hatte die „internationale Solidarität“ anders gelernt und verstanden. Ihre Konsequenz, war der Bruch mit der Zweiten Internationale. Große Teile der Aktivist_innen wurden 1919 Gründungsmitglieder der Kommunistischen Internationale. In Deutschland war die Jugend ein großer Teil des Spartakusbundes und der später gegründeten KPD, in Russland lag der Altersdurchschnitt der Bolschewiki bei Anfang 20.

Es war also die Jugend und ihre Entschlossenheit mit dem Reformismus zu brechen, sowohl politisch, als auch organisatorisch, die den Grundstein für neue revolutionäre Parteien in ganz Europa legte. So schrieb auch Lenin in der „Jugend-Internationale, dass „bei dieser Sachlage in Europa […] der Verbindung sozialistischer Jugendorganisationen die gewaltige und dankbare – dafür aber auch schwerere – Aufgabe des Kampfes für den revolutionären Internationalismus, für den wahren Sozialismus, gegen den herrschenden Opportunismus, der sich auf die Seite der imperialistischen Bourgeoisie geschlagen hat“ zufalle. Die Spaltung von den alten Mutterparteien, schwächte also den Reformismus, stärkte aber gleichzeitig die revolutionäre Bewegung!

Krise, Armut, Krieg – altes Elend, neue Jugendinternationale!

DEU Demonstrationen 1.Mai

REVOLUTION-Block auf einer ersten Maidemonstration

Das imperialistische Staaten Jugendliche zum Militär einziehen, in den Krieg schicken, um dort ihre Lebensgrundlage und Zukunft vernichten, ist auch heute noch so. Eine der tiefsten Krisen des Kapitalismus bereitet eine neue gesellschaftliche Katastrophe vor. Das was für eine sozialistische Gesellschaft zu einer Errungenschaft werden würde, wird für den Kapitalismus zum Krisenauslöser – nämlich, dass er „zu viel“, „zu effektiv“ produziert. Die Lösung der Kapitalist_innen der einzelnen Nationen ist es also… möglichst viel, möglichst effektiv zu zerstören. Begonnen wird natürlich bei den sozialen Errungenschaften der Arbeiter_innenbewegung. Gesundheitssysteme, Renten, Bildungseinrichtungen, Arbeitsrechte, Löhne, allem, wofür wir für Jahrzehnte gekämpft haben, wird durch den die Angriffe der Kapitalist_innen in Kürze vernichtet. All das ist Ausdruck dafür, dass der Kapitalismus sich überlebt hat.

  • Während die internationale Umweltkatastrophe voranschreitet, die zu einer ernsten Bedrohung für die Menschheit wird, retten die kapitalistischen Staaten das Bank- und Industriekapital – auf Kosten der Lohnabhängigen.
  • Während von der Sicherheit der Weltbevölkerung geredet wird, stürzt der „Krieg gegen den Terror“ immer breitere Teile der Welt in Krieg und Elend, öffnet auch in den „demokratischen Nationen“ Tür und Tor für… einen Krieg gegen die Arbeiter_innenbewegung.
  • Doch Demokratie lässt sich auch ohne Terror vernichten. Das zeigen die Kapitalist_innen anschaulich in Europa, wo ein Technokratenregime – notfalls auch Faschisten, wie die Chrysi Avgi in Griechenland – nach dem Anderen durch EZB, EU-Bürokratie und IWF an die Macht gehievt werden.
  • Während die Regierungen der imperialistischen Nationen von Abrüstung reden und über Schurkenstaaten wie den Iran oder Nordkorea krakeelen, wird hinter den Kulissen aufgerüstet. Die Armeen der unterschiedlichen Nationen werden zur Aufstandsbekämpfung mobilisiert, die USA versuchen verzweifelt mit Kriegen wie im Irak oder in Afghanistan ihre militärische Machtposition zu halten, während Nationen wie China oder Deutschland versuchen einen neuen Anlauf auf die „Neuaufteilung der Welt“ zu nehmen, indem sie „ihren“ Kontinent unterwerfen, um sich danach an die Unterwerfung der Welt zu machen.

jugend#2Die Jugend ist und wird an vorderster Stelle von dieser Katastrophe betroffen sein. Doch wir stehen auch an vorderster Stelle in dem Kampf, diese Katastrophe abzuwenden. Diktatoren wie Ben Ali, Gaddafi oder Mubarak wurden durch die Aufopferungsbereitschaft von uns Jugendlichen gestürzt. Bei den Generalstreiks in Südeuropa standen wir in den ersten Reihen des Widerstands, überall auf der Welt waren die Bildungsproteste der letzten Jahre auch ein Vorbild für radikalere Streikaktionen von Arbeiter_innen.

Wir, von der unabhängigen internationalen Jugendorganisation REVOLUTION, wollen diese internationalen Kämpfe der Jugend zusammen führen. Heute ist der Kampf für eine kommunistische Jugendinternationale dringender denn je. Nach dem Vorbild von 1907 wollen wir die Jugend gegen Imperialismus und Krieg zusammenbringen, wollen gegen die verbreiteten libertären und reformistischen Ideologien unter der Jugend ankämpfen. Die Erfahrungen der letzten Krisenjahre zeigen diese Notwendigkeit mit aller Schärfe.

In Griechenland erleben wir eine lang anhaltende revolutionäre Krisenperiode, die die Frage der Machtergreifung der Arbeiterklasse auf die Tagesordnung stellt. Doch vor die Perspektive, der Bildung einer Arbeiterregierung gestellt, schrecken die reformistischen Führer_innen von SYRIZA (wie auch die KKE und Antarsya) zurück. Die einen hoffen auf eine Regierung der nationalen Rettung, die anderen weigern sich für eine Regierung der Arbeiterorganisationen, gestützt auf ein Programm, das mit dem Kapitalismus bricht, zu kämpfen. So lähmen sie die Kräfte der Lohnabhängigen und überlassen die Offensive den Imperialisten, der griechischen Regierung und den Faschisten.

In Frankreich war die „Parti de Gauche“, die Schwesterpartei der LINKEN, euphorisch, als französische Truppen Ende letzten Jahres in Mali landeten, um nach den Worten des sozialdemokratischen Präsidenten Hollandes für die Demokratie zu kämpfen – heißt für das Recht der französischen Kapitalist_innen, weiter die Rohstoffe in Mali auszubeuten. Doch der beste Ausdruck für den Verrat des Reformismus ist, wie bereits 1914, die Politik der SPD, die bürokratische Führung der Gewerkschaften, der die Linkspartei keine grundsätzliche Alternative zu bieten vermag.

Während die ersten beiden sich offen zum deutschen Imperialismus bekennen – so stellte sich Anfang diesen Jahres der DGB-Vorsitzende Sommer hinter die Bundeswehr und Ende letzten Jahres der IGM-Vorsitzende Huber gegen den Widerstand der spanischen Arbeiterbewegung – glänzt die Linkspartei dadurch, dass sie sich von links an die rechte Politik der SPD heranschleichen will. Anstatt ein klares antikapitalistisches Programm aufzustellen und den europaweiten Widerstand nicht nur auf Sonntagsreden zu predigen, sondern zu organisieren, verwaltet sie lieber den kapitalistischen Alltag mit. Dafür wurde sie auch, genau wie die SPD nach der Agenda 2010, auf Landes-, wie auf Bundesebene abgestraft.

Wollen wir eine revolutionäre Alternative dazu aufstellen, müssen wir für die Schaffung einer neuen Jugendinternationale eintreten. Alle Jugendorganisationen, alle Jugendlichen müssen mit den Organisationen der Sozialdemokratie brechen, wollen sie wirklich für eine revolutionäre Politik kämpfen. So kann, auch ein Vorbild für die klassenkämpferischen Arbeiter_innen geschaffen werden, die noch innerhalb dieser Parteien verweilen.

jugend#1

Widerstand braucht Jugend. Jugend braucht Organisation. Organisiere dich mit REVOLUTION für den Aufbau einer neuen Jugendinternationale!

Aber auch alle Jugendorganisationen, alle Jugendlichen, die sich bereits außerhalb dieser Organisationen befinden, können nicht darauf hoffen „nur auf lokaler Ebene“ oder in „autonomer Manier“ den Widerstand zu organisieren. Alle diejenigen, die wirklich für ein revolutionäres Programm kämpfen wollen, die fordern wir dazu auf, für die gemeinsame Aktion, für gemeinsame Absprachen, für eine neue kommunistische Jugendorganisation, eine revolutionäre Jugendinternationale mit uns zu kämpfen!

Ein Artikel von Tobi Hansen und Georg Ismael, REVOLUTION Berlin




Vor 95 Jahren: Oktoberrevolution

Warum kam es im November 1917 zur Sozialistischen Revolution in Russland?

 

Der Imperialismus hatte sich rasant entwickelt und konnte seine eigens geschaffenen Probleme nicht mehr bewältigen. In Europa herrschte Krieg, es gab große Hungersnöte, die Landarmut sowie die allgemeine Rückständigkeit trieben die Menschen ins Elend. Es gab also keinen anderen Ausweg als den Sturz der Schuldigen, nämlich der ausbeutenden Klasse durch die ArbeiterInnen und Bauernschaft. Ihr erklärtes Ziel war die Ergreifung der Staatsmacht.

So bildeten sich in der Februarrevolution, welche den Zaren stürzte und ein bürgerliches Parlament einführte,die ersten Räte, die so genannten Sowjets, in den Fabriken, aus Streikkomitees und in der Armee. Sie boten Raum für Diskussionen und bildeten Aktionseinheiten der ArbeiterInnen, Soldaten und der Dorfarmut. Des weiteren waren sie mit bewaffneten Milizen verbunden. Diese Selbstorganisation der Massen in ihren eigenen Machtorganen bildete einen ersten Gegenpol zu der jungen bürgerlichen Regierung unter Kerenski und stellte somit die Frage, welche Klasse herrschen sollte, auf die Tagesordnung.

Arbeiter_innen und Soldaten auf einer Demonstration im Oktober 1917

Die Macht der bürgerlichen Regierung schwand immer mehr, denn sie war nicht im Stande auch nur eines der Probleme der russischen Bevölkerung zu lösen. Währenddessen gewannen die Bolschewiki, aufgrund eines klaren Programms zur Erringung der Arbeitermacht, immer mehr an Einfluss in den Sowjets und wurden schließlich die dominierende Kraft. Entgegen der stalinistischen Theorie, nach der eine Revolution in zwei Etappen stattfinden solle, bewies die Russische Revolution, dass es sehr wohl möglich und absolut notwendig ist, die Revolution nach dem Sieg der demokratischen Phase (Februarrvolution) weiter zu treiben und in eine sozialistische Revolution umzuwandeln (Oktoberrevolution). Nur so kann der alte Staatsapparat zerschlagen und die Arbeiterklasse an die Macht gebracht werden.

Jedoch war ihnen ebenfalls klar, dass es Sozialismus in einem Land niemals geben könne und ihre Revolution nur der Beginn eines internationalen Prozesses sein kann. Der Grund, warum es jedoch zu einer Degeneration der Sowjetunion kam, lag in Stalins Ausnutzung der bürokratischen Tendenzen nach dem Bürgerkrieg mit denen er ein bürokratischen Parteiregime errichtete und in wenigen Jahren jegliche Form von proletarischer Rätedemokratie abschaffte. Seine Ideologischen Ideen vom Sozialismus in einem Land, der Sozialfaschismustheorie usw. taten ihre übrige verheerende Wirkung. Unter dem Vorwand die isolierte Sowjetmacht zu „schützen“, warf Stalin jegliche Prinzipien proletarischer Politik über Bord und kooperierte mit den Imperialisten, in der Hoffnung nicht von ihnen angegriffen zu werden er versicherte dafür, die sozialistische Revolution nicht weiter international voranzutreiben. Schlussendlich übernahm eine Gruppe von Bürokraten die Macht und führte die Sowjetunion, sowie die weltweite Arbeiterklasse in eine historische Niederlage.

Doch was bleibt uns erhalten aus dieser Revolution?

Die Räte waren eine vollkommen neue und von Grund auf demokratische Struktur in der Gesellschaft. Sie vereinten den Teil der Gesellschaft, der ihr Überleben sicherte, der die Nahrungsmittel schuf und die Häuser baute, das Proletariat. Da dies sich durch die bürgerliche Regierung nicht vertreten sah, baute es seine eigene Machtstruktur auf, die zu erst als Kontrollorgan über die Kapitalisten und die Regierung dienen sollte. Als sich jedoch im Laufe der Krise die Interessen der Klassen immer stärker von einander unterschieden, drängten die Sowjets immer mehr zur Übernahme der Staatsmacht, was ihnen durch die politische Führung der Bolschewiki und der Formierung in revolutionäre Machtorgane gelang.

Hätten sich Lenin und seine Partei an der Regierung beteiligt, und sich auf einen Kompromiss mit der Bourgeoisie eingelassen, anstatt auf die Kraft des revolutionären Proletariats zu setzen, wären sie eine Minderheit geblieben und hätten ihre politischen Ziele niemals umsetzen können.

Lenin ruft die Rätemacht aus

Die Bolschewiki waren eine Partei, innerhalb derer es Demokratie und die Möglichkeit der offenen Debatte gegeben hatte, deren Ziel das gemeinsame revolutionäre Handeln war. Was die Bolschewiki auszeichnete war der gnadenlose Kampf gegen die Bourgeoisie und den Reformismus, die Kompromisslosigkeit gegenüber nichtrevolutionären Kräften und die Enge Verbindung zu den Massen, ohne sich opportunistisch anzupassen. Es war vor allem Lenins Kampf für die Schaffung einer revolutionären Kaderpartei der Arbeiterklasse, der aus den Bolschewiki eine Organisation machte, die die Aufgabe der Revolution bewältigen konnte.

Und genau das ist es, was uns heute fehlt, warum die revolutionären Situationen, die gerade jetzt zu Zeiten der Krise überall entflammen, nicht erfolgreich zum Sieg gebracht werden: Eine revolutionäre Partei, die sich auf Räte und Selbstorganisation der unterdrückten Massen stützt und durch einen Kampf mit einem revolutionären Programm die Fähigkeit besitzt große Teile der Massen eine Perspektive zu bieten und für sich zu gewinnen.. Es ist nicht so, dass es keine Selbstorganisation gäbe, man schaue nur einmal nach Griechenland, wo ganze Stadtviertel von der Bevölkerung selbst verwaltet sind. Aber diese Komitees alleine können keine Sieg gegen den bürgerlichen Staat und seinen Repressionsapparat erringen. Es braucht eine revolutionäre Partei, die die Kämpfe vereint, die die richtigen Lehren aus der Geschichte zieht und somit die internationale sozialistische Revolution zum Sieg führt.

Wir sind der Meinung, dass nur dadurch der Kapitalismus überwunden werden kann und rufen deshalb zur Schaffung einer revolutionären Arbeiterpartei und einer neuen, 5.Internationalen auf!

Ein Artikel von Svenja Spunk, REVOLUTION-Berlin




Göppingen: REVOLUTION Flyer gegen den Naziaufmarsch

Wir veröffentlichen hier den Flyer von REVOLUTION und ARBEITERMACHT den wir am Wochenende auf den Blockaden gegen den Naziaufmarsch in Göppingen verteilt haben.

Die Nazis, oder alter Wein in neuen Schläuchen

Der Naziaufmarsch am 06.10. wird unter dem Motto „Ausbeutung stoppen, Kapitalismus zerschlagen“ angekündigt – eine Provokation für alle AntifaschistInnen. Die NPD ist den Jungnazis etwas zu bieder also macht man das was schon die Alt-Nazis super konnten… Kopieren.

Heute wird die Aktionsform „schwarzer Block“ mit allem was dazugehört kopiert. Vor 30 Jahren wurde der Skinhead-Stil okkupiert, heute ist es Metal und Techno. Sogar vor Rap wird nicht zurückgeschreckt. Jede Subkultur die als rebellisch gilt ist gut geeignet, nicht nur um modern zu sein, sondern um den Eindruck zu erwecken man wäre wirklich radikal und gegen das System.

Dass die Faschisten nicht gegen den Kapitalismus sind, zeigt ein Blick in die Geschichte. Die SA, der Ausdruck des verzweifelten Kleinbürgertums und deklassierter Schichten der Arbeiterklasse, gab vor für eine (nationale) Revolution zu arbeiten. Das Image – Arbeiterpartei wurde für die NSDAP entlehnt. Die rote Fahne…verunstaltet durch das Hakenkreuz. Es wurde mittels Verzerrungen gehetzt, der Mythos vom schaffenden (deutschen) und raffenden (jüdischen) Kapital kommt in die Welt.

Faschisten stellen sich als revolutionär dar

In Wirklichkeit wurde das Kapital dann doch nicht enteignet, dafür aber die Streikkasse der Gewerkschaften. Das heilige bürgerliche Privateigentum an den Produktionsmitteln blieb unangetastet, dafür wurden die Gewerkschaften zerschlagen und die Arbeiterparteien verboten. Das deutsche Kapital bringt Hitler (ehemals V-Mann) an die Macht, Hitler bringt als Dank tausende RevolutionärInnen und AntifaschistInnen jeglicher Couleur ins „Umerziehungslager“ später ins KZ.

Knast, Folter, Tod.

Hier zeigen sich Parallelen zur Gegenwart. Das Kapital baut mittels seines Staates und ihren ungezählten V-Menschen in der NPD, in deren Hintergrund sich mit freundlicher Hilfe des Verfassungsschutzes auch eine terroristischere Variante, die NSU bildet. (Auch Hitler hatte den Auftrag eine Partei zu schaffen die die rechtesten Elemente sammelt.) Die Aufklärung des bürgerlichen Staates sieht so aus…abstreiten, lügen, Akten schreddern die etwas beweisen könnten.

Die Nazis greifen am 1. Mai in Dortmund Busse der Gewerkschaft an und mit Horst Thomas Baumann spricht am 06.10. in Göppingen ein Nazi, bei dem 22 Kilo bombenfähiges Material und Anschlagspläne auf ein Gewerkschaftshaus gefunden wurden, der aber aufgrund der Klassenjustiz freigesprochen wurde. In Riegel wird ein Antifaschist gezielt mit dem Auto überfahren, der Schuldige, kein Unbekannter in der Nazi-Szene, wird freigesprochen. Antifaschisten die sich wehren werden wegen Kleinigkeiten mit Prozessen überzogen, gekesselt wie in Heilbronn oder von der Straße geknüppelt wie in Stuttgart. Ein Antifa sitzt wegen einer Fahnenstange ein, ein Mord-versuch – mit eben dieser Fahnenstange – wird herbei phantasiert. In Winterbach jagt ein Nazi-Mob

eine Gruppe Migranten, diese versuchen sich in eine Gartenhütte zu retten. Der Nazi-Mob zündet die Hütte an, wie durch ein Wunder überleben die Migranten. Die Strafen die die Nazis bekommen – ein schlechter Witz.

Was zeigt uns das?

Erstens Nazis geben vor revolutionär zu sein, sie tun aber alles, um die einzig revolutionäre Klasse – die Arbeiterklasse – politisch zu zerschlagen. Zweitens es gibt keinen neutralen Staat, die vermeint-liche Demokratie ist nichts weiter als eine verhüllte Diktatur des Kapitals.

Es wird schon jetzt im Hintergrund daran gearbeitet, wieder einen Rammbock gegen revolutionäre Erhebungen zu haben, nichts anders sind die Faschisten für das Kapital. Ein letztes Mittel mit aller Kraft an der Macht zu bleiben. Das ist alles was dahinter steckt, kaum ein Kapitalist glaubt(e) wirklich an die Nazi-Ideologie, sie war nur gerade gut geeignet, um die Massen einzulullen und von der Idee der Revolution abzubringen.

Und die Arbeiterbewegung?

Die Passivität und damit Unattraktivität der reformistischen Arbeiterbewegung heute, das Mit-machen der Gewerkschaftsführungen beim Sozialabbau, die Zustimmung zu Leiharbeit und zum Fiskalpakt, die fehlende Solidarität gegenüber den vom deutschen Imperialismus ökonomisch verwüsteten Ländern wie Griechenland, Portugal etc. sind es, die Jugendliche und Teile der Lohnabhängigen abstößt, weil sie sich nicht mehr von ihren Organisationen vertreten fühlen. Dabei ist es die verschärfte kapitalistische Krise, die zu Verelendung, Arbeitslosigkeit, Sozialabbau führt.

Während die Nazis demagogisch nicht-deutsche Unternehmer und MigrantInnen als „böse“ hinstellen, sind nach ihrer Logik der Mittelstand, die „deutsche Qualitäts-Arbeit“ und die deutschen ArbeiterInnen „gut“. Demgegenüber bemühen sich die Führungen der Gewerkschaften, der SPD und oft auch der LINKEN um den Schulterschluss mit den Kapitalisten für „Konkurrenzfähigkeit“ und „Standortsicherung“ und festigen so gerade jenen Nationalismus, den die Rechten dann mit brutaler Gewalt auf die Straße bringen. Damit muss Schluss sein! Klassenkampf statt Sozialpartnerschaft! Internationalismus statt Vaterland!

Antifaschistischer Demonstrationszug durch Dresden

Aktionseinheit!

Gegen solche Aufmärsche brauchen wir die Einheit in der Aktion aller Linken, der Arbeiter-bewegung und der MigrantInnen und ihrer Organisationen – trotz unterschiedlicher Analysen des Faschismus und seiner Ursachen. Aber es muss eine Einheit in der Aktion sein! Hier gibt es am 06.10. ein „breites Bündnis“. Das Bündnis „Kreis Göppingen nazifrei“ und zahlreiche antifaschistische Organisationen haben Gegenkundgebungen angekündigt. Während die Antifa´s richtigerweise auf Blockaden setzen gibt es andere die das ganze nur benutzen um Antifaschismus vorzugaukeln. Es kann nur davor gewarnt werden auf Bündnispartner aus dem bürgerlichen und kleinbürgerlichen Spektrum zu vertrauen. Ihr Antifaschismus beschränkt sich lediglich auf Worte. Den die Führungen geben sich links aber ihre Praxis sieht anders aus. In Tübingen bei einem Naziaufmarsch im Jahr 2007 sagte bei der Pressekonferenz im Rathaus OB Palmer (Grüne), seine größte Sorge seien weder die Nazis noch die Wasserwerfer und Reiterstaffeln der Polizei, sondern „eventuell gewaltbereite Linke“. Er forderte alle friedlichen DemonstrantInnen auf, sich unbedingt und vollständig von diesen zu distanzieren. Aktuell hat sich das Bündnis „Kreis Göppingen Nazifrei“ wegen Eierwürfen mancher, von der Antifa als solcher distanziert. Solche „Bündnisparter“ sind für einen wirklichen antifaschistischen Kampf keine Hilfe.

Deshalb lehnen wir ein Bündnis, das sich bürgerlichen Parteien, UnternehmerInnen und anderen

reaktionären Organisationen und Personen unterordnet ab. Nicht internationale wirtschaftliche Be-ziehungen wie bei ihnen, sind der Grund, warum wir nationalistisches Gedankengut ablehnen, son-dern Solidarität mit allen Unterdrückten und ausgebeuteten Menschen dieser Welt.

Für uns gibt es keinen Unterschied zwischen ArbeiterInnen hier und denen in anderen Ländern. Uns vereint der Kampf für bessere Arbeitsbedingungen, für die Aufteilung der notwendigen Arbeit auf alle Arbeitsfähigen, für das Recht auf Bildung und Ausbildung, für mehr Lohn, für mehr Rechte und Freiheiten. Wir sind für die Solidarität der Ausgebeuteten und Unterdrückten und nicht für die „Weltoffenheit“ der Ausbeuter und Profiteure.

Unser Antifaschismus bedeutet: Wir fordern von den Gewerkschaften und allen Organisationen der Arbeiterbewegung konkrete Schritte gegen die Nazis und zur Verteidigung von Gewerkschafter-Innen, Linken und MigrantInnen! Anstatt – wie die Autonome Antifa – den Kampf um die Arbeiter- bewegung aufzugeben und sich quasi als Ersatzsubjekt des Kampfes zu sehen, wissen wir:

nur gemeinsam sind wir stark genug, die Nazis zu stoppen. Deshalb gehen wir am 06. Oktober mit diesen Kräften auf die Straße, um die Faschisten zu bekämpfen. Uns reichen die verlogenen moral-ischen Statements der bürgerlichen Parteien nicht. Wir verlassen uns nicht auf den „antifaschistisch-en“ Staat, der auf dem rechten Auge blind ist und mehr gegen AntifaschistInnen tut als gegen Nazis. Wir müssen uns nicht wundern, dass frustrierte Jugendliche den braunen Horden auf den Leim geh-en. Wenn die Gewerkschaften wirklich für gleichen Lohn in Ost und West und gegen Arbeitslosig-keit und Sozialabbau kämpfen würden, hätten es die Nazis nicht nur schwerer, ihre Ideologie zu verbreiten, sie wären v.a. auch mit einer aktiveren und selbstbewussteren Arbeiterbewegung konfrontiert. Deshalb kann es für wirklich ernsthafte AntifaschistInnen nur heißen, rein in die Gewerkschaften. Aufbau einer klassenkämpferischen Basisopposition, die gegen die opportun-istische Führung und für Klassenkampf und Antifaschismus kämpft. Wir brauchen eine anti-faschistische
Einheit der ArbeiterInnen, Arbeitslosen und MigrantInnen, die das Ziel hat, Auf-märsche, Aktionen und Versammlungen der Nazis mit Massenaktionen zu verhindern – um das Selbstbewusstsein der Nazis zu brechen und ihnen zu zeigen, wer der Stärkere ist.

* Nein zu Rassismus, Antisemitismus und Faschismus! Nein zu Diskriminierung jeder Art!

* Nazis raus aus den Gewerkschaften!

* Kein Bündnis mit Staat und bürgerlichen Parteien! Für den gemeinsamen Kampf über alle nationalen Grenzen.

* Für offene Grenzen! Weg mit allen Einschränkungen des Aufenthalts-, Arbeits- und Wahlrechts für MigrantInnen!

* Volle, gleiche und uneingeschränkte Rechte für alle, die hier leben!

*Selbstverteidigungskommitees der ArbeiterInnen und MigrantInnen. Wer sich auf den Staat verlässt ist verlassen!

 

 Gemeinsamer Flyer der REVOLUTION und Arbeitermacht Ortsgruppe Stuttgart




Warum diese Euro-Krise?

Warum ist in Europa ein Land nach dem anderen „überschuldet“, muss „Hilfszahlungen“ annehmen, zu Bedingungen, die von anderen, mächtigeren Ländern wie der BRD diktiert werden? Warum geben bürgerliche Regierungen unvorstellbare Summen aus, um die „Märkte zu beruhigen“? Warum sind überhaupt die Märkte „in Panik“ und was bedeutet das? Um dies zu beantworten, müssen wir einen Blick unter den ideologischen Schleier werfen, der diese Phänomene bedeckt – denn nur von außen erscheint die Krise als eine Folge falscher, kurzsichtiger Entscheidungen durch Politiker_innen, Banker_innen, Investor_innen.

Tatsächlich stehen die Länder Europas seit vielen Jahren mit immer größeren Milliardensummen in der Schuld von Investoren, also Kapitalist_innen, die nicht benötigtes Kapital angelegt haben. Diese Kredite wurden gut verzinst, das aufgenommene Kapital wurde durch den Staat wieder investiert und die Tilgung galt als sicher, weil die gesamte Volkswirtschaft mit ihren Steuerverpflichtungen dafür haften musste. Der Staat hat damit beigetragen, die Investition von neuem Kapital in Wirtschaft und Infrastruktur auch dann aufrechtzuerhalten, wenn Kapitalist_innen selbst nicht dazu bereit waren. Gleichzeitig wurde aber eine langfristige Tendenz überdeckt: die Tendenz, dass überschüssiges Kapital aus den Gewinnen der Kapitalist_innen nach profitablen Anlagemöglichkeiten sucht, die immer häufiger nicht vorhanden sind. Die Regierungen schufen selbst diese Anlagen, indem sie Staatsanleihen ausgaben und die Zinsen aus den Steuereinnahmen bezahlten. Die gleiche Ursache – Wachsende Kapitalberge bei gleichzeitig schwindenden Profitraten – haben die Kapitalist_innen dazu getrieben, immer mehr Kapital in fiktive, spekulative Anlagen zu stecken, rund um den Globus jeden Winkel der Welt zu privatisieren und als Investitionsmöglichkeit zu erschließen („Globalisierung“) und mit immer schärferen Mitteln um die Beherrschung fremder Märkte und Ressourcen zu kämpfen. Die Verlagerung von Produktionsanlagen in Niedriglohnländer, immer schärfere Angriffe auf soziale Errungenschaften, Kriege um Länder, wo Rohstoffe gefördert werden oder politischer Einfluss erzielt werden soll – all dies ist der Versuch, entgegen einer allgemeinen Tendenz die Profitabilität der wichtigsten und stärksten Nationalökonomien zu steigern.

Eine Zeitlang hat dies für die mächtigsten und erfolgreichsten Kapitalist_innen die Illusion grenzenlosen Wachstums geschaffen – dies ist seit 2008 endgültig vorbei. Nun herrscht Zähneklappern. Die Euro-Krise wurde ausgelöst durch Verwerfungen an den Börsen, wo Papiere wie Staatsanleihen gehandelt werden. Investoren verkauften in großer Zahl Anleihen von als „riskant“ geltenden Ländern, um ihr Kapital in „sichere“ Länder (wie die BRD) oder gänzlich andere Anlagen zu verlagern. Die Papiere bspw. Irlands, Griechenlands oder Spaniens verloren an Wert – die zu zahlenden Zinsen stiegen. Erst dadurch waren diese Länder nicht mehr in der Lage, die Kredite zu bedienen.

Unsere Krisenlösung ist nicht die Restaurierung der alten kapitalistischen Verhältnisse, sondern ihr Sturz, zugunsten einer befreiten, sozialistischen Gesellschaft!

Die „Panik“ der Märkte dreht sich zunächst um eine Frage: Wer muss als erster seine entwerteten Papiere abschreiben und für nicht bezahlte Kredite haften? Bürgerliche Regierungen scheuen keine Kosten, um zumindest einen chaotischen, unkontrollierbaren Crash zu verhindern. Wichtige Banken werden „gerettet“, indem vom Staat gewaltige Summen an Geld geliehen und an diese vergeben werden – es werden also neue Anleihen ausgegeben, deren Ausfall noch schwerwiegendere Folgen haben würde. Die Ursachen der Krise werden nicht bekämpft – dies ist den Kapitalist_innen auch nicht möglich. Die Politik der Bankenrettung auf Pump ist also zwar eine Scheinlösung, aber es gibt im Rahmen des Kapitalismus überhaupt keine Lösung, die nicht entweder zulasten anderer Kapitale oder Ökonomien, oder auf Kosten der Unterdrückten, der Arbeiter_innen und Jugend geht.

Die Forderungen von Kommunist_innen zielen daher nicht auf eine „nachhaltigere“ Sanierung der kapitalistischen Wirtschaft, wie dies bei Reformist_innen und Linksbürgerlichen meist der Fall ist. Während kapitalistische „Krisenlösungen“ immer das Ziel verfolgen, den Reichtum der Kapitalisten und die Ausbeutung der Unterdrückten zu sichern, kämpfen Kommunist_innen dafür, dass die Kapitalist_innen selbst für alle Verluste bezahlen sollen und ihr Reichtum und ihre Macht in die Hände der Unterdrückten gelegt wird.

Ein Artikel von Bruno Lahrius, REVOLUTION-Stuttgart




Neue Schuldenkrise – oder wie die Wirtschaft den Bach runtergeht…

In den letzten Monaten berichteten die Medien wieder häufiger über die „Eurokrise“ in der EU, über Schuldenprobleme von Griechenland, Portugal, Spanien und Italien. Gleichzeitig gab es im Juli und August eine US -amerikanische Schuldenkrise, sogar über eine mögliche „Zahlungsunfähigkeit“ der USA wurde spekuliert, bis dann die beiden Kammern der USA(Senat & Repräsentantenhaus) eine Erhöhung der Schuldengrenze beschlossen.

In unserem Artikel wollen wir uns mit den Gründen für die Schuldenkrise beschäftigten, wieso die aktuelle Krise direkt mit der Wirtschaftskrise von 2008 zusammen hängt, was die astronomischen Summen eigentlich mit uns zu tun haben und welche Auswirkungen sie auf uns haben werden!

Woher kommen denn die ganzen Schulden?

Derzeit wird viel über die Schuldenquote bestimmter Staaten gesprochen, so liegt die Schuldenquote Griechenlands bei fast 160% – aber was heißt das eigentlich? Bei dieser Quote werden die Gesamtschulden eines Staates, in Beziehung zum jährlichen Bruttoinlandsprodukt (BIP) gesetzt, das BIP fasst alle Umsätze einer Volkswirtschaft zusammen.

Griechenland erwirtschaftete 2010 ein BIP von 230 Milliarden €, die Schuldenquote lag bei ca. 125% – damit überstieg die Schuldenmenge das jährlich erwirtschaftete BIP um 25%. In Griechenland entwickelte sich diese Quote in den letzten 4 Jahren rasant. 2007 lag diese Schuldenquote noch bei 95.7%, für 2011 wird eine Quote von 157% erwartet.

Diese Entwicklung trifft für alle Staaten der EU zu, wie auch für die USA & Japan – so erhöhten sich die Staatsschulden der BRD, USA und Japan in den letzten vier Jahren um ein Drittel oder mehr. Wie bei privaten Schuldnern, gibt es für Staaten sogenannte „Ratingagenturen“, die die Kreditwürdigkeit der Staaten bewerten. Diese „Ratings“ bestimmen wie viel Zinsen die Staaten für ihre Schulden bezahlen müssen, die BRD hat ein sehr gutes Rating (AAA) und bezahlt derzeit weniger als 3% Zinsen für ihre Schulden – Griechenland z.B. hat ein sehr schlechtes Rating (B1) und müsste auf dem Finanzmarkt 25% Zinsen für die Kredite zahlen.

Nun haben die Staaten aber keine neuen Schulden aufgenommen, um den Beschäftigten, der Jugend oder den Rentnern Wohltaten zu schenken. Woher also kommen die Schulden? Die Schulden wurden aufgenommen, um den Banken und Unternehmen zu helfen. Diese hatten in der Finanz – und Wirtschaftskrise 2008/2009 riesige Verluste angesammelt. Bei den Banken hießen diese Verluste „toxische Papiere“. Aus der Chemie wissen wir, das „toxisch“ ein sehr unangenehmer Zustand ist, bei den Banken hieß das, das viele Kredite quasi nichts mehr wert waren. In der Situation übernahmen die Staaten diese „toxischen“ Papiere mit direkten Finanzhilfen und sogenannten Bürgschaften, welche von den Banken in Anspruch genommen werden konnten.

In der BRD bürgte die Regierung beispielsweise mit 125 Milliarden € für die „Hypo Real Estate“ und legte den „SOFFIN“ Fond in Höhe von circa 500 Milliarden € an, von dem sich dann verschiedene Banken und Finanzinstitute Kredite abholen konnten. Ähnliche „Rettungsmaßnahmen“ gab es in den EU Staaten, der USA und Japan – insgesamt wurden mehrere Billionen Euro den Finanzmärkten und Banken zur Verfügung gestellt. Die Finanzmittel der damaligen Krise sind die Schulden von Heute. Die Staaten nahmen diese Schulden entweder bei den Zentralbanken (wie die FED in den USA oder die Bundesbank in der BRD) oder den privaten Banken auf – mit diesen Schulden wurde die Pleite von Banken und Unternehmen verhindert und die Profite der Kapitalisten gesichert.

Die Ratingagenturen – oder gib mir ein „Triple A“!

Seit 2008 haben die Staaten den Finanzmarkt mit Billionen finanziert und gestützt! Damit wurden die eigenen Staatsschulden erhöht. Besonders zugespitzt hatte sich diese Entwicklung beim „reichsten“ Land der Welt – den USA. In den USA gibt es eine „Schuldenobergrenze“. Diese lag bis Anfang August bei 14.3 Billionen $. Für dieses Jahr ist zu erwarten, dass diese Grenze überschritten werden muss, wenn die USA ihre Zinsen, die öffentlichen Beschäftigen oder das Militär bezahlen will. Anfang August wurde diese Grenze um 2.6 Billionen $ erhöht, dieses Jahr wird allein der US- Haushalt (also ohne Bundesstaaten und Kommunen) 800 Milliarden $ neue Schulden aufnehmen müssen. Dieser Vorgang ist nichts neues in der US-Geschichte. Im Durchschnitt wurde alle zwei bis drei Jahre die Schuldengrenze von der US-Regierung erhöht, seit 1945 neunzehn mal.

Nachdem die Grenze jetzt erhöht wurde, gab es aber eine Abstufung der Kreditwürdigkeit der USA durch die Ratingagentur „Standard & Poor“. Die bisherige Topbewertung AAA wurde auf AA+ gesenkt. Konkret bedeutet das höhere Zinsen für die USA für künftige Kredite. Gleichzeitig wurden auch die EU Staaten Portugal und Italien abgewertet – danach sanken die Börsenkurse und vernichteten im August circa 25% der weltweiten Börsenwerte.

Die Ratingagenturen sind private Unternehmen, die im Auftrag der Großbanken die Kreditwürdigkeit von Staaten, Kommunen und Unternehmen bewerten – nach diesen Bewertungen wird das jeweilige Zinsniveau bestimmt.

Der französische Präsident Sarkozy bezeichnete es als „nationale Aufgabe“ für Frankreich die Topbewertung AAA zu behalten, gleich im Anschluss gab es ein weiteres Sparpaket, nachdem bereits 2010 ein Sparpaket mit massiven Sozialkürzungen durchgesetzt wurde. In dieser Zeit sprach sogar die „Financial Times Deutschland“ von einer „Diktatur der Ratingagenturen“.

Wie das Kapital die Krise lösen will…

Am Beispiel Griechenland können wir beobachten wie sich das Kapital eine „Krisenlösung“ vorstellt. Der griechische Staat bekommt Kredite von der EU und der EZB (Europäische Zentralbank), damit sollen die bisherigen Kredite abbezahlt werden. Das erklärt auch zu großen Teilen die gestiegene Schuldenquote Griechenlands in den letzten beiden Jahren. Um diese Kredite zu bekommen muss der griechische Staat aber zunächst massive Angriffe und Kürzungen gegen die Mehrheit der Bevölkerung durchführen. Dazu gehören die Erhöhung der Lebensarbeitszeit, die Kürzung der Gehälter der öffentlichen Beschäftigten, die Erhöhung der Verbrauchssteuern und eine massive Privatisierung des noch vorhandenen öffentlichen Eigentums. Erst die Verabschiedung dieser „Spargesetze“, welche direkt durch die EU-Bürokratie und die BRD als imperialistischem Hegemon, der griechischen Regierung vorgeschrieben wurden, gab man die Kredite an Griechenland frei.

In der EU wird nun eine „Schuldenbremse“ von der BRD und Frankreich vorgeschlagen. Diese „deutsche“ Erfindung beinhaltet ein Gesetz, nachdem EU-Staaten ab einem bestimmten Jahr überhaupt keine Schulden mehr machen dürfen. In der BRD steht das nun im Grundgesetz – ab 2016 darf der Bund keine neuen Schulden mehr aufnehmen, ab 2020 die Bundesländer und die Kommunen.

Ähnliches, wenn auch unter anderen Bedingungen, geschah in den USA. Gleichzeitig mit der Erhöhung der Schuldengrenze wurde auch ein Sparpaket in gleicher Höhe verabschiedet. Das war die Voraussetzung für die „oppositionellen“ Republikaner, der Erhöhung überhaupt zu zustimmen.

Diese Sparpakete sind die Antwort von Kapital und Staat auf die Schuldenkrise. Wurden die Schulden aufgenommen um die Verluste des Kapitals während der Krise aufzufangen und gleichzeitig neue Profite zu sichern, sollen die Staaten jetzt weltweit die Kosten für die Schulden direkt auf die Arbeiterklasse, große Teile des Kleinbürgertums und die Jugend abwälzen. Dazu werden zum einen die Sozialleistungen massiv gekürzt, während gleichzeitig eine neue Privatisierungswelle gestartet wurde. Vor allem staatliche Unternehmen, aber auch Bereiche wie Gesundheit, Verkehr, Rente und Bildung, von denen sich das Kapital noch zusätzliche Profite verspricht, sollen privatisiert werden.

Die Krise heißt Kapitalismus!

Die momentane Schuldenkrise, wurde vom Kapital, beziehungsweise den Kapitalisten verursacht. Während alle Profite den Kapitalbesitzern „gehören“, die sich durch Ausbeutung aneignen und über die Börse auszahlen lassen, müssen die Verluste von der Allgemeinheit getragen werden.

Wenn jetzt die EU einen Rettungsfond für die Euro-Zone auflegt, so ist dieser Fond nur zur Rettung der Banken und Absicherung der Staatsanleihen da, genau wie die sogenannten „Euro Bonds“.

Die Nationalstaaten dienen dabei dem Kapital als Versicherung seiner Geschäfte. Durch vielfache Steuersenkungen bleibt der Profit meist unangetastet, durch Polizei und Militär wird jeder mögliche Widerstand national und international bekämpft und durch Bürgschaften und Kredite wird der Finanzmarkt zahlungsfähig gehalten. Nur durch die Hilfen seit 2008 sind die Banken und das Kapital heute in der Lage ganze Volkswirtschaften in den Ruin zu treiben, um sie dann gänzlich unter ihre Profitkontrolle zu stellen.

Aufgrund dieser aktuellen Fonds und Bürgschaften werden die nächsten Sparpakete bereits aufgelegt. In Frankreich werden neue Maßnahmen beschlossen
und in Spanien wird die „Schuldenbremse“ eingeführt. Diese „Schuldenbremse“ wird die soziale Realität der nächsten Jahre bestimmen, weitere Kürzungen, Entlassungen und Privatisierungen stehen auf der Tagesordnung.

Dagegen müssen wir Widerstand organisieren, besonders in den europäischen Gewerkschaften. Während in Frankreich und Griechenland die Gewerkschaften zum Generalstreik getrieben wurden, begnügte sich der DGB in der BRD mit Standortpolitik und stillhalten. Deswegen müssen wir die Beschäftigten und die Basis der Gewerkschaften gemeinsam mit den Jugendlichen und Arbeitslosen gegen die nächsten Sparpakete organisieren und schlagkräftige Bündnisse aufbauen.

Von der deutschen Revolutionärin Rosa Luxemburg ist der Ausspruch „Sozialismus oder Barbarei“bekannt, dieser wurde vor dem 1.Weltkrieg von ihr geprägt. Heute ist er aktueller denn je, denn dieses System hat abgewirtschaftet. Während Hungerkatastrophen, wie in Ostafrika zehntausende von Menschen heimsuchen und jährlich Hunderttausende sterben lassen, in einem Wirtschaftssystem, dass die ökologischen Grundlagen der Menschheit vernichtet – in so einer Situation soll uns interessieren, welche Buchstaben eine Ratingagentur über die Kreditwürdigkeit einer Volkswirtschaft veröffentlicht? Erbärmlicher geht’s eigentlich nicht!

Gefordert ist nun ein entschlossener internationaler Widerstand gegen den Kapitalismus, wir haben unsere Antwort Rosa Luxemburgs Frage. Für eine Gesellschaftsordnung die den Interessen der Mehrheit gehorcht und nicht den Profit -und Zinserwartungen einer kleinen parasitären Elite.

  • Wir zahlen nicht für ihre Krise! Organisiert euch gegen die Sparpakete und die Krise – baut  Organe des Widerstandes im Betrieb, in der Schule und im Stadtteil auf!
  • Für die entschädigungslose verstaatlichung der Banken zu einer zentralen Staatsbank, sowie aller Unternehmen, die Entlassungen oder Gehaltskürzungen fordern, unter Arbeiterkontrolle!
  • Für das Recht der Beschäftigten und der Arbeiterbewegung Einsicht in die Geschäftsbücher der Großkonzerne und Banken zu haben!
  • Vom Abwehrkampf zur Offensive! Gegen Hartz IV, die Rente mit 67 und die Gesundheitsreformen der vergangenen Jahre! Bekämpft die Leiharbeit, für einen Mindestlohn von 11 Euro die Stunde!
  • Teilt die Arbeit auf alle Hände auf – für eine 35-Stunden Woche und Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich!
  • Fordert die Gewerkschaften und Arbeiterparteien zur Aktion auf und organisiert in ihren Reihen eine kämpferische Basisbewegung!
  • Gegen Krise und Kapital – der Widerstand muss international koordiniert werden! Gegen Chauvinismus und nationalistische Hetze gegen „die faulen Griechen“, „gegen die Migranten die unsere Arbeitsplätze klauen“ oder ähnliche Verleumdungen, die unseren Widerstand spalten! Für europaweite Aktionen gegen die Sparangriffe und die Auswirkungen der Krise, die Führer der Gewerkschaften und Arbeiterparteien müssen zur Unterstützung von Aktionen wie koordinierten Streiks, Massenprotesten, Besetzungen bis hin zum Generalstreik gezwungen werden!
  • Widerstand braucht Organisation – wenn ihr gegen Krise und Kürzungen kämpfen wollt, dann organisiert euch gemeinsam mit REVOLUTION!



Vor einem neuen Finanzcrash?

Wir veröffentlichen hier einen Artikel der Gruppe Arbeitermacht zur aktuellen Finanz- und Schuldenkrise. Er befasst sich mit dem momentanen Sturz der Aktienmärkte, der europäischen Union, den U.S.A. und der momentanen Perspektive für die Arbeiterbewegung – Martin Suchanek, Infomail 572, 12. August 2011

Kapitalistische Widersprüche spitzen sich zu 

Trotz fieberhafter Telefondiplomatie zwischen Berlin, Paris und Washington ging die Talfahrt der weltweiten Aktienmärkte am 8. August 2011 weiter. In Asien purzelten alle Indices an den Hauptfinanzplätzen Tokio, Hongkong, Taiwan und Shanghai erneut zwischen 2 und 4 Prozent herunter. Die europäischen Märkte zogen nach. Nach ernsten Abwärtsbewegungen fand sich der deutsche DAX bei 5%igem Abschlag, die Pariser und Londoner Börse bei 3,7% Minus wieder.

Die US-Märkte konnten sich dieser Welle nicht entziehen, und die Nachricht vom 5. August hat die Krisenentwicklung noch verstärkt. Standard und Poors, eine der 3 in der Welt führenden Ratingagenturen, verkündeten an dem Tag die erstmalige Herabstufung der US-Wirtschaft von einem dreifachen A auf AA+. Trotz US-Präsident Barack Obamas Fernsehansprache, in der er seinen Landsleuten versicherte, dass die USA „immer eine Dreifach A-Nation“ sein werde, gab die Wall Street um 5,6 % nach.

Am selben Tag gerieten Italien und Spanien ins Kreuzfeuer der Finanzmärkte, als die Zinsen für italienische und spanische Staatspapiere auf über 6% stiegen. Italien als drittgrößte Ökonomie der Eurozone ist mit 1,9 Billionen Euro Schulden belastet. Jetzt drohen diese Länder in den Sog von Griechenland und Portugal hineingezogen zu werden, für die dann selbst die ‚Rettungsschirme’ von EU und IWF nicht mehr ausreichend gespannt werden könnten.

Schon jetzt ist klar, dass es nur eine Frage der Zeit sein wird, wann die europäische ‚Finanzstabilität’ sich als nicht mehr haltbar erweisen wird, nicht einmal für die Ökonomien auf seiner Südflanke. Ein Teil der Staatsschulden von Griechenland, Irland, Portugal, ja sogar Spanien und Italien wird wohl in absehbarer Zeit abgeschrieben werden müssen.

Die Märkte geben „der Politik“ die Schuld

Die Finanzpresse schiebt einhellig dem US-Präsidenten, dem US-Kongress, den europäischen SpitzenpolitikerInnen und der EU-Kommission den schwarzen Peter für das Chaos zu. China stimmt ebenfalls in den Kritikerchor ein und greift Politiker wie Obama, Merkel und Sarkozy an, sie würden die Weltwirtschaft durch ‚kleinliches Gezänk’ aufs Spiel setzen und hätten sich einmal mehr als nicht fähig erwiesen, ‚entschlossen’ und ‚verantwortungsbewusst’ zu handeln.

Natürlich gibt es keinen Grund, die Handlungsweise von EU- und US-PolitikerInnen zu rechtfertigen. Aber sie treten nicht ‚den Willen des Marktes’ mit Füßen, sondern ganz im Gegenteil liegt ihre Schuld gerade in der sklavischen Unterwerfung unter die Zwänge des Kapitalismus. All diese Regierungschefs haben nicht nur die Megabanken und Milliardäre gerettet, sie haben Abermillionen Menschen von Athen bis Seattle, von Kairo bis Rejkjavik von Santiago bis Tel Aviv die Kosten für das Wohlergehen dieser privilegierten Parasiten aufgehalst. ArbeiterInnen, Jugendliche, Arme sowie auch Kleinbürgerschichten leiden überall unter den Auswirkungen der kapitalistischen Krise, glücklicherweise verharren sie nicht mehr in Schweigen.

Jetzt bedroht ein weiterer Finanzkrach an den Aktienmärkten die Weltwirtschaft mit einer neuen Rezession. Nicht nur die neuesten Wirtschaftsdaten aus den USA und Frankreich sind alarmierend für die Kapitalisten. Die OECD rechnet damit, dass der Höhepunkt der ‚weltweiten Erholung’ bereits wieder überschritten sein könnte. Dieser Aufschwung fand praktisch ohnedies nur in den BRIC-Staaten (China, Russland, Indien, Brasilien) statt sowie in Deutschland und den damit verbundenen Ökonomien im europäischen Raum.

Seit der Weltrezession 2007 treten große Teile der kapitalistischen Ökonomien (USA, Japan, West- und Südeuropa) auf der Stelle oder bewegen sich kaum. Obwohl Billionen aufgewendet worden sind, zunächst für die Auslösung und Stützung der Finanzeinrichtungen, dann durch Nullzinspolitik für Unternehmen, wie sie die amerikanische Bundesbank betrieb, ist keine Stabilität eingekehrt.

Die Maßnahmen haben zwar den völligen Zusammenbruch des internationalen Finanzsystems verhindern können, die Weltwirtschaft leidet jedoch weiter an den selben Symptomen, die sich schon bei Krisenausbruch gezeigt haben.

Kapitalismus selbst ist Ursache der Krise

Die Ursache für die kapitalistischen Weltkrise liegt eben nicht in ‚verfehlter Politik’ oder in ‚spekulativer Gier’, die letztlich nur die Krise beschleunigt hat, sondern in der Überakkumulation des Kapitals selbst. Der Kapitalismus ist das erste System, dessen Krisen als Resultat von ‚Überfluss’ erscheinen, von zuviel Produktion, zu vielen Arbeitern, zu viel Warenangebot, zu viel Anlagekapital. Inmitten einer Spekulations- und Investitionshysterie platzt plötzlich eine Krisenbombe.

Das ist allerdings kein Zufall. Immer mehr Kapital wird in den Kapitalstock an Maschinerie und Gebäuden gesteckt, um die Profitmasse zu erhöhen. und treibt den Investitionslauf weiter an. Aber der ständige Anstieg dieses Kapitalbestandteils zu Ungunsten des Anteils an menschlicher Arbeit zieht ‚unbeabsichtigte’ doch unvermeidliche Folgen nach sich. Investitionen werden mit immer geringeren Profitaussichten und weniger realisiertem Profit getätigt. Die Rate für den Profit, den Antriebsmotor für Investitionen, sinkt. Was tun Kapitalisten nun? Sie verlagern ihr Kapital immer stärker in vielsprechendere Sphären der Ökonomie; auf der Suche nach kurzfristigeren und besseren Wertmargen ‚investieren’ sie v.a. an den Finanzmärkten.

Das kann für gewisse Zeit funktionieren wie in der Vorkrisenperiode von 2003 – 2007, aber dann muss diese Blase platzen, und eine Krise, eine Lähmung des ganzen Systems tritt ein. Diese Krise lässt sich nur lösen, d h. die Wiederherstellung eines zeitweiligen, dynamischen Gleichgewichts für eine neue Ausdehnung kann nur eintreten, wenn genügend Kapital in der Krise vernichtet worden ist, wenn ein veralteter Maschinenpark und Produktionsmittel ausgemerzt, wenn genug Arbeitskräfte entlassen worden sind und wenn überschüssiges, fiktives Kapital, das scheinbar aus dem Nichts in den Finanzmärkten erzeugt worden ist, vernichtet und abgeschrieben worden ist.

Aber während Millionen ArbeiterInnen ihre Jobs verloren haben und viele Klein- und Mittelbetriebe bankrott gegangen sind, fand immer noch ‚zu wenig’ Vernichtung von Kapital statt, um das kapitalistische System als ganzes neu zu beleben. Die Regierungen der großen imperialistischen Staaten Deutschland, Frankreich und USA retteten ihre global operierenden Riesenkonzerne mit staatlichen Geldern, oder wie im Fall von Autohersteller General Motors in den USA durch vorübergehende Nationalisierung, um die Karre auf Kosten der Steuerzahler wieder flott zu machen. Wie schon Marx sagte, Kapitalisten werden über Nacht zu ‚Sozialisten’, wenn es sich um ihre Verluste dreht.

Aber der eklatanteste Skandal bestand darin, dass die Regierungen nicht nur den größten Banken und Investmenthäusern Goldman Sachs, Deutsche Bank und die britische Honkong Shanghai Banking Corporation usw. die von ihnen selbst ausgelöste Krise überleben ließen, sondern ihnen auch noch die Spekulationsgewinne daraus sicherte. Im Jahrzehnt vor dem Kreditkrach floss das Kapital in den Händen dieser Institute in Immobilienspekulationen und danach in schuldenträchtige Staatsanleihen.

Die Rückzahlung des Geldes, das die Deutsche Bank dem griechischen Staat hochverzinslich lieh, dafür haftet nun der Europäische Finanzstabilitätsfonds. Es ist also nicht die griechische Ökonomie, die ‚gerettet’ wird, sondern vielmehr die deutschen und französischen Finanzkapitalisten und deren Spekulationsgewinne aus den Geschäften mit den Staatsschulden Griechenlands und anderer Länder. Ihnen werden die ‚Investitionen’ mit hohen Zinsen rückerstattet, während die Bedingungen, die an die neuen Kredite geknüpft sind, die Lebensbedingungen von griechischen ArbeiterInnen, BäuerInnen, dem Kleinbürgertum und der arbeitslosen Jugend zerstören. Wenn diese Ausplünderung der Massen in Griechenland funktioniert, warum soll sie nicht in Spanien oder Italien durchzuführen sein, und warum dann nicht auch in den USA oder Britannien, die noch weit mehr verschuldet sind?

Ungleichzeitige Entwicklung und innerimperialistische Konkurrenz

In den Monaten und Jahren seit der weltweiten Rezession hat sich außerdem die Schere der ungleichzeitigen Entwicklung in der Weltwirtschaft weiter geöffnet. Während Länder wie China, Deutschland oder Indien sich verhältnismäßig schnell erholt haben, zumal ihre Kapitalisten auf dem Weltmarkt größere Anteile erwerben konnten, sind andere deutlich zurück gefallen.

Aber all diese scheinbaren Erfolge sind großenteils auf dieselben Mechanismen und Antriebe zurück zu führen, die auch die Aufwärtsspirale, das plötzliche Scheitern und die schwerfällige Stagnation der anderen bewegen. Der Euro belastet bspw. die Konkurrenzfähigkeit der südeuropäischen Ökonomien, zumal er ihre Exporte verteuert; zugleich aber begünstigt er die deutsche Ausfuhrwirtschaft innerhalb und noch mehr außerhalb der Europäischen Union.

Eine rein deutsche Währung, die sich wie die DM in der
Vergangenheit ausschließlich auf die hoch produktive deutsche Wirtschaft stützen würde, wäre den Wechselkursmodalitäten mit einer starken Aufwertung wesentlich schärfer ausgeliefert als der Euro. Dieser Erfahrung unterliegt gerade der Schweizer Franken zum Schaden der eigenen Exporte. Für das deutsche Industriekapital ist also der ‚schwächere’ Euro vergleichsweise vorteilhafter.

Der kurzzeitige Vorsprung für die deutschen Kapitalisten muss vor dem Hintergrund der längerfristigen strategischen Orientierung des deutschen Imperialismus gesehen werden, der sich als führende Macht in der Eurozone und damit in ganz Europa absichern will. Derzeit ist er in seinen politischen und geostrategischen Bestrebungen durch verfassungsmäßige Beschränkungen innerhalb der EU als Bündnis von Nationalstaaten behindert.

Für die deutschen Imperialisten ist die gegenwärtige Schuldenkrise in der EU trotz der Gefahr für das gesamte EU-Projekt und den Euro auch eine Chance, den anderen europäischen Staaten die Anerkennung eines deutlichen und dauerhaften Schrittes zu einer gefestigteren politischen Union mit einer klareren Dominanz Deutschlands abzunötigen. Natürlich soll Frankreich Juniorpartner sein, der Deutschlands wirtschaftliche Überlegenheit eingesehen hat. Für das deutsche Finanzkapital und seine Regierung ist die derzeitige Krise von dem her nicht einfach eine wirtschaftliche Angelegenheit, sondern auch ein Schlachtfeld, auf dem die eigene Macht in der Europäischen Union, deren Charakter grundlegend verändert werden soll, ausgebaut werden kann.

Fast noch bedeutsamer erscheint der Umstand, dass die riesigen Dollarreserven Chinas die USA noch abhängiger von Peking werden lassen. War zur Jahrhundertwende die Anhäufung der US-Währung noch ein Mittel, den US-Markt für chinesische Waren zu öffnen, so nutzt China dies heute immer offener als Druckmittel gegen die USA. Die chinesische Ratingagentur Dagong hat die US-Wirtschaft bereits eine Woche vor Standard & Poors herabgestuft.

Nach dem langen und grotesken Tauziehen in Washington um die US-Schuldenobergrenze, den Wochen des Patts zwischen Obama und der republikanischen Mehrheit im US-Kongress forderte China, dass die USA „verantwortungsbewusst in Hinsicht auf die Weltwirtschaft handeln“ müsse. Der chinesische Staat erwartet von den USA eine „entschlossene Politik“, um ihre chronischen Schulden durch massive Kürzungen bei Sozial- und Rüstungsausgaben loszuwerden.

Die chinesischen Befürchtungen gegenüber der US- und europäischen Politik sind auch die Folge der allzu deutlichen Drohung, dass die Abwertung des US-Dollar und des Euro die Wareninflation weiter anheizen würde, wie das schon mit verheerenden Auswirkungen auf die Ökonomien und Bevölkerungen der ärmeren Länder der Fall war.

China selbst kämpft gegen eine wachsende Inflation und das Gespenst einer Krise in der eigenen kapitalistischen Entwicklung. Das wiederum verheißt eine Zunahme der Instabilität und eine neue Abwärtsspirale der Weltwirtschaft.

Explosiver Charakter…

Diese Beispiele verweisen auf zwei bedeutsame Umstände, die die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftskrise so explosiv machen:

a) Die offenkundige Uneinigkeit und Unentschlossenheit zwischen und innerhalb von Regierungen und Parlamenten sind nicht nur kleinliches Gezänk; sie spiegeln wirkliche Spaltungen zwischen konkurrierenden Kapitalen und Fraktionen der herrschenden Klasse wider.

b) Die gegenwärtige Periode ist gekennzeichnet von tiefer Strukturkrise des Kapitalismus, die die Risse zwischen den kapitalistischen Hauptmächten verbreitert und verschärft. Sie lässt die internationale Konkurrenz anwachsen und geht Hand in Hand mit einem sich anbahnenden Kampf um die Neuaufteilung der Welt zwischen diesen Mächten.

Gemeinsam ist allen Fraktionen der herrschenden Klasse jedoch die Entschlossenheit, die Arbeiter und Armen für die fortschreitende Schuldenkrise zahlen zu lassen. Die USA habe ihr Kürzungsprogramm mit 2,4 Billionen Dollar von Einsparungen an öffentlichen Ausgaben in den nächsten 10 Jahren verkündet. Die Speerspitze der Attacken richtet sich gegen das Gesundheitswesen. In Italien haben die Parlamente einen Burgfrieden mit dem reaktionären Ministerpräsidenten Berlusconi geschlossen und ermöglichen so, dass die ‚Sparprogramme’ vorangetrieben werden, ein verschleiernder Begriff, unter dem zynische Attacken auf die Lebensbedingungen von Arbeitern, Armen und auch Kleinbürgern durchgeführt werden.

Angesichts der Krise, der wachsenden imperialistischen und kapitalistischen Konkurrenz sowie der ungezügelten rücksichtslosen Offensive gegen die Arbeiterklasse werden die Kommentatoren der herrschenden Klasse nervös und unzufrieden mit ihren PolitikerInnen. Sind Obama und der ganze US-Kongress der Situation gewachsen? Nehmen Sarkozy und Merkel, ganz zu schweigen von dubiosen Figuren wie Berlusconi die Krise wirklich wahr? Noch schockierender für die herrschende Klasse ist, dass manche ihrer Kommentatoren sich fragen, ob nicht jeder bürgerliche Politiker, der antritt, das System zu retten, angesichts des historischen Ausmaßes der Weltkrise, sich als inkompetent erweisen wird.

Reformistische Politik und Illusionen:

Doch andererseits kann die herrschende Klasse beruhigt sein, dass die Führungen der Labour und sozialdemokratischen Parteien, der bürokratischen Gewerkschaften, die mit diesen Parteien oder gar den offen kapitalistischen Demokraten verbunden sind, ihnen eilig und eifrig bei der Rettung des Systems helfen wollen. Während Reformisten an der Regierung wie José Luis Zapatero in Spanien selbst die kapitalistischen Attacken tragen, entdecken ihre Gesinnungsgeschwister in der Opposition auf einmal ‚radikalere’ Lösungsvorschläge.

Gordon Brown, der frühere britische Premierminister rät nun zur Rückkehr zum Keynesianismus. Er befürwortet Steuererhöhungen für die reicheren Teile der Gesellschaft und erhöhte Staatsausgaben. Ähnliche Erklärungen kommen vom deutschen SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel, früher Minister in Gerhard Schröders und Angela Merkels Kabinett. Er fordert eine ‚europäisches Konjunkturprogramm’. Ein Brown/Gabriel-New Deal Kurs würde, so meinen sie, die EU, den Euro, die europäische Ökonomie, die Profite und Konkurrenzfähigkeit ihrer Bosse und gleichzeitig den Lebensstandard der ArbeiterInnen, wenigstens der europäischen, retten.

Man muss sich wundern, warum diese Labour und sozialdemokratischen Helden, als sie in der Regierung saßen, ihre keynesianische Politik zur Auslösung von Banken oder den Haushalt zur niedrigen Besteuerung von Reichen benutzt haben wie dies Tony Blair mit seiner Politik des ‚dritten Wegs’ oder Schröder mit seiner Orientierung auf die ‚neue Mitte’ getan haben. Man muss sich wundert, warum Brown das Programm von Kürzungen durchgeführt hat,das so viele seiner ParteianhängerInnen empört hat, oder warum Gabriel die Agenda 2010 vorangetrieben hat, eine strategische Offensive gegen die Nachkriegserrungenschaften der deutschen Arbeiterklasse.

Es ist dieselbe sozialdemokratische Story seit fast 100 Jahren. Einmal an der Regierung, behaupten sie, sie seien ‚gezwungen’ die Gegebenheiten der kapitalistischen Ökonomie zu akzeptieren. Zurück in der Opposition, fühlen sie sich frei, von einer alternativen Regierungspolitik zu träumen, natürlich auf der Grundlage von versöhnlicher Klassenharmonie.

Lenin hat einmal darauf hingewiesen, dass es selbst in der tiefsten Krise des Kapitalismus keine absolut hoffnungslose Lage für die herrschende Klasse gibt, solange sie nicht von der Macht verjagt worden ist. Anscheinend ist bei sozialdemokratischen Führern die Hoffnung auf Partnerschaft und Klassenkompromiss unausrottbar, selbst angesichts einer historischen Krise des Kapitalismus als Weltsystem.

Führungskrise der Arbeiterklasse!

Solange die Arbeiterklasse Führer dieses Schlages von Parteien wie SPD und Labour hat, solange die Gewerkschaften sie unterstützen und ihre reformistischen Ideen die Arbeiterbewegung dominieren, stehen die Aussichten gut für die herrschende Klasse, ihre Herrschaft zu behalten. Es ist die historische Führungskrise des Proletariats, die in Irreführern wie Brown und Gabriel zum Ausdruck kommt und damit entscheidend die herrschende Klasse stärkt.

Sie bilden ein gewaltiges Hindernis, dass der Widerstand erst beseitigen muss, will er erfolgreich die gegenwärtigen Attacken zurückschlagen. Die Arbeiterbürokratie in den reformistischen Parteien und Gewerkschaften verhindert wo sie kann die notwendigen entschlossenen Gegenwehrmaßnahmen. Sie sind entschiedene Gegner von Massenprotesten und Demonstrationen, die über gelegentliches Dampfablassen hinausgehen könnten. Sie hassen den bloßen Gedanken an ‚illegale’ Besetzungen, politische Massenstreiks oder gar an einen Generalstreik. Sie blockieren wo sie können den Aufbau von demokratisch koordinierten Kampforganen, von Massenversammlungen am Arbeitsplatz und in Wohngebieten, von Aktionsausschüssen.

Deshalb müssen wir uns und anderen helfen sich zu organisieren, darum müssen wir von den Massenorganisationen der Arbeiterklasse und ihren Führern diese Art von Aktionen fordern, zugleich aber für Lösungen der Schuldenkrise im Sinne der Arbeiterklasse kämpfen, dass die Bosse, Bänker und Großkapitalisten für ihre Krise zahlen. Wir müssen die Besteuerung der Reichen und Konzerne fordern, die entschädigungslose Verstaatlichung aller Banken und ihre Zusammenfassung in eine Staatsbank. Um die Erwerbslosen in gesellschaftlich sinnvoller Beschäftigung aufzufangen, müssen wir einen Plan zur Schaffung von sozialen Wohnungen, eine Wiederherstellung der Versorgungs- und Bildungssysteme fordern.

Deshalb müssen wir den Kampf um unmittelbare Massenaktion mit dem Eintreten
für eine Arbeiterregierung verbinden, die sich auf Massenorgane, Keimformen von Arbeiterräten, die aus solchen Kämpfen hervorgehen. berufen können.

Um solche Kämpfe bis zum siegreichen Abschluss, dem Sturz des dem Untergang geweihten kapitalistischen Systems selbst, führen zu können, brauchen wir eine politische Alternative an Stelle des in die Sackgasse führenden Labour-, sozialdemokratischen oder irgendeiner anderen Art von Reformismus: neue antikapitalistische und revolutionäre Parteien und eine neue, Fünfte Internationale.




Faschismus verstehen – um ihn zu bekämpfen!

„Halt’s Maul du Faschosau!“

Dieser Spruch kommt dir sicherlich bekannt vor. Nahezu jeder politische Jugendliche wird sich schon einmal dabei ertappt haben, wie er oder sie einen autoritären Lehrer, den Polizisten, der die Genossin festnimmt oder einen rassistischen Politiker als „Fascho“ bezeichnet hat. Immerhin liegt diese Bezeichnung nahe, wenn man sich nach dem Duden richtet, der schlichtweg den Faschismus als antidemokratische, nationalistische Herrschaftsform herabdegradiert.

Zwar ist diese Definition nicht wirklich falsch und viele weitere, wie „rassistisch“, „sexistisch“ oder „homophob“ treffen auch auf den Faschismus zu, aber ist er wirklich nur eine Summe dieser negativen Eigenschaften? Nimmt man sich nicht die Mittel, um gegen den Faschismus zu kämpfen, wenn man schlichtweg alles Reaktionäre als Faschismus abstempelt?

Wenn dem so wäre, dann wäre Sarrazin ebenso ein Faschist, wie es selbst Alice Schwarzer wäre. Auch die Islamisten wären dann genauso Faschisten, wie viele katholische Fundamentalisten und die bürgerliche Demokratie, in der wir momentan leben, wäre nicht weniger faschistisch, als die NS Diktatur von 1933 bis 1945.

Wir wollen jedoch nicht die genannten Institutionen und Personen in Schutz nehmen. Ganz im Gegenteil! Doch eins scheint uns allen klar zu sein: es muss etwas geben, dass den Faschismus von anderen reaktionären Strömungen innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft unterscheidet. Denn um gegen ihn kämpfen zu können und die richtigen Taktiken zu entwickeln, bedarf es mehr als einer rein schematischen Charakterisierung, die nicht nur der Duden, sondern ein Großteil der bürgerlichen Gesellschaft bis hin in die Linke teilt. Dieses Verständnis lässt sich nur entwickeln, wenn man dazu in der Lage ist, unter die Oberfläche des Faschismus zu blicken. Ihn nicht nur als Summe von negativen Eigenschaften zu sehen, sondern eine Analyse seines Klassencharackters zu wagen, die ihn als eine spezielle Erscheinungsform des Kapitalismus beleuchtet. Ihn zu mystifizieren, wie es die bürgerliche Gesellschaft genau wie die Faschisten tun, wird uns hierbei nicht helfen.

Krisen, Elend, sozialer Absturz…

Überall in der Geschichte, wo wir den Faschismus als Massenbewegung und sogar als Herrschaftsform des Kapitalismus sehen konnten, war die Gesellschaft durch Krisen erschüttert.

Anfang der 20er Jahre, kurz nach dem ersten Weltkrieg, lebte ein übergroßer Teil der Arbeiterklasse, aber auch der Mittelschichten in Europa in Armut. Etliche Landreformen und Lebensmittelkrisen hatten viele kleine Bauern in den Ruin getrieben. In den Städten verarmten ganze Schichten des städtischen Kleinbürgertums, wie Handwerker oder Teile der Intellektuellen. Im Kontrast zu Zeiten Mitte des 19. Jahrhunderts konnten diese aber nicht einmal in die Arbeiterklasse fallen, die selbst von Tag zu Tag, durch Entlassungen oder Werksschließungen, immer weiter ausgedünnt wurde.

Die Konsequenz war die Verarmung des Kleinbürgertums. Ebenso rutschte auch die Arbeiterklasse immer weiter in die Armut. Während unter den Arbeitern das Vertrauen in die einstige Arbeiterführer der reformistischen und sozialdemokratischen Parteien bröckelte, fand auch im Kleinbürgertum eine Art Radikalisierung statt. Das Vertrauen in die bürgerliche Demokratie, die nicht dazu in der Lage war, die entstandenen Probleme zu lösen, schwand. Eine Reform jagte die andere. Ein Kabinett wechselte zum nächsten. Nicht nur das die bürgerliche Demokratie niemals im Sinne der Arbeiterklasse und der Bevölkerung hätte sein können, war sie auch immer schlechter für die Durchsetzung der Interessen des Kapitals geeignet.

Denn der Kapitalismus als solches war in Verruf. Er schien nun offener als je zuvor aufzuzeigen, dass er keine Perspektive für die Menschheit war. Die Arbeiterklasse spürte dies, aber auch das Kleinbürgertum. Problematischerweise gab es jedoch keine signifikante revolutionäre Kraft in etlichen Ländern, die eine attraktive Alternative bieten konnte. Falls ja, dann war sie meist nicht dazu in der Lage, die Sozialdemokratie offen zu entlarven und große Teile der Bevölkerung hinter sich zu bringen. Erschwert wurde dies durch die Tatsache, dass bereits viele kommunistische Parteien unter die Kontrolle der stalinistischen Bürokratie gekommen waren.

Die Folge waren sektiererische Schwenks gegenüber den großen Gewerkschaften oder den reformistischen Parteien. So war es einerseits unmöglich eine starke Einheitsfront gegen den Faschismus aufzubauen, andererseits blieb die revolutionäre Bewegung oft isoliert von der großen Masse der reformistisch geführten Arbeiterklasse. Die Konsequenz ist uns allen bekannt.

Arbeiterbewegung: versagen auf voller Linie!

Trotzky, ein Revolutionär der Oktoberrevolution und einer der bedeutendsten Analytiker des Faschismus meinte einmal, dass das Erstarken des Faschismus zwei primäre Ursachen hätte.

„Das Erstarken des Nationalsozialismus ist ein Ausdruck von zwei Faktoren: eine tiefe soziale Krise, die das Kleinbürgertum tief erschüttert und das Fehlen einer revolutionären Partei, die als annerkannte Kraft von den Massen der Bevölkerung gesehen wird. Wenn die kommunistische Partei die Partei der revolutionären Hoffnung ist, dann ist der Faschismus als Massenbewegung, die offene Bewegung der Konterrevolution. Wenn die revolutionäre Hoffnung die Arbeitermassen erfüllt, dann wird sie auch große Teile des Kleinbürgertums hinter sich ziehen. In der genannten Zeit war jedoch das Gegenteil der Fall: konterrevolutionäre Verzweiflung erfüllte die Massen des Kleinbürgertums und zog große Teile der Arbeiterklasse hinter sich…“ (Aus The Turn in the communist International and the German Situation, 1930).

Die gescheiterten Revolutionen in Europa Anfang der 20er Jahre bedeuteten sicherlich einen Kompromiss zwischen den Klassen in vielerlei Hinsicht, trotzdem mussten sie als Niederlage für die Arbeiterklasse gesehen werden. Verschuldet war diese Niederlage den reformistischen Parteien, wie der SPD in Deutschland oder der PSI in Italien. Die Führer dieser Parteien hatten ihren Frieden mit dem Kapitalismus geschlossen und wähnten sich in einer sicheren Position. Doch die Krise in Europa ließ diese Sicherheit hinwegschmelzen und wurde für die Kapitalisten zur Notwendigkeit, die sich erhebende Arbeiterklasse zu bändigen, ja ihre Organisationen zu zerschlagen, jene verräterischen Parteien eingeschlossen.

Der erstarkende Faschismus schien nach und nach immer größeren Fraktionen des Kapitals ein geeignetes Mittel zu sein, um dies zu erreichen. Ohne Frage wäre die Arbeiterklasse stark genug gewesen, um die Faschisten zurückzuschlagen, immerhin besaß sie selbst riesige Selbstverteidigungsorganisationen. Doch während die Sozialdemokratie damit beschäftigt war, sich selbst als Hüter der bürgerlichen Demokratie zu verstehen und die eigene Basis vielerorts aus Angst vor Revolution demobilisierte, versäumten es die kommunistischen Parteien, Einheitsfronten mit der Sozialdemokratie zu schließen und im gemeinsamen Kampf die Faschisten zu bezwingen, aber auch die Arbeiter_innen von ihrer reformistischen Führung in der gemeinsamen Aktion wegzubrechen.

Charakter des Faschismus?

Die verelendeten Schichten des Kleinbürgertums suchten verzweifelt nach Auswegen aus ihrer scheinbar auswegslosen Situation. Eine vielversprechende Kraft schien vielen die faschistische Bewegung zu sein. Diese hüllte sich selbst, ähnlich wie heute, in antikapitalistische Phrasen. Sie wetterte gegen ausländisches Finanzkapital und schuf alle möglichen Schreckgespenster, um von den grundlegenden Klassenwidersprüchen abzulenken. Traurigerweise konnte sie mit dieser Strategie bei großen Teilen der Mittelschichten, die oft politisch verunsichert waren, Gewinne verbuchen.

Der Faschismus, oft als Hydra mit Hitlerkopf dargestellt, war mehr als ein Haufen autoritärer Nazis mit einem Hang zum Führerkult. Er war eine Massenbewegung des Kleinbürgertums. Jedoch hatte der Faschismus kein Interesse daran, die Ursachen der Armut seiner Anhänger wirklich darzulegen.

Er hatte natürlich keine Ambitionen, die Eigentumsverhältnisse in einem revolutionären Sinn zu verändern und war daher eine reaktionäre Bewegung. Die inhaltliche Schwäche seines Programms überdeckte der deutsche Faschismus zum Beispiel mit dem Antisemitismus. In ihm fokkussierte sich die faschistische Ideologie: er appellierte an die als „germanische Rasse“ verbrämte Nation, lenkte vom Klassenwiderspruch ab, versprach die Ausschaltung unliebsamer jüdischer Konkurrenz, lieferte einen Sündenbock und stärkte zugleich das „Selbstwertgefühl“ der von Kriegsniederlage und Krise Gebeutelten. Das gefährliche und spezifische am Faschismus war jedoch, dass er seine Anhänger nicht nur zu den Wahlurnen bewegte, sondern vor allem für Aktionen und Terror gegen die Arbeiterklasse und ihre Organe mobilisierte.

Zu Beginn standen nur kleine Teile der Kapitalist_innen hinter den Faschisten. Erst als die bürgerlichen Demokratien immer mehr schwankten und die Gefahr, dass die Arbeiterklasse den Kapitalismus stürzen könnte zu groß wurde, setzten große Teile des Kapitals auf die Faschisten.

Dabei war ihnen bewusst, dass der Faschismus, einmal an der Macht, expansionistische Züge hätte und den Imperialismus, wie Trotzky einst sagte, als „chemisches Destillat“ verkörpern würde. Eines war klar: dieses Programm enthielt von Beginn an die Gefahr einer revolutionären Gegenwehr zur Arbeiterklasse. Doch keine andere bürgerliche Kraft war dazu in der Lage, den Widerstand der Arbeiterklasse zu brechen, auch wenn dies die vollkommene (nicht unerwünschte) Zerschlagung all ihrer Organisationen bedeutete.

„Der
deutsche wie der italienische Faschismus stiegen zur Macht über den Rücken des Kleinbürgertums, das sie zu einem Rammbock gegen die Arbeiterklasse und die Einrichtungen der Demokratie zusammenpressten. Aber der Faschismus, einmal an der Macht, ist alles andere als eine Regierung des Kleinbürgertums. (…) Die gewaltsame Zusammenfassung aller Kräfte und Mittel (…) im Interesse des Imperialismus (Kapitalinteressen; Anmerkung der Redaktion) duldet keinen Widerstand von innen.“ (Trotzky Portrait des Nationalsozialismus)

Beispiel Dresden: verfehlter Widerstand.

Unter diesen Gesichtspunkten ist es auch lächerlich anzunehmen, man bräuchte eine stärkere, eine „wehrhafte“ Demokratie, um den Faschismus zurückzuhalten. Beide sind im Endeffekt Mittel ein und der gleichen Klasse, nämlich des Kapitals, um ihre Profitinteressen zu Ungunsten der Menschheit durchzusetzen.

Wie sich diese Demokratie gegenüber ehrlichem Antifaschismus verhält, haben wir in der Vergangenheit oft genug gesehen. Auch dieses Jahr wurden bereits etliche Linke mit Anzeigen seitens der Staatsanwaltschaft konfontiert, weil sie in die Vorbereitungen und Durchführung der Blockaden gegen den Naziaufmarsch 2010 in Dresden involviert waren.

Auch Dresdens Oberbürgermeisterin Helma Orosz sieht dies änlich und forderte bereits im letzten Jahr eine Entpolitisierung der Gedenkfeierlichkeiten für die Opfer der Zerbombung Dresdens. Damit verkennt sie die Tatsache, dass die Faschisten nicht spaßeshalber auf die Straße gehen, sondern um ihren Terror auf der Straße durchzusetzen. Dieses Denken hat jedoch nicht seinen Ursprung in einer falschen politischen Position, sondern einem bürgerlichen Klassenstandpunkt.

Lichterketten werden die Faschisten nicht aufhalten. Wer den Opfern des Faschismus, einen Großteil der deutschen Bevölkerung inbegriffen, gedenkt, indem man eine Entpolitisierung fordert und gleichzeitig auf der Straße das Demonstrationsrecht für Faschisten mit Polizeigewalt durchsetzt, macht sich in Wahrheit für deren Steigbügelhalter.

Aber auch in der Linken scheint ein anderer Mythos weit verbreitet zu sein. Der Mythos, dass man den Faschismus als Bewegung mit kleinen gezielten Aktionen aufhalten könne. Dies ist am Rande auch ein Trugschluss, dem viele Kommunisten Anfang der 30er auf den Leim gingen.

Zwar ist es richtig und sogar unabdingbar, antifaschistische Selbstverteidigungstrukturen auf jedem Dorf und in jedem Stadtbezirk aufzubauen. Diese allein und vereinzelt können den Faschismus als Bewegung, die in ihrem Endstadium von Militär, Polizei und dem Kapital unterstütz wird, jedoch nicht aufhalten.

United we Stand, Devided we Fall!

Eines muss uns klar sein. Faschistische Großaufmärsche und die gesamte Bewegung können nur durch die vereinte Aktion der gesamten Arbeiterklasse gebrochen werden. Dazu Bedarf es auch keines „bürgerlich demokratischen Bündnisses“, wie es an vielen Stellen unter anderem auch die DKP propagiert. Es ist vor allem wichtig, die Gewerkschaften und auch die reformistischen Parteien, wie Linkspartei oder die SPD für Mobilisierungen auf der Straße zu gewinnen. Das bedeutet natürlich auch eine konsequente Arbeit in den Gewerkschaften und in den Betrieben, die viele Antifa-Strukturen nur all zu oft scheuen.

Diese Scheu erklärt sich aus der Angst, gemeinsame Sache mit den Reformisten zu machen. Doch die reformistische Führung der Arbeiterklasse, verkörpert durch die Bürokratie der Gewerkschaften und der SPD/ LINKE wird nicht durch isolierte Kleinaktionen gebrochen. Sie wird durch den gemeinsamen Kampf gegen einen gemeinsamen Feind gebrochen. Gerade in der Praxis wird es Revolutionären leicht fallen, mit einer offenen Propaganda und klaren Losungen, die Schwäche der Reformisten aufzuzeigen. Gerade das ist einer der Gründe, warum sich viele dieser Parteien und Bürokraten oft vor Protesten fürchten.

In diesen Bündnissen müssen Revolutionäre jedoch immer offen für ihre Position eintreten. Sie dürfen sich nicht der angeblichen Übermacht von Reformisten oder sozaildemokratischen Positionen ergeben.

Einige dieser Positionen sind:

  • Die Organisierung von antifaschistischen Komitees in allen Stadtteilen und auf den Dörfern, die die Selbstverteidigung vor Faschisten organisieren und die Umgebung sicher machen!
  • Direkte Aktionen von Arbeiter_innen, Jugendlichen, Migrant_innen und der ansässigen Bevölkerung zu propagieren, um den faschistischen Terror zu stoppen!
  • Das Eintreten für Massenaktionen, die gezielt und militant die Faschisten von der Straße treiben und sie nicht nur blockieren!
  • Das Verständnis, dass der Faschismus eine Bewegung ist, die letztendlich die Interessen des Kapitals vertritt und der Schluss, dass es einer revolutionären Bewegung und einer Partei bedarf, die nicht nur die Faschist_innen hinwegfegt, sondern auch dem Kapitalismus den Kampf ansagt!

Antifaschismus heißt Klassenkampf!

Der Kampf gegen den Faschismus ist daher direkt mit dem Kampf gegen den Kapitalismus verknüpft. Für diesen Kampf brauchen wir nicht nur Selbstverteidigungsorgane und kämpferische Gewerkschaften. Wir brauchen auch eine bewusste Kraft, die für diese Errungenschaften kämpft. Das kann nur eine revolutionäre Partei sein, die in ihrem Kampf von ihren Partnerorganisationen, wie zum Beispiel einer revolutionären Jugendorganisation, unterstützt wird.

In Situationen, in denen sich der Faschismus erhebt stellt sich nicht die Frage, ob bürgerliche Demokratie oder Faschismus. Es stellt sich die Frage „Sozialismus oder Barbarei“. Diese Frage kann für uns nur durch eine proletarische Revolution gelöst werden.

Ein Artikel von Georg Sax, REVOLUTION-Berlin




Die Losung der sozialistischen Foederation

War noch vor kurzer Zeit zu hören, dass die Krise überwunden sei, belehren uns die Ereignisse in Nordafrika, aber auch die Hungerrevolten in Asien oder die Schuldenkrise in Europa eines Besseren. In dieser Krisenperiode, die mit Ausbruch der Weltwirtschaftskrise 2008 begann, können wir immer stärker erkennen, dass der globale Kapitalismus nicht dazu in der Lage ist, die Bedürfnisse der Menschheit zu befriedigen, geschweige denn grundlegende Probleme wie Erderwärmung, ungesicherte Energieversorgung oder immer knapper werdende Trinkwasservorräte zu lösen.

Rosa Luxemburgs Losung „Sozialismus oder Barbarei“ hat, heute mehr denn je, ihre Richtigkeit bewiesen. Gleichzeitig muss uns eines klar sein: die Herrschenden werden nicht kampflos das Feld räumen. In den imperialistischen Ländern sind es die Kapitalist_innen allein, die mit Militär und Polizei ihren Machtanspruch sichern. In vielen halbkolonialen Ländern sichern sie ihre Position oft in Bündnissen mit Großgrundbesitzern und regionalen Warlords.

Dem gegenüber stehen Millionen von landlosen Bauern, die städtische Armut, ebenso wie die Arbeiterklasse weltweit. Während wir in den imperialistischen Ländern klar für die Losung der Arbeiterregierung und damit verbunden, dem Sturz des bürgerlichen Staates, ersetzt durch die sogenannte Diktatur des Proletariats oder besser die Gewährung der Demokratie für die Mehrheit der Menschen eintreten, muss in den halbkolonialen Ländern ebenso für die Einbeziehung der armen Bauern eingetreten werden.

In vielen Ländern der Welt erheben sich Tag zu Tag Tausende, manchmal sogar Millionen von Menschen gegen ihre Regime. Die Alternative zu ihnen kann natürlich nur der internationale Sozialismus sein. Jedoch ist zeitgleich klar, dass es nicht von heute auf morgen in allen Ländern der Welt Revolutionen geben wird. Welche Losung, welche Alternative stellt man dem entgegen? Jeder wird verstehen, dass es unklug, ja falsch wäre, den Ländern, die vor einer Revolution stehen zu raten, auf andere zu warten. Im Gegenteil! Wir fordern diese Länder dazu auf, voranzuschreiten, andere Länder mit sich zu reißen und die Revolution weiter zu tragen. Daher treten wir für die Losung der „sozialistischen Föderation“ ein. Während sie das Recht auf Selbstbestimmung der Völker beinhaltet, macht sie klar, dass ein einziges Land unmöglich dazu in der Lage sein wird, eine Revolution gegen die Übermacht des Imperialismus zu halten. Es ist ganz klar, dass dieser ohne Umschweife nicht nur zum Wort sondern vor allem zur Waffe und militärischen Interventionen greifen würde, unter dem Deckmantel der Demokratie. Einer Demokratie, die es einigen wenigen erlaubt sich zu entfalten, auf Kosten der Mehrheit der Weltbevölkerung.

Mehr als das, diese Forderung geht einher mit einem politischen und ökonomischen Verständnis des Weltgeschehens. So treten wir von REVOLUTION für eine sozialistische Föderation im Nahen Osten und Nordafrika ein. Warum nur dort? Vorweg ist es natürlich klar, dass wir in allen Ländern der Welt für einen revolutionären Kampf eintreten und dort, wo wir selbst Sektionen haben, natürlich aktiv mit vorantreiben. Aber uns ist auch klar, dass die Situation zum Beispiel in Deutschland keine revolutionäre ist. Heißt das, den Kampf für die Revolution in Ägypten, Tunesien oder Afghanistan nicht zu fordern? Wohl kaum! Darüber hinaus ist es wichtig, diesen Ländern und der Arbeiterklasse dort eine Perspektive zu weisen, die Perspektive einer sozialistischen Föderation, die auf der Gleichberechtigung der Völker und der Anerkennung unterschiedlicher Kulturen und Religionen beruht. So ist es möglich, den aktuellen Kampf gegen Diktaturen, Hunger oder Armut mit einer sozialistischen Alternative zu verbinden, die ein Ausgangspunkt und ein Vorbild für die Unterdrückten der ganzen Welt sein kann. Denn auch wenn Deutschland heute ein sicheres Pflaster für die großen Konzerne, Banken und Spekulanten sein mag, eine proletarische Revolution und sei es im Nahen Osten, würde von heute auf morgen neue Fakten schaffen.

siehe auch: Nordafrika und der nahe Osten – eine ganze Region im Aufbruch




Die Nazis und das Kapital

In der deutschen Politik der Nachkriegsgeschichte nimmt die Freundschaft zu den USA einen ganz besonderen Stellenwert ein. Ja es war bis zum Irak-Krieg überhaupt ausgeschlossen, die USA zu kritisieren oder sich nicht auf ihre Seite zu stellen. Der Grund hierfür ist klar: die Amerikaner haben uns vor 60 Jahren todesmutig und selbstlos von der faschistischen Diktatur befreit. Doch todesmutig und selbstlos war die Landung in der Normandie allenfalls für die Soldaten der US-Army. Für ihre Generäle und die Politiker war der Einsatz Teil einer politischen Strategie.

Für das US-Kapital kam die Nazi-Diktatur in Deutschland alles andere als unrecht. Lange Zeit setzte man bewusst auf Hitler als „anti-sowjetisches Bollwerk“ in Europa. Doch das war nicht der einzige Grund. Mitte der 20er-Jahre befand sich die komplette Weltwirtschaft in der Krise. Diese Krise war Ausdruck einer gigantischen Überproduktion, welche charakteristisch für den  Kapitalismus ist. Die Gewinne der Unternehmen sanken rapide und die Arbeitslosigkeit schnellte in die Höhe. Wie wir alle wissen war auch das der Grund, warum Hitler in Deutschland an die Macht kam. Durch den Kriegsausbruch in Europa konnten sich die USA sicher sein, dass alle europäischen Staaten auf längere Zeit hin enormen Rüstungsbedarf haben werden. Das Nachfrage-Problem war gelöst. US-Konzerne machten bis weit in den Krieg hinein lukrative Geschäfte in und mit Nazi-Deutschland. Dass die USA dann doch noch auf der alliierten Seite eingriff, lag einerseits daran, dass die militärischen Erfolge von Hitler in Europa der US-Elite dann doch etwas zu weit gingen, aber auch vor allem weil sich das Kriegsgeschäft mit Groß-Britannien als noch gewinnbringender erweisen sollte. Insgesamt kann man feststellen, dass die kapitalistische Wirtschaft ohne den 2.Weltkrieg, der Millionen von Opfern forderte, sich nicht wieder erholt hätte.

Und so sind die gleichen „Corporations“, die damals fröhliche Geschäfte mit Nazi-Deutschland machten, nie zur Rechenschaft gezogen worden und heute noch in der ganzen Welt geliebt und geachtet. (Die folgende Auswahl umfasst natürlich nur einige wenige von vielen Beispielen*)

IBM

IBM ist noch heute einer der größten Software-Konzerne der Welt. Seinerzeit spielte der Konzern für die mörderischen Vorhaben der Nazis eine entscheidende Rolle. Es war die Lochkartentechnologie – Vorläufer des Computers – von IBM, welche die Nazis befähigte, die Verfolgung von Regime-Gegnern und „Untermenschen“ zu automatisieren. Ihre Rechenmaschinen wurden dazu benutzt, um Listen von Juden und sonstigen Opfern zu erstellen, die deportiert werden sollten, und um KZ-Insassen sowie Zwangsarbeiter zu registrieren. Die Geschäfte wurden über das deutsche Tochterunternehmen Dehomag organisiert, dessen Gewinne während des Krieges katapultartig anstiegen. Ohne die fortgeschrittene Technologie von IBM wäre es den Nazis kaum möglich gewesen, den Holocaust derart effektiv auszuführen. (Buchtipp: „IBM und der Holocaust“ von Edwin Black, Propyläen Verlag)

General Motors

General Motors trägt einen großen Anteil daran, dass Nazi-Deutschland im Krieg auf neueste Technologie bauen konnte. Die Nazis tasteten die Besitzverhältnisse von GM nie an. So blieb Opel, die deutsche Tochtergesellschaft von GM, während der gesamten Nazi-Herrschaft in GM-Besitz. Die deutschen Zweigwerke von GM wurden nach einem Treffen von Hitler und Göring mit dem GM-Vertreter Mooney am 19. und 20. September 1939 gänzlich auf Kriegsproduktion umgestellt. Das Berliner Opel-Werk war dabei so erfolgreich, dass die Nazis ihm den ehrenvollen Titel „Kriegsmusterbetrieb“ verliehen. GM setzte Kriegsgefangene vor allem aus Frankreich und der Sowjetunion ein. Die Gestapo sorgte persönlich dafür, dass die sogenannten Fremdarbeiter auch gut arbeiteten. Ihr Einsatz war gekennzeichnet von maximaler Ausbeutung und der Todesstrafe bei kleinsten Vergehen.

GM wurde nach dem Krieg nicht nur nicht bestraft, sondern erhielt sogar eine Entschädigung für Beschädigungen, die ihre Opel-Niederlassungen während der Luftangriffe der Alliierten erlitten, in Höhe von 33 Millionen US-Dollar vom amerikanischen Staat.

Ford

Auch Ford war maßgeblich am Nazi-Kriegserfolg beteiligt. Zu einem gegebenen Zeitpunkt stellten Ford und GM zusammen nicht weniger als die Hälfte der deutschen Gesamtproduktion an Panzern. Henry Ford, der Gründer des Unternehmens, war bekennender Antisemit, der Hitler bewunderte, finanziell unterstützte und sogar mit seinem antisemitischen Buch „The international jew“ inspirierte. Ford lieferte den spektakulärsten Fall von Missbrauch von Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen. Das Unternehmen setzte ab 1942 Kriegsgefangene aus Belgien, der Sowjetunion, Frankreich und anderen besetzten Ländern ein, hielt diese Menschen unter unmenschlichen Bedingungen hinter Stacheldraht gefangen, ließ sie jeden Tag außer Sonntag 12 Stunden lang schuften und zahlte ihnen nicht den geringsten Lohn. 1944 wurde Ford von den Nazis Häftlinge aus dem KZ-Buchenwald zur Verfügung gestellt, welche noch schlechter behandelt wurden.

Coca-Cola

Coca-Cola war seit jeher mit von der Partie, wenn es darum ging Arbeitsrechte zu verletzen und von brutaler Repressionspolitik zu profitieren. Die deutschen Zweigwerke von Coca-Cola konnten ihre Gewinne enorm erhöhen, als sie der Wehrmacht in besetzte Länder wie Frankreich und Belgien folgen durfte. Als nach dem Angriff auf Pearl Harbor der Coca-Cola-Sirup nicht mehr aus den USA importiert werden konnte, ging der Verkauf mit einem neuen Getränk namens Fanta weiter, von dem allein im Jahre 1943 nahezu 3 Millionen Kisten verkauft wurden. Diese enorme Produktion konnte nicht zuletzt durch den Einsatz von Kriegsgefangenen bewerkstelligt werden. Das Engagement von Coca-Cola kann wohl kaum mit seinem Image vereinbart werden, welches für „Freiheit und Demokratie“ steht.

*Alle Angaben aus dem Buch „Der Mythos vom guten Krieg“ von Jacques Powels, Papy Rossa Verlag




Nazis bekämpfen! Aber wie?

Sonntag, 17.4.2011

Anti-Nazi-Demo in Winterbach (Nähe von Stuttgart) anlässlich eines Angriffs von Faschos auf eine Gruppe Migrant_innen (die Faschos haben die Gartenhütte angezündet, in denen sich die Menschen aufhielten! Glücklicherweise konnten alle fliehen).

Treffpunkt: 15 Uhr, Bahnhof Winterbach

Das Faschismus bekämpft werden muss das leuchtet den meisten ein. Auch die bürgerliche Meinungsmaschine – manche sprechen auch von „freien Medien“ – wärmt das Thema immer mal wieder in der einen oder der anderen Art auf. Auf der einen Seite immer dann wenn die Nazis mit brutalsten Gewaltexzessen der widerlichsten Art auf sich aufmerksam machen. Dann hat die Presse wieder etwas Sensationelles zu verkaufen, Gewalt ist immer ein Super-Seller. Und dann wird wieder schockiert getan und nach dem Staat geschrieen, der etwas tun soll. Oder aber nach der „Zivilgesellschaft“ die mehr Courage zeigen soll. Orte wie Hoyerswerda, später Solingen und Mölln wurden in den 90ern zu Symbolen der Fremdenfeindlichkeit, als Rechtsextreme Anschläge auf Einwanderer verübten. Daraufhin gingen Hunderttausende auf die Straße und bildeten Lichterketten, um ein Zeichen zu setzen, dass sie die Anwesenheit der Migrant/innen begrüßten.

Vertreter aller Parteien heucheln danach wieder von ihrer angeblichen antifaschistischen Gesinnung, aber die Bundesregierung weigerte sich in den 90er-Jahren weiterhin, sich auch öffentlich zum längst real gewordenen Status als Einwanderungsland zu bekennen, ja betonte sogar, dass Deutschland nach wie vor kein solches sei. Solche Bekundungen, oder auch die verbalen Ausfälle von so manchem CDUler auch in jüngster Zeit, befördern den Rassismus und spornen die Nazis an, den Worten immer wieder Taten folgen zu lassen.

Doch ist der Staat etwa gegen Rassismus? Nein. Der Staat baut die NPD mit auf. Er schleust V-Männer in die NPD, die auf allen Ebenen die Partei mit aufbauen, angeblich um das ganze unter Kontrolle zu halten. Daran scheiterte auch das NPD Verbotsverfahren. Bis jetzt sind nach wie vor nur 2 von 16 (!)Innenministern bereit, ihre V-Männer abzuziehen. Das heißt 14 Innenminister stehen bei diesem Verbotsverfahren nicht zufällig im Weg. Des Weiteren sind Migranten/innen natürlich auch hier um sie gegen inländische Arbeiter/innen auszuspielen. Sie werden schlechter bezahlt, sie werden zu Sündenböcken abgestempelt, warum es in Deutschland nicht genug Arbeitsplätze gibt. Und wenn man sie gar nicht mehr gebrauchen kann, schiebt der Staat sie ab.

Der Kapitalismus reproduziert tagtäglich sämtliche Probleme der Menschheit, ein System mit einer Minorität von Gewinnern lässt natürlich den Rest der Bevölkerung im Regen stehen. Er ist folglich natürlich nicht in der Lage Probleme wie Armut, Arbeitslosigkeit, Krieg und eben auch Faschismus zu lösen. Also müssen wir das ganze selbst in die Hand nehmen.

Daher ist auch der Ansatz der Antifa, nämlich „nur“ den Faschismus zu bekämpfen, völlig unzureichend. Dieser Ansatz ist genauso falsch, und von dem der bürgerlichen Ideologen gar nicht so weit entfernt. „Ein Antifaschist, der nur ein Antifaschist ist, ist eben kein Antifaschist.“ Wir können den Faschismus nur wirksam bekämpfen, wenn wir ihn mit dem Kampf gegen den Kapitalismus verbinden. Dazu ist eine revolutionäre Organisierung notwendig, die dafür kämpft, die verschiedenen Kämpfe zusammenzubringen und mit dem Ziel des Sturzes des Kapitalismus zu verbinden. Aber davon wollen die Autonomen natürlich nichts hören. Sie sind deshalb auch dazu verdammt, genauso weiter zu machen wie bisher.

Wir werden natürlich weiter mit allen Antifaschist/Innen und auch den Autonomen – in Aktionsbündnissen – zusammenarbeiten, da es ihnen ernst ist und sie im Gegensatz zum kapitalistischen Staat ehrliche Antifaschist/Innen sind. Aber weder Lichterketten noch vereinzelte Übergriffe der Antifa auf Nazis werden den Faschismus beseitigen. Wir treten dafür ein, dass sich betroffene von rechtsradikaler Gewalt in Komitees organisieren und sich selbst gegen die Nazis verteidigen. Verlasst euch nicht auf die Polizei, die die Nasis schützt anstatt sie zu bekämpfen! Doch unser aller Ziel, den Faschismus letztendlich für immer zu besiegen, das kann nur der revolutionäre Kampf für den Sturz des Kapitalismus, verbunden mit dem Kampf für wirklichen Sozialismus und der Schaffung einer Rätedemokratie.