Grundlagen des Marxismus: Was ist Reformismus?

Jonathan Frühling

Seit Ende des 19. Jahrhunderts spaltet sich die Arbeiter_Innenbewegung grob gesagt in einen revolutionären und einen reformistischen Flügel. Der revolutionäre Flügel strebt einen Sturz der Regierung und eine tiefgreifende gesellschaftliche Veränderung an. Der reformistische Flügel behauptet, dass Gesetzesveränderungen ausreichen, um Verbesserungen für die Arbeiter_Innenklasse zu erreichen. Das kapitalistische Wirtschaftssystem und damit die Herrschaft der Kapitalisten (also die der Firmenbesitzer_Innen) sollen nicht angetastet werden. Die Reformist_Innen bilden seit über 100 Jahre faktisch die Führung der Arbeiter_Innenklasse und zwar mit katastrophalen Folgen, wie wir sehen werden.

Reformismus in der Geschichte der Arbeiter_Innenbewegung

Das Aufkommen des Reformismus in Deutschland

In Deutschland begann sich in der Arbeiter_Innenpartei (ab 1891 SPD) und den Gewerkschaften Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts eine privilegierte Schicht hauptamtlicher Funktionäre zu bilden, auch indem sich die Partei fest im Parlament zu verankerte. Dadurch erhielten sie eine ökonomisch (wirtschaftlich) gesicherte Position in der Gesellschaft. Mächtige Streiks und vielleicht sogar einen Sturz der bürgerlich-monarchistischen Regierung hätte seit diesem Zeitpunkt auch deren gehobene Stellung in Frage gestellt. Sie beschränkten sich deshalb auf minimale Aktionen und reformistische Forderungen, wie höhere Löhne oder Arbeitslosenversicherung, also Forderungen, die den Kapitalismus nicht in Frage stellen.
Nachdem sich die Sozialist_Innen in Deutschland zu Reformist_Innen entwickelten, war auch eine Revision (Abänderung, bzw. Verfälschung) der marxistischen Ideologie notwendig. Dafür veröffentlichte der reformistische Theoretiker Bernstein am Ende des 19. Jahrhunderts eine Reihe von Schriften, in denen er grundlegende Ansichten des Marxismus verwarf. Die berühmte deutsch-polnische Sozialistin Rosa Luxemburg schrieb daraufhin 1899 ihr Werk „Sozialreform oder Revolution“, in dem sie die Ansichten Bernsteins als Verrat an der Arbeiter_Innenklasse entlarvte. Die Führung der SPD jedenfalls nahm seine Theorien trotzdem begeistert auf, da sie ihre Politik rechtfertigten.

Der Zusammenbruch der II. Internationale

Der endgültige Bruch zwischen Reformist_Innen und Revolutionär_Innen ereignete sich am Anfang des ersten Weltkrieges. Damals existierte ein internationaler Zusammenschluss sozialistischer Parteien: die zweite Internationale. Am Anfang des Krieges stellten sich jedoch fast alle „sozialistischen“ Parteien auf die Seite der nationalen Regierungen und unterstützten deren Krieg gegen die anderen Länder. Die zweite Internationale zerbrach. In Deutschland wurde das durch die Bewilligung der Kriegskredite 1914 durch die SPD im Reichstag besiegelt. Eine internationalistische und revolutionäre Position ist dagegen für die Niederlage aller kapitalistischer Staaten und für einen Sieg der Arbeiter_Innen und des Sozialismus in jedem Land einzutreten. Auch nach dem Krieg, als die SPD die Novemberrevolution im Blut ertränkte, zeigte sich, dass sie bereits konsequent bürgerliche Politik machte.

Reformismus in Deutschland

SPD und die Linkspartei

In Deutschland sind die zwei größten reformistischen Parteien die SPD und Die Linke. Beide Parteien stützen sich größtenteils auf die Arbeiter_Innenklasse und behaupten Verbesserungen für die Klasse der Lohnabhängigen erreichen zu wollen, wenn sie in die Regierung gewählt werden. Zwar ist die SPD von beiden die rechtere Partei, jedoch bleibt der Linken in der Regierung auch nichts anderes übrig, als die bürgerliche Gesellschaft zu verwalten: Sie privatisiert Wohnraum, rüstet die Polizei auf, wie zuletzt als Berliner Regierungspartei, oder schiebt ab, wie in Thüringen, wo sie sogar der stärkere Koalitionspartner ist. Die teilweise revolutionäre Rhetorik kann daran auch nichts ändern.

Die Gewerkschaften

Gewerkschaften sind aus Arbeitskämpfen entstanden. Sie sind Sammelpunkte für Widerstand, wo sich Arbeiter_Innen gemeinsam gegen die Angriffe der Unternehmer_Innen, also beispielsweise gegen Lohnsenkungen oder Arbeitszeitverlängerungen, wehren. In Deutschland haben die Gewerkschaften eine reformistische Führung. Sie beschränken sich fast ausschließlich auf routinemäßige Tarifverhandlungen mit dem Kapital. In diesem Rahmen bewegt sich auch die Existenz der Gewerkschaftsfunktionäre. Deshalb schreckt die Gewerkschaftsbürokratie meist zurück, wenn die Arbeiter_Innenklasse in Kämpfen wirklich in Bewegung kommt und versucht schnell das Verhältnis zwischen Kapitalist_Innen und Lohnarbeiter_Innen wieder zu befrieden.

Gerade beim Poststreik 2015 kann man das sehr gut aufzeigen. Damals traten Mitarbeiter_Innen der deutschen Post gegen eine Verschlechterung von Lohn und Arbeitsbedingungen in den Streik. Die Bewegung entwickelte eine große Dynamik, immer mehr Menschen legten die Arbeit nieder. Der Streik wäre eine wirkliche Gefahr für die Post geworden, hätte nicht die zuständige Gewerkschaft Ver.di den Streik gegen den Willen der Belegschaften beendet, da er auch unter Umständen ihren ruhigen Arbeitsalltag erschüttert hätte.

Wieso lässt sich die Gesellschaft nicht mit Reformen verändern?

Für viele Menschen stellt sich die Frage, wieso das Gesellschaftssystem nicht einfach durch die Wahl einer sehr linken Regierung und anschließenden Gesetzesänderungen verändert werden kann. Dies hat einige einfache Gründe: Selbst wenn eine revolutionäre Partei die Macht ergreifen würde, hätte sie zur Transformation der Gesellschaft nur den bürgerlichen Staat, also Militär, Polizei und Bürokratie, zu Verfügung. Diese profitieren aber alle vom Kapitalismus und dienen deshalb der Bourgeoisie. Sie könnten der Regierung einfach ihren Gehorsam verweigern, statt Angriffe auf die Kapitalist_Innen, wie die Abschaffung des Erbschaftsrechts, durchzusetzen.

Der Parlamentarismus an sich ist nur momentan die bequemste Form der bürgerlichen Herrschaft. In Zeiten von Wirtschaftskrisen und Krieg kann ihn die Bourgeoisie durch eine andere Herrschaft, wie die Militärdiktatur ersetzen. Selbst aber eine normale bürgerliche Regierung kann Errungenschaften, wie den Mindestlohn oder den Acht-Stundentag rückgängig machen, wie wir gerade in Frankreich sehen. Wieso sollte dann die herrschende Klasse, die alle Bereiche der Gesellschaft beherrscht, eine gegen sie gerichtete Politik zulassen?

Außerdem liegt die gesamte Führung der Wirtschaft nicht in den Parlamenten, sondern in den Aufsichtsräten der großen Unternehmen. Sie entscheiden, in welche Technologie investiert wird, was für die Menschheit hergestellt wird oder wer wo arbeiten darf, usw. Eine wirklich demokratische Gesellschaft muss auch auf diese wichtigen Entscheidungen Einfluss ausüben, was aber nicht durch die einfache Änderung der Gesetze erreicht werden kann. Auch der Umstand, dass Lohnarbeiter_Innen ausgebeutet werden, beruht nicht auf Gesetzen, sondern auf der ökonomischen Tatsache, dass sie nur ihre Arbeitskraft und keine Firma haben.

Die Reform kann deshalb immer nur ein Werkzeug sein, um die bestehende Gesellschaft zu verändern, niemals aber, um neue Gesellschaft zu errichten. Bei Reform und Revolution handelt es sich also um zwei grundverschiedene Dinge und nicht um zwei Wege zum Ziel des Sozialismus.

Kampf gegen den Reformismus

Die Macht der Reformist_Innen über die Arbeiter_Innenklasse zu brechen und die Arbeiter_Innenklasse wieder auf einen klassenkämpferischen Weg zu führen, ist momentan die dringendste Aufgabe der Menschheit.

Da, wie gesagt, viele Menschen Illusionen in reformistische Organisationen haben, ist es auschlaggebend, diese Leute zu überzeugen, schon allein weil sie verstanden haben, dass es wichtig ist, zu kämpfen und sich gemeinsam zu organisieren. Aber ihre Illusionen in die Parteien oder Gewerkschaften kann man nicht verändern, wenn man sich von ihnen isoliert, nicht mit ihnen redet oder kämpft. Viel mehr müssen wir als Revolutionär_Innen unsere Positionen denen der Reformist_Innen gegenüberstellen und deren Richtigkeit beweisen. Unserer Meinung nach funktioniert das am besten, wenn wir mit reformistischen Parteien zusammenarbeiten. Dabei ist es unabdingbar im gemeinsamen Kampf aufzeigen, wie halbherzig und verräterisch deren Führung handelt. Deswegen treten wir auch immer für die Kritik- und Propagandafreiheit in Bündnissen ein. Denn wenn man sich nicht gegenseitig kritisieren darf, kann man auch nicht diskutieren und Fehler aufzeigen. Aber nur wenn man zusammen arbeitet und die Fehler der Führung vor der Basis offenlegt, können wir Menschen für unsere Politik und unsere Organisation gewinnen.

In den Gewerkschaften bedeutet der Kampf gegen den Reformismus, kämpferische Basisgruppen aufzubauen. Sie sollen im Falle von Arbeitskämpfen fortschrittliche Arbeiter_Innen für radikale Positionen gewinnen und so eine klassenkämpferische Opposition in den Gewerkschaften aufbauen. Diese können so in die Lage kommen, die momentane Gewerkschaftsführung unter Druck zu setzen oder gar durch eine revolutionäre Führung zu ersetzen.

Schluss

Klar ist, dass wir als Revolutionäre den Kampf um Reformen keineswegs ablehnen. Ganz im Gegenteil: Er ist ein wichtiges Mittel, um die Lebenslage der Arbeiter_Innen zu verbessern und die Arbeiter_Innen überhaupt in den Kampf um die Verbesserung ihres Lebens zu führen. Jedoch gehen wir noch viel weiter, denn auch mit hohen Löhnen werden die Menschen noch immer ausgebeutet, werden Frauen unterdrückt und vieles mehr. Die entscheidenden Probleme unserer Gesellschaft werden durch den alleinigen ökonomischen Kampf nicht behoben werden können. Der reine Reformismus ist dagegen eine Spielart bürgerlicher Politik, welche die Unterdrückten mit dem herrschenden System zufrieden stellen soll, wie es die SPD ganz offen tut. Wirkliche Klassenkämpfe werden vom Reformismus wenn überhaupt nur auf Druck von unten geführt und schnell wieder beendet. Auch ein Reformismus, welcher den Kapitalismus mit Gesetzesänderungen abschaffen will, wird sich früher oder später auf diesem Weg befinden, wie der Verrat der Syriza-Regierung in Griechenland beweist. Diese führt nun statt dem Sozialismus die härteste Sparpolitik in der Geschichte des Landes ein. Deshalb kämpfen wir dafür, den Unterdrückten wieder eine revolutionäre Führung zu geben, die das theoretische Rüstzeug hat, die Unterdrückten siegreich im Kampf zum Kommunismus zu führen.




Internationaler Rechtsruck – seine Grundlagen verstehen, um ihn zu bekämpfen!

VON JAQUELINE KATHERINA SINGH


Wenn wir uns in der Welt umschauen, kann uns ein Schauer über den Rücken laufen. In Deutschland hat’s die AfD bei fast allen Wahlen zweistellig in den Landtag geschafft, während die etablierten Parteien einen deutlichen Stimmverlust erlitten. Neben dem massiven Anstieg von Übergriffen auf Geflüchtete und ihre Unterkünfte in den letzten 2 Jahren, häufen sich auch Angriffe auf Linke, sowie auf Büros von Gewerkschaften, Linkspartei, SPD und anderen linken sowie migrantische Einrichtungen. Begleitet wurde dies mit Asylgesetzverschärfungen, die letztendlich in eine große Abschiebekampagne seitens der Regierung mündete.


Doch nicht nur in Deutschland hat sich die Lage verändert. Schauen wir in der Welt umher, sieht’s in anderen Ländern nicht viel besser aus. Werfen wir einen Blick nach Frankreich: Seit 2009 wird die Front National einflussreicher und der staatliche Rassismus nimmt zu. Der antimuslimische Rassismus ist besonders stark ausgeprägt, wie das die Debatte zum Burka-Verbot oder die physischen Angriffe auf Muslima nach dem Terroranschlag auf Charlie Hebdo zeigen.


Auch in Polen, sieht’s da nicht besser aus. Seit 2015 ist die rechtskonservative Prawo i Sprawiedliwość (kurz: PiS, dt: Recht & Gerechtigkeit) an der Regierung und verabschiedet reaktionäre Gesetze. Erst griff sie die Pressefreiheit an, im Herbst 2016 wurde versucht Abtreibungen zu verbieten. Von der Geflüchtetenpolitik des Landes will man lieber schweigen. Hinzu kommt eine starke faschistische Szene, die Linke systematisch angreift.


Auch in anderen europäischen Ländern sehen wir eine starke Rechte. Während in Österreich die FPÖ, eine rechtspopulistische Partei, stark zulegt und es nur eine Frage von 2% war, ob sie den Bundespräsidenten stellen, streifen in der Ukraine faschistische Milizen umher. Ebenfalls in Ungarn ist ein Rechtspopulist an der Regierung mit der faschistoiden Jobbik im Rücken und auch in Schweden oder Finnland haben die Rechten gut zugelegt. Doch dabei hört es nicht auf. Auf dem Großteil der Welt können wir einen Rechtsruck verzeichnen. Von den USA bis zu den Philippinen können wir beobachten, wie Rechtspopulist_Innen Erfolg haben. Klar ist: Dem Rechtsruck müssen wir uns entgegenstellen. Aber wie?


Warum ist das so?


Wenn wir uns effektiv wehren wollen, müssen wir auch verstehen, wie dieser Rechtsruck zustande kommt. Dazu müssen wir uns anschauen, in was für einer Welt wir eigentlich leben.


Um dies gleich zu beantworten: Aktuell leben wir im Stadium des Imperialismus. Dieses ist quasi die „höchste“ Stufe des Kapitalismus. Es gibt einen internationalen Weltmarkt samt einer internationalen Arbeitsteilung. Das heißt, dass weltweit gehandelt wird und deswegen nicht jedes Land Alles für sich selber herstellen muss. Wichtiger noch: Überhaupt nicht in der Lage ist mit der Produktivität dieser internationalen Arbeitsteilung standzuhalten. Außerdem gibt es zwei Formen von Ländern: imperialistische und unterworfene. Aus dem Schulunterricht kennen die ein oder anderen den Begriff der „Kolonisierung“. Damals gab es Länder, die offen andere Länder, also Kolonien abhängig gemacht haben – wirtschaftlich und politisch. Imperialistische Länder machen in einer gewissen Weise das gleiche. Sie halten unterworfene Länder, auch Halbkolonien genannt, wirtschaftlich abhängig. Jedoch politisch formal unabhängig. Oberflächlich erscheinen die meisten Halbkolonien als eigene Staaten. Schaut man sich aber an, wem die Firmen gehören, welche Zuschüsse der Staat bekommt und wie verwoben die Beziehungen mancher Politiker_Innen sind, wird schnell klar: komplett unabhängig agieren die Länder nicht.
Natürlich gibt’s noch mehr was wir zum Thema Imperialismus sagen sollten. Aber das würde den Rahmen des Artikels sprengen. Deswegen gehen wir an dieser Stelle nur noch auf zwei weitere, für den Rechtsruck relevante Punkte ein.


Einer dieser Punkte ist die fortschreitende Monopolisierung. Konzerne fusionieren, kaufen auf und übernehmen das Game in die Hand, während kleinere Firmen und Händler verdrängt oder aufgekauft werden. Das ist ein Prozess, der innerhalb der kapitalistischen Produktionsverhältnisse nicht gänzlich aufzuhalten ist. Einer kleinen Bäckerei im Dorf ist es nämlich unmöglich in der gleichen Zeit so viele Brötchen herzustellen wie es eine Bäckereikette machen kann (samt Maschinen, Anzahl an Arbeiter_Innen, Rohstoffpreisen usw. usf.). So wird dann auch der Preis der Dorfbäckereibrötchen teurer und mehr Menschen gehen zur Bäckereikette, weil es günstiger ist. Das Ganze hat positive, wie auch negative Seiten. Ersteres ist, verständlicherweise schwer zu glauben, wenn man sich anschaut was Bayer, Monsanto oder Unilever so verzapfen. Aber mit der Monopolisierung geht eine Zentralisierung der Produktion einher und sie legt den Grundstein für eine globale, organisierte Planwirtschaft. Da die großen Konzerne allerdings in direkter Konkurrenz stehen, kann dieser positive Aspekt nur genutzt werden, wenn die Arbeiter_Innen die Produktionsmittel selber kontrollieren. Ist das nicht der Fall stehen die Konzerne in Konkurrenz zueinander, produzieren unnötig aneinander vorbei und die negativen Auswirkungen wie Umweltverschmutzung, Raubbau etc. kommen zum Vorschein. Logische Folge der anarchischen Produktionsweise.


Es gibt aber noch einen anderen Aspekt der Monopolisierung: Kleinere Firmen, auch gerne als Mittelstand bezeichnet, die Angst haben ihre Stellung zu verlieren und nicht mehr zu existieren. Getrieben von der Angst des sozialen Abstieges fangen sie an, laut herumzubrüllen: Protektionismus, Nationalchauvinismus, Standortborniertheit, das sind ihre Argumente um sich zu schützen. Kurz gesagt: Sie wollen das Rad der Zeit aufhalten um nicht ihren Reichtum zu verlieren; sich gegen die internationale, arbeitsteilige Struktur des Gesellschaftssystems stellen.


Ein weiterer Aspekt des Imperialismus ist der Kampf um die Neuaufteilung der Welt. Zwar ist die Welt schon in unterdrückte und imperialistische Länder aufgeteilt, aber die oben beschriebene Konkurrenz zwischen wirkt sich auch auf die Nationalstaaten aus, die vereinfacht gesagt auch Interessenvertreter_Innen der jeweiligen national vorherrschenden Kapitalfraktionen. Die imperialistischen Staaten und Bündnisse wetteifern darum, wer welchen Absatzmarkt beherrscht, wer welchen national untergliederten Teil der Arbeiter_Innenklasse zu welchem Profit ausbeuten kann und die Zugänge zu Rohstoffen kontrolliert. So wird der aktuell führende, aber auch schwächer werdende US-Imperialismus ökonomisch von China, der EU global herausgefordert, diese Konkurrenz geht auch von Russland in militärischen Fragen (bspw. Syrien, Ukraine) aus.


Diese immerwährende Konkurrenz führt dazu, entgegen der Bedürfnisse und über den Bedarf produziert wird, woraus folgt dass es für einen immer kleineren Teil von Produzent_Innen Profite zu verteilen gibt. Nicht „nur“ gegenüber dem Proletariat (Arbeiter_Innen), sondern auch gegenüber den „Mittelschichten“. Diese kommen dann gegenüber dem Großkapital erneut in eine verstärkten Konkurrenz, bzw. müssen sie sich den gesteigerten Anforderungen dessen unterwerfen – als Betrieb, aber auch als kleinbürgerliche Schicht.
So werden die Kapitalist_Innen gezwungen immer nach einem Weg zu schauen, wie sie mehr Profit anhäufen können. Diesen erlangen die Kapitalist_Innen beispielsweise dadurch, dass sie Löhne kürzen oder in die Verbesserung der Produktionsmittel investieren. Ähnlich wie bei der Monopolisierung ist das eine Medaille mit zwei Seiten. Der Zwang die Produktionsmittel, also Maschinen, zu erneuern, bedeutet in einem gewissen Maß Fortschritt. Aber eben nur in einem gewissen Maß, da man dies nicht unendlich lange machen kann.
Irgendwann erreichen die Kapitalist_Innen den Punkt, an dem es zu teuer wird die Produktionsmittel zu erneuern und erneute Investitionen sich nicht mehr lohnen. Diesen Prozess nennt man „den tendenziellen Fall der Profitrate“, den Marx und Engels entdeckt haben.


Profit macht das Kapital mit der Ausbeutung der Ware Arbeitskraft (also mit Arbeiter_Innen, die ihre Arbeitskraft verkaufen). Diese ArbeiterInnen arbeiten mit Maschinen, sowie Rohstoffen (Produktionsmittel) und schaffen ungeheure Werte, wovon sie allerdings nur einen Bruchteil als Lohn bekommen. Je teurer die Produktionsmittel & Rohstoffe werden, je geringer der Anteil menschlicher Arbeit in der einzelnen Ware, daher sinkt die Rate, wenn auch nicht die Masse der Profite. Um also die jeweilige Profitrate (also wie viel Gewinn pro investiertes Kapital) zu erhalten. Auswege für diesen Prozess gibt es nicht viele für Kapitalist_Innen. Sie müssen versuchen andere aufzukaufen oder zu fusionieren. Auch Spekulationen bieten kurzfristig eine Möglichkeit den Prozess hinauszuzögern. Sind dann alle Möglichkeiten ausgeschöpft und Absatzmärkte erschlossen, greift man zu rabiateren Methoden. Dies kann man zum Einen durch Austeritätspolitik umsetzen, zum anderen aber auch durch wirtschaftlichen oder militärischen Krieg. In diesem werden die Produktionsmittel zerstört. Und die stärkere Kapitalfraktion kann verstärkt in neue Märkte eindringen, während die Verliererin noch eventuelle Reparationen und Wiederaufbauarbeiten trägt.


Wenn es dann keine wirklich gute linke Alternative gibt und es den Menschen schlechter geht, haben solche rechten Populist_Innen Erfolg. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise 2007/08 standen viele Banken kurz vor dem Bankrott. Viele hat wurden gerettet. Die Kosten dafür haben aber nicht jene getragen, die viel Geld besaßen. Nein, die Kosten wurden auf die Arbeiter_Innen abgewälzt. Praktisch wurden die Armen noch ärmer gemacht durch Leiharbeit, Kürzung bei Sozialleistungen,
sozialen Einrichtungen etc. In Griechenland beispielsweise gab es Zeiten, da konnten die Arbeiter_Innen sich entscheiden, ob sie entweder ihre Stromkosten oder ihre Krankenversicherung zahlten. Auch in den USA oder Spanien haben viele Leute Jobs verloren und es gab keine sozialen Sicherungen. Neueinstellungen fanden im Durchschnitt zu einem niedrigerem Lohnniveau statt.


Parteien, die eine dagegen die Stimme erhoben haben, gab es kaum. Gerade im Kern von Europa haben Sozialdemokrat_Innen wie die SPD dabei geholfen, die Kosten der Krise auf die Arbeiter_Innen abzuwälzen. Linke Reformist_Innen wie die Linkspartei haben es verpasst kräftig dagegen zu kämpfen. So scheiterten europaweite Streikversuche oftmals an der Blockade durch Gewerkschaftsbürokratien imperialistischer Nationen, siehe 14.11.12. Aktuell passen sie sich sogar dem Rechtsruck an und mobilisieren nicht aktiv gegen den staatlichen Rassismus oder jenen auf der Straße. Vielmehr versuchen sie die Wähler_Innen, die sie an die AfD verloren haben mir rechter Rhetorik wieder zu gewinnen.


Darüber hinaus gibt es in vielen anderen Ländern gar keine Parteien, die von sich behaupten, dass Interesse der Arbeiter_Innen zu vertreten. Das heißt insgesamt: Statt die wirklichen Probleme anzusprechen und zu benennen warum es den Leuten dreckig geht, gehen viele Parteien nach rechts und verschieben die Probleme. Man kann also sagen, dass die Arbeiter_Innenklasse sich also in einer Führungskrise befindet, da es keine größere Organisation existiert, die ihre Gesamtinteressen vertritt und eine klare Perspektive bietet.


Allerdings gibt es auch andere Beispiele. Als in in Griechenland die etablierten Parteien (PASOK und Nea Democratia) während der Krise an Stimmzahlen verloren, wurden nicht nur die Rechten stärker. Im Zuge der katastrophalen Situation im Land fanden die Reformist_Innen von SYRIZA in der Bevölkerung anklang. Die Partei versprach schließlich sich gegen die massiven Einsparungen zu wehren, die die Lebensgrundlage der Mehrheit im Lande zerstörten – und so wurde sie gewählt. Ähnliches konnten wir im letzten Jahr in Großbritannien beobachten. Jeremy Corbyn gewann die Wahl um den Vorsitz der Labour-Party als linker Reformist in einer sich stetig nach rechts bewegenden Partei, durch die massive Unterstützung der (neuen) Parteibasis.
An beiden Beispielen haben wir eine Menge Kritik, schließlich hat Corbyn Kompromisse mit dem Parteiapparat gemacht und SYRIZA sich dem Spardiktat entgegen ihrer Versprechungen gebeugt. Nichts desto trotz zeigen sie auf, dass „radikale Forderungen“ wie sie Bürgerliche nennen, Rückhalt in der Mehrheit der Bevölkerung finden können. Und die Sprengkraft des Verhältnisses von der Politik bürgerlicher Arbeiter_Innenparteien zu ihrer proletarischen Basis.


Was für eine Perspektive haben wir?


Zugegeben: Wirklich gut hört sich das Ganze nicht an. Der Rechtsruck geht mit zunehmender Militarisierung einher. Unterschiedliche Länder rüsten auf, Militärparaden oder schlicht und einfach das Werben für’s Sterben schleicht sich langsam in unseren Alltag. Hinzu kommt der zunehmende Rassismus. Er spaltet die Arbeiter_Innenklasse dadurch dass man Angst vor den Migrant_Innen, sowie Geflüchteten hat, die einem „Arbeit und Sozialleitungen“ wegnehmen wollen und fördert nationalen Chauvinismus.


Doch wir müssen das Ganze nicht einfach so hinnehmen! Es gibt Wege dieser tristen Zukunft zu entkommen. Als REVOLUTION treten wir dafür ein, dass es eine antirassistische Bewegung braucht, bestehend aus Gewerkschaften, Sozialdemokratie und linken Reformist_Innen, die sich dem Rechtsruck stellt. Aktuell sind es nämlich diese Organisationen, die einen Großteil der organisierten Arbeiter_Innen hinter sich führt. Denn Rassismus ist nicht einfach nur so beschissen. Er schwächt auch das objektive Interesse aller Arbeiter_Innen. Anstatt zusammen für eine bessere Lebensgrundlage zu kämpfen, bekämpft man sich gegenseitig (teile und herrsche). Deswegen ist es wichtig auch eigene Forderungen aufzustellen, wie nach bezahlbaren Wohnraum oder Mindestlohn für alle. Allerdings darf man auch nicht der Illusion verfallen, dass es nur ausreicht die „sozialen Fragen“ zu betonen. Diese Forderungen müssen konsequent mit Antirassismus verbunden werden, denn nur in praktischen Kämpfen kann man den sich etablieren Rassismus anfangen zu beseitigen. Widmet man sich in der jetzigen Situation nur den sozialen Fragen, vergisst man, dass Rassismus spaltet, kann ihn schlechter bekämpfen. Daneben muss auch die Frage der Selbstverteidigung aufgeworfen werden. Denn neben rassistischen Gesetzen, gibt es auch Rassist_Innen auf der Straße, die Migrant_Innen und Linke angreifen.


Aber eine Bewegung reicht nicht aus. Für uns Jugendlichen sieht unsere Zukunft echt beschissen aus: mehr Ausbeutung, mehr Überwachung, weniger Freiheiten und Perspektive. Es wird immer schwerer einen Ausbildungsplatz oder einen Job zu finden, von dem wir leben können ohne vorher den Spießrutenlaufen von unterbezahlten Praktika oder befristeten Jobs durchlaufen zu müssen. Für diejenigen, die weiblich, migrantisch oder geflüchtet sind, ist das Ganze nochmal ein Zacken härter. Nebenbei werden dann auch die Ausgaben für Bildungseinrichtungen gekürzt und in der Gesellschaft wird unser Selbstbestimmungsrecht über unseren Körper, sowie die eigene Sexualität eingeschränkt, oftmals geleugnet. Deswegen brauchen wir Jugendlichen eine eigene internationale Organisation mit einem revolutionären Programm. Ein Programm, das deutlich macht, dass es keine Spaltung aufgrund Herkunft, Geschlecht, Alter oder Sexualität geben darf und das aus den Fehlern der Vergangenheit lernt. Nur so können wir der Unterdrückung von Jugendlichen, auch in der Arbeiter_Innenbewegung selbst, entgegentreten. Wir müssen die aktuellen Problematiken mit einer revolutionären Perspektive verbinden und diese ins Bewusstsein der Menschen tragen. Konkret heißt das: Wir beteiligen uns an aktuellen Kämpfen wie Streiks oder Bewegungen und versuchen dort eine revolutionäre Perspektive rein zu tragen, insbesondere an den Orten an denen wir uns befinden, wie Schulen oder Betrieben.


Aber eine Organisation mit revolutionärem Programm braucht es nicht nur für uns Jugendliche. Als REVOLUTION ist uns nämlich bewusst, dass wir Jugendlichen nicht die einzigen sind, die unter dem System zu leiden haben und wir alleine nicht das System ändern können. Für uns ist die Arbeiter_Innenklasse die einzige Kraft, die eine Revolution anführen kann, wird doch durch ihre schöpferische Kraft der Großteil des gesellschaftlichen Wert produziert, den sich einzelne anschließend privat aneignen. Aus diesem Grund unterstützen wir die Anstrengungen, neue Arbeiter_Innenmassenparteien aufzubauen, die offen für ein revolutionäres, sozialistisches Programm kämpfen.


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100 Jahre Russische Revolution: Teil 1 Die Februarrevolution

VON LEONIE SCHMIDT


Bevor es zur Oktoberrevolution und somit zur proletarischen Revolution kam, gab es eine andere Revolution 1917 in Russland. Das war die Februarrevolution und ohne diese wäre es auch nicht zu einer proletarischen Revolution gekommen, denn sie war nötig um den Zaren zu stürzen, das revolutionäre Bewusstsein der Arbeiter_Innen zu stärken und die Massen zu organisieren. Eine Besonderheit der Februarrevolution ist aber auch, dass sie ohne wirkliche Führung d.h. einer revolutionären Partei geschah, sondern nur aus den fortschrittlichsten Schichten der Massen heraus.


Tatsächlich hatte es aber schon 1905 einen Versuch gegeben, den Zaren zu stürzen. Dieser war jedoch gescheitert und blutig niedergeschlagen worden. Das lag vor allem daran, dass die Industrie und damit das Proletariat noch deutlich schwächer waren. Außerdem fehlten Kampferfahrung, eine klare Arbeiter_Innenführung, zudem war die Verbrüderung von Soldaten (mehrheitlich Bauern) und Arbeitern_Innen war wenig entwickelt. Natürlich waren damals vor allem Arbeiter_Innen beteiligt und gerade die fortschrittlichen Petrograder (St. Petersburger) Arbeiter_Innen hatten viele Lehren aus dieser ersten Revolution in Russland gezogen.


Warum kam es zur Februarrevolution?


Russland befand sich seit 1914 im 1.Weltkrieg und war Verbündeter von England und Frankreich (Tripleentente). Russland jedoch war das schwächste Glied in dieser Kette, denn es hatte keine sonderlich große Industrie, 90% der Menschen lebten auf dem Land. Russland war noch halb feudalistisch, während die Westmächte bereits ganz im Kapitalismus angekommen waren. Das hatte auch Auswirkungen auf die Machtverteilung in der imperialistischen Kette, z.B. gab es in Russland besonders viele ausländische Investoren. Dadurch konnte die Industrialisierung in Russland zwar stark angekurbelt werden, jedoch blieb Russland damit total abhängig von seinen Verbündeten.


Auch war die russische Armee sehr schlecht ausgestattet und es wurde hauptsächlich für die Bedürfnisse an der Front produziert (50 % der Wirtschaftsleistung), die normale Bevölkerung musste hungern. Ein Drittel der Menschen, die an der Front gekämpft hatten waren entweder tot (2,5 Millionen) oder verletzt (2,5 Millionen), katastrophale Niederlagen und Hunger hatten Armee und Hinterland total demoralisiert. Viele verschiedene Völker des Zarenreiches wie z.B. Kasachen, Kirgisien, Turkmenen, Usbeken und die baltischen Völker wurden vom zaristischen Regime unterdrückt. Der Knackpunkt allerdings war, dass die Agrarfrage (Aneignung des adeligen Landbesitzes durch die einfachen Bauern) nicht gelöst war.


Der Sturz des Zarismus


Am Frauentag des Jahres 1917, in Russland der 23. März, kam es zu Streiks in Petrograd. Man streikte hauptsächlich für Brot und gegen den Zarismus. Aber die Bolschewiki rieten sogar von dem Streik ab, denn sie befürchteten, dass der Aufstand in eine Niederlage enden würde. Das interessierte die Arbeiter_Innen aber nicht und 90.000 Menschen streikten noch am selben Tag. In den folgenden Tagen breiteten sich die Streiks über das ganze Land immer weiter aus.
Es kam aber auch zu zahlreichen, blutigen Zusammenstößen vor allem mit der Polizei. Das positiv daran aber war, dass sich die Soldaten, welche zu meist ebenfalls aus armen Bauern- und Arbeiterfamilien kamen, mit den Demonstrant_Innen verbündeten.


Es auch gemeinsame Forderungen von Arbeiter_Innen und Soldaten: Niederwerfung der Polizisten und der regierungstreuen Truppen, Besetzung von Regierungsgebäuden, öffentlichen Plätzen, Bahnhöfen, Postämtern, Druckereien, Waffenlager etc., Vereinigung alle übriger Soldaten mit den Arbeitern und Befreiung von politischen Gefangenen. Dadurch konnte der Zarismus gestürzt werden.


Das neue Regime


Die Zeit zwischen Februar und Oktober 1917 ist in Russland durch die Doppelherrschaft gekennzeichnet. Das bedeutet, dass die Macht zwischen mehreren Klassen geteilt ist und je nach Ausgang der Kämpfe in eine Konterrevolution oder eine Fortsetzung der Revolution münden kann.
Das Zentralexekutivkomitee des Petrograder Arbeiter- und Soldatensowjets, (im Folgenden XK), welches am Tag des Umsturzes gegründet wurde, rief zu Sowjetwahlen (Wahlen zu demokratischen Räten) im ganzen Land auf. Auf der anderen Seite gründete sich zur gleichen Zeit eine provisorische Regierung des Adels und der Kapitalist_Innen. Dass es zwei Regierungen gab, war der höchste Ausdruck der Doppelherrschaft, die die ganze Gesellschaft durchdrang.


Die fortschrittlichsten Petrograder Arbeiter_Innen waren im Februar zwar in der Lage den Zarismus zu stürzen, aber nicht die Macht selbst in die Hand zu nehmen: Der Petrograder Sowjet und vor allem das XK spiegelten die Stimmung der Massen sehr verzerrt wieder, da vor allem konservative Sozialisten (Menschewiki und Sozialrevolutionäre) gewählt wurden. Der Petrograder Sowjet trat unter ihrer Führung sogar für eine Fortsetzung des Krieges und eine Übergabe der Macht an die provisorische Regierung ein. Grund für diesen Widerspruch zwischen Basis und Führung war, dass die Massen zu dieser Zeit noch kaum einen Unterschied zwischen den sozialistischen Parteien sahen.


Die Verschiedenen Programme der sozialistischen Parteien


Die Bolschewiki schwenkten nach Lenins Ankunft aus dem schweizer Exil im April auf die Forderungen: „Sturz der Regierung“, „alle Macht den Sowjets“, „Land den Bauern“ und „Beendigung des Krieges“ um (Aprilthesen). Lenin setzte diesen Kurs nicht mit diktatorischen Vollmachten o.ä. durch, sondern schaffte es seine Partei nach heftigen internen Auseinandersetzungen von dieser (richtigen) Politik zu überzeugen.


Menschewiki, Sozialrevolutionäre und Bolschewiki stimmten darin überein, dass im rückständigen Russland zuerst eine bürgerliche Revolution von statten gehen muss. Diese ist vor allem durch die Lösung der Agrarfrage (Aneignung des Landes des Adels durch die armen Bauern) gekennzeichnet. Menschewiki und Sozialrevolutionäre argumentierten aber, dass dafür die Führung der Bourgeoisie nötig sei, was war aber aufgrund der verspäteten Entwicklung in Russland nicht mehr möglich war. Hauptziel der Bourgeoisie war es nämlich faktisch, wieder eine Monarchie zu errichten, da sie nicht stark genug war eine eigene Regierung zu etablieren und keinen anderen Alternative gegen die Macht der Arbeiter_Innen und Bauern sahen. Die Agrarfrage konnte deshalb nur unter der Führung der Arbeiter_Innen gelöst werden. Haben diese aber einmal die Macht ergriffen, werden sie natürlich zu sozialistischen Maßnahmen (z.B. Enteignung der Kapitalist_Innen) übergehen (Theorie der Permanenten Revolution). Die Enteignung des Adels wurde dann auch erst durch die Regierung der Oktoberrevolution unterstützt, welche zeitgleich begann sozialistischen Maßnahmen umzusetzen.


Apriltage, erste Koalition und russische Offensive


Im April kam es zu erfolgreichen Demonstrationen gegen erneute Annexionen (Besetzung und Aneignen von fremden Gebieten), welche die provisorische Regierung durchsetzen wollte. Die Bevölkerung jedoch war strikt dagegen, denn sie wollte endlich Frieden. Die Bolschewiki forderten den Sturz der provisorischen Regierung weiterhin und fingen so an das Vertrauen der Massen zu gewinnen. Um die Bourgeoisie zu retten bildeten die Versöhnler_Innen (Menschewiki und Sozialrevolutionäre (wegen Versöhnung mit der Bourgeoisie)) daraufhin sogar eine Koalitionsregierung mit der Bourgeoisie. Während die Massen immer mehr nach links schwenkten und an Macht gewannen, schwenkten das XK dagegen immer mehr nach rechts.


Aber den Massen ging es weiterhin schlecht. Zwar setzten die Arbeiter_Innen den Acht-Stunden-Tag durch und mancherorts wurde der Lohn angehoben, jedoch waren auch die Preise weiterhin gestiegen und so mussten sie hungern. Das führte dazu, dass es im Juni mächtige Demonstrationen gab. Die Bolschewiki unterstützen diese und wurden dafür vom Rest des Sowejtkongresses, der zu dieser Zeit statt fand, scharf kritisiert.
Unterdessen trieb eine gescheiterte russische Offensive die Armee an den Rand des Zusammenbruchs. Die Versöhnler_Innen hatten die Offensive befürwortet und zogen so den Hass der Massen auf sich, die höchstens noch bereit waren die Front zu halten.
Das alles führte dazu, dass sehr viele Arbeiter_Innen und Soldaten den Versöhnler_Innen den Rücken kehrten und lieber die Bolschewiki unterstützen. Bis zur Oktoberrevolution waren aber noch viele entscheidende Kämpfe zu führen, um die Geschichte von hunderten Jahren (vom Absolutismus zum Sozialismus) in 8 Monaten nachzuholen.





Grundlagen des Marxismus: Was ist Bonapartismus?

VON JONATHAN FRÜHLING


Der Marxismus geht davon aus, dass die jeweilige herrschende Klasse Gesellschaft nach ihren Bedürfnissen formt um ihre Herrschaft zu festigen und zu erhalten. So ist die Gesellschaft der heute herrschenden Klasse der Kapitalisten (Bourgeoisie) mit Marktwirtschaft, Konkurrenz sowie einem Staatsapparat verbunden. Die parlamentarische Demokratie ist in stabilen Zeiten der bequemste Weg für die Bourgeoisie ihre Herrschaft auszuüben, da diese die tatsächlichen Herrschaftsverhältnisse verschleiert. In einer Phase, die von schweren Krisen und heftigen Klassenkämpfen geprägt ist, kann sich die Bourgeoisie auch anderer Herrschaftsformen bedienen, wie z.B. des Faschismus oder des Bonapartismus. Letzterer soll hier näher betrachtet werden.


Was ist Bonapartismus?


Der Bonapartismus ist eine Form der Diktatur der Bourgeoisie, bei der sie in einer sehr instabilen Situation ihre politische Macht an einen autoritären Alleinherrscher abtritt. Eine solche Situation kann zum Beispiel entstehen, wenn sich keine Fraktion der herrschenden Klassen entscheidend durchsetzen kann oder kein Kompromiss innerhalb der parlamentarischen Demokratie zwischen den Klassen und Fraktionen möglich ist. Dabei stützt sich das bonapartistische Regime auf Teile aller Klassen und Schichten – meist jene, die sich ihrer Klassenzugehörigkeit am wenigsten bewusst sind. Auf Seiten der Arbeiter_Innen drückt sich in der Unterstützung des Bonaparte eine gewisse Verzweiflung aus. Daher werden auch teilweise soziale Forderungen der Arbeiter_Innen erfüllt.


Wie lange sich ein Bonaparte hält, hängt davon ab, wie gut er auf dem Seil zwischen den Klassen und Klassenfraktionen balancieren kann. In der Geschichte war der Bonapartismus als Übergangsregime hin zum Faschismus (z.B. Brüning in Deutschland vor Hitler) zu finden. Auf der anderen Seite gingen aus dem Bonapartismus auch stabilere gesellschaftliche Verhältnisse hervor (z.B. Russland unter Putin).


Die Programme der Bonaparten können sehr beliebig sein – von linkspopulistisch (Chavez – siehe unten) bis zu stocknationalistisch (Erdogan – siehe dazu in dieser Zeitung) variiert die Rhetorik sehr stark.


Erste Darstellung des Bonapartismus durch Marx


Das erste bonapartistische Regime kam in Frankreich zwischen 1851 und 1870 unter Louis Bonaparte (Napoleon III.) auf – daher auch der Begriff Bonapartismus. Seine Regentschaft ging eine über 60 Jahre lange Phase von Revolutionen und Konterrevolutionen voraus, in denen es keine Klasse schaffte eine stabile Gesellschaft nach ihren Vorstellungen zu errichten. So konnte die Alleinherrschaft Louis Bonapartes entstehen, die mit Repression und Kompromissen die Klassenkämpfe vorerst befriedete – freilich innerhalb des Kapitalismus. Für eine detailliertere Beschreibung von bonapartistischen Regierungen sollen jedoch aktuellere Beispiele dienen.


Bonapartismus für Imperialismus: Putins Russland


Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahre 1991 war die russische Gesellschaft von wilden Privatisierungen, ökonomischen Verfall und Armut geprägt. Alte Bürokraten sowie Vertreter der bereits neu entstehenden bürgerlichen Klasse, teilten die Besitzungen unter sich auf. Das Land drohte daran vollständig zu zerbrechen und in die Bedeutungslosigkeit zu versinken. Dadurch wäre Russland unter Umständen zur Halbkolonie abgestiegen. Das imperialistische Russland von heute, das auf weiten Teilen der Welt Einfluss ausübt, wäre so wahrscheinlich nicht entstanden.


Da trat 1999 Wladimir Putin auf den Plan, der wieder stabile kapitalistische Verhältnisse schaffen sollte. Er bediente sich dafür eines bonapartistischen Programms: Durch eine massive Erhöhung von Renten und Lohnen wurde das Leiden der arbeitenden Bevölkerung gemildert. Demgegenüber wurden kämpferische Arbeiter_Innen massiv unterdrückt.
So hat Putin für die Bourgeoisie um die 2000 Jahre Russland wieder geeint, wobei er sich eines ausgeprägten Nationalismus bedient. Dafür wurde die Staatskontrolle über Teile der Wirtschaft wieder ausgeweitet und die repressiven Funktionen des Staates in Gang gesetzt. Dies entsprach dem Gesamtinteresse der herrschenden Klasse, musste jedoch auch gegen einzelne Kapitalisten durchgesetzt werden, z.B. Michail Chodorkowski. Auch heute noch ist die Bourgeoisie relativ schwach und der Staat spielt eine dominantere Rolle als in westlichen Staaten.


Die linke Spielart des Bonapartismus: Venezuela unter Hugo Chavés


Venezuela war nach Jahrzehnten neoliberaler Politik, Fehlwirtschaft und Korruption Anfang der 90er Jahre bankrott und völlig abgewirtschaftet, große Teile der Bevölkerung lebten in bitterster Armut.
Die Lösung wurde gefunden in der Wahl Hugo Chavés 1998. Er trat mit einem linksreformistischen (ähnlich dem der Linkspartei) Programm an, welches demokratische Teilhabe, Kampf gegen Korruption, Verstaatlichung und soziale Sicherungen beinhalteten. Finanziert wurden dies Errungenschaften mit Einnahmen aus Rohstoffexporten (vor allem Öl und Gas).


Unterstützt wurde Chavés von den Bäuerinnen und Bauern, der Arbeiter_innenklasse und Teilen der Bourgeoisie. Die Wirtschaft wurde so beispielsweise durch Investitionssicherheit stabilisiert. Streiks, mit weitergehenden Forderungen, wurden dagegen mittels der Polizei brutal niedergeschlagen. So war klar, dass Chavés Bonapartismus im Rahmen des Kapitalismus bleiben wurde, trotz sozialistischer Phrasen. Seit der Weltwirtschaftskrise 2007/08 und dem Verfall des Ölpreise gerät der sogenannte Chavismus an seine Grenzen: Die Bourgeoisie setzt wieder vermehrt auf rechte Regierungen, weshalb die Menschen in Südamerika sich mit einem massiven reaktionäres (rückschrittliches) Rollback konfrontiert sehen. Hier offenbart sich die zentrale Schwäche des Bonapartismus: Er gerät in Krisenzeit sehr schnell ins Wanken.


Unterschiede und Gemeinsamkeiten: Bonapartismus und Faschismus


Zunächst die Gemeinsamkeiten: Bonapartismus und Faschismus sind beides Spielarten der Herrschaft der Kapitalistenklasse. Die herrschende Klasse greift nur in sehr schwierigen Zeiten zu einem der beiden Mittel und in der Regel geht ein deutlicher Zuwachs an Repression damit einher. Außerdem tritt in beiden Fällen die Kapitalist_Innenklasse ihre politische Macht an den Staatsapparat ab.


Es gibt jedoch überwiegende, deutliche Unterschiede: Während der Bonapartismus eine Art Befriedung des Klassenkampfes und der Fraktionskämpfe innerhalb der Klassen sucht, so richtet sich der Faschismus mit aller Macht gegen die Arbeiter_Innenklasse mit dem Ziel diese zu zerschlagen. Dabei stützt sich die faschistische Partei vor allem auf eine unabhängige, militante Bewegung des ruinierten Kleinbürgertums. Der Bonapartismus stützt sich von Anfang an auf Teile des Staatsapparates und Teile aller Klassen.


Es muss hier eines klar herausgestellt werden: Ob ein Staat faschistisch oder bonapartistisch oder parlamentarisch-demokratisch oder sonst was ist, lässt sich NICHT daraus erklären, wie repressiv der Staat ist und wie groß sein Gewaltapparat ist! Dafür müssen die Verhältnisse im Klassenkampf betrachtet werden und nicht gegen wen und wie oft der Staat auf wenn schießen lässt.


Unsere Antwort auf den Bonapartismus


Klar ist, dass unsere Politik darauf abzielt die Interessen der Arbeiter_Innenklasse zu verwirklichen und sie nicht in einem faulen Kompromiss mit einem Bonaparte aufzugeben. Das beinhaltet tagespolitische Forderungen, wie soziale Reformen und Übergangsforderungen, wie Selbstorganisation. Letztlich können wir unsere Ziele aber nur durch die Abschaffung des Privateigentums und die planmäßige und demokratische Errichtung einer neuen Gesellschaft und Wirtschaft erreichen. Unsere Aufgabe ist deshalb die Arbeiterklasse zu organisieren und alle Zwischenklassen in eine Bewegung in Betrieben, Schulen, Unis und der Straße hineinzuziehen. Dafür müssen wir vom Kapital unabhängige Organisationen aufbauen und instabile Zeiten dafür nutzen, um eine sozialistische Alternative zu formulieren. Nur so können wir der vermeintlichen Lösung von Krisen innerhalb des Kapitalismus z.B. durch einen Bonapartismus entschlossen entgegentreten!





Austritt aus der Revolutionären Linken (in [solid'] ) – aber warum?

Entwicklung der Revolutionären Linken (RL)

Anfang Juli 2015 gründete sich in der linksjugend [solid‘] die RL, die den Anspruch hatte, für eine klassenkämpferische Jugendorganisation einzutreten. Eine Jugendorganisation, die in der Lage ist den Kapitalismus zu stürzen. Da einige unserer Mitglieder, die vormals in der [solid‘] Fulda aktiv waren, schon ein Jahr zuvor versucht hatten eine revolutionäre Fraktion zu gründen, waren wir über die Gründung und die Dynamik der RL sehr erfreut. Dieser Schritt war bitter nötig, weil [solid‘] einem sozialistischen Anspruch bei weitem nicht gerecht wurde. Dafür sorgen proimperialistische Antideutsche, eine reformistische Führung und ein linker Flügel, welcher sich zwar „Revolution“ auf die Fahnen schreibt, aber praktisch bestenfalls zentristische (SAV,Funke) oder gar offen reformistische Politik (BAK AuF) macht. Um die vergangenen und aktuellen Klassenkämpfe zu verarbeiten und eine Anleitung zum Handeln zu geben braucht es ein Programm. Genau das wollten wir mit Anträgen bei den Treffen der RL in Hamburg, wo seitens der SAV ein zweiseitiger Wisch als Programm verkauft werden sollte, und beim zweiten Treffen in Dortmund versuchen. Dort wurden unsere entsprechenden Anträge mit der Begründung, es brauche „Bewegung“ und kein Programm abgelehnt. Auch unsere Bemühungen eine demokratische Grundlage innerhalb der RL in Form eines Statuts zu schaffen wurde abgelehnt. Paradoxerweise wurde anschließend ein Koordinierungskreis, also eine nicht-demokratisch legitimierte Leitung, gewählt.

In den letzten Monaten gab es außerdem keine zahlenmäßige oder aktionistische Weiterentwicklung der RL. Zwar gab es am 18. Dezember einen bundesweiten Aktionstag, dieser ging allerdings nicht über die RL hinaus. Andere Gruppen oder gar unorganisierte Einzelpersonen einzubinden, wurde nicht einmal versucht. Man beging also genau die Fehler, die jetzt fälschlicherweise an Jugend gegen Rassismus kritisiert werden.

Jugend gegen Rassismus (JgR)

Ende März gab es ein weiteres Treffen der RL. Das Thema war hauptsächlich die über Deutschland hereinbrechende rassistische Welle. Für uns ist das natürlich untrennbar verknüpft mit der Frage: „Was tun gegen Rassismus?“ Eine Beteiligung der RL an dem dynamischsten, bundesweiten Antirassismusbündnis „Jugend gegen Rassismus“ schien uns der beste Weg für die RL an dem Aufbau einer Gegenbewegung mitzuwirken. Unser Antrag einer Beteiligung der RL an JgR wurde allerdings bis auf wenige Gegenstimmen abgelehnt, obwohl bundesweit mittlerweile Teile der SAV „Jugend gegen Rassismus“ unterstützen. Die Argumente waren, man wolle keine Bewegung von oben erzwingen, soziale Forderungen fehlten und die Massen seien nicht bereit mit Forderungen wie „Offene Grenzen“ oder „Selbstverteidigung gegen rassistische Angriffe“ konfrontiert zu werden. Mit einer solchen opportunistischen Argumentation sich einer Einheitsfront zu verweigern, ist schon ziemlich sektiererisch. Vor allem wenn man bedenkt, dass die SAV keinen Alternativvorschlag vorstellte.

Auch das „Argument“, dass JgR keine unorganisierten Jugendlichen ansprechen würde, ist lächerlich. Dass „Jugend gegen Rassismus“ gerade vom Refugee Schul- und Unistreik (RSUS) ins Leben gerufen wurde, an dem sich viele unorganisierte Jugendliche beteiligen, die soziale Fragen sehr wohl Beachtung findet und das Bewusstsein der Massen mit den entsprechenden Forderungen gehoben werden muss, sah die Mehrheit der RL nicht. Der wahre Grund für diese Blamage war viel eher, dass die SAV, die die RL dominiert, kein Projekt unterstützen möchte, bei welchem sie nicht die Führung innehat. Der Aufbau der eigenen Vorfeldstruktur wurde hier über die objektive Notwendigkeit des Aufbaus eines antirassistischen Bündnisses, welche die Keimform einer antirassistischen Bewegung sein kann, gestellt.

Der Bundeskongress 2016

Der Bundeskongress von solid (BuKo) ist offiziell das höchste demokratische Gremium in solid. Faktisch kann sich der Kongress in die Reihe von Kongressen einreihen, auf denen irgendwas beschlossen wird, das aber faktisch keine Auswirkungen hat, nichtmal für die eigene Organisation. Der linke Flügel macht was er will und ihm ist egal, was der rechte beschlossen hat. Andersrum gilt dasselbe. Dass ein nicht unbedeutender Teil von solid vollkommen ignoriert was beim BuKo passiert, drückt sich auch im BuKo selbst aus. Nur 190 von 250 Delegierten, sprich 74 %,[1] kamen und das trotz der Möglichkeit bei Krankheit, etc. Ersatzdelegierte zu schicken. Auch der Funke, der Teil der RL ist, kritisiert, dass der BuKo keine Auswirkungen auf die Arbeit in den Ortsgruppen und Landsverbänden hat: „Viele Beschlüsse des höchsten Gremiums verschwinden oftmals in der Schublade – wodurch die Frage nach dem Sinn und Zweck von Bundeskongressen provoziert werden kann.“[1]

Dass die RL ohne Programm und Statut innerhalb solid nicht fraktionsfähig sein kann, sah man dann während wie auch nach dem BuKo. Während ein Genosse, den man getrost als Linken in der RL bezeichnen kann, von „gemischten Gefühlen“ spricht, tobt auf Facebook ein Kampf zwischen der SAV und dem Funken, wie man sich zu Sexarbeit verhält. Von Diskussion nach innen, Geschlossenheit nach außen, wie es für leninistische Organisationen üblich ist, sah man nichts.

Dank eines Leaks mit dem Hashtag #NuernbergPapers ist uns bekannt, dass auf dem BuKo über JgR etwas beschlossen wurde und AntiDs dem wohl zustimmen wollten. Jedoch können wir, trotzdem wir teilweise zum jetzigen Zeitpunkt noch Mitglieder von solid sind, nicht nachvollziehen, wie das eigentlich ausgegangen ist. Grund dafür ist, dass wir keinen Zugang zu Protokollen des höchsten demokratischen Entscheidungsgremiums haben und auch noch nie hatten. Damit sollte alles zum BuKo gesagt sein.

Taktiken und Positionen

Ein weiterer Grund für das Stagnieren des Aufbaus der RL sind taktische Fehler. Auf der letzten Versammlung der RL wurde klar, dass sie unter keinen Umständen mit der SPD zusammenarbeiten will, weil die SAV diese als bürgerliche Partei charakterisiert. Das ist aber aus unserer Sicht ein grober Fehler, welcher taktische Folgen mit sich bringt. Die SPD ist eine bürgerliche Arbeiter_Innenpartei. Die Führung macht zwar Politik im Interesse der Bourgeoisie, aber ihre soziale Basis ist historisch und aktuell die Arbeiter_Innenklasse. Dies lässt sich auch einfach an ihrer Stärke in den DGB-Gewerkschaften, die sicher keine gelben Gewerkschaften sind, feststellen.

Die Illusionen der Arbeiter_Innenklasse in den Reformismus, wie auch ihr reformistisches Bewusstsein, kann nur durch gemeinsame Aktionen wie einer Einheitsfront mit JgR gebrochen werden. In dieser können Revolutionär_Inne durch eigenständige Propaganda und Kritik an der Führung aufzeigen, dass Diese einer fortschrittlichen Bewegung in Wege steht. Darüber hinaus, können revolutionäres Bewusstsein, wie auch der Einfluss von Revolutionär_Innen, in der Klasse gestärkt werden.

Gleichzeitig verhält sich die RL auch sektiererisch gegenüber anderen linksradikalen Organisationen, was ihre Weigerung „Jugend gegen Rassismus“ aufzubauen zeigt. Dieses Sektierertum geht Hand in Hand mit einer opportunistischen Politik gegenüber der LINKEN und [solid‘]. Hier steckt man tief in den Strukturen, ohne einen offenen Kampf um die Führung zu führen. Echter Entrismus, wie Trotzki ihn sich als Taktik für Revolutionär_Inne in reformistischen Parteien vorstellte, um einen linken Flügel wegzubrechen oder die Partei zu übernehmen, sieht anders aus.

Weiter bleibt die RL auf zentristischen Positionen hängen. Die Weigerung sich ein Programm zu geben ist ein deutlicher Indikator dafür. Brennende Forderungen, die es gerade seit dem massiven Aufkommen der Rassist_Innen und den verstärkten Flüchtlingsbewegungen seit Mitte 2015 braucht, werden nicht genannt. Dazu gehört, das keine offenen Grenzen gefordert werden und auch dem Aufbau von Selbstschutz keine Notwendigkeit zugesprochen wird.

Für eine revolutionäre Jugendorganisation!

Die sich anbahnende Krise und der katastrophale Rechtsruck in Europa machen die Notwendigkeit der Jugend eine einheitliche und revolutionäre Führung zu geben überdeutlich. Wir müssen endlich die aktuelle Führungskrise überwinden und uns für die kommenden Kämpfe wappnen! Dazu braucht es eine sozialistische Organisation mit einem klaren Programm, einem lebendigen demokratischen Innenleben und einheitlichen Aktionen nach außen. Gerade im Rahmen unserer Intervention in [solid‘] und der RL hat sich gezeigt, das keine dieser Strukturen in der Lage sind sich zu so einer Organisation zu entwickeln und die momentane Führungskrise der Jugend als auch der Klasse der Lohnabhängigen als Ganzes zu lösen. Schade auch, dass die SAV die Diskussion, wie eine solche Führung zu schaffen ist, nicht mehr mit uns weiter führen möchte. Dies zeigt sich dadurch, dass sie zum Beispiel Anträge innerhalb der RL durchboxte, die Programmdiskussionen auch auf kommenden Treffen unterbinden. Die SAV zeigt dadurch hervorragend, was sie von der reformistischen Bürokratie in der Linkspartei gelernt hat: bürokratische Manöver.

Ein Austritt unsererseits aus der RL und eine Konzentration auf die eigene Arbeit ist somit mehr als gerechtfertigt. Natürlich arbeiten wir gerne auch in Zukunft mit linken Teilen von [solid‘] und der SAV zusammen, um eine größere Aktionseinheit wie auch Gruppen übergreifende
Diskussionen innerhalb der Linken zu schaffen. Eine organisatorische Einheit ist allerdings nicht mehr gerechtfertigt. Unser eigentliches Ziel, nämlich den linken Flügel in [solid‘] organisatorisch auf die notwendigen Auseinandersetzungen mit der rechten Führung bis hin zum Bruch vorzubereiten, haben wir nicht erreicht. Trotzdem war unsere Arbeit nicht umsonst: Wir haben eine klare Kritik am Reformismus von [solid‘] und dem Zentrismus der RL und der SAV formuliert. Darüber hinaus haben wir REVOLUTION deutschlandweit bekannter gemacht, Kontakte herstellen können und einige Mitglieder in Fulda und Bonn dazu gewonnen. In Fulda wurde im Juni 2015 aus der solid-Gruppe eine sehr aktive REVOLUTION Ortsgruppe, die sich in einer konservativen 60.000 Einwohner_Innenstadt länger als sämtliche andere Jugendorganisationen links der Jungen Union halten konnte und kann.

[1] „Rückblick auf den Bundeskongress 2016“, Der Funke

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Die Funktion des Rassismus

In Fulda entwickelt sich gerade eine Debatte darum, wie gegen die aufkommenden und erstarkenden rechten Bewegungen wie PEGIDA oder die neu entstandenen Bürgerwehren vorgegangen werden kann. Wir von REVOLUTION Fulda haben uns in diese Debatte bisher stark eingebracht und veröffentlichen hier eine Rede, welche ein_e Fuldaer Genoss_in vor einigen Monaten auf einer antirassistischen Kundgebung in Fulda gehalten hatte. Da den bisher noch großteils orientierungslosen Bemühungen eine Bewegung gegen Rechts in Deutschland aufzubauen ein klares Verständnis von Rassismus fehlt, finden wir die damalige Rede immer noch wichtig und dass sie den Nagel der Debatte auf den Kopf trifft.




Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,
Ich bin von der unabhängigen Jugendorganisation Revolution und möchte heute über die Funktion des Rassismus in unserer Gesellschaft sprechen.


Die Funktion des Rassmismus


Noch immer hält die Weltwirtschaftskrise von 2008 an und noch immer sind damit verbundene Angriffe auf unsere Lebensqualität zu verzeichnen, egal ob Gentrifizierung, schlechte Arbeitsbedingungen oder fehlende Ausbildungsplätze. Der gewaltigen Rechtsruck in Europa ist auch unmittelbar mit der Krise verbunden. Rechtspopulistische Parteien und außerparlamentarische Kräfte, wie „PEGIDA“, die „Identitäre Bewegung“ und viele mehr erhalten immer mehr Zuspruch und vertreten ihre Politik offen in den Parlamenten und auf der Straße. Sie gehen z.B. gegen die Aufnahme von Flüchtlingen in ihrer Umgebung vor und greifen diese mit Worten und physischer Gewalt an. So gibt es mittlerweile fast täglich Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte, physische Übergriffe und ein grassierender Alltagsrassismus; Solch eine widerwärtige, rassistische Progromstimmung ist leider heute schon traurige Normalität; auch in Deutschland.


Die Ausbeutung im Kapitalismus


Klar ist, dass vor allem in Zeiten der jetzigen, historischen Krise viele Menschen unter sozialer und materieller Verwerfung leiden oder Angst haben dorthin abzurutschen. Erzeugt wird dieses Leid durch das kapitalistische System: Die Kapitalistenklasse (also die Besitzer von Fabriken und Firmen) beutet die Lohnabhängigen aus, indem ein niedrigerer Lohn gezahlt wird, als ihre Arbeit wert ist. Diese Ausbeutung findet, in mehr oder weniger verschärfter Form, in allen Ländern der Erde statt. Auch Deutschland ist da, gerade mit seinem gewaltigen Niedriglohnsektor, keine Ausnahme. Bei dem besonderen Beispiel Deutschlands muss auch die Unterjochung der ärmeren europäischen Ländern durch die EU und den Euro genannt werden. Für alle Imperialisten, also Länder, die ihren eigenen Markt erschöpft haben, kommt außerdem die Überausbeutung der Halbkolonien hinzu. Sie versuchen ständig Absatzmärkten und Rohstoffenquellen zu erschießen und zu sichern und beuten billige Arbeitskräfte im Ausland aus. Wirtschaftliche Erpressung, Waffenlieferungen und Krieg sind gängige Mittel auch der deutschen Außenpolitik und führen dazu, dass Menschen überhaupt erst die Flucht ergreifen müssen.


Die Politik der Rechten


Alle rechten Gruppen lenken von diesen realen Tatsachen ab. Ihre Lösung ist, einfache Feindbilder zu schaffen, denen die Probleme angelastet werden können. So sieht ihre jämmerliche Analyse den Islam oder die Zuwanderung als Hauptprobleme der deutschen Gesellschaft. Es scheint ihnen einfacher und erfolgversprechender gegen Schwächere zu Felde zu ziehen, als gegen die Chefs, den Staat und das gesamte Wirtschaftssystem des Kapitalismus. Die Grenzen werden so zwischen den Geschlechtern, den Völkern, der sexuellen Orientierung oder der Religion gezogen. Hier soll nochmal ganz besonders auf das sexistische Weltbild aufmerksam gemacht werden, welches allen rechten Kräften gemein ist. Den Platz der Frau sehen sie bei der Besorgung des Haushalts und der Kindererziehung. Das erzeugt eine starke Abhängigkeit der Frau zu ihrem Mann und ist sicherlich die Basis der massiven Frauenunterdrückung in unserer Gesellschaft. Dem stellen wir eine umfassende Emanzipation gegenüber, die die Vereinfachung des Scheidungsvorgangs, die Selbstbestimmung über den eigenen Körper, das Recht auf gleichen Lohn, kostenlose Kitaplätze und öffentliche Speisung mit einschließt. Wir müssen Sexismus in Wort und Tat entgegentreten, um die Stellung der Frau zu heben und in einer sozialistischen Gesellschaft letztlich zu einer kompletten Gleichberechtigung der Geschlechter zu kommen.


Rassismus nützt den Kapitalisten


Die Rechten ziehen falsche Grenzen zwischen den Menschen und begreifen nicht, dass es auch innerhalb ihres Landes eine Ausbeutung der Lohnabhängigen gibt und dass diese gerade durch ihre nationale Kapitalistenklasse betrieben wird. Die Spaltung der Gesellschaft in wirtschaftliche Klassen wird systematisch verschleiert, die Solidarität innerhalb der Arbeiter_innenklasse untergraben und stattdessen ein nationaler oder rassischer Zusammenhalt geschaffen. Sie sind damit willige Diener_innen der herrschenden Klasse und ihrer Politik, für die internationale Solidarität der Lohnabhängigen eine Gefahr ist. Wie richtig das ist, beweist, dass laufend verschärfte Asylgesetze verabschiedet werden und Politiker_innen und Medien gegen wirtschaftlich Benachteiligte, Flüchtlinge, den Islam oder Linke hetzen und so den Rassist_innen eine Steilvorlage für ihre Ansichten geben. Die etablierte Politik verwaltet doch direkt den Imperialismus der Banken und Großkonzerne, deren Profitinteressen uns als Ausgebeuteten auf der ganzen Welt gegenüber stehen.


Die jetzige rassistische Welle drückt vor allem die Interessen des Kleinbürgertums und der mittelständischen Kapitalist_innen aus. Sie fühlen sich durch Merkels Europapolitik, in welcher sie die Interessen des Großkapitals verteidigt, nicht mehr repräsentiert. Einem geeinten Europa unter deutscher Führung (und damit auch einer einheitlichen Flüchtlingspolitik) setzen sie nationale Abschottung entgegen. Ihre Massenbasis gewinnen rechte Parteien aber auch aus den reaktionären Schichten des Prekariats.


Gemeinsam gegen Spaltung!


Um gegen die scheinbare Übermacht der Klasse der Kapitalist_innen eine revolutionäre Umgestaltung der Gesellschaft durchzusetzen, brauchen wir unsere gemeinsame Kraft. Unser Ziel ist die Einheit der Jugend und der lohnabhängigen Bevölkerung. Wir müssen aktiv werden gegen rechte Propaganda, Abschiebungen, Angriffe auf die Lohnabhängigen und deren Rechte. Dafür muss eine breites Bewusstsein für den Rassismus geschaffen werden. Praktische Schlüsse daraus sind antifaschistische Verteidigungskomitees, Selbstorganisation in der Schule und den Betrieben, Demonstrationen, Kundgebungen und Streiks. Sie sind Kampfmittel gegen die Rechten und können Ansätze einer neuen, alle Unterdrückungsverhältnisse abschaffenden, Gesellschaft sein.


Gegen Faschismus Selbstverteidigung organisieren




Antifaschistischer Widerstand – Notwendig und legitim! Aber wie? Kritik und Perspektiven des Kampfes in Leipzig

In der Nacht vom 5.-6.August kam es zu einem Angriff auf das mittelständische Unternehmen der neuen AfD-Vorsitzenden Frauke Petry in Leipzig. Durchgeführt wurde dieser durch das zerschlagen der Scheiben und hineinwerfen von Buttersäure. Initiiert wurde das Ganze von der sogenannten Gruppe „Auftragskommandos Bernd Lucke oder besser – Autonome“. Der Angriff steht in Bezug auf die Zunahme von Brandanschlägen an Geflüchtetenunterkünften in der ersten Hälfte des Jahres 2015 (bereits 202 in der ersten Hälfte des Jahres 2015). So fand Anfang August ebenfalls ein Buttersäureanschlag auf eine dieser Notunterkünfte in Dresden statt. Es lässt sich hierbei von einer allgemeinen Zunahme der rassistischen Bewegung im Zuge der aktuellen Krise sprechen.

Rund um Pegida und die neurechten Mobilisierungen von Montagsdemos bis zu den Reichsbürgern konnte sich der rechte Flügel der AfD um Petry teilweise an die Führung dieser stellen. Innerhalb der AfD spitzte sich von da an der Konflikt zwischen dem offen rassistischen und dem nationalprotektionistischen (solche stehen bspw. für Schutzzölle ein) Teil der Partei zu. Dies führte vor wenigen Wochen zur Spaltung der Partei.

Von einer Klärung der Führungskrise der RassistInnen und FaschistInnen ist jedoch noch längst nicht die Rede. Die Parteienlandschaft von CDU/CSU – Alpha(Lucke) – AfD – pro Deutschland (hier Enden die rechtskonservativen und rechtspopulistischen Parteien) – NPD –Die Rechte und daneben Kameradschaftsverbände, autonome NationalistInnen, die rechte Hoolszene und viele weitere zeigen auf, wie versprengt die Bewegung ist. Dies sagt jedoch längst nicht, dass sicher dieser Status im Zuge schärferer Angriffe als Rammbock gegen die ArbeiterInnenklasse nicht in kürzester Zeit ändern kann. Die faschistischen Bataillone und Minister in der Ukraine sind dafür ein deutlicher Beweis. Keimformen dessen sehen wir aktuell in Freital. Dort kam es bereits zu bewaffneten Aufmärschen und einen Bombenanschlag auf einen linken Parlamentarier gegen ein dort
entstehendes Heim.

Der Wiederstand in Deutschland

Hierzulande stellt sich dem jedoch nur ein kleiner Teil entgegen, viele davon vertiefen sich in ziellose Feuerwehrpolitik. Breitere Einheitsfronten unter Einbezug größerer bürgerlicher ArbeiterInnenparteien wie SPD und Die Linke oder der Gewerkschaften sind kurzzeitig und die Seltenheit.
Unter diesen Ausgangsbedingungen stellen wir uns nun der Frage wie der Kampf dagegen zu organisieren ist. Und in eben diesem Rahmen betrachten wir die punktuellen Angriffe gegen einzelne RassistInnen und FaschistInnen wie auch Organe des bürgerlichen Staates als Sinnbild des staatlichen Rassismuses. Der Kapitalismus ist es, der den Ursprung dieser Gewalt erst schafft, es ist Gewalt wenn er uns einsperrt, unsere Rechte einstampft und uns tattäglich schikaniert. Ursprung der Gewalt ist die Ausbeutung der Arbeit und die Spaltung der Klasse um die kapitalistische Herrschaft aufrechtzuhalten. Nach rechts verteidigen wir diese Angriffe, kritisieren aber ihre Passivität gegenüber den mörderischen Herrschaftschaftsverhältnissen.

Die individuellen Angriffe organisiert in informellen Kleingruppen sind historisch ein Konzept des französischen Anarchisten Blanqui, dieser war einer der Führer des anarchistischen Flügels der Pariser Kommune. Unter dem selbsterklärten Ziel der „Propaganda der Tat“ soll Einfluss auf das Bewusstsein der Massen genommen werden, diese sollen sich ebenfalls dieses Mittels bedienen.

Dabei kommen jedoch einige Probleme auf. Bekanntlich bestimmt das Sein die Ausprägung des Bewusstseins. Das Bewusstsein kann sich nicht eigenständig zu einem revolutionären Entwickeln, dazu bedarf es des Einflusses einer revolutionären Perspektive von Übergangsforderungen getragen durch eine Partei der ArbeiterInnenklasse. Diese Erfahrungen müssen im gemeinsamen Kampf entwickelt werden.

Das zweite Problem an dieser Taktik ist ein Fehlverständnis des Verhältnisses von Propaganda und Agitation. Kurz gesagt verstehen wir Agitation als wenig Worte für viele Menschen und Propaganda als viel Inhalt für wenige Leute. Auch wenn der Adressat (Frauke Petry) sehr deutlich war, so ist es das Subjekt, das darauf reagieren soll, nicht. Sofern mensch sich als revolutionär verstehen sollte, so ist das strategische Ziel, die Zerschlagung des bürgerlichen Staates bzw. den Aufbau einer neuen Jugendinternationale, durch die gewählte Taktik in jeder Aktion nicht aus den Augen zu verlieren, sondern ein Lenken in die angestrebte Richtung. Um dieses Ziel zu erreichen muss einem jedoch ebenfalls klar sein, wer erreicht werden soll – die ArbeiterInnenklasse im Schulterschluss mit den kämpferischen Teilen der Jugend. Sofern dies jedoch ins nichts gerichtet ist, fängt es höchstens die blinde Wut, die durch das kapitalistische System tagtäglich gestiftet wird, ab. Solange individuelle Attentate also blind gerichtet werden ohne organisatorische Perspektive, solange die bürgerliche Presse unsere Gewalt als den blanken Terror verkauft und den kapitalistischen Mord jeden Tag in Geschenkpapier verpackt ohne dass wir einen Gegenpol aufbauen, ist diese Gewalt immer mehr Gefährdung unserer selbst als Fortschritt. Dieser Gegenpol muss sich an die fortschrittlichen und kämpferischen Teile der Klasse richten und an der Stelle ansetzen, wo diese in Widerspruch zum herrschenden Bewusstsein treten.

Unsere Gewalt muss somit ins Herz dieses Systems treffen, das Privateigentum an Produktionsmitteln. Nur die Klasse die nichts anderes verkaufen kann als ihre Arbeitskraft und den Mehrwert, der diese Gesellschaft aufrechterhält, schafft, kann diese Fesseln sprengen, durch ihre organisierte Kraft.

Unsere Zielsetzung kann somit nur einen Slogan haben: militant, massenhaft, organisiert! Die gemeinsame Erfahrung in der Aktion in direktem Widerstand gegen die Bourgeoisie und ihre Gewaltorgane ist die stärkste Schule des proletarischen Klassenbewusstseins. Nur wenn der Wiederstand getragen wird durch die kollektive Entscheidung der Klasse in Räten und durchgeführt durch die dem unterstellten Gewaltorgane – die ArbeiterInnenmilizen-, kann eine antifaschistische Bewegung aufgebaut werden, die in der Lage ist den Faschismus und seine Wurzeln zu zerschlagen. Dort kann der Vergleich gegenüber der revolutionären Programmatik und dem versöhnlerischen Kurs von ReformistInnen vor den Massen gezogen werden.

Mit welcher Perspektive wir diesen Kampf führen wollen, werden wir am 26.September in Leipzig unter Beweis stellen, wenn FaschistInnen und RassistInnen wieder mobil machen gegen Geflüchtete. Wir laden alle fortschrittlichen Kräfte dazu ein mit uns gemeinsam dagegen zu kämpfen!

Ein Artikel von REVOLUTION Leipzig




Jin, Jiyan, Azadi – Frauen, Leben, Freiheit

Im Nahen Osten wird das Leben der Frauen noch immer stark vom Patriarchat bestimmt. Hausarbeit und die Erziehung werden als selbstverständlich von der Frau zu erfüllende Arbeiten angesehen, oftmals neben der Berufstätigkeit. Frauen haben oft kein Selbstbestimmungsrecht über ihren Körper, noch dürfen sie eigenständig gesellschaftliche Entscheidungen treffen, sondern müssen dem Patriarchen Folge leisten. So werden junge Frauen oft gegen ihren Willen verheiratet und müssen ihrem Mann Kinder gebären, unter lebensgefährlichen Bedingungen. Vergewaltigungen werden dem Opfer als Ehebruch vorgeworfen, durch welchen der Ehemann seine Ehre verliert. Um das Ansehen wieder zu erlangen, kommt es vor, dass Männer ihre Frauen ermorden. Der Grad der Frauenunterdrückung in den verschiedenen Ländern ist abhängig von den jeweiligen nationalen Kräfteverhältnissen der Klassen. In Saudi Arabien haben Frauen beispielsweise immer noch kein Wahlrecht, auch dürfen sie keinen Führerschein machen. Frauen in den Industriezentren Ägyptens sind dagegen massiv in der Produktion tätig aber werden in der Textilindustrie und in der Landarbeit besonders ausgebeutet, erhalten wesentlich geringe Löhne als ihre männlichen Kollegen und sind sexistischer Diskriminierung am Arbeitsplatz ausgesetzt.

In der Türkei erklärte die AKP-Regierung die Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen als Angriff auf die Familienstrukturen. Immer noch wird Frauen die Rolle der Hausfrau und Erzieherin zugeteilt und es besteht kaum Verständnis dafür, dass sie einer bezahlten Arbeit nachgehen möchte oder gar in der Politik agiert. Gewalt gegen Frauen nimmt enorme Ausmaße an, wovon besonders Kurdinnen betroffen sind, da sie als nationale Minderheit von der Gesellschaft ausgegrenzt und unterdrückt werden. So kam es mehrfach zu Angriffen auf kurdische Demonstrationen, Dörfer und Städte. Es gibt kaum Möglichkeiten für sie, sich fortzubilden oder eine Arbeit auszuüben.

Die Situation der Kurd_innen ist im Nahen Osten allgemein durch mehrere Regierungen und den IS – welcher für Andersgläubige wie Jesid_innen insgesamt eine Gefahr darstellt – bedroht. Besonders der IS vertreibt die Kurd_innen aus ihren Dörfern, tötet junge Männer und Frauen, verschleppt Frauen und Kinder. Frauen werden regelmäßig auf Sklavenmärkten verkauft und fallen sexueller Gewalt zum Opfer. Manche Frauen wählen lieber den Freitod, als dem IS in die Hände zu fallen oder auf der Flucht ihr Neugeborenes zurück lassen zu müssen.

Frauenkampf

Erstaunlicherweise hat es in Rojava, der im Zuge der syrischen Revolution entstandenen kurdischen Autonomieregion im Norden Syriens (Westkurdistan), der weibliche Teil der Bevölkerung geschafft, trotz ihrer fatalen Lage, ein hohes Maß an Mitbestimmung und Gleichberechtigung zu erkämpfen.

Viele Frauen nehmen Rojava als Alternative für ihre Zukunft wahr. So kommt es dazu, dass besonders junge Frauen sich auf den Weg nach Syrien machen, um den patriarchalen Strukturen ihrer Familien zu entfliehen und sich dort der YPJ (Frauenverteidigungseinheit), den feministischen Guerillas, anzuschließen. Der Freiheitskampf der YPJ bietet den kurdischen Frauen eine auf Gleichstellung basierende Alternative abseits von rassistischer Diskriminierung, Bevormundung, Abhängigkeit, Zwangsverheiratung und Überausbeutung. Aus der Not heraus schlossen sich hier Frauen zusammen, um sich gemeinsam gegen den IS zu verteidigen. Auch Jugendliche mobilisieren nach Westkurdistan. Die tragische Ermordung der 20 jährigen Duisburger Kommunistin Ivana Hoffmann machte uns auf schmerzliche Weise auf diese mutigen Kämpferinnen aufmerksam. Die Grenze zwischen der Türkei und Syrien ist für Kämpfer_innen aus anderen Ländern jedoch nur schwer zu überwinden und selbst für medizinische Nottransporte oft unpassierbar. Stattdessen werden von der Türkei Anhänger des IS nach Syrien geschleust, sodass uns allen klar sein sollte, auf wessen Seite der türkische Staat steht.

System in Rojava

In Rojava hat sich ein System etabliert, das sich auf soziale und demokratische Rechte stützt, wobei besonders die Gleichstellung zwischen Mann und Frau hervorzuheben sind. Dieses bestimmt, dass Löhne, die berufliche Stellung, das Erbrecht und Zeug_innenaussagen bei beiden Geschlechtern gleich zu behandeln und das Verheiraten junger Mädchen sowie die Polygamie zu verbieten ist. In Rojava sind verschiedene Glaubensrichtungen und Ethnien auf einem Ort zu entdecken, die friedlich miteinander leben. Flüchtlinge werden aufgenommen und nach Möglichkeit politisch integriert, sowie alle anderen Minderheiten und auch Jugendliche. Diese können Räte bilden und Vertreter_innen in den „Hohen Kurdischen Rat“ entsenden. Es besteht eine Frauenquote von 40% und es gibt mehrere Frauenräte. Hier lernen sie sich selbst zu organisieren und können abseits von männlicher Bevormundung und machistischem Verhalten über Sexismus und Selbstverteidigung diskutieren. Sogenannte Frauen-Caucus-Treffen sind auch in unserer Organisation ein wichtiger Eckpfeiler antisexistischer Arbeit. Die kurdische Frauenbewegung von Rojava ist eine beispielhafte Errungenschaft für Frauenrechte im Nahen Osten. Dies wird durch die kurdische Partei PYD, einer Schwesterpartei der PKK, unterstützt, indem sie eine Ideologie entwickelte, in der die Frauenunterdrückung als Hauptwiderspruch des Systems betrachtet wird und das Ziel sein soll, das Matriarchat zu etablieren. Das bedeutet eine Gesellschaftsform, in der Frauen eine bevorzugte Stellung in Staat und Familie innewohnt. Es entspricht dem Gegenteil des Patriarchats.

Ideologie der PKK und PYD

Die Frau wird auf Grund ihrer biologischen Eigenschaften, als friedlich, harmonisch und demokratisch beschrieben, während der Mann egoistisch, ungerecht und unterdrückend sei. Damit erkläre sich der Kapitalismus, da das Patriarchat in der Gesellschaft Fuß gefasst habe und der Sozialismus mit der Frau unterdrückt worden sei. Dies bildet ein reaktionäres Frauenbild und damit einen immensen Widerspruch zu den gesellschaftlichen Strukturen. Der Frau wird damit die gesamte revolutionäre Verantwortung übertragen. Zusätzlich werden Frauen bestimmte Charaktereigenschaften zugeschrieben und ein traditionelles, vor allem auf Kurdistan bezogenes, Frauenbild als biologisch verankert manifestiert. In den Schriften des PKK-Führers Abdullah Öcalan heißt es dazu, dass das „Hüten der Kinder“, die Familienorganisation und das „Vererben der Kultur“ Aufgabe der Frau sei und der Mann diese Fähigkeiten erst noch erlernen müsse.

Auch in Rojava scheinen also überholte Geschlechterrollenverhältnisse reproduziert zu werden. Das Konstrukt Familie wird als solches nicht angerührt, wodurch Kurd_innen weiterhin für die Hausarbeit und die Erziehung verantwortlich gemacht werden. Kampfverbände werden nach Geschlechtern getrennt, was, sobald den Frauen dort keine Unterdrückung oder Misshandlung mehr droht, gemeinsam möglich sein sollte. Insbesondere ökonomisch sind Frauen immer noch vom Patriarchat abhängig, das Privateigentum wird nicht angetastet, Frauen sind finanziell nicht gleichgestellt und dementsprechend gibt es keine Befreiung.

Perspektive

Unumstößlich bleibt die Erkenntnis, dass die Kommune von Rojava, die Frauen massiv gestärkt hat und ihren Kampf entscheidend vorangetrieben hat. Um das Patriarchat und die in ihm verwurzelte Klassengesellschaft schlussendlich kompromisslos abzuschaffen, muss die demokratische Revolution in Rojava jedoch permanent gemacht werden und sich die Aufgaben einer sozialistischen Umwälzung zum Ziel setzen. Die Frauenkooperativen in Rojava sind bemerkenswerte Versuche, Frauen ökonomisch unabhängig zu machen, müssen aber immer noch für einen auf Profit ausgerichteten Markt produzieren. Die kurdischen Frauen müssen diesen Kampf ausbauen und sich die endgültige Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln zum Ziel setzten. Ebenso muss auch der patriarchalen Familienstruktur der Kampf angesagt und eine Vergesellschaftung von Erziehung und Hausarbeit in Gang gebracht werden. Diese Schritte werden nur Erfolg haben, wenn sie einen Flächenbrand im Nahen Osten entfachen. Im arabischen Frühling und anderen revolutionären Bewegungen im Nahen Osten kämpften Frauen zielführend mit. Bereits in Ägypten agierten Frauen konkret, in Form von Streiks in der Textilindustrie unter dem Zitat einer der Kämpferinnen „Die Revolution findet nicht nur auf dem Tahrir-Platz statt, sie ist in jedem ägyptischen Haus“. Für die Frauen gilt es jetzt sich mit anderen Frauenkämpfen zu solidarisieren, besonders mit denen in der Türkei, um den Weg für eine internationale Bewegung zu ebnen. Dafür heißt es zusammen mit fortschrittlichen Männern gegen ihre Unterdrückung politisch anzukämpfen. Der Befreiungskampf der Frauen in Rojava kann im Schulterschluss mit den verbliebenen, fortschrittlichen säkularen Elementen des Arabischen Frühling ein erster Schritt hin zu einer proletarischen revolutionären Frauenbewegung im Nahen Osten sein! Eine Frauenbewegung für eine Föderation sozialistischer Staaten, frei von Patriarchat, Ausbeutung und Rassismus!

Ein Artikel von Larissa Kaché, REVOLUTION Fulda




Grundlagen des Marxismus: Der Staat – Teil 2: Der proletarische Staat

Für die Überwindung der kapitalistischen Gesellschaft durch eine soziale Revolution und eine Übergangsphase, die wir als Sozialismus bezeichnen, ist die Frage des Staates von zentraler Bedeutung. Sich mit ihr intensiv auseinanderzusetzen ist für jede revolutionäre Organisation unerlässlich. Wir widmen dieser Thematik innerhalb unserer Rubrik „Grundlagen des Marxismus“ eine dreiteilige Serie.

Marx und Engels haben ihre Staatstheorie nie in einem einheitlichen Buch niedergeschrieben. Sie berühren diese Frage in verschiedenen Texten, die zu unterschiedlichen Zeiten und Sachverhalten verfasst wurden, vor allem in „Der Bürgerkrieg in Frankreich“, Marx und Engels Kritiken an den Programmen der SPD, aber auch im „Manifest der kommunistischen Partei“. Später, kurz vor der russischen Oktoberrevolution 1917, veröffentlichte Lenin sein Schrift „Staat und Revolution“. In dieser legt er das marxistische Verständnis vom Staat anschaulich dar und untermauert es mit verschiedenen Zitaten von Marx und Engels.

Proletarischer Staat und sozialistische Umwälzung

Der bürgerliche Staat ist für Marx und Engels eine Diktatur der Bourgeoisie. An seine Stelle kann aber nach der Revolution nicht sofort eine Gesellschaft ohne Staat treten, wie es sich die Anarchist_innen vorstellen und wie es für Kommunist_innen das Endziel ist. Die Anarchist_innen wollen zur herrschafts- und klassenlosen Gesellschaft ohne Übergangsphase. Ihre Theorie scheitert, da sie den Staat abschaffen wollen noch bevor die sozialen Verhältnisse verschwunden sind, die ihn hervorbrachten. Zur Umwälzung der Verhältnisse braucht es aber eine Übergangsphase, in der sich die Arbeiter_innenklasse selber des Staates bemächtigt und die Bourgeoisie niedergehalten wird. So wie die Bourgeoisie den Staat zur Unterdrückung der Arbeiter_innenklasse braucht, braucht das Proletariat den Staat während dem Umwerfen der sozialen Verhältnisse zur Niederhaltung der Bourgeoisie. Diese wird auch nach der Revolution noch alles daran setzen das Rad der Zeit wieder zurück zu drehen, um ihre Privilegien und ihren Besitz zurückzuerlangen.

Diese Phase, des bewaffneten, zur herrschenden Klasse organisierten Proletariats, nennen Marx und Engels die „Diktatur des Proletariats“. Marx:

„Zwischen der kapitalistischen und der kommunistischen Gesellschaft liegt die Periode der revolutionären Umwandlung der einen in die andre. Der entspricht auch eine politische Übergangsperiode, deren Staat nichts andres sein kann als die revolutionäre Diktatur des Proletariats.“(1)

Da die herrschende Klasse nicht bereit sein wird ihre Privilegien freiwillig aufzugeben, ist es nötig, dass das Proletariat die Staatsgewalt gegen deren gewaltsamen Widerstand erkämpft und verteidigt. Dafür muss sich dieses seine eigenen Milizen aufbauen. Für Marx war die Gewalt „der Geburtshelfer jeder alten Gesellschaft, die mit einer neuen schwanger geht.“(2)

Die Arbeiter_innenklasse kann nicht einfach die bürgerliche Staatsmaschine, wo vieles nicht wählbar (Armeeführung, Beamte, Polizei) ist, von Vertreter_innen der Bourgeoisie kontrolliert wird und die auf Kosten der Arbeiter_innen lebt, für sich nutzen, sondern muss sich ihre eigene schaffen. Das haben für Marx die Erfahrungen der Pariser Kommune gezeigt:

„Namentlich hat die Kommune den Beweis geliefert, dass die Arbeiterklasse nicht die fertige Staatsmaschine einfach in Besitz nehmen und für ihre eigenen Zwecke in Bewegung setzen kann.“(3)

Was Marx hier meint ist, dass die Arbeiter_innen die Staatsmaschine zerschlagen und ihre eigene erschaffen müssen, um politische Gewalt in ihrem Interesse ausüben zu können.

Ein weiterer Grund, warum ein Staat auch nach der Revolution noch bestehen muss ist nicht nur die Niederhaltung konterrevolutionärer Kräfte im Inneren. Auch die Aggression imperialistischer Mächte von Außen stellt eine große Gefahr für jedes Land mit Arbeiter_innenregierung da. Diese werden nicht tatenlos zusehen, wenn das Proletariat eines Landes seine Herrschaft errichtet, die Bourgeoisie enteignet und zu beweisen droht, dass eine andere Welt, ohne Ausbeutung und Unterdrückung möglich ist. Daher werden die Herrschenden angrenzender Länder versuchen die Revolution im Blut zu ertränken, so z.B. kurz nach der Oktoberrevolution der Arbeiter_innen, Bauern und Soldaten in Russland, als imperialistische Mächte Europas gegen den ersten sozialistischen Staat in den Krieg zogen.

Die Bourgeoisie muss zwar niedergehalten werden, um die Möglichkeit einer Konterrevolution zu verhindern, aber es wird schon dann kein besonderer Repressionsapparat (Polizei, stehendes Heer) mehr nötig sein. Die Diktatur des Proletariats ist aber die Herrschaft der Mehrheit über die Minderheit und in dem Augenblick, wo der Staat keinen besonderen Repressionsapparat mehr braucht ist er schon kein eigentlicher Staat mehr im Sinne eines dauerhaften Unterdrückungsinstrument. Der Staat stirbt in dem Maße ab, in dem die Klassengesellschaft selbst durch das Verschwinden der sozialen Unterschiede abstirbt.

Struktur des sozialistischen Staates

Wie der proletarische Staat aussieht haben die Erfahrungen der Pariser Kommune gezeigt. Nach allgemeinem Stimmrecht wurden Räte in den Bezirken aufgebaut. Die Beamten der Kommune waren für ihre Arbeit rechenschaftspflichtig und konnten jederzeit wieder abgewählt und durch andere Personen ersetzt werden. Ihre Mehrheit bestand logischerweise aus Arbeiter_innen bzw. anerkannten Vertreter_innen ihrer Klasse. Mitarbeiter_innen im öffentlichen Dienst bekamen einen normalen Arbeitslohn bezahlt und genossen keine besonderen Privilegien.

Marx sagt über die Kommune, der sozialistische Staat sollte die Parlamente in „arbeitende Körperschaften“ statt Redebühnen verwandeln, „vollziehend und gesetzgebend zugleich“.(4)

Für den proletarischen Staat ist es außerdem von zentraler Bedeutung möglichst viele, später alle, Menschen an der Ausführung der staatlichen Funktionen zu beteiligen. So verwandeln sich alle Menschen zu Arbeiter_innen und Angestellte einer Fabrik, eines Büros unter völliger Selbstverwaltung. Jede Person soll gesellschaftlich notwendige Arbeit nach einem demokratisch aufgestellten Produktionsplan leisten, welcher die Steigerung der Produktivität zum Ziel hat.

Die Übergangsphase von der kapitalistischen zur kommunistischen Gesellschaft geht für die vorher unterdrückte Mehrheit des Volkes mit einer unglaublichen Erweiterung der Demokratie einher. Doch die Übergangsphase ist kein Kommunismus, da gleichzeitig die demokratischen Rechte der vorher unterdrückenden Minderheit beschränkt werden müssen, um ihren Widerstand zu brechen. Engels:

„Solange das Proletariat den Staat noch gebraucht, gebraucht es ihn nicht im Interesse der Freiheit, sondern der Niederhaltung seiner Gegner und sobald von Freiheit die Rede sein kann, hört der Staat als solcher auf zu bestehen.“(5)

Recht im proletarischen Staat

Auch das bürgerliche Recht wird nicht sofort und komplett aufgehoben werden können. Erst mal wird nur das Privateigentum an Produktionsmitteln aufgehoben.

Die Konsummittel werden aber nach der Arbeitsleistung verteilt, gleicher „Lohn“ für gleiche Arbeit. Doch das ist kein kommunistisches Prinzip(wo jede_r soviel arbeitet, wie gearbeitet werden kann und sich jede_r soviel nimmt, wie gebraucht wird), denn es übersieht die Verschiedenheit der einzelnen Mitglieder einer Gesellschaft (z.B. Frauen und Männer). Gleiches Recht für alle ist also immer noch bürgerliches Recht. Da es illusionär wäre zu glauben, die Menschen würden von heute auf morgen ohne jegliche Rechtsnormen und Erziehung für die Gesellschaft arbeiten, muss der Staat auch bestehen bleiben, um gleiche Verteilung und Leistung zu garantieren, das gesellschaftliche Eigentum zu wahren und um die Produktion auszuweiten bis ein dauerhafter Überfluss herrscht.

Ein Artikel von Lukas Müller, REVOLUTION Kassel

Teil 1 – Der bürgerliche Staat: http://www.onesolutionrevolution.de/marxismus/grundlagen-des-marxismus-der-staat-teil-1-der-buergerliche-staat/

(1) Marx, Engels, MEW 19 S. 28

(2) Marx, Engels, MEW 23 S. 779

(3) Marx, Engels, MEW 18 S. 96

(4) Marx, Engels, MEW 17 S. 339/340

(5) Marx, Engels, MEW 19 S. 7




Intifada in [´solid]

Auf dem letzten Bundeskongress konnten sich die Antideutschen, eine freundliche Bezeichnung für eine pro-imperialistische, arbeiterInnenfeindliche und neoliberale Strömung, um den BAK Shalom in [´solid] mit einem Antrag zu „Antisemitismus“ durchsetzen.

Während der Antrag zwar zurecht antisemitische Organisationen und ihre politische Unterstützung ablehnte, setzte er gleichzeitig auch die Ablehnung des bürgerlichen Staates Israels, seiner Angriffe gegen die palästinensische Bevölkerung, die Solidarität mit dem Widerstand gegen das Apartheidsregime, ja praktisch selbst die Kritik am israelischen Staat mit Antisemitismus gleich. Es war ein Manöver, dessen Sieg durch die Nennung der Ablehnung tatsächlich antisemitischer Organisationen gewährleistet werden sollte, während eine Niederlage des Antrages unmittelbar als Vorwurf des Antisemitismus hätte genutzt werden sollen. Nicht nur der Inhalt, sondern auch die Form dieser Strömung drücken ihre rechte, antidemokratische und bürokratische Politik aus.

Es war ein Wermutstropfen, der für viele Linke das Fass zum überlaufen brachte. Es war vermutlich ein Anlass von vielen der etliche Jugendliche Anfang Juli dazu brachte die „Revolutionäre Linke“ in [´solid] zu gründen.

Auf der [´solid] Landesmitgliederversammlung in Niedersachsen organisierten nun Mitglieder der Revolutionären Linken um die Basisgruppe Göttingen eine Gegenoffensive. Sie brachten gemeinsam mit AktivistInnen des LAK Antimilitarismus und Frieden einen Antrag durch, der sich gegen die Verherrlichung von Kriegsgerät¹ aussprach. Gemeint waren Sticker und Materialien, des LAK Shalom. Zu sehen waren Panzer der „Israel Defence Force“, der Armee, die für zehntausende Tote und eine menschliche Katastrophe in Palästina seit ihrer Gründung verantwortlich sind. Darüber stand „Antifa muss praktisch werden“.

Kurz darauf reagierte der LAK Shalom Niedersachsens mit dem Bild einer Antideutschen aus Israel, die vor einem Panzer der IDF ein Bild mit der Aufschrift „Nächster Halt: Göttingen“ hochhielt. Das war eine Drohung, die eindeutig gegen die Grundlagen jeder demokratischen Organisation verstößt. Es war aber auch eine erneute Verhöhnung des linken Flügels und des angenommen Antrages.
Die vollkommen korrekte Reaktion des LandessprecherInnenrates war der unverzügliche Ausschluss des LAK Shalom. Wir begrüßen diesen Schritt, so wie hunderte linker Jugendlicher in Deutschland. Auch wenn REVOLUTION als Organisation nicht in [´solid] arbeitet, wissen wir, welche politische Bedeutung eure Auseinandersetzung mit den Antideutschen hat. Wir wollen euch nach Kräften den Rücken in dieser Auseinandersetzung stärken. Wir können nur jeden weiteren linken Landesverband auffordern es der [´solid] Niedersachsen nachzutun und auf Bundesebene für den Ausschluss des BAK Shalom zu kämpfen.

Die Politik des BAK Shalom und seiner Landesarbeitskreise dient nicht auf den Kampf gegen Antisemitismus. Seine zentrale Rolle nimmt er im Kampf gegen den linken Flügel in [´solid] war – von PazifistInnen, über AntimilitaristInnen bis zu revolutionären AntiimperialistInnen. Er verhöhnt jeglichen anti-kolonialen Widerstand, er versucht die Annahme dass die ArbeiterInnenklasse das revolutionäre Subjekt sei, mit aller Macht zu bekämpfen, ja er geht soweit den Imperialismus als Weltsystem zu begrüßen – jenes Weltsystem, das zu zwei Weltkriegen, zahlreichen Völkermorden und der Schoah an der jüdischen Bevölkerung in Deutschland führte.

Die gemeinsame Organisierung mit den Antideutschen verhindert jeglichen Anspruch auf eine linke, geschweige denn sozialistische Organisation. Inwiefern es dem linken Flügel, und vor allem der „Revolutionären Linken“ in [´solid] gelingen kann, die Antideutschen aus der Organisation zu entfernen, wird also selbst ein Gradmesser für die Möglichkeit des Verbleibs von RevolutionärInnen in [´solid] sein.

Wir erinnern uns an die Attacken auf die Linken in NRW, zur Zeit der Angriffe auf den Gaza-Streifen, gegen die sie eine Demonstration in Solidarität mit dem palästinensischen Volk und gegen den Krieg organisieren wollten. Selbst die bürgerliche Presse wurde genutzt, um Mitglieder der gleichen Organisation als AntisemitInnen zu verunglimpfen. Sollte sich die Situation weiter zuspitzen, werden diese Manöver vermutlich nur ein kleines Vorspiel gewesen sein.

Denn hinter den Antideutschen steht eine weitaus größere Kraft. Es ist die Bürokratie und das Zentrum der LINKEN, die ihre schützende Hand über die Antideutschen hält. So wie die israelischen Panzer die Kettenhunde des Imperialismus darstellen, so sind die Antideutschen die Kettenhunde des Reformismus in der Jugendorganisation, die gefügig gehalten werden soll.
Für eine reformistische Partei, die immer stärker in die Mitverwaltung des deutschen Imperialismus drängt – auf Länderebene und ihrer Hoffnungen nach auch zukünftig in einer Bundesregierung – sind allzu offene sozialistische, ja selbst eigenständige Gedanken der Jugend ein Dorn im Auge.

Antimilitaristische Positionen wie die Ablehnung der NATO, die Solidarität mit dem palästinensischen Befreiungskampf, eine scharfe revolutionäre Kritik an der Bundeswehr, geschweige denn sozialistische Positionen, die sich auf die Aktivität der ArbeiterInnenklasse beziehen, stören die FührerInnen der LINKEN und auch manch FührerIn von [´solid] nur. Das ist der Grund warum die Antideutschen eine solche Stärke haben – nicht auf Grundlage ihrer besonders überzeugenden Argumente, sondern aufgrund der besonders „überzeugenden“ Möglichkeiten des Linkspartei-Apparates, seiner Finanzen und seines Einflusses in [´solid].

Wer sich konsequent gegen die Antideutschen zur Wehr setzen will, wer möchte, dass [´solid] wirklich zu einer Organisation wird, die dem Attribut „sozialistisch“ gerecht wird, muss nicht nur eine entschiedene Auseinandersetzung gegen die Antideutschen, sondern gegen ihren Verbündeten – den Reformismus in [´solid] und LINKE führen.

Wir rufen daher alle revolutionären, sozialistischen GenossInnen in [´solid] dazu auf der „Revolutionären Linken“ beizutreten, so wie wir selbst gerne in Diskussion mit ihr treten möchten, um sie in der Auseinandersetzung zu unterstützen, aber auch dem Aufbau einer großen revolutionären Jugendorganisation in Deutschland gemeinsam einen Schritt näher zu kommen.

Ein Artikel von Georg Ismael und Simeon Halter

1 Antrag des LAK AuF Nidersachsen. Den genauen Wortlaut des Antrages findet ihr hier: http://lakaufnds.blogsport.de/2015/07/26/gegen-die-verherrlichung-von-kriegsgeraet/