Austritt aus der Revolutionären Linken (in [solid'] ) – aber warum?

Entwicklung der Revolutionären Linken (RL)

Anfang Juli 2015 gründete sich in der linksjugend [solid‘] die RL, die den Anspruch hatte, für eine klassenkämpferische Jugendorganisation einzutreten. Eine Jugendorganisation, die in der Lage ist den Kapitalismus zu stürzen. Da einige unserer Mitglieder, die vormals in der [solid‘] Fulda aktiv waren, schon ein Jahr zuvor versucht hatten eine revolutionäre Fraktion zu gründen, waren wir über die Gründung und die Dynamik der RL sehr erfreut. Dieser Schritt war bitter nötig, weil [solid‘] einem sozialistischen Anspruch bei weitem nicht gerecht wurde. Dafür sorgen proimperialistische Antideutsche, eine reformistische Führung und ein linker Flügel, welcher sich zwar „Revolution“ auf die Fahnen schreibt, aber praktisch bestenfalls zentristische (SAV,Funke) oder gar offen reformistische Politik (BAK AuF) macht. Um die vergangenen und aktuellen Klassenkämpfe zu verarbeiten und eine Anleitung zum Handeln zu geben braucht es ein Programm. Genau das wollten wir mit Anträgen bei den Treffen der RL in Hamburg, wo seitens der SAV ein zweiseitiger Wisch als Programm verkauft werden sollte, und beim zweiten Treffen in Dortmund versuchen. Dort wurden unsere entsprechenden Anträge mit der Begründung, es brauche „Bewegung“ und kein Programm abgelehnt. Auch unsere Bemühungen eine demokratische Grundlage innerhalb der RL in Form eines Statuts zu schaffen wurde abgelehnt. Paradoxerweise wurde anschließend ein Koordinierungskreis, also eine nicht-demokratisch legitimierte Leitung, gewählt.

In den letzten Monaten gab es außerdem keine zahlenmäßige oder aktionistische Weiterentwicklung der RL. Zwar gab es am 18. Dezember einen bundesweiten Aktionstag, dieser ging allerdings nicht über die RL hinaus. Andere Gruppen oder gar unorganisierte Einzelpersonen einzubinden, wurde nicht einmal versucht. Man beging also genau die Fehler, die jetzt fälschlicherweise an Jugend gegen Rassismus kritisiert werden.

Jugend gegen Rassismus (JgR)

Ende März gab es ein weiteres Treffen der RL. Das Thema war hauptsächlich die über Deutschland hereinbrechende rassistische Welle. Für uns ist das natürlich untrennbar verknüpft mit der Frage: „Was tun gegen Rassismus?“ Eine Beteiligung der RL an dem dynamischsten, bundesweiten Antirassismusbündnis „Jugend gegen Rassismus“ schien uns der beste Weg für die RL an dem Aufbau einer Gegenbewegung mitzuwirken. Unser Antrag einer Beteiligung der RL an JgR wurde allerdings bis auf wenige Gegenstimmen abgelehnt, obwohl bundesweit mittlerweile Teile der SAV „Jugend gegen Rassismus“ unterstützen. Die Argumente waren, man wolle keine Bewegung von oben erzwingen, soziale Forderungen fehlten und die Massen seien nicht bereit mit Forderungen wie „Offene Grenzen“ oder „Selbstverteidigung gegen rassistische Angriffe“ konfrontiert zu werden. Mit einer solchen opportunistischen Argumentation sich einer Einheitsfront zu verweigern, ist schon ziemlich sektiererisch. Vor allem wenn man bedenkt, dass die SAV keinen Alternativvorschlag vorstellte.

Auch das „Argument“, dass JgR keine unorganisierten Jugendlichen ansprechen würde, ist lächerlich. Dass „Jugend gegen Rassismus“ gerade vom Refugee Schul- und Unistreik (RSUS) ins Leben gerufen wurde, an dem sich viele unorganisierte Jugendliche beteiligen, die soziale Fragen sehr wohl Beachtung findet und das Bewusstsein der Massen mit den entsprechenden Forderungen gehoben werden muss, sah die Mehrheit der RL nicht. Der wahre Grund für diese Blamage war viel eher, dass die SAV, die die RL dominiert, kein Projekt unterstützen möchte, bei welchem sie nicht die Führung innehat. Der Aufbau der eigenen Vorfeldstruktur wurde hier über die objektive Notwendigkeit des Aufbaus eines antirassistischen Bündnisses, welche die Keimform einer antirassistischen Bewegung sein kann, gestellt.

Der Bundeskongress 2016

Der Bundeskongress von solid (BuKo) ist offiziell das höchste demokratische Gremium in solid. Faktisch kann sich der Kongress in die Reihe von Kongressen einreihen, auf denen irgendwas beschlossen wird, das aber faktisch keine Auswirkungen hat, nichtmal für die eigene Organisation. Der linke Flügel macht was er will und ihm ist egal, was der rechte beschlossen hat. Andersrum gilt dasselbe. Dass ein nicht unbedeutender Teil von solid vollkommen ignoriert was beim BuKo passiert, drückt sich auch im BuKo selbst aus. Nur 190 von 250 Delegierten, sprich 74 %,[1] kamen und das trotz der Möglichkeit bei Krankheit, etc. Ersatzdelegierte zu schicken. Auch der Funke, der Teil der RL ist, kritisiert, dass der BuKo keine Auswirkungen auf die Arbeit in den Ortsgruppen und Landsverbänden hat: „Viele Beschlüsse des höchsten Gremiums verschwinden oftmals in der Schublade – wodurch die Frage nach dem Sinn und Zweck von Bundeskongressen provoziert werden kann.“[1]

Dass die RL ohne Programm und Statut innerhalb solid nicht fraktionsfähig sein kann, sah man dann während wie auch nach dem BuKo. Während ein Genosse, den man getrost als Linken in der RL bezeichnen kann, von „gemischten Gefühlen“ spricht, tobt auf Facebook ein Kampf zwischen der SAV und dem Funken, wie man sich zu Sexarbeit verhält. Von Diskussion nach innen, Geschlossenheit nach außen, wie es für leninistische Organisationen üblich ist, sah man nichts.

Dank eines Leaks mit dem Hashtag #NuernbergPapers ist uns bekannt, dass auf dem BuKo über JgR etwas beschlossen wurde und AntiDs dem wohl zustimmen wollten. Jedoch können wir, trotzdem wir teilweise zum jetzigen Zeitpunkt noch Mitglieder von solid sind, nicht nachvollziehen, wie das eigentlich ausgegangen ist. Grund dafür ist, dass wir keinen Zugang zu Protokollen des höchsten demokratischen Entscheidungsgremiums haben und auch noch nie hatten. Damit sollte alles zum BuKo gesagt sein.

Taktiken und Positionen

Ein weiterer Grund für das Stagnieren des Aufbaus der RL sind taktische Fehler. Auf der letzten Versammlung der RL wurde klar, dass sie unter keinen Umständen mit der SPD zusammenarbeiten will, weil die SAV diese als bürgerliche Partei charakterisiert. Das ist aber aus unserer Sicht ein grober Fehler, welcher taktische Folgen mit sich bringt. Die SPD ist eine bürgerliche Arbeiter_Innenpartei. Die Führung macht zwar Politik im Interesse der Bourgeoisie, aber ihre soziale Basis ist historisch und aktuell die Arbeiter_Innenklasse. Dies lässt sich auch einfach an ihrer Stärke in den DGB-Gewerkschaften, die sicher keine gelben Gewerkschaften sind, feststellen.

Die Illusionen der Arbeiter_Innenklasse in den Reformismus, wie auch ihr reformistisches Bewusstsein, kann nur durch gemeinsame Aktionen wie einer Einheitsfront mit JgR gebrochen werden. In dieser können Revolutionär_Inne durch eigenständige Propaganda und Kritik an der Führung aufzeigen, dass Diese einer fortschrittlichen Bewegung in Wege steht. Darüber hinaus, können revolutionäres Bewusstsein, wie auch der Einfluss von Revolutionär_Innen, in der Klasse gestärkt werden.

Gleichzeitig verhält sich die RL auch sektiererisch gegenüber anderen linksradikalen Organisationen, was ihre Weigerung „Jugend gegen Rassismus“ aufzubauen zeigt. Dieses Sektierertum geht Hand in Hand mit einer opportunistischen Politik gegenüber der LINKEN und [solid‘]. Hier steckt man tief in den Strukturen, ohne einen offenen Kampf um die Führung zu führen. Echter Entrismus, wie Trotzki ihn sich als Taktik für Revolutionär_Inne in reformistischen Parteien vorstellte, um einen linken Flügel wegzubrechen oder die Partei zu übernehmen, sieht anders aus.

Weiter bleibt die RL auf zentristischen Positionen hängen. Die Weigerung sich ein Programm zu geben ist ein deutlicher Indikator dafür. Brennende Forderungen, die es gerade seit dem massiven Aufkommen der Rassist_Innen und den verstärkten Flüchtlingsbewegungen seit Mitte 2015 braucht, werden nicht genannt. Dazu gehört, das keine offenen Grenzen gefordert werden und auch dem Aufbau von Selbstschutz keine Notwendigkeit zugesprochen wird.

Für eine revolutionäre Jugendorganisation!

Die sich anbahnende Krise und der katastrophale Rechtsruck in Europa machen die Notwendigkeit der Jugend eine einheitliche und revolutionäre Führung zu geben überdeutlich. Wir müssen endlich die aktuelle Führungskrise überwinden und uns für die kommenden Kämpfe wappnen! Dazu braucht es eine sozialistische Organisation mit einem klaren Programm, einem lebendigen demokratischen Innenleben und einheitlichen Aktionen nach außen. Gerade im Rahmen unserer Intervention in [solid‘] und der RL hat sich gezeigt, das keine dieser Strukturen in der Lage sind sich zu so einer Organisation zu entwickeln und die momentane Führungskrise der Jugend als auch der Klasse der Lohnabhängigen als Ganzes zu lösen. Schade auch, dass die SAV die Diskussion, wie eine solche Führung zu schaffen ist, nicht mehr mit uns weiter führen möchte. Dies zeigt sich dadurch, dass sie zum Beispiel Anträge innerhalb der RL durchboxte, die Programmdiskussionen auch auf kommenden Treffen unterbinden. Die SAV zeigt dadurch hervorragend, was sie von der reformistischen Bürokratie in der Linkspartei gelernt hat: bürokratische Manöver.

Ein Austritt unsererseits aus der RL und eine Konzentration auf die eigene Arbeit ist somit mehr als gerechtfertigt. Natürlich arbeiten wir gerne auch in Zukunft mit linken Teilen von [solid‘] und der SAV zusammen, um eine größere Aktionseinheit wie auch Gruppen übergreifende
Diskussionen innerhalb der Linken zu schaffen. Eine organisatorische Einheit ist allerdings nicht mehr gerechtfertigt. Unser eigentliches Ziel, nämlich den linken Flügel in [solid‘] organisatorisch auf die notwendigen Auseinandersetzungen mit der rechten Führung bis hin zum Bruch vorzubereiten, haben wir nicht erreicht. Trotzdem war unsere Arbeit nicht umsonst: Wir haben eine klare Kritik am Reformismus von [solid‘] und dem Zentrismus der RL und der SAV formuliert. Darüber hinaus haben wir REVOLUTION deutschlandweit bekannter gemacht, Kontakte herstellen können und einige Mitglieder in Fulda und Bonn dazu gewonnen. In Fulda wurde im Juni 2015 aus der solid-Gruppe eine sehr aktive REVOLUTION Ortsgruppe, die sich in einer konservativen 60.000 Einwohner_Innenstadt länger als sämtliche andere Jugendorganisationen links der Jungen Union halten konnte und kann.

[1] „Rückblick auf den Bundeskongress 2016“, Der Funke

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Die Funktion des Rassismus

In Fulda entwickelt sich gerade eine Debatte darum, wie gegen die aufkommenden und erstarkenden rechten Bewegungen wie PEGIDA oder die neu entstandenen Bürgerwehren vorgegangen werden kann. Wir von REVOLUTION Fulda haben uns in diese Debatte bisher stark eingebracht und veröffentlichen hier eine Rede, welche ein_e Fuldaer Genoss_in vor einigen Monaten auf einer antirassistischen Kundgebung in Fulda gehalten hatte. Da den bisher noch großteils orientierungslosen Bemühungen eine Bewegung gegen Rechts in Deutschland aufzubauen ein klares Verständnis von Rassismus fehlt, finden wir die damalige Rede immer noch wichtig und dass sie den Nagel der Debatte auf den Kopf trifft.




Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,
Ich bin von der unabhängigen Jugendorganisation Revolution und möchte heute über die Funktion des Rassismus in unserer Gesellschaft sprechen.


Die Funktion des Rassmismus


Noch immer hält die Weltwirtschaftskrise von 2008 an und noch immer sind damit verbundene Angriffe auf unsere Lebensqualität zu verzeichnen, egal ob Gentrifizierung, schlechte Arbeitsbedingungen oder fehlende Ausbildungsplätze. Der gewaltigen Rechtsruck in Europa ist auch unmittelbar mit der Krise verbunden. Rechtspopulistische Parteien und außerparlamentarische Kräfte, wie „PEGIDA“, die „Identitäre Bewegung“ und viele mehr erhalten immer mehr Zuspruch und vertreten ihre Politik offen in den Parlamenten und auf der Straße. Sie gehen z.B. gegen die Aufnahme von Flüchtlingen in ihrer Umgebung vor und greifen diese mit Worten und physischer Gewalt an. So gibt es mittlerweile fast täglich Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte, physische Übergriffe und ein grassierender Alltagsrassismus; Solch eine widerwärtige, rassistische Progromstimmung ist leider heute schon traurige Normalität; auch in Deutschland.


Die Ausbeutung im Kapitalismus


Klar ist, dass vor allem in Zeiten der jetzigen, historischen Krise viele Menschen unter sozialer und materieller Verwerfung leiden oder Angst haben dorthin abzurutschen. Erzeugt wird dieses Leid durch das kapitalistische System: Die Kapitalistenklasse (also die Besitzer von Fabriken und Firmen) beutet die Lohnabhängigen aus, indem ein niedrigerer Lohn gezahlt wird, als ihre Arbeit wert ist. Diese Ausbeutung findet, in mehr oder weniger verschärfter Form, in allen Ländern der Erde statt. Auch Deutschland ist da, gerade mit seinem gewaltigen Niedriglohnsektor, keine Ausnahme. Bei dem besonderen Beispiel Deutschlands muss auch die Unterjochung der ärmeren europäischen Ländern durch die EU und den Euro genannt werden. Für alle Imperialisten, also Länder, die ihren eigenen Markt erschöpft haben, kommt außerdem die Überausbeutung der Halbkolonien hinzu. Sie versuchen ständig Absatzmärkten und Rohstoffenquellen zu erschießen und zu sichern und beuten billige Arbeitskräfte im Ausland aus. Wirtschaftliche Erpressung, Waffenlieferungen und Krieg sind gängige Mittel auch der deutschen Außenpolitik und führen dazu, dass Menschen überhaupt erst die Flucht ergreifen müssen.


Die Politik der Rechten


Alle rechten Gruppen lenken von diesen realen Tatsachen ab. Ihre Lösung ist, einfache Feindbilder zu schaffen, denen die Probleme angelastet werden können. So sieht ihre jämmerliche Analyse den Islam oder die Zuwanderung als Hauptprobleme der deutschen Gesellschaft. Es scheint ihnen einfacher und erfolgversprechender gegen Schwächere zu Felde zu ziehen, als gegen die Chefs, den Staat und das gesamte Wirtschaftssystem des Kapitalismus. Die Grenzen werden so zwischen den Geschlechtern, den Völkern, der sexuellen Orientierung oder der Religion gezogen. Hier soll nochmal ganz besonders auf das sexistische Weltbild aufmerksam gemacht werden, welches allen rechten Kräften gemein ist. Den Platz der Frau sehen sie bei der Besorgung des Haushalts und der Kindererziehung. Das erzeugt eine starke Abhängigkeit der Frau zu ihrem Mann und ist sicherlich die Basis der massiven Frauenunterdrückung in unserer Gesellschaft. Dem stellen wir eine umfassende Emanzipation gegenüber, die die Vereinfachung des Scheidungsvorgangs, die Selbstbestimmung über den eigenen Körper, das Recht auf gleichen Lohn, kostenlose Kitaplätze und öffentliche Speisung mit einschließt. Wir müssen Sexismus in Wort und Tat entgegentreten, um die Stellung der Frau zu heben und in einer sozialistischen Gesellschaft letztlich zu einer kompletten Gleichberechtigung der Geschlechter zu kommen.


Rassismus nützt den Kapitalisten


Die Rechten ziehen falsche Grenzen zwischen den Menschen und begreifen nicht, dass es auch innerhalb ihres Landes eine Ausbeutung der Lohnabhängigen gibt und dass diese gerade durch ihre nationale Kapitalistenklasse betrieben wird. Die Spaltung der Gesellschaft in wirtschaftliche Klassen wird systematisch verschleiert, die Solidarität innerhalb der Arbeiter_innenklasse untergraben und stattdessen ein nationaler oder rassischer Zusammenhalt geschaffen. Sie sind damit willige Diener_innen der herrschenden Klasse und ihrer Politik, für die internationale Solidarität der Lohnabhängigen eine Gefahr ist. Wie richtig das ist, beweist, dass laufend verschärfte Asylgesetze verabschiedet werden und Politiker_innen und Medien gegen wirtschaftlich Benachteiligte, Flüchtlinge, den Islam oder Linke hetzen und so den Rassist_innen eine Steilvorlage für ihre Ansichten geben. Die etablierte Politik verwaltet doch direkt den Imperialismus der Banken und Großkonzerne, deren Profitinteressen uns als Ausgebeuteten auf der ganzen Welt gegenüber stehen.


Die jetzige rassistische Welle drückt vor allem die Interessen des Kleinbürgertums und der mittelständischen Kapitalist_innen aus. Sie fühlen sich durch Merkels Europapolitik, in welcher sie die Interessen des Großkapitals verteidigt, nicht mehr repräsentiert. Einem geeinten Europa unter deutscher Führung (und damit auch einer einheitlichen Flüchtlingspolitik) setzen sie nationale Abschottung entgegen. Ihre Massenbasis gewinnen rechte Parteien aber auch aus den reaktionären Schichten des Prekariats.


Gemeinsam gegen Spaltung!


Um gegen die scheinbare Übermacht der Klasse der Kapitalist_innen eine revolutionäre Umgestaltung der Gesellschaft durchzusetzen, brauchen wir unsere gemeinsame Kraft. Unser Ziel ist die Einheit der Jugend und der lohnabhängigen Bevölkerung. Wir müssen aktiv werden gegen rechte Propaganda, Abschiebungen, Angriffe auf die Lohnabhängigen und deren Rechte. Dafür muss eine breites Bewusstsein für den Rassismus geschaffen werden. Praktische Schlüsse daraus sind antifaschistische Verteidigungskomitees, Selbstorganisation in der Schule und den Betrieben, Demonstrationen, Kundgebungen und Streiks. Sie sind Kampfmittel gegen die Rechten und können Ansätze einer neuen, alle Unterdrückungsverhältnisse abschaffenden, Gesellschaft sein.


Gegen Faschismus Selbstverteidigung organisieren




Antifaschistischer Widerstand – Notwendig und legitim! Aber wie? Kritik und Perspektiven des Kampfes in Leipzig

In der Nacht vom 5.-6.August kam es zu einem Angriff auf das mittelständische Unternehmen der neuen AfD-Vorsitzenden Frauke Petry in Leipzig. Durchgeführt wurde dieser durch das zerschlagen der Scheiben und hineinwerfen von Buttersäure. Initiiert wurde das Ganze von der sogenannten Gruppe „Auftragskommandos Bernd Lucke oder besser – Autonome“. Der Angriff steht in Bezug auf die Zunahme von Brandanschlägen an Geflüchtetenunterkünften in der ersten Hälfte des Jahres 2015 (bereits 202 in der ersten Hälfte des Jahres 2015). So fand Anfang August ebenfalls ein Buttersäureanschlag auf eine dieser Notunterkünfte in Dresden statt. Es lässt sich hierbei von einer allgemeinen Zunahme der rassistischen Bewegung im Zuge der aktuellen Krise sprechen.

Rund um Pegida und die neurechten Mobilisierungen von Montagsdemos bis zu den Reichsbürgern konnte sich der rechte Flügel der AfD um Petry teilweise an die Führung dieser stellen. Innerhalb der AfD spitzte sich von da an der Konflikt zwischen dem offen rassistischen und dem nationalprotektionistischen (solche stehen bspw. für Schutzzölle ein) Teil der Partei zu. Dies führte vor wenigen Wochen zur Spaltung der Partei.

Von einer Klärung der Führungskrise der RassistInnen und FaschistInnen ist jedoch noch längst nicht die Rede. Die Parteienlandschaft von CDU/CSU – Alpha(Lucke) – AfD – pro Deutschland (hier Enden die rechtskonservativen und rechtspopulistischen Parteien) – NPD –Die Rechte und daneben Kameradschaftsverbände, autonome NationalistInnen, die rechte Hoolszene und viele weitere zeigen auf, wie versprengt die Bewegung ist. Dies sagt jedoch längst nicht, dass sicher dieser Status im Zuge schärferer Angriffe als Rammbock gegen die ArbeiterInnenklasse nicht in kürzester Zeit ändern kann. Die faschistischen Bataillone und Minister in der Ukraine sind dafür ein deutlicher Beweis. Keimformen dessen sehen wir aktuell in Freital. Dort kam es bereits zu bewaffneten Aufmärschen und einen Bombenanschlag auf einen linken Parlamentarier gegen ein dort
entstehendes Heim.

Der Wiederstand in Deutschland

Hierzulande stellt sich dem jedoch nur ein kleiner Teil entgegen, viele davon vertiefen sich in ziellose Feuerwehrpolitik. Breitere Einheitsfronten unter Einbezug größerer bürgerlicher ArbeiterInnenparteien wie SPD und Die Linke oder der Gewerkschaften sind kurzzeitig und die Seltenheit.
Unter diesen Ausgangsbedingungen stellen wir uns nun der Frage wie der Kampf dagegen zu organisieren ist. Und in eben diesem Rahmen betrachten wir die punktuellen Angriffe gegen einzelne RassistInnen und FaschistInnen wie auch Organe des bürgerlichen Staates als Sinnbild des staatlichen Rassismuses. Der Kapitalismus ist es, der den Ursprung dieser Gewalt erst schafft, es ist Gewalt wenn er uns einsperrt, unsere Rechte einstampft und uns tattäglich schikaniert. Ursprung der Gewalt ist die Ausbeutung der Arbeit und die Spaltung der Klasse um die kapitalistische Herrschaft aufrechtzuhalten. Nach rechts verteidigen wir diese Angriffe, kritisieren aber ihre Passivität gegenüber den mörderischen Herrschaftschaftsverhältnissen.

Die individuellen Angriffe organisiert in informellen Kleingruppen sind historisch ein Konzept des französischen Anarchisten Blanqui, dieser war einer der Führer des anarchistischen Flügels der Pariser Kommune. Unter dem selbsterklärten Ziel der „Propaganda der Tat“ soll Einfluss auf das Bewusstsein der Massen genommen werden, diese sollen sich ebenfalls dieses Mittels bedienen.

Dabei kommen jedoch einige Probleme auf. Bekanntlich bestimmt das Sein die Ausprägung des Bewusstseins. Das Bewusstsein kann sich nicht eigenständig zu einem revolutionären Entwickeln, dazu bedarf es des Einflusses einer revolutionären Perspektive von Übergangsforderungen getragen durch eine Partei der ArbeiterInnenklasse. Diese Erfahrungen müssen im gemeinsamen Kampf entwickelt werden.

Das zweite Problem an dieser Taktik ist ein Fehlverständnis des Verhältnisses von Propaganda und Agitation. Kurz gesagt verstehen wir Agitation als wenig Worte für viele Menschen und Propaganda als viel Inhalt für wenige Leute. Auch wenn der Adressat (Frauke Petry) sehr deutlich war, so ist es das Subjekt, das darauf reagieren soll, nicht. Sofern mensch sich als revolutionär verstehen sollte, so ist das strategische Ziel, die Zerschlagung des bürgerlichen Staates bzw. den Aufbau einer neuen Jugendinternationale, durch die gewählte Taktik in jeder Aktion nicht aus den Augen zu verlieren, sondern ein Lenken in die angestrebte Richtung. Um dieses Ziel zu erreichen muss einem jedoch ebenfalls klar sein, wer erreicht werden soll – die ArbeiterInnenklasse im Schulterschluss mit den kämpferischen Teilen der Jugend. Sofern dies jedoch ins nichts gerichtet ist, fängt es höchstens die blinde Wut, die durch das kapitalistische System tagtäglich gestiftet wird, ab. Solange individuelle Attentate also blind gerichtet werden ohne organisatorische Perspektive, solange die bürgerliche Presse unsere Gewalt als den blanken Terror verkauft und den kapitalistischen Mord jeden Tag in Geschenkpapier verpackt ohne dass wir einen Gegenpol aufbauen, ist diese Gewalt immer mehr Gefährdung unserer selbst als Fortschritt. Dieser Gegenpol muss sich an die fortschrittlichen und kämpferischen Teile der Klasse richten und an der Stelle ansetzen, wo diese in Widerspruch zum herrschenden Bewusstsein treten.

Unsere Gewalt muss somit ins Herz dieses Systems treffen, das Privateigentum an Produktionsmitteln. Nur die Klasse die nichts anderes verkaufen kann als ihre Arbeitskraft und den Mehrwert, der diese Gesellschaft aufrechterhält, schafft, kann diese Fesseln sprengen, durch ihre organisierte Kraft.

Unsere Zielsetzung kann somit nur einen Slogan haben: militant, massenhaft, organisiert! Die gemeinsame Erfahrung in der Aktion in direktem Widerstand gegen die Bourgeoisie und ihre Gewaltorgane ist die stärkste Schule des proletarischen Klassenbewusstseins. Nur wenn der Wiederstand getragen wird durch die kollektive Entscheidung der Klasse in Räten und durchgeführt durch die dem unterstellten Gewaltorgane – die ArbeiterInnenmilizen-, kann eine antifaschistische Bewegung aufgebaut werden, die in der Lage ist den Faschismus und seine Wurzeln zu zerschlagen. Dort kann der Vergleich gegenüber der revolutionären Programmatik und dem versöhnlerischen Kurs von ReformistInnen vor den Massen gezogen werden.

Mit welcher Perspektive wir diesen Kampf führen wollen, werden wir am 26.September in Leipzig unter Beweis stellen, wenn FaschistInnen und RassistInnen wieder mobil machen gegen Geflüchtete. Wir laden alle fortschrittlichen Kräfte dazu ein mit uns gemeinsam dagegen zu kämpfen!

Ein Artikel von REVOLUTION Leipzig




Jin, Jiyan, Azadi – Frauen, Leben, Freiheit

Im Nahen Osten wird das Leben der Frauen noch immer stark vom Patriarchat bestimmt. Hausarbeit und die Erziehung werden als selbstverständlich von der Frau zu erfüllende Arbeiten angesehen, oftmals neben der Berufstätigkeit. Frauen haben oft kein Selbstbestimmungsrecht über ihren Körper, noch dürfen sie eigenständig gesellschaftliche Entscheidungen treffen, sondern müssen dem Patriarchen Folge leisten. So werden junge Frauen oft gegen ihren Willen verheiratet und müssen ihrem Mann Kinder gebären, unter lebensgefährlichen Bedingungen. Vergewaltigungen werden dem Opfer als Ehebruch vorgeworfen, durch welchen der Ehemann seine Ehre verliert. Um das Ansehen wieder zu erlangen, kommt es vor, dass Männer ihre Frauen ermorden. Der Grad der Frauenunterdrückung in den verschiedenen Ländern ist abhängig von den jeweiligen nationalen Kräfteverhältnissen der Klassen. In Saudi Arabien haben Frauen beispielsweise immer noch kein Wahlrecht, auch dürfen sie keinen Führerschein machen. Frauen in den Industriezentren Ägyptens sind dagegen massiv in der Produktion tätig aber werden in der Textilindustrie und in der Landarbeit besonders ausgebeutet, erhalten wesentlich geringe Löhne als ihre männlichen Kollegen und sind sexistischer Diskriminierung am Arbeitsplatz ausgesetzt.

In der Türkei erklärte die AKP-Regierung die Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen als Angriff auf die Familienstrukturen. Immer noch wird Frauen die Rolle der Hausfrau und Erzieherin zugeteilt und es besteht kaum Verständnis dafür, dass sie einer bezahlten Arbeit nachgehen möchte oder gar in der Politik agiert. Gewalt gegen Frauen nimmt enorme Ausmaße an, wovon besonders Kurdinnen betroffen sind, da sie als nationale Minderheit von der Gesellschaft ausgegrenzt und unterdrückt werden. So kam es mehrfach zu Angriffen auf kurdische Demonstrationen, Dörfer und Städte. Es gibt kaum Möglichkeiten für sie, sich fortzubilden oder eine Arbeit auszuüben.

Die Situation der Kurd_innen ist im Nahen Osten allgemein durch mehrere Regierungen und den IS – welcher für Andersgläubige wie Jesid_innen insgesamt eine Gefahr darstellt – bedroht. Besonders der IS vertreibt die Kurd_innen aus ihren Dörfern, tötet junge Männer und Frauen, verschleppt Frauen und Kinder. Frauen werden regelmäßig auf Sklavenmärkten verkauft und fallen sexueller Gewalt zum Opfer. Manche Frauen wählen lieber den Freitod, als dem IS in die Hände zu fallen oder auf der Flucht ihr Neugeborenes zurück lassen zu müssen.

Frauenkampf

Erstaunlicherweise hat es in Rojava, der im Zuge der syrischen Revolution entstandenen kurdischen Autonomieregion im Norden Syriens (Westkurdistan), der weibliche Teil der Bevölkerung geschafft, trotz ihrer fatalen Lage, ein hohes Maß an Mitbestimmung und Gleichberechtigung zu erkämpfen.

Viele Frauen nehmen Rojava als Alternative für ihre Zukunft wahr. So kommt es dazu, dass besonders junge Frauen sich auf den Weg nach Syrien machen, um den patriarchalen Strukturen ihrer Familien zu entfliehen und sich dort der YPJ (Frauenverteidigungseinheit), den feministischen Guerillas, anzuschließen. Der Freiheitskampf der YPJ bietet den kurdischen Frauen eine auf Gleichstellung basierende Alternative abseits von rassistischer Diskriminierung, Bevormundung, Abhängigkeit, Zwangsverheiratung und Überausbeutung. Aus der Not heraus schlossen sich hier Frauen zusammen, um sich gemeinsam gegen den IS zu verteidigen. Auch Jugendliche mobilisieren nach Westkurdistan. Die tragische Ermordung der 20 jährigen Duisburger Kommunistin Ivana Hoffmann machte uns auf schmerzliche Weise auf diese mutigen Kämpferinnen aufmerksam. Die Grenze zwischen der Türkei und Syrien ist für Kämpfer_innen aus anderen Ländern jedoch nur schwer zu überwinden und selbst für medizinische Nottransporte oft unpassierbar. Stattdessen werden von der Türkei Anhänger des IS nach Syrien geschleust, sodass uns allen klar sein sollte, auf wessen Seite der türkische Staat steht.

System in Rojava

In Rojava hat sich ein System etabliert, das sich auf soziale und demokratische Rechte stützt, wobei besonders die Gleichstellung zwischen Mann und Frau hervorzuheben sind. Dieses bestimmt, dass Löhne, die berufliche Stellung, das Erbrecht und Zeug_innenaussagen bei beiden Geschlechtern gleich zu behandeln und das Verheiraten junger Mädchen sowie die Polygamie zu verbieten ist. In Rojava sind verschiedene Glaubensrichtungen und Ethnien auf einem Ort zu entdecken, die friedlich miteinander leben. Flüchtlinge werden aufgenommen und nach Möglichkeit politisch integriert, sowie alle anderen Minderheiten und auch Jugendliche. Diese können Räte bilden und Vertreter_innen in den „Hohen Kurdischen Rat“ entsenden. Es besteht eine Frauenquote von 40% und es gibt mehrere Frauenräte. Hier lernen sie sich selbst zu organisieren und können abseits von männlicher Bevormundung und machistischem Verhalten über Sexismus und Selbstverteidigung diskutieren. Sogenannte Frauen-Caucus-Treffen sind auch in unserer Organisation ein wichtiger Eckpfeiler antisexistischer Arbeit. Die kurdische Frauenbewegung von Rojava ist eine beispielhafte Errungenschaft für Frauenrechte im Nahen Osten. Dies wird durch die kurdische Partei PYD, einer Schwesterpartei der PKK, unterstützt, indem sie eine Ideologie entwickelte, in der die Frauenunterdrückung als Hauptwiderspruch des Systems betrachtet wird und das Ziel sein soll, das Matriarchat zu etablieren. Das bedeutet eine Gesellschaftsform, in der Frauen eine bevorzugte Stellung in Staat und Familie innewohnt. Es entspricht dem Gegenteil des Patriarchats.

Ideologie der PKK und PYD

Die Frau wird auf Grund ihrer biologischen Eigenschaften, als friedlich, harmonisch und demokratisch beschrieben, während der Mann egoistisch, ungerecht und unterdrückend sei. Damit erkläre sich der Kapitalismus, da das Patriarchat in der Gesellschaft Fuß gefasst habe und der Sozialismus mit der Frau unterdrückt worden sei. Dies bildet ein reaktionäres Frauenbild und damit einen immensen Widerspruch zu den gesellschaftlichen Strukturen. Der Frau wird damit die gesamte revolutionäre Verantwortung übertragen. Zusätzlich werden Frauen bestimmte Charaktereigenschaften zugeschrieben und ein traditionelles, vor allem auf Kurdistan bezogenes, Frauenbild als biologisch verankert manifestiert. In den Schriften des PKK-Führers Abdullah Öcalan heißt es dazu, dass das „Hüten der Kinder“, die Familienorganisation und das „Vererben der Kultur“ Aufgabe der Frau sei und der Mann diese Fähigkeiten erst noch erlernen müsse.

Auch in Rojava scheinen also überholte Geschlechterrollenverhältnisse reproduziert zu werden. Das Konstrukt Familie wird als solches nicht angerührt, wodurch Kurd_innen weiterhin für die Hausarbeit und die Erziehung verantwortlich gemacht werden. Kampfverbände werden nach Geschlechtern getrennt, was, sobald den Frauen dort keine Unterdrückung oder Misshandlung mehr droht, gemeinsam möglich sein sollte. Insbesondere ökonomisch sind Frauen immer noch vom Patriarchat abhängig, das Privateigentum wird nicht angetastet, Frauen sind finanziell nicht gleichgestellt und dementsprechend gibt es keine Befreiung.

Perspektive

Unumstößlich bleibt die Erkenntnis, dass die Kommune von Rojava, die Frauen massiv gestärkt hat und ihren Kampf entscheidend vorangetrieben hat. Um das Patriarchat und die in ihm verwurzelte Klassengesellschaft schlussendlich kompromisslos abzuschaffen, muss die demokratische Revolution in Rojava jedoch permanent gemacht werden und sich die Aufgaben einer sozialistischen Umwälzung zum Ziel setzen. Die Frauenkooperativen in Rojava sind bemerkenswerte Versuche, Frauen ökonomisch unabhängig zu machen, müssen aber immer noch für einen auf Profit ausgerichteten Markt produzieren. Die kurdischen Frauen müssen diesen Kampf ausbauen und sich die endgültige Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln zum Ziel setzten. Ebenso muss auch der patriarchalen Familienstruktur der Kampf angesagt und eine Vergesellschaftung von Erziehung und Hausarbeit in Gang gebracht werden. Diese Schritte werden nur Erfolg haben, wenn sie einen Flächenbrand im Nahen Osten entfachen. Im arabischen Frühling und anderen revolutionären Bewegungen im Nahen Osten kämpften Frauen zielführend mit. Bereits in Ägypten agierten Frauen konkret, in Form von Streiks in der Textilindustrie unter dem Zitat einer der Kämpferinnen „Die Revolution findet nicht nur auf dem Tahrir-Platz statt, sie ist in jedem ägyptischen Haus“. Für die Frauen gilt es jetzt sich mit anderen Frauenkämpfen zu solidarisieren, besonders mit denen in der Türkei, um den Weg für eine internationale Bewegung zu ebnen. Dafür heißt es zusammen mit fortschrittlichen Männern gegen ihre Unterdrückung politisch anzukämpfen. Der Befreiungskampf der Frauen in Rojava kann im Schulterschluss mit den verbliebenen, fortschrittlichen säkularen Elementen des Arabischen Frühling ein erster Schritt hin zu einer proletarischen revolutionären Frauenbewegung im Nahen Osten sein! Eine Frauenbewegung für eine Föderation sozialistischer Staaten, frei von Patriarchat, Ausbeutung und Rassismus!

Ein Artikel von Larissa Kaché, REVOLUTION Fulda




Grundlagen des Marxismus: Der Staat – Teil 2: Der proletarische Staat

Für die Überwindung der kapitalistischen Gesellschaft durch eine soziale Revolution und eine Übergangsphase, die wir als Sozialismus bezeichnen, ist die Frage des Staates von zentraler Bedeutung. Sich mit ihr intensiv auseinanderzusetzen ist für jede revolutionäre Organisation unerlässlich. Wir widmen dieser Thematik innerhalb unserer Rubrik „Grundlagen des Marxismus“ eine dreiteilige Serie.

Marx und Engels haben ihre Staatstheorie nie in einem einheitlichen Buch niedergeschrieben. Sie berühren diese Frage in verschiedenen Texten, die zu unterschiedlichen Zeiten und Sachverhalten verfasst wurden, vor allem in „Der Bürgerkrieg in Frankreich“, Marx und Engels Kritiken an den Programmen der SPD, aber auch im „Manifest der kommunistischen Partei“. Später, kurz vor der russischen Oktoberrevolution 1917, veröffentlichte Lenin sein Schrift „Staat und Revolution“. In dieser legt er das marxistische Verständnis vom Staat anschaulich dar und untermauert es mit verschiedenen Zitaten von Marx und Engels.

Proletarischer Staat und sozialistische Umwälzung

Der bürgerliche Staat ist für Marx und Engels eine Diktatur der Bourgeoisie. An seine Stelle kann aber nach der Revolution nicht sofort eine Gesellschaft ohne Staat treten, wie es sich die Anarchist_innen vorstellen und wie es für Kommunist_innen das Endziel ist. Die Anarchist_innen wollen zur herrschafts- und klassenlosen Gesellschaft ohne Übergangsphase. Ihre Theorie scheitert, da sie den Staat abschaffen wollen noch bevor die sozialen Verhältnisse verschwunden sind, die ihn hervorbrachten. Zur Umwälzung der Verhältnisse braucht es aber eine Übergangsphase, in der sich die Arbeiter_innenklasse selber des Staates bemächtigt und die Bourgeoisie niedergehalten wird. So wie die Bourgeoisie den Staat zur Unterdrückung der Arbeiter_innenklasse braucht, braucht das Proletariat den Staat während dem Umwerfen der sozialen Verhältnisse zur Niederhaltung der Bourgeoisie. Diese wird auch nach der Revolution noch alles daran setzen das Rad der Zeit wieder zurück zu drehen, um ihre Privilegien und ihren Besitz zurückzuerlangen.

Diese Phase, des bewaffneten, zur herrschenden Klasse organisierten Proletariats, nennen Marx und Engels die „Diktatur des Proletariats“. Marx:

„Zwischen der kapitalistischen und der kommunistischen Gesellschaft liegt die Periode der revolutionären Umwandlung der einen in die andre. Der entspricht auch eine politische Übergangsperiode, deren Staat nichts andres sein kann als die revolutionäre Diktatur des Proletariats.“(1)

Da die herrschende Klasse nicht bereit sein wird ihre Privilegien freiwillig aufzugeben, ist es nötig, dass das Proletariat die Staatsgewalt gegen deren gewaltsamen Widerstand erkämpft und verteidigt. Dafür muss sich dieses seine eigenen Milizen aufbauen. Für Marx war die Gewalt „der Geburtshelfer jeder alten Gesellschaft, die mit einer neuen schwanger geht.“(2)

Die Arbeiter_innenklasse kann nicht einfach die bürgerliche Staatsmaschine, wo vieles nicht wählbar (Armeeführung, Beamte, Polizei) ist, von Vertreter_innen der Bourgeoisie kontrolliert wird und die auf Kosten der Arbeiter_innen lebt, für sich nutzen, sondern muss sich ihre eigene schaffen. Das haben für Marx die Erfahrungen der Pariser Kommune gezeigt:

„Namentlich hat die Kommune den Beweis geliefert, dass die Arbeiterklasse nicht die fertige Staatsmaschine einfach in Besitz nehmen und für ihre eigenen Zwecke in Bewegung setzen kann.“(3)

Was Marx hier meint ist, dass die Arbeiter_innen die Staatsmaschine zerschlagen und ihre eigene erschaffen müssen, um politische Gewalt in ihrem Interesse ausüben zu können.

Ein weiterer Grund, warum ein Staat auch nach der Revolution noch bestehen muss ist nicht nur die Niederhaltung konterrevolutionärer Kräfte im Inneren. Auch die Aggression imperialistischer Mächte von Außen stellt eine große Gefahr für jedes Land mit Arbeiter_innenregierung da. Diese werden nicht tatenlos zusehen, wenn das Proletariat eines Landes seine Herrschaft errichtet, die Bourgeoisie enteignet und zu beweisen droht, dass eine andere Welt, ohne Ausbeutung und Unterdrückung möglich ist. Daher werden die Herrschenden angrenzender Länder versuchen die Revolution im Blut zu ertränken, so z.B. kurz nach der Oktoberrevolution der Arbeiter_innen, Bauern und Soldaten in Russland, als imperialistische Mächte Europas gegen den ersten sozialistischen Staat in den Krieg zogen.

Die Bourgeoisie muss zwar niedergehalten werden, um die Möglichkeit einer Konterrevolution zu verhindern, aber es wird schon dann kein besonderer Repressionsapparat (Polizei, stehendes Heer) mehr nötig sein. Die Diktatur des Proletariats ist aber die Herrschaft der Mehrheit über die Minderheit und in dem Augenblick, wo der Staat keinen besonderen Repressionsapparat mehr braucht ist er schon kein eigentlicher Staat mehr im Sinne eines dauerhaften Unterdrückungsinstrument. Der Staat stirbt in dem Maße ab, in dem die Klassengesellschaft selbst durch das Verschwinden der sozialen Unterschiede abstirbt.

Struktur des sozialistischen Staates

Wie der proletarische Staat aussieht haben die Erfahrungen der Pariser Kommune gezeigt. Nach allgemeinem Stimmrecht wurden Räte in den Bezirken aufgebaut. Die Beamten der Kommune waren für ihre Arbeit rechenschaftspflichtig und konnten jederzeit wieder abgewählt und durch andere Personen ersetzt werden. Ihre Mehrheit bestand logischerweise aus Arbeiter_innen bzw. anerkannten Vertreter_innen ihrer Klasse. Mitarbeiter_innen im öffentlichen Dienst bekamen einen normalen Arbeitslohn bezahlt und genossen keine besonderen Privilegien.

Marx sagt über die Kommune, der sozialistische Staat sollte die Parlamente in „arbeitende Körperschaften“ statt Redebühnen verwandeln, „vollziehend und gesetzgebend zugleich“.(4)

Für den proletarischen Staat ist es außerdem von zentraler Bedeutung möglichst viele, später alle, Menschen an der Ausführung der staatlichen Funktionen zu beteiligen. So verwandeln sich alle Menschen zu Arbeiter_innen und Angestellte einer Fabrik, eines Büros unter völliger Selbstverwaltung. Jede Person soll gesellschaftlich notwendige Arbeit nach einem demokratisch aufgestellten Produktionsplan leisten, welcher die Steigerung der Produktivität zum Ziel hat.

Die Übergangsphase von der kapitalistischen zur kommunistischen Gesellschaft geht für die vorher unterdrückte Mehrheit des Volkes mit einer unglaublichen Erweiterung der Demokratie einher. Doch die Übergangsphase ist kein Kommunismus, da gleichzeitig die demokratischen Rechte der vorher unterdrückenden Minderheit beschränkt werden müssen, um ihren Widerstand zu brechen. Engels:

„Solange das Proletariat den Staat noch gebraucht, gebraucht es ihn nicht im Interesse der Freiheit, sondern der Niederhaltung seiner Gegner und sobald von Freiheit die Rede sein kann, hört der Staat als solcher auf zu bestehen.“(5)

Recht im proletarischen Staat

Auch das bürgerliche Recht wird nicht sofort und komplett aufgehoben werden können. Erst mal wird nur das Privateigentum an Produktionsmitteln aufgehoben.

Die Konsummittel werden aber nach der Arbeitsleistung verteilt, gleicher „Lohn“ für gleiche Arbeit. Doch das ist kein kommunistisches Prinzip(wo jede_r soviel arbeitet, wie gearbeitet werden kann und sich jede_r soviel nimmt, wie gebraucht wird), denn es übersieht die Verschiedenheit der einzelnen Mitglieder einer Gesellschaft (z.B. Frauen und Männer). Gleiches Recht für alle ist also immer noch bürgerliches Recht. Da es illusionär wäre zu glauben, die Menschen würden von heute auf morgen ohne jegliche Rechtsnormen und Erziehung für die Gesellschaft arbeiten, muss der Staat auch bestehen bleiben, um gleiche Verteilung und Leistung zu garantieren, das gesellschaftliche Eigentum zu wahren und um die Produktion auszuweiten bis ein dauerhafter Überfluss herrscht.

Ein Artikel von Lukas Müller, REVOLUTION Kassel

Teil 1 – Der bürgerliche Staat: http://www.onesolutionrevolution.de/marxismus/grundlagen-des-marxismus-der-staat-teil-1-der-buergerliche-staat/

(1) Marx, Engels, MEW 19 S. 28

(2) Marx, Engels, MEW 23 S. 779

(3) Marx, Engels, MEW 18 S. 96

(4) Marx, Engels, MEW 17 S. 339/340

(5) Marx, Engels, MEW 19 S. 7




Intifada in [´solid]

Auf dem letzten Bundeskongress konnten sich die Antideutschen, eine freundliche Bezeichnung für eine pro-imperialistische, arbeiterInnenfeindliche und neoliberale Strömung, um den BAK Shalom in [´solid] mit einem Antrag zu „Antisemitismus“ durchsetzen.

Während der Antrag zwar zurecht antisemitische Organisationen und ihre politische Unterstützung ablehnte, setzte er gleichzeitig auch die Ablehnung des bürgerlichen Staates Israels, seiner Angriffe gegen die palästinensische Bevölkerung, die Solidarität mit dem Widerstand gegen das Apartheidsregime, ja praktisch selbst die Kritik am israelischen Staat mit Antisemitismus gleich. Es war ein Manöver, dessen Sieg durch die Nennung der Ablehnung tatsächlich antisemitischer Organisationen gewährleistet werden sollte, während eine Niederlage des Antrages unmittelbar als Vorwurf des Antisemitismus hätte genutzt werden sollen. Nicht nur der Inhalt, sondern auch die Form dieser Strömung drücken ihre rechte, antidemokratische und bürokratische Politik aus.

Es war ein Wermutstropfen, der für viele Linke das Fass zum überlaufen brachte. Es war vermutlich ein Anlass von vielen der etliche Jugendliche Anfang Juli dazu brachte die „Revolutionäre Linke“ in [´solid] zu gründen.

Auf der [´solid] Landesmitgliederversammlung in Niedersachsen organisierten nun Mitglieder der Revolutionären Linken um die Basisgruppe Göttingen eine Gegenoffensive. Sie brachten gemeinsam mit AktivistInnen des LAK Antimilitarismus und Frieden einen Antrag durch, der sich gegen die Verherrlichung von Kriegsgerät¹ aussprach. Gemeint waren Sticker und Materialien, des LAK Shalom. Zu sehen waren Panzer der „Israel Defence Force“, der Armee, die für zehntausende Tote und eine menschliche Katastrophe in Palästina seit ihrer Gründung verantwortlich sind. Darüber stand „Antifa muss praktisch werden“.

Kurz darauf reagierte der LAK Shalom Niedersachsens mit dem Bild einer Antideutschen aus Israel, die vor einem Panzer der IDF ein Bild mit der Aufschrift „Nächster Halt: Göttingen“ hochhielt. Das war eine Drohung, die eindeutig gegen die Grundlagen jeder demokratischen Organisation verstößt. Es war aber auch eine erneute Verhöhnung des linken Flügels und des angenommen Antrages.
Die vollkommen korrekte Reaktion des LandessprecherInnenrates war der unverzügliche Ausschluss des LAK Shalom. Wir begrüßen diesen Schritt, so wie hunderte linker Jugendlicher in Deutschland. Auch wenn REVOLUTION als Organisation nicht in [´solid] arbeitet, wissen wir, welche politische Bedeutung eure Auseinandersetzung mit den Antideutschen hat. Wir wollen euch nach Kräften den Rücken in dieser Auseinandersetzung stärken. Wir können nur jeden weiteren linken Landesverband auffordern es der [´solid] Niedersachsen nachzutun und auf Bundesebene für den Ausschluss des BAK Shalom zu kämpfen.

Die Politik des BAK Shalom und seiner Landesarbeitskreise dient nicht auf den Kampf gegen Antisemitismus. Seine zentrale Rolle nimmt er im Kampf gegen den linken Flügel in [´solid] war – von PazifistInnen, über AntimilitaristInnen bis zu revolutionären AntiimperialistInnen. Er verhöhnt jeglichen anti-kolonialen Widerstand, er versucht die Annahme dass die ArbeiterInnenklasse das revolutionäre Subjekt sei, mit aller Macht zu bekämpfen, ja er geht soweit den Imperialismus als Weltsystem zu begrüßen – jenes Weltsystem, das zu zwei Weltkriegen, zahlreichen Völkermorden und der Schoah an der jüdischen Bevölkerung in Deutschland führte.

Die gemeinsame Organisierung mit den Antideutschen verhindert jeglichen Anspruch auf eine linke, geschweige denn sozialistische Organisation. Inwiefern es dem linken Flügel, und vor allem der „Revolutionären Linken“ in [´solid] gelingen kann, die Antideutschen aus der Organisation zu entfernen, wird also selbst ein Gradmesser für die Möglichkeit des Verbleibs von RevolutionärInnen in [´solid] sein.

Wir erinnern uns an die Attacken auf die Linken in NRW, zur Zeit der Angriffe auf den Gaza-Streifen, gegen die sie eine Demonstration in Solidarität mit dem palästinensischen Volk und gegen den Krieg organisieren wollten. Selbst die bürgerliche Presse wurde genutzt, um Mitglieder der gleichen Organisation als AntisemitInnen zu verunglimpfen. Sollte sich die Situation weiter zuspitzen, werden diese Manöver vermutlich nur ein kleines Vorspiel gewesen sein.

Denn hinter den Antideutschen steht eine weitaus größere Kraft. Es ist die Bürokratie und das Zentrum der LINKEN, die ihre schützende Hand über die Antideutschen hält. So wie die israelischen Panzer die Kettenhunde des Imperialismus darstellen, so sind die Antideutschen die Kettenhunde des Reformismus in der Jugendorganisation, die gefügig gehalten werden soll.
Für eine reformistische Partei, die immer stärker in die Mitverwaltung des deutschen Imperialismus drängt – auf Länderebene und ihrer Hoffnungen nach auch zukünftig in einer Bundesregierung – sind allzu offene sozialistische, ja selbst eigenständige Gedanken der Jugend ein Dorn im Auge.

Antimilitaristische Positionen wie die Ablehnung der NATO, die Solidarität mit dem palästinensischen Befreiungskampf, eine scharfe revolutionäre Kritik an der Bundeswehr, geschweige denn sozialistische Positionen, die sich auf die Aktivität der ArbeiterInnenklasse beziehen, stören die FührerInnen der LINKEN und auch manch FührerIn von [´solid] nur. Das ist der Grund warum die Antideutschen eine solche Stärke haben – nicht auf Grundlage ihrer besonders überzeugenden Argumente, sondern aufgrund der besonders „überzeugenden“ Möglichkeiten des Linkspartei-Apparates, seiner Finanzen und seines Einflusses in [´solid].

Wer sich konsequent gegen die Antideutschen zur Wehr setzen will, wer möchte, dass [´solid] wirklich zu einer Organisation wird, die dem Attribut „sozialistisch“ gerecht wird, muss nicht nur eine entschiedene Auseinandersetzung gegen die Antideutschen, sondern gegen ihren Verbündeten – den Reformismus in [´solid] und LINKE führen.

Wir rufen daher alle revolutionären, sozialistischen GenossInnen in [´solid] dazu auf der „Revolutionären Linken“ beizutreten, so wie wir selbst gerne in Diskussion mit ihr treten möchten, um sie in der Auseinandersetzung zu unterstützen, aber auch dem Aufbau einer großen revolutionären Jugendorganisation in Deutschland gemeinsam einen Schritt näher zu kommen.

Ein Artikel von Georg Ismael und Simeon Halter

1 Antrag des LAK AuF Nidersachsen. Den genauen Wortlaut des Antrages findet ihr hier: http://lakaufnds.blogsport.de/2015/07/26/gegen-die-verherrlichung-von-kriegsgeraet/




Türkei/Rojava: Tod dem Staatsterrorismus – Tod dem Faschismus!

Nach dem Attentat des Islamischen Staats (IS) auf sozialistische Jugendliche in der türkischen Stadt Suruc am 20. Juli hat die türkische Regierung eine Großmobilisierung ihrer Sicherheitskräfte in Gang gesetzt. In großen Städten wie Ankara, Izmir und Istanbul wurden bislang mehr als 1.000 Menschen verhaftet, eine junge Frau wurde erschossen.

Doch nur wenige von ihnen sind AnhängerInnen des IS – im Gegenteil. Die Repressionswelle richtet sich v.a. gegen die kurdische Arbeiterpartei PKK, Mitglieder der HDP, die sich für die Gleichberechtigung der KurdInnen einsetzt, und gegen linke Organisationen wie der „Revolutionären Volksbefreiungsfront“ DHKP-C. In Istanbul toben seit mehreren Tagen Straßenschlachten, sogar das Begräbnis der ermordeten Genossin Gülay Özarlan wurde von der Polizei überfallen.

Kampf dem Terrorismus?

Dieser Kampf gegen den inneren Feind von Erdogans AKP ist Teil einer größeren Offensive. Seit Wochenende fliegen türkische Kampfjets über Syrien und dem Nordirak. Laut BBC wurden etwa 10 Einsätze gegen den IS geflogen, fast 200 gegen Stellungen der KurdInnen in Rojava und im Nordirak. Sie sind das eigentliche Ziel.

Erst im Januar hatten die Volksverteidigungskräfte der YPG/YPJ in der Region Rojava in einem erbitterten Kampf die Stadt Kobanê vom IS befreitet und wurden dadurch international bekannt. Ebenfalls bekannt wurde die Rolle der Türkei, die durch ihre Grenzpolitik die kurdischen KämpferInnen in eine katastrophale Versorgungsnot gebracht und Munitionslieferungen verhindert hatte – während IS-Kämpfer in türkischen Privatkliniken behandelt wurden. Erst kürzlich sagte Erdogan deutlich, dass er kein kurdisches Autonomiegebiet an der türkischen Grenze zulassen würde. Ein solches Territorium unter der Kontrolle der PYD würde auch eine Stärkung der PKK bedeuten, was die AKP in den letzten Monaten ja eigentlich durch ihre „Friedensverhandlungen“ mit der HDP verhindern wollte.

All das zeigt auch die Verlogenheit der offiziellen Begründung der Türkei für ihre Intervention in Syrien. Sie bekämpft auch jetzt nicht den IS, sondern dessen GegnerInnen. So machte die Generalkommandantur der Volksverteidigungseinheiten (YPG) am 26. Juli in einer Presseerklärung öffentlich, dass die türkische Panzer Stellungen der Frauen- und Volksverteidigungseinheiten (YPJ/YPG) und der Freien Syrischen Armee (FSA) im Dorf Zormikhar westlich von Kobanê beschossen und dabei vier Kämpfer der FSA und zahlreiche DorfbewohnerInnen verletzt haben.

Gestern Freund, heute Feind

Seit dem Abend des 26. Juli bombardieren türkische Kampfjets außerdem das Kandil-Gebirge im Nord-Irak, wo sich das Hauptquartier der kurdischen Guerilla befindet. Nicht nur Schutzräume und Trainingscamps wurden getroffen, sondern auch mehrere DorfbewohnerInnen. Dieser Einsatz dauerte mehr als 8 Stunden.

Aber kurdisch ist nicht gleich kurdisch. Die türkische Armee hat in der nordirakischen Regierung unter Barzani einen Verbündeten an ihrer Seite, der „im Kampf gegen den Terror immer auf [türkischer] Seite“ stünde. Mit militärischen Angriffen auf sein „Staatsgebiet“ scheint er also kein Problem zu haben, solange diese sich gegen „den Richtigen“, also den gemeinsamen politischen Feind richten. Auch wenn das Programm des Demokratischen Konföderalismus, der Personenkult um Abdullah „Apo“ Öcalan und die Idealisierung der Familie einen kleinbürgerlichen, diffus anarchistisch bis utopischen Charakter haben, so ist die PKK ein entschiedener Gegner der Kolonialisierung des Nahen Ostens und der nationalen Unterdrückung des kurdischen Volkes.

Wer es wagt, dieses System in Frage zu stellen oder gar mit Waffen zu bekämpfen, der bekommt nun den Zorn der türkischen Regierung zu spüren. Diese erhofft sich schon länger die Zustimmung der USA und der NATO, militärisch gegen die KurdInnen vorgehen zu dürfen, bisher wurde aber v.a. die PYD als möglicher Bündnispartner im Kampf gegen den IS gesehen, auch wenn die reale materielle Unterstützung praktisch verwehrt und selbst Solidaritätskampagnen für finanzielle Hilfe massiv behindert wurden.

Doch diese Politik scheint sich nun geändert zu haben. Während in Istanbul eine als Friedensmarsch von der HDP organisierte Demonstration verboten wurde und politische AktivistInnen verhaftet werden, droht in Rojava ein Zweifrontenkrieg. Denn die PYD hatte erklärt, dass sie es als Kriegserklärung verstünde, wenn die türkische Armee sie, die Helden im Kampf gegen den IS, angreifen würde. Die PKK vermutet eine Abmachung zwischen den USA und der Türkei, bei der sie den Angriff auf die KurdInnen billigen, wenn sie selbst endlich die Luftwaffenstützpunkte in der Türkei nutzen dürften. Angriffe auf die PKK und ihre Verbündeten gelten jetzt auch in der Sprache der US-Diplomaten als „Selbstverteidigung der Türkei“, zu der schließlich jedes NATO Mitglied ein Recht hätte.

Kampf an zwei Fronten

Aber auch die tatsächliche Selbstverteidigung der YPG/YPJ in Städten wie Sirrin, die vom IS bedroht ist, muss weitergehen. Der Schwenk der türkischen Regierung, dem IS die ohnehin nie öffentlich bestätigte Unterstützung aufzukündigen, schwächt die islamistischen Banden nicht von heute auf morgen.

Die KurdInnen in Rojava stehen unmittelbar vor der Bedrohung eines Zweifrontenkrieges, den sie kaum gewinnen können, wenn eine türkische Intervention von der NATO gedeckt wird. Die Türkei zieht massive Truppeneinheiten an den Grenzen zu den kurdischen Gebieten in Syrien und zum Nordirak zusammen und plant außerdem eine „Sicherheitszone“ in Syrien zu errichten. Damit wären die KurdInnen in Rojava von allen Seiten von starken Gegnern eingekreist – von der Türkei und vom IS.

Auch der kurdischen Bewegung in der Türkei droht eine Niederlage, wenn die Türkei ihre reaktionären Ziele durchsetzen kann oder wenn Rojava fallen würde. Der Vorsitzende der HDP, Selahattin Demirtas, ist nicht sparsam mit moralischen Vorwürfen gegen die AKP und er verweist zurecht darauf, dass sie einen Bürgerkrieg provoziert oder mindestens billigend in Kauf nimmt.

Es ist offenkundig, dass die türkische Regierung kein Interesse an einem „Friedensprozess“ hat und dessen Fortsetzung, wenn dieser mit einer politischen Stärkung von PKK/PYD und HDP einhergeht und sich dabei noch eine linke politisch Kraft etabliert, die die national unterdrückten kurdischen Massen mit der türkischen Linken und der ArbeiterInnenbewegung vereinen. Der Wahlsieg der HDP hat der AKP vor Augen geführt, dass sich diese in der nächsten Periode als eine politische Kraft stabilisieren könnte, die regelmäßig die undemokratische Hürde von 10 Prozent bei den Wahlen meistert und damit ein absolute Parlamentsmehrheit für die AKP auch zukünftig unmöglich machen würde.

Man sollte nicht vergessen, dass im Moment eigentlich noch eine Regierungsbildung angestrebt wird, denn seit der Wahl am 7. Juni hat die AKP ihre absolute Mehrheit verloren und ist auf eine Koalition angewiesen. Es ist sicher keine allzu falsche Vermutung, dass die AKP eine Regierungsbildung bewusst hinaus zögerte, um sich im momentanen Chaos als Stabilitätsfaktor zu präsentieren und bei Neuwahlen wieder die Alleinherrschaft zu erringen. Ein Schritt dazu könnte auch das Verbot der HDP als „terroristische Organisation“ sein.

Befreiungskampf

Doch die Stabilität einer bürgerlichen Partei, deren Herrschaft sich auf Angst und Staatsterror stützt, ist nicht unerschütterlich, wenn man an der richtigen Stelle zu sägen beginnt. Diese Stelle ist die kämpferische Organisierung der ArbeiterInnenklasse, der Bauernschaft, der städtischen Armut in der Türkei und in allen kurdischen Gebieten.

Der „Friedensprozess“ ist am Ende und kann auch nicht wiederbelebt werden. Die türkische Regierung will nicht Frieden, sondern Kapitulation der KurdInnen, wenn sie mit dem Krieg gegen die PKK bis zu deren „endgültiger Entwaffnung“ droht.

In dieser Situation ist die Solidarität mit dem kurdischen Volk – ob nun mit den KämpferInnen in Rojava, mit der PKK und ihren Stellungen im Nordirak oder der HDP in der Türkei – Pflicht aller InternationalistInnen, der gesamten ArbeiterInnenklasse Europas, aller Linken, ja aller DemokratInnen.

Der Schritt vorwärts in der Türkei wird freilich nicht in einer Rückkehr zur Guerilla-Strategie bestehen, sondern im Massenkampf der KurdInnen, in einem Sirhaldin, in Massenaktionen in den Städten der gesamten Türkei, in politischen Streiks gegen die Repression und in der Agitation für Soldatenkomitees in der Armee, die sich gegen den schmutzigen Krieg Erdogans stellen.

In Europa gilt es, eine Solidaritätsbewegung mit den politischen Gefangenen aufzubauen und deren sofortige Freilassung zu fordern und das Ende des Verbots der PKK u.a. linker Organisationen. Diese Bewegung muss sich zugleich gegen die Unterstützung der türkischen Intervention, wie gegen jede Intervention von NATO, USA und EU im Nahen Osten wenden.

Über alle Grenzen hinweg

Die Befreiung des kurdischen Volkes ist freilich unmöglich ohne eine politische Perspektive für den gesamten Nahen und Mittleren Osten.

Das Selbstbestimmungsrecht des kurdischen Volkes (egal ob in Form eines eigenen Staates oder weitgehender Autonomie) kann nicht verwirklicht werden, ohne die Machtverhältnisse in mindestens vier Staaten, die das kurdische Territorium beanspruchen, und die imperialistische Vorherrschaft in Frage zu stellen. Außerdem könnte selbst ein kurdisches Staatsgebiet (z.B. Rojava) selbst unter „friedlichen“ Bedingungen wirtschaftlich nicht autark wirtschaften, sondern wäre auf Kooperation mit seinen Nachbarn angewiesen.

Die Grenzziehung in der Region, festgelegt im Vertrag von Lausanne, ist mittlerweile
selbst in Frage gestellt. Das trifft nicht nur auf den „Islamischen Staat“, Israel und den US-Imperialismus zu, sondern auch auf das Agieren der Türkei. Um ihre Ziele (Ausweitung des geo-strategischen Einflusses, Verhindern eines kurdischen, selbstverwalteten, de facto eigenstaatlichen Gebietes in Rojava) zu erreichen, kann sie an den bestehenden Grenzen nicht halt machen. Daher auch ihre Angriffe auf andere Staatsgebiete zur „Selbstverteidigung“.

Die kurdische Frage zeigt wie kaum eine andere, dass auch eine fortschrittliche, revolutionäre Veränderung nicht an bestehenden Staatsgrenzen halt machen kann. Die grenzübergreifende Solidarität aller fortschrittlichen Kräfte und v.a. der ArbeiterInnenbewegung ist ein Gebot der Stunde. Das trifft insbesondere auf die kurdische Bewegung und die verbliebenen Kräfte der syrischen demokratischen Revolution zu, die weiter gegen Assad, aber auch die Islamisten des IS kämpfen.

Dazu braucht es auch eine politische Organisation über die bestehenden nationalstaatlichen Grenzen hinweg, die mit der Perspektive des revolutionären Sturzes der reaktionären Regime und der Errichtung von Arbeiter- und Bauernregierungen ausgerüstet ist. Nur so ist eine Enteignung der großen Kapitalisten und die Errichtung einer demokratischen Planwirtschaft, die Durchführung einer Agrarrevolution zugunsten der LandarbeiterInnen und Kleinbauern, die Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechtes aller Völker, die Befreiung von imperialistischer Vorherrschaft, die Ersetzung des bürgerlichen Staats- und Repressionsapparates durch Räte und Milizen möglich. Die Vereinigten sozialistischen Staaten des Nahen Ostens müssen das Ziel sein, für das eine international koordinierte Partei kämpft.

Ein Artikel von Svenja Spunck, REVOLUTION Berlin




Revolutionäre Linke in ['solid] – Was tun die Sozialist_innen?

Am 4. Juli versammelten sich 46 Jugendliche der Linksjugend [´solid] in Hamburg. Linke Landessprecher_innen aus Hamburg und Rheinland-Pfalz hatten aufgerufen über die Perspektiven sozialistischer Politik in [´solid] zu diskutieren.

Beteiligt waren neben Aktivist_innen aus Berlin, Hamburg, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und einer starken Delegation von Mitgliedern der Sozialistischen Alternative Voran (SAV) auch Mitglieder von REVOLUTION, die ehemals in [´solid] Fulda organisiert waren.

Unter dem Druck der Rechtsentwicklung der Partei die LINKE und [´solid]s gründeten diese Jugendlichen die Revolutionäre Linke (im folgenden als RL abgekürzt) und nahmen eine Gründungserklärung an, mit der sie Jugendliche des Verbandes aufrufen gemeinsam „für einen klassenkämpferischen Jugendverband“ einzutreten. Ihr Ziel ist es „eine neue Generation junger revolutionärer Kräfte zu organisieren, die dazu in der Lage ist, den Kapitalismus zu stürzen und durch eine demokratische, sozialistische Ordnung zu ersetzen.“

Wir möchten gleich zu Beginn den Genoss_innen, zu ihrem Schritt die RL zu gründen, gratulieren. Unser Genosse Lukas Müller, der zu einem Sprecher der RL gewählt wurde, hatte seinerseits vor einem Jahr zur Gründung einer revolutionäre Fraktion in [´solid] aufgerufen und Versuche in Hessen in diese Richtung unternommen (1).

Die Gründung der RL ist bereits ein Erfolg. Doch es werden unweigerlich Konfrontationen mit dem rechten Flügel um die Antideutschen, aber auch dem reformistischen Zentrum der Organisation folgen. Daher ist es wichtig, dass sich die RL mit einer klaren Politik ausrüstet und organisatorisch gut aufstellt. Wir möchten mit unserem Artikel einen Beitrag dazu leisten.

Rechtsruck in [´solid] und LINKE

So stellt die Gründungserklärung gleich am Anfang fest, dass die „Linksjugend [’solid] diesem Anspruch [eine klassenkämpferische Organisation zu sein, Anm. der Red.] bei Weitem nicht gerecht wird. Karrierismus, sog. „antideutsche“ Positionen und mangelnder Bezug zu gesellschaftlichen Kämpfen sind in vielen Bundesländern zu beobachten.“ „In einigen Fragen, etwa der Haltung zu Auslandseinsätzen, Antirassismus und Feminismus oder der Einschätzung von SPD und Grünen, werden sozialistische Positionen nicht vertreten bzw. massiv angegriffen.“

An späterer Stelle wird im Bezug auf die LINKE festgestellt, dass „mit der Beteiligung an Landesregierungen mit bürgerlichen Parteien pro-kapitalistischer Politik innerhalb der LINKEN Tür und Tor geöffnet wurde: Beispielhaft stehen hierfür die Schuldenbremse, der Haushaltsvorbehalt, das Betreiben von Abschiebeknästen, Rüstungskonzernen usw. Auch andere Positionen, wie die Ablehnung von Auslandseinsätzen und Kürzungspaketen, wurden bei den Entscheidungen der Linksfraktion im Bundestag zu den Erpressungspaketen gegen Griechenland und dem Bundeswehr-Einsatz im Mittelmeer bereits massiv angegriffen oder ins Gegenteil verkehrt. Bei seiner persönlichen Erklärung beim Bielefelder Parteitag zeichnete Gregor Gysi den Weg für DIE LINKE in die Regierung vor: Zustimmung zu Rüstungsexporten, Auslandseinsätzen der Bundeswehr, Mitverantwortung in der NATO, Zustimmung zur EU.“

Vollkommen zu Recht stellt die RL fest, dass der Rechtsruck der Partei die LINKE im Zusammenhang mit den gewachsenen Bestrebungen und der realen Beteiligung an bürgerlichen Regierungen steht. Diese Entwicklung der LINKEN, hat auch zu einer weiteren Rechtsentwicklung in [´solid] geführt.

Die Darstellung hat aber auch eine wichtige Achillesferse. Sie geht davon aus, dass pro-kapitalistische Politik erst mit der Regierungsbeteiligung in der LINKEN salonfähig wurde. Doch die PDS, aber auch die WASG, die 2007 zur LINKEN fusionierten, waren beides Parteien, die bereits vorher an bürgerlichen Regierungen beteiligt waren oder daran ein Interesse hatten.

Reformismus ist pro-kapitalistische Politik in der Arbeiter_innenklasse

Die LINKE war und ist eine von Grund auf reformistische (2) Partei. Die PDS regierte bereits vor der LINKEN ab 2001 in bürgerlichen Regierungen wie z.B. in Berlin mit fatalen Folgen, die Privatisierungen und soziale Angriffe beinhalteten. Doch auch in den 90ern, geschweige denn ab 2007, war ihr Programm nicht revolutionär, sozialistisch oder antikapitalistisch.

Das Programm der LINKEN war nie auf den Sturz des Kapitalismus, sondern auf seine „Verbesserung“ und „Reformierung“ ausgerichtet. Insofern war die LINKE bereits seit ihrer Gründung eine pro-kapitalistische Partei. Wem diese Behauptung zu hart klingen mag, der sollte nach Griechenland schauen, wo das links reformistische Hoffnungsprojekt SYRIZA gerade mit aller Macht den Kapitalismus rettet – zulasten der griechischen und europäischen Arbeiter_innenklasse.

Natürlich war und ist die LINKE auch heute eine Partei, die Arbeiter_innen und Jugendliche organisiert, die sich gegen die Symptome des Kapitalismus wehren wollen. Aber eine Partei, die den Kapitalismus letztlich retten oder auf jeden Fall nicht stürzen will, kann keinen konsequenten Kampf gegen diese Symptome führen, geschweige denn mit ihren Ursachen Schluss machen.

Sie wird unvermeidlich eine Bürokratie, bestehend aus ParteifunktionärInnen, reformistischen Parlamentarier_innen und dem rechten Flügel an die Spitze der Partei drängen. Denn eine Partei, deren primäres Ziel der Kompromiss mit dem Kapital und seinem Staat ist, braucht zwangsläufig eine privilegierte Schicht von Verhandlungsführer_innen und Bürokrat_innen. Während die Basis weitestgehend passiv ist und das Programm mehr eine Wunschliste, als eine Handlungsanweisung, agieren die reformistischen Führer_innen weitestgehend autonom von den Interessen ihrer Basis. Nur so sind die meisten geschlossenen „Kompromisse“, man könnte auch sagen Verrat, wenn man sich z.B. die Abschlüsse der Gewerkschaften in den vergangenen Tarifverhandlungen oder die aktuelle Praxis in Thüringen anschaut, möglich.

Diese Politik führt nicht dazu, dass sich das Klassenbewusstsein im revolutionären Sinne hebt, sondern in den wirren der Sozialpartnerschaft eingefroren und in entscheidenden Momenten der Auseinandersetzung von der Führung verraten wird. Das aktuellste Beispiel hierfür ist der momentane Ausverkauf des „Nein“ zu den Spardiktaten in Griechenland.

Der aktuelle Rechtsruck ist also der inneren Logik der LINKEN und [´solid] geschuldet. Er ist die logische Konsequenz reformistischer Politik „in der Verantwortung“. Gleichzeitig stehen wir vor dem Problem, dass der Reformismus die vorherrschende Ideologie und Politik in der aktuellen Arbeiter_innenbewegung ist. Die SPD, die Gewerkschaftsbürokratie und zu einem gewissen Grad auch die LINKE führen große Teile der organisierten Arbeiter_innen an.

Haben Revolutionär_innen keine klare Einschätzung vom Reformismus, müssen sie also unweigerlich in der Auseinandersetzung mit diesen Kräften scheitern. Das ist insbesondere in einem Land wie Deutschland der Fall, wo der Reformismus so tiefe Wurzeln geschlagen hat.

Warum haben wir uns nun über zwei Seiten mit dem Thema Reformismus auseinandergesetzt? Soll es hier nicht um eine revolutionäre Alternative gehen? Ja, das soll es. Aber insbesondere für Jugendliche, die in einer reformistischen Organisation für andere Verhältnisse eintreten wollen, ist es unbedingt nötig sich klar darüber zu sein, was die größten Hindernisse dafür sind und wie sie aussehen.

Die Gründungserklärung der RL geht an keiner Stelle auf den Reformismus als eine politische Qualität ein. Selbst das Wort Reformismus wird nirgendwo auch nur erwähnt. Das ist ein politisches Versäumnis, das dringend behoben werden sollte, wenn die RL tatsächlich eine revolutionäre Zukunft haben möchte.

Inhaltliche Klarheit und Bestimmtheit

Das wichtigste Werkzeug in der politischen Auseinandersetzung mit dem Reformismus und in der politischen Praxis ist „inhaltliche Klarheit und Bestimmtheit“, ein selbst erklärtes Ziel der RL. Die Formulierung einer Gründungserklärung ist der erste, richtige Schritt dafür. Natürlich kann sie aber diese Aufgabe nicht vollkommen bewerkstelligen.

Es ist aber tragisch, wenn Genoss_innen der RL diese Gründungserklärung selbst als Programm darstellen. Die Gründungserklärung ist eine politische Willensbekundung, die wichtige Fragen für Sozialist_innen aufwirft und andere dazu einlädt diese gemeinsam zu beantworten. Hierin liegt ihre Berechtigung.

Ein Programm ist allerdings das gemeinsame Verständnis der Ergebnisse des bisherigen Klassenkampfes und die sich daraus ergebenden Perspektiven für die sozialistische Revolution. Es ist das Ergebnis einer Analyse der Klassenkampfverhältnisse in einem bestimmten Land innerhalb internationaler Verhältnisse. Und vor allem ist es für Revolutionär_innen eine praktische Handlungsanleitung. Das steht in scharfem Kontrast zu reformistischen Parteien und Jugendorganisationen, die ihr Programm kaum erwähnen, geschweige denn ihre Versprechen wirklich konsequent umsetzen.

Um einem weit verbreiteten „Missverständnis“ vorzubeugen, bedeutet das keinesfalls, dass Revolutionär_innen alle Maßnahmen des revolutionären Programms unmittelbar umsetzen könnten. Das revolutionäre Programm beschreibt eben nicht nur das zu einem gewissen Zeitpunkt „im Kapitalismus machbare“, sondern das für die Arbeiter_innen und die Revolution Notwendige. Wir möchten ein konkretes und krasses Beispiel anbringen, weil es in der Diskussion bereits gefallen ist – die Arbeiter_innenmiliz.

Wenn wir bereits heute im Programm von der Notwendigkeit der Zerschlagung des bürgerlichen Staates und der Revolution sprechen, tun wir gut daran. Bereits Rosa Luxemburg kritisierte die Reformist_innen vor mehr als 100 Jahren dafür, dass
„Die Bewegung alles, und das Ziel nichts“ (3) für sie sei. Sie legte eindrucksvoll dar, dass wer das Ziel nicht benennen würde, zwangsläufig keinen bewussten Weg zum Ziel darlegen könnte oder gar einen anderen Weg einschlagen müsste.

Wenn wir nun aber gegen den bürgerlichen Staat und für die Revolution sind, eine Einstellung die heute nur eine kleine Minderheit teilt, müssen wir dieser auch darlegen, wie dies bewerkstelligt werden kann. Es bedarf für die erfolgreiche Revolution Räte und Arbeiter_innenmilizen. Der bürgerliche Staat wird nicht freiwillig abdanken, alle die dies dachten, mussten dafür blutig bezahlen, wie die erste Revolution – die Pariser Kommune – gezeigt hatte. Wenn der bürgerliche Staat aber gestürzt ist, muss auch eine neue Gesellschaft aufgebaut und die Wirtschaft geplant werden. Dafür braucht es die Räte. Soll diese Gesellschaft verteidigt werden können, braucht es die von den Räten demokratisch kontrollierte Verteidigung der Revolution durch Arbeiter_innenmilizen.

Wenn wir nun heute von Arbeiter_innenmilizen und Räten sprechen, bedeutet das keinesfalls, dass wir heute bereits Räte oder Arbeiter_innenmilizen aufbauen können. Wer aber heute von Revolution spricht, muss auch darlegen, wie sie umgesetzt werden kann, denn revolutionäres Bewusstsein entwickelt sich nicht in „Etappen“. Es entwickelt sich auch nicht dadurch, dass man der Jugend das Programm in Häppchen serviert. Es muss vollständig und klar dargelegt werden. Das Programm spiegelt also eine gesamtheitliche Methode wieder, die man nicht zerlegen und beschneiden kann, um es verträglicher zu machen. Einige wird man sofort dafür gewinnen können, andere erst nach gemeinsamen Erfahrungen oder längeren Diskussionen. Wir sagen das bewusst, weil es wichtig ist, festzustellen, dass Revolutionär_innen heute in Deutschland sehr schwach sind. Sie können nur durch inhaltliche Klarheit und Bestimmtheit an Stärke gewinnen.

So wird das Programm auch durch die konkrete Entwicklung im Klassenkampf „verträglich“. Natürlich gehört dazu auch eine sinnvolle Vermittlung in täglichen Slogans und in der „Agitation“. Niemand von uns würde sich heute auf den lokalen Marktplatz stellen und eine ausführliche Rede an die umstehenden Passant_innen halten, warum sie sich sofort in Arbeiter_innenmilizen organisieren sollten – zumindest in Deutschland!

Wer aber heute in Freital oder anderen Orten, in denen Flüchtlingsheime brennen oder mit Schusswaffen von Rechten angegriffen werden, sich auf den Marktplatz stellt und die Notwendigkeit von antirassistischen Selbstverteidigungskomitees darlegt, liegt vollkommen im Recht damit. Ob der Slogan deshalb unmittelbar umgesetzt wird, ist eine andere Frage. Er ist aber unmittelbar notwendig. Zumindest eine Minderheit wird diesen Slogan aufgreifen und sich deshalb der revolutionären Organisation anschließen, selbst wenn sie zu schwach ist den Slogan auch tatsächlich zu verwandeln. Aber der Weg, der zum Ziel einer antirassistischen Gesellschaft dargelegt wird, sowie die nötigen Mittel, die vonnöten sind, können überzeugend genug sein.

Der Slogan kann aber nur erhoben werden, wenn man sich bewusst darüber ist, dass kein Vertrauen in den bürgerlichen Staat gelegt werden sollte, der letztlich zerschlagen werden muss… was uns zwangsläufig zurück zur Frage von Räten und Arbeiter_innenmilizen führt. Wir können den aktuellen Slogan, den wir auch propagieren sollten – nämlich das Recht auf Selbstverteidigung gegen rassistische Übergriffe und den Aufbau von Strukturen dafür – nur dann konsequent erheben, wenn wir im Programm auch die Frage von Arbeiter_innenmilizen aufgegriffen haben. Das ist unser Verständnis eines revolutionären Übergangsprogramms, denn das Nötige wird erst dann möglich, wenn man es artikuliert.

Wir halten es daher für eine Fehlentscheidung, dass sich das erste Treffen in Hamburg vorerst gegen unseren Vorschlag aussprach, die Erarbeitung und Diskussion eines alternativen revolutionären Programm zum Ziel zu setzen. Das liegt vermutlich daran, dass vielen Genoss_innen die Bedeutung eines Programms und auch seiner Inhalte bisher nicht vollkommen bewusst ist. Wir wollen es nicht als Vorwurf darstellen, sondern glauben vielmehr, dass der Umgang in reformistischen Organisationen wie [´solid] mit dem Programm der Grund dafür ist. Die Schuld kommt hier also dem Reformismus zu und nicht den Genoss_innen, die mit ihm politisch brechen wollen.

Reform des Reformismus…

Doch unter vielen Linken in [´solid], auch bei den Genoss_innen der SAV, gibt es die weit verbreitete Vorstellung, dass der Reformismus eine – im krassesten Fall unvermeidliche – Übergangsform zu revolutionärem Bewusstsein darstellen würde. So wird seitens der SAV die LINKE auch offiziell nicht als reformistische Partei charakterisiert. Das Gegenteil ist unserer Ansicht nach der Fall. Reformismus und revolutionäre Politik sind zwei unvereinbare politische Pole innerhalb der Arbeiter_innen- und Jugendbewegung, wie schon Rosa Luxemburg in ihrer Streitschrift „Sozialreform oder Revolution“ (4) darstellte.

Es ist natürlich keinesfalls ausgeschlossen, dass junge Arbeiter_innen und Jugendliche zuerst in einer reformistischen Jugendorganisation aktiv sind und daraufhin für revolutionäre Politik gewonnen werden. Zum Beispiel dadurch, dass sie sich in gemeinsamen Aktionen, einer „Einheitsfront“ aller linken Organisationen für ein bestimmtes Ziel und von der besseren Politik der Revolutionär_innen überzeugen können.

Es ist aber keine Notwendigkeit, dass Jugendliche durch die demoralisierenden Erfahrungen einer reformistischen Organisation gehen müssen. Unsere eigene Organisation, in der die meisten Jugendlichen vorher unorganisiert, sehr jung waren und zu einem beträchtlichen Anteil aus Arbeiter_innenfamilien kommen, ist dafür selbst ein Beispiel.

Es ist vollkommen richtig nun eine Revolutionäre Linke in [´solid] aufzubauen. Dies liegt aber weniger an unserer Einschätzung, dass [´solid] zu einer revolutionären Organisation „transformiert“ werden könnte. Gerade weil dies nicht der Fall ist, braucht es die RL.

Bereits 2007 sagte ein demoralisierter Jugendlicher auf dem bürokratischen Fusionskongress zur Linksjugend [´solid]: „Es hat keinen Zweck, den falschen Leuten das Richtige erklären zu wollen“ (5). Bedeutet: Es hat keinen Zweck gegen die Mühlen der Antideutschen und der durchaus gefestigten rechten Mehrheit in [solid] auf ewig anzurennen. Es hat aber einen Zweck alle, die wirklich eine revolutionäre, sozialistische Jugendorganisation anstreben, um die RL zu gruppieren. Die revolutionäre Auseinandersetzung mit „den Mühlen“ wird aber, für einige sogar recht schnell, die Unvermeidbarkeit eines Bruches aufzuzeigen – entweder indem die Mühle gebrochen wird oder in Form eines organisierten Austrittes.

Die Gründungserklärung hält in diesem Zusammenhang auch fest, dass wir „mithilfe offener Strukturen gerade Mitglieder ansprechen, die noch nicht „Politiker“ geworden sind und unsere Inhalte mit ihnen diskutieren. Gute Positionen eines Verbandes und eine kämpferische Linke in der Gesellschaft gewinnt man aus unserer Sicht nicht primär über einzelne Pöstchen, sondern nur, wenn wir kämpferische Inhalte an der Basis bekannt machen und dort aufbauen.“

Während es korrekt ist, das Hauptaugenmerk auf die Basis zu legen, was die Gewinnung von Mitgliedern der RL angeht, ist es gleichzeitig eine Illusion, der viele Mitglieder der RL nachhängen, dies ohne heftige Auseinandersetzungen mit den „Politikern“, „Karrieristen“, d.h. Der reformistischen Führung tun zu können.

Selbst wenn wir diese Auseinandersetzung nicht wollten, sie wird uns aufgezwungen werden. Ein Blick auf die Kommentarspalten der RL auf FB zeigt dies eindrucksvoll. Wir sollten sie aber führen. Wir wollen ja nicht nur die Basis für uns gewinnen, sondern ihr auch ein anderes Programm und eine demokratische, rechenschaftspflichtige und kämpferische neue Führung geben. Man könnte auch sagen, dass man das Wasser nicht kontrollieren kann, wenn man das Mühlrad nicht kontrolliert, dass immer und immer wieder auf das Wasser niederfährt.

Die Genoss_innen der SAV müssten das eigentlich gut genug wissen, nachdem ihre Schwestersektion in Großbritannien damals die Kontrolle über die Jugendorganisation der Labour-Party verlor. Die Socialist Party war nicht dazu bereit einen Bruch mit der Labour Party vollziehen. Die Konsequenz war, dass die reformistische Führung kurzerhand die gesamte Jugendorganisation auflöste, damit sie nicht Sozialist_innen in die Hände fällt. Die Basis für sich zu gewinnen ist also gut, es ist aber nicht alles.

In praktischem Bezug auf [´solid] stellen wir fest, dass die Entwicklung seit 2007 und die Fusion damals bereits ein politisches Trauerspiel für den linken Flügel war und zu einer Schwächung des linken Flügels führte. Darüber können auch die Darstellungen des linken Flügels nicht hinwegtäuschen, die immer wieder betonen, dass es an der Basis der Organisation linker zugehe, als auf den Bundeskongressen oder in der Führung. Einerseits kann man diese Aussage für alle Bundesländer bis auf einige Ausnahmen wie z.B. Hamburg, Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz stark bezweifeln. Andererseits wirft es auch die Frage auf, was das eigentlich für eine Organisation ist, in der die Führung eine grundlegend andere Politik betreibt, als ihre Basis es wünscht. Womöglich wäre dann die Basis gut damit beraten nicht nur „die Basis zu stärken“, sondern sich eine andere Führung zu geben. Sollte das nur durch den Aufbau einer neuen Organisation möglich sein, dann ist auch das ein Schritt, der notfalls getan werden sollte.

Diese Notwendigkeit ergibt sich gerade aus der Einschätzung der Gründungserklärung, dass wir in Zeiten zugespitzter Krise und imperialistischer Konflikte leben. [´solid] und die LINKE finden
auf keine dieser Herausforderungen die korrekten Antworten. Es ist aber wichtig, dass es eine wahrnehmbare Kraft gibt, die diese Antworten formuliert. Das ist wichtiger als sich endlose Gefechte mit Antideutschen und dem Rechten Flügel in [´solid] zu liefern.

Die Gründung der RL ist selbst ein Ausdruck davon, auch wenn sich viele Genoss_innen das aktuell nicht öffentlich eingestehen wollen. Es wäre aber ratsam sich das möglichst bewusst zu machen. Der rechte Flügel weiß es bereits und arbeitet mit Sicherheit an Gegenmaßnahmen. Es nicht zu tun, heißt sich im Zweifelsfall notwendigen politischen Mittel zu berauben, die die „Politiker“ und die „Karrieristen“ zweifelsohne auf ihre ganz spezielle Art und Weise einsetzen werden – gepaart mit bürokratischen Manövern, Tricks und Verleumdungen.

Wer ein gutes Beispiel dafür finden möchte, sollte genau nach Griechenland schauen, wo die Mehrheit der Basis SYRIZA´s die Politik des rechten Flügels keinesfalls unterstützt und selbst im Zentralkomitee die unmittelbaren Entscheidungen Tsipras abgelehnt wurden. Die Konsequenz war, dass der linke Flügel aus der Regierung und schon seit geraumer Zeit aus wichtigen Parteifunktionen gesäubert wird. Natürlich ist die „Linke Plattform“ in SYRIZA linksreformistisch, könnte man jetzt erwidern. Ja, das ist richtig. Wir sollten nicht die gleichen Fehler wie die linken Reformist_innen begehen, ist unsere Antwort.

Wir wollen aber darauf hinweisen, dass SYRIZA einen kleineren Apparat und weniger „Erfahrung“ im Umgang mit bürokratischer Manöver hat, als es die LINKE (und die alten Kader der PDS) tun. Trotzdem, die „Linke Plattform“ wäre gut beraten sich auf einen Bruch vorzubereiten und ihn nun zu vollziehen. Das gleiche gilt heute für die Revolutionär_innen in [´solid], sollten wir nicht in kurzer Zeit unter Beweis stellen können, die Mehrheit der Organisation für uns gewinnen zu können.

…oder revolutionäre Fraktion?

Für die RL stellt sich daher erneut die Frage des Programms, die wir zu Beginn aufgeworfen hatten. Will sie [´solid] für sich gewinnen, braucht sie dafür auch ein Programm, um einerseits den Reformismus herauszufordern und andererseits eine Alternative anzubieten, um die sie ihre Unterstützer_innen organisieren kann. Sollte die RL die Mehrheit gewinnen, was wir für weniger realistisch halten, bräuchte sie diese, um die Organisation mit ihr umzugestalten. Vor allem aber müsste sie damit nach Außen in Bewegungen und Klassenkämpfe eingreifen.

Sollte sie Jugendliche um sich sammeln können, aber in der Minderheit bleiben, würde sich unweigerlich auch die Frage eines organisatorischen Bruches mit [´solid] stellen. Wie aber sollte so ein Bruch vollzogen werden, wenn nicht auf der Grundlage eines eigenständigen Programms, das den zukünftigen Aufbau einer unabhängigen revolutionären Jugendorganisation vorzeichnet?

Wir denken, dass die wichtigste Aufgabe der RL ein entschlossenes Auftreten als aktive Fraktion sein sollte. Mit Klarheit und Bestimmtheit sollte die RL innerhalb und außerhalb [´solid]s für ihre Ideen werben und auf der Straße erkennbar dafür eintreten. Die RL sollte damit beginnen ein alternatives revolutionäres Aktionsprogramm zu formulieren, mit dem sie interessierte Jugendliche organisiert.

Die RL sollte nicht nur ein Netzwerk sein, sondern tatsächlich eine Struktur, die revolutionäre Mitglieder organisiert, die sich an den Debatten und Aktionen beteiligen. Wir würden dafür plädieren die RL nach „demokratisch-zentralistischen“ Aspekten aufzubauen. Es sollte die volle Freiheit der Diskussion in der RL geben. Gleichzeitig sollten gemeinsam beschlossene Aktionen und Initiativen auch gemeinsam von allen Mitgliedern der RL umgesetzt werden. Wir denken also, dass die RL eine Gruppe von Aktivist_innen sein sollte und nicht von Menschen, die sich einmal eingetragen haben.

Da die RL aber noch kein fertiges Programm hat und es unterschiedliche Strömungen in ihr gibt, würden wir dafür plädieren, dass die Diskussionen um das Programm und die Perspektiven der RL auch offen diskutiert werden können. Wir glauben, dass das nicht abschreckend, sondern gerade anziehend auf Jugendliche sein würde, die sehen, dass ein aktiver und offener Prozess stattfindet, der solidarisch, aber klar geführt wird.

Gleichzeitig sollten bis zur Fertigstellung eines Programms nur diejenigen Mitglied werden können, die für eine internationale sozialistische Revolution sind, für diese auch aktiv eingreifen wollen und mit der Gründungserklärung in weiten Teilen übereinstimmen.

Gemeinsam kämpfen, gemeinsam Siegen

Wir sehen, es liegen große Herausforderungen vor der RL, wenn sie ihrem Anspruch gerecht werden will. Wir von REVOLUTION möchten die Genoss_innen nach Kräften von Innen und Außen in den kommenden Auseinandersetzungen unterstützen. Wir rufen alle in [solid] dazu auf, die sich nach einer revolutionären Alternative sehnen, sich der RL anzuschließen.

Unsere Kritik soll daher nicht als Angriff auf die RL verstanden werden und wir distanzieren uns von allen, die ihn als solchen missbrauchen wollen. Wir denken, dass zum gemeinsamen Kampf auch die gemeinsame Diskussion über die dafür nötige Strategie gehört. Wir glauben, dass es von diesen Diskussionen noch viele geben wird um die revolutionäre Tradition in Deutschland wiederzubeleben. Und wir freuen uns auf die Meinung und die Antworten von Genoss_innen der RL.

Wir glauben, es ist gerade die erfrischende Offenheit und Klarheit des Marxismus, der in der Vergangenheit Millionen von Jugendlichen für den revolutionären Kampf um den Sozialismus begeisterte. Daran wollen wir heute zusammen wieder anknüpfen. Lasst uns gemeinsam für den Aufbau einer revolutionären Jugendorganisation in Deutschland eintreten!

Ein Artikel von Georg Ismael, Lukas Müller, Simeon Halter und Lars Filder, REVOLUTION Germany

(1) Siehe auch in der Broschüre von Lukas Müller speziell ab S. 15, speziell ab Seite 22: http://www.onesolutionrevolution.de/wp-content/uploads/2011/04/Solid-Polemik_Lukas_M%C3%BCller_2014.pdf
(2) Reformismus ist eine politische Strömung innerhalb der Arbeiter_innenbewegung. Sie ist eine Strömung, die sich in unterschiedlichen ideologischen und konkreten politischen Formen ausdrücken kann. Ihre soziale Wurzel, insbesondere in imperialistischen Ländern, liegt aber in der durch die Extraprofite der großen Monopolkonzerne gesicherten Besserstellung von Teilen der Arbeiter_innen, die Lenin als „Arbeiteraristokratie“ bezeichnete. Diese Schicht ist zwar oft gut gewerkschaftlich organisiert, aber neigt zum Konservatismus und der Illusion, dass die Übel des Kapitalismus reformiert werden könnten. Die Triebfeder reformistischer Politik in Deutschland ist daher die Sozialpartnerschaft und die Parlamentsarbeit, die selbst eine privilegierte Bürokraten-Schicht erzeugen, die diese Politik aus ihren ganz eigenen sozialen Interessen als Bürokratie verteidigen.
(3) Ausruf von Eduard Bernstein, der sich damit gegen die Zielsetzung der Revolution aussprach.
(4) Rosa Luxemburg, „Sozialreform oder Revolution“, ist ein Werk, dass im sogenannten Revisionismus-Streit in der Auseinandersetzung mit dem reformistischen Flügel ausgetragen wurde. Die Polemik richtete sich gegen Eduard Bernstein.
(5) Bericht über den Bundeskongress 2007: http://de.indymedia.org/2007/05/178406.shtml




Der Streik: Ein politisches Mittel?

Wir erleben in Deutschland gerade eine der größten und breitesten Streikwellen seit langem. Die wohl bekanntesten Streiks fanden bei der Deutschen Bahn statt, durchgeführt von der Gewerkschaft deutscher Lokführer (GdL) statt, außerdem wurde auch in Kindertagesstätten, in Vertriebszentren des Konzerns Amazon und zuletzt bei der Deutschen Post die Arbeit niedergelegt.

International sieht es ähnlich aus: ob in Griechenland mit dem letzten Generalstreik gegen Ende 2014, den Streiks der Fluglotsen in Italien, bei den Aktionen der McDonald´s-Beschäftigten in den USA, den besonders kämpferischen Demonstrationen der streikenden Eisenbahner_innen und Hafenarbeiter_innen Anfang 2015 in Belgien oder bei den unzähligen Streiks der Arbeiter_innen in China; überall auf der Welt entscheiden sich Lohnabhängige für das Kampfmittel des Streiks. Und dafür gibt es gute Gründe.

Warum streiken?

Während auf der einen Seite deutsche Unternehmen neue Rekordgewinne einfahren und Deutschland in den bürgerlichen Medien wieder als „Exportweltmeister“ abgefeiert wird, haben immer mehr Menschen mit Armut zu kämpfen. Denn damit die Kapitalist_innen ihre Profite bekommen können, muss bei den Arbeiter_innen gekürzt werden. Die Höhe der tatsächlichen wöchentlichen Arbeitszeit stieg in den vergangenen Jahren, die reale Lohnentwicklung sank in den letzten 10 Jahren um 3,3%. Außerdem wird die zu leistende Arbeit immer anstrengender. Gerade in den Niedriglohnbereichen, bei denen Spätschichten und kurze Pausenzeiten bei teilweise Knochenarbeit dazugehören, führt dies zu einer ansteigenden Belastung für die Arbeiter_innen. Mittlerweile gehören etwa ein Viertel der Beschäftigten in Deutschland zum Niedriglohnbereich. Es gibt also viele Menschen die mit ihren Arbeitsbedingungen unzufrieden sind – Tendenz steigend.

Der Streik ist in dieser Situation eines der besten Mittel, um den Kapitalist_innen etwas entgegenzusetzen. Mit einem Streik lassen sich die Interessen der Arbeiter_innen meist besser durchsetzen als wenn sie bloße Forderungen bleiben. Ein/e Kapitalist_in in dessen/deren Betrieb gestreikt wird, kann gezwungen werden auf die Forderungen der Streikenden einzugehen. In Krisenzeiten stellen Streiks oft die einzige Möglichkeit dar, um überhaupt noch ökonomische Erfolge für die Lohnabhängigen zu erzielen. Je größer die Beteiligung der Arbeiter_innen und je wichtiger die Position, die der bestreikte Betrieb oder die bestreikte Branche in der Gesellschaft einnehmen, desto wirkungsvoller der Streik. Klar, wenn bei Daimler ein paar weniger am Band stehen fällt das erst mal kaum auf, wenn allerdings die Lokführer_innen streiken, wird der Streik zu einem wirksamen Kampfmittel und zum gesellschaftlichen Gesprächsthema.

Der politische Streik: Eine gesellschaftliche Waffe

Denn der Streik ist nicht nur ein gutes Mittel, um den Kapitalist_innen zu schaden und um den Arbeiter_innen bei Verhandlungen um höhere Löhne oder kürzere Arbeitszeiten eine Waffe in die Hand zu geben. Ein Streik und vor allem der Generalstreik (also der Streik möglichst aller Beschäftigten eines Landes), kann durch die Unterbrechung der Produktion von Profit sowie der Störung des gesellschaftlichen Lebens eine noch viel größere soziale und politische Kraft entfalten, als andere Formen des Protests (Demonstrationen, Besetzungen,…).

Durch eine gemeinsam durchgeführte Massenaktion werden die Arbeiter_innen aus ihrer Isolation gerissen und zu einer organisierten Einheit. Sie sehen, dass sie nicht alleine sind und gemeinsam ihre Rechte verteidigen und können. Vor allem durch gewonnene Kämpfe kann so das Bewusstsein der Klasse (sprich: Arbeiter_innen sehen sich als Teil des Proletariats in Abgrenzung zur Bourgeoisie) für ihre Möglichkeiten und Kämpfe enorm erhöht werden. Um aber ein politisches Klassenbewusstsein (die Klasse begreift sich als politische Kraft) zu schaffen, müssen die ökonomischen Kämpfen (Streiks um z.B. höhere Löhne) mit den politischen Kämpfen verbunden und kombiniert werden, ebenso müssen die einzelnen Streiks zusammengeführt werden. Ein unbefristeter, europaweiter Generalstreik könnte z.B. verbunden mit der politischen Forderung „Streichung der Schulden Südeuropas – Wir zahlen nicht für eure Krise!“ dieses Ziel auch erreichen. Dies ist auch ein gutes Mittel gegen Sozialpartnerschaft und Standortpatriotismus. Damit meinen wir die Politik, die seit langem von den reformistischen Parteien, Gewerkschaften und Organisationen auf dem Rücken ihrer Wähler_innen und Mitglieder betrieben wird. Die Parteien drücken Kürzungen in allen sozialen Bereichen durch, während die Gewerkschaftsführungen die Basis still halten und gleichzeitig mit der Bourgeoisie einen Kompromiss aushandeln. Das tun diese Führungen, weil sie selbst weitaus mehr verdienen als wir einfachen Arbeiter_innen und Jugendlichen.

Eine zentrale Wichtigkeit zur Verhinderung von Verrat hat deswegen die Kontrolle des Streiks durch die Basis: Es braucht demokratisch gewählte und jederzeit abwählbare, rechenschaftspflichtige Streikleitungen, Verhandlungs- und Aktionskomitees sowie Vollversammlungen in den Betrieben auf denen Forderungen und Aktionsform beschlossen werden. Ein europäischer Generalstreik braucht eine europaweite Koordination der Arbeiter_innen!

Aufklärung nötig!

Aber trifft so ein Streik nicht auch häufig die Falschen? Natürlich ist es nicht toll, wenn wegen eines Streiks, z.B. im Nahverkehr, Menschen zu spät zu wichtigen Terminen kommen. Anstatt jedoch darüber zu meckern, dass sie zu spät zur Arbeit kommen, auf der sie selber ausgebeutet werden, sollten sich die Menschen lieber mit den Streikenden solidarisieren und erkennen, dass was dort erkämpft wird auch in ihrem Interesse steht. Dafür sollten seitens der Beschäftigten und Gewerkschaften breite Aufklärungskampagnen über die Ziele des Streiks gestartet werden, denn die bürgerliche Presse hat für Streiks oft nur Hetze übrig – weshalb sich dann auch Leute über Streiks beschweren.

Das Ziel bei einem Streik ist eine Verbesserung der Situation der Lohnabhängigen, nicht das Schaden von anderen Lohnabhängigen, auch wenn das von der bürgerlichen Presse gerne so dargestellt wird. Denn gäbe es keine Streiks und hätte es nie eine organisierte Arbeiter_innenbewegung gegeben, wären unsere Arbeitsbedingungen und Lebensumstände heute noch viel katastrophaler. Mindestlöhne, Krankenversicherungen, Kündigungsschutz sowie das Recht auf gewerkschaftliche Organisierung und zum Streiken überhaupt, sind Dinge, die immer wieder gegen die Angriffe  der Kapitalist_innen und Regierung (wie. z.B. das aktuelle Tarifeinheitsgesetz das Streikrecht einschränken soll) verteidigt, und täglich neu erkämpft werden müssen.

Ein Artikel von Felix Ernst, REVOLUTION Leipzig




Klarheit vor Einheit: ['solid]-Ortsgruppe Fulda tritt REVOLUTION bei

Im September vergangenen Jahres veröffentlichte unser Genosse Lukas Müller, der die Ortsgruppe Fulda mit aufgebaut hat, eine umfassende Kritik an unserer eigenen Organisation („Solid: “If everything goes right, go left” – Oder welche Einheit brauchen wir?“)(1). Wir haben diese geschlossen unterstützt, versucht uns mit progressiven Kräften in [’solid] zu vernetzen und um revolutionäre Positionen gekämpft. In dieser Zeit ist vieles passiert, auf Bundesebene, im Landesverband Hessen, aber auch bei uns in Fulda. Wichtige Momente waren der letzten Bundeskongress, der die Rechtsentwicklung in der ohnehin schon hinter ihr reformistisches Programm zurückfallenden Organisation in aller Deutlichkeit gezeigt hat, und auch die Landesmitgliederversammlung in Hessen im Dezember 2014, auf der fast sämtliche Anträge, die wir eingebracht hatten, mit einem bürokratischen Manöver blockiert wurden und auf der ein LSpR gewählt wurde, der dort gefällte Beschlüsse ignoriert hat. Diese und viele weitere Ereignisse in [’solid] haben noch einmal deutlich die Analyse der genannten Polemik bestätigt. Wir haben uns deshalb der kommunistischen Jugendorganisation REVOLUTION angeschlossen und aufgegeben [’solid] weiter aufzubauen.

In folgendem Statement wollen wir die Vorfälle und Entwicklungen genauer beleuchten und aufzeigen warum revolutionäre Politik in [’solid] keine Perspektive hat und nie haben wird.

Der BuKo 2015: Von Antisemitismus, einer Hamburger Distanzierung und einem falschen Schluss

Der Bundeskongress der Linksjugend [‘solid] vom 17. bis 19. April in Erfurt stellt einen Tiefpunkt in der Geschichte des Verbandes dar.(2)

So beschrieb der linke Hamburger [’solid]-Landesverband, stellvertretend für den linken Flügel in [’solid], den Bundeskongress (BuKo) in einem Satz. Grund dafür haben sie genug. Es wurde ein Beschluss mehrheitlich angenommen, mit dem der linken Flügel, der teilweise fortschrittliche, antiimperialistische Positionen nach außen trägt, mit tatsächlichen Antisemit_innen wie einigen Montagsdemonstrant_innen gleichgestellt wird. Dies hat zur Folge, dass ein Großteil der Politik des linken Flügels gegen einen Beschluss des BuKo gemacht wird.

In der Erklärung kritisiert [’solid] Hamburg inhaltlich den viel diskutierten Antrag „Gegen jeden Antisemitismus“(3).

Auch REVOLUTION schrieb zu diesem Antrag u.a.:

[…]Es gibt auch Aussagen, die unmarxistisch sind, z.B. dass die FED“Alle Fäden zieht“.
Aber ein Großteil dieser Aussagen [siehe Antrag] ist für sich genommen nicht antisemitisch. Wenn ich einen Vergleich zwischen dem rechten Sektor in der Ukraine und der SA ziehe. Dann ist das legitim. Wenn ich einen Vergleich zwischen Faschisten in Israel und der SA ziehe, dann sollte das wohl ebenso legitim sein. Wenn ich allerdings behaupten würde, Israel wäre heute ein faschistischer Staat, wäre das politisch falsch, aber noch lange nicht antisemitisch. Das Israel einen Genozid an den Palästinensern begeht, ist nicht nur ein Fakt, sondern eine Aussage, die von fast jedem historisch bedeutenden Politiker Israels begründet und zugegeben wurde. Wer so einen Staat in Frage stellt, ist kein deswegen noch lange kein Antisemit.
Wer allerdings die Zerschlagung des bürgerlichen Staates Israels mit dem Kampf gegen das Judentum und nicht mit der Befreiung der PalästinenserInnen und im übrigen auch mit der Befreiung der israelischen ArbeiterInnenklasse stellt, ist es. Dass Israel Kinder tötet, ist eine Tatsache. Jeder, der den Angehörigen, deren Familien in Gaza oder der Westbank umgebracht werden, unterstellen will, dass sie Antisemiten sind, weil sie ihre Wut und Trauer herausschreien, ist an Zynismus wohl kaum zu überbieten. Wenn Südafrika ein Apartheidsstaat war, dann ist Israel mit Gewissheit ein Apartheidsstaat. Nur jene, die das leugnen, wollen von der Geschichte nichts wissen. […]“(4)

Der Antrag hatte auch unserer Meinung nach keineswegs das Ziel eine Positionierung gegen Antisemitismus darzustellen. Vielmehr ist er eine Reaktion auf die Palästina-Solidarität und den Antiimperialismus einiger Linken in [’solid] z.B. während des letzten Gaza-Krieges und ein Versuch, diesen Flügel mundtot zu machen.

Zudem beschreiben die Hamburger Genoss_innen in der Erklärung zum BuKo, wie die Tagesleitung bürokratisch agierte, linke Positionen unmöglich gemacht und Genossen_innen denunziert wurden.

Lukas Müller hat dies in seiner Polemik bereits dargelegt: „Sie [der linke Flügel] sind vielmehr das „linke Gewissen“ von [´solid] und der LINKEN. Wie viel das praktisch zählt, sehen wir an der Regierungspolitik der LINKEN, der sinkenden Aktivität von [´solid] auf der Straße, den Beschlüssen auf den Bundeskongressen und dem wachsenden Einfluss der Rechten im Verband. Im Zweifelsfall profitiert die rechte Führung der Organisation sogar von dieser Politik, weil sie die Früchte des Aktivismus der Linken erntet, während sie gleichzeitig einen schonungslosen Kampf gegen ihre Ideen führt.

[…]auf den Bundeskongressen reden immer dieselben Personen. Es ist der rechte Flügel, der die entscheidenden Führungspositionen innehat. In der Außenwahrnehmung der Organisation gibt es keinen linken Flügel. Wenn der doch einmal […] in Erscheinung treten sollte, wird er von der bürokratischen Führung denunziert und angegriffen.“

Der Antrag passt zu dem aktuellen Rechtsruck der LINKEN. Immer mehr linke Haltelinien werden vom rechts-reformistischen Flügel der Partei auf dem Altar der Regierungsfähigkeit geopfert. Eine letzte große Hürde, die dafür noch überwunden werden muss, ist der Antiimperialismus und Antimilitarismus – und Israelsolidarität ist das Mittel um diese Hürde zuungunsten des linken Flügels zu überwinden.

Auch der Jugendverband [’solid] soll da mitziehen, dessen bürokratische Führung mit der Mutterpartei verwoben ist und der selbst der Reproduktion und dem Wahlkampf der Partei dient. Lukas Müller dazu: […] organisatorisch ist [‘solid] nur auf dem Papier unabhängig. Die führenden Köpfe der Organisation sind eng mit dem bürokratischen Apparat der LINKEN verbunden. Die Personen, die sich immer wieder um Funktionen und Gremien gruppieren, sind ganz überwiegend auch Parteimitglieder, sind in der Partei sozialisiert und geschult worden und unterhalten natürlich auch beste Kontakte zu Parteifunktionär_innen.“

Der BuKo ist letztlich die Fortsetzung einer Geschichte, die schon mit dem Gründungskongress für die unabhängige Jugendorganisation „LinksJugend [´solid]“, der mit 35.000€ von der Linkspartei.PDS finanziert wurde, begann. Die Bedingung für den damaligen Geldsegen war, dass der deutlich rechtere Jugendverband „Junge Linke“ aufgenommen wird, was zur Folge hatte, dass der damals noch unabhängige [’solid]-Verband viele Positionen über Bord werfen musste(5).

Die Hamburger Erklärung zieht unserer Meinung nach die falschen Schlüsse aus dem BuKo 2015: „Der Beschluss „Gegen jeden Antisemitismus“ des Bundeskongresses zielt einzig und allein darauf ab, dies mit ebenso zynischen wie absurden Antisemitismusvorwürfen zu verhindern. Wir erkennen ihn deshalb nicht an und stellen klar, dass er keinerlei Auswirkungen auf unsere praktische, politische Arbeit haben wird. […] Die bedauerlichen Ereignisse des Bundeskongresses sind für uns kein Grund, unseren Kampf um revolutionär-sozialistische Positionen im Jugendverband aufzugeben. Wir werden auch weiterhin für einen sozialistischen Verband kämpfen, der diesen Namen auch wirklich verdient.

Richtig wäre unserer Meinung nach statt einem„Weitermachen wie bisher“ eine bundesweite Kampagne und der Aufbau einer Fraktion gegen den Beschluss, die ihn als das benennt, was er ist: ein Angriff auf den antiimperialistischen Flügel im Verband.

Eine solche Fraktion wäre nicht nur eine offensive Antwort auf den Angriff, sie würde dem linken Flügel vor allem vor Augen führen, dass ein Bruch mit [’solid] in letzter Konsequenz notwendig ist, wenn man nicht in [’solid] zerrieben werden will.

„Aber, aber,“ werden einige sagen „wenn wir eine Mehrheit haben, dann machen wir linke Politik mit [’solid]!“ Der ewige Kampf um eine Mehrheit ist eine der Hauptaussagen der linken Kräfte – wie bei den Hamburger_innen – in [’solid], wenn sie damit konfrontiert werden, dass ein Bruch nötig ist.

Die Hoffnung, den Verband unter einer linkeren, gar revolutionären Linie zu übernehmen, ist einerseits verständlich – die Ortsgruppe Fulda hegte selbst lange Zeit diese Hoffnung, auch als sie mit der Fraktionsarbeit in Hessen begann – andererseits ignoriert diese Hoffnung die Rolle der Bürokratie in [’solid] – die ein Resultat des diffusen Reformismus und Programms ist – und wer damit letztendlich die Fäden in der Hand hält.

Um das klar zu machen, wäre es gut, wenn es unter dem Slogan „Solidarität mit Palästina!“ eine Kampagne gegen den Beschluss „Gegen jeden Antisemitismus“ gäbe. Die darauffolgenden Angriffe der Führung und vielleicht sogar der Partei könnten den linken Aktivist_innen die Augen für einen notwendigen Bruch öffnen, denn eine Koexistenz des rechts-reformistischen / antideutschen und des antiimperialistischen Flügels ist auf Dauer nicht möglich. Die einen suchen bewusst oder unbewusst den Frieden mit Teilen des deutschen Imperialismus und stehen somit auf Seite des Kapitals und die Anderen stehen in Feindschaft zu diesem – die Frage der Organisation berührt unmittelbar die Frage der Klassengegensätze.

Streikrecht, Griechenland, Ukraine, G7: Wo bleibt die LINKE, wo [’solid]?

Dieses Anschmiegen an das deutsche Kapital zeigt sich auch darin, dass sich die [’solid] und LINKEN-Führung sich mit vielen brennenden Themen nur schwach
oder gar nicht auseinandersetzt: Gegen das Tarifeinheitsgesetz – einem reaktionären Angriff auf das Streikrecht durch Bundesregierung und u.a. IG Metall – mobilisierte die LINKE praktisch gar nicht. Die Teilnahme an einer Demonstration gegen dieses Gesetz verweigerte die LINKEN-Führung mit der Begründung, die Demo sei „zu klein“.

In der Griechenland-Frage hat die LINKE im Bundestag vor einigen Wochen einer neuen Kreditvergabe an Griechenland fast geschlossen zugestimmt – mit den damit verbundenen Spardiktaten.

Unter dessen feiert [’solid] SYRIZA ziemlich kritiklos. REVOLUTION schrieb dazu: „Ansonsten schürt [‘solid] nach dem Wahlsieg illusionäre Hoffnungen: „Der politische Kurswechsel, für den SYRIZA steht, ist eine große Hoffnung für alle Menschen in Europa – außer vielleicht für die Millionäre und Banken. In Griechenland erleben wir, dass die Menschen sich das Recht zu wählen – gegen die angebliche Alternativlosigkeit der „Rettungspolitik“ – genommen haben. Europa geht anders, die politischen Kräfteverhältnisse sind veränderbar, eine Alternative ist möglich [Zitat [’solid]][…]“

Wie wenig der parlamentarische Weg und Wahlen taugen, um etwas gegen den Willen des EU – Kapitals durchzusetzen zeigte sich bereits nach nicht mal einem Monat an der Regierung: SYRIZA führt das Sparprogramm weiter. Das parlamentarische System ist nur ein Ausdruck des Gesellschaftssystem Kapitalismus und vielfach mit der Bourgeoisie verknüpft. Die eigentliche ökonomische Macht – sprich die Konzernspitzen, etc. – sind nicht wählbar und die politische Macht im Parlament ist der ökonomischen unterlegen.“(6)

Diese Analyse hat sich heute um so mehr bestätigt. Die richtige Politik wäre unserer Meinung nach: Verteidigung SYRIZAs und Solidarität mit der griechischen Bevölkerung gegen die Angriffe der EU und der deutschen Regierung bei gleichzeitiger Kritik an der griechischen Regierung. Zur praktischen Solidarität auf der Straße trugen weder LINKE noch [’solid] wirklich etwas bei.

Noch schwächer ist der Auftritt [’solid]s in der Ukraine-Krise: Hier ist vom BSpR nie eine Stellungnahme über die bundesweite Homepage gekommen, selbiges gilt für den G7-Gipfel, zu welchem [’solid] und LINKE – verglichen mit Heiligendamm 2007 – sehr schwach mobilisierten.

Wir erhielten in Hessen eine Absage vom LSpR auf unseren im April gestellten Antrag zum G7-Gipfel, einen Bus gestellt zu bekommen. Die Begründung für die Absage war, dass es in Hessen nicht möglich sei 50 Leute zu den Gegenprotesten zum G7-Gipfel zu mobilisieren. Das ist nicht wahr: Wir haben als REVOLUTION in Fulda, Kassel und Witzenhausen Mobiveranstaltungen gemacht, auf denen jeweils um die 30 Leute waren. Hätte jede [’solid] Ortsgruppe in Hessen ebenfalls eine Veranstaltung gemacht, wäre der Bus sicher voll geworden.

Die schwache Mobilisierung ist ebenfalls Ausdruck der Anpassungspolitik, die sich zwangsläufig auch mehr und mehr bei der Basis einstellen muss, will man sich nicht mit der Führung anlegen.

Während REVOLUTION zusammen mit der Gruppe Arbeitermacht und unserer österreichischen Schwestersektion trotz kleiner Größe nach Kräften mobilisierte, tausende Plakate und zehntausende Flyer druckte und verdeutlichte, dass wir es mit einer Verschärfung der innerimperialistischen Konkurrenz (siehe Rausschmiss Russlands aus den G8) zu tun haben, zog es die LINKE vor, schon letztes Jahr aus dem „Stop G7 – Bündnis“ auszutreten und gegen TTIP zu mobilisieren. Gegen TTIP zu sein ist richtig – aber diese Frage von der Frage des Imperialismus loszulösen nicht. Aber an diesen will sich die LINKE offenbar anpassen.

Die LMV in Hessen

Schon im Vorfeld der Landesmitgliederversammlung (LMV) in Hessen in Darmstadt am 13./14. Dezember 2014 war vieles unklar. Der alte LandessprecherInnenrat (LSpR) war offensichtlich arbeitsunfähig, weshalb die Organisation der LMV größtenteils von der Darmstädter Ortsgruppe in die Hand genommen wurde (Danke dafür!). Allerdings war der alte LSpR nicht einmal in der Lage, die Anträge, welche an dem Wochenende diskutiert werden sollten, an alle Mitglieder zu verschicken. Somit bestand nicht die Möglichkeit, diese im Vorfeld zu lesen.

Für die Konstituierung der LMV brauchte die Versammlung mehr als eine (!) Stunde. Es war ein einziges bürokratisches Chaos, aus dem jede_r versuchte, seine Vorteile zu ziehen. Das kannten wir schon, wobei dieses Ausmaß alles Bekannte übertraf.

Als es schließlich zum Antragsprozedere kam und andere progressive Anträge durchkamen, wurde klar, dass wir Fuldaer Chancen hatten, für viele unsere Anträge eine Mehrheit zu schaffen. Der rechte, antideutsche Flügel, der sich am Vorabend mit einer Matratze vor einer Tür verbunkert hatte, um das Vorgehen gegen unsere Anträge panisch zu diskutieren, reagierte darauf mit mehreren bürokratischen Manövern und Anträgen auf Nicht-Behandlung. Man habe die Anträge vorher ja nicht lesen und sich mit der Thematik unserer Anträge Ukraine und Nah-Ost nicht ausreichend auseinandersetzen können (Antideutsche, die keine Position zu Nah-Ost haben?). Andere Anträge, die ebenfalls vorher nicht zugänglich waren, wurden akzeptiert. Es liegt daher nahe, dass der Inhalt unserer Anträge, also die Ablehnung des Apartheidsstaates Israel, eine sozialistische Einstaatenlösung für Palästinenser_innen und Jüd_innen oder die Bekämpfung der imperialistischen Einflussnahme in der Ukraine, so Manchen nicht in den Kram passte.

In der Debatte jagte ein Geschäftsordnungsantrag den nächsten, es wurden mehrmals Pausen eingelegt. Schließlich wurde ein Frauenplenum einberufen. Dafür hatte niemand eine Erklärung. Dieses verlangte dann nach seiner Beratung, dass die Anträge vertagt werden, da sonst ein „unangenehmes Klima“ im Sitzungssaal entstehen würde. Es wurde also kein sexistischer Vorfall diskutiert. Wie wir später erfuhren, drängten zwei antideutsche Frauen in diesem Plenum massiv auf Nicht-Behandlung, hatten es offenbar deswegen einberufen. Hier wurden eindeutig die Awareness-Struktur missbraucht, um gegen politische Gegner vorzugehen. Aufgrund der weit vorangeschrittenen Uhrzeit wurde der Antrag, fast alle unsere Anträge auf die nächste LMV zu vertagen, mit knapper Mehrheit angenommen. Nur durch eine zähe Diskussion konnten wir erreichen, 2 kürzere Anträge noch zu behandeln. Der Rest sollte im Rahmen einer LMV im Februar `15 behandelt werden. Außer uns hatte nur eine weitere Ortsgruppe überhaupt Anträge gestellt. Politische Diskussionen gab es auf dieser LMV quasi gar keine.

Die nächste LMV wurde nach mehreren Zu- und Absagen und mehrfachem Nachhintenverschieben auf Juni statt Februar gelegt. Auch der neue LspR war lange Zeit unfähig, eine LMV zu veranstalten. Versuche diese Aufgabe an eine der Ortsgruppen zu übertragen, gelangen ebenfalls nicht.

Am Sonntag, dem letzten Tag der LMV, wurde der LSpR über Personenwahlen gewählt, mit dem weder die Strömungen und Fraktionen in [’solid], noch die Ortsgruppen repräsentiert werden. Dies zeigt, dass Listenwahlen zur politischen Repräsentation einer Organisation besser sind. Wieso auch Personenwahlen? Wir wollen Inhalte und Strukturen wählen und nicht willkürlich irgendwelche Menschen zusammenwürfeln, die uns gerade sympathisch sind und am Ende immer wieder offensichtlich schlecht zusammenarbeiten, weil sich ihre Fähigkeiten und Meinungen nicht ergänzen oder gar komplett widersprechen.

Entwicklung in Hessen seit der LMV und Arbeit des neuen LSpR

Der neue LSpR macht sicherlich bessere Arbeit, als der vorige – der nichts machte. So wurden wir in Fulda erstmals von einem Mitglied des LSpR besucht und immerhin fand etwas Vernetzung statt.

Allerdings gibt es auch Kritik: Das Protokoll der besagten LMV haben wir bis heute nicht erhalten, wie auch Protokolle von LSpR-Treffen Wochen brauchen, um bei den Mitgliedern anzukommen. Die schlechte Kommunikation drückte sich auch darin aus, dass wir überhaupt erst nach Veröffentlichung dieses Schreibens davon erfuhren, dass ein von uns eingebrachter Antrag längst umgesetzt wurde: Während der LMV wurde ein Beschluss gefasst, dass 100€ – für einen Landesverband mit ca. 50 aktiven Mitgliedern alles andere als viel – an die Kampagne „Solidarität mit Rojava – Waffen für die YPG & YPJ“ gespendet werden sollen, um ein klares Zeichen internationaler Solidarität zu setzen. Das wurde in der Tat umgesetzt und wir entschuldigen uns an dieser Stelle für die fälschliche Anschuldigung in der ersten Version dieses Schreibens, dass die Überweisung sei geschehen sei.

Andere Überweisungen wie  Fahrtkostenerstattungenlassen hingegen lange auf sich warten – und dass nicht aus finanzieller Not, sondern weil die Aufgabe schlicht nicht getan wird.

Bei der Planung zur kommenden LMV in Hessen vom 27.6 – 28.6 berücksichtigte der LSpR leider nicht, dass an diesem Wochenende das unter Linken beliebte Fusion-Festival stattfindet, weswegen viele aus Fulda nicht anwesend sein werden. Besser wäre gewesen zwei Terminvorschläge zu machen, über die die Basis abstimmt.

Die Fuldaer Ortsgruppe, ihre Arbeit und ein Diskussionsprozess

Bis vor einigen Monaten wurden wir nie von [’solid] betreut, waren auf uns selbst gestellt und hatten nicht die Möglichkeit, bundesweit oder gar international, wie es für Internationalist_innen eigentlich selbstverständlich sein sollte, zu arbeiten. Wir wollten das auch lange nicht und frönten, ähnlich vielen anderen [’solid]-Gruppen, unserer lokal beschränkten Arbeit.

Wir haben seit Jahren, abgesehen von den Landesmitgliederversammlungen, vollkommen unabhängig von [’solid] gearbeitet, die Politik gemacht, die wir für am besten befunden haben, und waren die aktionistischste Ortsgruppe in [’solid] Hessen. Neben den
wöchentlichen Ortsgruppentreffen, vielen Flugblättern, der Teilnahme an lokalen und bundesweiten Demonstrationen, konnten wir sogar einen wöchentlichen Lesezirkel etablieren, in dem sich mit marxistischen Klassikern beschäftigt wurde. Dieses Ausmaß an theoretischer Arbeit ist in [’solid] wohl selten, obwohl es die Grundlage jeder Politik sein muss, sich aktiv mit theoretischen Grundlagen zu befassen. Lukas Müller dazu: „Ein großer Teil der eigentlichen Arbeit und der politischen Entwicklung ist also föderal von unterschiedlichen Arbeitskreisen organisiert. Eine Arbeit und Politik, die sich gegenseitig oft genug widerspricht. Gleichzeitig findet keine theoretische, sowie natürlich auch praktische-organisatorische Schulung der einzelnen Mitglieder statt. Sowohl auf Landesebene, wie auf Bundesebene gibt es kaum Fortbildungen. Weder das Auseinandersetzen mit „Klassikern“, noch mit aktuellen Texten spielt eine ernstzunehmende Rolle. Wenn es doch einmal Veranstaltungen mit Workshops gibt, so bleibt auch dort in der Regel Basiswissen, über das jede/r SozialistIn verfügen sollte unerwähnt. Wer sich nicht selbstständig oder sogar entgegen der offiziellen Positionen weiter schult, wird kaum in der Lage sein eigenständige Postionen zu entwickeln, oberhalb der Ortsgruppenebene eine Rolle spielen, geschweige denn eine revolutionäre Programmatik entwickeln können.“ Die Passivität der Basis garantiert auch die Kontrolle der Bürokratie über [’solid].

Im letzten Herbst/Winter wäre die Gruppe in Fulda aus verschiedenen Gründen (Wegzug von Genossen, Überarbeitung,…) fast zusammengebrochen, aber sie wurde von einer Organisation nicht aufgegeben: Der internationalen, kommunistischen Jugendorganisation REVOLUTION.

Schon vor dem Beitritt von Lukas Müller im Frühjahr 2014, welcher mittlerweile weggezogen ist, fand ein produktiver Austausch mit der Organisation statt. REVOLUTION zeigte uns überhaupt erst, dass [’solid] keine Perspektive hat und dass der Aufbau einer bundesweiten, ja internationalen demokratisch-zentralistischen Organisation notwendig ist, wenn wir dem internationalen Angriffen auf unsere Klasse ernsthaft überall entgegentreten wollen.

Drei andere [’solid]-Mitglieder sind Anfang/Mitte 2014 REVOLUTION beigetreten und für den Aufbau einer unabhängigen Jugendorganisation auf programmatischer Grundlage eingetreten. REVOLUTION hat die Ortsgruppe am Leben gehalten, Inhalte und Texte vorbereitet und Angebote zu Aktionen gemacht – was [’solid] wohl nicht geschafft hätte. Dies und die Teilnahme an der bundesweiten REVO-Konferenz im April `15 führten dazu, dass inzwischen 5 [’solid]s aus Fulda auch REVOLUTION beigetreten sind. Das ist das Ergebnis eines langen, noch nicht vollständig abgeschlossenen Diskussionsprozesses innerhalb der Ortsgruppe.

Auch das Resultat des Übertritts, ist eindeutig: Die Ortsgruppe ist wieder hochmotiviert, sehr aktiv, der Lesezirkel läuft wieder, Aktionen werden nun ohne Gelder der Linkspartei geplant und durchgeführt und wir sind schnell gewachsen. Aber nicht mehr unter reformistischem Banner, sondern als Teil einer wahrhaft kommunistischen Jugendorganisation. Außerdem haben wir die Möglichkeit bundesweit und international auf programmatischer Grundlage zu arbeiten.

Klarheit vor Einheit – oder: Warum REVOLUTION?

Wir sind nun lange in einer Organisation gewesen, deren bundesweite – wenn sie denn mal schwach existierte – Politik wir nicht teilten und auf die wir nahezu keinen Einfluss hatten. Das ist ja auch nicht im Interesse der [’solid] – Führung, wie wir oben hoffentlich klar machen konnten.

Wir sind nicht aus Verzweiflung und Perspektivlosigkeit REVOLUTION beigetreten, sondern weil, wie wahrscheinlich schon durchscheint, REVOLUTION eine Perspektive bietet, zu wachsen, anstatt in einer reformistischen Organisation vor der Wahl zu stehen, sich im eigenen Ort zu isolieren oder bürokratisch zerrieben zu werden.

Es gab keine andere Organisation, die auf uns zu gegangen ist und sagte „Wir wollen mit euch eine revolutionäre Jugendorganisation aufbauen“.

Zugegeben: REVOLUTION ist nicht annähernd so groß wie [’solid] und verfügt auch nicht über die abertausende Euros an Parteigeldern. Dafür sind wir unabhängig und können durchgehend revolutionäre Politik machen, ohne auf Gelder von bürgerlichen, nicht-sozialistischen Arbeiter_innenparteien angewiesen zu sein und nicht befürchten müssen, dass uns in den Rücken gefallen wird. REVOLUTION entfaltet eine bedeutend höheren Aktivismus bei seinen Mitgliedern – [’solid] hingegen besteht zum Großteil aus Karteileichen und einer passiven Basis.

REVOLUTIONs großer Aktivismus bei der Basis beruht auf einer programmatischen Grundlage, hinter der wir alle stehen, Statuten, die wir alle einhalten und einer politischen Leitung, die arbeitsfähig, transparent und demokratisch kontrolliert ist und uns wirklich vertritt. Freilich sind auch wir nicht frei von Konflikten und Kritiken – aber REVOLUTION zerreißt sich nicht daran, sondern setzt darauf diese Probleme zu lösen. Politische Klarheit geht vor Einheit um jeden Preis – das ist das ganze Geheimnis.

REVOLUTION schafft es trotz seiner Größe, eine Redaktion zu bilden, die regelmäßig eine Zeitung als kollektiver Organisator für die innere Schulung und die Verbreitung von Ideen innerhalb der Linken und fortschrittlichen Jugend sorgt.

Außerdem nimmt uns die bundesweite Organisierung insgesamt Arbeit ab, obwohl einige Mitglieder aus Fulda stark in diese eingebunden sind. Die Arbeit, die die bundesweite Organisation macht, wie das Erstellen von Flugblättern, Plakaten oder Stickern, hätten wir auch als Einzelgruppe machen müssen, können unser Material so aber in viel größerem Ausmaß verbreiten. Sticker, die wir selbst gelayoutet haben und früher 300x in Fulda verklebt wurden, werden jetzt über 10.000x in ganz Deutschland verklebt. Im Gegenzug können wir beispielsweise ein Flugblatt verteilen, was in Leipzig geschrieben und in Berlin gelayoutet wurde. Freilich hat auch [’solid] Material produziert, doch war dies inhaltlich oft schwach und meistens nur zu Wahlkampfzwecken in Hülle und Fülle vorhanden.

Bei REVOLUTION einigen wir uns darauf, welche Kampagne wir machen und ziehen diese gemeinsam durch. So haben wir insgesamt nicht nur weniger Arbeit, sondern können auch viel mehr Menschen erreichen und haben mehr Einflüsse auf Ereignisse, wie zum Beispiel bei den Antifa-Protesten in Magdeburg 2015. Anstatt wie 2014 dort als erbärmliche Kleinstgruppe durch die Stadt zu rennen, haben wir 2015 mit einem großen Block und klaren Demostrukturen eine Demo angeführt.

Das solidarischere Verhältnis von Ortsgruppen zur nationalen Arbeit ist im Vergleich zum vermeintlich demokratischeren Pluralismus von [’solid] viel repräsentativer und führt zu weniger Streit, weil man sich tatsächlich demokratisch auf eine Politik einigt und diese dann geschlossen nach außen vertritt.

Fazit: Revolutionäre Einheit

Unser Fazit fällt eindeutig aus: Mit dem Beitritt zu REVOLUTION haben wir die richtige Entscheidung getroffen. REVOLUTION ist nicht nur besser organisiert als [’solid], sondern bietet auch vollkommen neue Möglichkeiten, wie die interne Schulung oder die wie oben beschrieben höhere Effektivität der Arbeit. Außerdem fallen die bürokratischen Grabenkämpfe zwischen linkem und rechtem Flügel weg.

Man ist unabhängig von Bürokraten und den Geldern der reformistischen Linkspartei. Man hat die Möglichkeit, über sein stark begrenztes lokales Umfeld national und international zu arbeiten und muss sich das Programm voll Lippenbekenntnissen nicht zurecht drehen, um revolutionäre Politik zu legitimieren, sondern hat ein revolutionäres Übergangsprogramm, einen Leitfaden, ein Fundament für die Politik hinter der alle stehen.

Manche werfen uns Spaltung vor. Doch für uns ist der Bruch mit [’solid] keine Spaltung, sondern das Herstellen einer größeren, klaren revolutionären Einheit.

Es war aber richtig, nicht einfach auszutreten und zu sagen:“Wir haben mit [’solid] nichts mehr am Hut“, sondern stattdessen mit fortschrittlichen Jugendlichen in [’solid] in Diskussion zu treten. Aus manchen taktischen und persönlichen Fehlern konnten wir dazulernen, es hat sich letztendlich dennoch gelohnt, den Diskussionsprozess anzustoßen.

Wir werden den Diskussionsprozess mit den Genoss_innen in [’solid] nicht abbrechen, sondern weiter darüber reden, welche Politik, welches Programm und welche Praxis wir als sinnvoll betrachten und brauchen. Auch werden wir uns an der kommenden LMV in Hessen beteiligen. Wir sind formal immer noch in [’solid], doch wir werden als REVOLUTION auftreten.

Wir laden weiter alle Interessenten und Mitglieder in – und außerhalb [’solid]s, die antikapitalistische Politik machen wollen, dazu ein, mit uns in einen Diskussionsprozess zu treten.

Eine Erklärung von REVOLUTION Fulda, ehemals [’solid] Fulda

(1)Lukas‘ Polemik zu [’solid] findest du hier: http://www.onesolutionrevolution.de/allgemein/5529/
(2)Siehe: http://www.linksjugend-solid-hamburg.de/aktuell.html
(3)Siehe: http://www.linksjugend-sachsen.de/aktuell/detail/article/bundesverband-beschliesst-saechsischen-antrag-gegen-jeden-antisemitismus.html
(4)Siehe: https://www.facebook.com/LinksjugendSolidOrtenau/posts/448736751947805
(5)Siehe dazu: http://www.revolution.de.com/revolution/0705/solid/kongress.html
(6)Siehe: http://www.onesolutionrevolution.de/allgemein/tsipras-kapitulation-und-die-aufgaben-der-linken/