REVOLUTION und die Nationale Frage

April 2015

„Kommunist_innen scheißen auf Nationalismus“, das weiß doch Jede_r. Als eine revolutionäre kommunistische Jugendorganisation werden wir deshalb häufig mit der Frage konfrontiert, warum wir trotzdem einige nationale Kämpfe unterstützen.

1. Was haben also Kommunist_innen heute mit Nationalismus am Hut?

Nichts! Das heißt, fast nichts. Denn genauso wie wir gegen Nationalismus als eine rückschrittliche Ideologie kämpfen, kämpfen wir vor allem auch gegen jede Form der Unterdrückung! In vielen Teilen der Welt werden nationale Minderheiten (und in einigen Ländern sogar auch nationale Mehrheiten) von den Herrschenden brutal unterdrückt. Vielen wird es verwehrt ihre Sprache zu sprechen, ihre Kultur auszuleben und sich am politischen Prozess zu beteiligen. Zudem besitzen sie meistens keinen Anteil am Grund- und Produktionsbesitz und werden oft als Billigarbeitskräfte missbraucht. Es kam zu rassistischen Massakern und Völkermorden. Die kollektive Unterdrückung hat ein starkes nationales Bewusstsein in vielen Minoritäten entstehen lassen, welches eng in ihrem Kampf um Befreiung verwurzelt ist.

Viele kämpfende unterdrückte Nationalitäten sind den führenden imperialistischen Staaten ein Dorn im Auge, da ihr Widerstand Profite und Investments gefährdet und die imperialistische Vorherrschaft ernsthaft in Frage stellt. Antiimperialismus bedeutet also den ökonomischen und militärischen Machenschaften wie etwa deutscher, französischer, britischer, russischer, US-amerikanischer und chinesischer Kapitalist_innen hier wie dort den Mittelfinger zu zeigen.

Wir unterstützen deshalb bindungslos das Recht aller Völker auf nationale Selbstbestimmung, insofern dies den demokratisch bestimmten Wunsch der Mehrheit darstellt und die Gleichstellung aller Bevölkerungsgruppen im neu zu gründenden Staat gewährleistet werden kann. Wir erkennen damit die Notwendigkeit, dass der Widerstand gegen jeglichen äußeren Einfluss, Gewalt und Unterdrückung geleistet werden muss, auch wenn er das Banner des Nationalismus vor sich trägt.

2. Sollten Revolutionär_innen deshalb also jede nationale Unabhängigkeitsbewegung unterstützen?

Nein! Ganz so einfach ist die Nationale Frage dann doch nicht zu beantworten. Nicht jede Bewegung, die für ihre nationale Unabhängigkeit kämpft hält zwangsläufig eine rote Fahne hoch. Ebenso geht nicht jeder Autonomiebestrebung voraus, dass eine nationale Minderheit reell unterdrückt wurde und eine kulturelle und politische Selbstbestimmung deshalb erkämpft werden müsste.

Folgende Fragen müssen bei der Betrachtung einer nationalen Unabhängigkeitsbewegung beantwortet werden: Wie setzt sich die Bewegung zusammen? Welche Kräfte spielen die tragende Rolle? Aus welchen sozialen Klassen setzen sie sich zusammen? Was sind ihre Ziele? Wie ist die soziale Ausgangssituation? Also gibt es eine ökonomische Krise, rassistische Repression oder faschistische Angriffe und welche Autonomierechte existieren bereits?

Als Revolutionär_innen schicken wir jedoch keine Fragebögen an jegliche Befreiungsbewegungen und machen unsere Unterstützung von einer schriftlichen Antwort per Post abhängig. Wer ernsthafte revolutionäre Politik betreibt, bewertet Bewegungen an Hand ihrer politischen Praxis und nichts weiter! Deshalb, sollen im Folgenden einige aktuelle Unabhängigkeitsbewegungen auf der Basis ihrer politischen und militärischen Praxis genauer betrachtet werden. Wir wollen überprüfen, welche nationalen Kämpfe momentan unsere Unterstützung verlangen und welche wir wiederum ablehnen:

Schottland:

Mit gespannter Aufmerksamkeit wurde in Europa das gescheiterte Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands vom Vereinigten Königreich im September 2014 betrachtet. Unsere Genoss_innen von Workers Power (siehe: http://www.workerspower.co.uk/) aus Großbritannien plädierten an die schottischen Arbeiter_innen mit „No“ zu stimmen. Die Nationale Frage in Schottland begründete sich nämlich nicht auf einer Unterdrückung der schottischen Sprache und Kultur oder mangelnden politischen Partizipationsrechten. Vielmehr steckt die schottische Linke in einer tiefen Krise. Die vielen sozialen Kürzungsmaßnahmen und die steuerliche Abwälzung der Krisenlast auf die arbeitende Bevölkerung ließ viele Arbeiter_innen das Vertrauen in die Sozialdemokratie verlieren. Die pro-kapitalistische und nationalistische Scottish National Party konnte sich so mit Unterstützung der schottischen Superreichen als starke Oppositionskraft darstellen und das Referendum initiieren. Revolutionär_innen haben keine Illusionen in die Schaffung eines neuen kapitalistischen Staates unter Führung schottischer Geldsäcke und Nationalist_innen. Überdies würden 2 Staaten an dieser Stelle auch eine Spaltung der Arbeiter_innenklasse in 2 proletarische Bewegungen bedeuten und eine Hürde im gemeinsamen Kampf darstellen. Stattdessen werden wir gemeinsam Schulter an Schulter mit dem britischen und schottischen Proletariat für Sozialismus auf den britischen Inseln kämpfen und das House of Lords zum House of Workers machen!

Dennoch wäre die Abspaltung Ausdruck eines demokratischen Prozesses und des Wunsches der Mehrheit gewesen. Als Revolutionär_innen treten wir in vollem Maße und bedingungslos für das Selbstbestimmungsrecht der Völker ein. Das heißt, wenn sich ein Volk auf demokratischem Wege für die Abspaltung ausspricht müssen wir das unterstützen und auch (wenn nötig) gegen Angriffe verteidigen.

Israel/Palästina

Einige vermeintlich linke Organisationen unterstützen den Staat Israel in seiner systematischen und kriegerischen Unterdrückung der palästinensischen Bevölkerung. Sie argumentieren dabei, dass der zionistische Staat die Verkörperung der nationalen Befreiung aller Juden und Jüdinnen, die Jahrhunderte lang in Europa verfolgt und massenhaft hingerichtet wurden, sei. Ein nationaler Befreiungskampf (wobei Juden und Jüdinnen eine Religionsgemeinschaft und kein Volk und keine Nation darstellen)darf jedoch nicht in die Unterdrückung einer anderen Nation münden. Für uns ist Zionismus nichts weiter als eine rassistische Ideologie, die Juden und Jüdinnen als „Fremdkörper“ in Europa betrachtet und deshalb mit Hilfe des Imperialismus einen jüdischen Staat auf dem Gebiet des historischen Palästinas gründete. Revolutionär_innen lehnen jeden Antisemitismus aber auch jede Waffenbrüderschaft mit dem Imperialismus strikt ab! Erst recht, wenn das Resultat dessen die Unterdrückung der Palästinenser_innen, welche der Zionismus aus ihren Häusern vertrieben, durch einer Mauer abgeriegelt und bombardiert hat, ist. Wir unterstützen deshalb den nationalen Befreiungskampf der Palästinenser_innen gegen die Angriffe Israels. So sehr wir uns jedoch auch mit dem Kampf der Palästinenser_innen solidarisieren, so dürfen wir auch keine Illusionen in deren reaktionäre Führung aus Fatah und Hamas haben. Im gemeinsamen antiimperialistischen Kampf für nationale Selbstbestimmung, darf keine Minute auf die Unabhängigkeit der Revolutioär_innen verzichtet und die Forderung nach Sozialismus zurückgehalten werden. Wir wissen, dass ein Volk, das andere unterdrückt, sich selber nicht befreien kann und suchen deshalb auch den Schulterschluss mit allen Arbeiter_innen, Jugendlichen und afrikanischen Refugees auf der israelischen Seite, um zusammen für einen multi-ethischen säkularen Staat für alle Völker auf dem Gebiet des historischen Palästinas zu kämpfen.

Katalonien

Diese wirtschaftlich stärkste Region des krisengeschüttelten spanischen Staates führte im siebten Jahr der erbitterten Kürzungspolitik ein Referendum über die Abtrennung zur Errichtung eines unabhängigen Kataloniens durch. Trotz des Verbotes durch die staatlichen Repressionsorgane nahmen 2,3 Millionen Katalan_innen am Referendum teil und stimmten mit ca. 80% für ein unabhängiges Katalonien. Obwohl REVOLUTION keine Illusionen in ein unabhängiges kapitalistisches Katalonien hat, stellen wir uns gegen die anti-katalonische und kleinbürgerliche Haltung der spanischen Linken und unterstützen das Selbstbestimmungsrecht der Katalan_innen, welche insbesondere während der faschistischen Diktatur Francos brutal unterdrückt wurden. Wie in Schottland ist jedoch von der Abspaltung keine Verbesserung für die Arbeiter_innenschaft zu erwarten, stattdessen treibt sie einen Keil zwischen die spanischen Werktätigen.

3. Also führen nationale Befreiungsbewegungen ohne Umwege zum Kommunismus?

Jein! Nationale Befreiungsbewegungen können gerade in den ehemaligen Kolonien in ihrem Kampf gegen die seit jeher bestehende Abhängigkeit von den imperialistischen Staaten ein emanzipatorisches Potential gewinnen. Für uns ist es deshalb unerlässlich in diese Kämpfe zu intervenieren und die vorhandenen progressiven Kräfte zu stärken. Der Weg zum Kommunismus kann jedoch nicht isoliert in einem Land, sondern nur durch den gemeinsamen Kampf einer vereinten internationalistischen Arbeiter_innenklasse beschritten werden.

Deshalb stellen wir uns hinter jedes Bevölkerung dessen Mehrheit sich auf demokratischem Weg für die nationale Unabhängigkeit ausspricht, auch wenn dies bedeutet, zeitweise mit der unterdrückten nationalen Bourgeoisie bei schärfster Kritik zusammen kämpfen zu müssen. Auf der anderen Seite kann das auch eine Chance sein, die Arbeiter_innen von dieser wegzubrechen und eine Alternative zu Kapitalismus und anderen reaktionären Ideologien anzubieten.

Mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen, können wir nicht jeden nationalen Befreiungskampf unterstützen, sondern müssen uns strategisch für gezielte Interventionen entscheiden und unsere gesamten Kräfte und Möglichkeiten mobilisieren
(wie wir es beispielsweise mit gesammelten Spenden in Höhe von 90 000€ als Teil der Nao-Kampagne „Waffen für Rojava“ getan haben- siehe: nao-prozess.de). Bei jeder Unterstützung treten wir für die Autonomie von Revolutionär_innen ein und lehnen Taktiken wie Guerillakampf oder Terroranschläge gegen die Zivilbevölkerung entschieden ab. Stattdessen treten wir für den Aufbau einer proletarischen Massenbewegung ein, deren bewaffneter Arm im Notfall in der Lage ist, die Bewegung gegen Angriffe zu verteidigen.

Für revolutionäre Kommunist_innen steht jedoch fest, dass die Klasse der Arbeiter_innen, der Jugend und der Unterdrückten kein „Vaterland“ kennt. Nationalismus ist eine Ideologie der herrschende Klasse, welche vom eigentlichen großen Widerspruch, nämlich dem von Arbeit und Kapital, ablenken soll. Dem Proletariat soll weiß gemacht werden, dass sie dieselben „nationalen Interessen“ wie die Bourgeoisie hätten und so an ihre kapitalistischen Ausbeuter_innen gebunden werden.

REVOLUTION vertritt dagegen einen proletarischen Internationalismus, der keine Staaten und Völker, sondern nur Herrschende und Unterdrückte kennt und unter der Fahne der permanenten Revolution jeglichen Chauvinismus, Repression und Unterdrückung hinwegfegt! Obwohl Revolutionär_innen das Selbstbestimmungsrecht unterdrückter Nationen bedingungslos verteidigen, haben wir trotzdem keine Illusionen in die Schaffung neuer bürgerlicher Staaten. Insbesondere die Befreiungsbewegungen in den ehemaligen Kolonien werden sich unter der Führung einer neuen nationalen Bourgeoisie nicht von den Fesseln des Imperialismus lösen können. Der imperialistischen Strategie, Nationen aufzuspalten, um die entstehenden schwachen und instabilen Gebilde leichter beherrschen zu können, setzten wir die Alternative von Föderationen sozialistischer Staaten entgegen! Nur die Enteignung der Kapitalist_innen und eine internationalistische Ausweitung der demokratischen Planung kann eine dauerhafte Befreiung möglich machen.

Ein Artikel von Mahir Gezmis und Marvin Schutt, REVOLUTION Berlin

PS: Du fragst dich, welche Positionen zu den Kämpfen in der Ostukraine und Kurdistan haben? Dann wirst du hier fündig:

www.onesolutionrevolution.de/allgemein/im-noch-in-vollem-gang-ukrainekrise-buergerkrieg-ein-kurzupdate/

http://www.onesolutionrevolution.de/allgemein/das-pkk-verbot-zwischen-kommunist_innenverfolgung-und-nato-aufstandsbekaempfung/




Wahlen in Israel: Pest, Cholera oder Massenwiderstand!

Am 17. März diesen Jahres wurde die wahlberechtigte Bevölkerung Israels ein weiteres Mal dazu aufgefordert, sich zwischen Pest und Cholera zu entscheiden. Nach einer Regierungskrise im vergangenen Jahr ordnete der ultra-nationalistische israelische Premier Netanjahu Neuwahlen an, deren Ergebnis ihn nun in seinem Amt bestätigte.

Die Wahl

Prognosen diagnostizierten im Vorhinein ein Kopf-an-Kopfrennen zwischen Netanjahus Partei, dem Likud und dem vermeintlich „linken“ Bündnis namens Zionistische Union, einer Allianz aus den Sozialdemokrat_innen der Avoda und der liberal-nationalistischen HaTnua. Dass dieses Bündnis weder eine politische Alternative aufzeigt, noch irgendwie als „links“ bezeichnet werden kann, macht bereits der Name deutlich. Politische Differenzen zwischen den beiden konkurrierenden Parteien wurden zudem im Wahlkampf künstlich aufgebauscht. So forderte die vermeintlich „linke“ Politikerin der Zionistischen Union Tzipi Livni vor einigen Jahren noch die Errichtung von „Groß-Israel“ (also die vollständige Eroberung aller Gebiete zwischen Mittelmeer und Jordan) und galt seit jeher als begeisterte Verfechterin des Libanonkriegs. Während der Likud 30 der 120 Sitze im Parlament ergattern konnte, erreichte die Zionistische Union 24 Sitze.

Drittstärkste Kraft wurde mit 13 Sitzen die „Vereinigte Liste“ aus einer islamistischen Partei, einer arabisch-nationalistischen Liste und einer stalinistischen Partei.

Wahlerfolg des Likud und der Mangel an Alternativen

Der Wahlsieg des Likud ist auf den ersten Blick ziemlich verwunderlich. Warum sollten sich israelische Wähler_innen freiwillig für Netanjahus Politik aus Sozialabbau, Wohnungsnot, Privatisierungen, Militarisierung und Krieg entscheiden? Nach seiner öffentlichen Verlautbarung, dass es mit dem Likud keinen palästinensischen Staat geben werde, kündigten ihm selbst einige seiner besten Freund_innen aus den Chefetagen der Unternehmen und des Militärs die Unterstützung, da sie auf Grund der wachsenden internationalen Isolation um ihre Profite fürchteten.

Zum einen liegen die Wahlerfolge des Likud an den massiven Zuströmen der rechtsextremen Wähler_innen, die ihre eignen politischen Bündnisse zugunsten Netanjahus im Stich ließen. Zum anderen ist der Sieg der Nationalist_innen ein klares Zeichen für das Versagen der Linken. Die zionistischen Sozialdemokrat_innen der Avoda waren in der Vergangenheit lange genug an der Macht, um zu beweisen, dass sie den ausgebeuteten Massen nichts anzubieten haben und im Krieg gegen die Palästinenser_innen keinen Schritt weiter zurückweichen. Die Mehrheit der Israelis entschied sich im Wahllokal deshalb für die offen kriegstreibende „Pest“ und ließ die „Cholera“ im liberalen Schafspelz knapp verlieren.

Der Rechtsruck der Sozialdemokratie ist kein israelisches Phänomen sondern lässt sich im Zuge der sich zuspitzenden Wirtschaftskrise und der Unfähigkeit des Reformismus auf der ganzen Welt beobachten (siehe Agenda 2010 / SPD). Neben massiven Angriffen auf die größte israelische Gewerkschaft Histadrut ist die Avoda jedoch auch für zahlreiche Kriege wie zum Beispiel den blutigsten aller Kriege, den 6-Tage-Krieg, verantwortlich. Eine weitere große Schwäche der „Linken“ ist es, ausschließlich die ökonomisch besser situierten Jüdinnen und Juden, die aus Europa emigrierten, anzusprechen. Die traditionell aus der kolonialistischen Siedlungsbewegung der Kibbuzniks entstandene Linke verstand sich seit jeher eher als Partei des „weißen“ Kleinbürgertums, weshalb sie den ärmeren Bevölkerungsteilen aus „orientalischen“ und äthiopischen Jüdinnen und Juden keine Perspektive anbot und diese schnell von den ultra-rechten Parteien aufgefangen wurden.

Der überraschende Wahlerfolg der klassenkollaboratorischen Vereinigten Liste ist vor allem Ausdruck des Protestes gegen die Anhebung der parlamentarischen Sperrklausel. Durch ein bürokratisches Manöver beschloss die vorherige Regierung nämlich die Mindeststimmenanzahl, die eine Partei für den Einzug ins Parlament erhalten muss, anzuheben, um so die vielen kleinen arabischen und linken Parteien ins Aus zu schießen. Deren unerwarteter Erfolg durch die Verbindung zur Vereinigten Liste ist ein zögerlicher Arschtritt für die israelischen Nationalist_innen, die während des Wahlkampfes Wahllokale in arabischen Ortschaften besetzten und teilweise sogar Übergriffe verübten. Netanjahu selbst warnte in rassistischer Manier: „Die Herrschaft der Rechten ist in Gefahr. Arabische Wähler strömen massenweise zu den Wahllokalen. Linke NGOs bringen sie Busse-weise dorthin“. Auch Israels Außenminister Liebermann bekundete öffentlich, dass man „illoyalen“ palästinensischen Israelis den Kopf abhacken müsse.

Es ist jedoch zu erwarten, dass sich die Volksfront aus Islamist_innen, arabischen Nationalist_innen und Stalinist_innen politisch kaum in der zionistischen Arena des israelischen Parlaments behaupten kann und sich durch ihre internen politischen Widersprüche selbst blockieren wird. Ihr Aufruf zu Solidaritätsmärschen gegen Besatzung und soziale Ungleichheit sind jedoch wichtige Schritte, um die unzufriedenen Massen auf die Straße zu bringen.

Perspektive

Vor dem Hintergrund dieser Alternativlosigkeit müssen Revolutionär_innen in die vorhandenen Bewegungen intervenieren und dort für den Aufbau einer sozialistischen Partei der Arbeiter_innen und der Jugend kämpfen. Da die zu erwartende Koalition aus Likud und noch weiter rechts stehenden Kräften die sich im Zuge der Krise des Kapitalismus immer weiter verschlechternde ökonomische Entwicklung auf den Schultern der Arbeiter_innen und der Jugend austragen wird, sind verstärkte Angriffe gegen die Arbeiter_innenschaft und die Jugend zu erwarten. Insbesondere werden sich die Lebensbedingungen der palästinensischen Bevölkerung bei ständig drohender Kriegsgefahr weiterhin verschlechtern. Allein im vergangenen Jahr kostete das grausame Bombardement des Gazastreifens über 2000 Palästinenser_innen das Leben. Siedlungsbau und Landnahme in den besetzten Gebieten provozierten zahlreiche Proteste, auf welche die israelische Regierung mit Massenfestnahmen und Häuserzerstörungen reagierte. Auch die auf israelischem Staatsgebiet lebenden Palästinenser_innen sind zunehmend der chauvinistischen Gesetzgebung und Angriffen auf den Straßen ausgesetzt.

Im Parlament kann der Kampf dagegen durch Listenbildungen und Wähler_innenstimmen nur partiell erfolgreich sein und wird früher oder später an den nicht wählbaren Repressionsorganen (Geheimdienst, Militär, Polizei) und der Willkür des zionistischen Staates scheitern. Die Beendigung von Besatzung, Siedlungskolonialismus, Unterdrückung und Ausbeutung kann nur auf der Straße und in den Betrieben geführt werden. Nur wenn sich die Palästinenser_innen zum Massenwiderstand gegen die israelischen Panzer erheben und sich dabei ihrer reaktionären und korrupten Führung aus Bürokrat_innen und Islamist_innen entledigen, kann ihr Leid beendet werden. Die Aufgabe der israelischen Arbeiter_innenbewegung ist es gleichzeitig Druck auf Gewerkschaften und Sozialdemokratie auszuüben und mittels eines Generalstreiks für den Stopp jeglicher Rüstungsproduktion einzutreten.

Keine Lösung: „2-Staaten-Lösung“

Kein Vertrauen sollte in die palästinensischen Unterhändler_innen gesetzt werden, die aktuell mit der UNO über einen Beitritt der palästinensischen Fraktion zum Internationalen Strafgerichtshof verhandeln. Während den zionistischen Staat Anklagen wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit herzlich wenig interessieren, ist dieser von den westlichen Medien hochgelobte Schritt in Richtung „2-Staatenlösung“ eine Sackgasse. Die Gründung eines palästinensischen kapitalistischen Staates wird den palästinensischen Massen keine Perspektive bieten können und eine machtlose Marionette zwischen Israel, dem US-Imperialismus und den arabischen Regionalmächten sein. Auch im israelischen Wahlkampf war die „2-Staaten-Lösung“ schon lange kein Thema mehr und deren aussichtsloser Charakter offensichtlich. Bis auf die korrupten Bürokrat_innen der palästinensischen Autonomiebehörde glaubt keine politische Fraktion noch in irgendeiner Weise an die Gründung eines palästinensischen Ministaates. Wir als Revolutionär_innen haben keine Illusionen in solche Pläne, die dem kolonialistischen Siedlungsprojekt nur diplomatische Immunität im Zuge eines „permanenten Friedensprozesses“ verleihen! Wir treten stattdessen für den Aufbau einer revolutionären Arbeiter_innenpartei des palästinensischen und israelischen Proletariats ein, die im Schulterschluss mit der Jugend und allen anderen fortschrittlichen Kräften des Nahen Ostens für eine sozialistische Staaten im Nahen Osten kämpft!

Ein Artikel von Marvin Schutt, REVOLUTION Berlin




Nieder mit den G7! Mobilisieren, demonstrieren, blockieren!

Schon die Reduzierung der Gipfelteilnehmer zeigt die aktuellen Verhältnisse der imperialistischen Weltordnung auf: Moskau ist nicht mit dabei. Das imperialistische Russland befindet sich derzeit im Konflikt mit den USA und der EU. In der Ukraine erleben wir, was der Imperialismus unter „Neuaufteilung der Welt“ versteht. Die USA und die EU unterstützen die neue Regierung aus Oligarchen, Nationalisten und ihrem faschistischen Fußvolk. Da Putin nicht klein beigibt, darf er auch nicht zum G7-Gipfel nach Elmau.

Immerhin darf Russland noch zum G20-Treffen. Hier versuchen die imperialistischen „Kernländer“, ihre Interessen abzugleichen und anderen zu diktieren. Wichtigster Punkt der G20-Verhandlungen ist die Lockerung des Marktzugangs für das Finanzkapital, „Freihandel“ genannt, der z.B. durch das TTIP-Abkommen für die USA und die EU gelten soll. Gleiches findet derzeit auch in der APEC statt. Dieses pazifische Bündnis umfasst neben den USA und China auch Japan, Russland und Südkorea.

Der Imperialismus steckt seit dem Weltwirtschaftseinbruch von 2007/08 in einer tiefen Krise. Das bedeutet jedoch nicht, dass er einfach zusammenbricht. Im Gegenteil: er versucht, seine Krise auf Kosten der Ausgebeuteten und Unterdrückten zu „lösen“. Die Aussage des Milliardärs Warren Buffet ist inzwischen fast schon „berühmt“: „Es wird Klassenkrieg geben und meine Klasse – die der Reichen – wird diesen Krieg gewinnen“.

Während für die Bourgeoisie die Klassengesellschaft existiert und die Aufgaben „ihrer“ Klasse klar ist, ist dies leider auf Seiten der Linken und der Arbeiterklasse nicht der Fall. Das System Imperialismus zu nennen wird von manchen Linken abgelehnt. Aus der Krise konkrete politische Schlüsse und Forderungen für die ArbeiterInnenklasse abzuleiten, wird oft abgelehnt. Dass dieses System revolutionär bekämpft und gestürzt werden muss, sagen nur Wenige. Was dafür konkret nötig wäre, bleibt oft unklar.

Neuaufteilung der Welt

Die ArbeiterInnenklasse wie auch die BäuerInnen und die Jugend verlieren viele soziale Errungenschaften und stehen harten Angriffen des Kapitals gegenüber. Nach dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise 2007/08 wurden die Lebensmittelmärkte vom spekulativen Kreditkapital geflutet. Die Folge waren Hungerproteste in über 40 Staaten.

Die Konkurrenz der imperialistischen Staaten und Blöcke ist neu entflammt. Die EU, die USA, Japan und die aufstrebende imperialistische Macht China konkurrieren um Märkte, Rohstoffe und Arbeitskräfte. Die EU ist bisher daran gescheitert, die USA als mächtigsten Wirtschaftsraum abzulösen, konnte aber den Euro als Weltwährung Nr. 2 etablieren und versucht weiterhin, Osteuropa, die Ex-UdSSR und den „Mittelmeerraum“ ökonomisch und politisch zu unterwerfen.

China versucht, Brasilien, Russland und Indien anzuführen, um die alten imperialen Verhältnisse herauszufordern. Auch Russland sucht neue Partner. Dies führt einmal zu weiterer Kooperation mit China, aber auch zu neuen Bündnissen mit der Türkei oder Brasilien.

In der Ukraine sehen wir, wie die Neuaufteilung der Welt funktioniert. Lt. US-Vizeaußenministerin Nuland wurden 5 Mrd. Dollar in die dortige Opposition gesteckt. Deutschland investierte in die „UDAR“-Partei Klitschkos und in das Wahlbündnis für Poroschenko. Dabei wurde bewusst mit nationalistischen und faschistischen Gruppierungen kooperiert. Diese bauten die Nationalgarde und das Asow-Bataillon auf. Die Milizen des „Rechten Sektors“, welche die neue Kiewer Regierung militärisch unterstützen, führten das Massaker von Odessa am 2. Mai 2014 durch. Dagegen erhob sich berechtigter Widerstand in der Ostukraine, welcher von antifaschistischen und auch russisch-nationalistischen Kräften getragen wurde und über den Russland versucht, seine Interessen in der Ukraine durchzusetzen.

Die USA und die EU wollen sich den Wirtschaftsraum der Ukraine einverleiben – mit den bekannten Nebenwirkungen: vollständiger Marktzugang für das Finanzkapital, Privatisierung der Staatsbetriebe, Abbau und Plünderung der Sozialsysteme – das sind die Aussichten des neuen Regimes in der Ukraine für die Massen. Dabei treten auch offene Widersprüche zwischen dem US- und deutschen Imperialismus zu Tage. Während die USA die Konfrontation mit Russland offen betreibt, ist der deutsche Imperialismus eher an einer strategischen Partnerschaft mit ihm (und damit auch den BRIC-Staaten) interessiert.

Dieser Konflikt führt auch zu mehr Aufrüstung. Die bürgerlichen Medien warnen vor den Expansionsgelüsten Russlands, während die Nato weitere Staaten der Ex-UdSSR aufnehmen will, z.B. Georgien und Aserbaidschan.

Die Zerstörung der Lebensgrundlagen

Seit der Krise 2007/08 haben die Großbanken und Konzerne und die meisten Bourgeois ihre Vermögen wieder steigern können. Speziell die großen Notenbanken der USA, Japans, der EU und Chinas warfen die Notenpresse an. So billig kam der Finanzmarkt selten zu Geld wie in den letzten 6 Jahren. 0%-Zinspolitik der FED oder auch die 0,05% der EZB halfen den „notleidenden“ Banken, schnell wieder den Kredithahn aufzudrehen. Damit ist auch die Kreditzufuhr für die Großkonzerne gesichert. Die Krise der billigen Kredite wurde durch noch mehr billige Kredite, diesmal aber nur für das Finanzkapital „gelöst“. So konnten die Börsen sich erholen und 2014 sogar neue Rekorde feiern. Dies steht in keinem Zusammenhang zu allen sonstigen Wirtschaftsindikatoren. Allein das billige Leihkapital, welches in die Börse gesteckt wurde, sorgte für neue Rekorde und für neue Vermögenszuwächse der Bourgeoisie. Während die Bourgeoisie also wieder zahlungsfähig ist, sind nun die meisten Staaten hoch verschuldet und Millionen Beschäftigte haben ihren Job verloren.

Gleichzeitig bedroht der Imperialismus die Lebensgrundlagen der Menschheit: z.B. die Trinkwasserversorgung, durch zunehmende Vermüllung und Verschmutzung der Umwelt, durch den Missbrauch von Agrarflächen usw. All dies geht zu Lasten künftiger Generationen und zeigt, dass diese Gesellschaft nicht nachhaltig und gemäß den menschlichen Bedürfnissen wirtschaften kann. Es kann daher auch keinen „grünen Kapitalismus“ geben.

Profitwirtschaft und nachhaltiger Umgang mit natürlichen Ressourcen schließen einander aus. Wir müssen darum für eine demokratisch-sozialistische Planwirtschaft kämpfen, die das Mensch-Naturverhältnis nachhaltig berücksichtigt, damit künftige Generationen auf diesem Planeten noch produzieren und leben können. Die Bourgeoisie investiert im „grünen Bereich“ nur, wenn ihre Vorteile gegenüber der Konkurrenz sicher sind – daher ist jede ökologische Frage auch eine Klassenfrage.

Sparpolitik

Auf den Finanzmärkten wurde wenig gespart: nur manche „Boni“ für die leitenden Angestellten wurde öffentlich diskutiert. Gespart wird an den staatlichen Systemen, im Sozialbereich, der Gesundheitspflege, der Rente und im öffentlichen Dienst.

In der EU wurde aus der Wirtschaftskrise schnell eine Krise der Staatsschulden. Schließlich hatten die Staaten ja „ihre“ Bourgeoisie und die dazugehörigen Banken und Großkonzernen mit Milliarden und Billionen gerettet. Speziell die EU kann als „Feldversuch“ für die Sparpolitik angesehen werden, v.a. Griechenland, Portugal, Spanien und Italien wurden rigorosen Austeritätsangriffen unterworfen. Ausgearbeitet vom deutschen Imperialismus und der EU- Bürokratie in Brüssel, wurde ihnen der „Fiskalpakt“ aufgezwungen, welcher vorschreibt, wie viele Schulden gemacht werden dürfen. Um das durchzupeitschen, wurden gewählte Regierungen in Griechenland und Italien durch „Expertenregierungen“ ersetzt, deren Spitzen Papademos und Monti nicht zufällig zuvor auch für die EZB bzw. die EU- Kommission tätig waren. Diese „Experten“ setzen dann die Sparangriffe durch, meist gestützt auf eine breite parlamentarische Mehrheit von bürgerlichen und „sozialdemokratischen“ Parteien.

In Griechenland wurde eine „Troika“ installiert, welche seit 2011 die finanztechnischen Staatsgeschäfte führt, Einsparungen und Privatisierungen vorantreibt und de facto von Berlin und Brüssel gesteuert wird. Die Sozialsysteme sind dort flächendeckend zusammengebrochen. Arbeitslosengeld gibt es nur noch für wenige Monate. In Griechenland müssen sich viele Haushalte zwischen Stromrechnung und Krankenversicherung entscheiden.

Diese Politik führte zur Massenarbeitslosigkeit in Südeuropa. Viele Firmen kollabierten und der Öffentliche Dienst wurde massiv abgebaut. Arbeitslosenquoten von 20-30% sind in Südeuropa die Regel. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt vielerorts zwischen 40-50%. Hier wird eine ganze Generation praktisch aussortiert. Diese jungen ArbeiterInnen sind jetzt auf Anstellung im europäischen Norden angewiesen.

Die nördlichen EU-Staaten verschärfen im Gegenzug ihre Einwanderungsbestimmungen und betreiben rassistische Auslese an den Grenzen nach dem Motto „Wer als FacharbeiterIn oder AkademikerIn billig bei uns arbeitet, ist willkommen“. Die anderen werden als „Armutsflüchtlinge“ diskriminiert. Immer mehr Flüchtlinge kommen aus Afrika, dem Nahen und Mittleren Osten, deren Staaten heute kaum noch ein Überleben bieten können.

Die Geflüchteten haben 2014 Proteste in Deutschland und der EU organisiert, um auf ihre rechtlosen Zustände hinzuweisen. Kapital und Staat nutzen diese Verhältnisse zur weiteren Spaltung der Klasse, schüren Rassismus und Nationalismus. Die Proteste richteten sich v.a. gegen Lagerunterbringung, Residenzpflicht, Arbeitsverbot, Asylbewerber-Leistungsgesetz, Dublin-Abkommen und traten für Anerkennung, Bleiberecht und Arbeitserlaubnis ein.

Neben der sozialen und rassistischen Spaltung vertieft sich auch der Gegensatz zwischen den Geschlechtern. Es gibt ein massives ideologisches Rollback, was sich im Verbot der Abtreibung
in Spanien äußert oder auch in der „Herdprämie“ in Deutschland. Gleichzeitig werden Frauen weiterhin überausgebeutet. Während der Arbeitsmarkt ihnen oft nur prekäre Niedriglohnjobs bietet, brüstet sich die Politik mit ihrem Eintreten für die „Frauenquote“ in Vorständen und Aufsichtsräten. Doch nach wie vor lastet das Gros der unbezahlten Hausarbeit auf den Frauen, v.a.auf Müttern und Alleinerziehenden. Osteuropäische Frauen sind oft „moderne WanderarbeiterInnen“, arbeiten als Altenpflegerin u.ä. Berufen im sozialen Bereich in Westeuropa und finanzieren mit ihrem Gehalt ihre Familie zu Hause. Im globalen Maßstab sind Frauen noch schärfer an die Reproduktionsarbeit und Landwirtschaft gebunden und müssen ihre Familien unterhalten.

Der Kampf der Jugend, der Frauen und der Refugees sind wichtige Kämpfe für die radikale Linke und die ArbeiterInnenbewegung. Hier müssen wir gegen die bürgerlichen Spaltungen der Gesamtklasse vorgehen und Internationalismus und Solidarität beweisen und treten dabei für den Aufbau einer revolutionären Jugendbewegung und einer proletarischen Frauenbewegung ein.

Widerstand gegen die imperialistische Welt(un)ordnung

Die Massenbewegungen des Arabischen Frühlings von 2010/11 in Nordafrika, Nah- und Mittelost waren ein Aufbäumen gegen die imperialistische Ordnung. Millionen stürzten die alten Vasallenregime eines Mubarak, Ben Ali und Gaddafi stürzen. Die Rufe nach Demokratie und Gerechtigkeit erschütterten diese Weltregion.

In Syrien konnte die FSA nicht gegen das Assad-Regime siegen. Die fortschrittlichen Kräfte sehen sich jetzt gemeinsam mit den KurdInnen aus Rojava gleich drei konterrevolutionären Kräften gegenüber: dem Assad-Regime, den reaktionären Djihadisten und den imperialistischen Mächten.

Umso beispielhafter ist daher der Kampf der KurdInnen in Nordsyrien, welche in Rojava eine demokratische Selbstverwaltung aufgebaut, eigene Volksverteidigungskräfte inklusive Fraueneinheiten aufgestellt haben und eine progressive Alternative zum reaktionären Islamismus und den imperialistischen Marionettenregimen aufzeigen.

Auch in Europa protestieren Millionen gegen die Sparangriffe. Allein in Griechenland gab es dutzende Generalstreiks. Ende 2014 flammen Proteste in Italien und Belgien auf. Die EU ist nicht nur Zentrum der Krise, sondern auch ein potentieller Widerstandsherd.

Weltweit haben sich neue politische Bewegungen gebildet, wie die „Occupy“-Bewegung in den USA oder die „Indignados“ in Spanien. Aus letzteren ist eine neue Partei, Podemos, entstanden, welche möglicherweise 2015 die Wahlen in Spanien gewinnen kann. Die Krise des Imperialismus hat in vielen Weltregionen für Massenwiderstand gesorgt. Oft wurden ganze Generationen in diese Proteste und Aufstände gezogen wie beim Arabischen Frühling, bei „Occupy Wallstreet“ und den Protesten in Südeuropa, jedoch brachen sie meist schnell zusammen.

Was fehlte, war ein klarer Klassenstandpunkt und eine revolutionäre Perspektive für eine neue Gesellschaftsordnung – oft wurde nur an die leere Hülle der „Demokratie“ appelliert. Allen gebricht es an einer revolutionären Klassenperspektive: Forderungen nach einem gesamteuropäischen Generalstreik, nach klassenkämpferisch-antibürokratischer Basisopposition in Gewerkschaften und Betrieben, nach Arbeiterregierungen und nach Vereinigten Sozialistischen Staaten Europas fehlen vollständig.

Aufstieg der Rechten

In Europa existiert eine ganze Palette von Rechten: rechtskonservative MittelstandskleinbürgerInnen à la AfD in Deutschland, RechtspopulistInnen à la UKIP in Großbritannien, die ähnlich wie die rechtsextreme „Front National“ in Frankreich anstreben, die stärkste Kraft zu werden. Dazu kommt der offen faschistische Mob wie „Chrysi Avgi“ in Griechenland oder Jobbik in Ungarn. Die Rechten versuchen, die Krise für sich zu nutzen und können je nach Lage des Kapitals vor Ort von diesem auch immer mehr Unterstützung generieren. Es sind Teile des Kleinbürgertums und des Mittelstands, aber auch rückständige Teile der Lohnabhängigen, denen durch die imperialistische Konkurrenz die soziale Deklassierung droht. Diese Ängste spielen auch eine wichtige Rolle bei rassistischen Mobilisierungen wie Pegida. Sie sind Bewegungen, in denen sich auch offen faschistische Kräfte tummeln.

Die Linke darf sich im Kampf gegen Rechts nicht als „wahre Verteidiger“ der bürgerlichen Demokratie aufspielen. Stattdessen brauchen wir eine gesellschaftliche Alternative, müssen aufzeigen, wie wir gegen Kapitalismus, Rassismus und Armut kämpfen können und wie der Sozialismus die soziale Lage und Möglichkeiten der Massen verbessern kann. Die Linke und die ArbeiterInnenbewegung müssen lernen, sich selbst zu schützen und kein Vertrauen in den Staat zu hegen. Dazu gehört der Aufbau von Selbstverteidigungsstrukturen, der Schutz von Demos und Veranstaltungen und die Einbeziehung der ArbeiterInnenbewegung für solche Maßnahmen – das ist proletarischer Antifaschismus.

Für antikapitalistisch-revolutionäre Politik!

Die organisierte ArbeiterInnenbewegung hatte den Angriffen des Kapitals in dieser Krise wenig bis nichts entgegenzusetzen. Gewerkschaftsführungen und sozialdemokratische Parteien versuchen, die Sparangriffe und Kürzungen mitzuverhandeln, betreiben weiter nationalistische Standortpolitik und versagen beim Organisieren international koordinierten Widerstands. Wo sie Widerstand leisten, wie bei den Generalstreiks in der Textilindustrie Kambodschas 2013/14, treffen sie auf die Repression von Kapital und Staat.

Dort, wo Gewerkschaften berechtigte Forderungen aufgreifen, wie bei der Kampagne „Fight for 15 Dollar“ in den USA, gelingt es durchaus, Hunderttausende zu mobilisieren. Diese Beispiele, welche die Kraft der organisierten ArbeiterInnenklasse symbolisieren, fanden aber bisher nur wenig Nachahmer – vielerorts verweigerten die Führungen der ArbeiterInnenbewegung sogar das Mindestmaß an Verteidigungskämpfen.

So wandten sich einige Protestbewegungen, speziell in Europa, bewusst von den etablierten Organisationen der Klasse ab, betreiben stattdessen eine Politik für „mehr Demokratie“ und vereiteln damit einerseits die Möglichkeit, die Klasse zu mobilisieren lassen und andererseits, deren untaugliche Führungen politisch herauszufordern und zu bekämpfen.

Der Ruf nach „Demokratie“ kommt oft aus den „breiten“ Protestbewegungen oder Parteien, in denen verschiedene Schichten vertreten sind, denen es unter der bürgerlichen Demokratie vor der Krise gar nicht schlecht ging; oder er kommt von Linken, die meinen, mit dem Kampf für „mehr oder echte“ Demokratie mehr Menschen gewinnen zu können. So verständlich und richtig es auch ist, den scheinheiligen Charakter der heutigen Demokratie anzugreifen, so falsch ist es, die politische Perspektive auf den Kampf für Demokratie zu begrenzen.

Demokratie ist immer eine Form von Klassenherrschaft. Das A und O für die organisierten Arbeiterbewegung und für den Widerstand ist nach wie vor die Herrschaft des Reformismus über Massenparteien und Gewerkschaften: die Integration der Arbeiterschaft in „ihren“ imperialistischen Staat, die Kollaboration mit „ihren“ Unternehmern ist sein Geschäft, Sozialchauvinismus und Klassenverrat, Verteidigung des Kapitalismus sein Inhalt – bei SozialdemokratInnen wie (Post-)StalinistInnen!

Die radikale Linke hat auf diese Fragen keine oder nur abstrakte Antworten – sie ist orientierungslos. Oft wurde jeder „Occupy“- oder „Blockupy“-Bewegung weitgehend kritiklos hinterhergerannt. Ein antikapitalistisches und revolutionäres Profil war kaum zu finden. Ausgedrückt wird diese Entwicklung z.B. von SYRIZA in Griechenland. Gestartet mit der Ablehnung jeder Troika-Sparmaßnahme hat sie inzwischen kapituliert, akzeptiert insgesamt die Sparauflagen und schürt Illusionen in die „Reformierbarkeit“ des bürgerlichen Systems in Griechenland, obwohl das katastrophale Scheitern dieses Systems den Massen jeden Tag vor Augen geführt wird. SYRIZA ging nicht nur ohne Not eine Koalition mit der reaktionären ANEL ein, sie – wie ihre Schwesterparteien von der Europäischen Linken – hat bisher auch wenig bis nichts dafür getan, europaweit Protest und Widerstand voran zu bringen. Daher fordern wir einerseits den Bruch mit ANEL (was eine Minderheitsregierung bedeuten kann) und den EU-Diktaten, verteidigen SYRIZA andererseits aber gegen die Angriffe der Reaktion.

Für eine revolutionäre Jugendinternationale

Weltweit kämpfen Jugendliche an der Spitze von Bewegungen gegen Imperialismus, Krieg, Ausbeutung und Rassismus. Als Jugendliche sind sie vielfältiger Unterdrückung unterworfen als BilligarbeiterInnen, als Arbeitslose oder gar als Kanonenfutter im Krieg. Selbst in den „demokratischen Ländern“ werden ihnen bürgerliche Rechte vorenthalten.

Das ist die Zukunftsperspektive der Jugend im heutigen Kapitalismus. Der großen Mehrheit bietet er ein Leben, das noch schlechter wird als jenes ihrer Eltern. Kein Wunder, dass Jugendliche oft radikaler und kämpferischer sind. Zugleich erleben sie auch in der ArbeiterInnenbewegung und Linken oft genug Bevormundung und Diskriminierung ­ die Reproduktion der Unterdrückung der Jugend in der bürgerlichen Gesellschaft und in der Familie.

Daher brauchen Jugendliche auch eigenen Strukturen in Gewerkschaften und ArbeiterInnenorganisation, unabhängige, selbst organisierte Bewegungen, um Erfahrungen zu machen und die eigene Unterdrückung zu thematisieren. Vor allem braucht es aber eine revolutionäre Jugendorganisation und Jugendinternationale, und um das volles Potential im Kampf und beim Aufbau einer neuen revolutionären ArbeiterInneninternationale einzubringen.

Für revolutionäre Parteien und eine revolutionäre Internationale!

Dafür tritt
die Liga für die 5. Internationale in den Bewegungen und Umgruppierungen in der Linken und der ArbeiterInnenklasse ein. Wir brauchen eine „Wiedererarbeitung“ einer marxistischen Analyse des Kapitalismus und der kommunistischen Methoden und Taktiken, um die ArbeiterInnenbewegung für eine revolutionäre Politik gewinnen zu können. Dabei müssen wir darstellen, wie Proteste und Widerstand gegen die Krise revolutionär gelöst und weitergetrieben werden können, welche Möglichkeiten im Aufbau von Räten, im Aufbau von Selbstverteidigungsorganen, im Aufbau einer revolutionären Partei liegen.

Wir rufen alle linken und antikapitalistischen Kräfte auf, mit uns die Fragen des revolutionären Programms, des Parteiaufbaus und der Methoden und Taktiken dafür zu diskutieren und umzusetzen!

Wir brauchen revolutionäre Parteien, die gegen das Chaos des Imperialismus für eine sozialistische Gesellschaft kämpfen, die der Diktatur des Kapitals die Diktatur des Proletariats entgegensetzen. Eine revolutionäre Partei muss aufzeigen, wie eine demokratisch kontrollierte Planwirtschaft heute das Chaos des Imperialismus beenden kann. Rosa Luxemburgs Alternative „Sozialismus oder Barbarei“ ist aktueller denn je. Sie ist die Alternative, vor der wir heute stehen.

Wir brauchen eine revolutionäre Linke, die sich international organisiert, die Fragen des globalen Klassenkampfs diskutiert und zu gemeinsamen programmatischen und praktischen Schlussfolgerungen kommt – deswegen treten wir für den Aufbau einer revolutionären, der 5. Internationale ein.

Termine

4.6.-8.6.: Camps und Aktionen vor Ort
6.6.: Großdemo Garmisch-Partenkirchen
7.6.: Sternmarsch nach Elmau

Infos und Website des Aktionsbündnis „Stop G7″
http://www.stop-g7-elmau.info/

Ein gemeinsamer Aufruf von Arbeitermacht und REVOLUTION




Tsipras’ Kapitulation und die Aufgaben der Linken

Gerade einen Monat nach ihrem Erdrutschsieg haben die Syriza-Führung und die von ihr dominierte Regierung ihren Offenbarungseid geleistet.

Zuerst ging sie eine Koalition mit der rassistischen und anti-semitischen ANEL ein, eine Art Rückversicherung des griechischen Staatsapparates, der Großkapitalisten und der orthodoxen Kirche für den Fall, dass Tsipras weiter gehen sollte, als er selbst je wollte. Dann wurde der ehemalige Innenminister und ND-Mitglied Prokopis Pavlopoulos am 18. Februar auf Vorschlag von ANEL und mit Unterstützung der Nea Dimokratia zum Staatspräsidenten gewählt.

Und dann folgte die vollständige Kapitulation gegenüber der EU und dem deutschen Imperialismus. Außer kosmetischen Zugeständnissen, der „Umbenennung“ der Troika und einer begrenzten Wahl, welche Versprechen die griechische Regierung mehr, welche sie weniger bricht, blieb vom Syriza-Programm nichts übrig.

Hatte die neue Regierung kurz nach ihrer Wahl noch die rasche Umsetzung wichtiger Reformen versprochen und die Troika medienwirksam vor die Tür gesetzt, so überarbeitet sie jetzt täglich die „Kompromissvorschläge“, sprich die Kürzungsdiktate aus Brüssel und Berlin, um eine erste Kredittranche zu erhalten. Die Maulhelden des Neo-Reformismus verhalten sich ganz wie Schulkinder, die immer neu verbesserte Hausaufgaben an ihre Oberlehrer schicken, um nur ja nicht von der Schule zu fliegen. Die Schule sind EU und Eurozone und der Oberlehrer ist der deutsche Imperialismus – und die statuieren an Tsipras, Syriza und der griechischen Regierung gerade ein Exempel.

Beschönigung

Dass die griechische Regierung ihre vollständige Niederlage und Kapitulation allen Ernstes noch als „Sieg“, als „Erfolg“ verkauft, setzt den politischen Verbrechen, die sich die Syriza-Führung in den letzten Wochen geleistet hat, noch die Krone auf.

Natürlich täuscht sie mit solchen Akten von realitätsverleugnender Selbstgefälligkeit keinen ihrer Gegner, die allenfalls den Mantel des Schweigens gnädig darüber fallen lassen, um bei der nächsten Gelegenheit die griechische Regierung wieder als ihr Werkzeug zu benutzen.

Das aberwitzige Schönreden der eigenen Kapitulation ist nichts als Betrug und Täuschung der eigenen AnhängerInnen, Parteimitglieder, WählerInnen, UnterstützerInnen in Griechenland und ganz Europa.

Diejenigen, die Samaras und seine Bande zum Teufel jagen wollten und daher Syriza zu einem historischen Wahlsieg verhalfen, haben ein Recht auf Wahrheit, haben ein Recht zu wissen, was ist.

Von Tsipras und der Syriza-Führung werden sie das natürlich nicht erfahren. Die hat gute Gründe dafür, die Massen zu vertrösten, will sie doch selbst weiter im Amt bleiben – und dazu will sie das Vertrauen der Menschen nicht verspielen.

Dummerweise hilft diese Täuschung, solange sie erfolgreich ist, nicht nur der Syriza-Führung und der Regierung, sondern vor allem jenen, die sie zu bekämpfen vorgibt: dem europäischen Großkapital (und auch den griechischen Kapitalisten), der EU und dem deutschen Imperialismus. Ganz zurecht spekuliert die FAZ in einem Kommentar, dass Tsipras entweder als „Pausenclown“ endet, also als Ministerpräsident, der bald von links oder rechts gestürzt wird – oder als „echter Reformer und Modernisierer“, als zuverlässigerer Sachwalter des deutschen Imperialismus und der EU, als es die korrupten Seilschaften von ND und PASOK je waren.

In jedem Fall zeigt sich die groß-bürgerliche Presse hier weitsichtiger und realistischer als jene „Linken“, die Tsipras und seine Verhandler auch jetzt noch entschuldigen, schönreden usw.

Klar, wurden sie erpresst von der EU und den europäischen Regierungen. Klar, sind weder Frankreich noch ein südeuropäisches „Krisenland“ für sie in die Bresche gesprungen. Doch wer wundert sich darüber? Warum sollten Schäuble und Co. ihre Interessen nicht durchzusetzen versuchen? Warum sollte der Erz-Reaktionär Rajoy Tsipras Zugeständnisse machen, die er von der EU nicht erhielt? Warum sollte der russische Imperialismus Milliarden zur ungewissen Rettung der griechischen Staatsfinanzen verballern, wo er selbst vor einer veritablen Wirtschaftskrise steht und einen Ausgleich mit der EU, allen voran Deutschland, sucht?

Gescheiterter Reformismus

Die ganze Strategie, die verschiedenen kapitalistischen Regierungen gegeneinander auszuspielen, ist kläglich gescheitert. Stattdessen haben sie Tsipras vorgeführt.

Überhaupt ist mit der kläglichen Kapitulation nicht nur die Illusion in die EU und Euro-Zone vorgeführt worden, sondern auch die aberwitzige Vorstellung, die grundlegenden Klasseninteressen der europäischen Bourgeoisien am Verhandlungstisch zu neutralisieren.

Mit der Kapitulation – und das ist wohl die wichtigste Lehre der letzten Wochen – ist auch die Unvermeidlichkeit des Scheiterns der „Reformpolitik“, der sozialdemokratischen Strategie der europäischen Linksparteien offen zu Tage getreten. Varoufakis und die ganze Syriza-Führung treten offen dafür ein, den europäischen Kapitalismus zu stabilisieren durch die Erhöhung der Kaufkraft der Massen und staatliche Investitionsprogramme. So soll die Wirtschaft angekurbelt werden, so sollen Länder wie Griechenland wieder in die Lage versetzt werden, in eine ganze Periode des Wachstums zu treten, die sowohl die Profite der Kapitalisten wie die Löhne der ArbeiterInnen sichert.

Dummerweise geht es im Kapitalismus nie um das Wohl aller Klassen. Und erst recht utopisch ist diese Vorstellung in einer historischen Krisenperiode, wo der Kampf um die Neuaufteilung der Welt geführt wird, wo die dominierenden Kapitalgruppen aus den imperialistischen Ländern ihre Profite sicher durch den Ruin ihrer schwächeren Konkurrenten und durch Erhöhung ihrer Ausbeutungsrate.

Dieser Gegensatz lässt sich nicht „harmonisch“ ausgleichen, auch nicht durch den besten sozialdemokratischen Arzt am Krankenbett des Kapitalismus – er kann nur durch den Sieg einer der beiden grundlegenden Klassen der Gesellschaft gelöst werden.

In Griechenland hat nicht nur Tsipras kapituliert, sondern auch der Bankrott des sozialdemokratischen Krisenmanagements der europäischen Linkspartei wurde offenkundig. Das ist die erste Lehre aus den griechischen Ereignissen.

Die Syriza-ANEL-Regierung ist eine Volksfrontregierung, ein Bündnis einer reformistischen, bürgerlichen Arbeiterpartei mit eine erz-reaktionären offen bürgerlichen Partei. Doch selbst ohne ANEL steht Tsipras letztlich dem griechischen Kapitalismus und dem Europa der Imperialisten näher als der griechischen ArbeiterInnenklasse und Bauernschaft.

Natürlich ist es möglich, dass diese Regierung trotz der Politik von Tsipras in neue Konflikte mit dem Imperialismus gerät oder von den Massen oder ihrer eigenen Anhängerschaft gedrängt wird, entschiedener zu sein, als sie es selbst will. Im Fall eines Konflikts mit dem Kapital oder dem Imperialismus würden wir eine solche Regierung natürlich gegen die Reaktion weiter verteidigen.

Aktuell geht es aber darum, die Umsetzung der Vereinbarungen mit der EU, die Opferung der Verbesserungen für die Massen zu bekämpfen. Mit ihre Kapitulation ist die Syriza-Regierung zu einem Erfüllungsgehilfen der imperialistischen Institutionen und auch der deutschen Regierung geworden.

Wir unterstützen alle Versuche der griechischen Bevölkerung, die Regierung zum Bruch mit den Vereinbarungen mit der EU zu zwingen und vor allem alle Aktionen, die versprochenen Verbesserungen (z.B. Mindestlohn, Stopp der Privatisierungen) auch gegen die Vereinbarung mit den „Institutionen“, wie heute die Troika genannt wird, durchzusetzen.

Dafür gilt es diesen Pakt auf der Straße, in den Betrieben, in den Wohnvierteln, in Stadt und Land zu Fall zu bringen durch Demonstrationen, politische Streiks, Betriebsbesetzungen – und durch den Aufbau von Kampforganen wie Aktionskomitees zu bekämpfen.

Alle Kräfte in Syriza, die gegen die Politik ihrer Führung sind, sollten die Einberufung eines Parteitags fordern und die Mobilisierung gegen den Pakt unterstützen. Alle Abgeordneten, die gegen die Umsetzung des Abkommens mit der EU sind, sollten im Parlament dagegen stimmen. Die Linken in Syriza müssen Tsipras ihre Gefolgschaft aufkündigen – und den anderen linken Parteien (KKE, Antarsya) und den Gewerkschaften eine Einheitsfront gegen die Umsetzung der EU-Vorgaben vorschlagen.

So könnte dem demoralisierenden Effekt der Kapitulation von Syriza entgegengewirkt werden – und zugleich eine gesellschaftliche Kraft aufgebaut werden, die einen Ausweg weist.

Alternative

Das beinhaltet aber auch, dass die revolutionäre und antikapitalistische Linke dem neo-reformistischen Konzept der Syriza-Führung eine alternative Perspektive und Strategie entgegensetzen muss.

Es gibt nämlich eine Alternative zur Kapitulation von Syriza. Doch diese erfordert entschiedene Maßnahmen, die auch vor dem kapitalistischen Privateigentum nicht halt machen wie die sofortige Streichung aller Schulden, Ablehnung der Diktate der EU, die entschädigungslose Enteignung der Banken und Großunternehmen wie der orthodoxen Kirche unter ArbeiterInnenkontrolle, effektive Kapitalverkehrskontrollen, …

Es wäre natürlich abenteuerlich und naiv, solche Maßnahmen dem korrupten griechischen Staatsapparat anzuvertrauen – dazu müssten vielmehr Kontrollorgane der Gewerkschaften und Beschäftigten gebildet werden.

All das würde zu einer revolutionären Zuspitzung der Lage führen – und damit die Notwendigkeit einer ArbeiterInnenregierung auf die Tagesordnung stellen, die das Großkapital enteignet, die Wirtschaft auf Basis eines
demokratischen Plans reorganisiert, den bürgerlichen Staatsapparat zerschlägt und durch Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte ersetzt.

Kampf dem Imperialismus!

Als revolutionäre und anti-kapitalistische Linke hier in Deutschland gilt unsere Solidarität der griechischen Bevölkerung, die nun die Diktate der EU und die Kapitulation der Regierung ausbaden soll; sie gilt allen, die gegen den Ausverkauf ihrer Lebensinteressen Widerstand leisten; sie gilt vor allem jenen Anti-KapitalistInnen in Griechenland, die nicht jede Kröte „ihrer“ Regierung schlucken, sondern einen gemeinsamen Kampf auf der Straße, in den Betrieben, an Schulen und Unis organisieren.

Die Linke, Gewerkschaften, die ArbeiterInnenbewegung hier müssen das Diktat der EU und des deutschen Imperialismus ohne Wenn und Aber bekämpfen. Dazu schlagen wir als NaO vor, breite Bündnisse um drei konkrete Forderungen aufzubauen:

• Sofortige, ersatzlose Streichung der Schulden Griechenlands!

• Nein zu allen Spardiktaten! Nein zur Erpressung der griechischen Regierung!

• Die Banken und Konzern müssen für die Krise zahlen!

Ein Gastbeitrag von Martin Suchanek, Gruppe Arbeitermacht

Exkurs: [’solid], SDAJ und zwei Positionen zu Griechenland

Wir haben oben im Gastbeitrag der Gruppe Arbeitermacht gesehen, dass aller hoffnungsvoller Jubel um SYRIZA in einer durchaus voraussehbaren Kapitulation vor dem Imperialismus und auch vor dem einheimischen Kapital mündete.

Auch wir von REVOLUTION klinkten uns nach dem Wahlsieg in die Debatte ein und setzten uns intern mit den unterschiedlichen Positionierungen zum Thema auseinander. Zwei dieser Positionen wollen wir nun einer Kritik unterziehen, nachdem ihr oben die Position gelesen habt, die wir unterstützen.

[’solid] & SYRIZA

Das [’solid] sich zu internationalen Fragen äußert ist eher selten. Wenn aber die griechische „Schwester“ der LINKEN eine Wahl gewinnt, dann wird sich doch mal geäußert – und das leider nicht sonderlich „kritisch – solidarisch“, wie getönt wird, sondern eher nur solidarisch.

Man lehnt nach der Wahl zwar richtigerweise die Koalition SYRIZA’s mit der rechtskonservativen, rassistischen ANEL-Partei ab1, aber das war es eigentlich auch schon mit der Kritik. Mehr noch: Zwar findet der Bundessprecher_Innenrat von [’solid] die Koalition mit ANEL „scheiße“, aber stellt diese noch mit Verweis auf die Verweigerung zur Regierungsbildung der „Kommunistischen Partei“ KKE als alternativlos hin2.

Dabei hätte SYRIZA durchaus Alternativen gehabt: Minderheitsregierung oder auch ein Einheitsfrontangebot an die Basis der KKE um so Druck auf sie aufzubauen.

Ansonsten schürt [’solid] nach dem Wahlsieg illusionäre Hoffnungen: Der politische Kurswechsel, für den SYRIZA steht, ist eine große Hoffnung für alle Menschen in Europa – außer vielleicht für die Millionäre und Banken. In Griechenland erleben wir, dass die Menschen sich das Recht zu wählen – gegen die angebliche Alternativlosigkeit der „Rettungspolitik“ – genommen haben. Europa geht anders, die politischen Kräfteverhältnisse sind veränderbar, eine Alternative ist möglich […]3

Wie wenig der parlamentarische Weg und Wahlen taugen, um etwas gegen den Willen des EU – Kapitals durchzusetzen, zeigte sich bereits nach nicht mal einem Monat an der Regierung: SYRIZA führt das Sparprogramm weiter. Das parlamentarische System ist nur ein Ausdruck des Gesellschaftssystem Kapitalismus und vielfach mit der Bourgeoisie verknüpft. Die eigentliche ökonomische Macht – sprich die Konzernspitzen, etc. – sind nicht wählbar und die politische Macht im Parlament ist der ökonomischen unterlegen.

Illusionär ist auch die Haltung zur bestehenden EU: Das Ziel kann also kein Europa ohne Griechenland sein. Stattdessen braucht es einen radikalen Bruch innerhalb der bestehenden Europäischen Union und mit der derzeitigen neoliberalen Hegemonie.4

Hier geht es also weiter mit der wortradikalen aber reformistischen Suche nach Lösungen im bestehenden System. Es würde unseren Rahmen sprengen sich hier an der EU zu verausgaben, aber so viel sei gesagt: Die EU ist eine imperialistische Vereinigung, die sich aufgrund der Notwendigkeit (aus Kapitalsicht) gegründet hat anderen Imperialisten wie der USA im weltweiten Konkurrenzkampf etwas entgegenzusetzten. Gleichzeitig dominieren die stärksten Kapitale der EU (vor allem Deutschland) im innereuropäischen Konkurrenzkampf und nutzen die EU um diese Rolle zu behalten. Dementsprechend sind die Institutionen der EU ausgerichtet und abgesehen vom relativ zahnlosen Parlament auch nicht wählbar – und damit für linke Politik gänzlich unbrauchbar. Alles was Tsipras will ist in diesen Institutionen beim Aufteilen des Kuchens dabei zu sein.

Das alles passt ins reformistische Bild von [’solid], mit welchem wir uns hier ausführlich befassen: http://www.onesolutionrevolution.de/wp-content/uploads/2011/04/Solid-Polemik_Lukas_M%C3%BCller_2014.pdf

Bevor wir weiter unten unsere Perspektive umreißen, wollen wir noch einen Blick auf die Position der „Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend“ werfen.

SDAJ & KKE

Bei der SDAJ finden wir durchaus richtige Kritiken am reformistischen SYRIZA-Programm und ihrer Politik, aber man unterstützt das Sektiertum der KKE gegenüber SYRIZA, die – ganz nebenbei bemerkt – auch nicht revolutionär, sondern nationalreformistisch-poststalinistisch ist. Auch sie weigert sich den bürgerlichen Staat zu zerschlagen. Am Ziel des Sozialismus wird zwar festgehalten, doch es fehlt an Übergangsforderungen, d.h. an konkreten Forderungen und Schritten, wie die aktuelle Protestbewegung damit verbunden werden kann. Die KKE hat keine Orientierung auf Arbeitermacht, also auf proletarische Kampf- und (Doppel)machtorgane, auch fehlt eine Perspektive der Machtergreifung. So bleibt der Sozialismus der KKE nur ein Luftschloss und die Praxis reformistisch. Interessant ist auch, dass die KKE zwar eine Regierung mit SYRIZA ablehnt, aber vor Jahren eine Koalition mit der konservativen ND einging.

Zur Verweigerung der KKE sagt die SDAJ: Die Weigerung der KKE, sich an einer Regierung Tsipras zu beteiligen, ist daher kein blindes Sektierertum, sondern lediglich die Weigerung, die eigenen Prinzipien und Interessen der griechischen Werktätigen zu verraten.5

Nachdem die KKE selbst keine revolutionäre, sondern eine reformistisch Partei ist, gibt es für Revolutionär_Innen keinen Grund, warum sie keine gemeinsame Regierung mit SYRIZA bilden sollte.

Eine Regierung aus KKE und SYRIZA könnte wesentlich schlagkräftiger zugunsten der griechischen Arbeiter_Innen und die KKE könnte, da wo sie fortschrittlichere Positionen hat, Druck auf SYRIZA ausüben („getreu der eigenen Prinzipien“), vor allem jetzt nach der Kapitulation SYRIZA’s.

Doch selbst wenn sie keine gemeinsame Regierung bilden würde, so bleibt die Frage, wie sie sich gegenüber einer Alleinregierung von SYRIZA verhalten würde. Auch eine solche Unterstützung verweigert die KKE kategorisch – womit sie es Tsipras erleichterte, eine Koalition mit ANEL als „unvermeidlich“ zu verkaufen.

Die SDAJ und die KKE geben ja bekanntlich an, sich auf Lenin zu beziehen, aber dieser würde die KKE-Politik als „linken Radikalismus“ kritisieren. Die KKE betreibt mit ihrer sektiererischen Politik Selbstisolation, denn trotz der verlogenen (und sicher gut verschleierten) Politik von Tsipras und Varoufakis hat sie in Umfragen an Zuspruch verloren.

Zudem sei daran erinnert, dass in Griechenland mit der Chrysi Avgi durchaus eine faschistische Gefahr besteht und dieser mit einer Einheitsfront der organisierten Arbeiter_Innenklasse geschlagen werden kann. Die KKE lehnt das vehement bis hin zur kleinsten gemeinsamen Mobilisierung ab. Die KKE, bzw. die SDAJ haben bei der Bekämpfung des Faschismus offenbar nichts aus der Politik der KPD gegenüber der SPD beim Aufstieg des Faschismus gelernt.

Wie weiter?

Es bleibt die Frage, wie nun das SYRIZA-Abkommen mit dem EU-Kapital verhindert werden kann. Hier sind der linke Flügel von SYRIZA, als auch die KKE und die antikapitalistische Linke wie ANTARSYA oder die Anarchist_Innen gefragt. Es liegt bei ihnen die Politik SYRIZA’s zu kritisieren und in einer Einheitsfront die unzufriedenen Wähler_Innen gegen das Abkommen zu mobilisieren – z.B. durch Streiks und Demonstrationen. Weiter gilt es Basiskomitees aufzubauen, die Aktionen beschließen und Druck auf die Regierung ausüben. Revolutionä_Innen müssen in diesen Kämpfen intervenieren und die Frage eines revolutionären Programms aufwerfen, es verbreiten und versuchen die Unzufriedenen zu gewinnen.

Wir laden [’solid], SDAJ und auch alle anderen Interessierten ein mit uns über die griechische Frage zu diskutieren und gemeinsame Aktionen zur Unterstützung der griechischen Arbeiter_Innen und Jugendlichen durchzuführen.

Für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa!

Ein Artikel von Lars Filder, REVOLUTION Fulda

1Siehe: http://www.linksjugend-solid.de/hoffnung-fuer-griechenland-nach-dem-sieg-von-syriza-gedanken-vom-bundessprecherinnenrat-der-linksjugend-solid/
2Vergleiche:
http://www.linksjugend-solid.de/fragen-und-antworten-zur-aktuellen-lage-in-griechenland/
3Siehe: Ebenda
4http://www.linksjugend-solid.de/we-stand-with-syriza/
5http://www.sdaj-netz.de/blog/2015/01/zur-wahl-in-griechenland-zwei-wege/




Grundlagen des Marxismus: Die Einheitsfront – Getrennt marschieren, vereint schlagen!

Eine der grundlegenden kommunistischen Taktiken ist die Einheitsfrontpolitik. Eine Einheitsfront ist eine ganz bestimmte Bündnisform, die eine proletarische Organisation mit einer anderen proletarischen Organisation, sprich Organisationen, welche sich auf die Arbeiter_Innenklasse als Basis stützen, eingeht.

Die Einheitsfront hat aus Sicht von Revolutionär_Innen als Ziel die größtmögliche Aktionseinheit des Proletariats gegen einen gemeinsamen Feind zu schaffen und außerdem den reformistischen und sozialdemokratischen Arbeiter_Innen die Augen für die Schwäche und den Verrat ihrer Führungen zu öffnen, ohne sich von ihnen zu isolieren.

Damit das funktioniert gibt es einige Bedingungen:

(1) Die Einheitsfront ist ein befristetes Abkommen und wird zu bestimmten Zeitpunkten aufgekündigt.
(2) Die Einheitsfront besteht aus Abmachungen zur gemeinsamen praktischen Aktion nicht aus politischen Kompromissen. Es kann sich aber auf gemeinsame Forderungen verständigt werden, sofern sie von allen an der Einheitsfront Beteiligten ohne eine faule Kompromissaushandlung getragen werden kann.
(3) Die revolutionären Kräfte dürfen sich ihren Bundesgenoss_Innen nicht unterordnen und müssen sie zu jeder Zeit scharf kritisieren.
(4) Die Einheitsfront wird bewusst ausgerufen, es ist keine Einheitsfront wenn z.B. REVOLUTION und Jusos zufällig an der selben Demonstration teilnehmen.

Die Einheitsfront kann auch Organisationen von national, sexuell, sozial oder rassistisch Unterdrückten Menschen beinhalten, auch wenn diese sich nicht unbedingt auf das Proletariat stützen oder diesem angehören. Wie bereits erwähnt wollen Revolutionär_Innen die Einheitsfront nicht ohne „Hintergedanken“, ihr Ziel ist die Gelegenheit beim Schopfe zu greifen und anderen Arbeiter_Innen zu zeigen, dass die kommunistische Organisation aktiv und entschlossen in den ersten Reihen des Widerstandes z.B. gegen den Faschismus steht. Sehen die Arbeiter_Innen wie ihre eigene reformistische Führung, sei es die Führung von sozialdemokratischen Parteien oder Gewerkschaftsbürokratien, sich hinter leeren Parolen duckt, während die Kommunist_Innen konkrete Forderungen formulieren und diese auch konsequent verfolgen, wird die kommunistische Organisation bald ihre erste Anlaufstelle sein. Davon abgesehen ist die Einheitsfront die gefährlichste Waffe des Proletariats, da sie zur größtmöglichen Klasseneinheit führen soll und somit Hunderttausende bis Millionen von Arbeiter_Innen sammelt und den effektiven Kampf gegen Faschismus, Diktaturen, imperialistische Kriege und andere Formen den Unterdrückung ermöglicht.

Ein fiktives Beispiel für die Einheitsfront

In Deutschland droht eine faschistische Diktatur! Die Kommunist_Innen wenden sich mit einem einfachen Aufruf an die Mitglieder_Innen der SPD, der LINKEN und der Gewerkschaften: „Lasst uns in jedem Betrieb, in jeder Stadt und jedem Dorf Ausschüsse zur Verteidigung gegen die Faschisten aufbauen. Lasst uns gemeinsam schlagkräftige Kampftruppen aufstellen um unsere Viertel, unsere Parteibüros, unsere Druckereien, etc. zu schützen!“

Durch einen solchen Aufruf kann sich eine revolutionäre Partei Oberwasser gegenüber einer reformistischen Führung erarbeiten. Denn falls z.B. die Führung der SPD auf einen solchen Vorschlag nicht eingeht, so werden die Mitglieder_Innen sich fragen: „Will unsere Führung nicht, dass wir uns und unsere Familien, Freunde und Nachbarn gegen die faschistische Gefahr verteidigen?!“ Wird die Unzufriedenheit der Basis zu groß kann die reformistische Führung später doch einlenken, zeitgleich aber versuchen ihre Basis wieder auf Kurs zu bringen und z.B. versuchen das Bilden von Räten, Ausschüssen und Komitees zu verhindern, oder militante Aktionen zu vermeiden. Da es unvermeidlich zu einer dieser Möglichkeiten kommen wird, können die Kommunist_Innen sich schließlich an die Basis des Reformismus richten: “Seht ihr, dass Eure Führung keinen ernsthaften Kampf gegen den Faschismus führen will? Ihr habt allen Grund ihr Euer Vertrauen zu entziehen. Kommt mit uns Kommunist_Innen, wir haben den Kampf ernst genommen, wir wollen ihn mit Euch zusammen führen!“

Volksfront

Die Volksfront ist ein gutes Beispiel dafür wie die stalinistische Internationale zwischen Ultralinkstum und Opportunismus schwankte. Entstanden ist die Volksfrontpolitik nach der Niederlage der sektiererischen KPD gegen den Faschismus in Deutschland und der Formierung einer Einheitsfront von unten zwischen der „sozialistischen“ Partei und der KP in Frankreich gegen den Willen beider Führungen – etwas, das beide bürokratischen Führungen zur Erhaltung ihrer eigenen Stellung verhindern wollten.

In einer Volksfront sind bürgerliche Elemente enthalten und dominant, Beispiel Spanien, 1936:

Die „Frente Popular“ (span. für „Volksfront“) wurde 1936 als Wahlbündnis gegen die Faschisten in Spanien gegründet und umfasste die bürgerlich-demokratischen Parteien „Izquierda Republicana“ und „Unión Republicana sowie die sozialdemokratische Partei, die Gewerkschaft UGT, die spanische kommunistische Partei(PCE) und die anarchistische CNT.

Obwohl es seit 1934 Generalstreiks und bewaffnete Aufstände gab und Milizen und Räte gebildet wurden, blieb das Programm der „Frente Popular“ im Rahmen des bürgerlichen Staates, und die Regierungen bestand aus bürgerlichen Ministern. Als die faschistischen Offiziere ihren blutigen Putsch begannen, weigerte die Volksfrontregierung sich die Arbeiter_Innen zu bewaffnen.

Die Volksfront führt also zur Unterordnung der kommunistischen Kräfte unter eine bürgerliche Hegemonie, schwächt die Aktion gegen den Faschismus und wird zum Hindernis für die proletarische Machtergreifung.

Rote Einheitsfront

Die rote Einheitsfront bezeichnet eine Einheitsfront unter kommunistischer Führung. Das hört sich erst einmal erstrebenswert an, offenbart sich aber als ultralinke Falle. Es ist unbedingt wichtig die Führung einer reformistischen Organisation in eine Einheitsfront miteinzubeziehen. Andernfalls werden sich nur die Arbeiter_Innen, die ohnehin bereit sind eine kommunistische Führung zu akzeptieren in die Einheitsfront einreihen.

Es ist wichtig, eine Einheitsfront auf eine Art und Weise zu bilden, die die Arbeiter_Innen der reformistischen Organisationen nicht vor einem gemeinsamen Kampf abschreckt. Das Brechen mit der Sozialdemokratie zur Vorbedingung eines gemeinsamen Kampfes zu machen, ist ein historischer Fehler der sektiererischen Thälmann-KPD gegenüber den sozialdemokratischen Arbeiter_Innen beim Aufstieg des Hitlerfaschismus gewesen und brachte es zu keiner Klasseneinheit, geschweige denn einem Brechen der Arbeiter_Innen mit der Sozialdemokratie.

Trotzki stellte damals klar:„Arbeiter-Kommunisten, Ihr seid Hunderttausende, Millionen; Ihr könnt nirgendwohin wegfahren, für Euch gibt es nicht Reisepässe genug. Wenn der Faschismus an die Macht kommt, wird er wie ein furchtbarer Tank über Eure Schädel und Wirbelsäulen hinwegrollen. Rettung liegt nur in unbarmherzigem Kampf. Und Sieg kann nur das Kampfbündnis mit den sozialdemokratischen Arbeitern bringen. Eilt, Arbeiter-Kommunisten, Ihr habt nicht mehr viel Zeit!“

-Leo Trotzki, „Wie wird der Nationalsozialismus geschlagen?“, 1931

Die Einheitsfrontpolitik ist nichts, dass wir erst anwenden, wenn bereits eine große faschsitische Gefahr besteht, sondern schon heute: Gegen PEGIDA, HogeSa und wie immer die nächste rassistische Mobilisierung heißen wird, erheben wir von REVOLUTION die Forderung nach der Einheitsfront von antirassistischen Ultras, Linken, Unterdrückten, Arbeiter_Innen und damit eine von revolutionären und reformistischen Organisationen, Gewerkschaften und Parteien mit Bezug zur Arbeiter_Innenklasse! Auch gegen rassistische Bewegungen ist die Einheitsfront ein schlagkräftiges Mittel!

Ein Artikel von Flo Wasser, REVOLUTION Zülpich




8. März: Frauenkampftag vs. “Frauentag”

Frauenkampftag 2015. Nur das Wort „Kampf“ ist dabei abhanden gekommen. „Frauentag“, ein Tag wie auch der „Tag des Rudersports“ oder der „Tag des Cholesterins“. Anstatt sich auf die militanten Aktionen der Vergangenheit zu beziehen, wird der Tag zumeist nur noch genutzt, um Luftballons zu verteilen.

SPD, Linkspartei und Gewerkschaften dürfen sich zu diesem Anlass alle selbst auf die Schulter klopfen und sich für die „Gleichberechtigung der Frau“ feiern. Routinemäßig werden einige Reförmchen angekündigt, die im Schneckentempo zur Frauenbefreiung führen sollen. Der kämpferischere Teil von ihnen darf bei dieser Gelegenheit dann auch einmal im Jahr eine Rede über gleiche Bedingungen am Arbeitsplatz halten.

Doch wer hofft, danach den Kampf z.B. gegen die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern, sexistische Rollenbilder und Fremdbestimmung über den eigenen Körper aufnehmen zu können, wird enttäuscht. Es bleibt bei alljährlichen Infoveranstaltungen.

Sozialistische Frauenbewegung

Doch das war nicht immer so! 1910 beschloss die II. Sozialistische Frauenkonferenz die Durchführung eines internationalen Frauenkampftages – und brachte weltweit Millionen auf die Straße.

Als Tag wurde der 8. März ausgewählt, da 1908 an diesem Tag 149 Näherinnen bei einer Fabrikbesetzung ums Leben kamen. Diesem Vorfall folgte eine Welle von Streiks und Protesten. Dabei wurde u.a. das Wahlrecht für Frauen, der 8-Stunden-Tag, Mutterschutz, mehr Lohn bzw. gleicher Lohn für gleiche Arbeit, legaler Schwangerschaftsabbruch, Verbot der Kinderarbeit und Gleichstellung von Frau und Mann in allen Lebensbereichen gefordert.

Dass der Begriff „Kampf“ damals noch nicht vergessen war, zeigten u.a. die Frauen in Petrograd, die mit ihrem Streik für mehr Lohn und gegen den Krieg die Februarrevolution 1917 auslösten und zum Sturz des Zarismus beitrugen.

Damals war der Mehrheit der proletarischen Frauenbewegung bewusst, dass Kapitalismus die Überausbeutung und Unterdrückung der Frauen benötigt – einerseits, um ihre Profite zu maximieren, andererseits um durch die Trennlinie zwischen Frau und Mann die Spaltung der Arbeiterklasse zu fördern.

1933-45 war der Internationale Frauentag verboten und durch den Muttertag ersetzt, um das reaktionäre Frauenbild des Faschismus zu unterstreichen.

1946 wurde dann der 8. März in der späteren DDR wieder eingeführt. Aber er wurde von oben diktiert, verlor seinen eigentlichen kämperischen und internationalen Charakter und wurde weitgehend zu einem bürokratischen Ritual.

Der sozialdemokratische Reformismus erfüllte im Westen eine ähnliche Funktion. Der 8. März wurde erst in den 1970er Jahren von linken Organisationen, sozialistischen und radikalen Feministinnen wieder belebt. Heute ist er in Deutschland eine Mischung aus Saalveranstaltungen und gelegentlichen Demonstrationen, die oft von reformistischen oder links-kleinbürgerlichen Feministinnen und Frauenrechtlerinnen politisch dominiert werden. Mit Klassenkampf und den dringenden Anliegen der großen Mehrheit der lohnabhängigen Frauen hat er wenig zu tun.

Doch nicht überall auf der Welt ist der 8. März so entpolitisiert. In der Türkei, im Iran, in Indien oder Bangladesch gehen jährlich zehntausende Frauen auf die Straße, um gegen Unterdrückung und Repression zu kämpfen.

Wir als revolutionäre kommunistische Organisation unterstützen alle fortschrittlichen und emanzipatorischen Kämpfe von Frauen weltweit – nicht nur am 8. März. Besonders, weil uns bewusst ist, dass ein wirklicher Kampf für Gleichberechtigung, wie wir ihn zur Zeit in Rojava bei den kurdischen Frauenorganisationen sehen können, nicht mit dem Kapitalismus vereinbar ist. Frauenbefreiung heißt, die Ketten des Kapitals zu sprengen!

Wir bleiben daher beim alten revolutionären Motto : „Keine Frauenbefreiung ohne Sozialismus, kein Sozialismus ohne Frauenbefreiung!“

Heraus zum Frauenkampftag 2015!

Ein Artikel von Svea Hualidu, REVOLUTION Berlin




Was ist Sexismus?

Gegen Sexismus kämpfen? Das scheint für die Mehrheit der Linken selbstverständlich. Von AntiimperialistInnen über Antideutschen bis hin zu einigen Bürgerlichen ist man sich einig: Dagegen gilt es vorzugehen. Doch wie sieht ein effektiver Kampf gegen Sexismus aus?

An dieser Stelle scheiden sich die Geister. Für die einen wird das Problem gelöst, indem einfach überall Frauenquoten eingeführt werden, für die anderen reicht es, oben ohne zu protestieren und Männern die Schuld zuzuweisen. Doch um einen effektiven Kampf gegen Sexismus zu führen, bedarf es einer konkreten Analyse, die uns die Wurzel der Unterdrückung aufzeigt.

Wie zeigt sich Sexismus?

Sexismus hat viele Gesichter und Facetten. Halbnackte Frauen in der Werbung, dumpfe Stereotype der Hausfrau, Karrierefrau oder der dummen “Schlampe”, die sich nur um ihr Aussehen kümmert. Street Harassement (sprich Belästigung auf der Straße), das mit unangebrachten Kommentaren oder starrenden Blicken beginnt und bis hin zu physischen Übergriffen geht. Unrealistische Schönheitsideale, die durch die Medien vermittelt werden, jegliche Vielfalt des menschlichen Körpers ausradieren und dafür sorgen, dass sich eine Frau unwohl im eigenen Körper fühlt und an ihm zweifelt, wenn sie in ein paar Punkten nicht mit dem präsentierten Ideal übereinstimmt. Nebensächliche Behandlung von der Rolle der Frau in der Geschichte, angefangen bei der Bibel und der Annahme, dass der alles erschaffende Gott als männliche Figur präsentiert wird bis hin zu unserem Geschichtsunterricht, in dem ausschließlich Männer Jäger sind und die Rolle von Wissenschaftlerinnen unter den Tisch fallen gelassen werden. Bedeutene Politikerinnen oder gar Revolutionärinnen werden per se nicht erwähnt. Und leider könnte man die Liste könnte ewig im Detail weiterführen, denn frauenfeindliche Witze, dumme Sprüche, körperliche Übergriffe sind salonfähig in unserer Gesellschaft — das ist die traurige Realität.

Allerdings gilt es herauszustellen, dass eine institutionelle, strukturelle Benachteiligung der Frau existiert. Durchschnittlich verdienen Frauen in Deutschland ca. 25% weniger. Zum einen liegt das an dem Punkt, dass sie eher im Pflegebereich zu finden sind, der sowieso unterbezahlt ist. Zum anderen werden sie aber auch für gleiche Arbeit wesentlich schlechter bezahlt.

Frauen in Führungspositionen? Kaum zu finden. Durchschnittlich machen Frauen 29% aus. Und das obwohl in Ländern wie Deutschland, wesentlich mehr Frauen einen gymnasialen und Hochschulabschluss erworben haben als Männer und zur Universität gehen.

Auch die rückschrittliche Gesetzgebung in Bezug auf körperliche und sexuelle Selbstbestimmung ist wichtig zu erwähnen. Laut §177 Strafgesetzbuch liegt nur dann eine Vergewaltigung vor, die dann strafrechtlich verfolgbar ist, wenn keine Fluchtmöglichkeit besteht und wenn sich die Frau körperlich gegen den Täter währt. Tatsache ist aber, dass die meisten Vergewaltigungen nicht so ablaufen, dass eine Frau auf dunkler Straße weggeschnappt und in einen Wald gezerrt wird. Auch die unzureichende medizinische Versorgung in Bezug auf kostenpflichtige Verhütung und Abtreibungen sind Teil dieser Benachteiligung. Alle diese Tatsachen verweisen darauf, dass dem Sexismus zu eine strukturellen Unterdrückung zugrunde liegt, die sich in einer Benachteiligung auf materieller und institutioneller Ebene wiederfindet.

Wichtig ist es außerdem zu betonen, dass zwar alle Frauen von Sexismus betroffen sind, aber im unterschiedlichen Maße. Women of Colour (das heißt alle nicht-weißen Frauen) sind in stärkerem Maße von sexuellen Übergriffen und Arbeitslosigkeit betroffen, genauso wie trans und queere Frauen. (Eine trans Frau zu sein, schließt außerdem nicht aus lesbisch, bi- oder asexuel zu sein.) Sie verdienen im Schnitt weniger und sind öfter Ziel gewalttätiger Übergriffe.

Natürlich macht es auch die Klassenzugehörigkeit einen entscheidenen Unterschied aus. Eine doppelte Last in Beruf und Hausarbeit existiert nur für die arbeitenden Frauen – nicht für jene aus der herrschenden Klasse, die von der Ausbeutung anderen (inklusive anderer Frauen) leben.

Sexismus und Männer

Männer und Sexismus, was heißt das überhaupt? Wenn es darum geht, dass Jungs in der Schule schlechter sind oder öfter negative Verhaltensauffälligketen aufweisen, fällt das Wort zuhauf. In bürgerlichen Medien wird oft das Bild vermittelt, dass Sexismus etwas ist, das in beide Richtungen geht.

Ja, durch die Verankerung der Stereotype und der Darstellung der Frau als schwaches Geschlecht, haben auch Männer mit ihrem Rollenbild  zu kämpfen. “Du bist ein schwacher Mann, wenn du Gefühle zeigst” oder “Sei keine Pussy!” sind nur ein paar Beispiele dafür. Fällt man aus dem Stereotyp und hat andere Interessen als Sport, Musik (aber wenn du ein Instrument spielst, dann bitte ein richtig männliches. Nicht Harfe oder so’n Quark) oder keinen Bock auf den Kräftemessen hat, kann es schnell passieren, dass man als Weichei oder homosexuell abgestempelt hat. Dies ist jedoch kein Ausdruck sexistischer Unterdrückung oder gar von Sexismus, sondern der Unterdrückung des Individuums durch bürgerliche Normen.

Woher kommt denn nun Sexismus? Wie oben schon geschrieben: Möchte man einen effektiven Kampf gegen Sexismus führen, bedarf es einer Analyse, die nicht nur seine Folgen zeigt, sondern auch seine Ursachen kennt. In seinem Werk “Die Geschichte der Familie, des Privateigentums und des Staates’’ stellt Friedrich Engels mithilfe des historischen Materialismus Thesen zum Ursprung der  Frauenunterdrückung auf.  Mit der Entstehung des Privateigentums und der Klassengesellschaft beginnt auch die Unterdrückung von Frauen. Hier wird nun ein sehr kurzer Abriss von den wichtigsten Punkten in der Geschichte der Frauenunterdrückung gegeben.

Urkommunismus

In den früheren Gesellschaften existierte eine Art “Urkommunismus”. In diesem waren Frauen gleichgestellt, es gab keine systematisch diskriminierenden Geschlechterrollen und eine rollenpluralistische Arbeitsteilung, Vielweiberei und statt einer Familie eine Art Verwandschaftsgruppe, die ihren Besitz kollektiv verwalteten. Zudem wurde Subsistenzwirtschaft betrieben. Das heißt kurz gefasst: Arbeit wurde nicht nach dem Motto ‘’Frauen gehen sammeln und Männer jagen’’ getrennt, sondern nach jung und alt, sowie dem Können.

Jungsteinzeit

Nun ein kleiner Zeitsprung. Wenn wir uns an den Geschichtsuntericht zurück erinnern, gab’s dann auch irgendwann mal Menschen, die nicht nur gejagt und gesammelt haben, sondern Feldanbau/Ackerbau und Viehzucht betrieben und Werkzeuge entwickelten. Hier waren die notwendigen Arbeiten meistens geschlechtsunabhängig verteilt bzw. gab es keine Trennung von Produktion (Herstellung von Waren) und Reproduktion (Wiederherstellung der Arbeitskraft, Erziehung, Pflege).

Entwicklung der Klassengesellschaften

Dies ändert sich mit dem entstehenden privaten Grundbesitzes an Grund und Boden, welcher in den sesshaften Formationen sich durchsetzte. Hier gab es patriarchale und matriarchale Vererbungslinien, wovon die patriarchale die dominante Struktur wurde.

Diese Besitzstruktur veränderte grundlegend die sozialen Bindungen und ist eine Vorstufe der weiter später entstehenden bürgerlichen Familie, welche ihren Besitz auf ihrer Linie weitervererbt und damit monogame Bindungen entwickelt und verstetigt. Mit der Enstehung der Klassengesellschaft, sprich in der Antike, verfestigte sich auch die monogame Ehe (für die Frau). Durch den Wegfall von Clans/Verwandschaftsgruppen, kam dann die Privatisierung der Hausarbeit in der individuellen Familieneinheit hinzu. Nach deren Niedergang herrschte der Feudalismus in Europa. Hier wurde die monogame Ehe besonders durch die Ideologie des Christentums gefestigt.

Kapitalismus – Feste Trennung von Produktion und Reproduktionsarbeit

Und weil’s so schön ist: Nochmal ein Zeitsprung. Zur Zeit der industriellen Revolution wird uns beantwortet wie es zur festen Trennung von Produktion und Reproduktionsarbeit kam.

Der Haushalt hörte auf, die grundlegende Produktionseinheit zu sein. Man produzierte nicht mehr für sich selber, sondern arbeitete nur noch in kapitalistischen Fabriken und Landwirtschaftsbetrieben. Die Familie blieb erhalten, um Arbeitskraft zu reproduzieren. Um das zu erfüllen, mussten Frauen zuächst neben der Reproduktionsarbeit dezentral organisierte Heimarbeit (weben, nähen etc.) verrichten. Im Zuge der Entwicklung und Rationalisierung der Produktivkräfte wurden sie Schritt für Schritt in den Produktionsprozess integriert. Die Einführung von Maschinen in der Industrieproduktion erlaubte es allen Teilen der ArbeiterInnenklasse – egal welchen Geschlechts oder Alters – im Produktionsprozess nützlich zu sein. Zum einen, um die Löhne der Arbeiter zu drücken, da der Kapitalismus es schon damals als selbstverständlich ansah Frauen schlechter zu bezahlen und zum anderen um dem wachsenden Maß an gesellschaftlicher Arbeit gerecht zu werden. In dieser Zeit wurde kein Ausgleich zur Last der Reproduktionsarbeit geschaffen (doppelte Belastung), und auch heute scheint es selbstverständlich das häusliche Arbeit von Frauen neben ihrem Job getragen werden, oder dass Frauen nach der Geburt eines Kindes erstmal mit dessen Erziehung im Rahmen eine Mutterschaftsurlaubs beschäftigt werden. Allerdings konnte die Familie ihren ursprünglichen Zweck nicht erfüllen, da alle ihre Mitglieder gezwungen waren zu arbeiten. In Zuge von Reformen wurden dann Arbeitsschutzgesetze erlassen. Einschränkung der Arbeitszeit -besonders für Frauen und Kinder. Dies bedeutete,
dass die bereits existierende Trennung zwischen Hausarbeit und gesellschaftlicher Produktion verschärft und die Unterdrückung der Frauen dadurch verstärkt wurde.

Was ist der Unterschied unserer Position zum bürgerlichen Feminismus?

Bürgerlicher Feminismus, was ist das überhaupt? Alice Schwarzer und ihre Kolleginnen von der EMMA sind neben Femen ganz oben in der Rangliste der bürgerlichen Feminst_innen. Durch ihre Analyse vom Sexismus, von der man behaupten könnte, dass sie fast gar nicht existiert, kommen sie zu zahlreichen zweifelhaften Aussagen. Selbstbestimmungsrecht von SexarbeiterInnen? Ist Ihnen eine anscheinend fremde Sache.  Menschenhandel und Zwangsprostitution lösen sie lieber mit Verboten anstatt mit offenen Grenzen. Und nicht nur, dass sie die sexuelle Selbstbestimmung mit Füßen treten, nein, in vielen Artikeln äußern sie sich auch konkret rassistisch gegen den Islam, indem sie sagen, dass dieser per se und qualitativ anders als die christlichen Religionen Frauen unterdrückt.

Und was ist eigentlich mit dem Pop-Punk-Glitterfeminismus, der auf Twitter und Tumblr ausgelebt wird? Sich mit seinen eigenen Gefühlen in Bezug auf die erlebte Unterdrückung zu beschäftigen, ist als positiv zu betrachten. Allerdings fehlt in Magazinen wie dem Missy Magazin oft eine revolutionäre Perspektive, sowie brauchbare Analyse der Umstände. Denn Worte formen leider nicht die Realität, sondern die ökonomische Basis der Gesellschaft.

Wir abstrahieren die Unterdrückung der Frau nicht von der Unterdrückung des Proletariats im Zuge der Spaltung der Arbeiter_innenbewegung. Daraus lässt sich unsere Kampfform gegen Sexismus ableiten. Der proletarische Antisexismus, in dem wir uns nicht zur Aufgabe machen Unterdrückung über abgehobene Aktionen und Theorien zu bekämpfen, sondern indem wir in eigenen Frauengremien und gesonderten Treffen (Caucus) Probleme sexistischer Unterdrückung thematisieren, Propaganda zum Thema Sexismus erstellen und uns an konkreten Frauenkämpfen in Form von Kampagnen beteiligen.

Wie gehen wir mit Sexismus in der eigenen Organisation um?

Anders als andere Gruppen, beanspruchen wir nicht, dass wir frei von Sexismus sind -weil wir das noch nicht sein können. Wir sind in einer Gesellschaft groß geworden, die uns sexistisch geprägt hat. Das heißt allerdings nicht, dass wir uns damit ‘n Freifahrtschein in die Tasche stecken und mit der Frauenbefreiung warten bis der Sozialismus kommt. Das mag vielleicht die Taktik von Anderen sein, aber für uns gilt das Motto: Kein Sozialismus ohne Frauenbefreiung, keine Frauenbefreiung ohne Sozialismus!

Was das für uns konkret heißt? Sich mit den Problematiken, denen Frauen in unserer Gesellschaft ausgesetzt sind, zu beschäftigen und einen Raum frei von abfälligen Kommentaren und Belästigung zu schaffen um ein solidarisches Verhältnis zwischen allen Mitgliedern unserer Organisation zu gewährleisten. Auch quotierte Redner_innenlisten gehören dazu, sowie die absolute Parteilichkeit im Falle einer Vergewaltigung innerhalb der Organisation.

Ein Artikel von Katherina Singh, REVOLUTION Berlin




Blockupy: Welchen Antikapitalismus brauchen wir?

Am 18. März soll es soweit sein: Nach mehrmaligen Verzögerungen wird in Frankfurt/M. der neue Sitz der Europäischen Zentralbank (EZB) eingeweiht.

Die EZB ist Teil der „Troika“ – bestehend aus EZB, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Kommission -, die für das EU-Spardiktat verantwortlich ist, welches in Ländern wie Spanien oder Griechenland einen drastischen Sparkurs auf dem Rücken der Bevölkerung durchsetzt. Innerhalb der Troika spielt die deutsche Regierung eine zentrale Rolle.

Von den „Rettungsmaßnahmen“ haben die Menschen in Südeuropa freilich kaum etwas. Im Gegenteil: etwa 90% der „Hilfsgelder“ zahlt Griechenland zur Begleichung seiner Schulden direkt an die Banken und Gläubiger. So werden eben jene Banken, die mit ihren Spekulationen die Krise 2008 auslösten, durch die Krise noch reicher. Gerettet werden also nicht die „faulen Griechen“, wie uns Merkel, Schäuble und die Medien einreden wollen, sondern v.a. das Großkapital in Deutschland, das auch von der Privatisierung öffentlichen Eigentums und dem Ausschalten von europäischer Konkurrenz profitiert und auf die Eurozone angewiesen ist. Wenn die deutsche Bourgeoisie nichts von dieser Politik hätte, würden sie diese wohl kaum durchführen.

Gegen diese Politik regte sich schon sehr bald Widerstand, auch in der Linken. Eine dieser Widerstandsbewegungen trat 2012 erstmals in Aktion: Blockupy. Wir wollen diese Bewegung in diesem Text einer Kritik unterziehen und unsere Antworten auf die Krise darstellen.

Blockupy und der Kapitalismus

Nach eigener Aussage ist Blockupy ein Bündnis u.a. aus der Interventionistischen Linken (IL), attac, Occupy Frankfurt, Gewerkschaften, Jugend- und Studierendenverbünden, dem Erwerbslosen-Forum Deutschland, der Linkspartei, dem Netzwerk Friedenskooperative und dem Bündnis „Ums Ganze”.

Was hat dieses Bündnis inhaltlich zu bieten? Hierzu wollen wir exemplarisch den Aufruf zu den Aktionen gegen die EZB betrachten.

Neben einer Beschreibung des EU-Krisenregimes, der EZB-Politik, ihren Folgen und der Ablehnung dieser Politik findet sich dort u.a. dieser Satz: „Sie repräsentieren uns nicht, ja sie wollen uns gar nicht mehr repräsentieren! Die herrschenden Eliten haben uns nichts mehr anzubieten.“ (https://blockupy.org/18m/aufruf)

Hier fehlt eine Analyse der Klassengegensätze und der Klasseninteressen. Eine solche würde schnell feststellen, dass die Politik der Herrschenden nie etwas mit „Repräsentation“ oder sozialer Verantwortung zu tun hat, sondern den System- und Profitzwängen des Kapitalismus folgt. Die herrschenden Eliten „haben uns nichts mehr anzubieten“ – und sie hatten uns noch nie etwas anzubieten. Der Aufruf sagt im Grunde indirekt, dass Blockupy eigentlich froh wäre, wenn die Eliten ihm etwas anzubieten hätten, wenn sie in Dialog treten würden. Das ist zwar unrealistisch, verweist aber darauf, dass Blockupy – so wie auch die LINKE oder die Gewerkschaftsbürokratie –  doch als Verhandlungspartner gern mit am kapitalen Tisch sitzen will. Statt Kampf und Sieg gegen den Klassengegner hofft man auf einige Krümel. Wie elend für eine Szene, die sich zum großen Teil gern super radikal gibt!

Dass diese Elite „uns“ manchmal etwas anzubieten hatte, lag u.a. daran, dass ihre Lage sehr prekär war, wie nach dem Zweiten Weltkrieg, oder die Arbeiter_Innenbewegung ihr im Kampf etwas abgerungen hatte. Zugleich wurde dieses „Anbieten“ auch durch die imperialistische Überausbeutung der „Dritten Welt“ möglich.

Im Blockupy-Aufruf wird die gefährliche, für den Reformismus typische Illusion erzeugt, dass der Kapitalismus und seine Probleme innerhalb des Systems zu bändigen seien. In dem Zusammenhang werden dann auch die üblichen Illusionen in mehr oder „wahre Demokratie“ im Kapitalismus oder gar „Demokratie ohne Kapitalismus“ geschürt. Auch hier wird weder berücksichtigt, dass jede Demokratie nur eine betrügerische, die realen Machtstrukturen verschleiernde Herrschaftsform in der Klassengesellschaft ist, noch wird etwas darüber gesagt, wie die soziale Basis, wie die Struktur, wie die Funktionsweise einer Demokratie jenseits des Kapitalismus – wir würden dazu „Arbeiter-Räte-Demokratie“ sagen – aussehen würde. Doch hier handelt es sich nicht nur um nichtssagende Sprechblasen, dahinter verbirgt sich eine durch und durch reformistische Praxis. Der Aufruf lässt komplett offen, wie selbst die bescheidenen Ziele von Blockupy erreicht werden sollen. In der  Praxis bedeutet das dann immer, sich der Politik, den Zielen und Methoden der reformistischen Großorganisationen Linkspartei oder DGB weitgehend unkritisch anzupassen. Und die wissen recht gut, wie man die Massen betrügen und deren Kämpfe in für das System ungefährliche Bahnen leiten kann.

Blockupy: perspektivlos und rein symbolisch

Das Motto der ersten Blockupy-Aktionstage 2012 „besetzen, blockieren, demonstrieren“ ließ auf effektive politische Aktionen hoffen. Mittlerweile heißt es: „talk, dance, act“ (Blockupy-Aufruf vom November 2014) oder „let’s take over the party“ (Blockupy-Aufruf März 2015) – die „Kreativität” ist offenbar wichtiger als ein konkreter politischer Inhalt. Bei solchen Gegnern kann sich das Kapital die Kabarett-Karten sparen.

Die jüngsten Mottos von Blockupy zeigen, dass die Bewegung – genauer: deren Führungen – nichts aus der weitgehenden Wirkungslosigkeit ihrer rein symbolischen Proteste der letzten Jahre drei gelernt haben. Auch die Tatsache, dass die Mobilisierungen von Mal zu Mal schwächer geworden sind, ist offenbar kein Grund zum Nach- oder gar zum Umdenken. Jeder konkrete Inhalt, jede konkrete Schlussfolgerung wird durch unverbindliche Phrasen ersetzt. Es gibt keine weiterführende  Perspektive – weder hinsichtlich der Mobilisierung noch hinsichtlich einer allgemeinen politischen Zielsetzung. Hier zeigen sich die fatalen Ergebnisse der total verkürzten Kapitalismuskritik und der fehlenden Programmatik, des fehlenden taktischen Verständnisses und der offensichtlichen Unkenntnis historischer Erfahrungen, die dazu führen, alte Fehler zum tausendsten Mal zu wiederholen und das auch noch als besonders „kreativ“ hinzustellen.

Dieses Dilemma wurzelt auch in einer falschen Bündnispolitik, bei welcher die radikaleren Teile des Bündnisses (IL, Ums Ganze, diverse autonome, anarchistische, kommunistische Gruppen) vor dem reformistischsten Teil (Linkspartei, attac) einknicken. Anstatt sich auf wenige, gemeinsame Forderungen und v.a. Aktionen zu verständigen, werden Inhalte verwischt und konkrete Aussagen zu Zielen und Methoden der Aktionen vermieden. Dieses opportunistische Vorgehen wird dann noch als Alternative zum – sicher auch falschen – Sektierertum innerhalb der (europäischen) Linken, z.B. bei der MLPD hier oder der KKE in Griechenland hingestellt.

Blockupy hat es 2012 und 2013 zwar geschafft, jeweils um die 20.000 auf die Straßen zu bringen und den Betrieb in Frankfurter Bankentürmen etwas zu stören, doch wirklich weh tut das weder dem Finanzkapital, noch dem Kapitalismus. Das soll es ja auch nicht unbedingt. Den Blockupy-Spitzen geht es ja auch mehr darum, ein politisches Zeichen zu setzen, ein Symbol zu kreieren, um in die Bevölkerung „auszustrahlen“. Das ist an sich richtig, nur funktioniert das so nicht. Um breitere Schichten über die Linke hinaus, v.a. die Vorhut der Arbeiter_Innenklasse, erreichen zu können, bedarf es eines völlig anderen Vorgehens. Zum einen müssen Mobilisierungsstrukturen geschaffen werden, die kontinuierlich arbeiten und die Basis ausweiten. Geschieht das nicht, muss die Bewegung jedes Mal wieder „bei Null“ beginnen. Diese Aufgabe wurde bisher von Blockupy abgelehnt. Zum anderen muss die Abwiegelungs- und Bremspolitik der reformistischen Führungen  von Linkspartei und DGB kritisiert und eine Alternative aufgezeigt werden. Auch das wird abgelehnt. Drittens muss Blockupy aktiv den Widerstand anderer Milieus aufgreifen und unterstützen, z.B. Streiks. Auch das erfolgt nicht. Somit blockiert sich Blockupy selbst. Warum? Um den Schulterschluss mit dem Reformismus nicht zu gefährden und dessen Politik nicht wirklich attackieren zu müssen. Die radikalen Phrasen vieler Blockupy-Bündnis-Gruppen ändern daran überhaupt nichts.

Was ist Antikapitalismus?

Um dem Kapitalismus wirklich weh zu tun, um den sozialen Angriffen der Banken, Konzerne und Regierungen wirklich etwas entgegenzusetzen, reichen keine Farbbeutelwürfe auf die EZB.

Dazu braucht es Aktionen, die wirklich ökonomischen Druck aufbauen, z.B. Streiks und Betriebsbesetzungen. Auf generelle Angriffe des Kapitals braucht es auch genereller Antworten der Klasse und nicht nur symbolischer Aktionen der Linken. Um die Macht des Kapitals und der Troika in Frage zu stellen, brauchte es einen europaweiten, unbefristeten Generalstreik!

Stattdessen hat Blockupy das Motto „18 03 ich nehm mir frei“, das sozusagen „indirekt“ vermitteln soll, dass wir die Arbeit für Blockupy an diesem Tag niederlegen sollen. Allerdings ist kaum anzunehmen, dass dadurch tatsächlich viele Beschäftigte einen Urlaubstag für Blockupy opfern oder gar richtig streiken. Wer glaubt, dass das so funktioniert, hat wirklich übehaupt keine Ahnung von Klassenkampf, Arbeiter_Innenklasse und Reformismus – Hauptsache es klingt radikal. Hingegen zu den  aktuellen Tarifrunden von IGM und ver.di – die es ja real und nicht nur in den Träumen von Blockupy gibt – sagt man nichts.

Für eine offensive Antwort auf die Krise ist der Aufbau einer europaweiten Einheitsfront der organisierten Arbeiter_Innenklasse notwendig. Damit meinen wir nicht inhaltsschwache, verwaschene Bündnisse wie Blockupy,
sondern eine europaweite Koordinationsstruktur von Linken, kämpfenden Milieus und der Arbeiter_Innenbewegung, die sich auf konkrete Aktionen und Forderungen verständigt. Dazu gehört auch, an die vorhandenen Organisationen – an deren Basis und an deren Führungen – zu appellieren und jede Politik offen zu kritisieren, die versucht, das zu boykottieren.  Diese Kritik an der reformistischen Politik muss damit verbunden sein, eine antikapitalistische,  revolutionäre Alternative zu vertreten und konkrete Aktionsvorschläge zu machen. Auf diese Art kann sich herausstellen, wer es ernst meint mit dem Widerstand und die Macht der Kapitalisten ernsthaft infrage stellt oder das nicht will oder nur protestieren will. So können die Massen selbst in der Praxis testen, was reformistische Politik wirklich taugt.

Die Frage einer Einheitsfront drängt sich auch angesichts des europaweiten Aufstiegs rechter und faschistischer Kräfte um so dringlicher auf. Nur in der geeinten Aktion der Arbeiter_Innen und der Jugend kann dieser Gefahr begegnet werden!

Für den Aufbau wirksamen Widerstands bleibt nicht ewig Zeit. Der Imperialismus und ist von immer härterer Konkurrenz und von immer größeren Widersprchen geprägt. Die Krise ist alles andere als vorbei und wird sich weiter verschärfen. Damit sind auch neue Angriffe auf die Lohnabhängigen vorprogrammiert. Die Ukraine-Krise, die forcierte Aufrüstung und Ausdehnung der NATO, die Interventionen des Westens in Nahost und Afrika und der Aufstieg des chinesischen Imperialismus verweisen auf eine stärkere Tendenz Richtung imperialer Neuaufteilung der Welt.

Als Forderungen für eine europaweite Einheitsfront schlagen wir vor:

• Streichung der Schulden Südeuropas! Nein zum Fiskalpakt u.a. Sparauflagenvon IWF, EZB und EU (Troika)! Offenlegung aller Verträge und Auflagen dieser Institutionen!

• Rücknahme aller Kürzungen im Öffentlichen Dienst und der Renten! Keine weiteren Privatisierungen! Fr ein öffentliches Beschäftigungsprogramm mit gesellschaftlich nützlichen Arbeiten – unter Kontrolle von Beschäftigten und lohnabhängigen Nutzer_Innen!

• Verkürzung der Arbeitszeit auf 30 Stunden pro Woche in ganz Europa – ohne Lohn- und Personalabbau! Einführung eines Mindestlohns in allen Ländern, um die Lebenshaltungskosten zu decken!

• Geschlossene Betriebe oder solche, wo Schließung, Entlassungen oder Lohnkürzungen drohen, sollen verstaatlicht und unter Arbeiter_Innenkontrolle weitergeführt werden!

• Reichen sollen zahlen! Massive Steuererhöhungen für Reiche, Kapitalisten und Spitzenverdiener!

• Entschädigungslose Enteignung aller Banken und Finanzinstitutionen! Keinen Cent für deren Krise! Zusammenfassung zu einer Zentralbank unter Arbeiterkontrolle!

Doch darüber hinaus brauchen wir v.a. eine revolutionär-sozialistische Organisation, eine Partei,  die in Kämpfe eingreift, sie koordiniert und eine Perspektive vorschlägt. Wenn z.B. die reformistischen Führer einen Kampf verraten und ausverkaufen und sich daher die Massen von den reformistischen Organisationen wegbewegen, muss es eine revolutionäre Organisation als Alternative geben.

Diese sollte ein klares revolutionäres und internationalistisches Programm haben, das eine Perspektive zum Sozialismus weist und die heutigen Tageskämpfe mittels der Übergangsmethode  mit dem Aufbau von Machtorganen der Arbeiter_Innenklasse und deren Machtergreifung verbindet.

Das Fehlen einer solchen revolutionären Massenpartei ist ein, ja das zentrale Problem der ArbeiterInnenbewegung und jedes Widerstands. Welche Perspektive hätte z.B. der Arabische Frühling mit einer solchen Kraft gehabt?!

Deshalb treten wir von der Jugendorganisation REVOLUTION zusammen mit der Gruppe Arbeitermacht für die Schaffung einer neuen, revolutionären Fünften Internationale sowie einer neuen Jugendinternationale ein. Deshalb sind wir auch aktiv am Aufbau der Neuen antikapitalistischen Organisation (NaO) beteiligt.

Mit dieser Perspektive werden wir auch in die anstehenden Bewegungen intervenieren und an  Protesten teilnehmen, sei es bei Blockupy oder den Protesten gegen den G7-Gipfel in Bayern im Juni 2015. Wir laden alle Teilnehmenden und Interessierten zur Diskussion ein – wir sehen uns am 18. März in Frankfurt/M.!

Ein Artikel von Lars Filder, REVOLUTION Fulda




Das PKK-Verbot zwischen Kommunist_Innenverfolgung und NATO-Aufstandsbekämpfung

Dass die PKK – die 1978 gegründete „Kurdische Arbeiterpartei“ – momentan einen organisierten und effektiven Widerstand gegen die klerikale Fascho-Truppe IS leistet, ist mittlerweile bis in bürgerliche Medien wie den Spiegel, die FAZ oder der Süddeutschen Zeitung gedrungen. Enttäuscht mussten die imperialistischen Freund_Innen (Frankreich, GB, Italien, Deutschland, USA) der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak feststellen, dass sich die nordirakischen Streitkräfte, die Peschmerga, in vielen Fällen kampflos zurückgezogen haben und dem IS keine effektive Gegenwehr bieten konnte. Die syrischen Kampfverbände der PYD – die Schwesterorganisation der PKK in Syrien – verhinderten hingegen trotz schlechter militärischer Ausstattung ein drohendes Massaker an 20.000 Jezid_Innen durch den IS und auch der monatelangen Belagerung der kurdischen Stadt Kobanê wurde erfolgreich standgehalten. Auch im deutschen Bundestag machte man sich Gedanken wer eigentlich der größere Feind für die deutschen Kapitalinteressen ist: der IS oder die PKK. Der IS wurde in seinem Aufbau von Staaten wie Syrien, der Türkei, den Vereinten Arabischen Emiraten aus regional-strategischem Interesse mit Geld, Ausrüstung und Durchreiseerlaubnis versorgt. Der westliche Imperialismus erzeugte in dem vergangenen Jahrhundert derart viel Leid in der Region, dass der Islamismus eine Zufluchtsort für sozial ausgegrenzte Menschen und kleinbürgerliche Schichten wurde (mehr zum Thema Islamismus findest du hier: http://www.onesolutionrevolution.de/international/grundlage-zum-islamismus-klerikal-reaktionaer-und-arbeiter_innenfeindlich/ ).

Aus Angst vor dem vom Imperialismus selbst gezeugten Kind, welches nun immer gefräßiger und gefräßiger wurde, zog der CDU-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder vor kurzem öffentlich eine Unterstützung der PKK in Erwägung. Wäre die BRD nun ein Rechtsstaat, indem alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, so würde Kauder bereits ein Strafverfahren nach §129a StGB (Strafgesetzbuch) an der Backe haben. Die PKK wird nämlich von der Türkei, allen EU-Ländern, sowie der USA als terroristische Vereinigung gelistet, deren „Werbung und Unterstützung“ mit langjährigen Haftstrafen geahndet werden können.

Das PKK-Verbot basiert neben den sogenannten „Anti-Terrorparagraphen“ 129, 129a und 129b StGB auch auf dem §20 Vereinsgesetz. Auf dieser juristischen Grundlage wurde im Oktober 1993 das PKK-Verbot verhangen und somit die sofortige Schließung zahlreicher kurdischer Kulturvereine, Verlage, Clubs und Medienorganisationen bewirkt. Damit einher gingen massive Überwachungs- und Durchsuchungsaktionen des Staatsschutzes. Das PKK-Verbot löste daraufhin die schwerste Repression gegen eine migrantische Bevölkerungsgruppe in Deutschland aus. Zahlreiche Kurd_Innen sitzen bis heute wegen angeblicher Sympathien und Unterstützung von gewalttätigen Aktionen der PKK unschuldig in Haft. Führende Politiker_Innen weigerten sich deren Gefängnisaufenthalte zu bezahlen und forderten die „schnelle Abschiebung krimineller Kurden“. Eine Abschiebung, die in den meisten Fällen eine sichere Auslieferung an Folter, Gefängnis oder auch eine drohende Exekution bedeutet und einen schweren Eingriff in das Asylrecht darstellt.

Pkk_supporters_london_april_2003

Ersatz für das verbotene PKK-Symbol: Fahnen mit einer Abbildung Abdullah Öcalans

Der medial geschürte Hass gegen die „Terrorkurden“ gipfelte 1994 im Tod des 16 jährigen Halim Dener in Hannover, dem Polizisten für das Ankleben eines PKK-Plakates eine Kugel in Rücken schossen. Höchste Gerichte beschäftigen sich monatlich mit der Frage, welche Hemdfarbe bei Öcalans Abbildung auf Fahnen und Plakaten während Demonstrationen erlaubt ist. Abdullah Öcalan, der ideologische Anführer der PKK sitzt seit 1999 schwer bewacht auf einer Gefängnisinsel, bis 2009 in Isolationshaft, heute mit fünf Mitgefangenen.

Bis heute, 15 Jahre nach dem offiziellen Gewaltverzicht der PKK, werden kurdische Demonstrationen haargenau überwacht und Einzelpersonen gezielt vom Verfassungsschutz angesprochen. Die kurdische community in Deutschland wird ferner so genau überwacht, dass den Einwanderungsbehörden in regelmäßigen Abständen „Beweise“ geliefert werden, welche dazu führen, dass etlichen kurdischen Jugendlichen und Erwachsenen, die legale kurdische Vereine besuchen, eine Einbürgerung unter Verweis auf ihre „extremistischen“ Bestrebungen verweigert wird. Dahingegen war der Staatsschutz mit dem offen militant und rechtsextrem auftretenden NSU scheinbar „restlos überfordert“, sodass dieser zahlreiche rassistisch motivierte Mordanschläge durchführen konnte. Kein Wunder, wenn Altkanzler Kohl damals schon nicht die rassistischen Pogrome und Anschläge in Hoyerswerda, Rostock, Mölln und Solingen, sondern eine gehäufte Anzahl von Autobahnblockaden durch kurdische Aktivist_Innen als „neue Dimension des Terrors“ bezeichnete.

In Zeiten der Krise und des sozialen Umsturzes können Kapitalismus und Faschismus schließlich zur Erhaltung der bestehenden Ordnung zu engen Freund_Innen werden: Das zeigte sich bereits 1933 bei der nationalsozialistischen Machtübernahme und zeichnet sich in der Ukraine immer mehr ab. Man verurteilt in der Öffentlichkeit rechte Gewalt und Rassismus und arbeitet im Hintergrund mittels V-Leuten und den verdeckten Ermittler_Innen des Geheimdienst in rechten Parteien, wie der NPD oder in Kameradschaften. Bei den NSU-Morden hat sich besonders der Verfassungsschutz in Erklärungsnot gebracht, warum mehrere Hunderttausend Euro an Geldern geflossen sind und weshalb ein Mitarbeiter kurz vor dem Mord an Halit Yozgat in Kassel anwesend war – und man von keiner faschistischen Terrorgruppe in Deutschland wusste. Rechter Terror wird entweder von vorneherein ausgeschlossen oder als Einzeltat abgetan – unter dem Decknamen Gladio, baute die NATO solche Strukturen aus politischem Interesse gezielt selbst mit auf. Ziel ist hier auch die Niederschlagung eventueller linker Bewegungen.

Was zur Hölle ist §129?

Man misst also mit zweierlei Maß. Militante Aktionen linker Gruppierungen werden in nahezu 100% der Fälle als „Organisationsdelikt“ nach §129a verurteilt und damit jegliche Unterstützung, Kontakt oder Mitgliedschaft in der betreffenden Organisation unter Strafe gestellt. Damit wird sogar der Nachweis eines individuellen Straftatbestandes hinfällig, da alle Straftaten der Organisation dem oder der Einzelnen zur Last gelegt werden können.

Die Verfolgung linker Staatsgegner_Innen mit §129 hat in Deutschland bereits eine lange Tradition. Bereits 1871 wurde der Paragraph ins Reichsgesetz aufgenommen und diente seit jeher der Verfolgung einer sich organisierenden Arbeiter_Innenbewegung, aus der die SPD und die Gewerkschaftsbewegung hervorging. Über verschiedenste Systeme hinweg, vom preußischen Polizeistaat, über die Weimarer Republik, dem Faschismus, bis hin zur imperialistischen BRD von heute wurde der Paragraph 129 zur Verfolgung von linken Aktivist_Innen genutzt. Das PKK-Verbot ist nur ein Glied in einer Kette, die an die politische Verfolgung von Kommunist_Innen Studierendenvereinigungen, Solidaritätskomitees, Hausbesetzer_Innen, Frauenzentren, Gewerkschaftler_Innen, und Atomgegner_Innen anschließt und an deren Spitze heute die Verfahren gegen Berliner Genoss_Innen der Gruppe „Revolutionäre Zellen“ stehen.

Die Repressionsparagraphen 129, 129a und 129b stellen eine mächtige Waffe des bürgerlichen Staates zum Schutz der deutschen Kapitalinteressen dar. Die Definition, wer oder was eine „terroristische Vereinigung“ ist, kann willkürlich hinter den undurchsichtigen Türen des Innenministeriums festgelegt werden. Was sich heute gegen die Kurd_Innen richtet, kann morgen also schon den Haftbefehl für jeden von uns bedeuten. Gerade in Zeiten der Krise nimmt die Repression des Staates zu und die Angriffe gegen den sich formierenden Widerstand werden schärfer. Revolutionär_Innen sollten niemals Illusionen in den bürgerlichen „Rechtsstaat“ haben, dessen „Schutzinstrumente“ früher oder später gegen revolutionäre Bewegungen der Arbeiter_Innen und der Jugend eingesetzt werden. Der Militäreinsatz während des vergangenen Generalstreiks in Belgien oder die Einkesselung der Blockupy-Demo 2013 sind ein gute Beispiele dafür. Aufgabe für Revolutionär_Innen ist es also sich jeglichen Repressions- und „Anti-Terrorgesetzen“ entgegenzustellen und sich auch von scheinbar progressiven Maßnahmen, wie dem NPD-Verbotsverfahren oder den Demonstrationsverboten für PEGIDA, nicht täuschen zu lassen. All diese Einschränkungen bürgerlicher Freiheiten werden sich problemlos auch gegen Widerstand von links richten können.

Dass sich die Verfolgung mit §129a vor allem gegen die PKK richtet, begründet sich wohl eher nicht in ihrer besonders „revolutionären“ Politik, sondern in den Handelsbeziehungen des deutschen Kapitals zur Türkei. Wie die offizielle Verbotsverfügung ganz unverhohlen deutlich macht, gefährde die PKK die „außenpolitischen Belange der BRD“ (Zitat Verbotsverfügung) erheblich. Dabei ginge es allein um die Anschläge, die PKK-Aktivist_Innen auf türkische Einrichtungen in Deutschland verübt hätten. Von viel größerer Bedeutung scheinen wohl eher das jährliche Handelsvolumen von 33,8 Mrd. € und Rüstungsexporte
(welche wiederum gegen die PKK im Südosten der Türkei eingesetzt werden) in Millionenhöhe zu sein. Um die Geschäfte deutscher Kapitalist_Innen mit der Türkei zu sichern, packt der bürgerliche Staat mit an und versucht die Feinde des Geschäftspartners in Deutschland ruhigzustellen.

PKK-Verbot und NATO-Aufstandsbekämpfung

Das PKK-Verbot muss zudem im Kontext der NATO-Counterinsurgency-Strategy (Aufstandsbekämpfungsstrategie) gesehen werden. Seit dem Ende des „Kalten Krieges“ gab sich die militärische Allianz westlicher Staaten das Mandat, in jegliche Konflikte und Länder militärisch zu intervenieren, die in irgendeiner Weise die Profitinteressen des Westens unter der Führungsmacht USA gefährdeten. Die anti-kolonialen Kämpfe der nationalen Befreiungsbewegungen bürgten die Gefahr einer territorialen Neuordnung strategisch wichtiger Regionen, sodass die NATO nicht tatenlos zugucken konnte. Damit einher ging ein breites Repertoire an Hetze, deren Definition von „Freiheitskämpfer_Innen“ und „Terrorist_Innen“ sehr flexibel und anpassbar ausfiel. Besondere Rücksicht wird seit jeher auf die Konflikte des strategisch wichtigen NATO-Partners Türkei genommen, dessen rassistische Staatskonzeption ferner kaum Raum für eine kurdische Identität lässt. Die Formierung eines kurdischen Staates gilt aus Sicht der NATO zudem als schwer kontrollierbar, sodass sich die Spitze der kurdischen Befreiungsbewegung, die PKK, kurz nach ihrer Gründung auf jeglichen Terrorlisten der EU-Staaten, der USA und eben der Türkei wiederfand.

Perspektive

Wir setzen uns für die Gründung eines freien, sozialistischen kurdischen Staates ein, der Kurd_Innen aus Syrien, dem Iran und dem Irak mit umfassen soll!

Wir kritisieren an dieser Stelle scharf die poststalinistische bis libertär-anarchistische Theorie, die utopischen Ideen Öcalans und die willkürliche Praxis der PKK und der PYD, die Frage des Privateigentum an Produktionsmitteln und dessen Vergesellschaftung wird nicht gestellt. Diese Politik entspricht dem kleinbürgerlich – nationalistischem Klassencharakter dieser Gruppen, was nicht heißt, dass PKK nicht auch in der Arbeiter_Innen – und Bauernschaft stark verankert ist, wo sie einen großen Teil ihrer Basis hat.

Wir sehen eine Zusammenarbeit mit den imperialistischen Staaten des Westens als keine Option für die Entstehung eines freien Kurdistans an. Auch die klassenübergreifende Politik zwischen Bürgerlichen und Arbeiter_Innen in einem kurdischen Staat, lehnen wir ab, gleichzeitig finden wir aber den gemeinsamen, militärischen Kampf gegen die Angriffe des IS oder der Türkei richtig.

Eine revolutionäre Politik für die Kurden bedeutet für uns aber, dass die Macht in der Hand der Arbeiter_Innenschaft liegt und nicht mit bürgerlichen Kräften geteilt wird. Unserer Meinung nach ist die Befreiung des kurdischen Volkes nur auf sozialistischem Wege möglich und die treibende Kraft dafür sind die Lohnabhängigen und Bauern.

Die demokratischen Strukturen in Rojava sind zwar ein wichtiger Schritt, aber kein Ersatz für ein proletarisches Rätesystem. Dieses sollte mit gewählten Vertretern der Region die Organisation der Wirtschaft, Verwaltung, Versorgung und Verteidigung demokratisch organisieren.

Nichtsdestotrotz solidarisieren wir uns mit dem Befreiungskampf gegen den Imperialismus, die klerikal-faschistischen Mörderbanden des IS und den rassistischen Unterdrückungskrieg des türkischen Staates, denn bei einem Sieg der reaktionären Kräfte rückt die Frage eines sozialistischen Kurdistans weiter von uns weg.

Der kurdische Freiheitskampf ist der fortschrittlichste der gesamten Region! Besonders im Hinblick auf die Gleichstellung der Frau nimmt er eine Vorreiterrolle ein, beispielsweise die eigenständige Frauenmiliz. Praktische Solidarität sollte sich dabei nicht nur in Protesten gegen Waffenlieferungen an die Türkei, sondern auch in Spendenkampagnen und einem konsequenten Eintritt für die Aufhebung des PKK-Verbots äußern. Noch immer tobt der Kampf in Rojava gegen die Truppen des IS, weiterhin werden Waffen, Munition, Lebensmittel und Medikamente gebraucht. Kobanê liegt in Trümmern: Für den Aufbau der Stadt wird jeder Cent benötigt und kann helfen die kurdische Autonomie in Rojava zu erhalten. Wer helfen will kann dies über die Kampagne „Solidarität mit Rojava“ (LINK: https://www.facebook.com/WaffenFuerRojava?fref=ts )tun, deren Gelder direkt der PYD übergeben werden. Unserer Meinung nach können wir in einem Krieg mit der Unterstützung nicht warten, bis in Kurdistan eine sozialistisch-revolutionäre „Wunschpartei“ existiert – auch wenn wir die sicher als notwendig betrachten – sondern sollten die fortschrittlichen Kräfte unterstützen UND ihnen unsere Kritik und unsere Vorschläge vorbringen.

Wer seine Unterstützung auf der Straße zeigen will, dem bietet sich hier Gelegenheit dafür:

Demonstrationen gegen das PKK-Verbot am 21.02.

Berlin / 14:00 Uhr / Potsdamer Platz

Köln / 13:00 Uhr / Rudolfplatz

Darüber hinaus müssen wir politische Justiz, Ausländerbehörden, Politiker_Innen, bürgerliche Medien und NATO-Militärs durch Massenbewegungen und Streiks in Betrieben, Schulen und Unis unter Druck setzen!

  • Für die Aufhebung des PKK-Verbots und weg mit den politischen Betätigungsverboten für Kurd_Innen! Für die Streichung der PKK von allen Terrorlisten!
  • Freiheit für alle politisch Inhaftieren durch die Repressionsparagraphen 129a und 129b!
  • Sofortiger Stopp aller Rüstungsexporte an den Unterdrückerstaat Türkei!
  • Nieder mit der NATO-Aufstandsbekämpfung und für das Selbstbestimmungsrecht aller Völker!
  • Für ein sozialistisches freies Kurdistan!

Ein Artikel von Marvin Schutt, REVOLUTION Berlin




Terroranschlag auf Charlie Hebdo – Nein zu Rassismus und “demokratischer” Heuchelei!

Vor einigen Tagen veröffentlichten wir hierzu bereits eine Stellungnahme des Sekretariats der Liga für die Fünfte Internationale (http://www.onesolutionrevolution.de/international/charlie-hebdo-islamistischer-terrorismus-republikanischer-rassismus/) Diese hier stammt nun von der NaO Berlin.

bunterStern1

nao-prozess.de

Der Terroranschlag vom Mittwoch, dem 7. Januar auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo in Paris, dem 12 Menschen zum Opfer fielen, erschüttert uns. Der Anschlag richtete sich gegen eine Zeitschrift, die u.a. für ihre umstrittenen Karikaturen von Religionen unterschiedlicher Konfessionen bekannt war. Die Tat, die wahrscheinlich von islamistischen Terroristen begangen wurde, war fraglos ein reaktionärer Akt, der durch nichts zu rechtfertigen ist. Unsere Anteilnahme gilt den Angehörigen der Opfer.

Doch der Anschlag hat nicht nur Millionen erschüttert, er hat auch ein politisches Erdbeben in Europa ausgelöst. Er zeigt die reaktionären Wirkungen des individuellen Terrorismus. Die französische und europäische „bürgerliche Öffentlichkeit“ stellt den Anschlag als Angriff auf die „Meinungsfreiheit“ dar. Mit anti-muslimischem Rassismus und Imperialismus hätte er nichts zu tun. Doch allein die Reaktion rechter und rechtsradikaler Kreise straft eine solch vereinfachte Sicht Lügen.

Schon vor dem Attentat gab es in Frankreich laut französischen Medien zwei Angriffe auf Moscheen mit Schusswaffen und Granaten. In den vergangenen Monaten brannten auch in Deutschland und Schweden Moscheen. Die europäische Rechte spürt Wind in ihren Segeln und hofft, von der Empörung über das Attentat profitieren zu können. Welch widerliches Schauspiel, welch ein Hohn für die Opfer und ihre Hinterbliebenen. Vor allem aber: Welche bedrohlichen Folgen auch für die migrantischen und muslimischen Gemeinden, für die Linke und ArbeiterInnenbewegung!

Fest der Heuchelei

Auch die Reaktionen der französischen Regierung und der deutschen Politik sind an Heuchelei kaum zu übertreffen. Frankreichs Präsident Hollande ließ nicht nur verlauten, dass er den Terroranschlag als einen „Angriff auf die gesamte Republik“ verstanden wissen wolle. Er sei auch ein Angriff auf „die Ideale von Frieden und Gerechtigkeit, die Frankreich auf der internationalen Bühne umzusetzen versuche. (…) Diese Botschaft von Frieden und Toleranz, die wir auch mit unseren Soldaten gegen Terror und Fundamentalismus verteidigen.

Hier werden nicht nur Geschichte und Gegenwart des französischen Imperialismus mit Kolonialismus und Kriegen auf dem afrikanischen Kontinent und in der arabischen Welt, der fortwährend tausende Menschen ermordet und Millionen in Armut hält, zu einer Geschichte des Friedens und der Toleranz umgedichtet. Es ist auch eine Drohung, diesen Würgegriff nach Außen und Innen mit militärischer Gewalt zu verstärken.

In die gleiche Kerbe schlug auch Bundespräsident Gauck, als er sagte, dass der Terroranschlag ein „Angriff auf die Freiheit der Franzosen, der Europäer und der freien Gesellschaft“ wäre. Die freie Gesellschaft, nach Gauck natürlich ein Privileg der westlichen Zivilisation, müsse verteidigt werden. Auch er zieht eine klare Frontlinie zu allen Nationen und Menschen außerhalb dieser „freien Gesellschaft“. Sogar die Tagesschau verwies immerhin darauf, wie sozial benachteiligt und rassistisch unterdrückt MigrantInnen in den Banlieus der „freien Gesellschaft“ Frankreich sind. Letztlich schafft der Imperialismus mit seiner Weltordnung selbst immer wieder die Bedingungen, die auch zu solchen verzweifelten wie sinnlosen Akten von „Protest“ und „Widerstand“ führen.

Überhaupt sind diese lupenreinen „Demokraten“ auch so „frei“ eindeutige Schlüsse über Motive und Zugehörigkeit der Täter zu schließen, wenn selbst viele Journalisten und an der Untersuchung Beteiligte kritische und bisher unbeantwortete Fragen aufgeworfen haben. Auch werden vollkommen willkürlich politischer Islam, islamischer Fundamentalismus und islamistischer Terror – allesamt reaktionäre Ideologien – jedoch mit unterschiedlicher Anhängerschaft und unterschiedlichem Charakter in einen Topf geworfen. Die extreme Rechte spart sich gleich alle diese Unterscheidungen und hetzt direkt gegen den gesamten Islam.

Daher wird auch nicht in erster Linie die reale Gefahr einer weiteren Zuspitzung des anti-muslimischen Rassismus benannt, sondern von allen bürgerlichen Regierungen die „nationale Einheit“ beschworen. Diese zielt jedoch nicht einfach auf die Verteidigung demokratischer Rechte ab, die auch wir SozialistInnen verteidigen. Sie zielt auf eine klassenübergreifende „nationale Einheit“ zur Verteidigung des Imperialismus und der bürgerlichen Herrschaft. So wird aus einem reaktionären Terroranschlag eine fiktive Gefahr konstruiert, um eine ihrem Charakter nach reaktionäre Bewegung ins Leben zu rufen. Die rechtspopulistischen Bewegungen und faschistischen Organisationen gehen ihrerseits einen Schritt weiter und ignorieren die demokratische Facette. Sie suchen direkt den offenen Konflikt mit der gesamten migrantischen und muslimischen Bevölkerung – ebenfalls im Namen der Nation.

RevolutionärInnen und Anti-KapitalistInnen müssen diese Offensive der „nationalen Einheit“ und der Volksfront, die im säkularen Frankreich ironischerweise unter dem Slogan der „union sacrée“ (Heilige Union) daherkommt, entschieden ablehnen! Dieser Versuch, die Einheit der „bürgerlichen Demokraten“ zu beschwören, muss unweigerlich die Initiative der ArbeiterInnenbewegung, der migrantischen, muslimischen Bevölkerung und der Linken sowohl gegen Fundamentalismus, die erstarkende Rechte, als auch die imperialistische Innen- und Außenpolitik ersticken. Die Politik der „Nationalen Einheit“ schwächt in jedem Fall die Linke und wird die Rechte stärken.

Der französische Journalist Julien Salingue stellte richtig fest, dass das „Französische Modell des Zusammenlebens“ nicht angegriffen wurde. Dieses “Modell” ist ein Mythos, um den strukturellen Rassismus in Frankreich zu vertuschen. „Niemand“, so Salingue weiter, „wird mich zwingen, das Gesicht der `Barbarei`, die bedroht ist, zu verteidigen. Nein, `republikanische Einheit`, rassistische Kräfte und selektive Empörung sind keine Antwort, und niemand wird mich zwingen, meine Stimme den Berufspolitikern aller Art zu geben.

Wir treten für die gemeinsame Mobilisierung von linken Parteien, Gewerkschaften und sozialen Bewegungen gegen den Rassismus ein. Die Einheit zur „Verteidigung des Säkularismus“ oder „der Demokratie“ mit offen bürgerlichen Parteien lehnen wir ab.

Eine Einheitsfront gegen den Rassismus wird bitter nötig sein. Der erste Schlag müsste sicherlich gegen die erstarkenden rechten Mobilisierungen gerichtet werden. Aber die Regierungspolitik in Frankreich und Deutschland, die in letzter Instanz durch ihre imperialistische Außenpolitik, ihre arbeiterinnenfeindliche und rassistische Innenpolitik erst den Nährboden sowohl für die rechten Bewegungen, als auch das Erstarken islamistischer Organisationen schafft, muss herausgefordert werden. Es ist zu erwarten, dass sich Organisationen wie die rechtsradikale „Front National“, aber auch Kräfte wie PEGIDA und die AfD, die bereits einen Tag nach dem Anschlag einen Schulterschluss herstellten, nicht nur stärken, sondern auch radikalisieren. Solange sie ihr Ziel, die Regierungsmacht, nicht erreicht haben, werden sie versuchen, die aktuellen Regierungen zu reaktionären und undemokratischen Gesetzen zu drängen. So forderte die FN-Vorsitzende Marine Le Pen nach dem Anschlag die Widereinführung der Todesstrafe. Auch in Deutschland wurden sofort Stimmen nach Verschärfung von Anti-Terrorgesetzen, Schleierverbot und der Abschaffung demokratischer Rechte laut.

Natürlich sind islamistisch-fundamentalistische und klerikal-faschistische Regime in gewissen Regionen eine Gefahr. Wir sehen dies in Syrien und Irak, wo der Islamische Staat mit barbarischer Gewalt gegen die Bevölkerung vorgeht und das Recht von nationalen, ethnischen und religiösen Minderheiten mit Füßen tritt. Reaktionäre jihadistische Bewegungen sind auch in Ländern wie Nigeria und Pakistan eine tagtägliche Bedrohung für die Bevölkerung. Wir sehen das auch in den mit der EU verbündeten Staaten der arabischen Halbinsel, die brutal jede demokratische Forderung ersticken. Deshalb unterstützen wir fortschrittliche KämpferInnen wie in Kobanê im Kampf gegen diese Regime – verbunden mit einer sozialistischen Perspektive.

Doch Angriffe auf demokratische Rechte in Europa versetzen nicht diesen Regimen einen Schlag, sondern richten sich gegen die ArbeiterInnenbewegung und führen zu rassistischen Spaltungen in der ArbeiterInnenklasse.

Wir spielen dieses Spiel nicht mit! Wir wissen: Es sind imperialistische Länder wie Frankreich und Deutschland, welche Regionen, wo der Islamismus erstarkt ist, in den Abgrund getrieben und mit Krieg überzogen haben, um dort ihre Profit-Interessen durchzusetzen. Es sind „unsere“ Regierungen, die eine Weltordnung aufrechterhalten, die Menschen weltweit in die Flucht treibt. Diejenigen, die es nach Europa schaffen, werden von Mauern und Rassismus empfangen.

Wir haben auch
nicht vergessen, dass es diese Regierungen sind, die zur Lösung ihrer Krise die Lebensbedingungen und sozialen Errungenschaften der europäischen ArbeiterInnenklasse, der Jugend und Rentner angreifen. Von diesen Angriffen war insbesondere die migrantische Bevölkerung besonders betroffen. Es ist gerade jetzt wichtig, sich an Karl Liebknechts Worte zu erinnern, dass unser Hauptfeind im eigenen Lande steht, dass unsere Gegner v.a. die Regierungen Europas und die europäischen Kapitalisten sind.

Wir, die Neue antikapitalistische Organisation (NaO), rufen daher im gesamten Bundesgebiet zur Teilnahme an linken Demonstrationen gegen PEGIDA am kommenden Montag auf. Wir sagen aber klar, dass wir eine Bewegung gegen Rassismus brauchen, die versucht, linke Parteien, Gewerkschaften und soziale Bewegungen für gemeinsame Mobilisierungen zu gewinnen. Was wir nicht brauchen, sind Veranstaltungen der „nationalen Einheit“, wie sie von Francois Hollande und Sigmar Gabriel beschworen werden.

Eine Stellungnahme der Neuen antikapitalistischen Organisation (NaO) Berlin