Grundlagen des Marxismus: Die Einheitsfront – Getrennt marschieren, vereint schlagen!

Eine der grundlegenden kommunistischen Taktiken ist die Einheitsfrontpolitik. Eine Einheitsfront ist eine ganz bestimmte Bündnisform, die eine proletarische Organisation mit einer anderen proletarischen Organisation, sprich Organisationen, welche sich auf die Arbeiter_Innenklasse als Basis stützen, eingeht.

Die Einheitsfront hat aus Sicht von Revolutionär_Innen als Ziel die größtmögliche Aktionseinheit des Proletariats gegen einen gemeinsamen Feind zu schaffen und außerdem den reformistischen und sozialdemokratischen Arbeiter_Innen die Augen für die Schwäche und den Verrat ihrer Führungen zu öffnen, ohne sich von ihnen zu isolieren.

Damit das funktioniert gibt es einige Bedingungen:

(1) Die Einheitsfront ist ein befristetes Abkommen und wird zu bestimmten Zeitpunkten aufgekündigt.
(2) Die Einheitsfront besteht aus Abmachungen zur gemeinsamen praktischen Aktion nicht aus politischen Kompromissen. Es kann sich aber auf gemeinsame Forderungen verständigt werden, sofern sie von allen an der Einheitsfront Beteiligten ohne eine faule Kompromissaushandlung getragen werden kann.
(3) Die revolutionären Kräfte dürfen sich ihren Bundesgenoss_Innen nicht unterordnen und müssen sie zu jeder Zeit scharf kritisieren.
(4) Die Einheitsfront wird bewusst ausgerufen, es ist keine Einheitsfront wenn z.B. REVOLUTION und Jusos zufällig an der selben Demonstration teilnehmen.

Die Einheitsfront kann auch Organisationen von national, sexuell, sozial oder rassistisch Unterdrückten Menschen beinhalten, auch wenn diese sich nicht unbedingt auf das Proletariat stützen oder diesem angehören. Wie bereits erwähnt wollen Revolutionär_Innen die Einheitsfront nicht ohne „Hintergedanken“, ihr Ziel ist die Gelegenheit beim Schopfe zu greifen und anderen Arbeiter_Innen zu zeigen, dass die kommunistische Organisation aktiv und entschlossen in den ersten Reihen des Widerstandes z.B. gegen den Faschismus steht. Sehen die Arbeiter_Innen wie ihre eigene reformistische Führung, sei es die Führung von sozialdemokratischen Parteien oder Gewerkschaftsbürokratien, sich hinter leeren Parolen duckt, während die Kommunist_Innen konkrete Forderungen formulieren und diese auch konsequent verfolgen, wird die kommunistische Organisation bald ihre erste Anlaufstelle sein. Davon abgesehen ist die Einheitsfront die gefährlichste Waffe des Proletariats, da sie zur größtmöglichen Klasseneinheit führen soll und somit Hunderttausende bis Millionen von Arbeiter_Innen sammelt und den effektiven Kampf gegen Faschismus, Diktaturen, imperialistische Kriege und andere Formen den Unterdrückung ermöglicht.

Ein fiktives Beispiel für die Einheitsfront

In Deutschland droht eine faschistische Diktatur! Die Kommunist_Innen wenden sich mit einem einfachen Aufruf an die Mitglieder_Innen der SPD, der LINKEN und der Gewerkschaften: „Lasst uns in jedem Betrieb, in jeder Stadt und jedem Dorf Ausschüsse zur Verteidigung gegen die Faschisten aufbauen. Lasst uns gemeinsam schlagkräftige Kampftruppen aufstellen um unsere Viertel, unsere Parteibüros, unsere Druckereien, etc. zu schützen!“

Durch einen solchen Aufruf kann sich eine revolutionäre Partei Oberwasser gegenüber einer reformistischen Führung erarbeiten. Denn falls z.B. die Führung der SPD auf einen solchen Vorschlag nicht eingeht, so werden die Mitglieder_Innen sich fragen: „Will unsere Führung nicht, dass wir uns und unsere Familien, Freunde und Nachbarn gegen die faschistische Gefahr verteidigen?!“ Wird die Unzufriedenheit der Basis zu groß kann die reformistische Führung später doch einlenken, zeitgleich aber versuchen ihre Basis wieder auf Kurs zu bringen und z.B. versuchen das Bilden von Räten, Ausschüssen und Komitees zu verhindern, oder militante Aktionen zu vermeiden. Da es unvermeidlich zu einer dieser Möglichkeiten kommen wird, können die Kommunist_Innen sich schließlich an die Basis des Reformismus richten: “Seht ihr, dass Eure Führung keinen ernsthaften Kampf gegen den Faschismus führen will? Ihr habt allen Grund ihr Euer Vertrauen zu entziehen. Kommt mit uns Kommunist_Innen, wir haben den Kampf ernst genommen, wir wollen ihn mit Euch zusammen führen!“

Volksfront

Die Volksfront ist ein gutes Beispiel dafür wie die stalinistische Internationale zwischen Ultralinkstum und Opportunismus schwankte. Entstanden ist die Volksfrontpolitik nach der Niederlage der sektiererischen KPD gegen den Faschismus in Deutschland und der Formierung einer Einheitsfront von unten zwischen der „sozialistischen“ Partei und der KP in Frankreich gegen den Willen beider Führungen – etwas, das beide bürokratischen Führungen zur Erhaltung ihrer eigenen Stellung verhindern wollten.

In einer Volksfront sind bürgerliche Elemente enthalten und dominant, Beispiel Spanien, 1936:

Die „Frente Popular“ (span. für „Volksfront“) wurde 1936 als Wahlbündnis gegen die Faschisten in Spanien gegründet und umfasste die bürgerlich-demokratischen Parteien „Izquierda Republicana“ und „Unión Republicana sowie die sozialdemokratische Partei, die Gewerkschaft UGT, die spanische kommunistische Partei(PCE) und die anarchistische CNT.

Obwohl es seit 1934 Generalstreiks und bewaffnete Aufstände gab und Milizen und Räte gebildet wurden, blieb das Programm der „Frente Popular“ im Rahmen des bürgerlichen Staates, und die Regierungen bestand aus bürgerlichen Ministern. Als die faschistischen Offiziere ihren blutigen Putsch begannen, weigerte die Volksfrontregierung sich die Arbeiter_Innen zu bewaffnen.

Die Volksfront führt also zur Unterordnung der kommunistischen Kräfte unter eine bürgerliche Hegemonie, schwächt die Aktion gegen den Faschismus und wird zum Hindernis für die proletarische Machtergreifung.

Rote Einheitsfront

Die rote Einheitsfront bezeichnet eine Einheitsfront unter kommunistischer Führung. Das hört sich erst einmal erstrebenswert an, offenbart sich aber als ultralinke Falle. Es ist unbedingt wichtig die Führung einer reformistischen Organisation in eine Einheitsfront miteinzubeziehen. Andernfalls werden sich nur die Arbeiter_Innen, die ohnehin bereit sind eine kommunistische Führung zu akzeptieren in die Einheitsfront einreihen.

Es ist wichtig, eine Einheitsfront auf eine Art und Weise zu bilden, die die Arbeiter_Innen der reformistischen Organisationen nicht vor einem gemeinsamen Kampf abschreckt. Das Brechen mit der Sozialdemokratie zur Vorbedingung eines gemeinsamen Kampfes zu machen, ist ein historischer Fehler der sektiererischen Thälmann-KPD gegenüber den sozialdemokratischen Arbeiter_Innen beim Aufstieg des Hitlerfaschismus gewesen und brachte es zu keiner Klasseneinheit, geschweige denn einem Brechen der Arbeiter_Innen mit der Sozialdemokratie.

Trotzki stellte damals klar:„Arbeiter-Kommunisten, Ihr seid Hunderttausende, Millionen; Ihr könnt nirgendwohin wegfahren, für Euch gibt es nicht Reisepässe genug. Wenn der Faschismus an die Macht kommt, wird er wie ein furchtbarer Tank über Eure Schädel und Wirbelsäulen hinwegrollen. Rettung liegt nur in unbarmherzigem Kampf. Und Sieg kann nur das Kampfbündnis mit den sozialdemokratischen Arbeitern bringen. Eilt, Arbeiter-Kommunisten, Ihr habt nicht mehr viel Zeit!“

-Leo Trotzki, „Wie wird der Nationalsozialismus geschlagen?“, 1931

Die Einheitsfrontpolitik ist nichts, dass wir erst anwenden, wenn bereits eine große faschsitische Gefahr besteht, sondern schon heute: Gegen PEGIDA, HogeSa und wie immer die nächste rassistische Mobilisierung heißen wird, erheben wir von REVOLUTION die Forderung nach der Einheitsfront von antirassistischen Ultras, Linken, Unterdrückten, Arbeiter_Innen und damit eine von revolutionären und reformistischen Organisationen, Gewerkschaften und Parteien mit Bezug zur Arbeiter_Innenklasse! Auch gegen rassistische Bewegungen ist die Einheitsfront ein schlagkräftiges Mittel!

Ein Artikel von Flo Wasser, REVOLUTION Zülpich




8. März: Frauenkampftag vs. “Frauentag”

Frauenkampftag 2015. Nur das Wort „Kampf“ ist dabei abhanden gekommen. „Frauentag“, ein Tag wie auch der „Tag des Rudersports“ oder der „Tag des Cholesterins“. Anstatt sich auf die militanten Aktionen der Vergangenheit zu beziehen, wird der Tag zumeist nur noch genutzt, um Luftballons zu verteilen.

SPD, Linkspartei und Gewerkschaften dürfen sich zu diesem Anlass alle selbst auf die Schulter klopfen und sich für die „Gleichberechtigung der Frau“ feiern. Routinemäßig werden einige Reförmchen angekündigt, die im Schneckentempo zur Frauenbefreiung führen sollen. Der kämpferischere Teil von ihnen darf bei dieser Gelegenheit dann auch einmal im Jahr eine Rede über gleiche Bedingungen am Arbeitsplatz halten.

Doch wer hofft, danach den Kampf z.B. gegen die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern, sexistische Rollenbilder und Fremdbestimmung über den eigenen Körper aufnehmen zu können, wird enttäuscht. Es bleibt bei alljährlichen Infoveranstaltungen.

Sozialistische Frauenbewegung

Doch das war nicht immer so! 1910 beschloss die II. Sozialistische Frauenkonferenz die Durchführung eines internationalen Frauenkampftages – und brachte weltweit Millionen auf die Straße.

Als Tag wurde der 8. März ausgewählt, da 1908 an diesem Tag 149 Näherinnen bei einer Fabrikbesetzung ums Leben kamen. Diesem Vorfall folgte eine Welle von Streiks und Protesten. Dabei wurde u.a. das Wahlrecht für Frauen, der 8-Stunden-Tag, Mutterschutz, mehr Lohn bzw. gleicher Lohn für gleiche Arbeit, legaler Schwangerschaftsabbruch, Verbot der Kinderarbeit und Gleichstellung von Frau und Mann in allen Lebensbereichen gefordert.

Dass der Begriff „Kampf“ damals noch nicht vergessen war, zeigten u.a. die Frauen in Petrograd, die mit ihrem Streik für mehr Lohn und gegen den Krieg die Februarrevolution 1917 auslösten und zum Sturz des Zarismus beitrugen.

Damals war der Mehrheit der proletarischen Frauenbewegung bewusst, dass Kapitalismus die Überausbeutung und Unterdrückung der Frauen benötigt – einerseits, um ihre Profite zu maximieren, andererseits um durch die Trennlinie zwischen Frau und Mann die Spaltung der Arbeiterklasse zu fördern.

1933-45 war der Internationale Frauentag verboten und durch den Muttertag ersetzt, um das reaktionäre Frauenbild des Faschismus zu unterstreichen.

1946 wurde dann der 8. März in der späteren DDR wieder eingeführt. Aber er wurde von oben diktiert, verlor seinen eigentlichen kämperischen und internationalen Charakter und wurde weitgehend zu einem bürokratischen Ritual.

Der sozialdemokratische Reformismus erfüllte im Westen eine ähnliche Funktion. Der 8. März wurde erst in den 1970er Jahren von linken Organisationen, sozialistischen und radikalen Feministinnen wieder belebt. Heute ist er in Deutschland eine Mischung aus Saalveranstaltungen und gelegentlichen Demonstrationen, die oft von reformistischen oder links-kleinbürgerlichen Feministinnen und Frauenrechtlerinnen politisch dominiert werden. Mit Klassenkampf und den dringenden Anliegen der großen Mehrheit der lohnabhängigen Frauen hat er wenig zu tun.

Doch nicht überall auf der Welt ist der 8. März so entpolitisiert. In der Türkei, im Iran, in Indien oder Bangladesch gehen jährlich zehntausende Frauen auf die Straße, um gegen Unterdrückung und Repression zu kämpfen.

Wir als revolutionäre kommunistische Organisation unterstützen alle fortschrittlichen und emanzipatorischen Kämpfe von Frauen weltweit – nicht nur am 8. März. Besonders, weil uns bewusst ist, dass ein wirklicher Kampf für Gleichberechtigung, wie wir ihn zur Zeit in Rojava bei den kurdischen Frauenorganisationen sehen können, nicht mit dem Kapitalismus vereinbar ist. Frauenbefreiung heißt, die Ketten des Kapitals zu sprengen!

Wir bleiben daher beim alten revolutionären Motto : „Keine Frauenbefreiung ohne Sozialismus, kein Sozialismus ohne Frauenbefreiung!“

Heraus zum Frauenkampftag 2015!

Ein Artikel von Svea Hualidu, REVOLUTION Berlin




Was ist Sexismus?

Gegen Sexismus kämpfen? Das scheint für die Mehrheit der Linken selbstverständlich. Von AntiimperialistInnen über Antideutschen bis hin zu einigen Bürgerlichen ist man sich einig: Dagegen gilt es vorzugehen. Doch wie sieht ein effektiver Kampf gegen Sexismus aus?

An dieser Stelle scheiden sich die Geister. Für die einen wird das Problem gelöst, indem einfach überall Frauenquoten eingeführt werden, für die anderen reicht es, oben ohne zu protestieren und Männern die Schuld zuzuweisen. Doch um einen effektiven Kampf gegen Sexismus zu führen, bedarf es einer konkreten Analyse, die uns die Wurzel der Unterdrückung aufzeigt.

Wie zeigt sich Sexismus?

Sexismus hat viele Gesichter und Facetten. Halbnackte Frauen in der Werbung, dumpfe Stereotype der Hausfrau, Karrierefrau oder der dummen “Schlampe”, die sich nur um ihr Aussehen kümmert. Street Harassement (sprich Belästigung auf der Straße), das mit unangebrachten Kommentaren oder starrenden Blicken beginnt und bis hin zu physischen Übergriffen geht. Unrealistische Schönheitsideale, die durch die Medien vermittelt werden, jegliche Vielfalt des menschlichen Körpers ausradieren und dafür sorgen, dass sich eine Frau unwohl im eigenen Körper fühlt und an ihm zweifelt, wenn sie in ein paar Punkten nicht mit dem präsentierten Ideal übereinstimmt. Nebensächliche Behandlung von der Rolle der Frau in der Geschichte, angefangen bei der Bibel und der Annahme, dass der alles erschaffende Gott als männliche Figur präsentiert wird bis hin zu unserem Geschichtsunterricht, in dem ausschließlich Männer Jäger sind und die Rolle von Wissenschaftlerinnen unter den Tisch fallen gelassen werden. Bedeutene Politikerinnen oder gar Revolutionärinnen werden per se nicht erwähnt. Und leider könnte man die Liste könnte ewig im Detail weiterführen, denn frauenfeindliche Witze, dumme Sprüche, körperliche Übergriffe sind salonfähig in unserer Gesellschaft — das ist die traurige Realität.

Allerdings gilt es herauszustellen, dass eine institutionelle, strukturelle Benachteiligung der Frau existiert. Durchschnittlich verdienen Frauen in Deutschland ca. 25% weniger. Zum einen liegt das an dem Punkt, dass sie eher im Pflegebereich zu finden sind, der sowieso unterbezahlt ist. Zum anderen werden sie aber auch für gleiche Arbeit wesentlich schlechter bezahlt.

Frauen in Führungspositionen? Kaum zu finden. Durchschnittlich machen Frauen 29% aus. Und das obwohl in Ländern wie Deutschland, wesentlich mehr Frauen einen gymnasialen und Hochschulabschluss erworben haben als Männer und zur Universität gehen.

Auch die rückschrittliche Gesetzgebung in Bezug auf körperliche und sexuelle Selbstbestimmung ist wichtig zu erwähnen. Laut §177 Strafgesetzbuch liegt nur dann eine Vergewaltigung vor, die dann strafrechtlich verfolgbar ist, wenn keine Fluchtmöglichkeit besteht und wenn sich die Frau körperlich gegen den Täter währt. Tatsache ist aber, dass die meisten Vergewaltigungen nicht so ablaufen, dass eine Frau auf dunkler Straße weggeschnappt und in einen Wald gezerrt wird. Auch die unzureichende medizinische Versorgung in Bezug auf kostenpflichtige Verhütung und Abtreibungen sind Teil dieser Benachteiligung. Alle diese Tatsachen verweisen darauf, dass dem Sexismus zu eine strukturellen Unterdrückung zugrunde liegt, die sich in einer Benachteiligung auf materieller und institutioneller Ebene wiederfindet.

Wichtig ist es außerdem zu betonen, dass zwar alle Frauen von Sexismus betroffen sind, aber im unterschiedlichen Maße. Women of Colour (das heißt alle nicht-weißen Frauen) sind in stärkerem Maße von sexuellen Übergriffen und Arbeitslosigkeit betroffen, genauso wie trans und queere Frauen. (Eine trans Frau zu sein, schließt außerdem nicht aus lesbisch, bi- oder asexuel zu sein.) Sie verdienen im Schnitt weniger und sind öfter Ziel gewalttätiger Übergriffe.

Natürlich macht es auch die Klassenzugehörigkeit einen entscheidenen Unterschied aus. Eine doppelte Last in Beruf und Hausarbeit existiert nur für die arbeitenden Frauen – nicht für jene aus der herrschenden Klasse, die von der Ausbeutung anderen (inklusive anderer Frauen) leben.

Sexismus und Männer

Männer und Sexismus, was heißt das überhaupt? Wenn es darum geht, dass Jungs in der Schule schlechter sind oder öfter negative Verhaltensauffälligketen aufweisen, fällt das Wort zuhauf. In bürgerlichen Medien wird oft das Bild vermittelt, dass Sexismus etwas ist, das in beide Richtungen geht.

Ja, durch die Verankerung der Stereotype und der Darstellung der Frau als schwaches Geschlecht, haben auch Männer mit ihrem Rollenbild  zu kämpfen. “Du bist ein schwacher Mann, wenn du Gefühle zeigst” oder “Sei keine Pussy!” sind nur ein paar Beispiele dafür. Fällt man aus dem Stereotyp und hat andere Interessen als Sport, Musik (aber wenn du ein Instrument spielst, dann bitte ein richtig männliches. Nicht Harfe oder so’n Quark) oder keinen Bock auf den Kräftemessen hat, kann es schnell passieren, dass man als Weichei oder homosexuell abgestempelt hat. Dies ist jedoch kein Ausdruck sexistischer Unterdrückung oder gar von Sexismus, sondern der Unterdrückung des Individuums durch bürgerliche Normen.

Woher kommt denn nun Sexismus? Wie oben schon geschrieben: Möchte man einen effektiven Kampf gegen Sexismus führen, bedarf es einer Analyse, die nicht nur seine Folgen zeigt, sondern auch seine Ursachen kennt. In seinem Werk “Die Geschichte der Familie, des Privateigentums und des Staates’’ stellt Friedrich Engels mithilfe des historischen Materialismus Thesen zum Ursprung der  Frauenunterdrückung auf.  Mit der Entstehung des Privateigentums und der Klassengesellschaft beginnt auch die Unterdrückung von Frauen. Hier wird nun ein sehr kurzer Abriss von den wichtigsten Punkten in der Geschichte der Frauenunterdrückung gegeben.

Urkommunismus

In den früheren Gesellschaften existierte eine Art “Urkommunismus”. In diesem waren Frauen gleichgestellt, es gab keine systematisch diskriminierenden Geschlechterrollen und eine rollenpluralistische Arbeitsteilung, Vielweiberei und statt einer Familie eine Art Verwandschaftsgruppe, die ihren Besitz kollektiv verwalteten. Zudem wurde Subsistenzwirtschaft betrieben. Das heißt kurz gefasst: Arbeit wurde nicht nach dem Motto ‘’Frauen gehen sammeln und Männer jagen’’ getrennt, sondern nach jung und alt, sowie dem Können.

Jungsteinzeit

Nun ein kleiner Zeitsprung. Wenn wir uns an den Geschichtsuntericht zurück erinnern, gab’s dann auch irgendwann mal Menschen, die nicht nur gejagt und gesammelt haben, sondern Feldanbau/Ackerbau und Viehzucht betrieben und Werkzeuge entwickelten. Hier waren die notwendigen Arbeiten meistens geschlechtsunabhängig verteilt bzw. gab es keine Trennung von Produktion (Herstellung von Waren) und Reproduktion (Wiederherstellung der Arbeitskraft, Erziehung, Pflege).

Entwicklung der Klassengesellschaften

Dies ändert sich mit dem entstehenden privaten Grundbesitzes an Grund und Boden, welcher in den sesshaften Formationen sich durchsetzte. Hier gab es patriarchale und matriarchale Vererbungslinien, wovon die patriarchale die dominante Struktur wurde.

Diese Besitzstruktur veränderte grundlegend die sozialen Bindungen und ist eine Vorstufe der weiter später entstehenden bürgerlichen Familie, welche ihren Besitz auf ihrer Linie weitervererbt und damit monogame Bindungen entwickelt und verstetigt. Mit der Enstehung der Klassengesellschaft, sprich in der Antike, verfestigte sich auch die monogame Ehe (für die Frau). Durch den Wegfall von Clans/Verwandschaftsgruppen, kam dann die Privatisierung der Hausarbeit in der individuellen Familieneinheit hinzu. Nach deren Niedergang herrschte der Feudalismus in Europa. Hier wurde die monogame Ehe besonders durch die Ideologie des Christentums gefestigt.

Kapitalismus – Feste Trennung von Produktion und Reproduktionsarbeit

Und weil’s so schön ist: Nochmal ein Zeitsprung. Zur Zeit der industriellen Revolution wird uns beantwortet wie es zur festen Trennung von Produktion und Reproduktionsarbeit kam.

Der Haushalt hörte auf, die grundlegende Produktionseinheit zu sein. Man produzierte nicht mehr für sich selber, sondern arbeitete nur noch in kapitalistischen Fabriken und Landwirtschaftsbetrieben. Die Familie blieb erhalten, um Arbeitskraft zu reproduzieren. Um das zu erfüllen, mussten Frauen zuächst neben der Reproduktionsarbeit dezentral organisierte Heimarbeit (weben, nähen etc.) verrichten. Im Zuge der Entwicklung und Rationalisierung der Produktivkräfte wurden sie Schritt für Schritt in den Produktionsprozess integriert. Die Einführung von Maschinen in der Industrieproduktion erlaubte es allen Teilen der ArbeiterInnenklasse – egal welchen Geschlechts oder Alters – im Produktionsprozess nützlich zu sein. Zum einen, um die Löhne der Arbeiter zu drücken, da der Kapitalismus es schon damals als selbstverständlich ansah Frauen schlechter zu bezahlen und zum anderen um dem wachsenden Maß an gesellschaftlicher Arbeit gerecht zu werden. In dieser Zeit wurde kein Ausgleich zur Last der Reproduktionsarbeit geschaffen (doppelte Belastung), und auch heute scheint es selbstverständlich das häusliche Arbeit von Frauen neben ihrem Job getragen werden, oder dass Frauen nach der Geburt eines Kindes erstmal mit dessen Erziehung im Rahmen eine Mutterschaftsurlaubs beschäftigt werden. Allerdings konnte die Familie ihren ursprünglichen Zweck nicht erfüllen, da alle ihre Mitglieder gezwungen waren zu arbeiten. In Zuge von Reformen wurden dann Arbeitsschutzgesetze erlassen. Einschränkung der Arbeitszeit -besonders für Frauen und Kinder. Dies bedeutete,
dass die bereits existierende Trennung zwischen Hausarbeit und gesellschaftlicher Produktion verschärft und die Unterdrückung der Frauen dadurch verstärkt wurde.

Was ist der Unterschied unserer Position zum bürgerlichen Feminismus?

Bürgerlicher Feminismus, was ist das überhaupt? Alice Schwarzer und ihre Kolleginnen von der EMMA sind neben Femen ganz oben in der Rangliste der bürgerlichen Feminst_innen. Durch ihre Analyse vom Sexismus, von der man behaupten könnte, dass sie fast gar nicht existiert, kommen sie zu zahlreichen zweifelhaften Aussagen. Selbstbestimmungsrecht von SexarbeiterInnen? Ist Ihnen eine anscheinend fremde Sache.  Menschenhandel und Zwangsprostitution lösen sie lieber mit Verboten anstatt mit offenen Grenzen. Und nicht nur, dass sie die sexuelle Selbstbestimmung mit Füßen treten, nein, in vielen Artikeln äußern sie sich auch konkret rassistisch gegen den Islam, indem sie sagen, dass dieser per se und qualitativ anders als die christlichen Religionen Frauen unterdrückt.

Und was ist eigentlich mit dem Pop-Punk-Glitterfeminismus, der auf Twitter und Tumblr ausgelebt wird? Sich mit seinen eigenen Gefühlen in Bezug auf die erlebte Unterdrückung zu beschäftigen, ist als positiv zu betrachten. Allerdings fehlt in Magazinen wie dem Missy Magazin oft eine revolutionäre Perspektive, sowie brauchbare Analyse der Umstände. Denn Worte formen leider nicht die Realität, sondern die ökonomische Basis der Gesellschaft.

Wir abstrahieren die Unterdrückung der Frau nicht von der Unterdrückung des Proletariats im Zuge der Spaltung der Arbeiter_innenbewegung. Daraus lässt sich unsere Kampfform gegen Sexismus ableiten. Der proletarische Antisexismus, in dem wir uns nicht zur Aufgabe machen Unterdrückung über abgehobene Aktionen und Theorien zu bekämpfen, sondern indem wir in eigenen Frauengremien und gesonderten Treffen (Caucus) Probleme sexistischer Unterdrückung thematisieren, Propaganda zum Thema Sexismus erstellen und uns an konkreten Frauenkämpfen in Form von Kampagnen beteiligen.

Wie gehen wir mit Sexismus in der eigenen Organisation um?

Anders als andere Gruppen, beanspruchen wir nicht, dass wir frei von Sexismus sind -weil wir das noch nicht sein können. Wir sind in einer Gesellschaft groß geworden, die uns sexistisch geprägt hat. Das heißt allerdings nicht, dass wir uns damit ‘n Freifahrtschein in die Tasche stecken und mit der Frauenbefreiung warten bis der Sozialismus kommt. Das mag vielleicht die Taktik von Anderen sein, aber für uns gilt das Motto: Kein Sozialismus ohne Frauenbefreiung, keine Frauenbefreiung ohne Sozialismus!

Was das für uns konkret heißt? Sich mit den Problematiken, denen Frauen in unserer Gesellschaft ausgesetzt sind, zu beschäftigen und einen Raum frei von abfälligen Kommentaren und Belästigung zu schaffen um ein solidarisches Verhältnis zwischen allen Mitgliedern unserer Organisation zu gewährleisten. Auch quotierte Redner_innenlisten gehören dazu, sowie die absolute Parteilichkeit im Falle einer Vergewaltigung innerhalb der Organisation.

Ein Artikel von Katherina Singh, REVOLUTION Berlin




Blockupy: Welchen Antikapitalismus brauchen wir?

Am 18. März soll es soweit sein: Nach mehrmaligen Verzögerungen wird in Frankfurt/M. der neue Sitz der Europäischen Zentralbank (EZB) eingeweiht.

Die EZB ist Teil der „Troika“ – bestehend aus EZB, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Kommission -, die für das EU-Spardiktat verantwortlich ist, welches in Ländern wie Spanien oder Griechenland einen drastischen Sparkurs auf dem Rücken der Bevölkerung durchsetzt. Innerhalb der Troika spielt die deutsche Regierung eine zentrale Rolle.

Von den „Rettungsmaßnahmen“ haben die Menschen in Südeuropa freilich kaum etwas. Im Gegenteil: etwa 90% der „Hilfsgelder“ zahlt Griechenland zur Begleichung seiner Schulden direkt an die Banken und Gläubiger. So werden eben jene Banken, die mit ihren Spekulationen die Krise 2008 auslösten, durch die Krise noch reicher. Gerettet werden also nicht die „faulen Griechen“, wie uns Merkel, Schäuble und die Medien einreden wollen, sondern v.a. das Großkapital in Deutschland, das auch von der Privatisierung öffentlichen Eigentums und dem Ausschalten von europäischer Konkurrenz profitiert und auf die Eurozone angewiesen ist. Wenn die deutsche Bourgeoisie nichts von dieser Politik hätte, würden sie diese wohl kaum durchführen.

Gegen diese Politik regte sich schon sehr bald Widerstand, auch in der Linken. Eine dieser Widerstandsbewegungen trat 2012 erstmals in Aktion: Blockupy. Wir wollen diese Bewegung in diesem Text einer Kritik unterziehen und unsere Antworten auf die Krise darstellen.

Blockupy und der Kapitalismus

Nach eigener Aussage ist Blockupy ein Bündnis u.a. aus der Interventionistischen Linken (IL), attac, Occupy Frankfurt, Gewerkschaften, Jugend- und Studierendenverbünden, dem Erwerbslosen-Forum Deutschland, der Linkspartei, dem Netzwerk Friedenskooperative und dem Bündnis „Ums Ganze”.

Was hat dieses Bündnis inhaltlich zu bieten? Hierzu wollen wir exemplarisch den Aufruf zu den Aktionen gegen die EZB betrachten.

Neben einer Beschreibung des EU-Krisenregimes, der EZB-Politik, ihren Folgen und der Ablehnung dieser Politik findet sich dort u.a. dieser Satz: „Sie repräsentieren uns nicht, ja sie wollen uns gar nicht mehr repräsentieren! Die herrschenden Eliten haben uns nichts mehr anzubieten.“ (https://blockupy.org/18m/aufruf)

Hier fehlt eine Analyse der Klassengegensätze und der Klasseninteressen. Eine solche würde schnell feststellen, dass die Politik der Herrschenden nie etwas mit „Repräsentation“ oder sozialer Verantwortung zu tun hat, sondern den System- und Profitzwängen des Kapitalismus folgt. Die herrschenden Eliten „haben uns nichts mehr anzubieten“ – und sie hatten uns noch nie etwas anzubieten. Der Aufruf sagt im Grunde indirekt, dass Blockupy eigentlich froh wäre, wenn die Eliten ihm etwas anzubieten hätten, wenn sie in Dialog treten würden. Das ist zwar unrealistisch, verweist aber darauf, dass Blockupy – so wie auch die LINKE oder die Gewerkschaftsbürokratie –  doch als Verhandlungspartner gern mit am kapitalen Tisch sitzen will. Statt Kampf und Sieg gegen den Klassengegner hofft man auf einige Krümel. Wie elend für eine Szene, die sich zum großen Teil gern super radikal gibt!

Dass diese Elite „uns“ manchmal etwas anzubieten hatte, lag u.a. daran, dass ihre Lage sehr prekär war, wie nach dem Zweiten Weltkrieg, oder die Arbeiter_Innenbewegung ihr im Kampf etwas abgerungen hatte. Zugleich wurde dieses „Anbieten“ auch durch die imperialistische Überausbeutung der „Dritten Welt“ möglich.

Im Blockupy-Aufruf wird die gefährliche, für den Reformismus typische Illusion erzeugt, dass der Kapitalismus und seine Probleme innerhalb des Systems zu bändigen seien. In dem Zusammenhang werden dann auch die üblichen Illusionen in mehr oder „wahre Demokratie“ im Kapitalismus oder gar „Demokratie ohne Kapitalismus“ geschürt. Auch hier wird weder berücksichtigt, dass jede Demokratie nur eine betrügerische, die realen Machtstrukturen verschleiernde Herrschaftsform in der Klassengesellschaft ist, noch wird etwas darüber gesagt, wie die soziale Basis, wie die Struktur, wie die Funktionsweise einer Demokratie jenseits des Kapitalismus – wir würden dazu „Arbeiter-Räte-Demokratie“ sagen – aussehen würde. Doch hier handelt es sich nicht nur um nichtssagende Sprechblasen, dahinter verbirgt sich eine durch und durch reformistische Praxis. Der Aufruf lässt komplett offen, wie selbst die bescheidenen Ziele von Blockupy erreicht werden sollen. In der  Praxis bedeutet das dann immer, sich der Politik, den Zielen und Methoden der reformistischen Großorganisationen Linkspartei oder DGB weitgehend unkritisch anzupassen. Und die wissen recht gut, wie man die Massen betrügen und deren Kämpfe in für das System ungefährliche Bahnen leiten kann.

Blockupy: perspektivlos und rein symbolisch

Das Motto der ersten Blockupy-Aktionstage 2012 „besetzen, blockieren, demonstrieren“ ließ auf effektive politische Aktionen hoffen. Mittlerweile heißt es: „talk, dance, act“ (Blockupy-Aufruf vom November 2014) oder „let’s take over the party“ (Blockupy-Aufruf März 2015) – die „Kreativität” ist offenbar wichtiger als ein konkreter politischer Inhalt. Bei solchen Gegnern kann sich das Kapital die Kabarett-Karten sparen.

Die jüngsten Mottos von Blockupy zeigen, dass die Bewegung – genauer: deren Führungen – nichts aus der weitgehenden Wirkungslosigkeit ihrer rein symbolischen Proteste der letzten Jahre drei gelernt haben. Auch die Tatsache, dass die Mobilisierungen von Mal zu Mal schwächer geworden sind, ist offenbar kein Grund zum Nach- oder gar zum Umdenken. Jeder konkrete Inhalt, jede konkrete Schlussfolgerung wird durch unverbindliche Phrasen ersetzt. Es gibt keine weiterführende  Perspektive – weder hinsichtlich der Mobilisierung noch hinsichtlich einer allgemeinen politischen Zielsetzung. Hier zeigen sich die fatalen Ergebnisse der total verkürzten Kapitalismuskritik und der fehlenden Programmatik, des fehlenden taktischen Verständnisses und der offensichtlichen Unkenntnis historischer Erfahrungen, die dazu führen, alte Fehler zum tausendsten Mal zu wiederholen und das auch noch als besonders „kreativ“ hinzustellen.

Dieses Dilemma wurzelt auch in einer falschen Bündnispolitik, bei welcher die radikaleren Teile des Bündnisses (IL, Ums Ganze, diverse autonome, anarchistische, kommunistische Gruppen) vor dem reformistischsten Teil (Linkspartei, attac) einknicken. Anstatt sich auf wenige, gemeinsame Forderungen und v.a. Aktionen zu verständigen, werden Inhalte verwischt und konkrete Aussagen zu Zielen und Methoden der Aktionen vermieden. Dieses opportunistische Vorgehen wird dann noch als Alternative zum – sicher auch falschen – Sektierertum innerhalb der (europäischen) Linken, z.B. bei der MLPD hier oder der KKE in Griechenland hingestellt.

Blockupy hat es 2012 und 2013 zwar geschafft, jeweils um die 20.000 auf die Straßen zu bringen und den Betrieb in Frankfurter Bankentürmen etwas zu stören, doch wirklich weh tut das weder dem Finanzkapital, noch dem Kapitalismus. Das soll es ja auch nicht unbedingt. Den Blockupy-Spitzen geht es ja auch mehr darum, ein politisches Zeichen zu setzen, ein Symbol zu kreieren, um in die Bevölkerung „auszustrahlen“. Das ist an sich richtig, nur funktioniert das so nicht. Um breitere Schichten über die Linke hinaus, v.a. die Vorhut der Arbeiter_Innenklasse, erreichen zu können, bedarf es eines völlig anderen Vorgehens. Zum einen müssen Mobilisierungsstrukturen geschaffen werden, die kontinuierlich arbeiten und die Basis ausweiten. Geschieht das nicht, muss die Bewegung jedes Mal wieder „bei Null“ beginnen. Diese Aufgabe wurde bisher von Blockupy abgelehnt. Zum anderen muss die Abwiegelungs- und Bremspolitik der reformistischen Führungen  von Linkspartei und DGB kritisiert und eine Alternative aufgezeigt werden. Auch das wird abgelehnt. Drittens muss Blockupy aktiv den Widerstand anderer Milieus aufgreifen und unterstützen, z.B. Streiks. Auch das erfolgt nicht. Somit blockiert sich Blockupy selbst. Warum? Um den Schulterschluss mit dem Reformismus nicht zu gefährden und dessen Politik nicht wirklich attackieren zu müssen. Die radikalen Phrasen vieler Blockupy-Bündnis-Gruppen ändern daran überhaupt nichts.

Was ist Antikapitalismus?

Um dem Kapitalismus wirklich weh zu tun, um den sozialen Angriffen der Banken, Konzerne und Regierungen wirklich etwas entgegenzusetzen, reichen keine Farbbeutelwürfe auf die EZB.

Dazu braucht es Aktionen, die wirklich ökonomischen Druck aufbauen, z.B. Streiks und Betriebsbesetzungen. Auf generelle Angriffe des Kapitals braucht es auch genereller Antworten der Klasse und nicht nur symbolischer Aktionen der Linken. Um die Macht des Kapitals und der Troika in Frage zu stellen, brauchte es einen europaweiten, unbefristeten Generalstreik!

Stattdessen hat Blockupy das Motto „18 03 ich nehm mir frei“, das sozusagen „indirekt“ vermitteln soll, dass wir die Arbeit für Blockupy an diesem Tag niederlegen sollen. Allerdings ist kaum anzunehmen, dass dadurch tatsächlich viele Beschäftigte einen Urlaubstag für Blockupy opfern oder gar richtig streiken. Wer glaubt, dass das so funktioniert, hat wirklich übehaupt keine Ahnung von Klassenkampf, Arbeiter_Innenklasse und Reformismus – Hauptsache es klingt radikal. Hingegen zu den  aktuellen Tarifrunden von IGM und ver.di – die es ja real und nicht nur in den Träumen von Blockupy gibt – sagt man nichts.

Für eine offensive Antwort auf die Krise ist der Aufbau einer europaweiten Einheitsfront der organisierten Arbeiter_Innenklasse notwendig. Damit meinen wir nicht inhaltsschwache, verwaschene Bündnisse wie Blockupy,
sondern eine europaweite Koordinationsstruktur von Linken, kämpfenden Milieus und der Arbeiter_Innenbewegung, die sich auf konkrete Aktionen und Forderungen verständigt. Dazu gehört auch, an die vorhandenen Organisationen – an deren Basis und an deren Führungen – zu appellieren und jede Politik offen zu kritisieren, die versucht, das zu boykottieren.  Diese Kritik an der reformistischen Politik muss damit verbunden sein, eine antikapitalistische,  revolutionäre Alternative zu vertreten und konkrete Aktionsvorschläge zu machen. Auf diese Art kann sich herausstellen, wer es ernst meint mit dem Widerstand und die Macht der Kapitalisten ernsthaft infrage stellt oder das nicht will oder nur protestieren will. So können die Massen selbst in der Praxis testen, was reformistische Politik wirklich taugt.

Die Frage einer Einheitsfront drängt sich auch angesichts des europaweiten Aufstiegs rechter und faschistischer Kräfte um so dringlicher auf. Nur in der geeinten Aktion der Arbeiter_Innen und der Jugend kann dieser Gefahr begegnet werden!

Für den Aufbau wirksamen Widerstands bleibt nicht ewig Zeit. Der Imperialismus und ist von immer härterer Konkurrenz und von immer größeren Widersprchen geprägt. Die Krise ist alles andere als vorbei und wird sich weiter verschärfen. Damit sind auch neue Angriffe auf die Lohnabhängigen vorprogrammiert. Die Ukraine-Krise, die forcierte Aufrüstung und Ausdehnung der NATO, die Interventionen des Westens in Nahost und Afrika und der Aufstieg des chinesischen Imperialismus verweisen auf eine stärkere Tendenz Richtung imperialer Neuaufteilung der Welt.

Als Forderungen für eine europaweite Einheitsfront schlagen wir vor:

• Streichung der Schulden Südeuropas! Nein zum Fiskalpakt u.a. Sparauflagenvon IWF, EZB und EU (Troika)! Offenlegung aller Verträge und Auflagen dieser Institutionen!

• Rücknahme aller Kürzungen im Öffentlichen Dienst und der Renten! Keine weiteren Privatisierungen! Fr ein öffentliches Beschäftigungsprogramm mit gesellschaftlich nützlichen Arbeiten – unter Kontrolle von Beschäftigten und lohnabhängigen Nutzer_Innen!

• Verkürzung der Arbeitszeit auf 30 Stunden pro Woche in ganz Europa – ohne Lohn- und Personalabbau! Einführung eines Mindestlohns in allen Ländern, um die Lebenshaltungskosten zu decken!

• Geschlossene Betriebe oder solche, wo Schließung, Entlassungen oder Lohnkürzungen drohen, sollen verstaatlicht und unter Arbeiter_Innenkontrolle weitergeführt werden!

• Reichen sollen zahlen! Massive Steuererhöhungen für Reiche, Kapitalisten und Spitzenverdiener!

• Entschädigungslose Enteignung aller Banken und Finanzinstitutionen! Keinen Cent für deren Krise! Zusammenfassung zu einer Zentralbank unter Arbeiterkontrolle!

Doch darüber hinaus brauchen wir v.a. eine revolutionär-sozialistische Organisation, eine Partei,  die in Kämpfe eingreift, sie koordiniert und eine Perspektive vorschlägt. Wenn z.B. die reformistischen Führer einen Kampf verraten und ausverkaufen und sich daher die Massen von den reformistischen Organisationen wegbewegen, muss es eine revolutionäre Organisation als Alternative geben.

Diese sollte ein klares revolutionäres und internationalistisches Programm haben, das eine Perspektive zum Sozialismus weist und die heutigen Tageskämpfe mittels der Übergangsmethode  mit dem Aufbau von Machtorganen der Arbeiter_Innenklasse und deren Machtergreifung verbindet.

Das Fehlen einer solchen revolutionären Massenpartei ist ein, ja das zentrale Problem der ArbeiterInnenbewegung und jedes Widerstands. Welche Perspektive hätte z.B. der Arabische Frühling mit einer solchen Kraft gehabt?!

Deshalb treten wir von der Jugendorganisation REVOLUTION zusammen mit der Gruppe Arbeitermacht für die Schaffung einer neuen, revolutionären Fünften Internationale sowie einer neuen Jugendinternationale ein. Deshalb sind wir auch aktiv am Aufbau der Neuen antikapitalistischen Organisation (NaO) beteiligt.

Mit dieser Perspektive werden wir auch in die anstehenden Bewegungen intervenieren und an  Protesten teilnehmen, sei es bei Blockupy oder den Protesten gegen den G7-Gipfel in Bayern im Juni 2015. Wir laden alle Teilnehmenden und Interessierten zur Diskussion ein – wir sehen uns am 18. März in Frankfurt/M.!

Ein Artikel von Lars Filder, REVOLUTION Fulda




Das PKK-Verbot zwischen Kommunist_Innenverfolgung und NATO-Aufstandsbekämpfung

Dass die PKK – die 1978 gegründete „Kurdische Arbeiterpartei“ – momentan einen organisierten und effektiven Widerstand gegen die klerikale Fascho-Truppe IS leistet, ist mittlerweile bis in bürgerliche Medien wie den Spiegel, die FAZ oder der Süddeutschen Zeitung gedrungen. Enttäuscht mussten die imperialistischen Freund_Innen (Frankreich, GB, Italien, Deutschland, USA) der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak feststellen, dass sich die nordirakischen Streitkräfte, die Peschmerga, in vielen Fällen kampflos zurückgezogen haben und dem IS keine effektive Gegenwehr bieten konnte. Die syrischen Kampfverbände der PYD – die Schwesterorganisation der PKK in Syrien – verhinderten hingegen trotz schlechter militärischer Ausstattung ein drohendes Massaker an 20.000 Jezid_Innen durch den IS und auch der monatelangen Belagerung der kurdischen Stadt Kobanê wurde erfolgreich standgehalten. Auch im deutschen Bundestag machte man sich Gedanken wer eigentlich der größere Feind für die deutschen Kapitalinteressen ist: der IS oder die PKK. Der IS wurde in seinem Aufbau von Staaten wie Syrien, der Türkei, den Vereinten Arabischen Emiraten aus regional-strategischem Interesse mit Geld, Ausrüstung und Durchreiseerlaubnis versorgt. Der westliche Imperialismus erzeugte in dem vergangenen Jahrhundert derart viel Leid in der Region, dass der Islamismus eine Zufluchtsort für sozial ausgegrenzte Menschen und kleinbürgerliche Schichten wurde (mehr zum Thema Islamismus findest du hier: http://www.onesolutionrevolution.de/international/grundlage-zum-islamismus-klerikal-reaktionaer-und-arbeiter_innenfeindlich/ ).

Aus Angst vor dem vom Imperialismus selbst gezeugten Kind, welches nun immer gefräßiger und gefräßiger wurde, zog der CDU-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder vor kurzem öffentlich eine Unterstützung der PKK in Erwägung. Wäre die BRD nun ein Rechtsstaat, indem alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, so würde Kauder bereits ein Strafverfahren nach §129a StGB (Strafgesetzbuch) an der Backe haben. Die PKK wird nämlich von der Türkei, allen EU-Ländern, sowie der USA als terroristische Vereinigung gelistet, deren „Werbung und Unterstützung“ mit langjährigen Haftstrafen geahndet werden können.

Das PKK-Verbot basiert neben den sogenannten „Anti-Terrorparagraphen“ 129, 129a und 129b StGB auch auf dem §20 Vereinsgesetz. Auf dieser juristischen Grundlage wurde im Oktober 1993 das PKK-Verbot verhangen und somit die sofortige Schließung zahlreicher kurdischer Kulturvereine, Verlage, Clubs und Medienorganisationen bewirkt. Damit einher gingen massive Überwachungs- und Durchsuchungsaktionen des Staatsschutzes. Das PKK-Verbot löste daraufhin die schwerste Repression gegen eine migrantische Bevölkerungsgruppe in Deutschland aus. Zahlreiche Kurd_Innen sitzen bis heute wegen angeblicher Sympathien und Unterstützung von gewalttätigen Aktionen der PKK unschuldig in Haft. Führende Politiker_Innen weigerten sich deren Gefängnisaufenthalte zu bezahlen und forderten die „schnelle Abschiebung krimineller Kurden“. Eine Abschiebung, die in den meisten Fällen eine sichere Auslieferung an Folter, Gefängnis oder auch eine drohende Exekution bedeutet und einen schweren Eingriff in das Asylrecht darstellt.

Pkk_supporters_london_april_2003

Ersatz für das verbotene PKK-Symbol: Fahnen mit einer Abbildung Abdullah Öcalans

Der medial geschürte Hass gegen die „Terrorkurden“ gipfelte 1994 im Tod des 16 jährigen Halim Dener in Hannover, dem Polizisten für das Ankleben eines PKK-Plakates eine Kugel in Rücken schossen. Höchste Gerichte beschäftigen sich monatlich mit der Frage, welche Hemdfarbe bei Öcalans Abbildung auf Fahnen und Plakaten während Demonstrationen erlaubt ist. Abdullah Öcalan, der ideologische Anführer der PKK sitzt seit 1999 schwer bewacht auf einer Gefängnisinsel, bis 2009 in Isolationshaft, heute mit fünf Mitgefangenen.

Bis heute, 15 Jahre nach dem offiziellen Gewaltverzicht der PKK, werden kurdische Demonstrationen haargenau überwacht und Einzelpersonen gezielt vom Verfassungsschutz angesprochen. Die kurdische community in Deutschland wird ferner so genau überwacht, dass den Einwanderungsbehörden in regelmäßigen Abständen „Beweise“ geliefert werden, welche dazu führen, dass etlichen kurdischen Jugendlichen und Erwachsenen, die legale kurdische Vereine besuchen, eine Einbürgerung unter Verweis auf ihre „extremistischen“ Bestrebungen verweigert wird. Dahingegen war der Staatsschutz mit dem offen militant und rechtsextrem auftretenden NSU scheinbar „restlos überfordert“, sodass dieser zahlreiche rassistisch motivierte Mordanschläge durchführen konnte. Kein Wunder, wenn Altkanzler Kohl damals schon nicht die rassistischen Pogrome und Anschläge in Hoyerswerda, Rostock, Mölln und Solingen, sondern eine gehäufte Anzahl von Autobahnblockaden durch kurdische Aktivist_Innen als „neue Dimension des Terrors“ bezeichnete.

In Zeiten der Krise und des sozialen Umsturzes können Kapitalismus und Faschismus schließlich zur Erhaltung der bestehenden Ordnung zu engen Freund_Innen werden: Das zeigte sich bereits 1933 bei der nationalsozialistischen Machtübernahme und zeichnet sich in der Ukraine immer mehr ab. Man verurteilt in der Öffentlichkeit rechte Gewalt und Rassismus und arbeitet im Hintergrund mittels V-Leuten und den verdeckten Ermittler_Innen des Geheimdienst in rechten Parteien, wie der NPD oder in Kameradschaften. Bei den NSU-Morden hat sich besonders der Verfassungsschutz in Erklärungsnot gebracht, warum mehrere Hunderttausend Euro an Geldern geflossen sind und weshalb ein Mitarbeiter kurz vor dem Mord an Halit Yozgat in Kassel anwesend war – und man von keiner faschistischen Terrorgruppe in Deutschland wusste. Rechter Terror wird entweder von vorneherein ausgeschlossen oder als Einzeltat abgetan – unter dem Decknamen Gladio, baute die NATO solche Strukturen aus politischem Interesse gezielt selbst mit auf. Ziel ist hier auch die Niederschlagung eventueller linker Bewegungen.

Was zur Hölle ist §129?

Man misst also mit zweierlei Maß. Militante Aktionen linker Gruppierungen werden in nahezu 100% der Fälle als „Organisationsdelikt“ nach §129a verurteilt und damit jegliche Unterstützung, Kontakt oder Mitgliedschaft in der betreffenden Organisation unter Strafe gestellt. Damit wird sogar der Nachweis eines individuellen Straftatbestandes hinfällig, da alle Straftaten der Organisation dem oder der Einzelnen zur Last gelegt werden können.

Die Verfolgung linker Staatsgegner_Innen mit §129 hat in Deutschland bereits eine lange Tradition. Bereits 1871 wurde der Paragraph ins Reichsgesetz aufgenommen und diente seit jeher der Verfolgung einer sich organisierenden Arbeiter_Innenbewegung, aus der die SPD und die Gewerkschaftsbewegung hervorging. Über verschiedenste Systeme hinweg, vom preußischen Polizeistaat, über die Weimarer Republik, dem Faschismus, bis hin zur imperialistischen BRD von heute wurde der Paragraph 129 zur Verfolgung von linken Aktivist_Innen genutzt. Das PKK-Verbot ist nur ein Glied in einer Kette, die an die politische Verfolgung von Kommunist_Innen Studierendenvereinigungen, Solidaritätskomitees, Hausbesetzer_Innen, Frauenzentren, Gewerkschaftler_Innen, und Atomgegner_Innen anschließt und an deren Spitze heute die Verfahren gegen Berliner Genoss_Innen der Gruppe „Revolutionäre Zellen“ stehen.

Die Repressionsparagraphen 129, 129a und 129b stellen eine mächtige Waffe des bürgerlichen Staates zum Schutz der deutschen Kapitalinteressen dar. Die Definition, wer oder was eine „terroristische Vereinigung“ ist, kann willkürlich hinter den undurchsichtigen Türen des Innenministeriums festgelegt werden. Was sich heute gegen die Kurd_Innen richtet, kann morgen also schon den Haftbefehl für jeden von uns bedeuten. Gerade in Zeiten der Krise nimmt die Repression des Staates zu und die Angriffe gegen den sich formierenden Widerstand werden schärfer. Revolutionär_Innen sollten niemals Illusionen in den bürgerlichen „Rechtsstaat“ haben, dessen „Schutzinstrumente“ früher oder später gegen revolutionäre Bewegungen der Arbeiter_Innen und der Jugend eingesetzt werden. Der Militäreinsatz während des vergangenen Generalstreiks in Belgien oder die Einkesselung der Blockupy-Demo 2013 sind ein gute Beispiele dafür. Aufgabe für Revolutionär_Innen ist es also sich jeglichen Repressions- und „Anti-Terrorgesetzen“ entgegenzustellen und sich auch von scheinbar progressiven Maßnahmen, wie dem NPD-Verbotsverfahren oder den Demonstrationsverboten für PEGIDA, nicht täuschen zu lassen. All diese Einschränkungen bürgerlicher Freiheiten werden sich problemlos auch gegen Widerstand von links richten können.

Dass sich die Verfolgung mit §129a vor allem gegen die PKK richtet, begründet sich wohl eher nicht in ihrer besonders „revolutionären“ Politik, sondern in den Handelsbeziehungen des deutschen Kapitals zur Türkei. Wie die offizielle Verbotsverfügung ganz unverhohlen deutlich macht, gefährde die PKK die „außenpolitischen Belange der BRD“ (Zitat Verbotsverfügung) erheblich. Dabei ginge es allein um die Anschläge, die PKK-Aktivist_Innen auf türkische Einrichtungen in Deutschland verübt hätten. Von viel größerer Bedeutung scheinen wohl eher das jährliche Handelsvolumen von 33,8 Mrd. € und Rüstungsexporte
(welche wiederum gegen die PKK im Südosten der Türkei eingesetzt werden) in Millionenhöhe zu sein. Um die Geschäfte deutscher Kapitalist_Innen mit der Türkei zu sichern, packt der bürgerliche Staat mit an und versucht die Feinde des Geschäftspartners in Deutschland ruhigzustellen.

PKK-Verbot und NATO-Aufstandsbekämpfung

Das PKK-Verbot muss zudem im Kontext der NATO-Counterinsurgency-Strategy (Aufstandsbekämpfungsstrategie) gesehen werden. Seit dem Ende des „Kalten Krieges“ gab sich die militärische Allianz westlicher Staaten das Mandat, in jegliche Konflikte und Länder militärisch zu intervenieren, die in irgendeiner Weise die Profitinteressen des Westens unter der Führungsmacht USA gefährdeten. Die anti-kolonialen Kämpfe der nationalen Befreiungsbewegungen bürgten die Gefahr einer territorialen Neuordnung strategisch wichtiger Regionen, sodass die NATO nicht tatenlos zugucken konnte. Damit einher ging ein breites Repertoire an Hetze, deren Definition von „Freiheitskämpfer_Innen“ und „Terrorist_Innen“ sehr flexibel und anpassbar ausfiel. Besondere Rücksicht wird seit jeher auf die Konflikte des strategisch wichtigen NATO-Partners Türkei genommen, dessen rassistische Staatskonzeption ferner kaum Raum für eine kurdische Identität lässt. Die Formierung eines kurdischen Staates gilt aus Sicht der NATO zudem als schwer kontrollierbar, sodass sich die Spitze der kurdischen Befreiungsbewegung, die PKK, kurz nach ihrer Gründung auf jeglichen Terrorlisten der EU-Staaten, der USA und eben der Türkei wiederfand.

Perspektive

Wir setzen uns für die Gründung eines freien, sozialistischen kurdischen Staates ein, der Kurd_Innen aus Syrien, dem Iran und dem Irak mit umfassen soll!

Wir kritisieren an dieser Stelle scharf die poststalinistische bis libertär-anarchistische Theorie, die utopischen Ideen Öcalans und die willkürliche Praxis der PKK und der PYD, die Frage des Privateigentum an Produktionsmitteln und dessen Vergesellschaftung wird nicht gestellt. Diese Politik entspricht dem kleinbürgerlich – nationalistischem Klassencharakter dieser Gruppen, was nicht heißt, dass PKK nicht auch in der Arbeiter_Innen – und Bauernschaft stark verankert ist, wo sie einen großen Teil ihrer Basis hat.

Wir sehen eine Zusammenarbeit mit den imperialistischen Staaten des Westens als keine Option für die Entstehung eines freien Kurdistans an. Auch die klassenübergreifende Politik zwischen Bürgerlichen und Arbeiter_Innen in einem kurdischen Staat, lehnen wir ab, gleichzeitig finden wir aber den gemeinsamen, militärischen Kampf gegen die Angriffe des IS oder der Türkei richtig.

Eine revolutionäre Politik für die Kurden bedeutet für uns aber, dass die Macht in der Hand der Arbeiter_Innenschaft liegt und nicht mit bürgerlichen Kräften geteilt wird. Unserer Meinung nach ist die Befreiung des kurdischen Volkes nur auf sozialistischem Wege möglich und die treibende Kraft dafür sind die Lohnabhängigen und Bauern.

Die demokratischen Strukturen in Rojava sind zwar ein wichtiger Schritt, aber kein Ersatz für ein proletarisches Rätesystem. Dieses sollte mit gewählten Vertretern der Region die Organisation der Wirtschaft, Verwaltung, Versorgung und Verteidigung demokratisch organisieren.

Nichtsdestotrotz solidarisieren wir uns mit dem Befreiungskampf gegen den Imperialismus, die klerikal-faschistischen Mörderbanden des IS und den rassistischen Unterdrückungskrieg des türkischen Staates, denn bei einem Sieg der reaktionären Kräfte rückt die Frage eines sozialistischen Kurdistans weiter von uns weg.

Der kurdische Freiheitskampf ist der fortschrittlichste der gesamten Region! Besonders im Hinblick auf die Gleichstellung der Frau nimmt er eine Vorreiterrolle ein, beispielsweise die eigenständige Frauenmiliz. Praktische Solidarität sollte sich dabei nicht nur in Protesten gegen Waffenlieferungen an die Türkei, sondern auch in Spendenkampagnen und einem konsequenten Eintritt für die Aufhebung des PKK-Verbots äußern. Noch immer tobt der Kampf in Rojava gegen die Truppen des IS, weiterhin werden Waffen, Munition, Lebensmittel und Medikamente gebraucht. Kobanê liegt in Trümmern: Für den Aufbau der Stadt wird jeder Cent benötigt und kann helfen die kurdische Autonomie in Rojava zu erhalten. Wer helfen will kann dies über die Kampagne „Solidarität mit Rojava“ (LINK: https://www.facebook.com/WaffenFuerRojava?fref=ts )tun, deren Gelder direkt der PYD übergeben werden. Unserer Meinung nach können wir in einem Krieg mit der Unterstützung nicht warten, bis in Kurdistan eine sozialistisch-revolutionäre „Wunschpartei“ existiert – auch wenn wir die sicher als notwendig betrachten – sondern sollten die fortschrittlichen Kräfte unterstützen UND ihnen unsere Kritik und unsere Vorschläge vorbringen.

Wer seine Unterstützung auf der Straße zeigen will, dem bietet sich hier Gelegenheit dafür:

Demonstrationen gegen das PKK-Verbot am 21.02.

Berlin / 14:00 Uhr / Potsdamer Platz

Köln / 13:00 Uhr / Rudolfplatz

Darüber hinaus müssen wir politische Justiz, Ausländerbehörden, Politiker_Innen, bürgerliche Medien und NATO-Militärs durch Massenbewegungen und Streiks in Betrieben, Schulen und Unis unter Druck setzen!

  • Für die Aufhebung des PKK-Verbots und weg mit den politischen Betätigungsverboten für Kurd_Innen! Für die Streichung der PKK von allen Terrorlisten!
  • Freiheit für alle politisch Inhaftieren durch die Repressionsparagraphen 129a und 129b!
  • Sofortiger Stopp aller Rüstungsexporte an den Unterdrückerstaat Türkei!
  • Nieder mit der NATO-Aufstandsbekämpfung und für das Selbstbestimmungsrecht aller Völker!
  • Für ein sozialistisches freies Kurdistan!

Ein Artikel von Marvin Schutt, REVOLUTION Berlin




Terroranschlag auf Charlie Hebdo – Nein zu Rassismus und “demokratischer” Heuchelei!

Vor einigen Tagen veröffentlichten wir hierzu bereits eine Stellungnahme des Sekretariats der Liga für die Fünfte Internationale (http://www.onesolutionrevolution.de/international/charlie-hebdo-islamistischer-terrorismus-republikanischer-rassismus/) Diese hier stammt nun von der NaO Berlin.

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nao-prozess.de

Der Terroranschlag vom Mittwoch, dem 7. Januar auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo in Paris, dem 12 Menschen zum Opfer fielen, erschüttert uns. Der Anschlag richtete sich gegen eine Zeitschrift, die u.a. für ihre umstrittenen Karikaturen von Religionen unterschiedlicher Konfessionen bekannt war. Die Tat, die wahrscheinlich von islamistischen Terroristen begangen wurde, war fraglos ein reaktionärer Akt, der durch nichts zu rechtfertigen ist. Unsere Anteilnahme gilt den Angehörigen der Opfer.

Doch der Anschlag hat nicht nur Millionen erschüttert, er hat auch ein politisches Erdbeben in Europa ausgelöst. Er zeigt die reaktionären Wirkungen des individuellen Terrorismus. Die französische und europäische „bürgerliche Öffentlichkeit“ stellt den Anschlag als Angriff auf die „Meinungsfreiheit“ dar. Mit anti-muslimischem Rassismus und Imperialismus hätte er nichts zu tun. Doch allein die Reaktion rechter und rechtsradikaler Kreise straft eine solch vereinfachte Sicht Lügen.

Schon vor dem Attentat gab es in Frankreich laut französischen Medien zwei Angriffe auf Moscheen mit Schusswaffen und Granaten. In den vergangenen Monaten brannten auch in Deutschland und Schweden Moscheen. Die europäische Rechte spürt Wind in ihren Segeln und hofft, von der Empörung über das Attentat profitieren zu können. Welch widerliches Schauspiel, welch ein Hohn für die Opfer und ihre Hinterbliebenen. Vor allem aber: Welche bedrohlichen Folgen auch für die migrantischen und muslimischen Gemeinden, für die Linke und ArbeiterInnenbewegung!

Fest der Heuchelei

Auch die Reaktionen der französischen Regierung und der deutschen Politik sind an Heuchelei kaum zu übertreffen. Frankreichs Präsident Hollande ließ nicht nur verlauten, dass er den Terroranschlag als einen „Angriff auf die gesamte Republik“ verstanden wissen wolle. Er sei auch ein Angriff auf „die Ideale von Frieden und Gerechtigkeit, die Frankreich auf der internationalen Bühne umzusetzen versuche. (…) Diese Botschaft von Frieden und Toleranz, die wir auch mit unseren Soldaten gegen Terror und Fundamentalismus verteidigen.

Hier werden nicht nur Geschichte und Gegenwart des französischen Imperialismus mit Kolonialismus und Kriegen auf dem afrikanischen Kontinent und in der arabischen Welt, der fortwährend tausende Menschen ermordet und Millionen in Armut hält, zu einer Geschichte des Friedens und der Toleranz umgedichtet. Es ist auch eine Drohung, diesen Würgegriff nach Außen und Innen mit militärischer Gewalt zu verstärken.

In die gleiche Kerbe schlug auch Bundespräsident Gauck, als er sagte, dass der Terroranschlag ein „Angriff auf die Freiheit der Franzosen, der Europäer und der freien Gesellschaft“ wäre. Die freie Gesellschaft, nach Gauck natürlich ein Privileg der westlichen Zivilisation, müsse verteidigt werden. Auch er zieht eine klare Frontlinie zu allen Nationen und Menschen außerhalb dieser „freien Gesellschaft“. Sogar die Tagesschau verwies immerhin darauf, wie sozial benachteiligt und rassistisch unterdrückt MigrantInnen in den Banlieus der „freien Gesellschaft“ Frankreich sind. Letztlich schafft der Imperialismus mit seiner Weltordnung selbst immer wieder die Bedingungen, die auch zu solchen verzweifelten wie sinnlosen Akten von „Protest“ und „Widerstand“ führen.

Überhaupt sind diese lupenreinen „Demokraten“ auch so „frei“ eindeutige Schlüsse über Motive und Zugehörigkeit der Täter zu schließen, wenn selbst viele Journalisten und an der Untersuchung Beteiligte kritische und bisher unbeantwortete Fragen aufgeworfen haben. Auch werden vollkommen willkürlich politischer Islam, islamischer Fundamentalismus und islamistischer Terror – allesamt reaktionäre Ideologien – jedoch mit unterschiedlicher Anhängerschaft und unterschiedlichem Charakter in einen Topf geworfen. Die extreme Rechte spart sich gleich alle diese Unterscheidungen und hetzt direkt gegen den gesamten Islam.

Daher wird auch nicht in erster Linie die reale Gefahr einer weiteren Zuspitzung des anti-muslimischen Rassismus benannt, sondern von allen bürgerlichen Regierungen die „nationale Einheit“ beschworen. Diese zielt jedoch nicht einfach auf die Verteidigung demokratischer Rechte ab, die auch wir SozialistInnen verteidigen. Sie zielt auf eine klassenübergreifende „nationale Einheit“ zur Verteidigung des Imperialismus und der bürgerlichen Herrschaft. So wird aus einem reaktionären Terroranschlag eine fiktive Gefahr konstruiert, um eine ihrem Charakter nach reaktionäre Bewegung ins Leben zu rufen. Die rechtspopulistischen Bewegungen und faschistischen Organisationen gehen ihrerseits einen Schritt weiter und ignorieren die demokratische Facette. Sie suchen direkt den offenen Konflikt mit der gesamten migrantischen und muslimischen Bevölkerung – ebenfalls im Namen der Nation.

RevolutionärInnen und Anti-KapitalistInnen müssen diese Offensive der „nationalen Einheit“ und der Volksfront, die im säkularen Frankreich ironischerweise unter dem Slogan der „union sacrée“ (Heilige Union) daherkommt, entschieden ablehnen! Dieser Versuch, die Einheit der „bürgerlichen Demokraten“ zu beschwören, muss unweigerlich die Initiative der ArbeiterInnenbewegung, der migrantischen, muslimischen Bevölkerung und der Linken sowohl gegen Fundamentalismus, die erstarkende Rechte, als auch die imperialistische Innen- und Außenpolitik ersticken. Die Politik der „Nationalen Einheit“ schwächt in jedem Fall die Linke und wird die Rechte stärken.

Der französische Journalist Julien Salingue stellte richtig fest, dass das „Französische Modell des Zusammenlebens“ nicht angegriffen wurde. Dieses “Modell” ist ein Mythos, um den strukturellen Rassismus in Frankreich zu vertuschen. „Niemand“, so Salingue weiter, „wird mich zwingen, das Gesicht der `Barbarei`, die bedroht ist, zu verteidigen. Nein, `republikanische Einheit`, rassistische Kräfte und selektive Empörung sind keine Antwort, und niemand wird mich zwingen, meine Stimme den Berufspolitikern aller Art zu geben.

Wir treten für die gemeinsame Mobilisierung von linken Parteien, Gewerkschaften und sozialen Bewegungen gegen den Rassismus ein. Die Einheit zur „Verteidigung des Säkularismus“ oder „der Demokratie“ mit offen bürgerlichen Parteien lehnen wir ab.

Eine Einheitsfront gegen den Rassismus wird bitter nötig sein. Der erste Schlag müsste sicherlich gegen die erstarkenden rechten Mobilisierungen gerichtet werden. Aber die Regierungspolitik in Frankreich und Deutschland, die in letzter Instanz durch ihre imperialistische Außenpolitik, ihre arbeiterinnenfeindliche und rassistische Innenpolitik erst den Nährboden sowohl für die rechten Bewegungen, als auch das Erstarken islamistischer Organisationen schafft, muss herausgefordert werden. Es ist zu erwarten, dass sich Organisationen wie die rechtsradikale „Front National“, aber auch Kräfte wie PEGIDA und die AfD, die bereits einen Tag nach dem Anschlag einen Schulterschluss herstellten, nicht nur stärken, sondern auch radikalisieren. Solange sie ihr Ziel, die Regierungsmacht, nicht erreicht haben, werden sie versuchen, die aktuellen Regierungen zu reaktionären und undemokratischen Gesetzen zu drängen. So forderte die FN-Vorsitzende Marine Le Pen nach dem Anschlag die Widereinführung der Todesstrafe. Auch in Deutschland wurden sofort Stimmen nach Verschärfung von Anti-Terrorgesetzen, Schleierverbot und der Abschaffung demokratischer Rechte laut.

Natürlich sind islamistisch-fundamentalistische und klerikal-faschistische Regime in gewissen Regionen eine Gefahr. Wir sehen dies in Syrien und Irak, wo der Islamische Staat mit barbarischer Gewalt gegen die Bevölkerung vorgeht und das Recht von nationalen, ethnischen und religiösen Minderheiten mit Füßen tritt. Reaktionäre jihadistische Bewegungen sind auch in Ländern wie Nigeria und Pakistan eine tagtägliche Bedrohung für die Bevölkerung. Wir sehen das auch in den mit der EU verbündeten Staaten der arabischen Halbinsel, die brutal jede demokratische Forderung ersticken. Deshalb unterstützen wir fortschrittliche KämpferInnen wie in Kobanê im Kampf gegen diese Regime – verbunden mit einer sozialistischen Perspektive.

Doch Angriffe auf demokratische Rechte in Europa versetzen nicht diesen Regimen einen Schlag, sondern richten sich gegen die ArbeiterInnenbewegung und führen zu rassistischen Spaltungen in der ArbeiterInnenklasse.

Wir spielen dieses Spiel nicht mit! Wir wissen: Es sind imperialistische Länder wie Frankreich und Deutschland, welche Regionen, wo der Islamismus erstarkt ist, in den Abgrund getrieben und mit Krieg überzogen haben, um dort ihre Profit-Interessen durchzusetzen. Es sind „unsere“ Regierungen, die eine Weltordnung aufrechterhalten, die Menschen weltweit in die Flucht treibt. Diejenigen, die es nach Europa schaffen, werden von Mauern und Rassismus empfangen.

Wir haben auch
nicht vergessen, dass es diese Regierungen sind, die zur Lösung ihrer Krise die Lebensbedingungen und sozialen Errungenschaften der europäischen ArbeiterInnenklasse, der Jugend und Rentner angreifen. Von diesen Angriffen war insbesondere die migrantische Bevölkerung besonders betroffen. Es ist gerade jetzt wichtig, sich an Karl Liebknechts Worte zu erinnern, dass unser Hauptfeind im eigenen Lande steht, dass unsere Gegner v.a. die Regierungen Europas und die europäischen Kapitalisten sind.

Wir, die Neue antikapitalistische Organisation (NaO), rufen daher im gesamten Bundesgebiet zur Teilnahme an linken Demonstrationen gegen PEGIDA am kommenden Montag auf. Wir sagen aber klar, dass wir eine Bewegung gegen Rassismus brauchen, die versucht, linke Parteien, Gewerkschaften und soziale Bewegungen für gemeinsame Mobilisierungen zu gewinnen. Was wir nicht brauchen, sind Veranstaltungen der „nationalen Einheit“, wie sie von Francois Hollande und Sigmar Gabriel beschworen werden.

Eine Stellungnahme der Neuen antikapitalistischen Organisation (NaO) Berlin




Charlie Hebdo: islamistischer Terrorismus, republikanischer Rassismus

Die schrecklichen Anschläge auf das französische Satiremagazin „Charlie Hebdo“ brachten eine weltweite Solidaritätswelle hervor. Doch viele dieser Solidaritäten sind zutiefst heuchlerisch. So benutzen z.B. die Rechten um PEGIDA und der AfD die Anschläge für antimusslimischen Rassismus und bürgerliche Politiker hecken vor lauter Solidarität schon die nächsten „Antiterrormaßnahmen“ und rassistischen Beschlüsse aus. Wir veröffentlichen in diesem Zusammenhang eine Stellungnahme des Sekretariats der Liga für die Fünfte Internationale (http://fifthinternational.org/content/charlie-hebdo-islamist-terrorism-republican-racism) vom 11.01.2015.

Der Überfall auf das Büro der französischen Satirezeitschrift Charlie Hebdo, bei dem am 7. Januar 12 Menschen getötet wurden, muss einhellig verurteilt werden. Es war ein krimineller Akt von Verfechtern einer reaktionären politischen Philosophie, die von der überwältigenden Mehrheit der französischen MuslimInnen wie auch der französischen ArbeiterInnenklasse und der Jugend verabscheut wird. Ihm folgte eine Geiselnahme mit noch einmal 5 Todesopfern. Unser aufrichtiges Mitgefühl und Beileid gilt den Familien und KollegInnen der Opfer.

Was die Motive der Attentäter auch gewesen sein mögen – die Folgen werden eine Verstärkung der rassistischen und religiösen Unterdrückung sein. Die Statements der politischen Elite Frankreichs machen deutlich, dass sie entschlossen ist, die Attentate zu nutzen, um jede Politik und alle Praktiken des französischen Staates zu rechtfertigen. Das  wird umso weiter den Nährboden für den islamistischen Terrorismus bereiten. Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande behauptet: „Wir werden bedroht, weil wir ein Land der Freiheit sind.“ Sein Amtsvorgänger Nicholas Sarkozy sagte: „ Es war eine Kriegserklärung gegen die Zivilisation. Angesichts von Barbarei muss sich die Zivilisation selbst verteidigen.“ Keine dieser Aussagen entspricht der Wahrheit.

Der französische Staat hat seine eigene Geschichte der Barbarei, welche die arabische und moslemische Bevölkerung in Nordafrika und im Nahen Osten heimgesucht hat und reicht vom algerischen Krieg bis zu gegenwärtigen Interventionen in der Sub-Sahara. Diese barbarischen Akte stellen jenen gegen Charlie Hebdo weit in den Schatten. Die Kriege und Besetzungen allein der letzten anderthalb Jahrzehnte, die von der NATO und ihren Verbündeten geführt wurden, die mörderischen Attacken von Israel auf die PalästinenserInnen, v.a. im Gaza-Streifen, haben viele Menschen mit moslemischem Hintergrund entfremdet und empört. Auch das Kopftuchverbot an Schulen oder das alternativlose Schweinefleischangebot in Schulkantinen haben dazu beigetragen. Ex-Präsident Sarkozys Drohung, er wolle die französischen Vorstädte ‚kärchern’, hat den Zorn einer Jugend ohne gesellschaftliche Perspektive erregt, die als ‚racaille’ – ein Schimpfwort für Kleinkriminelle v.a. mit arabischen Wurzeln – bezeichnet werden.

Die regelmäßige Verfolgung arabischstämmiger Jugendlicher in den Vorstädten, die rassistische Agitation von Seiten der wachsenden rechtspopulistischen Kräfte unter Führung von Marine Le Pens Front National, all dies bildet den Hintergrund, vor dem Charlie Hebdos bewusst provozierende Karikaturen als „Rechtfertigung“ für individuellen Terror herhalten mussten, der nun wiederum brennende Moscheen und Pogrome der radikalen Rechten zur Folge haben könnte.  Mit der Veröffentlichung rassistischer Karikaturen über Muslime oder AfrikanerInnen hat die Zeitschrift die Welle von Islamophobie, die nicht nur Frankreich, sondern ganz Europa durchzieht, verstärkt, ja sogar legitimiert.

Das Argument von einigen Linken in Frankreich wie auch auf internationaler Ebene, es ginge v.a. um die Verteidigung der freien Rede und des Säkularismus, die durch die (islamistische) religiöse Borniertheit und Intoleranz in Gefahr sei, ist völlig falsch. Diese Meinung lässt den Zusammenhang von Imperialismus, Rassismus und Krieg durch die NATO-Mächte völlig außer Acht. Sie beherrschen und plündern weiter die Ölreserven des Nahen Ostens.

Die Anerkennung der Rede- und Pressefreiheit bedeutet nicht, alle Wahrnehmungen dieses Rechtes zu billigen. Wie bei allen formalen Rechten darf deren Wahrnehmung nicht das Recht anderer, dadurch nicht in Gefahr gebracht zu werden, einschränken. Genau dies geschieht jedoch, denn muslimische u.a. Gemeinden werden nun genau dieser Gefahr ausgesetzt.

In Frankreich haben Säkularismus und Satire gegen religiöse Ideen und Institutionen eine lange Tradition durch die großen revolutionären Bewegungen des 18. und 19. Jahrhunderts. Damals war die immer noch ungeheuer mächtige katholische Kirche, die die konterrevolutionären Kräfte gegen die Republik unterstützte, Zielscheibe der Kritik. Die Verteidigung dieses Erbes war eine Säule der Ideologie im französischen Bürgertum, ein wesentlicher Teil seines Anspruchs, Modernität und Zivilisation zu verkörpern. Jedoch bedeutet die Gleichsetzung der Angriffe auf die Religion der alten herrschenden Klasse mit Attacken auf die Religion von unterdrückten Minderheiten, mit den Unterdrückern an einem Strang zu ziehen.

Demokratische Rechte

SozialistInnen verteidigen das Prinzip eines weltlichen Staates gegen alle Versuche, der Religion einen bevorzugten Platz im öffentlichen Leben einzuräumen. Wir verteidigen die Freiheit der Religionskritik genauso entschlossen, wie wir jede Form von Kritik zurückweisen, die dies mit rassistischer Hetze verbindet. In ganz Europa wollen Rassisten antirassistische Gesetze umgehen, indem sie vorgeben, den Islam lediglich als Religion zu kritisieren. Sie nehmen Themen wie Frauenfeindlichkeit und Homophobie zum Anlass, um daraus ein Bild von Moslems als generell reaktionären und gefährlichen fremden Elementen zu zeichnen. Diese Aufstachelung von Islamophobie, d.h. von Hass auf und von Furcht vor Moslems, ist genauso verwerflich wie antisemitische Hetze.

Natürlich ist Charlie Hebdo kein rechtes oder generell rassistisches Hetzblatt. Es hat zum Verbot der Front National aufgerufen und deren Führer, Vater und Tochter Le Pen, heftig karikiert. Seine Verteidiger betonen, dass Charlie Hebdo auch den Papst und auch andere Religionen wie den Judaismus aufs Korn genommen hat. Aber die Angriffe auf Moslems und den Islam sind von anderer Qualität und können nicht vom Vorwurf der boshaften Islamophobie reingewaschen werden. Die Karikaturen waren keine tapfere Verteidigung der Pressefreiheit, sondern hinterhältige Angriffe auf eine verfolgte und benachteiligte Minderheit.

16039261829_7fd50c5638Was ihre Urheber auch beabsichtigt haben mögen, die Kampagne ‚Je suis Charlie’ der sozialen Internetmedien, die das Web mit den Karikaturen des Magazins überschütten wollen, kann nur reaktionäre Folgen haben. Ihre Botschaft ist klar: entweder man erklärt seine Identität mit Charlie Hebdo und unterstützt das Recht auf Veröffentlichung rassistischer Karikaturen, oder man stellt sich auf Seiten der Islamisten, die das Attentat verübt haben. Diese Gegenüberstellung gibt nicht nur den Rassisten Auftrieb, sondern reizt unter Umständen auch einige der Opfer der Islamophobie zu weiteren Attentaten auf und damit zu einer weiteren Runde von Mord und Unterdrückung.

Wir verteidigen sowohl das Recht, Religion zu kritisieren, aber auch das Recht, Religion frei von Diskriminierung oder Missbrauch auszuüben. Diese Rechte geben der ArbeiterInnenklasse und sozial unterdrückten Gruppen einen begrenzten Schutz in einer Gesellschaft, in der die ökonomische, politische und ideologische Macht, die Macht der Presse u.a. Medien sich in den Händen der herrschenden Klasse ballt, die religiöse und ethnische Differenzen zu ihren Gunsten ausnutzt.

Diese Rechte nachhaltig zu verteidigen heißt, die Ziele und die Ideologie der französischen herrschenden Klasse abzulehnen. Insbesondere muss den offiziellen politischen französischen VertreterInnen das Recht abgesprochen werden, sie würden die Rechte aller BürgerInnen schützen. Das ist ein falscher Universalismus. Durch die Erhebung des Säkularismus zum geheiligten Prinzip wird damit jede/R, der/die diesem Prinzip nicht huldigt, als nicht zur französischen Gesellschaft zugehörig erklärt. Ebenso weisen wir die Vorstellung zurück, dass der bürgerliche Säkularismus eine Festung der „weltweiten Werte der Aufklärung und europäischen Kultur sei“, die nun von rückwärts gewandten religiösen Fanatikern belagert würde.

Nationale Einheit

Weder der Säkularismus noch die Freiheit der Religionskritik werden in Frankreich oder anderswo in Europa ernsthaft bedroht. Der Säkularismus als Säule des französischen Staates wird nicht durch einen Angriff auf eine Zeitschrift in Frage gestellt. Die Art der Tat verrät vielmehr klar die soziale und politische Isolation der Attentäter. Ein solcher reaktionärer individueller Terror ist die Waffe der Schwachen. Im Gegensatz dazu ist die Verspottung und Dämonisierung einer nationalen und religiösen Minderheit im Namen von satirischer Kritik ein feiges Nachäffen der dominanten Ideologie der herrschenden Klasse. Die zuvor lobenswerte journalistische Geißelung der französischen religiösen und reaktionären Rechten ist kein Milderungsgrund.

Die bedingungslose Unterstützung für Charlie Hebdo durch Medien und politisches
Establishment macht deutlich, dass die Hauptaufgabe von SozialistInnen im Augenblick nicht in der Opposition gegen Selbstzensur oder der Verteidigung der Religionskritik zu suchen ist, sondern in einer klaren Haltung gegen die Idee der Interessensgleichheit aller BürgerInnen Frankreichs. Das ist der wahre Inhalt und Zweck der Hauptkräfte des politischen Spektrums, von der KPF bis zur Front National. Die Großkundgebung am 11. Januar in Paris, der die Front National nur mit dem formalen Argument fernblieb, sie sei nicht eingeladen, ist eine Feier der Einheit der Nation. Obwohl viele Muslime und französische BürgerInnen arabischer Herkunft daran teilnehmen, ist die Einladung für Benjamin Netanjahu, den Schlächter von Gaza, eine Unverschämtheit.

Frankreich ist ein Land, in dem 60-70% der GefängnisinsassInnen muslimischer Herkunft sind. Ihr Bevölkerungsanteil beträgt jedoch nur 12%. In den Gefängnissen werden ihnen grundlegende religiöse Rechte vorenthalten. Die Polizei bestraft Frauen für das Tragen einer Burka auf der Straße. SchülerInnen wird ein Essen ohne Schweinefleisch nicht ermöglicht. Ihre Eltern dürfen nicht auf Schulausflügen mitfahren. Hier ist klar sichtbar, dass der „Säkularismus“ entweder direkt Einfluss auf Rassismus nimmt oder ihm Vorschub leistet. Wer der offiziellen Lesart folgt, beides hätte nichts miteinander zu tun, nimmt dies als Entschuldigung, statt diese Zustände zu bekämpfen und überlässt damit dem Klassenfeind unangefochten eine mächtige Waffe.

Fazit

SozialistInnen verurteilen einmütig Angriffe auf die Pressefreiheit. Wir bekämpfen unnachgiebig die politischen Projekte von Al-Qaida und des Islamischen Staats. Aber wir stellen uns ebenso entschieden gegen jede Anpassung an den staatlichen Rassismus, der angeblich die bürgerliche Demokratie der französischen Republik gegen Klerikalfaschisten verteidigen will, die Europa islamisieren wollen.

Die Verspottung des Islam und prominenter Muslime in Zusammenhang mit einem allgemeinen Anstieg rassistischer Gewalt und religiöser Intoleranz verstärkt unbedingt die Anstrengungen der herrschenden Klasse, ‚den Islamismus’ als existenziellen inneren Feind darzustellen. Es wäre verheerend, wenn SozialistInnen darauf hereinfielen.

Die erfolgreichen Mobilisierungen in Deutschland gegen die islamfeindliche Bewegung  Pegida ‚Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes’ und deren Ableger zeigen, was getan werden kann. Durch die Lenkung der öffentlichen Aufmerksamkeit auf den rassistischen Inhalt der angeblichen ‚Verteidigung der europäischen Zivilisation’ konnten am 5. Januar etwa 30.000 TeilnehmerInnen gegen die 18.000 von Pegida auf die Straße gebracht werden. Wie ihre französischen Kumpane versucht die deutsche Bourgeoisie, dies als Demonstration für „gemeinsame Werte“ hinzustellen, doch die Gegenbewegung hat zumindest deutlich gemacht, dass sie die Rassisten als Gefahr ansieht und nicht die Muslime.

In ganz Europa müssen die Linke und die Arbeiterbewegung Seite an Seite mit den Muslimen gegen rassistisch populistische und faschistische Parteien stehen und beweisen, dass sie sich nicht durch einen Rassismus für dumm verkaufen lassen, der sich als Verteidigung der Redefreiheit und des Säkularismus maskiert. Dann kann auch der Entfremdung und dem Gefühl des Verfolgtseins, das sicher den meisten terroristischen Ausbrüchen zu Grunde liegt, entgegen getreten werden. In den muslimischen Gemeinden kann ein Kampf gegen die reaktionäre islamistische Ideologie in Gang gesetzt werden, die hundert Mal mehr bewirken wird als alle verschärften sog. Sicherheitsvorkehrungen der imperialistischen Staaten.

Eine Übersetzung der Gruppe Arbeitermacht, deutsche Sektion der Liga für die 5. Internationale




Grundlage: Wer sind die "Anti"-Deutschen?

Immer wieder kommt es zu einer Zuspitzung des Nahostkonfliktes, immer wieder feuert die Hamas Raketen auf Israel ab, immer wieder kommt es zu Angriffen auf den Gaza-Streifen durch die israelische Armee und damit zur Kollektivbestrafung der Palästinenser_Innen…und immer wieder kommt es in der deutschen Linken zu einer Diskussion rund um unterschiedliche Positionierungen zu dieser Auseinandersetzung.

Eine besonders provokative, weil zutiefst zynische Position, nehmen dabei die Anhänger_Innen der sogenannten „antideutschen“ Strömung ein. Diese wird nicht müde zu behaupten, dass mehr als 2000 getötete Palästinenser_Innen das Resultat einer gerechtfertigten Verteidigung Israels gegen die Hamas oder Fatah seien. Aber was für eine Ideologie steckt nun genau hinter diesem Weltbild? Dieser Artikel wird versuchen genau hier Licht ins Dunkel zu bringen.

Zunächst einmal ist es wichtig zu betonen, dass es nicht „die eine“ antideutsche Position gibt. Auch in dieser Strömung gibt es unterschiedliche Auswüchse und politische Erscheinungsformen. Dennoch lassen sich einige, immer wieder auftretende Äußerungen der antideutschen Strömung beleuchten. Auch ist es wichtig zu erwähnen, dass sich manche „Antideutsche“ nicht unbedingt als solche selbst bezeichnen.

„Bomber-Harris, hilf uns doch!“

Besonders großen Einfluss haben die Antideutschen in den letzten Jahren in der autonomen, antifaschistischen Szene gewonnen. Den Kern ihrer Faschismusanalyse stellt dabei die Kollektivschuldthese dar. Demnach ist Faschismus nicht der radikalste Ausdruck bürgerlicher Herrschaft in Zeiten kapitalistischer Krisen, dessen oberster Zweck aus Sicht des Kapitals die physische Zerschlagung der Arbeiter_Innenbewegung (z.B. Deutschland 1933) oder die Beihilfe zur Machtergreifung einer Kapitalgruppe (Ukraine 2014) ist, sondern eine autoritäre Haltung, die tief in dem „deutschen Wesen“ verankert sei. Dadurch seien alle Deutschen, die im Nationalsozialismus gelebt haben, auch kollektiv Täter_Innen gewesen. Die einzige Möglichkeit zur Zerschlagung des Faschismus ist folglich nicht etwa eine Arbeiter_Inneneinheitsfront aufgebaut durch deutsche Antifaschist_Innen, sondern eine militärische Intervention bürgerlicher Staaten von außen, vorzugsweise der USA oder Großbritannien. Diese Interpretation von Antifaschismus gipfelt in Slogans wie „Bomber Harris* – Do it again“ oder „USA, hilf uns doch – Deutschland gibt es immer noch“. Hier wird impliziert, dass die Keimzelle für Faschismus mit der Existenz eines deutschen Staates, ja Volkes steht und fällt. Eine fatale These, da die Wurzeln des Faschismus im krisenhaften, kapitalistischen Wirtschaftssystems selbst liegen. Sowohl in Deutschland, als auch in jedem anderen kapitalistischen Staat.

Wertkritik statt Klassenkampf?

Unter „Antideutschen“ sehr beliebt ist die sogenannte Wertkritik, da der marxistische Begriff des Klassenkampfes angeblich eine zu personifizierte und somit rückwärtsgewandte Kapitalismuskritik darstelle. Auch wir wissen, dass jede Klasse, also auch die Bourgeoisie, den kapitalistischen Sachzwängen unterworfen ist. Wenn der Fabrikbesitzer A die Löhne seiner Arbeiter_Innen kürzt, dann tut er das in der Regel nicht, weil er einfach nur gierig und bösartig ist, sondern weil er in Konkurrenz zum Fabrikbesitzer B steht und mit der Lohnkürzung den, von seinen Arbeiter_Innen erarbeiteten Mehrwert steigern muss, um weiterhin auf dem Markt bestehen zu können. Die kapitalistische Konkurrenz führt also systematisch und nicht aus persönlichen Antrieben dazu, dass die Ausbeutung der Arbeiter_Innen immer weiter intensiviert wird. Problematisch an der Wertkritik der „Antideutschen“ ist nun aber, dass sie an diesem Punkt stehen bleibt und keine wirkliche Taktiken und Strategien für den Klassenkampf lieferen, die zur Aufhebung dieses Ausbeutungsverhältnisses führen können.

Als Revolutionär_Innen muss uns aber klar sein, dass sich der Kapitalismus nicht einfach weg kritisieren lässt. Der Kommunismus wird uns nicht eines Tages einfach so auf dem Silbertablet serviert. Was wir hierfür brauchen sind konkrete Taktiken im Klassenkampf, wie beispielsweise Streiks oder Betriebsbesetzungen, um das Interesse der Arbeiter_Innen gegenüber den Kapitalist_Innen durchzusetzen. Dabei geht es nicht darum, wie häufig von den Wertkritiker_Innen vorgeworfen, einzelne Kapitalist_Innen für das kapitalistische Ausbeutungsverhältnis verantwortlich zu machen, sondern darum ganz konkret die Lebensbedingungen der Arbeiter_Innen zu verbessern, ein Klassenbewusstsein zu schaffen und die Arbeiter_Innen zu politisieren um sie so für den revolutionären, antikapitalistischen Kampf gegen das kapitalistische System zu gewinnen.

Mit Israel zum Kommunismus

Anti-German_communist_protesters_in_Frankfurt_in_2006

Unglaubwürdig: „Für den Kommunismus!“ bei gleichzeitiger Solidarität mit dem kapitalistischen Staat Israel.

Die wahrscheinlich größte Gemeinsamkeit aller antideutschen Ideologien stellt wohl die meist bedingungslose Solidarität mit Israel dar. In der Regel stellen „Antideutsche“ an sich selbst den Anspruch, die Geschehnisse auf der Welt aus den gegebenen Strukturen heraus zu erklären. Dieser Anspruch wird jedoch komplett über den Haufen geworfen, wenn es um Israel und dessen Entstehung geht. Der Kapitalismus befindet sich seit nun mehr über 100 Jahren in seinem höchstem Stadium, dem Stadium des Imperialismus. Die Errichtung des Staates Israel nach dem 2. Weltkrieg wurde vor allem von den imperialistischen Staaten Großbritannien und den USA unterstützt. Nun zu glauben, diese Staaten hätten dies aus Mitleid zu den Überlebenden der Shoa gemacht, ist entweder naiv oder zutiefst ignorant. Kein kapitalistischer – und vor allem imperialistischer – Staat handelt aus reiner Menschenfreundlichkeit, stehen sie doch in bitterer Konkurrenz zueinander. Dahinter stehen knallharte, imperialistische Interessen. Viele „Antideutsche“ argumentieren damit, dass der zionistische Staat die logische Konsequenz aus der Shoa ist und somit jede Kritik am Zionismus mit Antisemitismus gleichzusetzen sei. Diese Haltung ist von Kommunist_Innen strikt abzulehnen. Zionismus ist eine völkisch-nationalistische Ideologie, die das Judentum nicht als Religion, sondern als „Volk“ ohne Klassengegensätze darstellt, welches angeblich ein „Fremdkörper“ in Europa sei. Hinzu kommt, dass mit dieser Analyse die rassistische Unterdrückung der Palästinenser_Innen gerechtfertigt wird. Diese Unterdrückung und der reaktionäre Charakter des Zionismus werden von den Antideutschen konsequent geleugnet. So wird beispielsweise palästinensischen Flüchtlingen ihr Flüchtlingsstatus abgesprochen und auch in Deutschland eine latente, rassistische Hetze gegen Migrant_Innen aus muslimisch geprägten Ländern betrieben.

Antizionismus ist also nicht etwa antisemitisch, wie es aus antideutschen Reihen gerne schallt, sondern die konsequente Ablehnung einer reaktionären Antwort auf Antisemitismus, welche letztlich den israelischen Kapitalisten und Herrschern nutzt.

Gegen Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus!

Wir von REVOLUTION setzen uns gegen jede Form der Unterdrückung und Spaltung der Jugend und Arbeiter_Innenklasse ein. In unseren Reihen ist sowohl für Antisemitismus, als auch für anti-muslimischen Rassismus keinen Platz. Aber der Kampf gegen einzelne Symptome reicht nicht aus. Er muss mit dem Kampf gegen das kapitalistische Ausbeutungssystem und für den Sozialismus verbunden werden – in Israel, Palästina und überall!

Ein Artikel von Nina Awarie, REVOLUTION Oldenburg

* Arthur Harris war Oberbefehlshaber der Royal Air Force und im Zweiten Weltkrieg verantwortlich für die Flächenbombardements auf deutsche Städte, was letztlich ebenfalls Ausdruck eines imperialistischen Krieges war.

PS: Du willst mehr über unsere Position im Nahostkonflikt wissen? Dann schaue doch mal bei diesen Links rein:

http://www.onesolutionrevolution.de/allgemein/hamas-antisemitismus-und-ein-saekulares-palaestina-3-punkte-zum-aktuellen-konflikt-in-israel-und-palaestina/

http://www.onesolutionrevolution.de/allgemein/erster-mai-in-israel-ein-land-ohne-arbeiterbewegung/

http://www.onesolutionrevolution.de/allgemein/100-tage-unter-zionisten-augenzeugenbericht-aus-israel/




Grundlage: Wer sind die "Anti"-Deutschen?

Immer wieder kommt es zu einer Zuspitzung des Nahostkonfliktes, immer wieder feuert die Hamas Raketen auf Israel ab, immer wieder kommt es zu Angriffen auf den Gaza-Streifen durch die israelische Armee und damit zur Kollektivbestrafung der Palästinenser_Innen…und immer wieder kommt es in der deutschen Linken zu einer Diskussion rund um unterschiedliche Positionierungen zu dieser Auseinandersetzung.

Eine besonders provokative, weil zutiefst zynische Position, nehmen dabei die Anhänger_Innen der sogenannten „antideutschen“ Strömung ein. Diese wird nicht müde zu behaupten, dass mehr als 2000 getötete Palästinenser_Innen das Resultat einer gerechtfertigten Verteidigung Israels gegen die Hamas oder Fatah seien. Aber was für eine Ideologie steckt nun genau hinter diesem Weltbild? Dieser Artikel wird versuchen genau hier Licht ins Dunkel zu bringen.

Zunächst einmal ist es wichtig zu betonen, dass es nicht „die eine“ antideutsche Position gibt. Auch in dieser Strömung gibt es unterschiedliche Auswüchse und politische Erscheinungsformen. Dennoch lassen sich einige, immer wieder auftretende Äußerungen der antideutschen Strömung beleuchten. Auch ist es wichtig zu erwähnen, dass sich manche „Antideutsche“ nicht unbedingt als solche selbst bezeichnen.

„Bomber-Harris, hilf uns doch!“

Besonders großen Einfluss haben die Antideutschen in den letzten Jahren in der autonomen, antifaschistischen Szene gewonnen. Den Kern ihrer Faschismusanalyse stellt dabei die Kollektivschuldthese dar. Demnach ist Faschismus nicht der radikalste Ausdruck bürgerlicher Herrschaft in Zeiten kapitalistischer Krisen, dessen oberster Zweck aus Sicht des Kapitals die physische Zerschlagung der Arbeiter_Innenbewegung (z.B. Deutschland 1933) oder die Beihilfe zur Machtergreifung einer Kapitalgruppe (Ukraine 2014) ist, sondern eine autoritäre Haltung, die tief in dem „deutschen Wesen“ verankert sei. Dadurch seien alle Deutschen, die im Nationalsozialismus gelebt haben, auch kollektiv Täter_Innen gewesen. Die einzige Möglichkeit zur Zerschlagung des Faschismus ist folglich nicht etwa eine Arbeiter_Inneneinheitsfront aufgebaut durch deutsche Antifaschist_Innen, sondern eine militärische Intervention bürgerlicher Staaten von außen, vorzugsweise der USA oder Großbritannien. Diese Interpretation von Antifaschismus gipfelt in Slogans wie „Bomber Harris* – Do it again“ oder „USA, hilf uns doch – Deutschland gibt es immer noch“. Hier wird impliziert, dass die Keimzelle für Faschismus mit der Existenz eines deutschen Staates, ja Volkes steht und fällt. Eine fatale These, da die Wurzeln des Faschismus im krisenhaften, kapitalistischen Wirtschaftssystems selbst liegen. Sowohl in Deutschland, als auch in jedem anderen kapitalistischen Staat.

Wertkritik statt Klassenkampf?

Unter „Antideutschen“ sehr beliebt ist die sogenannte Wertkritik, da der marxistische Begriff des Klassenkampfes angeblich eine zu personifizierte und somit rückwärtsgewandte Kapitalismuskritik darstelle. Auch wir wissen, dass jede Klasse, also auch die Bourgeoisie, den kapitalistischen Sachzwängen unterworfen ist. Wenn der Fabrikbesitzer A die Löhne seiner Arbeiter_Innen kürzt, dann tut er das in der Regel nicht, weil er einfach nur gierig und bösartig ist, sondern weil er in Konkurrenz zum Fabrikbesitzer B steht und mit der Lohnkürzung den, von seinen Arbeiter_Innen erarbeiteten Mehrwert steigern muss, um weiterhin auf dem Markt bestehen zu können. Die kapitalistische Konkurrenz führt also systematisch und nicht aus persönlichen Antrieben dazu, dass die Ausbeutung der Arbeiter_Innen immer weiter intensiviert wird. Problematisch an der Wertkritik der „Antideutschen“ ist nun aber, dass sie an diesem Punkt stehen bleibt und keine wirkliche Taktiken und Strategien für den Klassenkampf lieferen, die zur Aufhebung dieses Ausbeutungsverhältnisses führen können.

Als Revolutionär_Innen muss uns aber klar sein, dass sich der Kapitalismus nicht einfach weg kritisieren lässt. Der Kommunismus wird uns nicht eines Tages einfach so auf dem Silbertablet serviert. Was wir hierfür brauchen sind konkrete Taktiken im Klassenkampf, wie beispielsweise Streiks oder Betriebsbesetzungen, um das Interesse der Arbeiter_Innen gegenüber den Kapitalist_Innen durchzusetzen. Dabei geht es nicht darum, wie häufig von den Wertkritiker_Innen vorgeworfen, einzelne Kapitalist_Innen für das kapitalistische Ausbeutungsverhältnis verantwortlich zu machen, sondern darum ganz konkret die Lebensbedingungen der Arbeiter_Innen zu verbessern, ein Klassenbewusstsein zu schaffen und die Arbeiter_Innen zu politisieren um sie so für den revolutionären, antikapitalistischen Kampf gegen das kapitalistische System zu gewinnen.

Mit Israel zum Kommunismus

Anti-German_communist_protesters_in_Frankfurt_in_2006

Unglaubwürdig: „Für den Kommunismus!“ bei gleichzeitiger Solidarität mit dem kapitalistischen Staat Israel.

Die wahrscheinlich größte Gemeinsamkeit aller antideutschen Ideologien stellt wohl die meist bedingungslose Solidarität mit Israel dar. In der Regel stellen „Antideutsche“ an sich selbst den Anspruch, die Geschehnisse auf der Welt aus den gegebenen Strukturen heraus zu erklären. Dieser Anspruch wird jedoch komplett über den Haufen geworfen, wenn es um Israel und dessen Entstehung geht. Der Kapitalismus befindet sich seit nun mehr über 100 Jahren in seinem höchstem Stadium, dem Stadium des Imperialismus. Die Errichtung des Staates Israel nach dem 2. Weltkrieg wurde vor allem von den imperialistischen Staaten Großbritannien und den USA unterstützt. Nun zu glauben, diese Staaten hätten dies aus Mitleid zu den Überlebenden der Shoa gemacht, ist entweder naiv oder zutiefst ignorant. Kein kapitalistischer – und vor allem imperialistischer – Staat handelt aus reiner Menschenfreundlichkeit, stehen sie doch in bitterer Konkurrenz zueinander. Dahinter stehen knallharte, imperialistische Interessen. Viele „Antideutsche“ argumentieren damit, dass der zionistische Staat die logische Konsequenz aus der Shoa ist und somit jede Kritik am Zionismus mit Antisemitismus gleichzusetzen sei. Diese Haltung ist von Kommunist_Innen strikt abzulehnen. Zionismus ist eine völkisch-nationalistische Ideologie, die das Judentum nicht als Religion, sondern als „Volk“ ohne Klassengegensätze darstellt, welches angeblich ein „Fremdkörper“ in Europa sei. Hinzu kommt, dass mit dieser Analyse die rassistische Unterdrückung der Palästinenser_Innen gerechtfertigt wird. Diese Unterdrückung und der reaktionäre Charakter des Zionismus werden von den Antideutschen konsequent geleugnet. So wird beispielsweise palästinensischen Flüchtlingen ihr Flüchtlingsstatus abgesprochen und auch in Deutschland eine latente, rassistische Hetze gegen Migrant_Innen aus muslimisch geprägten Ländern betrieben.

Antizionismus ist also nicht etwa antisemitisch, wie es aus antideutschen Reihen gerne schallt, sondern die konsequente Ablehnung einer reaktionären Antwort auf Antisemitismus, welche letztlich den israelischen Kapitalisten und Herrschern nutzt.

Gegen Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus!

Wir von REVOLUTION setzen uns gegen jede Form der Unterdrückung und Spaltung der Jugend und Arbeiter_Innenklasse ein. In unseren Reihen ist sowohl für Antisemitismus, als auch für anti-muslimischen Rassismus keinen Platz. Aber der Kampf gegen einzelne Symptome reicht nicht aus. Er muss mit dem Kampf gegen das kapitalistische Ausbeutungssystem und für den Sozialismus verbunden werden – in Israel, Palästina und überall!

Ein Artikel von Nina Awarie, REVOLUTION Oldenburg

* Arthur Harris war Oberbefehlshaber der Royal Air Force und im Zweiten Weltkrieg verantwortlich für die Flächenbombardements auf deutsche Städte, was letztlich ebenfalls Ausdruck eines imperialistischen Krieges war.

PS: Du willst mehr über unsere Position im Nahostkonflikt wissen? Dann schaue doch mal bei diesen Links rein:

http://www.onesolutionrevolution.de/allgemein/hamas-antisemitismus-und-ein-saekulares-palaestina-3-punkte-zum-aktuellen-konflikt-in-israel-und-palaestina/

http://www.onesolutionrevolution.de/allgemein/erster-mai-in-israel-ein-land-ohne-arbeiterbewegung/

http://www.onesolutionrevolution.de/allgemein/100-tage-unter-zionisten-augenzeugenbericht-aus-israel/




HogeSa, PEGIDA, KAGIDA…viele rassistische Gesichter

Wenn wir gegen Ende des Jahres 2014 auf die Straße gingen, so war und ist noch heute ein häufiger werdender Grund das Stoppen von allerlei Nazis, Rassisten, Islamfeinden, „Bürgerprotesten“ und Asylgegnern, welche mitunter tief aus der bürgerlichen Mitte kommen. In Köln versammelten sich am 26.10. bis zu 5000 Nazis und rechte Hools um gegen „Salafistenschweine“ zu protestieren, zu randalieren und um Passanten zu bedrohen – die Polizei ging kaum dagegen vor, war sowieso unterbesetzt, obwohl im Voraus bekannt war, was da auf Köln zukommt. Auch die Linke fehlte an jenem Tag.

Mit der HogeSa-Bewegung hängt personell die „bürgerfreundliche“ Bewegung zusammen, die von PEGIDA („Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“) in Dresden ausging, wo sich bereits bis zu 17500 (Stand: 22.12.14) Rassisten und „Wutbürger“ an Montagsdemos beteiligten – Tendenz stark steigend.

Ähnliches spielt sich u.a. in Kassel (KAGIDA), Bonn (BOGIDA), Leipzig (LEGIDA) ab. Auch in Berliner Stadtteilen wie Marzahn und Hellersdorf protestieren rechte Bürgerbewegungen zusammen mit Nazis gegen Asylbewerber_Innenheime. Im fränkischen Vorra wurden Flüchtlingsheime am 11.12. sogar in Brand gesteckt und mit Hakenkreuzen beschmiert; zu diesem Zeitpunkt waren sie zum Glück noch unbewohnt.

 

Von Nazis, rechten Hools und rassistischen Bürgern

 

Hogesa

HoGeSa-Demo in Köln: Links zu sehen die Bühne der rechten Hooligan-Band Kategorie C, links von der Laterne in der Mitte, die Fahne der German Defence League

2013 gründete sich HogeSa als loses Netzwerk mit einem Internetforum, über das zu Beginn erst mal geklärt wurde auf welcher Welle der Angst man eigentlich surfen möchte. Man entschied sich bekanntermaßen für die fundamentalistischen Salafisten. Seit Ende letzten Jahres kam es immer wieder zu teilweise gewalttätigen Störungen salafistischer Demos oder Veranstaltungen in Baden-Württemberg. Die Aktion in Köln stellte die erste nicht lokale Mobilisierung dar.

Kurz nach dem Erfolg der Rechten in Köln kam es zu massiven Streitereien und diversen Spaltungen in der Führung der Bewegung. Die Hamburger Hooligans distanzieren sich von Parteien wie NPD und Die Freiheit, weil sie (in ihnen) keine parlamentarische Perspektive für eine rechte Bewegung sehen. Generell darf man sich HogeSa aber auch nicht als Organisation vorstellen, sondern als loses Netzwerk, dessen Grundkonsens über „gegen Salafisten“ auch nicht groß hinausgeht.

 

Mit diesem Grundkonsens konnte man zudem – auch wegen des gewalttätigen Auftretens in Köln – keinen breiten Anklang bis in die Mitte der Gesellschaft finden. Das klappt umso besser, da Nazis, Burschis und rechten Hools nun im PEGIDA-Becken rassistischer, nationalistischer Bürger nicht nur mit schwimmen, sondern GIDA-Aktionen auch selbst initiieren. Auf die Weise finden sie Anklang bis tief in die bürgerliche Mitte.

Grundkonsens ist der Kampf gegen die vermeintlichen Bedrohungen „Asylflut“, „islamistischer Terror“, „Überfremdung“ und Antifaschismus, etc., was selbstverständlich jede wissenschaftliche Analyse ausschließt, seien es die Ursachen von Flucht oder die Berücksichtigung der Tatsache, dass Migrant_Innen mehr in das Sozialsystem einzahlen als sie daraus beziehen.

 

Der Salafismus, welchen PEGIDA und Co. vorgeben zu bekämpfen, wird erst gar nicht analysiert und man belässt es bei vorurteilbehafteter, oberflächlicher Hetze. Für eine fortschschrittliche Arbeiter_Innenbewegung stellt religiöser Fanatismus eine Gefahr da, die es zu beachten gilt – aber fundiert und differenziert. Der Salafismus ist eine klerikale, erzreaktionäre, fundamentalistische Strömung innerhalb des Islamismus. Er wirbt auch in Deutschland junge Menschen für den Islamismus und indirekt für den IS an, welche oft ausgegrenzt und sozial stark benachteiligt sind. Mehr zu diesem Thema findest du hier: http://www.onesolutionrevolution.de/international/grundlage-zum-islamismus-klerikal-reaktionaer-und-arbeiter_innenfeindlich/

Bei PEGIDA wird diese auf jeden Fall zu bekämpfende Ideologie des Islamismus aber lediglich zum islamfeindlichen Vehikel für die eigene, reaktionäre Ideologie und oft wird der Islam als Religion mit dem Terror des Islamismus gleichgesetzt. Es stellt ihre Möglichkeit da, bürgerliche Ressentiments auf einen Haufen zu werden und den Kampf der Kulturen, manche sprechen bereits von Völkern, zu beschwören. Was haben jedoch asylsuchende Menschen mit Islamismus zu tun? Wieso wird die kurdische Gruppe PKK, deren Mitglieder offen gegen den IS kämpfen, verunglimpft? Warum wird die antifaschistische Bewegung als Feind dargestellt? – In diesem Zusammenhang ist das in den Müll fliegende Hakenkreuz nur noch als Farce zu betrachten!

Links am Transparent, PEGIDA-Anführer Lutz Bachmann: Moralapostel gegen den Verfall der Werte des Abendlandes - Kokain-Handel, Einbrüche rund um Dresden und Verweigerung der Unterhaltszahlung. Vor einer mehrjährignen Haftstrafe floh er nach Südafrika, wurde jedoch wieder nach Deutschland abgeschoben

Links am Transparent, PEGIDA-Anführer Lutz Bachmann: Moralapostel gegen den Verfall der Werte des Abendlandes – Kokain-Handel, Einbrüche rund um Dresden und Verweigerung der Unterhaltszahlung stehen in seiner Akte. Vor einer mehrjährignen Haftstrafe floh er nach Südafrika, wurde jedoch wieder nach Deutschland abgeschoben

Wir setzten diesen reaktionären Ideologien – sei es der Rassismus der Nazis, Hools und „Wutbürger“ oder der klerikale Salafismus – eine Klassenanalyse entgegen:

Für uns sind diese Bewegungen Teil der kapitalistischen Klassengesellschaft und Ausdruck der darin stattfindenden Klassenkämpfe. Die Krise des Kapitalismus geht mit staatlichem und medialem Rassismus und Nationalismus („Wir sind Exportweltmeister“) zur Ablenkung von der eigentlichen Krisenursache und zur Spaltung der Unterdrückten einher.

Als soziale Basis des Rechtsrucks sind zum einen Teile des vom sozialen Abstieg bedrohten Kleinbürgertums und Mittelstandes zu nennen. Diese Gruppe aus Selbstständigen, Kleinunternehmern und Händlern werden zwar nicht mittels Lohnarbeit ausgebeutet – im Gegenteil, teilweise finden sich hier auch mittlere Kapitalisten, welche selbst ausbeuten – jedoch sind sie abhängig vom Großkapital und gleichzeitig von diesem bedroht. Wenn diese Schicht in der Krise ihren sozialen Stand wahren will, so würde sie das vielleicht gerne zu Lasten des Großkapitals tun, da dieses aber ökonomisch zu mächtig ist, kann das nur über den Rücken der Lohnabhängigen geschehen. Teile dieser Schicht brechen unter dem ökonomischen Druck nach rechts aus und suchen nach einem „Grund“ für ihre bedrohliche Lage, welcher hier in einer angeblichen „Asylflut“ und „Islamisierung“ gefunden wurde.

Hinzu kommen untere Schichten der Arbeiter_Innenklasse, welche unter zunehmender sozialer Ausgrenzung, Arbeitslosigkeit, Prekarisierung und Perspektivlosigkeit leiden. Oft sind diese Gruppierungen auch nicht gewerkschaftlich organisiert und haben durch einen schlechten sozialen Stand, in welchen sie geboren wurden und welcher mit schlechtem Zugang zu Bildung weitergegeben wird, eine hohe Anfälligkeit für einfache Feindbilder, wie sie beim rechten Spektrum zu finden sind.

Die sozialen und ökonomischen Umstände der Krise schaffen den Raum für Fremdenfeindlichkeit und Rassismus und damit für die Aufnahme der oben genannten Hetze. Letztlich gehen Menschen hauptsächlich dieser Schichten unter dem Banner der Reaktion auf die Straße, PEGIDA wurde geboren.

Das Positionspapier PEGIDA’s ist teilweise den Leitlinien der AfD ähnlich. Natürlich gibt man sich hier freundlich, auch wenn selbst da Rassismus und Sexismus auffindbar ist.

Ganz davon abgesehen besteht ein himmelweiter Unterschied zwischen den Phrasen des Positionspapiers (demokratisch abgestimmt wurde es innerhalb der Bewegung wohl ohnehin nicht) und dem, was an den PEGIDA-Montagen von sich gegeben wird, was selbst bürgerliche Meinungen mittlerweile als Volksverhetzung ansehen.

Wohin geht die Reise im braunen Zug?

Was passieren kann, wenn rechte Hool-Gruppierungen, Faschisten und Nationalisten Anklang in der bürgerlichen Mitte finden und erfolgreich in politische Bewegungen eingreifen, zeigt das Beispiel der Ukraine, wo große Teile der Neonazis und der
faschistischen Milizen als Hools in den Fußballstadien entstanden sind und bei den Maidan-Protesten die Massen anführten. Heute ist der dortige Staatsapparat, vor allem Geheimdienst, Polizei und Militär massiv von Faschisten durchsetzt. Sie können ungestraft gegen Minderheiten, Linke und die Bevölkerung der Ostukraine vorgehen und morden.

Die aktuelle PEGIDA – Bewegung kann die Keimzelle für genau eine solche, brandgefährliche, womöglich faschistische Bewegung werden, was zum einen davon abhängt, wie sehr sich die Krise und globalen Konflikte auf die soziale Basis der Bewegung auswirken und zum anderen, wie gut faschistische Gruppierungen in der Bewegung Fuß fassen und Gehör finden.

Im Moment scheinen die Faschos zumindest alles auf diese Karte zu setzten. Waren sie in den letzten Jahren von bürgerlichen Gefilden eher noch isoliert, so können sie sich nun scheinbar ohne Probleme in solchen bewegen.

Ausdruck davon ist auch die wahrscheinliche Taktik der Nazis beim Aufmarsch am 17. Januar in Magdeburg. Der bisherige Anmelder Andy Knape – Ex-Mitglied des NPD und JN-Vorstandes – hat bisher noch keinen Aufmarsch angemeldet und versucht sich auf einem bürgerlichen Weg. Es ist wahrscheinlich, dass anstelle eines Aufmarsches MAGIDA dessen Platz einnimmt.

In dieser Bewegung besteht außerdem die Gefahr, dass die Rechten ihre zuletzt sie selbst schwächende Führungsfrage lösen können und eine Leitfigur etablieren. Infrage kommen hierfür die Partei die RECHTE, welche Verbindungen zu rechten Hooligan-Strukturen aufweist und der NPD zusehends die Basis abgräbt. Für den bürgerlich geprägten Rassisten bietet sich die AfD als Partei an, welche ebenfalls tief in der PEGIDA-Bewegung verankert ist und diese mit anführt. Mehr zur AfD findest du hier: http://www.onesolutionrevolution.de/allgemein/rechtsruck-der-aufstieg-der-afd-und-das-versagen-der-linken-wo-ist-die-alternative/

Verhalten der Parteien und des Staates

Von Seiten der etablierten Parteien kommen unterschiedliche Reaktionen auf PEGIDA.

Die CDU / CSU reagiert letztlich so, wie es sich wahrscheinlich große Teile der von ihr zur AfD Übergelaufenen erhofft haben: Sie „nimmt die berechtigten Ängste [von PEGIDA] ernst“ und auch in der Praxis schürt sie weiter rassistische Beschlüsse.

Kritik, Warnung und Distanz bezüglich PEGIDA kommt sowohl von den Grünen, als auch der SPD, gleichzeitig setzt man dem aber nichts entgegen, sondern trägt rassistische Beschlüsse wie Abschiebeerleichterungen oder die Spaltung des Berliner Flüchtlingsprotestes mit.

Von der LINKEN-Spitze kommt ebenfalls kein Aufruf zu Gegenprotesten. Von Teilen der Basis hingegen regt sich praktische Gegenwehr, auch wenn diese oft nicht über Gegendemos hinauskommt und schon gar nicht die Frage antifaschistischer Organiserung stellt.

Auf den Staatsapparat selbst dürfen wir schon gar nicht hoffen, prügelt die Polizei doch seit Jahren Naziaufmärschen den Weg frei, greift dabei linke Demos an und kesselt sie, Beispiel Blockupy 2013 in Frankfurt.

Derweil geht auch das mediale, islamophobe, latente Aufbauen einer „Islamisierungs-Gefahr“ – vor allem bei BILD und Co. – munter weiter.

Was tun?

Trotz der insgesamt betrachteten, zunehmenden Gegenwehr seitens von Linken und Antifaschist_Innen (u.a. erfolgreiche Blockade gegen KAGIDA, zahlenmäßige Überlegenheit des Gegenprotestes gegen BOGIDA,..), steckt diese noch immer tief in der organisatorischen Krise. Dem wollen wir entgegenwirken. Wir wollen nicht den ewigen, perspektivlosen, letztlich oft selbstdarstellerischen Kampf von autonomen Antifas fortführen. Wir wollen einen antifaschistischen Kampf unter einem revolutionären Programm und eine Organisation, die dieses versucht umzusetzen. Wir müssen uns jetzt die Frage der Organisierung gegen das Kapital und seine Angriffe stellen, denn eine Zuspitzung der Krise ist sicher – darauf gilt es sich international vorzubereiten, weswegen wir uns aktiv am Aufbau einer neuen antikapitalistischen Organisation (www.nao-prozess.de) beteiligen.

Gefragt sind nun zum einen – speziell zur Bekämpfung rechter Fangruppierungen – linke Fußballstrukturen und Fanprojekte, die bereits gute Aufklärungsversuche geliefert haben und seit Jahren auf die häufigeren rechtsextrem motivierten Gewalttaten hinweisen. Viele Fans haben die rechten Bewegungen und die Unterwanderungsversuche z.B. der Kameradschaften im Ruhrgebiet, systematisch ignoriert und /oder verharmlost. Doch gerade in den Stadien, dort wo viele Menschen auf einem Fleck sind, ist antifaschistischer und antirassistischer Protest genau richtig platziert und effektiv.

10848053_361594347346606_8578297802262986520_nZum anderen kann man Faschist_Innen nicht nur mit Worten bekämpfen. Man muss aktiv gegen sie demonstrieren. Es braucht unserer Meinung nach Selbstschutz vor rechten Übergriffen im Bezirk. Wir wollen mit Schüler_Innen und Jugendlichen, aber auch Anwohner_Innen und Beschäftigen solche Komitees aufbauen, die sich vor Ort gegen rechte Gewalt stellen, über Rassismus und Flucht aufklären und gegen die Nazis mobilisieren.

Außerdem wollen wir eine Kultur des Willkommens für die Geflüchteten herstellen – auch indem wir sie mehr in politische Kämpfe einbinden, ihren Kampf unterstützen und diesen in eine revolutionäre Perspektive einbetten.

Es geht also darum den sozialen Protest zu organisieren, sowohl gegen die Lagerunterbringung der Geflüchteten, als auch gegen Arbeitslosigkeit, niedrige Löhne und soziale Ausgrenzung. So könnte der antirassistische Kampf in einen sozialen, revolutionären Kampf übergehen, welcher den Menschen, wie z.B. jenen in Berlins Außenbezirken, eine richtige Alternative zeigt und zudem der rassistischen Spaltung der Arbeiter_Innenklasse entgegenwirkt.

Wir sind für:

  • den Aufbau antirassistischer / antifaschistischer Komitees in den Bezirken und Vierteln, auf Dörfern, an Schulen und Unis und in den Betrieben und Industrien, welche massenhafte, militante Selbstverteidigung organisieren! Lasst uns Hoyerswerda, Lichtenhagen und jüngst Vorra nie wieder sein lassen!
  • die Einheitsfront von antifaschistischen Ultras, Linken, Unterdrückten, Arbeiter_Innen und damit eine von revolutionären und reformistischen Organisationen, Gewerkschaften und Parteien mit Bezug zur Arbeiter_Innenklasse! Hierbei sollen einfache Absprachen über konkrete Aktionen – z.B. Blockaden – gegen Nazis, PEGIDA,… getroffen werden, frei von irgendwelchen politischen Bedingungen und Kompromissen.

Beteiligt euch an Demonstrationen und Blockaden gegen Nazis und Rassisten!

  • Fahrt am 30.1. 2015 nach Wien um mit unseren dortigen Genoss_Innen den WKR-Ball von rechten Burschenschaftlern zu verhindern!

 

Weitere Infos auf www.onesolutionrevolution.de und www.onesolutionrevolution.at

 

 

Ein Artikel von Lars Filder, REVOLUTION Fulda