Resolution zur Landwirtschaft und Ernährungsfrage

Resolution zur Landwirtschaft und Ernährungsfrage der kommunistischen Jugendorganisation REVOLUTION, Juni 2023

Inhalt

1. Einleitung. 3

2. Die Ernährungslage weltweit 3

3. Symptombekämpfung in Kapitalismus. 4

3.1 Tafeln. 4

3.2 Das UN-Welternährungsprogramm.. 4

4. Gründe für die Ernährungskrise und Lösungsansätze. 5

4.1 Klimawandel 5

4.2 Nahrungsmittelverschwendung. 6

4.3 Spekulation mit Nahrungsmittel 6

4.4 Kriege als Grund für Hunger 7

4.5 Die kapitalistische Nahrungsmittelindustrie. 7

4.6. EU-Subventionen als Teil des Problems. 8

4.6.1 Flächensubventionen und ihre Auswirkungen. 8

4.6.2 Subventionen als imperialistische Machtmittel 8

4.7. Grüne Gentechnik – mehr flopp als topp. 9

4.7.1 Probleme der grünen Gentechnik. 9

4.7.2 Roundup Ready. 10

4.7.3 Vorteile der Gentechnik?. 10

4.7.4 Forschung zur grünen Gentechnik. 11

4.7.5 Brauchen wir grüne Gentechnik?. 11

4.8 Fleischkonsum: Umweltkiller und Nahrungsmittelvernichtung. 11

4.8.1 Tierleid. 11

4.8.2 Wasser- und Futterbedarf 12

4.8.3 Ausstoß von Treibhausgasen. 12

4.8.4. Gesundheitliche Risiken des Fleischkonsums. 12

4.8.5 Fischfang und Fischwirtschaft – gleiche und spezielle Probleme. 13

4.8.6 Biologische Fleischwirtschaft ist keine Lösung. 13

4.8.7 Kampf der Fleischindustrie. 13

4.8.8 Forderungen. 14

4.9 Die Krise der konventionellen Land- und Forstwirtschaft 15

4.9.1 Monokulturen. 16

4.9.2 Dünger 17

4.9.3 Pestizide. 17

4.9.4 Bodenerosion. 18

4.9.5 Desertifikation. 19

4.9.6 Wassermangel 20

4.9.7 Forstwirtschaft 21

5. Klassenkampf der Landwirt:Innen und permanente Revolution. 21

5.1 Klassenlage der Farmer:innen. 21

5.2 Kampf dem Großgrundbesitz. 23

5.3 Permanente Revolution und sozialistische Landwirtschaft 24

1. Einleitung

Wir leben im 21 Jhd.: Flugzeuge fliegen durch den Himmel, Organe werden transplantiert und irgendein Elektrokonzern hat gerade sein neues Handy angekündigt. Doch der Fortschritt trügt. Ein absolut grundlegendes Problem der Menschheit, die Versorgung mit ausreichend Nahrungsmitteln, ist für 830 Millionen Menschen[1] nicht sichergestellt. Betroffen ist also 1/10 der gesamten Menschheit. Tatsächlich handelt es sich jedoch um eine der größten Krisen unserer Zeit und das, obwohl wir global genügend Kapazitäten hätten, um jeden Menschen auf der Erde mehr als satt zu machen. Dennoch scheinen viele uns diese fatale Krise als Normalzustand akzeptiert zu haben.

Der folgende Text geht deshalb den Ursachen auf den Grund, wieso viele Menschen nicht genug Nahrung haben und für welche Forderungen wir kämpfen müssen, um diese permanente Krise zu lösen. Dafür wird zunächst ein einleitender Überblick über die Ernährungslage auf unserem Planeten gegeben. Zudem wird das UN-Ernährungsprogramm, quasi die Antwort der bürgerlichen Staaten auf die Hungerkrise, einer Kritik unterzogen.

Den Hauptteil des vorliegenden Aufsatzes bildet ein Kapitel über die Faktoren, die den Welthunger verursachen und welche Lösungsansätze es für die verschiedenen Faktoren gibt. Dabei wird der Hauptfokus auf die Landwirtschaft gelegt. Der Klimawandel wird in einem eigenen kleinen Kapitel erwähnt, jedoch sind die Auswirkungen dessen so weitläufig, dass diese vor allem in den einzelnen Kapitel eingearbeitet wurden, um Wiederholungen zu vermeiden.

Den Abschluss bildet ein Kapitel über die Klassenzugehörigkeit der Menschen, die in der Landwirtschaft arbeiten und welche Forderungen wir vorschlagen, um den Kampf der unterdrückten Landbevölkerung zum Erfolg zu führen und als Teil einer internationalen kommunistischen Revolution zu organisieren.

2. Die Ernährungslage weltweit

Im Jahre 2023 leiden 830 Millionen Menschen, also 1/10 der Weltbevölkerung, an Unterernährung, haben also keine ausreichende Kalorienzufuhr. 45 Millionen[2] sind sogar akut vom Hungertot bedroht. Jede Minute sterben 6 Kinder[3] an Unterernährung. Jedes siebte Kind auf der Welt hungert, jedes vierte ist chronisch mangelernährt (ihnen fehlen also bestimmte Nährstoffe). Die Folgen sind vor allem für Heranwachsende enorm. Haben sie zu wenig Nährstoffe in ihrer Nahrung, dann ist ihre Entwicklung verzögert oder es entstehen irreparable Schäden. Auch der Zusammenhang von Kindersterblichkeit und Unterernährung ist sehr hoch. Insgesamt sterben an den Folgen von Hunger jedes Jahr mehr Menschen als an HIV/AIDS, Malaria und Tuberkulose zusammen.

Während sich die Ernährungslage von 2003 bis 2015 durchschnittlich verbessert hat, verschlechterte sie sich in der Zeit danach wieder[4]. Seit 2020, also mit der Corona-Pandemie, den stärkeren Auswirkungen des Klimawandels und dem Ukrainekrieg wurde dieser Prozess weiter beschleunigt. Erhöht haben sich sowohl die Anzahl der hungernden Menschen insgesamt, also auch ihr Anteil an der Weltbevölkerung.

Besonders betroffen sind Südasien und die Sahelzone in Afrika. Die Situation ist am schlimmsten in der Zentralafrikanischen Republik, Tschad, Demokratische Republik Kongo, Madagaskar, Jemen, Burundi, Somalia, Südsudan und Syrien[5]. Nicht zufällig sind das fast ausnahmslos Länder, die von jahrelangen Bürgerkriegen völlig zerrüttet sind. Gefährdet sind darüber hinaus Länder, die ein schnelles Bevölkerungswachstum aufweisen, deren Ressourcen und Wirtschaft diese zusätzlichen Menschen in der Geschwindigkeit aber nicht versorgen und aufnehmen können.

Ungleiche Einkommensverteilung und eine hohe Arbeitslosigkeit sind die entscheidenden Faktoren, die Hunger verursachen. Dies gilt nicht nur für Halbkolonien, sondern auch für Industrienationen. Astronomisch hohe Mieten und eine weltweite Inflation haben Ernährungsunsicherheit in den imperialistischen Zentren für einen nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung zur Normalität werden lassen. Selbst in den USA haben ca. 10 % der Menschen nicht immer genug Essen.[6]

50 % der unterernährten Menschen sind kleinbäuerliche Selbstversorger:innen, 20 % sind Landarbeiter:innen, 20 % leben in städtischen Elendsvierteln, 10 % sind Fischer:innen und Viehzüchter:innen[7]. Alter, Geschlecht und Herkunft sind Risikofaktoren für Unterernährung. Frauen, Kinder und rassistisch Unterdrückte sind deutlich häufiger von Hunger betroffen als Menschen, die zu keiner dieser Gruppen gehören. Doch selbst für Menschen, die nicht von Hunger bedroht sind, ist die Versorgung mit Lebensmitteln ein Problem. Besonders in Halbkolonien ist es nichts Ungewöhnliches, dass die Menschen 70 % ihres Einkommens für Essen ausgeben müssen.

Einfache soziale Reformen würden schon eine große Auswirkung im Kampf gegen Hunger haben. Dazu gehört z.B., dass die Löhne an die Inflation angepasst werden, dass jede Person einen lebenswerten Mindestlohn erhält und, dass die Mieten sinken, damit sich die Menschen nicht zwischen einer Wohnung und genug Essen entscheiden müssen. Zudem fordern wir die kostenlose und ausreichende Lebensmittelsoforthilfe, medizinische Versorgung und andere notwendige Güter, um den drohenden Hungertod zu verhindern, bezahlt von den imperialistischen Staaten! Für die Bildung gemeinsamer Preiskontrollausschüsse für Agrarerzeugnisse aus Landarbeiter_innen, Bäuer_innen und Konsument_innen!

3. Symptombekämpfung in Kapitalismus

3.1 Tafeln

In vielen Teilen der Welt haben sich Organisationen entwickelt, die Essen kostenlos an Bedürftige abgeben. Sie basieren zumeist auf privaten Spenden und ehrenamtlicher Arbeit. Natürlich ist es gut, dass Bedürftigen geholfen wird. Allerdings sind die Spenden nur eine Symptombekämpfungsstrategie und werden deshalb die Ursache für die Ernährungsproblematik nicht lösen, sondern nur ihre Auswirkungen etwas abschwächen können.

3.2 Das UN-Welternährungsprogramm

Als Instrument im Kampf gegen den Hunger hat die UN das Welternährungsprogramm ins Leben gerufen. Das Budget betrug 2021 8,4 Mrd. US‑Dollar[8], wovon allein 2.5 Mrd. aus den USA kamen. Das Geld reichte aus, um 97 Millionen Menschen in 88 Ländern Hilfe zu leisten ohne die zweifellos viele von ihnen schwere Schäden bis zum Tod erleidet hätten.

Das Budget klingt zunächst hoch, wird aber im Vergleich mit den Militärausgaben der USA von 858 Mrd. US-Dollar für das Jahr 2023[9] zur Lachnummer. Allein die neue US-Flugzeugträger-Klasse Gerald-R-Ford kostet ca. 13 Mrd. US-Dollar pro Stück![10] Das gibt uns eine Idee davon, wie wenig Geld für den Bekämpfung des Welthungers eigentlich notwendig wäre und wie verhältnismäßig wenig die Staaten darin investieren.

Welche Interessen die Mitgliedsstaaten der UN wirklich verfolgen, wird im Jemenkrieg deutlich. Die G20 Staaten haben zwischen 2015 und 2019 Waffen und Munition im Wert von 17 Mrd. US-Dollar an Saudi-Arabien verkauft[11] und den Krieg so überhaupt erst möglich gemacht. Die USA beteiligt sich zudem auch an der See-Blockade des Jemen, welche der Hauptgrund für die Hungersnot ist. 2020 waren mehr als die Hälfte der Bevölkerung des Jemens (16,2 Millionen Menschen)[12] auf Nahrungsmittellieferungen der UN angewiesen. Diese hat bisher glücklicherweise ein Massensterben verhindert.

Allerdings haben die Staaten in Folge der Coronakrise ihre Beiträge für das Welternährungsprogramm für den Jemen um über 50 % reduziert.[13] Die geleistet Hilfe der G20 Staaten von gerade mal 6.3 Mrd. US-Dollar Hilfen haben, bzw. hatten auch hier nur den Zweck am Ende nicht ein Land erobert zu haben in dem ein Großteil der Menschen verhungert sind. Humanität sucht man in ihrer Politik vergebens.

Die in der UN vertretenen Staaten haben also faktisch die finanziellen Mittel, um den Welthunger effektiv zu bekämpfen. Sie haben jedoch schlicht kein Interesse daran, ihr Geld dafür auszugeben. Auf ihre Hilfe dürfen wir deshalb nicht warten. Außerdem sorgen Nahrungsmittellieferungen aus dem Ausland auch dafür, dass sich keine einheimische Landwirtschaft aufbauen kann, da somit die lokale Konkurrenz vom Markt verdrängt wird. Die Länder entwickeln sich also nicht und blieben dauerhaft von dem Gutdünken der imperialistischen Länder abhängig. Wenn denen jedoch eine halbkoloniale Regierung nicht mehr passt, dann stellen sie die Essenslieferungen ein und verursachen in dem importabhängigen Land so eine Hungerskrise, wie das Beispiel Afghanistans nach dem Abzug der Nato-Truppen im Jahr 2021 zeigt.

4. Gründe für die Ernährungskrise und Lösungsansätze

4.1 Klimawandel

Im Pariser Klimaabkommen einigten sich die UN-Mitgliedsstaaten darauf, die Erderwärmung bis 2050 auf 1,5 °C und bis 2100 auf 2 °C zu begrenzen. Als Referenzpunkt fungiert dabei das Temperaturmittel der Jahre 1850-1900. Der Temperaturanstieg seitdem beträgt bereits fast 1,3 °C. Das Erreichen des 1,5 °C Ziels ist schon jetzt extrem unwahrscheinlich, da die Treibhausgasemission nahezu kontinuierlich steigt. Die Staaten haben auch bisher kaum etwas dafür getan dies zu verhindern. Letztlich war und ist das 1,5 °C-Ziel leider nie mehr als eine Beruhigungspille für die Weltöffentlichkeit gewesen.

Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Nahrungsmittelproduktion sind bisher stark unterschätzt worden. Bisher wurden nur die Folgen des schleichenden Temperaturanstiegs und die Veränderungen der Niederschlagsmengen untersucht. Mittlerweile ist aber deutlich geworden, dass Extremwetterereignisse und Naturkatastrophen zunehmen und diese zuversichtlichen Modelle ernsthaft in Frage stellen.

Für eine auch in Zukunft produktive Landwirtschaft muss also die Klimaerwärmung aufgehalten und umgekehrt werden. Eine Senkung der Treibhausgase in der Atmosphäre und ein Senken der Erdtemperatur auf das vorindustrielle Niveau sollte das Ziel unserer Klimapolitik sein.

4.2 Nahrungsmittelverschwendung

Das Absurde bei der Ernährungsfrage ist nicht nur, dass wir auf der Erde theoretisch Essen für alle Menschen produzieren könnten, sondern dass wir es bereits tun. Ein wichtiger Punkt ist deshalb neben der Produktion auch die Verteilung von Nahrungsmitteln. Besonderes Augenmerkt sollte man auch auf die Verschwendung von Lebensmitteln legen. Jedes Jahr werden 1,3 Mrd. Tonnen Lebensmittel weggeworfen[14], was über 30 % der weltweiten Nahrungsmittelproduktion entspricht[15]. Theoretisch ist das viermal so viel, wie man bräuchte, um den Welthunger zu bekämpfen. Diese sinnlos produzierten Nahrungsmittel belasten die Umwelt und das Klima zudem unnötig.

In Deutschland teilen sich die Verluste auf die Sektoren wie folgt auf: 2 % fallen in der Primärproduktion an, 15 % in der Verarbeitung, 7 % im Handel, 17 % bei der Außer-Haus-Verpflegung (Restaurants und Kantinen) und 59 % in privaten Haushalten.[16] Der Grund für die Entsorgung sind zu 59 % Haltbarkeitsprobleme und zu 21 % zu groß bemessene Mengen.

Natürlich kann der Nahrungsmittelverlust nicht vollständig verhindert werden. Allerdings gibt es Strategien den Verlust erheblich zu begrenzen. Ein wichtiger Ansatz dafür wäre es, preisgünstige öffentliche Kantinen einzuführen. Dort ist der Lebensmittelverlust nämlich um ein Vielfaches niedriger als in privaten Haushalten. Eine weiterer Teil der Lösung ist das Food-Sharing, welches in Deutschland bereits eine gewisse Bedeutung hat. Dabei werden Produkte, die von Restaurants oder Supermärkten nicht mehr verkauft werden können, kostenlos abgegeben, statt sie zu vernichten. Eine sinnvoller Ansatz wäre es das Food-Sharing zur Pflicht für Restaurants oder Supermarkt ketten zu machen. Aber auch ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Was es tatsächlich braucht, um die globale Nahrungsmittelverschwendung zu stoppen ist die internationale demokratische Planung der Nahrungsmittelproduktion, – und verarbeitung. Im Rahmen einer demokratischen Planwirtschaft hätten wir selbst als Produzent_innen und Konsument_innen die Kontrolle über die Nahrungsmittelproduktion und könnten sie, statt auf kurzfristige Profitinteressen, auf die langfristigen Bedürfnisse von Mensch und Natur ausrichten.

4.3 Spekulation mit Nahrungsmitteln

Vor allem seit der Wirtschaftskrise 2008 wird an den Finanzmärkten verstärkt versucht, mit der Spekulation mit Rohstoffen und Nahrungsmitteln Gewinne zu machen. Da die produktive Wirtschaft im Zuge der Krise immer weniger Profite abgeworfen hat und eine Blase nach der anderen geplatzt ist, hat sich das Kapital in neue Sphären ausgebreitet, denn Nahrung wird immer benötigt werden. Dafür werden sogenannte „Futures“ genutzt, also Verträge über zukünftige Nahrungsmittel- oder Rohstoffkäufe. Ist der Preis zwischen Abschluss des Vertrages und dem Zustandekommen des Handels gestiegen, ergibt sich ein Gewinn für den Käufer des Futures. Finanzakteure können damit also auf den Kursstieg oder Kursverlust von Rohstoffen oder Nahrungsmittel wetten, indem sie Futures kaufen oder verkaufen.[17]

Durch diese Spekulation verändern sich die Preise, ohne wirklich einen gestiegenen oder gesunkenen Bedarf auszudrücken. Im Jahr 2009 ist so z.B. der Preis von Zucker auf dem Weltmarkt um 79 % gestiegen. Als in den Jahren 2007/8 Getreidespekulationen die Preise für Getreide in die Höhe schnellen ließ (Anstiege von 50 – 300 %), stieg die Zahl der Hungernden sprunghaft um 100 Millionen. Dies löste Hungerproteste in 61 Ländern aus. Ähnliches passierte noch einmal 2011. Die Spekulation mit Rohstoffen und Nahrungsmitteln muss also sofort verboten werden, damit sich solche Ereignisse in Zukunft nicht wiederholen.[18] Nicht die Börse, sondern demokratische wähl- und abwählbare Preiskontrollausschüsse aus Landarbeiter_innen, Bäuer_innen und Konsument_innen, sollten die Priese von Agrarerzeugnissen regulieren!

4.4 Kriege als Grund für Hunger

Ein Grund wichtiger Grund für die Hungerskrisen sind bewaffnete Konflikte. Besonders prominent ist das Beispiel der Ukraine. Die schwarzen fruchtbaren Böden vor allem im Süden und Osten des Landes sind verantwortlich für ca. 44 % des weltweiten Export von Sonnenblumenöl, 40 % des weltweiten Roggenexports, 20 % des Rapsölexports sowie über 10 % des weltweiten Mais-, Gerste- und Weizenexports.[19] Beliefert werden damit besonders Länder in Afrika und dem Nahen Osten. Durch den Krieg jedoch mussten Millionen Menschen fliehen und ihre Felder und Höfe verlassen. Vielfach wurden diese in Schutt und Asche gelegt. Außerdem waren zunächst die Häfen durch die russische Marine blockiert. Die weltweiten Preise für Getreideerzeugnisse schossen deshalb in die Höhe und es stellten sich schnell Versorgungsengpässe ein. Ein anderes aktuelles Beispiel ist der Äthiopienkrieg. Hier wurde die nördliche Region Tigray umzingelt und belagert und auch Hilfsgüter wurden nicht in die Provinz gelassen. Die Folge waren der teilweise Zusammenbruch der Landwirtschaft und eine Hungerskrise.

Im Kampf gegen Krieg stellen wir folgende Forderungen auf:

  • Restlose Streichung aller Auslandsschulden der halbkolonialen Länder!
  • Sofortiger Abzug aller imperialistischen Truppen, Militärbasen und Flottenverbände!
  • Keine militärische Unterstützung und Waffenlieferungen an Saudi-Arabien, Türkei und andere Regionalmächte!
  • Gegen jede militärische Intervention der imperialistischen Staaten!
  • Auslandseinsätze und Waffenlieferungen durch internationale Streiks
    und Blockaden verhindern!
  • Enteignung der Rüstungskonzerne unter Arbeiter:innenkontrolle!
  • Für das Recht auf nationale Selbstbestimmung aller Nationalitäten!

4.5 Die kapitalistische Nahrungsmittelindustrie

Wie jedes kapitalistische Unternehmen haben auch die Nahrungsmittelkonzerne nicht das Ziel, die Bevölkerung möglichst gesund zu ernähren, sondern so viel Profit wie möglich zu machen. Deshalb versuchen sie in der Produktion so viel wie möglich zu sparen. Unmenschliche Arbeitsbedingungen z.B. auf Plantagen werden so sehenden Auges in Kauf genommen. Gleiches gilt für umweltschädigende Praktiken.

Viele Konservierungsstoffe, Farbstoffe, Aromen, Füllmittel usw. sind unzureichend erforscht und befinden sich dennoch in unserer Nahrung. Eine Bewertung durch den Endverbraucher ist also völlig unmöglich. Vielfach werden unserer Nahrung übermäßige Mengen an Zucker oder Salz zugesetzt, die in diesen Mengen ungesund für den Menschen sind. Eine Studie aus dem Jahr 2013 belegt, dass die Nahrungsmittelindustrie systematisch die staatliche Gesundheitspolitik untergräbt.[20] Dies verursacht große Schäden an der Gesundheit der Menschen und hohe Kosten für den Gesundheitssektor. Darüber hinaus werden diese Produkte oft fälschlicherweise als gesund oder umweltschonend dargestellt, was eine bewusste Irreführung darstellt.

Wie für alle Produktionsmitteln schlagen wir für die Nahrungsmittelindustrie eine Vergesellschaftung unter Arbeiter:Innenkontrolle vor, um dem Treiben der Nahrungsmittelindustrie ein Ende zu setzen und sie im Interesse der Ernährung der Weltbevölkerung neu zu organisieren. Außerdem braucht es gewerkschaftliche Rechte und massive Lohnerhöhungen entlang der gesamten Produktionskette. In kaum einer anderen Industrie sind die Arbeitsbedingungen weltweit so schlecht wie in der arbeitsintensiven Landwirtschaft.

4.6. EU-Subventionen als Teil des Problems

4.6.1 Flächensubventionen und ihre Auswirkungen

Die EU schüttet jedes Jahr 50 Mrd. Subvention an die Landwirtschaft aus[21], was die Hälfte ihres Budges ausmacht. Weltweit sind es jährlich über US-$ 540 Mrd.[22] Das ist eine gewaltige Summe und könnte einen wichtigen Beitrag für den Umbau der Landwirtschaft liefern. Allerdings sind in Europa drei Viertel davon Flächensubventionen, d.h., dass das Geld an die landwirtschaftliche Nutzfläche gebunden ist. Ob ökologisch nachhaltig gewirtschaftet wird, ist kein Kriterium für die Auszahlung.

Die Betriebe werden also nicht motiviert, auf ökologische Landwirtschaft umzustellen. Im Gegenteil: Durch die Subventionen werden zum Teil Agrarprojekte auf Basis von begrenztem Grundwasser umgesetzt, die auf Dauer keine Überlebenschancen haben, wie z.B. Mandelplantagen im extrem trockenen Süden Spaniens.

Wenn Bauern z.B. sinnvollerweise Bäume pflanzen, um ihre Felder vor Wind zu schützen, bekommen sie für diese Flächen keine Subventionen mehr. Außerdem werden 70 % der landwirtschaftlich genutzten Flächen in der EU für die Produktion von Futtermitteln genutzt.[23] Die Subventionen für Agrarflächen verwandeln sich deshalb zu weit über 50 % in die Subvention von Fleisch. Dadurch wird der Konsum von Fleisch künstlich verbilligt und so massiv angeregt. Das hat weitere katastrophale Auswirkungen auf das Klima und die Menschheit (siehe Kapitel 4.8: Fleischkonsum: Umweltkiller und Nahrungsmittelvernichtung). Damit Landwirt:innen ihre Produktion umstellen, müssen Subventionen deshalb an Bedingungen gebunden werden, die der Umstellung auf nachhaltige Landwirtschaft nutzen.

4.6.2 Subventionen als imperialistische Machtmittel

Noch dazu sorgen die Subventionen dafür, dass landwirtschaftliche Produkte aus Europa zu Dumpingpreisen in Halbkolonien exportiert werden können. Dies wird durch umfangreiche Freihandelsabkommen, wie den EPAs (Economic Partnership Agreements, Freihandelsverträge zwischen der EU und knapp 90 ehemaligen Kolonien) unterstützt.[24] Das bekannteste Beispiel ist wohl der Export von Schlachtabfällen nach Ghana. Diese Exporte machen die lokale Landwirtschaft kaputt, weil deren Produkte preislich nicht mit den industriell angebauten und subventionierten Erzeugnissen mithalten können. Ihr Land verödet dann oder wird von großen Agrarkonzernen aufgekauft. In der Folge sterben lokale Züchtungen aus, die auf die speziellen Gegebenheiten vor Ort bestens angepasst sind. Vor allem aber verarmen lokale Farmer:innen, was wiederum den Staat aufgrund von ausfallenden Steuern schadet und den heimischen Konsumgütermarkt schwächt. Das Land verarmt so und wird vom Ausland abhängig. Ernteausfälle in Europa (z.B. durch Dürren, Kriege usw.) gefährden somit die Ernährungssicherheit in vielen Halbkolonien. Subventionen auf Exportprodukte sollten deshalb stückweise abgebaut werden.

Somit spielen die EU-Agrarsubvention eine wichtige Rolle in der Aufrechterhaltung kolonialer Strukturen, welche die halbkoloniale Agrarproduktion auf die Bedürfnisse imperialistischer Staaten zuschneidet (Anbau von Kaffee, Kakao, Bananen, Avocados, Plamöl etc. anstatt lokaler Pflanzen für die Ernährung wie Hirse, Linsen etc.) und ihre Abhängigkeit vom Import westlicher Agrargüter (Weizen, Soja, Fleisch) verstetigt. Aus diesem Grund lehnen wir das System der EU-Agrarsubventionen ab. Sie sind lediglich ein teures Mittel (fast die Hälfte des gesamten EU-Haushalts), mit dem die EU-Agrarmonopole vor ausländischer Konkurrenz geschützt werden sollen. Durch den Export überschüssiger Produkte versuchen sie, ein Kollabieren des hochproduktiven europäischen Agrarmarktes durch die Externalisierung des starken Preisdrucks zu verhindern. Statt imperialistischem Preisdruck brauchen wir demokratische wähl- und abwählbare Preiskontrollausschüsse für Agrarerzeugnisse aus Landarbeiter_innen, Bäuer_innen und Konsument_innen!

4.7. Grüne Gentechnik – mehr flopp als topp

Als grüne Gentechnik werden alle Verfahren bezeichnet, indem nicht mittels Züchtung, sondern im Labor die DNA und damit die Eigenschaften einer Pflanzen schlagartig verändert werden. So können in kurzer Zeit völlig neue Pflanzentypen designt werden, die entweder gar nicht oder nur über eine jahrzehntelange Züchtung hergestellt werden könnten. Weltweit werden auf über 190 Millionen Hektar gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut. Das entspricht der 16-fachen Ackerfläche Deutschlands. Die Hälfte von dieser Fläche befindet sich in der USA.[25] 2/3 aller Sojabohnen und aller Baumwolle kommen von Genfeldern. Seit in den 1980er Jahren des erste Mal ein fremdes Gen in die DNA einer Pflanzen eingeschleust wurde, gibt es Diskussionen über den Nutzen und den Schaden dieser Technologie. Das folgende Kapitel soll eine kurze Einschätzung über die Probleme und Möglichkeiten der Gentechnik geben.

4.7.1 Probleme der grünen Gentechnik

Problematisch bei dem Verfahren ist, dass die veränderten Pflanzen unweigerlich Einzug in unsere Ökosysteme nehmen werden und dort möglicherweise große Schäden anrichten, wenn sie sich z.B. eine schädlingsresistente Art unkontrolliert vermehrt. Außerdem haben die gentechnisch veränderten Proteine das Potential Allergien auszulösen, was sich leider sehr schwer erforschen lässt. Um gentechnisch veränderte Pflanzen zu produzieren, werden diese antibiotikaresistent gemacht. Diese Eigenschaft kann sich möglicherweise auf Bakterien übertragen und somit die Antibiotika-Krise verschärfen, auch wenn eine Genübertragung von Pflanzen auf Bakterien (horizontaler Gentransfer) bisher nur im Labor beobachtet wurde.

Der gentechnisch veränderte Mais MON 810 ist ein sehr bekanntes Beispiel für die grüne Gentechnik da er bis 2009 auch in Deutschland angebaut werden konnte. Er wurde von der Firma Monsanto gentechnisch so verändert, dass er ein Gift gegen den Maiszünsler, der der bedeutendste Maisschädling ist, produziert. Das Problem dabei ist, dass dieses Gift auch für andere Tiere schädlich ist. Die Boden lebende Mikroorganismen sind davon betroffen, was die Fruchtbarkeit des Bodens auf Dauer reduziert. Das Gift kann auch in Bäche und Flüsse gelangen und dort weiteren Schaden anrichten.[26],[27]

Durch das massenweise Vorkommen des Giftes in der gesamten Pflanze entwickeln sich resistente Insekten, die dann nicht mehr gezielt mit dem Gift behandelt werden können. Die Bedrohung durch den Schädling kann in Zukunft also wieder zunehmen. Die Pollen des Mais können sich über 4,5 Kilometer weit verteilen und sich so auch auf Feldern verbreiten, auf denen kein gentechnisch veränderter Mais wachsen soll. Sie schaden auch anderen Insekten die direkt mit den vergifteten Pollen in Kontakt kommen, sowie unzähligen anderen Tierarten, die kontaminierte Tiere als Nahrung aufnehmen. Landwirt:innen, die keine Genpflanzen einsetzen, müssen deshalb ihre Produkte zum Teil billiger und als gentechnisch verunreinigt verkaufen. Die Verhinderung dieser Verunreinigung kann zudem hohe Kosten verursachen. Durch Mischkulturen (z.B. von Mais und Bohnen) sowie eine andere Bodenbearbeitung könnte das Aufkommen des Schädlings ebenfalls und nachhaltiger reduziert werden.

4.7.2 Roundup Ready

Das Tochterunternehmen Monsanto des deutschen Chemieriesen Bayer ist mit einem Marktanteil von 90% das wichtigste Unternehmen auf dem Mark für gentechnisch verändertes Saatgut. Die weltweit am häufigsten eingesetzte gentechnisch gestützte Strategie nennt sich „Roundup Ready“. Dafür hat Monsanto Saatgut für Weizen, Reis, Soja und Mais so verändert, dass sie das Besprühen mit Glyphosat überleben. So kann kostengünstig Unkraut entfernt werden, was wiederum den Ertrag erhöht. Glyphosat verkauft Monsanto natürlich auch selbst. Wenn sich die Bauern für die Glyphosat gentechnisch veränderte Pflanzen entschieden haben, müssen sie eine Technologiegebühr zahlen, wenn sie ihre eigene Ernte als Saatgut nutzen.[28] Außerdem ist das Glyphosat so aggressiv im Boden, dass zum Teil über mehrere Jahre keine anderen Pflanzen mehr in dem verseuchten Boden wachsen würden.[29] Ähnlich wie Bakterien können auch Unkräuter auf natürlichem Weg eine Resistenz gegenüber Glyphosat entwickeln.[30] So wird irgendwann ein größerer Einsatz von Glyphosat notwendig und es entwickelt sich eine Teufelsspirale aus Abhängigkeit von Glyphosat und dem Saatgut und damit von der Firma Monsanto, bzw. Bayer. Obwohl die Produktivität hoch und die Anbaukosten niedrig sind, kann hier von einem positiven Nutzen der Gentechnik kaum gesprochen werden. Zu wenig nachhaltig ist die Technik, zu groß sind die Schäden an der Umwelt. Tatsächlich kann konstatiert werden, dass der Hauptnutzen der Gentechnik momentan ist, dass Monsanto tonnenweise Glyphosat verkaufen kann.

4.7.3 Vorteile der Gentechnik?

Bayer dagegen argumentiert, dass z.B. die gentechnikgestützte Herstellung von Auberginen, die ein Gift gegen den Auberginenfruchtbohrers produzieren, die Anwendung von Pestiziden reduziert hat. So treffe das Gift nur die Insekten, die tatsächlich an der Pflanze fressen und nicht alle Tiere, die sich auf den besprühten Feldern befinden. So reduziere sich auch die Insektizidbelastung der Auberginen. Das Gift in der Pflanze kann selbst gefährlich für den Menschen werden.[31]

Ein vielfach bemühtes positives Beispiel von grüner Gentechnik ist der sogenannte goldene Reis. Es ist eine spezielle Reissorte, die gentechnisch so verändert ist, dass sie größere Mengen an ß-Carotin produziert, aus welchem der Körper das überlebenswichtige Vitamin A synthetisiert. So kann dem Mangel Vitamin-A, der vor allem in Afrika und Südasien weitverbreitet ist, entgegengewirkt werden. Allerdings sind auch viel einfachere Verfahren möglich, wie z.B. Vitamin A in Grundnahrungsmittel wie Zucker und Mehl beizumischen. Zudem wäre eine fettreicher und abwechslungsreichere Ernährung der eigentliche Weg, um Unterernährung wie den Vitamin-A-Mangel zu bekämpfen. Durch die imperiale Unterdrückung dieser Länder ist das aber nicht möglich.

Gegen die Probleme des Klimawandels könnte die grüne Gentechnik vielleicht helfen. In Deutschland werden z.B. Kartoffeln entwickelt, die selbst bei großer Trockenheit noch dicke Knollen ausbilden (normalerweise würden sie den Knollenwachstum dann stark einschränken).

4.7.4 Forschung zur grünen Gentechnik

Die grüne Gentechnik könnte in Zukunft einige nützliche Errungenschaften bringen und so zur Sicherung der Ernährung der Menschheit beitragen. Allerdings ist sie mit großen, kaum kalkulierbaren und schwierig erforschbaren Risiken verbunden. Wie bei allen hier diskutierten Fragen ist die objektive Untersuchung der verschiedenen Verfahren entscheidend bei der Abwägung von Nutzen und Gefahren. Die Forschung ist allerdings sehr teuer, weshalb es oftmals nicht genügend belastbare Studien gibt. Das Geld für die Kosten von breit und lang angelegten Studien haben oftmals nur die großen Chemie- und Agrarkonzerne, die die Sicherheit ihrer Produkte in der Regel selbst testen. Deren Ergebnissen kann man aber natürlich nicht trauen, weil sie Studien meistens nur zur Rechtfertigung ihrer Unternehmenspraxis einsetzen. Studien, die ihnen nicht nutzen, werden entweder manipuliert, missverständlich ausgelegt oder einfach nicht veröffentlicht.

4.7.5 Brauchen wir grüne Gentechnik?

Aufgrund der seit 1995 gemachten Erfahrungen mit gentechnisch veränderten Pflanzen lässt sich schließen, dass die Risiken sehr groß und die Nutzen bisher eher gering sind. Deshalb sollte die grüne Gentechnik nur punktuell bei besonders aussichtsreichen Verfahren weiter erforscht werden. Der Einsatz des so produzierten Saatgutes sollte, wenn überhaupt, nur als letztes Mittel eingesetzt werden. Es gibt bereits weitaus sicherere Verfahren, um den Ertrag der Landwirtschaft zu erhöhen. Darüber hinaus ist es sinnvoller vorhandene Gelder vorzüglich in die Erforschung in nachhaltige und nicht gentechnik-basierte Strategien zu investieren. Gemeinsam mit den Beschäftigen in den betreffenden Laboren müssen wir als Klimabewegung volle Einsicht in die Geschäftsbücher und Forschungsberichte der betreffenden Konzerne erkämpfen. Erst dann können wir in staatlich voll ausfinanzierten und demokratisch von unserer Klasse kontrollierten Forschungseinrichtungen sinnvoll Chancen und Grenzen der Gentechnik abwägen.

4.8 Fleischkonsum: Umweltkiller und Nahrungsmittelvernichtung

Fleischkonsum ist ungesund und hat katastrophale Folgen für Tier, Mensch und die gesamte Umwelt, inklusive das Klima. Weltweit steigt der Fleischkonsum jedoch konstant an. Seit 1990 hat er sich verdoppelt[32]. Das hat mit dem Wachsen der Weltbevölkerung zu tun, aber auch damit, dass der Fleischkonsum in Asien, besonders in China, zunimmt.

4.8.1 Tierleid

Obwohl Tiere eine stark eingeschränkte Intelligenz haben, können sie Schmerz spüren, haben ein gewisses Selbstbewusstsein und können Emotionen wie Angst und Stress empfinden. Gerade die zumeist konsumierten hohen Säugetiere, wie Schweine und Rinder sind sogar für ihre besonders hohe Intelligenz bekannt. Im Kapitalismus werden die Tiere nicht wie Lebewesen, sondern wie Waren behandelt. Die Praxis der Zucht und Schlachtung ist deshalb barbarisch. Das Leid, was diese Tiere im Laufe ihres Lebens ertragen müssen, ist unvorstellbar. Sie können ihrer natürlichen Lebensweise in keiner Weise nachgehen. Die Tiere sind eng gedrängt, verletzen sich gegenseitig und leiden unter ihren eigenen Ausscheidungen. Um dem gegenseitigen Verletzen entgegenzuwirken, werden die Schnäbel von Hühnern und die Schwänze von Schweinen abgeschnitten (letztere Praxis ist mittlerweile in Deutschland theoretisch verboten).

In vielen Ländern gibt es zwar Mindeststandards für die Haltung von Tieren, diese sind aber viel zu gering. Für ein Schwein gibt es in Deutschland z.B. eine Mindestfläche von 0,75 m².[33] Für Hühner gilt je noch Mastart, dass auf einem Quadratmeter 16-22 Tiere gehalten werden dürfen.[34] Faktisch ist also die Grenze des physisch möglichen in der konventionellen Haltung der Mindeststandard. Die Mindeststandards werden aber sowieso kaum geprüft und oftmals missachtet, wie Tierrechtsorganisationen vielfach nachgeprüft haben (z.B. der Höchstabstand der Gitterstäbe auf dem Boden).

Als Kommunist:innen ist unser Ziel die Befreiung der Menschheit. Dennoch sollte uns vermeidbares Leiden anderer Lebewesen, wenn es direkt durch den Menschen verursacht wird, nicht egal sein. Deshalb müssen die Haltungs- und Schlachtungsbedingungen in der Fleisch-, Ei-, und Milchproduktion verbessern und deren Einhaltung streng kontrollieren.

4.8.2 Wasser- und Futterbedarf

Für ein Kilogramm Rindfleisch werden ca. 15.000 Liter Wasser benutzt. Bei Schweinefleisch sind es knapp 6.000 L bei Hähnchenfleisch 4.300 L. Besonders brisant ist der Nahrungsmittelverbrauch.[35] In der Fleischproduktion werden aus 3-10 Kalorien Futtermittel gerade mal 1 Kalorien Fleisch (je nach Tierart, Rind ist am wenigsten produktiv).[36] Die Fleischindustrie ist also weniger eine Nahrungsmittelindustrie und mehr Nahrungsmittelvernichtungsindustrie. Das hat zur Folge, dass der Getreidepreis in die Höhe steigt, was wiederum die Ernährungssicherheit von hunderten Millionen Menschen bedroht. Für den Anbau dieser Pflanzen wird über die Hälfte der weltweiten Ackerfläche genutzt (!). Oft werden dafür Wälder gerodet, wodurch CO2 in die Atmosphäre freigesetzt wird. Außerdem ist der Einsatz von Dünger und Pestiziden gerechnet auf die Nährwerte des Fleisches astronomisch.

4.8.3 Ausstoß von Treibhausgasen

Tiere stoßen jede Menge Methangas aus, welches als Klimagas 25-mal schädlicher als CO2 ist. Deshalb ist die Tierindustrie schädlicher für das Klima als der gesamte weltweite Transportsektor. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) schätzt, dass 18% der weltweiten Treibhausgasemissionen auf die Fleischproduktion zurückgehen.[37] Zusätzlich scheiden die Tiere massenweise Exkremente aus, die, wenn sie im Übermaß auf Äcker ausgebracht werden, das ökologische Gleichgewicht aus der Bahn werfen. Sie erhöhen nämlich den Nitratgehalt der Böden, Flüsse und Meere (siehe Kapitel 4.9.2 Dünger).

4.8.4. Gesundheitliche Risiken des Fleischkonsums

Durch das enge Beisammensein der Tiere in der Massentierhaltung sind diese sehr anfällig für Krankheiten. Die Folge ist der massive Einsatz von Antibiotika. Genauso wie in Krankenhäusern werden so multiresistente Keime gezüchtet, die durch den Mist auf den Feldern und dort wachsenden Pflanzen, das Personal oder durch das rohe Fleisch selbst auf den Menschen übertragen werden.[38] Daraus ergeben sich jährlich tausende vermeidbare Tode.

Darüber hinaus ist Fleisch für den Menschen aufgrund des hohen Anteils an gesättigten Fettsäuren ungesund. Diese können nämlich bei übermäßigen Konsum zu Herz-Kreislauf‑Erkrankungen führen. Im Fleisch können sich zudem Gifte ansammeln, wie z.B. Dioxin, ein hochgiftiger Stoff, den Nutztiere in ihrem Fettgewebe einlagern.[39]

4.8.5 Fischfang und Fischwirtschaft – gleiche und spezielle Probleme

Ebenso wie der Konsum von Landtieren ist auch der Konsum von Meerestieren (Fische, Krebse, Garnelen, Muscheln, Tintenfisch usw.) in den letzten 50 Jahren massiv angestiegen (ungefähr um 100%).[40] Und genauso wie der Fleischkonsum hinterlässt auch der Fischkonsum erhebliche Schäden an unserer Umwelt. 35 % aller Fische werden vom Menschen so stark bejagt, dass ihre Bestände gefährdet sind.[41] Beifang tötet viele Tiere unnötigerweise und bestimmte Fangtechniken schaden den Unterwasserökosystemen, wie z.B. Schleppnetze oder die senkrecht verlaufenden Seile zwischen Krebsreusen und Bojen, in denen sich Wale verfangen.

Alte Fischernetze machen ca. 30 % des Plastiks in den Meeren aus und töten z.B. Haifische, Wale, Tauchvögel oder Schildkröten, da sich diese in den sogenannten Geisternetzen verheddern. Über die Jahre lösen sie sich auf und reichern die Weltmeere so mit Mikroplastik an.[42]

Mehr als 50% aller vom Menschen konsumierter Fische kommen mittlerweile aus Aquakulturen. Dies führt zu einer massiven Verschmutzung von Flüssen und Meeren. Die Fütterung der Zuchtfische erfolgt zumeist mit Wildfang oder Beifang. Auch hier breiten sich wegen der engen Haltung schnell Krankheiten aus, auch hier wird in großen Mengen Antibiotika eingesetzt (welches zudem über das Wasser noch besser in die Umwelt gelangt). Im Meer werden für den Bau von Fischfarmen auch Natur, wie z.B. Mangrovenwälder, zerstört. Und auch im Fisch gibt es giftige Stoffe, die sich anreichern. Das sind z.B. Schwermetalle wie Blei und Cadmium, die Fische über die Nahrung aufnehmen oder der Futterzusatz Ethoxiquin, für den es auch in Deutschland bisher keinen Grenzwert im Fischfutter gibt. [43]

4.8.6 Biologische Fleischwirtschaft ist keine Lösung

Biologische und artgerechte Haltung sind leider keine Lösungen. Zwar verbessern sie das Tierwohl, gleichzeitig leben die Tiere aber noch länger und auf noch größeren Flächen, was wiederum dafür sorgt, dass sie mehr Nahrung brauchen und mehr Methan ausstoßen.

4.8.7 Kampf der Fleischindustrie

Nicht nur das Züchten von Tieren, auch die Verarbeitung von Fleisch ist ein riesiges Geschäft für das Kapital. Deutschland ist dabei eines der führenden Länder. Das Schlachten und Verarbeiten von Fleisch sorgt in Deutschland jährlich für einen Umsatz von 40 Mrd. €. Obwohl 1400 Betriebe in dem Gewerbe tätig sind, hat allein der größte Betrieb Tönnis einen Umsatz von 16 Mrd. € im Jahr.[44] Es steht also ein großes Kapital hinter der Fleischproduktion, welches seine Interessen verteidigt. Von den hohen Profiten bekommen die über 150.000 Beschäftigten jedoch nichts ab. Seit Jahren ist die Schlacht- und Fleischverarbeitungsindustrie für ihre miserablen Arbeitsbedingungen, insbesondere für Saisonarbeiter_innen aus dem EU-Ausland, bekannt.

Trotz kleiner Verbesserungen findet eine starke Ausbeutung in den Betrieben statt. Deshalb müssen wir auch in diesen Betrieben den Schulterschluss mit den Kolleg:innen suchen. Gewerkschaftliche Organisierung ist für den Kampf um mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen essenziell. In Deutschland ist die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) die zuständige Branchengewerkschaft.

Doch nicht nur die Fleischindustrie in Deutschland ist ein Problem. Weltweit gibt es unzählige riesige Firmen, die Fleisch verkaufen. Sie alle sind nicht an der Ernährung der Bevölkerung, sondern nur an ihrem Profit interessiert. Dafür produzieren sie 330 Millionen Tonnen Fleisch[45] dessen Konsum ungesund für den Menschen ist und zudem Wasserknappheit, Artensterben und Hunger erzeugt, sowie den Klimawandel beschleunigt.

Wir müssen alle Beschäftigten der Fleischindustrie auch im Kampf für eine andere landwirtschaftliche Produktion und eine andere Ernährung gewinnen. Sie müssen das Kapital nicht nur als Feind im Tarifkampf, sondern auch als Feind für eine nachhaltige Ernährungs- und Umweltpolitik sehen. Dort darf der Kampf aber nicht stehenbleiben. Die Beschäftigten müssen auch für eine revolutionäre Perspektive gewonnen werden.

4.8.8 Forderungen

Um den Fleischkonsum zu senken und die Ernährungsfrage in die Hand der Beschäftigten zu legen schlagen wir folgende Punkte vor:

  • Für die Vergesellschaftung der Schlacht- und Fleischverarbeitungsbetriebe unter Arbeiter:innenkontrolle. Wir wollen selbst entscheiden, unter welchen Bedingungen wir produzieren und was wir essen!
  • Für die Transformation der Fleischindustrie in eine nachhaltige und vornehmlich vegetarische Nahrungsmittelindustrie. Dabei darf kein/e Kolleg:In entlassen werden!
  • Pflanzliche Proteine und Fette sind unverarbeitet (Linsen, Erbsen, Soja, …) bereits billiger als Fleisch. Es muss jedoch noch weitere schmackhafte und ökologisch verträgliche Alternativen geben. Vegetarische und vegane Ersatzprodukte sollten weiter erforscht und subventioniert werden, damit ein Massenmarkt entstehen kann. Die Steuer auf Produkte wie Fleischersatzprodukte aus pflanzlichem Eiweiß oder Getreidemilch sollte wie für Fleisch oder Milch 7 % statt 19 % betragen.
  • Die Fleischindustrie wird in den Führungsetagen von Tönnies, Westfleisch, Danish Crown etc. geplant und entlang ihrer konkurrierenden Profitinteressen organisiert, nicht anhand der individuell-moralischen Entscheidungen von Menschen in den Supermarktregalen. Die Logik der vegetarischen und veganen Konsumkritik basiert auf der idealistischen Illusion, das Proletariat könne die Produktion durch individuelle Kaufentscheidungen steuern. Wenn das so wäre, bräuchten wir eigentlich keinen Sozialismus mehr. Es ist die kapitalistische Produktionsweise selbst, die in alle Formen der Nahrungsmittelproduktion in dieser Gesellschaft (ob Gemüse, Getreide, Fleisch, Milch etc.) eingeschrieben ist. So sorgt der systeminhärente Drang der Profitmaximierung dafür, dass auch bei der Erzeugung von veganen Ersatzprodukten und im ökologischen Landbau der Profit letztlich vor die ökologische Nachhaltigkeit gestellt werden muss. Das Problem der Klimaschädlichkeit kapitalistischen Konsums lässt sich also nicht durch den „moralischeren“ kapitalistischen Konsum ersetzen. Zumal das Privileg für die eigene Reproduktion zwischen Nahrungsmitteln wählen zu können mit schrumpfendem Einkommen sinkt. In unseren Forderungen adressieren wir deshalb stets die Arbeiter_innenklasse als kollektives revolutionäres Subjekt und nicht als individuell-bürgerliches, wie es die bürgerliche Ideologie suggeriert. Die Konsumkritik ist der verkürzte Ausweg des gesellschaftlich ohnmächtigen Kleinbürgers. Unsere Aufgabe ist es nicht, Illusionen in die Wirkmächtigkeit dieses „Kampfmittels“ zu schüren, sondern kollektive und klassenbasierte Lösungsmöglichkeiten wie die die Vergesellschaftung der Fleischindustrie unter Arbeiter_innenkontrolle aufzuzeigen. Ohne Frage respektieren wir die individuelle Entscheidung keine tierischen Produkte zu sich zu nehmen. Sie wird nur niemals Teil einer tatsächlich marxistischen Forderung sein.
  • Der massenhafte Export von Fleisch muss unterbunden werden, um die Produktion zu senken und die Lebensmittelindustrie in den Importländern wiederzubeleben
  • Kein massenhafter Einsatz von Antibiotika in Tierställen
  • Futtermittel für Fleisch sollte nicht subventioniert werden
  • Wir müssen dafür kämpfen, dass es in öffentlichen Kantinen mehr veganes und vegetarisches Essen gibt
  • Es muss mehr Bildung über die verheerenden Folgen des Fleischkonsums geben, vor allem an Kindergärten und Schulen
  • Die freiwerdenden Flächen und Arbeitskräfte sollten für die Ernährung der Menschen, für die Produktion von Biogas und -treibstoff genutzt, vornehmlich jedoch einfach renaturiert werden. Kleinbauern dürfen bei der Umgestaltung der Landwirtschaft weder Job noch Hof verlieren

4.9 Die Krise der konventionellen Land- und Forstwirtschaft

Bis heute ist der Ertrag an Agrarprodukten im Verhältnis zur Fläche immer weiter angestiegen. Grund dafür ist, dass sich die industrielle Landwirtschaft immer weiter ausbreitet. Die heute praktizierte Form der konventionellen industriellen Landwirtschaft (aber nicht nur diese) befindet sich jedoch in einer wachsenden Krise. Ihre Anbaumethoden richten immer größere Schäden auf dem Planeten an und ihre Produktion wird auch selbst anfälliger für Verluste. Der Klimawandel verstärkt und beschleunigt diese Entwicklung. Dabei sind die Dürren und Unfruchtbarkeit des Bodens in einem Maße menschengemacht, das weit über den menschengemachten Klimawandel hinausgehen. Mit den konventionellen Anbaumethoden manövriert sich die Landwirtschaft so zunehmend in eine Sackgasse.

Die Probleme dafür sind vielfältig, basieren jedoch größtenteils auf der Unfähigkeit der kapitalistischen Produktionsweise eine nachhaltige Produktion zu organisieren. Obwohl viele Lösungsstrategien bekannt sind und ihre Umsetzung schon im Kapitalismus theoretisch möglich wäre, sind die bürgerlichen Regierungen unwillig genug, etwas für einen ökologischen Umbau zu tun. Sie gehen sehenden Auges dem Abgrund entgegen. Die Lobby der Großgrundbesitzer, Agrar- und Düngemittel- bzw. Pestizidkonzerne weisen dafür die Richtung. Verbesserungen müssen deshalb gegen den Widerstand der Chemie- und Lebensmittelindustrie, den Großgrundbesitz und ihren Regierungen durchgesetzt werden.

Fakt ist, dass eine ökologisch nachhaltige Landwirtschaft dafür sorgt, dass die Böden fruchtbarer werden und die Landwirtschaft resistenter gegenüber dem Klimawandel wird. Wenn die Landwirtschaft auf biologische Produktion umgestellt ist, werden die ökologisch nachhaltigen Produkte sogar unterm Strich günstiger sein, weil die externen Kosten erheblich sinken werden. Noch sind die Erträge der konventionellen Landwirtschaft jedoch deutlich höher. Die Wirtschaftlichkeit der Biobetriebe, die in Deutschland ca. 10 %[46] ausmachen, ist laut Agrarbericht aber sogar höher als die der konventionellen Betriebe. [47]

Jetzt mit dem Umbau zu beginnen ist entscheidend, da eine solche Transformation einige Jahrzehnte in Anspruch nehmen wird. Das Geld dafür muss aus den Aktionsfonds und Sparkonten der monopolitischen Agrarkonzerne kommen. Da der Markt aus sich heraus diesen Umbau nicht leisten wird, da die kurzfristigen Interessen der Agarkonzerne mehr wiegen als die langfristigen Interessen der Menschheit, braucht es die Enteignung der Großgrundbesitzer und Agrarkonzerne, sodass die der ökologische Umbau der Landwirtschaft unter demokratischer Kontrolle der Arbeiter_innen abseits der profitbasierten Marktlogik vollzogen werden kann.

4.9.1 Monokulturen

Als Monokultur wird der Anbau einer einzigen Pflanze über eine Abfolge von mehreren Jahren bezeichnet. Es kann damit aber auch der Anbau einer einzigen Pflanzen auf einem (gigantischen) Feld gemeint sein. Kaffee- oder Palmölplantagen mit ausschließlich diesen Nutzpflanzen sind eindrückliche Beispiele für diese Anbaustrategie. Solche Plantagen sind sehr anfällig für Unkraut, Krankheiten und Schädlinge. Folglich muss der Einsatz von Pestiziden und Dünger erhöht werden, was wiederum zu Resistenzen und einer Überdüngung führt.[48]

In Deutschland sind Monokulturen über mehrere Jahre hinweg zwar selten (und sogar per Gesetz verboten), allerdings hat sich hierzulande die Fruchtfolge verengt. Außerdem ist der Anblick von Feldern der gleichen Pflanzen bis zum Horizont (z.B. Raps) auch hierzulande nichts Ungewöhnliches.

Ein Wechsel der Pflanzen ist im Kapitalismus aber gar nicht immer und überall möglich, da es zum Teil feste Abnehmer:innen gibt, die z.B. für ihre Biogasanlage immer nur eine bestimmte Pflanze brauchen. Außerdem ist das Saatgut so gezüchtet, dass es am besten in Monokulturen gedeiht. Eine Umstellung würde ihren vollen Effekt also erst entfalten, wenn auch entsprechendes Saatgut gezüchtet ist. Außerdem müssten neue Maschinen für die Ernte konstruiert werden, bzw. massenhaft und damit kostengünstig hergestellt werden. Zum Teil gibt es schon Geräte, die aber aufgrund der geringen Nachfrage sehr teuer sind.

In Spanien und der Schweiz wurde auf Versuchsfeldern bereits bewiesen, dass Mischkulturen (z.B. Linsen und Lupinen) ertragreicher als Monokulturen sind. In Spanien waren die Erträge 3% in der Schweiz 20 % höher, wenn zwei Arten gleichzeitig gepflanzt wurden. Die Zahlen stiegen auf 13 % bzw. 44% bei einer Mischkultur aus vier Pflanzen. Die Gründe dafür sind wahrscheinlich die bessere Ressourcennutzung durch die Pflanzen so wie eine bessere Schädlingskontrolle. So kann auch die Artenvielfalt erhöht werden, die auf den gigantischen Monokulturen sehr gering ist. [49]

Das Problem der Monokulturen bezieht sich natürlich nicht nur auf die Landwirtschaft, sondern auch auf die Forstwirtschaft. Eine Studie der Universität München stellt fest, dass Artenmischung den Wald ertragreicher macht, weil sich die Kronen und Wurzelsysteme besser gegenseitig mit Nährstoffen versorgen. Zudem ist der Wald so widerstandsfähiger[50] (für mehr Informationen siehe Kapitel 4.9.7 Forstwirtschaft). Monokulturen müssen der Vergangenheit angehören. Stattdessen braucht es Mischwälder in der Forstwirtschaft, jährliche Mischkulturen und eine sich abwechselnde Fruchtfolge in der Landwirtschaft. Alle paar Jahre sollten zudem gezielt stickstoffhaltige Pflanzen angebaut werden, die dem Boden guttun, indem sie dafür sorgen, dass sich die Mikroorganismen im Boden ausbreiten können. In der Folge sickert das Wasser nicht einfach durch sandigen Boden, sondern wird gespeichert und steht so den Pflanzen zur Verfügung. Außerdem sorgen sie dafür, dass das Wasser nach einem Starkregen nicht einfach oberflächlich abläuft, sondern in den Boden eindringt (z.B. durch kleine Gänge von Regenwürmern usw.). Mikroorganismen reinigen zudem das versickernde Wasser und machen z.B. durch Stickstoffproduktion die Böden fruchtbarer.[51] Bis dieser Prozess wieder fruchtbare Böden erzeugt, dauert es allerdings mindestens 10-20 Jahre.

Alle Staaten (besonders die mit einer industriellen Landwirtschaft) müssen sofort in die Forschung für alternative Anbaumethoden investieren. Denn auch die Forschung auf Versuchsfeldern dauert lange. Die Kosten für diese Maßnahmen müssen vom Profit der Kapitalist:innen bezahlt werden. Dabei muss international kooperiert und nicht konkurriert werden. Wir sind für die Abschaffung des Patentrechts für Saatgut oder Anbaumethoden, denn es hemmt die Forschung und dient nur dazu, postkoloniale Abhängigkeiten aufrechtzuerhalten und die Profite bei einer kleinen Gruppe von Monopolunternehmen zu belassen.

4.9.2 Dünger

Chemischer Dünger kann zwar ausgleichen, dass der Boden mit der Zeit durch die Art der Bewirtschaftung unfruchtbarer wird, allerdings funktioniert das nur bis zu einem bestimmten Punkt. Letztlich sterben die Mikroorganismen im Boden ab[52], die essenziell für die Speicherung von Wasser sind. In der Folge sind die Böden anfälliger für Dürren. Zudem richtet der künstliche und tierische Dünger auch anderswo ökologische Katastrophen an. Der Stickstoffdünger wird von Bakterien in Nitrat umgewandelt, welches in die Flüsse und so in die Meere gelangt. Dort regt es das Algenwachstum an. Wenn diese Algen dann absterben und von aeroben (sauerstoffverbrauchenden) Bakterien zersetzt werden, entstehen tote Zonen im Meer, die bereits 15 % der Meeresböden ausmachen. In den letzten 100 Jahren hat sich diese Fläche verzehnfacht.[53] In solchen Zonen ist kein Sauerstoff mehr vorhanden, weshalb kein Tier mehr überleben kann. Noch dazu verseucht das Nitrat unser Grundwasser. Die Reinigung unseres Grundwassers für unser Trinkwasser wird so unnötig teuer und aufwändig. Mineralische Dünger, vor allem Phosphordünger, enthalten neben dem gewünschten Mineral zum Teil giftige Schwermetalle, die über die Düngung in der Landwirtschaft in unseren Körper kommen.[54] Metalle wie Zink und Kupfer sind zwar als Spurenelementen wichtig für Pflanzen, allerdings können sie bei zu großzügigen Einsatz Mikroorganismen im Boden schaden. Das Problem bei der Herstellung von synthetischen Düngemittel ist wiederrum, dass sie sehr energieaufwendig ist (z.B. die Aktivierung von Stickstoff durch die Herstellung von Ammoniak).[55]

Der Einsatz von mineralischen und synthetischen Düngemitteln muss deshalb so weit wie möglich reduziert werden. Pflanzliche natürliche Dünger wie Kompost oder Vinasse sind dagegen unproblmeatisch.

4.9.3 Pestizide

Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (Pestiziden, also Herbizide, Insektizide und Fungizide) ist das vorsätzliche Verteilen von für Lebewesen tödlicher Gifte auf einem nicht unerheblichen Anteil der Erdoberfläche. Sie haben dramatische Auswirkungen auf die Ökosysteme und können durch direkte Exposition oder durch die Nahrung auch dem Menschen schaden. Pestizide werden in der industriellen Landwirtschaft meistens von Traktoren, zum Teil aber auch von Flugzeugen versprüht. So kann sich der Stoff als Sprühnebel über die Felder hinaus verteilen.

Pflanzenschutzmittel unterscheiden nicht zwischen Nützling und Schädling. Viele nützliche Tiere werden durch den Einsatz von Insektiziden abgetötet, wodurch sich wieder Schädlinge vermehren und der Einsatz von Pestiziden erhöht werden muss. Herbizide schaden der Umwelt, indem z.B. Pflanzen abgetötet werden, die Insekten als Nahrung dienen, was wiederrum einen negativen Einfluss z.B. auf Vogelpopulationen nehmen kann. Die hohe Konzentration auf den Feldern schadet auch den Mikroorganismen im Boden. Diese Effekte führen zu einem Artensterben, welches daran demonstriert wird, dass auf biologisch nachhaltig bewirtschafteten Betreiben die Artenvielfalt sechsmal höher ist als auf konventionellen Höfen.[56]

Das wichtigste Herbizid ist Glyphosat, welches in 60 % aller Unkrautvernichtungsmitteln vorkommt. Die internationale Krebsforschungsagentur IARC, welche eine Teilorganisation der WHO und damit der UN ist, hat Glyphosat als wahrscheinlich krebserregend eingestuft. Dieses Ergebnis basiert auf Studien an Ratten, Mäusen und menschlichen Zellen. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) geht jedoch davon aus, dass die Mengen in denen Glyphosat über die Nahrung aufgenommen wird, keine schädliche Wirkung hat.[57] Fakt ist jedoch, dass Glyphosat seinen Weg in den menschlichen Körper findet. Unsere Nahrung ist nachweislich damit belastet und auch in einer Menge von 0,5 Mikrogramm im Urin von 75% der getesteten Probanden einer Studie der Heinrich Böll Stiftung ließ sich eine hohe Konzentration Glyphosat feststellen.[58]

Der massenweise Einsatz von Herbiziden hat in den USA schon dazu geführt, dass sich resistente Pflanzen entwickelt haben[59], infolgedessen der Einsatz des Glyphosats weiter erhöht wurde, was wiederum dessen negative Effekte verstärkt.

Es ist klar, dass auf den Einsatz von Pestiziden nicht vollständig verzichtet werden kann. Es muss jedoch genau untersucht werden, welchen Schaden und welche Nutzen ein Mittel oder eine Kombination von Mitteln hat. Die Prämisse sollte es sein, Anbaumethoden zu verwenden, die es ermöglichen den Einsatz von Pestiziden zu reduzieren. Biologische Schädlingsbekämpfung (also den Einsatz von Lebewesen gegen Schädlinge) kann einen Beitrag dazu leisten, Pestizide zu ersetzen. Allerdings birgt biologische Schädlingsbekämpfung auch die Gefahr der Verbreitung invasiver Arten, deshalb muss damit sehr vorsichtig umgegangen werden. Auch Mischkulturen und wechselnde Fruchtfolgen reduzieren das Auftreten von Schädlingen.

Konzerne, die Düngemittel, Saatgut und Pestizide herstellen, wie Bayer und seine Tochter Monsanto, müssen entschädigungslos und unter Arbeiter:Innenkontrolle enteignet werden, damit ihr schmutziges Geschäft ein Ende hat. Auch für die Düngemittelproduktion gilt es, dass wir memeinsam mit den dortigen Beschäftigten volle Einsicht in die Geschäftsbücher und Forschungsberichte erkämpfen müssen. Erst dann können wir in staatlich voll ausfinanzierten und demokratisch von unserer Klasse kontrollierten Forschungseinrichtungen sinnvoll Chancen und Grenzen bestimmter Düngerverfahren abwägen und neue entwickeln.

4.9.4 Bodenerosion

Als Bodenerosion wird das Abtragen des Bodens verstanden. Im Falle von fruchtbarem Ackerland führt das zu Bodendegradation, also zu irreversiblen Schäden in der Funktion und Struktur des Bodens. Dadurch sinkt die Bodenqualität und damit dessen Fruchtbarkeit. Die direkten Auslöser sind Winde und Wasser (Regen und Überschwemmungen). Welche Ausmaße die Bodenerosion durch den Menschen hat bezeugt, dass 60-80 % der Bodenerosionen auf die menschliche Landwirtschaft zurück geht. Dies ist kein Wunder, wenn man bedenkt, dass 50% des Planeten landwirtschaftlich genutzt wird. 23 % der bewachsenen Fläche gelten dabei als nachhaltig geschädigt.[60] International liegt das Mittel der Bodenerosion bei 2,4 Tonnen pro Jahr und pro Hektar (100m x 100m) Ackerland.[61]

Das Problem ist also ein Internationales, auch wenn es sehr große Unterschiede zwischen den Ländern gibt, was hauptsächlich auf die Anbaumethoden zurückzuführen ist. In Brasilien, einem Land mit sehr hoher Bodenerosion, werden beispielsweise Regenwälder gefällt, um die Fläche dann landwirtschaftlich zu nutzen. Die starken Regenfälle tragen die dünne Schicht fruchtbaren Bodens ab. Wenn irgendwann auch der Einsatz von künstlichen Düngemitteln die verringerte Fruchtbarkeit nicht mehr ausgleichen kann, muss neuer Regenwald gerodet werden und der Prozess beginnt von neuem. Aus dem artenreichen Regenwald wird so eine nahezu ausgestorbene Steppe.

Bleibt die Natur unberührt, dann sind die Böden in den meisten Regionen der Erde von Pflanzen bedeckt. Durch den Ackerbau wird der Boden jedoch freigelegt und die Erosion so massiv begünstigt. Verschärfend kommt hinzu, dass meistens große Flächen bewirtschaftet werden, die nicht durch kleine Strukturen wie Hecken, Bäume usw. geschützt sind. Außerdem gibt es Pflanzen, die in weiten Abständen gesät werden (Mais, Zuckerrüben), was dafür sorgt, dass der Boden über lange Zeit unbedeckt ist. Wird der Boden immer wieder tief durchgepflügt und Reste der vorherigen Nutzpflanzen entfernt, wird dem Boden seine Stabilität und sein Schutz genommen, den er gegen Regen und starken Wind braucht.[62] Auch durch das übermäßige Weiden von Nutztieren auf Wiesenflächen wird die Erosion begünstigt.[63] Besonders an den oberen Teilen der Hänge, sowie auf Bergkuppen geht durch die Erosion fruchtbarer Boden verloren.

Neben der Fruchtbarkeit wird auch die Funktion des Bodens als Wasser und Nährstoffspeicher eingeschränkt. Die Ablagerungen durch die Bodenerosion können wiederum durch Verschlammung anderen Flächen schaden. Außerdem können die Bodenpartikel Gewässer vergiften, indem sie dort Schadstoffe (wie z.B. Pestizide) anreichern oder die Gewässer versauern. Die Ablagerungen können auch an vom Menschen geformten Strukturen Schaden anrichten.[64]

Der Klimawandel sorgt mit lokal auftretendem Starkregen, höheren mittleren Windgeschwindigkeiten und längeren Trockenphasen für eine höhere Erosion. Die historische Überschwemmung in Pakistan 2022, bei der ca. 1/3 der Landfläche überschwemmt wurde, hat der Landwirtschaft durch die Erosion einen erheblichen Schaden zugefügt. Durch das Waldsterben beispielsweise durch Schädlinge oder Feuer entstehen ebenfalls Flächen, die nicht vor Erosion geschützt sind. Den Erosionsprozess rückgängig zu machen, dauert sehr lange. Es dauert mindestens 100 Jahre, bis ein Zentimeter humoser Boden entsteht.[65] Bei einem starken Gewitter kann dieser hundertjährige Prozess an einem Tag zunichte gemacht werden.

Eine Schonende Bodenbearbeitung (z.B. ein weniger tiefes Pflügen und pflügen quer zum Hang, um Wasserabfluss zu verringern) kann Erosion entgegenwirken. Das Pflanzen von Bäumen neben und auf den Feldern schützt diese vor Wind. Terrassierung kann dagegen vor Wassererosion schützen.[66] Auch die Gefahr der Bodenerosion zeigt auf, dass die kapitalistische profitorientierte Bewirtschaftung von Agrar- und Forstflächen nicht einmal in der Lage ist, ihre dauerhafte Existenz zu gewährleisten. Wenn wir die Böden erhalten wollen, müssen wir sie ihren bürgerlichen Besitzer_innen entreißen. Was wir brauchen ist die entschädigungslose Enteignung der Großgrundbesitzer und eine Bodenreform in den halbkolonialen Ländern. Demokratisch gewählte und rechenschaftspflichtige Komitees aus Produzent_innen und Konsument_innen sollten für alle Äcker das Risiko von Erosion bewerten und entsprechende Maßnahmen treffen.

4.9.5 Desertifikation

6 % der Landfläche unseres Planeten ist von Wüsten bedeckt in denen Ackerbau oder Viehzucht unmöglich sind.[67] 40 % der Landmasse sind Trockengebiete.[68] Jedes Jahr kommt eine Fläche von ca. der Größe Bayerns hinzu. Dieser Umstand bedroht heutzutage 1 Mrd. Menschen. Das Problem ist menschengemacht. Besonders in der Sahel-Zone südlich der Sahara ist das gut nachweisbar. Hier wurden Äcker angelegt und diese künstlich mit Grundwasser oder Wasser aus Seen und Flüssen bewässert. So wurden die Grundwasserspeicher verbraucht und das übrige Wasser wurde immer salziger. Infolge von Ackerbau und Überweidung von Grasflächen wurde das Land von Erosion zerstört. Ganze Landstriche verödeten so.[69]

Doch auch in Europa ist dies bereits ein Problem, vor allem in Spanien, wo 20 % des Landes von Wüstenbildung betroffen sind[70]. Der Grund ist hier die Bewässerung von Obst- und Gemüseplantagen, aber auch der Wasserverbrauch der Tourismusindustrie. Ein weiteres europäisches Beispiel ist die Ausbreitung einer Wüste in Rumänien nahe der Hauptstadt Bukarest. Sand und Staub auf bereits zur Wüste gewordenen Flächen werden durch den Wind verweht. So breiten sich die Wüsten aus. Aber auch Ackerflächen fallen der Dürre zum Opfer. Weil keine Wälder mehr existieren, kann der Wind ungehindert über das Land streichen.[71] Der aufgewirbelte Staub sorgt bei den Menschen für gefährliche Atemwegserkrankungen. In Brandenburg sind Sandstürme heute schon keine Seltenheit mehr.[72]

In China wurde die Ausbreitung der Wüsten schon vor Jahrzehnten als Problem erkannt, vor allem, weil die Hauptstadt Peking von jährlich wiederkehrenden Sandstürmen heimgesucht wird. Dagegen wurde die Great Green Wall errichtet. Dabei handelt es sich um ein Wiederaufforstungsprojekt historischen Ausmaßes. 23 % Hälfte der chinesischen Landfläche ist heute wieder bewaldet, weitere Teile wurden mit Büschen oder Gräsern stabilisiert.[73] Bis 2050 sollen weitere 13,6 Mrd. $ investiert werden und so ein Schutzwall von 4500 km Länge und 100 km Breite entstehen. Bereits heute gibt es kaum Sandstrürme mehr in Peking, die Biodiversität ist gestiegen und die Bäume dienen als CO2 Speicher. Dieser Ansatz kann als Vorbild für andere Länder dienen.

4.9.6 Wassermangel

Grund für den Wassermangel ist neben dem Klimawandel die Verschwendung von Wasser in der Land- und besonders der Fleischwirtschaft. Endliche (Grund-)wasservorkommen werden angezapft und damit in Trockengebieten Landwirtschaft betrieben. Nach einigen Jahren liegt die Landwirtschaft dann am Boden. Wo Wassermangel akut wird, sterben Pflanzen ab, was für Erosion sorgt und so zur Wüstenbildung führt.

Besonders betroffen sind Nordafrika, der „Nahe Osten“, sowie Westasien.[74] Hunger, die Verbreitung von Krankheiten, Flucht und bewaffnete Konflikte sind die Folge. Laut der UN werden 2030 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitären Anlagen haben[75]. Besonders in den Städten wird das Problem durch eine ungerechte Verteilung verstärkt. In Mexiko-Stadt muss die arme Bevölkerung ewig für ihr Wasser anstehen, während die reiche Bevölkerung ihren Rasen im Vorgarten mit Trinkwasser besprenkelt. 1,6 Mrd. Menschen haben heute keine Zugang zu sicherem Trinkwasser zuhause. 2,8 Mrd. Menschen haben keinen Zugang zu sicheren Sanitären Anlagen.[76]

Es braucht eine nachhaltige Wasserwirtschaft, sodass endliches Grundwasser nicht einfach verbraucht wird und so Wasserquellen versiegen oder versalzen. Es sollte z.B. Regenwasser für die Landwirtschaft aufgefangen werden. Die Reduktion des Fleischkonsums, solargetriebene Wasserentsalzung, aber vor allem eine nachhaltige Landwirtschaft müssen Teil der Problemlösungsstrategie sein.

4.9.7 Forstwirtschaft

Der Zustand der Wälder ist historisch schlecht. Dürre, Krankheiten, Schädlinge und nicht nachhaltiges Abholzen sind die Gründe für das Verschwinden der Wälder weltweit. Im Harz, einer der größten Wälder Deutschlands, sind bereits 80 % (!) der Fichten abgestorben, bei den Buchen sieht es nicht viel besser aus.[77] Das Problem dabei sind unter anderem die angepflanzten Monokulturen, welche anfälliger für Schädlinge und Wetterextreme sind. Zudem führen die vielfach nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland gepflanzten Nadelwaldmonokulturen durch die vielen Nadeln am Boden zu einer Versauerung der Böden. Zum Teil muss das mit einer Behandlung von Kalk ausgeglichen werden. Diese Probleme erstrecken sich über den gesamten europäischen Kontinent. Die extreme Hitze und das Absterben der Bäume sorgen zudem dafür, dass es jedes Jahr gewaltige Waldbrände in Europa gibt. Neben den direkten wirtschaftlichen und ökologischen Schäden geben die Wälder so auch tonnenweise CO2 ab, welches wiederum den Klimawandel beschleunigt. Ein klassischer Teufelskreis.

Der Raubbau an den Wäldern in Südasien, Südamerika, aber auch in der nördlichen Taiga (Kanada und Russland) ohne jegliche Wiederaufforstungsperspektive verschärfen das Problem drastisch.

Es muss weltweit massiv aufgeforstet werden. Abholzung darf es nur in einem Maß geben, wie die Bäumer ersetzt werden können. Nur so lässt sich die Artenvielfalt schützen, der Wüstenbildung entgegengewirkt werden und dauerhaft CO2 als Maßnahme gegen den Klimawandel speichern. Auch für die Aufforstung liegt der Schlüssel in der Eigentumsfrage und der damit einhergehenden Kontrolle über die Waldböden und -flächen.

5. Klassenkampf der Landwirt:Innen und permanente Revolution

5.1 Klassenlage der Farmer:innen

Zur Klassenlage der Bäuer:innenschaft schreibt Trotzki im Übergangsprogramm Folgendes:

„Der Landarbeiter ist der Waffenbruder und Gefährte des Industriearbeiters auf dem Dorf. Sie bilden zwei Teile ein und derselben Klasse. Ihre Interessen sind nicht zu trennen. Das Programm der Übergangsforderungen der Industriearbeiter ist (mit) Modifikationen) auch das Programm des Landproletariats.

Die Bauern (Farmer) repräsentieren eine andere Klasse: das ist das Kleinbürgertum des Dorfes. Das Kleinbürgertum setzt sich aus verschiedenen Schichten zusammen, von den Halbproletariern bis hin zu den Ausbeutern. Deshalb besteht die politische Aufgabe des Industrieproletariats darin, den Klassenkampf in das Dorf zu tragen: nur so kann es seine Verbündeten von seinen Feinden trennen.“[78]

Sofern den Bäuer:innen ihre Produktionsmittel (Land, Maschinen, Werkzeuge) selbst gehören betrachten wir sie also als Teil des Kleinbürger:innentums, auch wenn es große Abstufung in ihrem Landbesitzt gibt. Dieser Umstand sowie ihr gesellschaftlich eher isoliertes Leben auf dem Land führt dazu, dass sie aus sich heraus kein revolutionäres Bewusstsein herausbilden können. Auch wenn viele von ihnen in bitterer Armut leben, treten Sie dem Klassenfeind nicht in gleichem Maße gegenüber wie die Arbeiter_innenklasse, außerdem sind die aufgrund ihrer Isoliertheit wesentlich schwerer zu organisieren.

Doch auch wenn sie allein keine revolutionäre Klasse für sich werden können, war es in vielen historisch-revolutionären Situationen die Aufgabe der organisierten Arbeiter_innenklasse, den Schulterschluss mit der Bauernklasse zu üben und diese für ihr revolutionäres Programm zu begeistern. Die russische Oktoberrevolution ist ein gutes Beispiel dafür, wie im unterentwickelten Russland eine zahlenmäßig weit unterlegene industrielle Arbeiter_innenklasse die Mehrheit der verarmten Bauern für ihr Programm und eine gemeinsame Revolution gewinnen konnte. Auch die Bauernklasse wird weltweit von Monopolkonzernen und Großgrundbesitz ausgebeutet und ist abhängig von günstigen Krediten, hohen Abnahmepreisen, niedrigen Preisen für Maschinen und Dünger sowie praktischen Transportbedingungen. Die organisierte Arbeiter_innenklasse muss ihr aufzeigen, dass ein Programm der Vergesellschaftung der Banken und Monopolkonzerne und die Einrichtung gemeinsamer Preiskontrollausschüsse die bessere Alternative ist, als das ewige Hoffen, von den Herrschenden ein wenig mehr verschont zu bleiben.

Auch wenn die Weltwirtschaft nach wie vor von der kapitalistischen Produktionsweise dominiert wird, ist die Ausgangslage der Bauern heute 2023 eine andere als zur Zeit der Oktoberrevolution 1918. Die Bauern im revolutionären Russland stellten eigentlich ein Überbleibsel aus der dem Kapitalismus vorangegangenen Epoche des Feudalismus dar. So wie sie damals in Russland nicht vollends dem Kapitalismus einverleibt wurden, führten 100 Jahre Kolonialismus und imperialistischer Terror dazu, dass weltweit auch heute immer noch viele verarmte Bauern nach vorkapitalistischer Art Subsistenzwirtschaft betreiben, das heißt die Bauern und Bäuerinnen bauen ihre Erzeugnisse zum großen Teil für den eigenen Konsum an und verkaufen ihn nur teilweise.

Doch der Expansionsdrang des Kapitals kennt keine Grenzen und verwandelt durch Verarmung Vertreibung, Krieg und Klimawandel Tag für Tag mehr Bauern in Proletarier_innen, die ihr Land verlassen oder verkaufen müssen und ihr Glück in den Metropolen, auf der Flucht in ein anderes Land oder auf den großen Baumwoll-, Kaffee- und Zuckerrohrplantagen suchen. Auch wenn trotz der formalen Dekolonialisierung viele Agrarflächen weiterhin in der Hand der ehemaligen Kolonialist_innen verblieben, wird die Landflucht der Kleinbauern durch einen weiteren Trend verstärkt, der sich Land Grabbing nennt. Dabei kaufen Monopolkonzerne und Kapitalgesellschaften in großem Stil Land in halbkolonialen Ländern auf, welches die dort ansässigen Kleinbauern seit hunderten von Jahren nur nach Gewohnheitsrecht genutzt haben.[79] Indem sie ihr Land und ihre Arbeitsmittel verloren haben, besitzen sie nur noch ihre Arbeitskraft, die sie verkaufen werden und werden somit zu Landarbeiter_innen, Industriearbeiter_innen oder verarmtem Subproletariat.

Auch wenn verlässliche Zahlen über die tatsächlichen globalen Besitzverhältnisse von Agrarflächen schwer zu gewinnen sind, schätzte Oxfam bereits vor 10 Jahren schon, dass zu diesem Zeitpunkt eine Fläche Westeuropas aus dem Besitz von Kleinbauern in den Besitz von Kapitalgesellschaften gewechselt ist. Laut der Heinrich-Böll-Stiftung kontrollieren die 4 Monopolkonzerngruppen Cargill, ADM, Dreyfus und Bunge zusammen 70 % des Weltmarktes an Agrarrohstoffen.[80] Aber auch deutsche Kapitalgesellschaften wie die Versicherung Münchner Rück[81], die Entwicklungsbank DEG[82] und die westfälische Ärztepensionskasse[83] sind zentrale Akteure im Land Grabbing.

Die Kapitalflucht in Agrarflächen ist dabei ein Resultat der schwindenden Anlageoptionen in der produktiven Sphäre und verspricht aufgrund der Tatsache, dass sich Boden nicht vermehren lässt, sichere Renditeerwartungen. Die erbeuteten Agrarflächen fehlen wiederum den lokalen Ökonomien um Nahrungsmittel anzubauen, stattdessen werden sie darauf ausrichtet um Exportprodukte für die westlichen Ökonomien wie Kaffee, Tee, Tabak, Baumwolle, Zuckerrohr, Bananen, Palmöl, Soja etc. zu produzieren aber auch Tierfutter und Biotreibstoff. Zur Bewässerung der Plantagen pumpen die Agrarkonzerne meistens die ohnehin knappen Grundwasserressourcen kostenlos aus den lokalen Böden. Die halbkolonialen Länder sind deshalb wiederum auf Nahrungsmittelimporte aus den imperialistischen Ländern angewiesen. Der systematische Landkauf ist jedoch nur ein Element aus einem größeren System aus der Kontrolle des Saatgutmarktes, Verschuldung, Spardiktaten etc., mit dem die imperialistischen Staaten die Abhängigkeit der ehemaligen Kolonien aufrechterhalten.

Die Konzentration von Agrarfläche in den Händen von Monopolkonzernen findet jedoch nicht nur in den Halbkolonien, sondern auch in imperialistischen Ländern wie Deutschland statt. Dies findet zum einen auf der Ebene des Firmenkaufs, zum anderen auf der Ebene des Bodenkaufs statt. So werden mittelständische Familienunternehmen in immer stärkerem Maße von den Agrarriesen aufgekauft. Laut der Landwirtschaftszählung 2020 des zuständigen Bundesministeriums ist ein Großteil der deutschen Agrarfläche nicht im Besitz der Bauern, sondern lediglich gepachtet. Die weiterhin steigenden Bodenpreise sorgen dabei für zusätzlichen Druck. In Ostdeutschland besitzen Unternehmensgesellschaften und Aktienfonds bereits über 30 Prozent des Bodens, während es in Westdeutschland bei steigender Tendenz noch 10 Prozent sind. In der EU wird 6,1 % der Landfläche von 2/3 aller landwirtschaftlichen Betrieben kontrolliert, während die größten 3,3 % über die Hälfte der Landfläche besitzen.[84]

5.2 Kampf dem Großgrundbesitz

Wir wollen den Großgrundbesitz restlos unter Kontrolle der Landarbeiter:innen vergesellschaften. Die Landarbeiter:innen und Landpächter:innen werden der Hebel bei der Umsetzung dieser Politik sein. Allerdings wird es wahrscheinlich nur partiell möglich sein, den ehemaligen Großgrundbesitz sofort kollektiv zu bewirtschaften. Um die armen Landarbeiter:innen und landlosen Bäuer:innen für unsere Politik zu gewinnen, müssen wir ihnen vor allem Land versprechen. Landaneignung durch arme Bäuer:innen, wie sie z.B. momentan (2023) in Kolumbien stattfinden, verdienen deshalb unsere bedingungslose Solidarität. Außerdem muss ihnen zugesichert werden, ihre Produkte profitabel verkaufen zu können, um ihr Überleben zu sichern. Deshalb haben wir uns solidarisch mit den Farmer:innenprotesten 2021 in Indien erklärt. Dort haben hunderttausende Farmer:innen gegen eine weiter Neoliberalisierung des Agrarsektors und für staatlich garantierte Mindestabnahmepreise gekämpft.

Natürlich ist die Zersplitterung von Großgrundbesitz noch keine sozialistische Politik, sie ist aber ein notwendiger Schritt, um die Großgrundbesitzer:innen zu entmachten und die Bäuer:innen für unsere Politik zu gewinnen. Revolutionäre Erhebungen in der Vergangenheit (z.B. die Russische Revolution im Oktober 1917) haben gezeigt, dass für landwirtschaftliche geprägte Gesellschaften die Landfrage von großer Bedeutung ist. Besonders in Halbkolonien ist ihre Lösung ein wichtiger Teil jeder sozialistischen Revolution.

5.3 Permanente Revolution und sozialistische Landwirtschaft

Bei der Landverteilung darf die Bewegung jedoch nicht stehen bleiben. Sie muss die Revolution permanent machen, also die Verteilung von Land mit sozialistischen Maßnahmen in der Stadt und auf dem Land verbinden. Überall dort, wo das Land zum großen Teil schon im Besitz der Menschen ist, die es bewirtschaften (z.B. in Nordamerika oder Europa), muss es deshalb das Ziel sein, die Farmer:innen zu motivieren das Land kollektiv zu bewirtschaften. Wir müssen sie darüber hinaus für eine nachhaltige Landwirtschaft gewinnen, die auf die Ernährungssicherheit und nicht auf kurzfristigen Profit ausgerichtet ist. Sie müssen begreifen, dass die Kollektivierung ihres Besitzen auch für sie selbst von Vorteil ist, da individuelle Risiken verschwinden und die Landwirtschaft so effizienter werden wird. Steuerliche Anreize und Subventionen können diesen Prozess beschleunigen.

Die Perspektive in der Agrar- und Ernährungsfrage muss also eine sozialistische sein. Denn auch ökologisch nachhaltige Landwirtschaft muss profitabel sein und ist daher den Marktzwängen unterworfen. Zum Beispiel können auch Bioprodukte aus den imperialistischen Staaten exportiert werden und so lokale Landwirtschaften in Halbkolonien bedrohen. Zudem ist eine nachhaltige Landwirtschaftspolitik nur im Kampf gegen die Macht der großen Agrar- und Chemiekonzerne durchzusetzen. Außerdem kann nur durch eine sozialistische Umgestaltung der Landwirtschaft sichergestellt werden, dass keine Farmer:innen bankrott gehen und so ihren Lebensunterhalt verlieren.

Eine sozialistische Landwirtschaft ist immer effizienter und ertragreicher, da Maschinen optimal verteilt werden und die Landfläche sinnvoller eingeteilt werden kann. Wo es einen Mangel an Wasser und Landfläche gibt, können diese Ressourcen sinnvoll verteilt werden, ohne dass es blutige Verteilungskämpfe gibt, wie sie im subsaharischen Afrika durch die Dürren heute schon alltäglich sind. Darüber hinaus kann nur der Sozialismus die Investitionen in die Landwirtschaft tätigen, die es für eine Umgestaltung braucht. Nur er kann den Klimawandel noch aufhalten und die unzähligen sinnlosen Kriege beenden, die den weltweiten Hunger verschärfen.  

Es braucht eine solche sozialistische, d.h. bedarfsgerechte Landwirtschaft, die umweltverträglich ist und nur die Ziele hat den Farmer:innen ein würdevolles Leben zu sichern und vor allem die Menschheit mit Nahrung zu versorgen.


[1] https://de.wfp.org/hungerkatastrophe

[2] https://www.zeit.de/zustimmung?url=https%3A%2F%2Fwww.zeit.de%2Fgesellschaft%2Fzeitgeschehen%2F2022-02%2Fhunger-un-welternaehrungsprogramm-bedrohung-pandemie

[3] https://www.careelite.de/welthunger-statistiken-fakten/#hungernde

[4] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/38187/umfrage/anzahl-der-hungernden-weltweit/

[5] https://www.welthungerhilfe.de/hunger#c8250

[6] https://www.theguardian.com/us-news/2022/sep/07/us-food-insecure-families-poverty-study

[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Welthunger#cite_note-10

[8] https://www.bundesrechnungshof.de/DE/3_internationales/1_internationales_wfp/wfp_node.html

[9] https://www.nd-aktuell.de/artikel/1169479.usa-rekord-budget-fuer-das-pentagon-beschlossen.html

[10] https://www.spiegel.de/politik/ausland/uss-gerald-r-ford-das-ist-das-teuerste-kriegsschiff-der-welt-a-1159275.html

[11] https://www.oxfam.de/presse/pressemitteilungen/2020-11-17-jemen-krieg-wert-waffenexporten-g20-um-vielfaches-hoeher

[12] https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/presse/2020/jemen-hunger-auf-rekordhoehe/232672

[13] https://www.bbc.com/news/world-middle-east-56242610

[14] https://www.wwf.de/themen-projekte/landwirtschaft/ernaehrung-konsum/lebensmittelverschwendung/das-grosse-wegschmeissen

[15] https://www.umweltbundesamt.de/themen/ein-drittel-der-lebensmittel-wird-verschwendet

[16] https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/lebensmittelverschwendung/studie-lebensmittelabfaelle-deutschland.html

[17] https://www.oxfam.de/system/files/factsheet_nahrungsmittelspekulation_pb.pdf

[18] https://www.oxfam.de/unsere-arbeit/themen/nahrungsmittelspekulation

[19] https://www.destatis.de/DE/Themen/Laender-Regionen/Internationales/Thema/landwirtschaft-fischerei/Ukraine-Landwirtschaft.html

[20] https://www.spiegel.de/wirtschaft/service/studie-lebensmittelkonzerne-nutzen-methoden-wie-die-tabakindustrie-a-882971.html

[21] https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/eu-agrarsubventionen-unternehmen-101.html

[22] https://www.tagesschau.de/investigativ/swr/landwirtschaft-un-bericht-101.html

[23] https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/landwirtschaft/oekologische-landwirtschaft/weggefuttert

[24] https://policy.trade.ec.europa.eu/development-and-sustainability/economic-partnerships_en

[25] https://www.keine-gentechnik.de/dossiers/anbaustatistiken#c194

[26] https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/landwirtschaft/landwirtschaft_gentechnik_laesst_sich_mon810_verbieten.pdf

[27] https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/landwirtschaft/oekologische-landwirtschaft/weniger-schmetterlinge-gen-mais

[28] https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/landwirtschaft/oekologische-landwirtschaft/monsanto-patent-roundup-ready-pflanzen

[29] https://albert-schweitzer-stiftung.de/aktuell/glyphosat-auswirkungen

[30] https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/umweltgifte/glyphosatresistente_pflanzen_vortrag.pdf

[31] https://www.derstandard.at/story/1254312048459/anbau-von-gentechnik-auberginen-verhindert

[32] https://de.statista.com/infografik/20391/produktion-von-fleisch-weltweit/

[33] https://www.bmel.de/DE/themen/tiere/nutztiere/schweine/schweine.html

[34] 38 kg/m², was bei einem durchschnittlichen Schlachtgewicht von 1,7 kg im Jahr 2021 22 Tieren entspricht. https://www.bundestag.de/resource/blob/658256/5b211b3b95ed73db4e6acaca6ce67c91/WD-5-069-19-pdf-data.pdf

[35] https://interaktiv.tagesspiegel.de/lab/15000-liter-wasser-fuer-ein-kilo-rindfleisch/

[36] https://www.weltagrarbericht.de/fileadmin/files/weltagrarbericht/Weltagrarbericht/04Fleisch/Futtermittelblues_Heft_05.pdf

[37] https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Landwirtschaft/Klimaerwaermung-durch-Fleischkonsum.pdf

[38] https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/krankenhauskeime-im-tierstall-gesundheitsforschung-in-der-landwirtschaft-2819.php

[39] https://www.umweltbundesamt.de/daten/chemikalien/dioxine-polychlorierte-biphenyle-pcb-in#dioxinefurane-und-polychlorierte-biphenyle-pcb

[40] https://www.zeit.de/wissen/2020-06/fischereibericht-2020-un-fischkonsum-rekordwert?utm_referrer=https%3A%2F%2F

[41] https://www.wwf.de/themen-projekte/meere-kuesten/fischerei/ueberfischung

[42] https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/plastik-meer-geisternetze-100.html

[43] https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Wie-oekologisch-ist-Fisch-aus-Aquakultur,aquakultur164.html

[44] https://de.statista.com/themen/4069/fleischverarbeitung-in-deutschland/#topicOverview

[45] https://www.destatis.de/DE/Themen/Laender-Regionen/Internationales/Thema/landwirtschaft-fischerei/tierhaltung-fleischkonsum/_inhalt.html

[46] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2021/07/PD21_N046_41.html

[47] https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/Agrarbericht2019.pdf?__blob=publicationFile&v=4 (S. 87)

[48] https://www.quarks.de/umwelt/landwirtschaft/darum-schaden-uns-monokulturen/

[49] https://www.mdr.de/wissen/umwelt/mischanbau-artenvielfalt-landwirtschaft-ertrag100.html

[50] https://www.wissenschaft.de/erde-umwelt/mischwaelder-sind-widerstandsfaehiger/

[51] https://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-landwirtschaft/bodenbelastungen/verlust-der-biodiversitaet-im-boden#funktion-der-bodenorganismen

[52] https://www.pflanzenforschung.de/de/pflanzenwissen/journal/zu-viel-des-guten-duengung-senkt-die-widerstandskraft-g-10956

[53] https://www.bund.net/meere/belastungen/ueberduengung-der-meere/

[54] https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/landwirtschaft/anbau/phosphatduenger-agrarchemie-toedlichen-nebenwirkungen

[55] https://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-landwirtschaft/umweltbelastungen-der-landwirtschaft/duengemittel

[56] https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/landwirtschaft/anbau/pestizide-zerstoeren-umwelt

[57] https://www.boell.de/de/glyphosat

[58] https://www.boell.de/de/2016/03/04/glyphosat-untersuchung-75-prozent-der-deutschen-deutlich-belastet

[59] https://www.deutschlandfunk.de/herbizid-studie-unkraeuter-entwickeln-immunitaet-gegen-100.html

[60] https://www.welthungerhilfe.de/informieren/themen/klimawandel/bodenerosion

[61] https://www.faz.net/aktuell/wissen/erde-klima/bodenerosion-wachsende-sorge-um-fruchtbare-boeden-16539315.html

[62] https://www.landwirtschaft.de/landwirtschaft-verstehen/wie-funktioniert-landwirtschaft-heute/boden-in-gefahr-erosion-in-der-landwirtschaft

[63] https://www.welthungerhilfe.de/informieren/themen/klimawandel/bodenerosion

[64] https://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-landwirtschaft/bodenbelastungen/erosion-jede-krume-zaehlt#was-sind-die-folgen-von-bodenerosion

[65] https://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-landwirtschaft/kleine-bodenkunde/entwicklung-des-bodens

[66] https://www.faz.net/aktuell/wissen/erde-klima/bodenerosion-die-landwirtschaft-ist-in-gefahr-18303767.html#ist-der-boden-noch-zu-retten}

[67] https://www.planet-wissen.de/natur/landschaften/trockenwuesten/wuesten-desertifikation-100.html

[68] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1180900/umfrage/anteil-von-trockengebiete-an-der-gesamtflaeche-der-weltregionen/

[69] https://www.planet-wissen.de/natur/landschaften/trockenwuesten/wuesten-desertifikation-100.html

[70] https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/292601/welttag-fuer-die-bekaempfung-von-wuestenbildung-und-duerre/

[71] https://www.dw.com/de/wo-die-w%C3%BCste-w%C3%A4chst-klimawandel-in-rum%C3%A4nien/av-56634405

[72] https://www.t-online.de/nachrichten/panorama/id_85636884/sahara-nein-das-ist-brandenburg.html

[73] https://www.destatis.de/DE/Themen/Laender-Regionen/Internationales/Thema/Tabellen/Basistabelle_WaldFlaeche.html

[74] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1178578/umfrage/laender-mit-dem-hoechsten-risiko-fuer-grundwassermangel/

[75] https://unric.org/de/020721-wasser/

[76] https://unric.org/de/020721-wasser/

[77] https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/magdeburg/harz/waldsterben-aufforstung-trockenheit-borkenkaefer-krisenstab-100.html

[78] https://www.marxists.org/deutsch/archiv/trotzki/1938/uebergang/ueberg1.htm#bab

[79] https://www.weltagrarbericht.de/themen-des-weltagrarberichts/landgrabbing.html

[80] https://www.boell.de/de/2017/01/10/fuenf-agrarkonzerne-beherrschen-den-weltmarkt

[81] https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/kampf-um-aecker-wie-die-munich-re-land-wegkauft-1.3273634

[82] https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&ved=2ahUKEwi62Ofy9rj9AhXjg_0HHeT7AdkQFnoECBAQAQ&url=https%3A%2F%2Fafrique-europe-interact.net%2F1253-0-Kurzinfo-DEG-Dezember-2014.html%3Farticle_id%3D214%26aid%3D1253%26clang%3D0&usg=AOvVaw3fIzleuB7fcZM74n6_2gqx

[83] https://www.fian.de/aktuelles/aerztepensionen-in-landgrabbing-verwickelt/

[84] https://www.weltagrarbericht.de/fileadmin/files/weltagrarbericht/Weltagrarbericht/08LandGrabbing/2016OxfamCommonGround.pdf




Für einen revolutionären Bruch der Lohnabhängigen mit dem Reformismus!

Minderheitsposition der Konferenz „15 Jahre Solid und Linkspartei“, Infomail 1211, 19. Januar 2023

Bis 150 Menschen diskutierten auf der Konferenz „15 Jahre Solid und Linkspartei – Welche Organisation für den Klassenkampf?“ über die Notwendigkeit eines revolutionären Bruchs mit der Linkspartei und dem Reformismus. Im Folgenden veröffentlichen wir die Abschlusserklärung der Konferenz, die von einer Mehrheit von zwei Dritteln der Anwesenden angenommen wurde, und die Minderheitsresolution. Die Mehrheitsresolution basiert auf einem Entwurf der Revolutionären Internationalistischen Organisation / Klasse Gegen Klasse. Die Minderheitsposition wurde von vier Genoss:innen einbracht wurde und von der Gruppe Arbeiter:innenmacht und von REVOLUTION unterstützt.

Für einen revolutionären Bruch der Lohnabhängigen mit dem Reformismus!

Antragsteller:innen: Carlos, Pauline, Stephie (REVO, GAM), Willi (GAM)

1. Seit 15 Jahren vertieft die Partei DIE LINKE stetig ihre Perspektive der Mitverwaltung des kapitalistischen Elends. In 13 Regierungsbeteiligungen haben sie Abschiebungen, Zwangsräumungen, Privatisierungen, Polizeigewalt und vieles mehr mitverantwortet. Alle Versuche, die Partei in die Richtung einer Fundamentalopposition zu lenken, sind gescheitert. Die Partei und ihre Jugendorganisationen, die Linksjugend [’solid] sowie Die Linke.SDS sind durch diese Entwicklung in eine Krise geraten. Auf der Konferenz für einen revolutionären Bruch mit der Linkspartei und Solid haben sich Mitglieder von [‘solid!] und DIE LINKE, kürzlich ausgetretene Genoss:innen, sowie Gruppen und Einzelpersonen aus der kommunistischen Bewegung versammelt. Wir nehmen das Zusammenfallen der Krise der Linkspartei und der gesamten gesellschaftlichen Opposition mit einer verschärften ökonomischen, politischen und sozialen Krise auf nationaler und globaler Ebene als Anlass, um die praktische Vorbereitung sowie die Debatte über den Aufbau einer Partei der arbeitenden Klasse mit einem fundamentaloppositionellen, revolutionären Programm in Deutschland wieder ins Rollen zu bringen.

Zur Ausgangslage in Deutschland und der LINKEN

2. Wir stellen uns gegen den deutschen Imperialismus und gegen die Ampelregierung, die die größte militärische Aufrüstung seit Jahrzehnten vorantreibt, und für die internationale Solidarität der Arbeiter:innen aller Länder untereinander. Mit Einmalzahlungen im Gießkannenprinzip versucht diese dem Widerstand gegen Inflation und Krieg den Wind aus den Segeln zu nehmen. Auch in der Krise erkauft sich der imperialistische deutsche Staat die politische Loyalität von wirtschaftlich zentralen Teilen der Arbeiter:innenklasse mithilfe der Gewerkschaftsbürokratie, um einen übergreifenden Kampf aller Lohnabhängigen in Deutschland und auf globalem Maßstab auf Basis gemeinsamer Klasseninteressen vorzubeugen. So können die Kosten der Militarisierung auf die Lohnabhängigen in Deutschland und anderswo abgewälzt werden — wodurch Kriege finanziert werden, unter denen wiederum vor allem die Lohnabhängigen anderer Länder tagtäglich leiden müssen. Die Militarisierung nach außen geht auch einher mit einer Stärkung des Repressionsapparats und der rechtsterroristischen Verankerung innerhalb derselben. Der rechte Terror im Innern ist ein Widerhall des erstarkenden Imperialismus nach außen. Daher kann der Aufstieg der Rechten nicht mit einer Logik des „geringeren Übels“, der prinzipienlosen Unterstützung von „linken“ oder „fortschrittlichen“ Regierungen bekämpft werden.

3. Die Kapitalist:innen und ihre Regierungen haben der Jugend nur eine Perspektive des Verzichts, des Militarismus und der Klimakatastrophe anzubieten. Wir schulden ihnen nichts! Anstelle der Logik des geringeren Übels oder der politischen Resignation wollen wir eine Jugendorganisation aufbauen, die für eine ganz andere Zukunft kämpft: Eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung, die die Ressourcen dieses Planeten nachhaltig nutzt und statt absurder und gesundheitsschädigender Lohnarbeit die freie Entfaltung all unserer schöpferischen und kreativen Potenziale ermöglicht. Wenn deshalb die Regierenden von einer „Zeitenwende“ sprechen und uns auf künftige Kriege im Dienste des Kapitals vorbereiten wollen, sagen wir: Kein Cent, kein Mensch dem Militarismus! Gerade im imperialistischen Deutschland ist es unsere Aufgabe, eine revolutionäre, antiimperialistische Jugendorganisation an der Seite der Arbeiter:innen und aller Unterdrückten aufzubauen, die sich weder dem imperialistischen Kriegsgetrommel der „Heimatfront“ und der NATO anpasst noch reaktionäre Führungen wie Putin unterstützt und entschuldigt.

4. Die einzige Kraft, die nicht nur einen Kampf gegen die imperialistische Politik der Regierung führen, sondern tatsächlich ein Ende von Ausbeutung und Unterdrückung erkämpfen kann, ist die Arbeiter:innenklasse. Aber nicht als gesichtslose Masse ohne Ansehen von Sexismus-, Queer- und Transfeindlichkeit sowie Rassismuserfahrung(en), sondern im Gegenteil als Klasse, die insbesondere in einem Land wie Deutschland auch sehr migrantisch ist und immer weiblicher und immer mehr offen queer wird. Sie kann aufgrund ihrer Stellung im kapitalistischen Produktionsprozess nicht nur die zentralen Hebel der Wirtschaft lahmlegen. Sondern sie kann die Gesamtheit aller unterdrückten Teile der Bevölkerung im Kampf gegen Staat und Kapital anführen. Dafür muss sie sich deren Forderung zu eigen machen und sich selbst an die Spitze der Kämpfe gegen Sexismus, Rassismus und jeglicher Form von Unterdrückung stellen, anstatt nur eine von vielen gleichrangig getrennt voneinander agierenden Bewegungen zu bilden, wie es beispielsweise die Bewegungslinke propagiert. Das wird ihr nur gelingen, wenn sie die Selbstorganisierung der auf unterschiedliche Weise unterdrückten Teile der Arbeiter:innenklasse nicht als Konkurrenz sieht, sondern begrüßt und aktiv zu einem großen Ganzen zusammenfügt.

5. Die Trennung von Fragen der Unterdrückung (Sexismus, Rassismus, LGBTQIA+-Feindlichkeit, Behindertenfeindlichkeit usw.) vom Kampf gegen die kapitalistische Ausbeutung zementiert die Spaltung der Arbeiter:innenklasse. Diese ist für das Kapital funktional und wird vom Staat und den Bürokratien in der Arbeiter:innenbewegung aufrechterhalten. Sie steht auch der Perspektive des Kampfes für eine Gesellschaft, die frei von jeglicher Ausbeutung und Unterdrückung ist, unmittelbar entgegen. Deshalb haben wir nichts gemeinsam mit der populistischen Perspektive von Sahra Wagenknecht, die unter dem Vorwand einer Rückkehr zu mehr „Klassenpolitik“ bestimmte Unterdrückungs- und Ausbeutungsformen herunterspielt. Die Strategie von Wagenknecht ebenso wie die ihres französischen Pendants Jean-Luc Mélenchon und La France Insoumise ist darauf ausgelegt, die Interessen der „weißen Arbeiterklasse“ mit den Interessen der imperialistischen Bourgeoisie zu vereinen. Ihre links klingenden Phrasen sind in Wahrheit nichts anderes als die Verteidigung des Standortnationalismus der Konzerne. Anstatt den Rechten das Wasser abzugraben, überlässt sie ihnen mit dieser Strategie das Feld.

6. Ihre Perspektive teilt die Linkspartei auch mit reformistischen oder linkspopulistischen Projekten der vergangenen Jahre wie Syriza in Griechenland, Podemos im Spanischen Staat oder La France Insoumise in Frankreich, welche den Klassenkampf in ihren jeweiligen Ländern in staatstragende Bahnen umgelenkt haben. Das linkspopulistische Podemos hat ihre Opposition zur Monarchie abgelegt und setzt als Teil der spanischen Regierung derzeit die Aufrüstung und die Abschottungspolitik gegen Migrant:innen und die Zusammenarbeit mit Marokko zur kolonialen Unterdrückung der Westsahara fort. Die linksreformistische Wahlfront Syriza setzte 2015 an der griechischen Regierung die Spardiktate von IWF, EZB und EU um, obwohl sie sich vorher ausdrücklich dagegen positioniert hatte. In Griechenland zeigt sich auch, dass die EU ein imperialistischer Block ist, der den Interessen vor allem des deutschen Kapitals dient. Sozialist:innen müssen die EU als imperialistisches Projekt ablehnen, aber ohne die Perspektive der Rückkehr zum Nationalstaat — wie es beispielsweise Sahra Wagenknecht oder Jean-Luc Mélenchon vorschlagen —, sondern in der Perspektive der Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa.

7. Wir lehnen den zögerlichen Umgang der Linkspartei mit ihrem stalinistischen Erbe deutlich ab. Die stalinistische Konterrevolution in der Sowjetunion und ihr Abdruck in der DDR und anderswo, die Unterdrückung von nationalen und religiösen Minderheiten, Frauen und Homosexuellen, die Sabotage der Kämpfe der Arbeiter:innen und strategische Orientierung auf bürgerliche und reaktionäre Kräfte unter dem Vorwand der Verteidigung des sozialistischen Aufbaus, der Verteidigung gegen den Faschismus, der nationalen Befreiung usw. — auf diesem Erbe kann keine revolutionäre Politik fußen. Ein revolutionärer Bruch mit der reformistischen Linkspartei schließt einen Bruch mit der Toleranz gegenüber allen Erscheinungsformen des Stalinismus als linker Spielart des Reformismus mit ein.

8. Die Krise der Linkspartei ist kein Zufall oder Produkt widriger Umstände, sondern eine Konsequenz ihrer gesamten Strategie. Als „demokratisch sozialistische“ bürgerliche Arbeiter:innenpartei ist sie strategisch auf Wahlen und Parlamentssitze ausgerichtet, um auf diesem Weg an die Regierung des bürgerlichen Staates zu gelangen. Daran ändert auch nichts, dass eine kleine Minderheit der Partei Regierungsbeteiligungen „kritisch“ sieht, ebenso wenig einzelne „linkere“ Ortsgruppen ihres Jugendverbandes. „Rebellisch regieren“, wie es die Bewegungslinke immer wieder vorschlägt, ist nur eine linkere Rhetorik für denselben Vorschlag. Die Mobilisierung und Organisierung auf der Straße oder in den Betrieben, Schulen und Universitäten ist in dieser Sichtweise nur ein Druckmittel, um parlamentarische Mehrheiten zu erlangen. Obwohl sie sich also sozial auf die Lohnabhängigen stützt, macht sie ihre Strategie letztlich zu einer Stütze der kapitalistischen Ordnung. Gegen diese Strategie, die letztendlich zur Unterordnung unter die Interessen des Kapitals führt, setzen wir die Notwendigkeit der politischen Unabhängigkeit der Arbeiter:innenklasse vom Kapital, von der Regierung und von den Bürokratien der Gewerkschaften, die sie stützen. Für uns bedeutet diese Unabhängigkeit keine Summe an Allgemeinplätzen, sondern muss auf dem Ziel der gemeinsamen Entwicklung eines revolutionären Programms fußen. Ein Prozess in den die verschiedenen Differenzen, die uns trennen diskutiert werden müssen.

Das Aktionsprogramm mit dem wir gegen die unterschiedlichsten aktuellen Krisen kämpfen wollen

9. Angesichts der Verschärfung der Klimakatastrophe, angesichts von Krieg und Aufrüstung, angesichts von fortgesetzter Inflation und Wirtschaftskrise braucht es eine konsequente Opposition in den Betrieben, Schulen und Universitäten und auf der Straße. Sie muss für ein soziales Notfallprogramm kämpfen, das die kapitalistischen Profitinteressen angreift und angesichts von Krise, Krieg und Klimakatastrophe eine sozialistische Perspektive aufwirft. Für sofortige Preisstopps, für die automatische Angleichung von Löhnen, Renten, Sozialleistungen, BAföG, etc. an die Inflation für hohe Gewinn- und Vermögenssteuern, für die Enteignung von Immobilien- und Energiekonzernen in der Perspektive der entschädigungslosen Enteignung aller Großunternehmen unter Kontrolle der Arbeiter:innen, für einen sozialen und ökologischen Umbau des Energiesystems und der gesamten Wirtschaft, gegen den Krieg, Sanktionen und Waffenlieferungen, gegen die 100-Milliarden-Aufrüstung. Weder Putin noch die NATO und gegen den Militarismus des deutschen Imperialismus.

10. Um ein solches Notfallprogramm umzusetzen, müssen wir eine Einheitsfront für den Kampf gegen die Regierung und das Kapital mit allen grundsätzlich bereitwilligen Kräften aufbauen, wobei wir uns ausdrücklich an alle Genoss:innen an der Basis sowie in führenden Positionen der Linkspartei richten, die alle oder einige der Forderungen teilen und zu einer transparenten und diskussionsoffenen Zusammenarbeit bereit sind. Da ein Großteil der Lohnabhängigen in Deutschland reformistische Illusionen hegen, wird ein Aktionsbündnis kleiner linksradikaler Gruppierungen nicht reichen, um die notwendige Massenkraft rund um unsere Forderungen zu mobilisieren. Für den Erfolg einer Einheitsfront wird es aber notwendig sein, die bremsende Rolle der SPD, der Gewerkschaften zu überwinden und ihr eine Perspektive der Selbstorganisation und der Koordinierung der Kämpfe gegenüberzustellen — für klassenkämpferische Gewerkschaften und für die Selbstorganisation der Arbeiter:innen. Nicht nur in vereinzelten Kämpfen, sondern auch als Perspektive einer politischen Alternative jenseits kapitalistischer Regierungen. Denn die Führungen unserer Gewerkschaften zeigen aktuell wieder mit der konzertierten Aktion (regelmäßige Treffen, bei denen sie sich mit Politik, Unternehmensverbänden und der Deutschen Bank abstimmen), dass sie lieber mit der Regierung und den Kapitalist:innen schlechte Kompromisse aushandeln. Den Preis dafür zahlen wir heute als Arbeiter:innen und als Jugendliche. Aber auch die Ausweitung befristeter Verträge wurde von unseren Gewerkschaftsführungen mitunterschrieben. Gegen die sozialpartnerschaftliche Politik versuchen wir in Streiks, Kämpfe und Bewegungen durch (Streik-)Versammlungen, imperative Mandate und die jederzeitige Abwählbarkeit von Vertreter:innen das Bewusstsein der Lohnabhängigen für ihre eigene Macht als Klasse zu erwecken. Um erfolgreich eine revolutionäre Perspektive in die Einheitsfront hineinzutragen, müssen wir zugleich den Aufbau einer vom Kapital unabhängigen Massenpartei der Lohnabhängigen mit einem marxistischen, revolutionären Programm anvisieren, die die fortschrittlichsten Teile der Arbeiter:innenklasse, wie in der Jugend, der Frauen und LGBTQIA+, der Migrant:innen und anderer besonders unterdrückter Teile der arbeitenden Klasse im Kampf für den Sturz des Kapitalismus und für die sozialistische Revolution anführen kann.

11. Die Konferenz sieht sich also einer doppelten Aufgabe gegenüber: Einerseits die Dominanz bürgerlicher Ideologien in der Arbeiter:innenklasse (v.a. den Reformismus) herauszufordern und andererseits eine revolutionäre Kraft aufzubauen. Zu diesem Zweck schlagen wir vor:

a. Die baldige Vorbereitung einer wirklich breiten Konferenz, auf der gemeinsam mit allen interessierten Kräften — inklusive mit denjenigen, die bisher nicht mit der Linkspartei gebrochen haben — über den aktuellen Zustand des globalen Kapitalismus und über die Ursachen und Erscheinungsformen des Reformismus diskutiert werden soll. Darüber hinaus wollen wir über die historischen und aktuellen Bedingungen, Probleme und Chancen eines radikalen Bruchs mit dem Reformismus auf nationaler und globaler Ebene reden, welche materielle Basis er in der Arbeiter:innenbewegung hat. Sowohl die Bedingungen eines Zusammenschlusses der kommunistischen Bewegung wie auch die Beziehung von Revolutionär:innen zu reformistischen Kräften sollen ausführlich diskutiert werden.

b. Die Anwesenden sind sich einig, dass eine gemeinsame Intervention auf der Grundlage der in dieser Erklärung vorgelegten Eckpunkte nötig ist, um eine revolutionäre Opposition ins Leben zu rufen zu können, die in den Kämpfen außerhalb und innerhalb des Parlaments eine tatsächliche Alternative zum Reformismus darstellen kann. Um heute schon das Fundament zu legen für einen radikalen Bruch der Lohnabhängigen mit dem Reformismus, wollen wir: im Rahmen der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG) in die kommende Tarifrunde des öffentlichen Dienstes (TVöD) mit einem Programm intervenieren, das die Forderung nach einem realen Inflationsausgleich erhebt und mit einem weitergehenden Programm gegen Krise, Krieg und Klimakatastrophe verbindet; Angesichts des Verrats der Linkspartei am Volksentscheid Deutsche Wohnen und Co. enteignen einerseits die politische Selbstorganisierung und Aktion der Mieter:innen als Lohnabhängige auf allen Ebenen vorantreiben, andererseits mit einer Kritik an der Taktik der Regierungsbeteiligung der Berliner Linkspartei bzw. an ihrem Umgang mit dem Volksentscheid in die kommende Abgeordnetenhauswahl treten. Dort, wo es möglich ist: Aufruf zur Wahl von Kandidat:innen der Linkspartei, die sich auf glaubwürdige Weise gegen die Regierungsbeteiligung ihrer Partei in Land und Bund stellen, wie der Genosse Ferat Koçak in Neukölln. Solche Unterstützungen müssen jedoch mit der Forderung des Aufbaus einer Strömung in der Partei verbunden werden, die den Kampf um Mehrheiten im Parlament nur als Mittel zum Zweck der Enteignung großer Immobilienkonzerne nutzt und nicht die Interessen ihrer Wähler:innen für die Regierungsbeteiligung aufopfert. Solidarität und kritische Unterstützung des parteiinternen Flügels in ihrem Kampf gegen die Regierungsbeteiligung, nicht zuletzt mit Marx21 in Berlin — für einen breiten Zusammenschluss innerhalb und außerhalb der Linkspartei für eine Fundamentalopposition!




Abschlusserklärung der Konferenz für einen revolutionären Bruch mit der Linkspartei und [’solid]

Bis 150 Menschen diskutierten auf der Konferenz „15 Jahre Solid und Linkspartei – Welche Organisation für den Klassenkampf?“ über die Notwendigkeit eines revolutionären Bruchs mit der Linkspartei und dem Reformismus. Im Folgenden veröffentlichen wir die Abschlusserklärung der Konferenz, die von einer Mehrheit von zwei Dritteln der Anwesenden angenommen wurde, und die Minderheitsresolution. Die Mehrheitsresolution basiert auf einem Entwurf der Revolutionären Internationalistischen Organisation / Klasse Gegen Klasse. Die Minderheitsposition wurde von vier Genoss:innen einbracht wurde und von der Gruppe Arbeiter:innenmacht und von REVOLUTION unterstützt.

Gegen die Logik des geringeren Übels: Für den Aufbau einer von Staat und Kapital unabhängigen revolutionären sozialistischen Kraft der Arbeiter:innen, der Jugend, der Frauen, LGBTQIA+ und Migrant:innen!

1. Die Partei DIE LINKE und ihre Jugendorganisationen, die Linksjugend [’solid] und Die Linke.SDS, sind gescheitert. Seit 15 Jahren vertiefen sie stetig ihre Perspektive der Mitverwaltung des kapitalistischen Elends. In 13 Regierungsbeteiligungen haben sie Abschiebungen, Zwangsräumungen, Privatisierungen, Polizeigewalt und vieles mehr mitverantwortet. Die Partei, all ihre Hauptströmungen – egal ob der “Reformer”-Flügel um Dietmar Bartsch, die Bewegungslinke oder der Wagenknecht-Flügel – und ihr gesamter Apparat sind fest in den deutschen Staat verankert. Angesichts der Verschärfung der Klimakatastrophe, angesichts von Krieg und Aufrüstung, angesichts von fortgesetzter Inflation und Wirtschaftskrise, angesichts der Stärkung der AfD und der extremen Rechten sagen wir: Nur eine sozialistische Perspektive, die die Interessen des Kapitals wirksam angreift, kann eine Antwort auf die Probleme der Ausgebeuteten und Unterdrückten geben. Deshalb brechen wir mit der Strategie der Linkspartei und ihrer Jugendorganisationen und erklären unseren Austritt.

2. Das Scheitern der Linkspartei ist kein Zufall oder Produkt widriger Umstände, sondern eine Konsequenz ihrer gesamten Strategie. Sie ist eine strategisch auf Wahlen und Parlamentssitze ausgerichtete Partei, um auf diesem Weg an die Regierung des bürgerlichen Staates zu gelangen. Jegliche Veränderung geht laut dieser Strategie von Regierungs- und Parlamentsposten aus. Daran ändert auch nichts, dass eine kleine Minderheit der Partei Regierungsbeteiligungen “kritisch” sieht, ebenso wenig einzelne “linkere” Ortsgruppen ihres Jugendverbands. “Rebellisch regieren”, wie es die Bewegungslinke immer wieder vorschlägt, ist nur eine linkere Rhetorik für denselben Vorschlag. Die Mobilisierung und Organisierung auf der Straße oder in den Betrieben, Schulen und Universitäten ist in dieser Sichtweise nur ein Druckmittel, um parlamentarische Mehrheiten zu erlangen. Unsere Perspektive ist dem radikal entgegengesetzt: Das strategische Zentrum für die Veränderung der Gesellschaft – d. h. für die Enteignung des Kapitals und die Errichtung einer Arbeiter:innenregierung in der Perspektive einer weltweiten sozialistischen Revolution – ist der Klassenkampf; parlamentarische Positionen können diesen lediglich unterstützen, nicht ersetzen. Gegen die Unterordnung unter die Interessen des Kapitals setzen wir die Notwendigkeit der politischen Unabhängigkeit der Arbeiter:innenklasse vom Kapital, von der Regierung und von den Bürokratien der Gewerkschaften und der NGOs, die sie stützen.

3. Wir stellen uns gegen den deutschen Imperialismus und gegen die Ampelregierung, die die größte militärische Aufrüstung seit Jahrzehnten vorantreibt. Sie erkauft im Bündnis mit den Gewerkschaftsbürokratien und den Bossen mit kleinen Zugeständnissen das Stillhalten der Massen angesichts der Krise – in der Perspektive werden aber die Ausgebeuteten und Unterdrückten nicht nur hierzulande, sondern auch international für die militärische “Zeitenwende” zahlen müssen. Die Militarisierung nach außen geht auch einher mit einer Stärkung des Repressionsapparats nach innen, wie nicht zuletzt die Razzien und Präventivhaft gegen die “Letzte Generation” zeigen. In diesem Kontext lässt die Regierung auch den letzten Anschein von Klimaschutz fallen, wie die anstehende Räumung von Lützerath im Interesse des Energiekonzerns RWE zeigt – ein weiterer Beweis dafür, dass der “grüne Kapitalismus” unmöglich ist.

4. Während­dessen stärkt sich die extreme Rechte, insbe­sondere im Innern der staatlichen Institutionen (Militär, Polizei, Justiz usw.). Der rechte Terror im Inneren ist ein Widerhall des erstarkenden Imperialismus nach außen. Die Ampel-Regierung verstärkt den staatlichen Rassismus, baut die Polizei weiter aus, schiebt Menschen in Kriegsgebiete ab und ist für den Massenmord an Außengrenzen der EU verantwortlich – und setzt somit die Politik um, die von der AfD und der extremen Rechten gefordert werden. Daher kann der Auf­stieg der Rechten nicht mit einer Logik des “ge­ringeren Übels” der Unterstützung von “linken” oder “fortschrittlichen” Regierungen bekämpft werden. Die herrschende Klasse und rechte Kräfte machen durch die bürgerlichen Medien die migrantischen Teile unserer Klasse für die Wirtschaftskrise verantwortlich. Nicht zuletzt bei der rassistischen Hetzkampagne um Silvester haben wir gesehen, dass die Medien die Abschiebung von vermeintlich “nicht-integrierbaren” migrantischen Kindern und Jugendlichen forderten.Die Reihen der multiethnischen Arbeiter:innenklasse in Deutschland sollen durch den anti-muslimischen Rassismus gespaltn werden. Es ist eine dringlichere Aufgabe denn je zuvor, sich dagegen zur Wehr zu setzen – unter anderem auch gegen die Politik der Rot-Rot-Grünen Regierung in Berlin, an der die LINKE beteiligt ist, die aus Razzien in Schischa-Bars, Racial Profiling in migrantischen Kiezen sowie Hexenjagden auf Jugendliche besteht. Wir müssen für die Abschaffung der Geflüchtetenlager und das Recht auf eine eigene und bezahlbare Wohnung kämpfen. Abschiebungen müssen gestoppt und Asylanträge anerkannt werden.Schluss mit unterschiedlichen Behandlung von Geflüchteten je nach Herkunftsland. Gegen die Logik der Spaltung von Geflüchteten durch besonders qualifizierten oder unqualifizierten Teile. Arbeitsrechte und volle Staatsbürger:innenrechte für alle Menschen, die hier leben. Auch wenn wir bei den Abgeordnetenwahlen keine unterstützenswerte Partei erkennen, kämpfen wir für das Wahlrecht aller Menschen, die hier leben. Es braucht Kampagnen in Gewerkschaften für antirassistische Forderungen und für den Ausschluss der GdP aus dem DGB, was wir als eine der Aufgaben der antibürokratischen und klassenkämpferischen Strömung sehen, die wir in den Gewerkschaften aufbauen wollen.

5. Die Kapitalist:innen und ihre Regierungen haben der Jugend nur eine Perspektive des Verzichts, des Militarismus und der Klimakatastrophe anzubieten. Wir schulden ihnen nichts! Anstelle der Logik des geringeren Übels oder der politischen Resignation wollen wir eine Jugend aufbauen, die für eine ganz andere Zukunft kämpft: Eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung, die die Ressourcen dieses Planeten nachhaltig nutzt und statt hirnloser und gesundheitsschädigender Lohnarbeit die freie Entfaltung all unserer schöpferischen und kreativen Potenziale ermöglicht. Wenn deshalb die Regierenden von einer „Zeitenwende“ sprechen und uns auf künftige Kriege im Dienste des Kapitals vorbereiten wollen, sagen wir: Kein Cent, kein Mensch dem Militarismus! Gerade im imperialistischen Deutschland ist es unsere Aufgabe, eine revolutionäre, antiimperialistische Jugend an der Seite der Arbeiter:innen und aller Unterdrückten aufzubauen, die sich weder dem imperialistischen Kriegsgetrommel der „Heimatfront“ und der NATO anpasst noch reaktionäre Führungen wie Putin unterstützt oder entschuldigt.

6. Wir sind der Meinung, dass die einzige Kraft, die nicht nur einen Kampf gegen die imperialistische Politik der Regierung führen, sondern tatsächlich ein Ende von Ausbeutung und Unterdrückung erkämpfen kann, die Arbeiter:innenklasse ist. Aber nicht als gesichtslose Masse ohne Ansehen von Sexismus-, Homophobie- und Rassismuserfahrung(en), sondern im Gegenteil als Klasse, die insbesondere in einem Land wie Deutschland auch sehr migrantisch ist und immer weiblicher und offen queerer wird. Sie kann aufgrund ihrer Stellung im kapitalistischen Produktionsprozess nicht nur die zentralen Hebel der Wirtschaft lahmlegen. Sondern sie kann die Gesamtheit aller unterdrückten Teile der Bevölkerung im Kampf gegen Staat und Kapital anführen. Dafür muss sie sich deren Forderungen zu eigen machen und sich selbst an die Spitze der Kämpfe gegen Sexismus, Rassismus und jegliche Form von Unterdrückung stellen, anstatt nur eine von vielen gleichrangig getrennt voneinander agierenden Bewegungen zu bilden, wie es beispielsweise die Bewegungslinke propagiert.

7. Die Trennung von Fragen der Unterdrückung (Sexismus, Rassismus, LGBTQIA+-Feindlichkeit usw.) vom Kampf gegen die kapitalistische Ausbeutung zementiert die Spaltung der Arbeiter:innenklasse. Diese ist für das Kapital funktional und wird vom Staat und den Bürokratien in der Arbeiter:innenbewegung aufrecht erhalten, die stets versuchen, ökonomische von sozialen und politischen Kämpfen zu trennen. Sie steht auch der Perspektive des Kampfes für eine Gesellschaft, die frei von jeglicher Ausbeutung und Unterdrückung ist, unmittelbar entgegen. Deshalb haben wir nichts gemeinsam mit der populistischen Perspektive von Sahra Wagenknecht, die unter dem Vorwand einer Rückkehr zu mehr “Klassenpolitik” die Fragen der Unterdrückung herunterspielt. Die Strategie von Wagenknecht, ebenso wie die ihres französischen Pendants Jean-Luc Mélenchon und La France Insoumise ist darauf ausgelegt, die Interessen der “weißen Arbeiterklasse” mit den Interessen der imperialistischen Bourgeoisie zu vereinen. Ihre links klingenden Phrasen sind in Wahrheit nichts anderes als die Verteidigung des Standortnationalismus der Konzerne. Anstatt den Rechten das Wasser abzugraben, überlässt sie ihnen mit dieser Strategie das Feld.

8. Ihre Perspektive teilt die Linkspartei auch mit „neo-reformistischen“ oder linkspopulistischen Projekten der vergangenen Jahre wie Syriza in Griechenland, Podemos im Spanischen Staat oder La France Insoumise in Frankreich. Sie sind keine Ausdrücke des Klassenkampfes. Im Gegenteil: Sie lenken den Klassenkampf in staatstragende Bahnen um. Podemos hat ihre Opposition zur Monarchie abgelegt und setzt als Teil der spanischen Regierung derzeit die Aufrüstung und die Abschottungspolitik gegen Migrant:innen und die Zusammenarbeit mit Marokko zur kolonialen Unterdrückung der Westsahara fort. Die linksreformistische Wahlfront Syriza setzte 2015 an der griechischen Regierung die Spardiktate von IWF, EZB und EU um, obwohl sie sich vorher ausdrücklich dagegen positioniert hatte. In Griechenland zeigte sich auch, dass die EU ein imperialistischer Block ist, der den Interessen vor allem des deutschen Kapitals dient. Sozialist:innen müssen die EU als imperialistisches Projekt ablehnen, aber ohne die Perspektive der Rückkehr zum Nationalstaat – wie es beispielsweise Sahra Wagenknecht oder Jean-Luc Mélenchon vorschlagen –, sondern in der Perspektive der Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa.

9. Der Stalinismus hat die revolutionäre Tradition weltweit, aber gerade auch in Deutschland zutiefst beschädigt. Denjenigen, die heute aus der Krise der Linkspartei Schlussfolgerungen ziehen wollen, raten wir dringend, auch aus dem Erbe des Stalinismus die nötigen Lehren zu ziehen. Die Bürokratisierung der Arbeiter:innenstaaten – nicht zuletzt der DDR –, die Unterordnung von Fragen der Unterdrückung, die Unterstützung für bürgerliche Parteien im Namen der nationalen Befreiung (sowohl linkerer Varianten wie die des frühen Chavismus als auch die Unterstützung für reaktionäre Anführer wie Assad in Syrien im Namen des „Antiimperialismus“), die offene oder verdeckte Sabotage unzähliger revolutionärer Prozesse, und die absolute Geringschätzung der selbstorganisierten Demokratie der Arbeiter:innen sind nur einige Elemente, die uns dazu veranlassen zu sagen: Das ist nicht unser Sozialismus. Im Gegenteil: Eine revolutionäre Kraft in Deutschland kann nur entstehen, wenn sie dieses Erbe hinter sich lässt.

10. Angesichts der Verschärfung der Klimakatastrophe, angesichts von Krieg und Aufrüstung, angesichts von fortgesetzter Inflation und Wirtschaftskrise braucht es eine konsequente Opposition in den Betrieben, Schulen und Universitäten und auf der Straße. Sie muss für ein soziales Notfallprogramm kämpfen, das die kapitalistischen Profitinteressen angreift und angesichts von Krise, Krieg und Klimakatastrophe eine sozialistische Perspektive aufwirft. Für sofortige Preisstopps, für die automatische Angleichung von Löhnen, Renten, Sozialleistungen, Bafög etc. an die Inflation, für hohe Gewinn- und Vermögenssteuern, für die Enteignung von Immobilien- und Energiekonzernen in der Perspektive der entschädigungslosen Enteignung aller Großunternehmen unter Kontrolle der Arbeiter:innen, für einen sozialen und ökologischen Umbau des Energiesystems und der gesamten Wirtschaft, gegen den Krieg, Sanktionen und Waffenlieferungen, gegen die 100-Milliarden-Aufrüstung. Weder Putin noch die NATO, und gegen den Militarismus des deutschen Imperialismus.

11. Um ein solches Programm umzusetzen, müssen wir in den Betrieben, Schulen und Universitäten und auf der Straße eine Einheitsfront für den Kampf gegen die Regierung und das Kapital aufbauen. Dazu ist es notwendig, die bremsende Rolle der Bürokratien der SPD, der Gewerkschaften und NGOs zu überwinden und ihr eine Perspektive der Selbstorganisation und der Koordinierung der Kämpfe gegenüberzustellen –  für klassenkämpferische Gewerkschaften und für die Selbstorganisation der Arbeiter:innen. Nicht nur in vereinzelten Kämpfen, sondern auch als Perspektive einer politischen Alternative jenseits kapitalistischer Regierungen. Denn die Führungen unserer Gewerkschaften zeigen aktuell wieder mit der Konzertierten Aktion (regelmäßige Treffen, bei denen sie sich mit Politik, Unternehmensverbänden und der Deutschen Bank abstimmen), dass sie lieber mit der Regierung und den Kapitalist:innen schlechte Kompromisse aushandeln. Den Preis dafür zahlen wir heute als Arbeiter:innen und als Jugendliche. Aber auch die Ausweitung befristeter Verträge wurde von unseren Gewerkschaftsführungen mit unterschrieben. Gegen diese sozialpartnerschaftliche Politik versuchen wir in Streiks, Kämpfe und Bewegungen Instanzen der Selbstorganisation und der breitestmöglichen Demokratie der Kämpfenden zu entwickeln, wie beispielsweise Streikversammlungen, imperative Mandate und die jederzeitige Abwählbarkeit von Vertreter:innen. Wir wollen schon heute durch ein Bewusstsein erzeugen, dass Leute zu dem Schluss kommen: “Die Bosse und die Herrschenden brauchen wir nicht, wir nehmen die Wirtschaft selbst in die Hand und wollen den Staat stürzen.”

12. Dies kann nur der erste Schritt hin zum Aufbau einer unabhängigen revolutionären Partei der Arbeiter:innenklasse sein. Denn mit dem Bruch mit der Linkspartei fängt unsere Aufgabe erst an: eine Organisation aufzubauen, die die fortschrittlichsten Teile der Arbeiter:innenklasse, der Jugend, der Frauen und LGBTQIA+, der Migrant:innen im Kampf für den Sturz des Kapitalismus und für die sozialistische Revolution anführen kann. Zu diesem Zweck haben wir bei dieser Konferenz begonnen, Debatten über strategische Lehren aus dem Scheitern der Linkspartei und über die Strategie für die Revolution zu führen. Diese Debatten wollen wir fortführen:

a. Als Alternative zur Anpassung an den Reformismus hat sich vor über zehn Jahren in Frankreich die Neue Antikapitalistische Partei gebildet, als Prototyp einer „breiten antikapitalistischen Partei“, die alle Strömungen links vom Reformismus, die sich als antikapitalistisch verstanden, sammeln wollte. Im Dezember 2022 hat sich die NPA infolge der Anpassung der Leitungsmehrheit an den Reformismus/Linkspopulismus gespalten. So hat sich gezeigt, dass die „breite antikapitalistische Partei“ ohne klare strategische Abgrenzung und ohne strategisches Zentrum im Klassenkampf problematisch ist. Für den Aufbau einer revolutionären Organisation ist es wichtig, daraus die korrekten Lehren zu ziehen. Das wollen wir in weiteren Diskussionen vertiefen.

b. Die Anwesenden sind sich einig, dass eine gemeinsame Intervention auf der Grundlage der in dieser Erklärung vorgelegten Eckpunkte in kommende Kämpfe möglich und nötig ist. Wir wollen:

  • in die kommende Tarifrunde des öffentlichen Dienstes (TVöD) mit einem Programm intervenieren, das die Forderung nach einem realen Inflationsausgleich erhebt und mit einem weitergehenden Programm gegen Krise, Krieg und Klimakatastrophe verbindet; die ver.di Kampagne um die TVöD-Runde mitaufbauen, gemeinsam mit der VKG in die Betriebsgruppen intervenieren und auf das Organisieren von politischen Demonstrationen an Streiktagen hinarbeiten, die ein solches Programm erheben:
  • Inflationsausgleich für alle, Anpassung aller Sozialleistungen an die Inflation, Erlass eines Mietenstopps, DWE durchsetzen.
  • Milliarden Investitionen in Gesundheit, Bildung und Klima statt 100 Milliarden in Aufrüstung, Einführung von Vermögenssteuern und Abgaben,
  • Vergesellschaftung der Energieversorgung unter demokratischer Kontrolle der Beschäftigten und der Bevölkerung etc.,
  • Gegen die rassistische Hetze gegen unsere Kolleg:innen mit Flucht und Migrationserfahrungen und für Arbeits-und Studienerlaubnis für alle, Stopp aller Abschiebungen.
  • Solidarität mit Gewerkschaften und Arbeiter:innen anderer Länder, die unter Krise und Krieg leiden. Internationale Solidarität zwischen Arbeiter:innen, die unter gegenseitigen Sanktionen leiden.
  • in allen Kämpfen die Selbstorganisation der Arbeiter:innen unterstützen, wie bspw. aktuell in Kampf der Hebammen in Neuperlach gegen die Schließung ihres Kreißsaals.
  • angefangen mit dem Widerstand in Lützerath, mit einem sozialistischem Programm in die Klimabewegung intervenieren und Initiativen aus der Arbeiter:innenbewegung vorbereiten, um die Arbeiter:innenklasse als politisches Subjekt im Kampf gegen die Klimakatastrophe und eine demokratisch-ökologische Planwirtschaft aufzuzeigen.
  • uns an allen Mobilisierungen gegen den staatlichen Rassismus, Polizeigewalt, Abschiebungen und extremen/faschistischen Rechten beteiligen. An allen Orten besonders gegen die aktuelle rassistische Stigmatisierung von migrantischen Jugendlichen stellen.
  • uns an den Mobilisierungen um den 8.März beteiligen, darauf hinarbeiten, dass bundesweite Streikaktionen unterschiedlicher Bewegungen an diesem Tag mit einem feministischen Programm stattfinden.
  • uns an allen weiteren Mobilisierungen gegen Militarisierung und Krieg beteiligen, mit einer Perspektive der internationalen Solidarität der Arbeiter:innenklasse gegen die Agression der kapitalistischen Regierungen, für die Notwendigkeit des Kampfes der Arbeiter:innenklasse in Deutschland gegen ihre imperialistische Regierung.
  • Uns an Mobilisierungen gegen Kolonialismus zu beteiligen, mit einer bedingungslosen Solidarität mit dem Kampf der kolonisierten Völker wie in Kurdistan und Palästina für ihre Befreiung, die vom deutschen Staat insbesondere bekämpft werden. Wir treten für die Entkriminalisierung ihrer Widerstandsorganisationen und für den Stopp aller deutschen Waffenlieferungen an die Türkei, Israel, sowie anderer Länder ein.
  • angesichts des Verrats der Linkspartei am Volksentscheid Deutsche Wohnen und Co. enteignen, tausenden Abschiebungen, Ausbau des rassistischen Polizeiapparates, weiterer Kürzungspolitik in Gesundheit und Bildung usw. lehnen wir eine Wahlunterstützung für die Linkspartei bei der Wiederho­lung der Abgeordnetenhauswahl ab. Dagegen betonen wir die Notwendigkeit der revolutionär-sozialistischen Kandidaturen abseits der reformistischen Parteien, organisieren gemeinsam mit allen Interessierten eine Kampagne gegen die erneuten Regierungsbeteiligungen der LINKEN an RRG und setzen uns für erneute Mobilisierungen für die Enteignung der großen Immobilienkonzerne durchführen.

c. Über die konkrete Intervention in Streiks und Kämpfe hinaus wollen wir eine politische Kraft aufbauen, die den Reformismus auf allen Ebenen – auch auf der Ebene der Wahlen – konfrontieren kann. Wir wollen dabei keine prinzipienlose Fusion verschiedener Organisationen mit unterschiedlichen Strategien oder eine breite Sammlung von antikapitalistischen Aktivist:innen ohne strategische Klarheit. Der Weg zu einer größeren programmatischen und strategischen Klarheit besteht darin, in gemeinsamen Kämpfen Positionen auszutesten und Übereinkünften weiterzuentwickeln – aber auch darin, beispielsweise gemeinsame Antritte bei Wahlen mit einem Programm der Unabhängigkeit der Arbeiter:innenklasse anzustreben. Deshalb rufen die Unterzeichner:innen alle Organisationen, die dem Inhalt dieser Erklärung zustimmen, dazu auf, Schritte für den Aufbau einer gemeinsamen revolutionären Front zu gehen. Diese Front muss basieren auf gemeinsamen Erfahrungen im Klassenkampf und der politischen Intervention in Streiks, sozialen Kämpfen sowie perspektivisch Wahlen auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene. Mit den Lehren der Erfahrungen von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg sind wir der Meinung, dass ein Bruch der Revolutionär:innen mit den sozialdemokratischen Verwalter:innen des Kapitalismus nicht nur notwendig, sondern unumgänglich ist.




Krieg dem Krieg: Nein zur stetigen Militarisierung!

Diese Resolution wurde von der internationalen Deligiertenkonferenz der kommunistischen Jugendorganisation REVOLUTION beschlossen. Find the english version on our website.

Es herrscht Krieg: ob im Jemen, Myanmar, Kurdistan oder der Ukraine. Und wo immer der Krieg tobt, zerstört er unsere Heimat, treibt Millionen Menschen in die Flucht und bringt den Tod. Mittendrin zwischen Zerstörung und Waffenproduktion, aufgeheizt von den Interessen der profitierenden Parteien sind wir Jugendlichen, die mit den Folgen zurechtkommen müssen. Doch allein das Hoffen auf Frieden wird uns nicht helfen, denn die kriegerischen Auseinandersetzungen und Militärbudgets sind in den letzten Jahren stetig gestiegen. Insbesondere der russische Angriffskrieg auf die Ukraine stellt dabei eine neue Qualität der Auseinandersetzung dar. Dieser Krieg istdieZuspitzung des imperialistischen Konflikts zwischen Russland und der NATO und birgt in sich die Gefahr, noch weiter zu eskalieren. Wir sagen klar: Nein zur imperialistischen Invasion Russlands, für einen sofortigen Abzug aller russischen Truppen! Doch genauso stellen wir uns gegen die Einflussnahme der NATO-Mächte, die nur ihren eigenen Einfluss auf dem Rücken der ukrainischen Bevölkerung ausbauen möchte. Denn es werden vor allem junge Menschen in diesem Konflikt verheizt. Sie haben letzten Endes nur zwei Optionen: an der Front zu kämpfen oder zu desertieren. Wir stellen uns dabei auf die Seite der ukrainischen Jugend und der Arbeiter:innenbewegung, gegen den russischen Angriffskrieg – mit dem Ziel, einen von der NATO politisch unabhängig Widerstand aufzubauen. Die Auswirkungen des Krieges machen dabei nicht an den Grenzen der Ukraine oder Russlands halt, sondern sind weltweit zu spüren. Der Krieg treibt die Inflation hoch, sodass Energie- und Lebensmittelpreise explodieren. Das soll nicht unsere Zukunft sein! Doch wenn wir effektiv gegen den Krieg und seine Folgen kämpfen wollen, müssen wir uns zuerst fragen: Warum gibt es Krieg überhaupt? Und warum gibt es so viel mehr kriegerische Auseinandersetzungen in den letzten Jahren? 

Die stärkste Kraft gewinnt

Die Welt, in der wir leben, ist komplett der kapitalistischen Produktion und Profitlogik unterworfen. Es gibt keinen Fleck, keinen Rohstoff auf der Erde, welcher nicht eine:r Kapitalist:in gehört. Das ist ein Merkmal des höchsten Stadiums des Kapitalismus, des Imperialismus. Doch auch wenn alles aufgeteilt ist, besteht weiterhin eine Konkurrenz zwischen unterschiedlichen Kapitalist:innen und auch unterschiedlichen Nationalstaaten. Um nicht abgehängt zu werden, haben sie manchmal gar keine andere Wahl, als Kriege um Wirtschaftswege (Westafrikanische Küste), Wirtschaftsräume (Mali) oder geostrategische Einflusssphären (Ukraine, Syrien, Afghanistan) zu führen. In manchen Krisen sind aber Profite zu gering, als dass Kapitalist:innen in ihre eigene Produktion investieren wollen, dann kann es sich für sie lohnen, in einem Krieg konkurrierende Produktivkräfte zu zerstören. Kurz um, die Politik der letzten Jahre ist eine zugespitzte Form der ökonomischen Konkurrenz und der Krieg ist letztendlich die Fortführung dieser Politik mit anderen Mitteln.

Der Kapitalismus hat den Zwang immer mehr Profit anzuhäufen, immer neuere Absatzmärkte zu erschließen und immer günstigere Arbeitskräfte zu erhalten. Die imperialistischen Blöcke haben den Drang, Konflikte zwischen ihnen immer weiter zuzuspitzen, um konkurrierendes Kapital und Produktionsstätten zu vernichten. Beides wird zwangsläufig immer zu Kriegen führen. Wenn wir gegen diese Kräfte ankämpfen wollen, müssen wir uns ihre Rolle in allen Ebenen des globalen Systems anschauen. Gegen Kriege zu kämpfen ist immer auch ein Kämpfen gegen den Kapitalismus!

Krise

Krisen wirken bei diesem Prozess wie Brandbeschleuniger, da sie die Konkurrenz zwischen den einzelnen Kapitalfraktionen erhöhen. So ist es kein Wunder, dass in den letzten 10 Jahren die Militärausgaben in die Höhe geschnellt sind und internationale Konflikte wieder zunehmen. Denn die Weltwirtschaftskrise von 2007/8 prägt immer noch das aktuelle Geschehen. Damals wurden für kapitalistische Staaten Rettungspläne gebastelt, die zu einem Ende dieser Krise führen sollen. So erleben wir eine langjährige Niedrigzinspolitik der US-Notenbank und der Europäischen Zentralbank, staatliche Konjunkturprogramme des chinesischen Staates und das Anwachsen von neuen Spekulationsblasen. Statt dass in der Krise Kapital vernichtet wurde, wurden ihre Kosten auf die Arbeiter:innenklasse abgewälzt und weitere Kriseneinbrüche mittels der Rettungspläne künstlich herausgezögert. Die Folgen waren eine massive Verarmung und Verschuldung, ein internationaler Rechtsruck und zunehmende Konkurrenz. Mit dem Zusammenbruch der internationalen Wirtschaft in der Corona-Pandemie hat sich nun die Lage nochmals verschärft – und wurde der Kampf um die Neuaufteilung der Welt zusätzlich befeuert. Dabei besteht der Hauptkonflikt zwischen den USA und China, die sich darum streiten, wer die dominierende Kraft auf der Weltkarte sein wird. Zeitgleich mischen aber auch andere Kräfte mit, die versuchen, sich vor dem Abstieg im Rahmen der Konkurrenz zu retten. 

Blockbildung und drohende Auseinandersetzungen

So hat sich im Zuge des Ukrainekrieges die totgeglaubte NATO wieder formieren – und sich um Finnland und Schweden sogar erweitern können. Darüber hinaus haben sich imperialistische Staaten wie Deutschland und die EU als Ganzes nach dem Angriffskrieg näher zu den USA bewegt. Auch wenn schlussendlich jeder für sich allein kämpft, bilden sich beim aktuellen Kräftemessen unterschiedliche Blöcke heraus. Nicht jede Kraft kann zu 100 % zu einem Block dazugezählt werden. Das Ringen um Einflusssphären erzeugt auch Kräfte wie Indien oder Pakistan, die zwar nicht eigenständig ihr Interesse international durchsetzen können, aber durch wechselnde Allianzen versuchen, das Beste für sich herauszuschlagen. Doch auch wenn die Blockbildung noch nicht komplett abgeschlossen ist, sicher ist, dass die Konfrontationen aufgrund des zugespitzten Verteilungskampfes zunehmen werden. Wo diese stattfinden werden, ist nicht eindeutig zu sagen, aber schaut man sich die Blockbildung und die Verschärfung der Weltwirtschaftskrise an, können einige Regionen mehr als andere immer mehr zum Schauplatz der Austragung werden. Neben der Ukraine, ist auch Taiwan ein Land, welches von den Großmächten China und USA immer wieder ins Visier gelangt. Taiwan bekommt dabei von chinesischer Seite seine nationale Unabhängigkeit abgesprochen, denn Xi Jinping, welcher aktuell mit immer wieder auftretenden Unruhen zu kämpfen hat, schlägt immer stärker vor den aufkommenden Wahlen die Trommel des Chauvinismus. Außerdem versucht Chinas schon seit etlichen Jahren, mit teilweise großen Erfolgen, auf dem Land und auf dem Wasser eine neue Seidenstraße zu etablieren und macht dadurch viele Halbkolonien von sich abhängig. Der schwindende Machteinfluss der USA auf Nordafrika, dem Nahen Osten und Teilen Asiens, führt es einerseits zu einem Machtvakuum und lässt andererseits die Tür für andere imperialistische Mächte offen. Dass dies aber nicht ohne militärische Mittel stattfinden wird, sollte uns allen klar sein.

Mehr Kohle für den Tod

Das zeigt uns auch ein Blick auf die Rüstungsausgaben: 2020 erreichen die weltweiten Militärausgaben einen neuen Rekord: laut dem Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri liegen diese bei 1,981 Billionen Dollar, so viel wie noch nie. Das sind 5,4 Milliarden Dollar pro Tag und 226 Millionen pro Stunde. Würde man die Summe, die pro Stunde für Rüstungsausgaben ausgegeben wird, im Jahr gegen den Hunger ausgeben, könnte man innerhalb von 15 Jahren den Hunger auf der Welt beseitigen[1]. 39% aller Militärausgaben weltweit werden von der USA getätigt (778 Milliarden Dollar). An nächster Stelle folgt China, welches  innerhalb der letzten Dekade (seit 2011) dessen Rüstungsausgaben um 76% auf 252 Milliarden Dollar erhöhte, was 13% der weltweiten Ausgaben deckt. Auch Deutschland erhöht seine Militärausgaben, 52,8 Milliarden und einem Plus von 5,9% hat es damit seine Ausgaben im Vergleich zum letzten Jahr sogar mehr erhöht als die USA und liegt damit auf Platz 7 hinter China, Indien, Russland, Großbritannien und Saudi-Arabien. Ein weiteres Beispiel für die fortschreitende Militarisierung der Welt ist Japan. Seine pazifistische Außenpolitik hat das Land in den letzten Jahren bereits aufgeweicht und 2022 den Verteidigungshaushalt nochmals massiv erhöht. Die Zahlen sprechen für sich, und machen deutlich: die imperialistischen Staaten rüsten auf und bereiten sich auf kommende Kriege vor.

Zukunft: Kanonenfutter?

All diese Entwicklungen zeigen, dass „das schöne Leben“ nicht automatisch Teil unserer Zukunft ist, wenn wir nichts dafür tun. Insbesondere wir Jugendlichen werden oftmals zuerst an Fronten geschickt, während vorher eine Welle von Nationalismus nochmals versucht, dass es in unserem Interesse ist, fürs Vaterland zu sterben. Doch dass Nationalstaaten nicht in unserem Interesse handeln, konnten wir während der Pandemie sehen. Die Wirtschaft schrumpft, der Gesundheitssektor war in vielen Ländern am Zusammenbrechen – doch statt darin zu investieren, wuchsen die Rüstungsausgaben weiter und weiter. Und das ist nur eines von unzähligen Beispielen, das klarmachen soll: die Kriege, die aktuell geführt werden, sind Kriege des Kapitals. Sie finden im Interesse der Herrschenden statt, um die eigenen Profite zu sichern. Doch Werbung und Verpflichtung fürs Sterben sind für viele von uns Alltag. Denn die Jugend ist ein essenzieller und wichtiger Teil der Armeen. Wir sind noch nicht komplett in der Produktion eingebunden, kann somit ohne große Einbrüche für die Wirtschaft einbezogen werden und muss oftmals nicht einmal entlohnt werden. Dadurch, dass Jugendliche kein Mitspracherecht in politischen Themen und gesellschaftlichen Entscheidungen besitzen, wird es bewusst erschwert, dass sich dagegen Widerstand erhebt oder formuliert.

Bittere Realität: Jugend im Kreuzfeuer

Aktuell werden weltweit 250.000 Kinder und Jugendliche als Soldat:innen in kriegerischen Auseinandersetzungen sowohl von regulären Armeen als auch von Rebellengruppen eingesetzt. Sie bilden immer mehr einen festen Bestandteil in der militärischen Infrastruktur, ob an der Waffe, als Spion:innen, Informationsübermittler:innen oder bei anderen aufkommenden Tätigkeiten. Darüber hinaus wird oft vergessen, dass sexuelle Gewalt in militärischen Auseinandersetzungen immer stark ansteigt und auch gezielt als Kriegswaffe eingesetzt wird. So sind 5 bis 20 Prozent der Kindersoldat:innen Mädchen, die vor allem als Zwangsprostituierte eingesetzt werden[2]. Massenvergewaltigungen sind dabei die höchste Gewaltform und leider vor allem in Massakern, Kriegen gegen Minderheiten etc. eine immer wiederkehrende Kriegsführung. Myanmar (2017), Äthiopien (2021/22) und Demokratische Republik Kongo (seit 2007) sind traurige Beispiele unserer Zeit, in welchen mehrere Tausende Frauen vergewaltigt wurden, um den Willen der Menschen zu brechen und aufs brutalste zu entmenschlichen. 

So gab es weltweit 2022 67 Länder, in denen eine Wehrpflicht existiert[3]. Zu erkennen ist, dass die meisten Länder der Welt irgendeine Form von Armee besitzen, sie sich aber vor allem in der Art und Weise der Rekrutierung unterscheiden. Länder ohne Wehrpflicht besitzen oftmals große Anwerbekampagnen und verschiedene Angebote, die sowohl leistbare Möglichkeiten auf Bildung bieten als auch die Option, ein Leben lang im Militär zu arbeiten. Außerdem besitzen einige Länder eine Wehrpflicht de Jure, was bedeutet, dass Männer und in einigen Ländern auch Frauen sich zwischen einem bestimmten Alter bei der Armee melden müssen und bei „Bedarf“ rekrutiert werden. Aktuell melden sich aber in den meisten Ländern genügend Freiwillige, sodass dies in den wenigsten Fällen umgesetzt wird.

In Europa haben aktuell nur Dänemark, Schweden, Finnland, Estland, Zypern, Griechenland, Schweiz und Österreich eine Wehrpflicht, aber angesichts des Ukrainekrieges denken einige weitere Staaten über eine Reform ihrer Militärdienste nach. Lettland war das erste Land, welches schon Anfang Juli einen Wehrdienst wegen des Krieges einführen möchte. Ein Gesetzesentwurf dazu soll im kommenden Jahr vom Parlament verabschiedet werden. Der Verteidigungsminister Pabriks macht dabei in seiner Aussage um die Wiedereinführung deutlich: „Damit dürfe sich das Risiko verringern, dass Russland Lettland nach Belieben angreift“[4]. Dass andere Länder folgen werden ist sicher, in den meisten Ländern der EU (z.B. Niederlande) wurden über die Aufstockungen der eigenen Armee diskutiert und Studien zur Wiedereinführung des Militärdienstes in Auftrag gegeben. Auch Deutschland ist in der Debatte nicht stumm geblieben. Aus den Reihen aller Parteien wurden Stimmen nach einer Wiedereinführung der Wehrpflicht laut, was in diesem Kontext eine Stimme für eine fortschreitende Militarisierung ist.

Krieg dem Krieg: kein Cent, kein Mensch dem Militarismus!

Wir wollen kein Kanonenfutter sein oder zusehen, wie unsere Lebensgrundlage immer weiter zerstört wird. Denn Kriege töten nicht nur unmittelbar, sondern befeuern auch die Klimakrise. Was also tun? Wir verurteilen nicht per se, wenn Jugendliche zur Waffe greifen, um für ihre Interessen, gegen Kapitalismus, Ausbeutung und Imperialismus zu kämpfen. Oftmals bleibt ihnen nichts anderes übrig, wenn es um die Selbstverteidigung erkämpfter Räume geht. Jugendliche kämpfen Seite an Seite in Befreiungskämpfen von Kurdistan bis Palästina, aber eben für ihre Interessen, gegen Besetzung und Vertreibung. Dies ist nicht gleichzusetzen mit den Kriegen der imperialistischen Staaten für die Profite einer Elite. 

Wenn wir uns diesen effektiv entgegenstellen wollen, müssen wir aus der Geschichte lernen. Hier sind die Oktoberrevolution sowie die Anti-Kriegsbewegungen des Ersten Weltkrieges als relevante Beispiele zu nennen, in denen Arbeiter:innen massenhaft und organisiert gegen das imperialistische System vorgingen. Denn nur wenn wir das Problem an der Wurzel packen – den Kapitalismus mit seinem ewigen Konkurrenzzwang – können erfolgreich sein. In der Oktoberrevolution wurde ein Arbeiter:innenstaat errichtet, welcher in Kombination mit der gescheiterten Novemberrevolution zum Ende des Ersten Weltkrieges führte. Anhand dieser historischen Ereignisse muss man die angewandten Strategien analysieren und von ihnen methodische Wege für die Überwindung imperialistischer Kriege und des Imperialismus als Ganzes ableiten. Ein weiteres wichtiges Beispiel sind die Aufstände im Arabischen Frühling, welche von großer Bedeutung für Anti-Imperialismus-Bewegungen in halbkolonialen Ländern sind.

Doch die bloße Analyse und Übertragung der Strategien und Taktiken der vergangenen Arbeiter:innen- und Jugendbewegung ist nicht ausreichend. Wir müssen die Lehren, die wir aus diesen ziehen können, auf die heutige, veränderte Situation der Weltpolitik und die veränderten Gegebenheiten in der Lage der Arbeiter:innenklasse anwenden. Es bleibt die Notwendigkeit des Aufbaus einer Arbeiter:innen- und Jugendbewegung gegen imperialistische Konflikte! Aber wie und wo kann uns das gelingen? Um erfolgreich zu sein, muss ein solcher Kampf zwangsläufig auf einer internationalen Ebene stattfinden. Klar, müssen jene von uns in imperialistischen Ländern, sich gegen die Kriegsinteressen der eigenen Nation stellen. Doch da auch der Imperialismus ein globales System ist, können wir nur erfolgreich sein, wenn wir uns ebenfalls international organisieren. Das heißt: Eine erfolgreiche Antikriegsbewegung muss international sein und den Kampf gegen die Auswirkungen des Krieges mit dem Kampf gegen das kapitalistische System verbinden. Dabei ist es wichtig, dass wir uns nicht vom Nationalismus spalten lassen und trotzdem das Selbstbestimmungsrecht unterdrückter Völker und Halbkolonien verteidigen. 

  • Für die Zerschlagung aller imperialistischen Militär- und Wirtschaftsbündnisse! Für die Niederlage des Imperialismus – sofortiger Abzug aller imperialistischen Truppen und ihrer Handlanger!
  • Gegen jegliche imperialistischen Militarisierung: Weder Wehrpflicht noch Berufsheer – für die Selbstverteidigung der Arbeiter:innenklasse! Für demokratisch legitimierte Arbeiter:innenmilizen unter Kontrolle von Räten!
  • Kein Cent und kein Mensch dem Militarismus: Gegen Werbung für das Militär! Gegen jegliche „Aufrüstungspakete“ und Militäretats!
  • Zerschlagt die Rüstungsindustrie! Verstaatlichung ihrer Kriegsprofite und Überführung der Kriegsindustrie in eine zivile Industrie.
  • Für den Aufbau einer internationalen Jugend- und Arbeiter:innenbewegung gegen Krieg und Kapital!
  • Für das Selbstbestimmungsrecht unterdrückter Nationen.
  • Für das Selbstbestimmungsrecht der Ukraine, weder unter Kontrolle von Russland noch unter Kontrolle der NATO.
  • Enteignet die Kriegsprofiteure! Alle Waffenkonzerne unter Arbeiter:innenkontrolle.
  • Für das Selbstverteidigungsrecht der Arbeiter:innen! Entwaffnet den bürgerlichen Staat!
  • Kein Sterben für imperialistische Kriege: Gegen Generalmobilisierungen der Imperialisten.
  • Für den Aufbau einer internationalen Arbeiter:innenbewegung gegen Krieg und Kapital!

[1] https://www.handelszeitung.ch/politik/welt-ohne-hunger-kostet-267-milliarden-dollar-810985#:~:text=Um%20in %2015%20Jahren%20den,650%20Millionen%20Menschen%20Hunger%20leiden.

[2] https://www.tdh.de/was-wir-tun/themen-a-z/kindersoldaten/

[3] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1334153/umfrage/verteilung-der-laender-nach-status-der-wehrpflicht/

#:~:text=Im%20Jahr%202022%20gab%20es,ist%20oder%20nicht%20angewandt%20wird.

[4] https://de.euronews.com/my-europe/2022/07/27/welche-lander-in-europa-wollen-wieder-eine-wehrpflicht-einfuhren




English Version: Youth and Militarization

A resolution passed by the international delegates conference of the communist youth organization REVOLUTION

Declaring war on war: No to the increasing militarization!

There is war: whether in Yemen, Myanmar, Kurdistan, or Ukraine. Wherever war rages, it destroys our livelihoods, drives millions of people from their homes, and brings death. And in between destruction and weapons production, heated up by the interests of the profiting parties, we young people are the ones who have to cope with the consequences of this chaos. But simply hoping for peace will not help us, because warlike conflicts and military budgets have steadily increased in recent years. In particular, the Russian war of aggression on Ukraine represents a new quality of the conflict. This war is an escalation of the imperialist conflict between Russia and NATO and bears the danger of escalating even further. We say clearly: No to the imperialist invasion of Ukraine by Russia, for an immediate withdrawal of all Russian troops! But equally, we oppose the influence of the NATO powers, which only want to expand their own influence at the expense of the Ukrainian population. because this conflict is inciting young people in particular.In the end, they only have two options: to fight at the front or to desert. We take the side of the Ukrainian youth and the workers‘ movement against the Russian war of aggression, with the aim of building up a resistance that is politically independent of NATO. The effects of the war do not stop at the borders of Ukraine or Russia, but are felt worldwide. The war is driving up inflation, causing energy and food prices to skyrocket. This should not be our future! But if we want to fight effectively against war and its consequences, we must first ask ourselves: Why does war exist at all? And why has there been an increase in warlike conflicts in recent years? 

The strongest wins

The world we live in is completely subjected to capitalist production and the logic of profit. There is no land, no raw material on earth, that does not belong to a capitalist. This is a characteristic of the highest stage of capitalism, imperialism. Even if everything is divided, competition still exists between different capitalists as well as different nation states. They sometimes have no choice but to wage wars over economic routes (the West African coast), economic spaces (Mali), or geostrategic spheres of influence (Ukraine, Syria, Afghanistan) in order not to fall behind.In some crises, however, profits are too low for capitalists to want to invest in their own production, in which case it may be worthwhile for them to destroy competing productive forces in a war. In short, the policy of recent years is a sharpened form of economic competition, and war is ultimately the continuation of this policy by other means.

Capitalism has the compulsion to always accumulate ever more profit, to open ever newer markets, and to obtain ever cheaper labor. The imperialist blocs have the urge to escalate conflicts between them ever further in order to destroy competing capital and productive forces. Both will inevitably lead to war. If we are to fight against these forces, we must look at their role at all levels of the global system. Fighting wars is thus always synonymous with fighting capitalism!

Crisis

Crises act as accelerators in this process, as they increase competition between the individual factions of capital. So it is no wonder that military spending has skyrocketed in the last 10 years and international conflicts are on the rise again. After all, the global economic crisis of 2007/8 is still shaping current events. At that time, bailout plans were created for capitalist states to end the crisis. Thus, we have been witnessing a long-standing low interest rate policy of the U.S. Federal Reserve and the European Central Bank, government stimulus programs of the Chinese state, and the growth of new speculative bubbles. Instead of capital being destroyed in the crisis, its costs were passed on to the working class, and further crises were artificially delayed by means of the rescue plans. The consequences were massive impoverishment and indebtedness, an international shift to the right, and increasing competition. With the collapse of the international economy during the Corona pandemic, the situation has now worsened again – and the struggle for the redivision of the world has been further fueled. The main conflict here is between the U.S. and China, who are fighting over who will be the dominant force on the world map. At the same time, however, other forces are also getting into the mix, trying to save themselves from going under in the context of the competition. 

Bloc formation and the threat of conflict

Thus, in the wake of the Ukraine war, NATO, which was thought dead, has re-formed – and even expanded to include Finland and Sweden. In addition, imperialist states such as Germany and the EU as a whole have moved closer to the United States in the wake of the war of aggression. Even if ultimately each side fights for itself, different blocs are forming in the current showdown. Not every power can be fully counted towards a bloc. The struggle for spheres of influence also generates forces such as India and Pakistan, which cannot assert their interests internationally on their own, but try to make the best of it through shifting alliances. However, even if the bloc formation is not yet complete, it is certain that confrontations will increase due to the sharpened struggle for control. Where the confrontations will take place is not clear, but looking at the bloc formations and the world economic crisis, some regions more than others may become more and more the scene of confrontation. In addition to Ukraine, Taiwan is another country that is repeatedly targeted by the superpowers China and the United States. Taiwan is denied its national independence by the Chinese, because Xi Jinping, who is currently struggling with recurring unrest, is beating the drum of chauvinism more and more before the upcoming elections. In addition, China has been trying to establish a new Silk Road on land and water for several years, sometimes with great success, and is making many semi-colonial countries dependent on it. The dwindling power and influence of the USA in North Africa, the Middle East, and parts of Asia, leads to a power vacuum on the one hand, and on the other, leaves the door open for other imperialist powers. However, it should be clear to all of us that this struggle will not take place without military means.

More money for death

A look at arms spending also shows us this: in 2020, global military spending will reach a new record: according to the Stockholm International peace research institute Sipri, it will be $1.981 trillion, more than ever before. That’s $5.4 billion per day and $226 million per hour. If the amount spent per hour on military spending were spent on hunger in a year, world hunger could be eliminated in 15 years.[1] The United States spends 39% of all military spending worldwide ($778 billion). Next in line is China, which within the last decade (since 2011) increased its defense spending by 76% to $252 billion, covering 13% of global spending. Germany is also increasing its military spending, to $52.8 billion, an increase of 5.9%, It has thus increased its spending even more than the U.S. compared to last year, ranking 7th behind China, India, Russia, the UK, and Saudi Arabia. Japan is another example of the ongoing militarization of the world. The country has already softened its pacifist foreign policy in recent years, and in 2022 it will again massively increase its military budget. The figures speak for themselves, and make it clear: the imperialist states are arming themselves and preparing for coming wars.

Future: Cannon Fodder?

All these developments show that „the good life“ is not automatically part of our future if we don’t do anything for it. We young people, in particular, are frequently sent to the frontlines first, while a wave of nationalism tries to persuade us that it is in our best interests to die for the fatherland. However, we saw during the pandemic that nations do not act in our best interests. The economy was shrinking; the health sector was collapsing in many countries – but instead of investing in it, arms spending kept growing and growing. And this is just one of countless examples that should make this clear: the wars that are currently being waged are wars of capital. They occur in order for the ruling class to secure their own profits. But advertising and the obligation to die are routine for many of us. Because youth is an essential part of armies. We are not yet completely part of the productive process, can therefore be drafted without great losses for the economy, and often do not even have to be paid. The fact that the youth have no say in political issues and social decisions makes it deliberately difficult for resistance to arise or be formulated.

Bitter Truth: Youth in the Crossfire

Currently, 250,000 children and young people around the world are deployed as soldiers in armed conflicts, both by regular armies and by rebel groups. They increasingly form an integral part of the military infrastructure, whether as regular foot soldiers, as spies, as information transmitters, or in other emerging activities. In addition, it is often forgotten that sexual violence is always on the rise in military conflicts and is also used specifically as a weapon of war. For example, 5 to 20 percent of child soldiers are girls, who are mainly used as forced prostitutes[2]. In this context, mass rape is the highest form of violence and unfortunately a recurring weapon, especially in massacres, wars against minorities, etc. Myanmar (2017), Ethiopia (2021/22), and the Democratic Republic of Congo (since 2007) are sad examples of our time, in which several thousands of women have been raped to break the will of the people and dehumanize them in the most brutal way. 

Thus, in 2022, there are 67 countries in the world where there is compulsory military service[3]. It can be seen that most countries in the world have some form of army, but they differ mainly in the way they recruit. Countries without conscription often have large recruitment campaigns and various offers that provide both affordable opportunities for education and the option to serve in the military for life. In addition, some countries have de jure conscription, which means that men, and in some countries women, must enlist in the military between a certain age and are recruited when „needed.“ Currently, however, sufficient volunteers enlist in most countries, so this is implemented in very few cases.

In Europe, only Denmark, Sweden, Finland, Estonia, Cyprus, Greece, Switzerland and Austria currently have compulsory military service, but in light of the Ukraine war, several more countries are considering reforming their military services. Latvia was the first country to introduce conscription at the beginning of July due to the war. A draft law on the matter is expected to be passed by parliament next year. The Minister of Defense Pabriks makes this clear in his statement about the reintroduction: „This should reduce the risk that Russia will attack Latvia at will „[4]. That other countries will follow is certain, in most countries of the EU (e.g. the Netherlands) the strengthening of their own armies has been discussed, and studies about the reintroduction of military service have been commissioned. Germany has not remained silent in the debate either. Voices have been raised from the ranks of all parties calling for the reintroduction of conscription, which in this context is a vote for the progression of militarization.

War to war: not a cent, not a human to militarism!

We don’t want to be cannon fodder or watch as our livelihood is destroyed. Because wars do not only kill directly but also fuel the climate crisis. So what to do? We do not condemn it in itself when the youth take up arms to fight for their interests against capitalism, exploitation, and imperialism. When it comes to self-defense in contested areas, they frequently have no other option. From Kurdistan to Palestine, young people fight side by side in liberation struggles for their own interests, against occupation and displacement. This is not the same as the wars of the imperialist states for the profits of an elite. 

If we want to oppose them effectively, we have to learn from history. Here, the October Revolution as well as the anti-war movements of the First World War should be mentioned as relevant examples, in which workers took mass organized action against the imperialist system. Only if we attack the problem at its roots can we be successful. In the October Revolution of 1917 a workers‘ state was established, which, in combination with the failed November Revolution of 1918 led to the end of the First World War. On the basis of these historical events, it is necessary to analyze the strategies used and derive from them methodical ways of overcoming imperialist wars and imperialism as a whole. Another important example are the Arab Spring uprisings, which are of great importance for anti-imperialism movements in semi-colonial countries.

However, simply analyzing and transferring the strategies and tactics of previous worker and youth movements is insufficient. We must apply the lessons we can draw from them to today’s changed situation in international politics and the changed realities of the situation for the working class. But there remains the necessity of building a workers‘ and youth movement against imperialist conflicts! But how and where can we succeed in this? To be successful, such a struggle must necessarily take place on an international level. Clearly, those of us in imperialist countries must oppose the war interests of our own nation. But since imperialism is also a global system, we can only be successful if we also organize internationally. This means that a successful anti-war movement must be international and combine the struggle against the effects of war with the struggle against the capitalist system. In doing so, it is important that we do not allow ourselves to be divided by nationalism and still defend the right to self-determination of oppressed peoples and semi-colonies. 

  • For the smashing of all imperialist military and economic alliances! For the defeat of imperialism – immediate withdrawal of all imperialist troops and their henchmen!
  • Against all imperialist militarization: Neither conscription nor professional army – for the self-defense of the working class! For democratically legitimized workers militias under the control of workers councils!
  • Not a cent and not a human to militarism: Against all advertising for the military! Against any „rearmament packages“ and military budgets!
  • Smash the arms industry! Nationalize its war profits and convert the war industry into a civilian industry.
  • For the establishment of a global youth and workers movement against war and capitalism!
  • For the right of self-determination of oppressed nations.
  • For the right of self-determination of Ukraine, neither under control of Russia nor under control of NATO.
  • Expropriate the war profiteers! All arms corporations under workers control.
  • For the workers‘ right to self-defense!Disarm the bourgeois state!
  • No dying for imperialist wars: Against general mobilizations of the imperialist countries.
  • For the establishment of an international workers‘ movement opposed to war and capitalism!

[1]https://www.handelszeitung.ch/politik/welt-ohne-hunger-kostet-267-milliarden-dollar-810985#:~:text=Um%20in %2015%20Jahren%20den,650%20Millionen%20Menschen%20Hunger%20leiden.

[2]https://www.tdh.de/was-wir-tun/themen-a-z/kindersoldaten/

[3]https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1334153/umfrage/verteilung-der-laender-nach-status-der-wehrpflicht/

[4]Translation from: https://de.euronews.com/my-europe/2022/07/27/welche-lander-in-europa-wollen-wieder-eine-wehrpflicht-einfuhren




Solidarität mit Brokkoli: Springer enteignen!

Das frisch angebrochene Jahr 2023 versucht es direkt in seiner ersten Woche gleich mal damit, in die Charts der absurdesten Twitter-Tage zu kommen: Der rechtskonservative Chefredakteur der Springer-Tochter WeltN24 Ulf Poschardt ist wohl am 05.01. auf seinem Streifzug durch Twitter nach „rotgrüner umerziehungsfolklore“[1] auf das Video-Statement unseres Genossen Brokkoli gestoßen. Mit einem lächerlich-populistischen Tweet versucht er nun seine Armee aus rechten Trollen, Incels und Polizei-Fanboys auf uns zu hetzen[2].

Das Videostatement, auf das sich Ulf bezieht, haben wir gemeinsam mit Genoss_innen des „Revolutionären Bruchs“ veröffentlicht. Darin rufen wir dazu auf, auf der gleichnamigen Konferenz um die Frage des Antirassismus zu diskutieren, da die Berliner Linkspartei sich im Wortlaut zwar oft antirassistisch gibt, praktisch als Teil der Berliner Landesregierung aber Abschiebungen bewilligt und migrantischen Communites das Demonstrationsrecht verweigert. Über 600 Menschen waren in Berlin im letzten Jahr von Abschiebungen betroffen. Sogar das im Koalitionsvertrag festgeschriebene Verbot von nächtlichen Abschiebungen wurde immer wieder missachtet. Durchgeführt werden diese Abschiebungen von einem Polizeiapparat, dessen struktureller Rassismus schon lange kein Geheimnis mehr ist und der seinen blutigen Höhepunkt in der Ermordung von Oury Jalloh und Mouhamed Dramé gefunden hat. Diese Polizei will der Senat nun mit Elektro Tasern und einer neuen Racial-Profiling-Wache am Kotti ausstatten. Für den rechtskonservativen Ulf ist das natürlich kein Problem. Er sieht das Problem eher darin, dass Brokkoli einen ACAB-Hoodie trägt und den Palästinenser_innen ein Selbstbestimmungsrecht zugesteht.

Im Mai letzten Jahres wurde in Berlin anlässlich des Nakba-Tages (ein Gedenktag zur Vertreibung von über 700 000 Palästinenser_innen) ein gerichtliches Demonstrationsverbot erlassen. Die geplanten Demonstrationen wurden pauschal als antisemitisch verunglimpft und das, obwohl die Veranstalter_innen sich mehrmals klar gegen Antisemitismus auf ihren Aktionen positioniert haben. In der Debatte um das Demonstrationsverbot wurde dabei immer wieder auf rassistische Stereotype von „emotionalisierten Arabern“ (ähnlich wie wir sie aktuell in der Debatte um das Böller-Verbot hören müssen) Bezug genommen. Damals wie heute verurteilen wir diese rassistische Einschränkung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit. Ulf verdreht diese Kritik in seinem Tweet zu einem angeblichen „linken Antisemitismus“. Hätte er seinen Job als Journalist vernünftig gemacht und mal kurz auf unserer Homepage recherchiert, wäre er jedoch schnell auf unsere ausführliche Resolution zum Thema Antisemitismus[3] gestoßen und hätte ebenfalls in unserem Programm nachlesen können, dass wir für einen binationalen, säkularen und sozialistischen Staat im Nahen Osten eintreten, indem alle Menschen unabhängig von ihrer Religion in Frieden und Gleichberechtigung miteinander leben können[4].

Gründliche Recherche und Quellenbelege scheinen jedoch nicht das Steckenpferd von Ulf Poschardt zu sein. So wurde er bereits im Jahre 2000 als Chefredakteur beim Magazin der Süddeutschen Zeitung gekündigt, weil er dort gefälschte Interviews und Storys ungeprüft veröffentlicht hatte[5]. Ulf scheint es vielmehr als den Kern seiner journalistischen Tätigkeit zu verstehen, auf Twitter Aufmerksamkeit durch seine chauvinistischen Kommentare zu generieren. Seine Feinde sind dabei wahlweise Klimaaktivist_innen, Corona-Schutzmaßnahmen, Geflüchtete oder die öffentlich-rechtlichen Medien. Aufrechte Aktivist_innen setzt er dabei mit der islamistischen Terrormiliz Boko Haram gleich, indem er sie mit „Wokoharam“ betitelt[6]. Er selbst versteht seinen „Journalismus“ auf Twitter dabei als „Kulturkampf“[7] gegen „politisch korrekte Aktivisten“. Es geht ihm also darum, Linke mit welchen an den Haaren herbeigezogenen Vorwürfen auch immer im Sinne seines Kulturkampfes zu verunglimpfen. Wie so häufig muss der Vorwurf des Antisemitismus auch bei Ulf als Projektionsfläche herhalten. So inszeniert er sich als kritikloser Verteidiger einer Polizei, die sich mit faschistischen Chatgruppen einen Namen gemacht hat: Kein Wort über deren antisemitische Inhalte aber stattdessen große Empörung über einen Hoodie. Wir fragen uns dabei, wie es eigentlich um Ulfs Treue gegenüber dem Rechtsstaat bestellt ist, wenn er Einschränkungen des Versammlungsrechts, Angriffe auf die Meinungsfreiheit und Verwässerungen des Rechts auf Asyl kritiklos verteidigt.

Das Ekligste an der von Ulf angestoßenen Debatte ist jedoch, mit welcher Verachtung und welchem Hass einem politisch aktivem Jugendlichen, der klar politisch Stellung bezieht, begegnet wird. Dass Jugendunterdrückung ein tief verankertes Phänomen in kapitalistischen Gesellschaften ist, sieht man hier darin, dass einem Jugendlichen nicht zugestanden wird, eine eigene politische Meinung zu haben. Nein, er sei „vor die Kamera gezerrt“ worden oder sei „in der Pubertät“. Umso mehr bestätigt uns das darin, dass es richtig ist, sich in einer unabhängigen Jugendorganisation, ohne Bevormundung, unter Jugendlichen selbst zu organisieren.

Die Heftigkeit mit der die Debatte aktuell auf Twitter geführt wird, unterstreicht einmal mehr, wie viel Angst Vertreter_innen der bürgerlichen Klasse wie Ulf haben, wenn wir Jugendliche uns trauen, unsere Stimme zu erheben. Es offenbart zugleich ihre Schwäche, wenn sie ein kurzes harmloses Videostatement mit allen dreckigen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpfen müssen. Solidarität mit Brokkoli! Dieser Angriff hätte jede_n aufrichtige_n Aktist_in von uns treffen können, denn er richtet sich nicht spezifisch gegen Brokkoli, sondern gegen eine Jugend, die nicht länger bereit ist, dem Kapital dabei zuzuschauen, wie es unseren Planeten zerstört. Bitte teilt und verbreitet dieses Statement! Insbesondere Gliederungen der Linksjugend solid, sollten sich in der Verantwortung sehen, sich in dieser Frage zwischen Ulf und dem „Revolutionären Bruch“ zu positionieren. Lasst Ulf mit seinem Versuch „Revolution“, den „Revolutionären Bruch“ und die Linkspartei zu diskreditieren nicht durchkommen! Kommt zur Konferenz am 14. Januar und lasst uns gemeinsam diskutieren, was wir dem Hass und der Verachtung der herrschenden Klasse und ihrer Medien entgegenzusetzen haben.

Abschließend möchten wir jedoch noch ein paar Worte der Dankbarkeit an Ulf richten: Zuerst einmal vielen Dank für die kostenlose Werbung. Eine größere Reichweite als du sie uns geschenkt hast, hätten wir mit unseren bescheidenen finanziellen Mitteln nicht generieren können. Ebenfalls sind wir dir dafür dankbar, dass du uns mit der Hetze deines Springer-Verlages, die bereits Rudi Dutschke ins Grab brachte, erneut an einen wichtigen Umstand erinnerst: Dieses rechte, antidemokratische und imperialistische Hetzblatt gehört enteignet und unter demokratische gesellschaftliche Kontrolle gebracht!


[1] https://twitter.com/ulfposh/status/1611299976495366145?cxt=HHwWgoDQ2dSyvtwsAAAA

[2] https://twitter.com/ulfposh/status/1610921238586880000?cxt=HHwWgMDTsZuVktssAAAA

[3] https://onesolutionrevolution.de/was-ist-antisemitismus-und-wie-kann-er-bekaempft-werden/

[4] https://onesolutionrevolution.de/wp-content/uploads/2017/07/Programm2018.pdf

[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Ulf_Poschardt

[6] https://uebermedien.de/67936/was-ulf-poschardt-zuzutrauen-ist-und-was-nicht/

[7] https://twitter.com/niggi/status/1490099359307948035




SDAJ-Konferenz: Kein Schritt zur Antikriegsbewegung

Jonathan Frühling

Am Samstag, den 23. April 2022, lud ein von der SDAJ geführtes Bündnis, bestehend aus u. a. DIDF, [‚solid], ver.di Jugend, GEW Jugend und Naturfreundejugend zu einer Antikriegskonferenz von Jugendlichen ein. Revolution beteiligte sich mit Genoss_Innen aus verschiedenen Städte daran, auch wenn wir – wie eine Reihe anderer linker Gruppen – nicht in die Vorbereitung involviert worden waren.

Da die SDAJ ihre gesamte Mitgliedschaft mobilisierte, waren ca. 250 Leute anwesend, was sehr beachtlich war. Insgesamt begrüßen wir diesen Vorstoß und haben uns deshalb gerne daran beteiligt. Allerdings hat die Konferenz am Ende mehr den desaströsen Opportunismus der SDAJ zur Schau gestellt, als dass sie die Antikriegsbewegung praktisch oder theoretisch vorangebracht hätte.

Expert:innenvorträge und Workshops

Zu Beginn gab es sogenannte „Expert:innenvorträge“ z. B. von der LINKEN und einem ehemaligen IG Metall-Vorstandsmitglied. Das war zwar zum Teil interessant, allerdings konnten uns diese Leute mit ihrem lauwarmen Reformismus keine Antworten auf Krieg, Aufrüstung und imperialistische Unterdrückung liefern. Es schloss sich eine Workshopphase an, in der relativ frei diskutiert werden konnte. Allerdings war auch hier der Fokus vor allem auf Deutschland gerichtet. Dort brachten unsere Genoss_Innen ein, dass wir uns unbedingt zur NATO und zum Krieg in der Ukraine positionieren müssen, was von der SDAJ kategorisch zurückgewiesen wurde. Am Ende kam eine Frau aus dem Vorstand der SDAJ sogar auf uns zu und hat gesagt, es wäre unsolidarisch, wenn wir das vor dem großen Podium ansprechen würden, weil sich ja die Organisator_Innen im Vorfeld schon geeinigt hatten, dazu zu schweigen!

Die Resolution

Zum Schluss wurde eine Resolution verabschiedet. Sie war allerdings politisch extrem schwach. Es gab KEINE (!) Einschätzung der aktuellen (Welt-)Lage, sondern nur ein paar antimilitaristische Forderungen. Diese sind zwar unterstützenswert, aber fokussieren sich nur auf Deutschland. Zudem reichen sie nicht dazu aus, einer Antikriegsbewegung der Jugend Handlungsorientierung zu geben, zumal sie sich um alle internationalen Fragen drücken. Folgende Worte fanden überhaupt keine Erwähnung: Arbeiter_Innenklasse, Gewerkschaft, Streik, NATO, Russland, (Anti-)Kapitalismus, Imperialismus. Das alleine sollte Beweis genug dafür sein, wie unzureichend die Resolution ist.

Aufgrund unserer Intervention in der Workshopphase fühlte sich der Vorstand der SDAJ dazu genötigt, vor der Diskussion zur Resolution anzukündigen, dass man bitte nichts zu dem Ukrainekrieg sagen soll! Es gebe dazu keine Einigung unter den Gruppen und deshalb hätten die Organisator:innen im Vorfeld beschlossen, die Frage auszuklammern! Als von uns und der MLPD-Jugendorganisation Rebell Anträge zu den Themen imperialistische Aggression, NATO und einem Bezug zur Arbeiter:innenklasse eingebracht wurden, wurde einem unserer Genoss:innen sogar kurzzeitig das Mikrophon aus der Hand gerissen! Die Anträge wurden dann von der Protokollantin zum Teil gar nicht notiert oder mit der Begründung „Es hat ja jemand dagegen gesprochen“ einfach nicht in die Resolution aufgenommen. Eine demokratische Abstimmung zu den gestellten Anträgen fand einfach nicht statt! Diese bürokratische Vorgehensweise war wirklich eine Schande. Da das beschämende Verhalten der SDAJ-Führung offen vor dem gesamten Plenum passiert ist, bleibt zu hoffen, dass das nicht nur uns übel aufgestoßen ist.

Auch praktisch sah es nicht rosiger aus. Die beachtliche Größe dieser Konferenz wurde nicht dazu genutzt, Aktionen wie z. B. dezentrale Aktionen an dem Tag, an dem im Bundestag über den 100-Mrd.-Sonderetat der Bundeswehr abgestimmt wird, zu planen. Stattdessen blieb es bei einem folgenlosen „Beteiligt euch an Aktionen zum 8. Mai (Tag der Befreiung) und zum 1. September (Antikriegstag)!“

Die Tatsache, dass für dieses zentrale Papier nur 20 Minuten für Diskussion, Anträge und Abstimmung geplant waren, zeigt, dass ein demokratischer Prozess zur Erstellung einer Resolution von Anfang an nicht gewünscht war.

Fazit

Die Konferenz hätte dazu genutzt werden können, um die drängenden Fragen zum Thema Krieg und Frieden unserer Zeit zu diskutieren. Es ist so wichtig, dass wir unsere Analysen und Forderungen austauschen und diskutieren. Nur wenn wir verstehen, was gerade passiert und wieso, können wir programmatische Antworten finden und um dieses Programm eine schlagkräftige Bewegung formieren.

Das Argument, dass man alle strittigen Punkte ausklammert und z. B. nicht die NATO kritisiert, damit ver.di die Resolution unterstützt, ist feiger Opportunismus und blockiert den Aufbau einer kämpferischen Antikriegsbewegung. Wie sollen wir die Millionen Gewerkschaftsmitglieder und Jugendlichen von unseren Positionen überzeugen, wenn wir sie ihnen nicht mitteilen und einladen, darüber zu diskutieren?

Leider bleibt zu sagen, dass die Konferenz keinen Schritt in Richtung einer Jugendbewegung gegen Krieg setzte. Am Ende sind wir alle nach Hause gefahren und konnten uns nicht einmal denken: „Schön, dass wir mal drüber geredet haben.“ Denn selbst das war von den Organisator_Innen nicht gewünscht.




SDAJ-Konferenz: Kein Schritt zur Antikriegsbewegung

Jonathan Frühling, REVOLUTION, 25. April 2022

Am Samstag, den 23. April 2022, lud ein von der SDAJ geführtes Bündnis, bestehend aus u. a. DIDF, [‚solid], ver.di Jugend, GEW Jugend und Naturfreundejugend zu einer Antikriegskonferenz von Jugendlichen ein. Revolution beteiligte sich mit Genoss_Innen aus verschiedenen Städte daran, auch wenn wir – wie eine Reihe anderer linker Gruppen – nicht in die Vorbereitung involviert worden waren.

Da die SDAJ ihre gesamte Mitgliedschaft mobilisierte, waren ca. 250 Leute anwesend, was sehr beachtlich war. Insgesamt begrüßen wir diesen Vorstoß und haben uns deshalb gerne daran beteiligt. Allerdings hat die Konferenz am Ende mehr den desaströsen Opportunismus der SDAJ zur Schau gestellt, als dass sie die Antikriegsbewegung praktisch oder theoretisch vorangebracht hätte.

Expert:innenvorträge und Workshops

Zu Beginn gab es sogenannte „Expert:innenvorträge“ z. B. von der LINKEN und einem ehemaligen IG Metall-Vorstandsmitglied. Das war zwar zum Teil interessant, allerdings konnten uns diese Leute mit ihrem lauwarmen Reformismus keine Antworten auf Krieg, Aufrüstung und imperialistische Unterdrückung liefern. Es schloss sich eine Workshopphase an, in der relativ frei diskutiert werden konnte. Allerdings war auch hier der Fokus vor allem auf Deutschland gerichtet. Dort brachten unsere Genoss_Innen ein, dass wir uns unbedingt zur NATO und zum Krieg in der Ukraine positionieren müssen, was von der SDAJ kategorisch zurückgewiesen wurde. Am Ende kam eine Frau aus dem Vorstand der SDAJ sogar auf uns zu und hat gesagt, es wäre unsolidarisch, wenn wir das vor dem großen Podium ansprechen würden, weil sich ja die Organisator_Innen im Vorfeld schon geeinigt hatten, dazu zu schweigen!

Die Resolution

Zum Schluss wurde eine Resolution verabschiedet. Sie war allerdings politisch extrem schwach. Es gab KEINE (!) Einschätzung der aktuellen (Welt-)Lage, sondern nur ein paar antimilitaristische Forderungen. Diese sind zwar unterstützenswert, aber fokussieren sich nur auf Deutschland. Zudem reichen sie nicht dazu aus, einer Antikriegsbewegung der Jugend Handlungsorientierung zu geben, zumal sie sich um alle internationalen Fragen drücken. Folgende Worte fanden überhaupt keine Erwähnung: Arbeiter_Innenklasse, Gewerkschaft, Streik, NATO, Russland, (Anti-)Kapitalismus, Imperialismus. Das alleine sollte Beweis genug dafür sein, wie unzureichend die Resolution ist.

Aufgrund unserer Intervention in der Workshopphase fühlte sich der Vorstand der SDAJ dazu genötigt, vor der Diskussion zur Resolution anzukündigen, dass man bitte nichts zu dem Ukrainekrieg sagen soll! Es gebe dazu keine Einigung unter den Gruppen und deshalb hätten die Organisator:innen im Vorfeld beschlossen, die Frage auszuklammern! Als von uns und der MLPD-Jugendorganisation Rebell Anträge zu den Themen imperialistische Aggression, NATO und einem Bezug zur Arbeiter:innenklasse eingebracht wurden, wurde einem unserer Genoss:innen sogar kurzzeitig das Mikrophon aus der Hand gerissen! Die Anträge wurden dann von der Protokollantin zum Teil gar nicht notiert oder mit der Begründung „Es hat ja jemand dagegen gesprochen“ einfach nicht in die Resolution aufgenommen. Eine demokratische Abstimmung zu den gestellten Anträgen fand einfach nicht statt! Diese bürokratische Vorgehensweise war wirklich eine Schande. Da das beschämende Verhalten der SDAJ-Führung offen vor dem gesamten Plenum passiert ist, bleibt zu hoffen, dass das nicht nur uns übel aufgestoßen ist.

Auch praktisch sah es nicht rosiger aus. Die beachtliche Größe dieser Konferenz wurde nicht dazu genutzt, Aktionen wie z. B. dezentrale Aktionen an dem Tag, an dem im Bundestag über den 100-Mrd.-Sonderetat der Bundeswehr abgestimmt wird, zu planen. Stattdessen blieb es bei einem folgenlosen „Beteiligt euch an Aktionen zum 8. Mai (Tag der Befreiung) und zum 1. September (Antikriegstag)!“

Die Tatsache, dass für dieses zentrale Papier nur 20 Minuten für Diskussion, Anträge und Abstimmung geplant waren, zeigt, dass ein demokratischer Prozess zur Erstellung einer Resolution von Anfang an nicht gewünscht war.

Fazit

Die Konferenz hätte dazu genutzt werden können, um die drängenden Fragen zum Thema Krieg und Frieden unserer Zeit zu diskutieren. Es ist so wichtig, dass wir unsere Analysen und Forderungen austauschen und diskutieren. Nur wenn wir verstehen, was gerade passiert und wieso, können wir programmatische Antworten finden und um dieses Programm eine schlagkräftige Bewegung formieren.

Das Argument, dass man alle strittigen Punkte ausklammert und z. B. nicht die NATO kritisiert, damit ver.di die Resolution unterstützt, ist feiger Opportunismus und blockiert den Aufbau einer kämpferischen Antikriegsbewegung. Wie sollen wir die Millionen Gewerkschaftsmitglieder und Jugendlichen von unseren Positionen überzeugen, wenn wir sie ihnen nicht mitteilen und einladen, darüber zu diskutieren?

Leider bleibt zu sagen, dass die Konferenz keinen Schritt in Richtung einer Jugendbewegung gegen Krieg setzte. Am Ende sind wir alle nach Hause gefahren und konnten uns nicht einmal denken: „Schön, dass wir mal drüber geredet haben.“ Denn selbst das war von den Organisator_Innen nicht gewünscht.




Der Kampf für eine Fraueninternationale – Lehren aus der sozialistischen Frauenbewegung

Aventina Holzer (REVOLUTION, Gruppe Arbeiter*innenstandpunkt/Österreich)

Internationale Vernetzung stellt für jeden politischen Kampf eine Bereicherung, wenn nicht eine Voraussetzung dar. In der feministischen Bewegung, die aufgrund des zunehmenden Widerspruchs von Kapitalismus und Gleichberechtigung wieder Fahrt aufnimmt, gibt es momentan aber wenig erfolgreiche Bestrebungen, eine solche Verbindung nachhaltig aufzubauen. Dabei haben die Frauen*streiks der letzten Jahre die Notwendigkeit einer international koordinierten, verbindlichen Aktion um gemeinsame Forderungen eigentlich auf die Tagesordnung gesetzt.

Die führenden Feminist:innen der Bewegung schlagen jedoch stattdessen eher lose Vernetzungen der nationalen Kämpfe vor oder behaupten, dass die Art, wie man sich aufeinander bezieht, schon internationalen Charakter hätte. Auch fehlt bei diesen Vorschlägen nur allzu oft ein klarer Klassenstandpunkt. Statt einer gemeinsamen Koordinierung, die auf einem Aktionsprogramm fußt und dadurch handlungsfähig wird, wird also auf abstrakte Appelle und liberale Politik gesetzt. Wenn wir wollen, dass die momentanen Kämpfe erfolgreich sind, dann brauchen wir auch eine Vorstellung, welche gemeinsame, internationale Organisationsform, aber vor allem auch welche Politik und welcher Klassenstandpunkt notwendig sind. Wir wollen daher die Sozialistische Fraueninternationale (heute: Sozialistische Frauen-Internationale; SIW) und ihre Entwicklung beleuchten und für die Gegenwart fruchtbar machen. Denn wir brauchen nicht nur eine linke Frauenpolitik, wir wollen antisexistische Kämpfe, die in einer revolutionären und proletarischen Tradition stehen.

Herausbildung der proletarischen Frauenbewegung

Prinzipiell ist die Geschichte der Sozialistischen Fraueninternationale keine lineare. Um sie richtig verstehen und einordnen zu können, stellt sich die Frage nach der proletarischen Frauenbewegung, die sich neben der bürgerlichen herausbildete. Mit der Industrialisierung und dem Übergang zum Kapitalismus bildeten sich neue gesellschaftstragende Klassen heraus: Bürger:innentum und Proletariat. Mit den Widersprüchen, die der Kapitalismus für die arbeitende Frau brachte (Mehrfachbelastung durch Lohn- und Reproduktionsarbeit), wurde auch eine neue Generation an Kämpfer:innen politisiert.

Auch in der bürgerlichen Frauenbewegung wurde die Frage nach politischer Gleichstellung im 19. Jahrhundert immer relevanter. Zentral dafür war das Frauenwahlrecht, das von bürgerlicher Seite oft nur für privilegierte Frauen gefordert wurde. Mit widersprüchlichen Interessen und Vorstellungen sammelten sich hinter dieser Forderung die Frauenorganisationen. Die proletarische Frauenbewegung hatte ihre Wurzeln natürlich in der Sozialdemokratie und speziell der deutschsprachige Raum übernahm hier eine Vorreiterrolle (die deutsche Sozialdemokratie war die stärkste Europas).

Zwar gab es im europäischen Raum auch schon vorher Absprachen und Vernetzungen, aber was die proletarische Frauenbewegung betrifft, wurden erst ab 1896 (also 7 Jahre nach dem Gründungskongress der II. Internationale, dem Zusammenschluss der sozialdemokratischen Parteien) Treffen, die der internationalen Verbindung der sozialdemokratischen Frauen dienten, abgehalten. Ein Grund für diese recht späte Entwicklung lag sicher in den tief sitzenden sexistischen Einstellungen innerhalb der Sozialdemokratie, die erst mit der Zeit abgebaut werden konnten und die Ausrichtung der Partei wie der entstehenden Gewerkschaften auf die männliche Lohnarbeit. Die Organisierung von Frauen wurde von vielen allenfalls als untergeordnete Aufgabe verstanden – was das Entstehen eigener Frauenorganisationen erschwerte und gleichzeitig umso notwendiger machte.

Ein Beispiel dafür liefert die Debatte rund um die Frauenarbeit, die erst langsam mit dem Entstehen der II. Internationale eine sinnvolle gemeinsame Beantwortung fand, in der nicht von einem „Ausspielen“ der Frau gegen die männlichen Arbeiter die Rede war. Zeitgleich kann man aber auch in der II. Internationale starke sexistische Stereotype und Probleme sehen. Selbst Zetkin, die wichtigste Vertreterin der deutschen, proletarischen Frauenbewegung neigte dazu, bestimmte bürgerliche Geschlechterrollen zu reproduzieren. So enthält selbst ihre bedeutende, politisch starke Aussage „Nur mit der proletarischen Frau wird der Sozialismus siegen“ den Satz: „Es darf auch unmöglich die Aufgabe der sozialistischen Frauenagitation sein, die proletarische Frau ihren Pflichten als Mutter und Gattin zu entfremden“.

Frauenwahlrecht

In Deutschland gab es in der Sozialdemokratie schon länger Frauenkonferenzen und 1907 wurde dieses Konzept auch auf die II. Internationale übertragen und fand die erste internationale Frauenkonferenz statt. Vom 17. bis 19. August trafen sich 58 Delegierte aus 15 Ländern in Stuttgart. Zentral behandelt wurden Fragen des weiteren internationalen Austausches und des Frauenwahlrechts. Als Ergebnis, stark geprägt von den Anträgen Clara Zetkins, wurde ein internationales Frauensekretariat der II. Internationale bestimmt und die „Gleichheit“ gegen den Widerstand des revisionistischen Flügels als deren offizielles Organ anerkannt.

Die Konferenz sprach sich für ein allgemeines Wahlrecht für Männer und Frauen aus und verabschiedete eine entsprechende Resolution. Der revolutionäre Flügel um Zetkin, Luxemburg oder auch Kollontai drängte darauf, das allgemeine Frauenwahlrecht zu einem zentralen Kampfziel der proletarischen Bewegung zu machen und dieses nicht, wie in einigen Ländern (z. B. Österreich und Großbritannien geschehen) dem Ringen um das Männerwahlrecht oder sogar weitaus unbedeutenderen kurzfristigen Reformzielen unterzuordnen.

Österreichische und britische Delegierte verteidigten hingegen die Position, dass es in manchen Situationen taktisch klug wäre, auf ein Frauen- zugunsten eines allgemeinen Wahlrechts für Männer zu verzichten. Dies wurde so argumentiert, dass in manchen Situationen diese letztere Forderung leichter umzusetzen wäre und mit dem Erreichen dieses Meilensteins ein späterer Kampf für das allgemeine Frauenwahlrecht erleichtert werden würde.

Schließlich setzte sich der linke Flügel bei der Abstimmung 1907 klar durch. Der Kampf für das Frauenwahlrecht sollte ein entscheidender sein für die Sozialdemokratie. Es war eine sehr richtige Entscheidung, diese Bedenken klar abzuwehren. Bald darauf wurde die Entscheidung der Fraueninternationale auch von der II. Internationale bestätigt.

Die Debatte rund um das Wahlrecht war aber nicht nur eine taktische, sondern zeigte bereits die tiefgreifenden Unterschiede zwischen reformistischen und revolutionären Kräften. Die von den Österreicherinnen eingebrachte Debatte stellte ja auch infrage, wie die Internationale gemeinsam und verbindlich radikal auftreten konnte, ein Problem, das in der zunehmend reformistisch dominierten ArbeiterInnenbewegung immer größer geriet.

Dass es sich um alles andere als bloße „Meinungsverschiedenheit“ oder „kleine politische oder taktische Differenzen“ handelte, wurde schon vor dem Ersten Weltkrieg Revolutionärinnen wie Luxemburg oder Zetkin zunehmend bewusst. Innerhalb der deutschen und internationalen Frauenbewegung kam es rund um „die Gleichheit“ und deren Chefredakteurin, Clara Zetkin, zur Formierung eines Pols, der sich klar zum linken Flügel zählte.

Die Etablierung eines eigenen Frauensekretariats war sicherlich ein Fortschritt, litt aber an ähnlichen Problemen wie andere Gremien der II. Internationale, nämlich dass es über wenig tatsächliche politische Entscheidungsfähigkeit und Verankerung verfügte. Beim nächsten internationalen Frauenkongress 1910 musste bilanziert werden, dass trotz der Bekenntnisse und Resolutionen die gemeinsame Arbeit rund um das allgemeine Frauenwahlrecht und die internationale Vernetzung noch einiges zu wünschen übrig ließen. Man sollte sich in der Analyse dieser Fehler nicht nur auf die Form beschränken, sondern versuchen herauszufinden, aus welchen politischen Fehlentscheidungen diese resultierten. Ein Fehlen von demokratisch zentralistischen Strukturen, also einem gemeinsamen, verbindlichen Handeln nach außen, nach Diskussion in der Organisation bedeutete eben auch, dass die Internationale nie ihr volles Potenzial entfalten konnte. Sie bildete eher eine Vernetzung zwischen den nationalen Organisationen und keine internationale Organisation mit Sektionen in den einzelnen Ländern.

Zeitgleich konnten sich die reformistischen Kräfte dadurch aber auch immer stärker in ihre nationalen bürgerlichen Verhältnisse festkrallen. Selbst wenn die Internationale von Sozialismus und Revolution redete, entsprach das nicht der tatsächlichen Praxis der Sozialdemokratien der einzelnen Länder. Vielmehr rechtfertigten sie ihre zunehmend bürgerlich-gradualistische Reformpolitik als „Taktik“, deren opportunistischer Charakter durch Lippenbekenntnisse zum Sozialismus versteckt wurde. Das bedeute dann eben auch, dass die meisten international agierenden Strukturen fast wirkungslos blieben und als primäre Aufgabe die Vernetzung hatten. Nicht zu unterschätzen war jedoch, dass die „Gleichheit“ als einziges großes, internationales Organ der II. Internationale vom revolutionären Flügel und nicht vom reformistischen kontrolliert wurde.

Als „Lösung“ wurde beim Frauenkongress 1910 der Internationale Frauentag als Kampftag für das Wahlrecht verankert. Ein weiterer Kongress fand 1913 statt, der sich gegen die Balkankriege stellte und schon einen starken Fokus auf Frieden hatte.

Weltkrieg

Mit dem 1. Weltkrieg wurden die Widersprüche in der Sozialdemokratie offensichtlicher und es zeichneten sich Spaltungen ab. In Deutschland formierte sich ab 1915 die kleine, revolutionäre Minderheit, der Spartakusbund. Die SPD selbst schloss 1916 die wachsende Zahl der Kriegsgegner:innen unter den Parlamentsabgeordneten aus, die 1917 die USPD gründeten. Die Organisation zerbrach in die sozialchauvinistische Mehrheitssozialdemokratie, welche den Krieg unterstützte und den Burgfrieden für Kapital und Kaiser organisierte, und in die USPD, welche eine pazifistische Politik vertrat. Die Bruchpunkte existierten auch in der proletarischen Frauenbewegung weiter und grob gesagt unterteilte sie sich in drei Strömungen. Die reformistische, die die Burgfriedenspolitik mittrug und sich auf Arbeit in „sozialen Strukturen“ (Wohltätigkeit) beschränkte. Die gewerkschaftliche, die versuchte, sich auf ihre Rolle als Interessenvertretung zu konzentrieren, und dabei die politischen Forderungen und Notwendigkeiten hintanstellte. Und die innerparteiliche Linke, die auch maßgeblich für die weitere Entwicklung der Sozialistischen Fraueninternationale verantwortlich war.

Im Herbst 1914 plante Zetkin ein weiteres ihrer Treffen. Dieses konnte aber wegen des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs erst 1915 stattfinden. Die Konferenz war klar eine Antikriegskonferenz und es sammelten sich hier vom 26. bis 28. März 30 Delegierte aus unterschiedlichen Ländern in der Schweiz. Die Konferenz wurde von der SPD-Parteiführung nicht unterstützt. Schließlich stand die deutsche Sozialdemokratie (wie die meisten Sozialdemokratien Europas) auf Regierungsseite.

Diese Konferenz sollte nicht nur einer der ersten Versuche sein, die internationale Zusammenarbeit der sozialistischen Organisationen trotz des Krieges wiederzubeleben, sondern war auch eines der ersten internationale Zusammentreffen einer radikalen Strömung, die sich gegen die offizielle Parteilinie stellte. Ähnlich wie die später unter dem Namen „Zimmerwalder Linke“ bekanntgewordene Gruppe wurde eine Opposition zur Kriegspolitik, aber auch zur reformistischen Degeneration der Sozialdemokratie gesammelt.

Die teilnehmenden Frauen, speziell die führenden Aktivistinnen, gehörten nun zum Großteil dem linken Flügel ihrer Parteien an. So ist es also nicht verwunderlich, dass die Sozialistische Fraueninternationale wichtig für die internationale Verbindung der Kriegsopposition gewesen war. Ein Grund dafür könnte sein, dass Frauen aufgrund ihrer Mehrfachunterdrückung häufiger direkt konfrontiert mit den Problemen des Kapitalismus waren und wegen des in den Organisationen (inklusive der Gewerkschaften) vorherrschenden Sexismus’ weniger in Systeme integriert wurden und auch weniger aufgrund materieller Anreize ihre Politik verrieten.

Die Konferenz verabschiedete im März 1915 den Aufruf „Frauen des arbeitenden Volkes!“, der deutlich den imperialistischen Charakter des Krieges hervorhob, das Ende der Burgfriedenspolitik forderte und mit folgenden Losungen endete: „Nieder mit dem Kapitalismus, der dem Reichtum und der Macht der Besitzenden Hekatomben von Menschen opfert! Nieder mit dem Kriege! Durch zum Sozialismus!“

Die Konferenz stellte schon durch ihr Zustandekommen einen wichtigen Fortschritt dar. Anders als die Frauenkonferenzen vor dem Krieg erkannte sie überhaupt nur der linke, gegen den Krieg eingestellte Flügel an. Aber es zeigten sich bei der Mehrheit der Teilnehmerinnen auch zwei wichtige Schwächen und damit Differenzen zu den Bolschewiki, die durch Krupskaja vertreten waren. Es fehlte die Erkenntnis, dass es an der Zeit war, sich von der Sozialdemokratie loszusagen und eine linke Opposition aufzubauen, eine neue Partei, die in einer Situation der Illegalität auch Arbeit machen konnte. Die Forderung, den imperialistischen Krieg in einen revolutionären Bürger:innenkrieg umzuwandeln, was die tatsächlich richtige Schlussfolgerung aus dem beschlossenen Slogan gewesen wäre, wurde nicht aufgestellt. Die russische Delegation stellte zu diesen Punkten zwar einen Antrag, der wurde allerdings abgelehnt. Die Erkenntnis holte die führenden Aktivistinnen zwar nach und nach ein, als sich die Spaltung vollzog und immer klarer wurde, dass ein politischer und organisatorischer Bruch mit der sozialdemokratischen Führung unumgänglich war. Ähnlich wie die Konferenzen von Zimmerwald und Kiental bildeten die internationalen Frauenkonferenzen einen wichtigen Ausgangspunkt für die Sammlung der revolutionären Internationalist:innen und die spätere Formierung der Dritten Internationale.

Lehren

Die Geschichte der Sozialistischen Fraueninternationale gibt uns heruntergebrochen heute Ansätze für fünf wichtige Aspekte.

Erstens: Wie muss eine Frauenbewegung aussehen, die auch in der Lage ist, tatsächliche Verbesserungen zu erkämpfen? Und wie ist dieser Kampf mit dem um eine revolutionäre Umwälzung verbunden? Die Auseinandersetzung rund um das Frauenwahlrecht ist ein gutes Beispiel dafür, was eine proletarische Frauenbewegung leisten kann, und zeigt auch, dass es selbst in Situationen, wo man mit bürgerlich-feministischen Kräften zusammenarbeiten kann, sinnvoll und notwendig ist, sich klar von ihnen politisch und organisatorisch abzugrenzen.

Zweitens: die Frage von separater Organisierung. Auch wenn es sich hierbei nicht um ein Prinzip handelt, so ist es doch interessant zu beobachten, wie gerade die führenden Frauen und die Jugend in der europäischen Sozialdemokratie oft zum linken Flügel gehörten. Ziel einer Organisation ist es, einen Rahmen zu schaffen, in dem alle Aktivist:innen gemeinsam handeln können, aber es kann auch Situationen geben, wo es erfolgreicher ist, sich separat zu organisieren oder eigene Gremien in der Organisation einzufordern, um gegen soziale Unterdrückung auch innerhalb der Gruppe vorzugehen. So formten sowohl die Jugendinternationale als auch die Sozialistische Fraueninternationale wichtige Sammelpunkte des Kampfes gegen die reaktionäre Politik der Sozialdemokratie nach 1914. Immer sinnvoll ist es aber, in Organisationen einen Rahmen zu schaffen, um sich als gesellschaftlich Unterdrückte zu treffen und Probleme auch gesondert besprechen und deren Lösung vorantreiben zu können. Ein sogenanntes Caucus-Recht bildet also auch eine wichtige Lehre und Errungenschaft.

Drittens: Die wirkliche Frauenbefreiung ist eine globale Frage. Die Vernetzung der Kämpfe ist nicht nur sinnvoll und lehrreich, sondern stärkt sie auch maßgeblich. Aber wenn es nur dabei bleibt, dann besteht die Gefahr, wie es auch bei der II. Internationale der Fall war, dass sich nie eine länderübergreifende Organisation herausbildet, die als Grundprinzip das internationale, gemeinsame Handeln verfolgt. Aktionen werden stärker und können mehr an Fahrt aufnehmen, wenn es eine zentrale Koordination und Vernetzung auf internationalem Niveau gibt. Selbst jetzt, ohne eine solche Organisation und Vernetzung, sieht man, wieviel schlagkräftiger Kampfmittel wie zum Beispiel Frauenstreiks werden, wenn sie international passieren und sich gegenseitig in ihren Anliegen unterstützen (auch wenn es gerade sehr dezentral und losgelöst erfolgt).

Viertens: Internationalismus ist nicht nur eine Frage der Effektivität, sondern folgt auch daraus, dass der Klassenkampf – und damit logischerweise der der proletarischen Frauen – ein globaler ist. D. h., eine neue sozialistische Frauenbewegung darf sich nicht auf Fragen der Gleichheit und geschlechtlichen Unterdrückung beschränken, sondern muss fest auf dem Boden eines Kampfprogramms gegen Imperialismus und Kapitalismus, eines von Übergangsforderungen stehen.

Fünftens: Neben der Erkenntnis, dass es notwendig ist, innerhalb der bestehenden bürgerlichen bzw. kleinbürgerlichen Bewegung für eine proletarische Frauenbewegung zu kämpfen, sehen wir diesen Kampf auch als einen direkten Beitrag für eine neue Internationale. Die Führungskrise des Proletariats und damit auch das Fehlen einer internationalen, revolutionären Partei bedeutet, dass die Kämpfe, die in Bewegungen wie der der Frauen geführt werden, auch das Potenzial gewinnen können, revolutionäre Kräfte zu sammeln und damit auch einen Ansatzpunkt für so eine Partei sein können. Auch deshalb ist es notwendig, sich auf einer klaren und revolutionären programmatischen Grundlage zu sammeln, um die Zuspitzung innerhalb der Frauenbewegung auch für den Aufbau einer neuen Internationalen und deren revolutionäre Ausrichtung nutzen zu können.

Seit der Degeneration der III., Kommunistischen und dem Scheitern der Vierten Internationale ist es ein zentrales Problem, dass es keine revolutionäre Internationale und politisch-programmatische Kontinuität in der Arbeiter:innenklasse gibt. D. h. der Einfluss bürgerlicher und kleinbürgerlicher Ideologie ist ungleich größer als in Perioden mit einer konstituierten Massenbewegung der Arbeiter:innenklasse. Der Kampf um eine proletarische, sozialistische Frauenbewegung ist daher untrennbar mit dem Kampf um eine revolutionäre Internationale verbunden.

Die Sozialistische Fraueninternationale war bei allen Problemen nicht nur historisch ungleich fortschrittlicher und weiter als die Bewegung heute, sie stellt auch ein anderes Modell dar. Sie stand von Beginn an auf einer klassenpolitischen, proletarischen Grundlage und verstand sich als Teil des revolutionären Kampfes zur Befreiung aller Lohnabhängigen. Zugleich aber entstand sie als Gegensatz zur bürgerlichen Frauenbewegung und am Beginn der imperialistischen Epoche – und damit in einer, wo sich die Differenzen zwischen dem reformistischen und dem revolutionären Flügel zuspitzten.

Dazu benötigen wir eine revolutionäre internationale Organisation auf klarer programmatischer Grundlage, die es schafft, sich an den Aufbau solcher Strukturen zu machen. Die internationale Frauen- und LGBTQIA+-Bewegung kann nur mit solchen langfristig erfolgreich sein, ihre Unterdrückung nicht nur innerhalb des Systems zu bekämpfen, sondern auch das System an sich aus den Angeln zu heben und damit tatsächliche Befreiung zu erwirken. Für eine neue, revolutionäre Internationale!




#ZeroCovid – Stop the Curve!

Internationale Resolution von Revolution

Seitdem
die Pandemie ausgebrochen ist und eine allgemeine Krise sich
abzeichnet, sind die linken Massenorganisationen und auch große
Teile der radikalen Linken in einen Winterschlaf gefallen, aus dem
auch der Lärm von alles andere als schläfrigen Schwurbler_innen sie
nicht aufwecken konnte. Jetzt kommt eine Initiative von links, die es
wagt der Gesundheit zuliebe einen Finger an die Profite zu rühren
und innerhalb weniger Tage 80,000 Unterschriften zustande bringt.
Kein Wunder, dass das deutsche
Kapital am Rad dreht, wie stets im Duett mit Gewerkschaftsführungen
und bürgerlicher Presse. Aber auch innerhalb von Teilen der
radikalen Linken hat die Kampagne keinen guten Ruf, ihr Ziel sei
unrealistisch und dann wolle sie zu dessen Umsetzung auch noch einen
Polizeistaat installieren! Ist die Kampagne also überhaupt links?
Sind das vielleicht alles Faschisten? Und wenn nicht, wie sollten
sich junge Revolutionär_innen zu ihr verhalten? Was hat sie
überhaupt für die Jugend zu bedeuten, wie steht sie zu den Schulen?
Und wie könnte sie vielleicht sogar zum Sieg führen? Den
drängendsten Fragen wollen wir uns hier kurz annehmen.

Nochmal kurz Corona-Recap:

Also
Corona, das war ja diese Krankheit, die einen irgendwie umbringt,
wenn man z.B. Vorerkrankungen hat oder alt ist und dazu keinen
ausreichenden Zugang zu gesundheitlicher Versorgung bekommt. Weil die
Sterblichkeitsrate so in die Höhe geht, wenn das Gesundheitssystem
überlastet ist, ist die Pandemie nicht nur für uns Jugendliche und
die Arbeiter_innenklasse so eine Katastrophe, auch die Bourgeoisie
und die Regierungen haben ein Problem, wenn größere Teile der
Bevölkerung wegsterben. Der Ansatz von stumpfer „Herdenimmunität“,
der von Arschlöchern wie Trump oder Bolsonaro noch verfolgt wurde
und in beiden Ländern zu katastrophalen Zuständen geführt hat, ist
also im Allgemeinen für niemanden eine richtige Option. Die Politik,
die wir in Europa seit langem erleben, folgt daher dem Konzept
„flatten the curve“, d.h. durch halbherzige Maßnahmen wird das
Virus zwar nicht komplett eingedämmt, aber die Ausbreitung wird auf
ein lineares Wachstum verlangsamt, indem man die Reproduktionszahl
auf 1 oder knapp unter 1 bringt und damit auch knapp unter der
Kapazitätsgrenze des Gesundheitssystems verbleibt, man will sich
also irgendwie durchmauscheln bis durch Impfung und Genesene die
Bevölkerung hinreichend immunisiert ist. Der Twist fürs Kapital
dabei ist, dass die Maßnahmen, die dabei getroffen werden,
hauptsächlich auf die persönlichen Freiheiten und Rechte der
Menschen abzielen (private Kontaktbeschränkungen, Schließung von
Kultur- und sozialen Einrichtungen, …), jedoch die Produktion und
damit die Profite der großen Konzerne und Industrien weitgehend
unangetastet bleiben. Darin liegt aber auch ein Problem, weil die
kapitalistischen Regierungen in diesem ständigen Ringen über den
Grad der Maßnahmen niemals vollständige Kontrolle über das Virus
erlangen, wir sehen es aktuell sehr deutlich in der Debatte um die
Wiederöffnung der Schulen, eine Schwierigkeit die durch Faktoren wie
hoch infektiöse Virusmutationen natürlich weiter verschlimmert
wird. Und hier kommt nun ZeroCovid ins Spiel, eine Kampagne, die
ursprünglich zurückgeht auf eine Proposition einer Gruppe von
Wissenschaftler_innen aus „The Lancet“ (das ist so ein
kanonisches Medizinjournal aus Großbritannien).

Was
will ZeroCovid?

Die
hauptsächliche Message von ZC ist, dass die Infektionszahl, auf
nahezu 0 (zero) heruntergebracht werden muss, um die Pandemie in den
Griff zu bekommen, also eher ein „stop the curve“-Ansatz. ZC sagt
nun, wie auch viele andere vernünftige Menschen, die nicht gerade
einen Regierungsposten belegen, dass ein „Feierabendlockdown“,
bei dem die meisten acht Stunden ihres Tages zubringen wie eh und je,
dafür niemals ausreichen kann, und dass aus diesem Grunde auch für
einen kurzen Zeitraum die nicht-essentiellen Teile der Wirtschaft
geschlossen werden müssen.

Der
Lockdown soll darüberhinaus ein „solidarischer Lockdown“ sein,
in dem Sinne, dass ein Rettungspaket gefordert wird, nicht für
Banken und Konzerne, sondern für „die Menschen, die von den
Auswirkungen des Shutdowns besonders hart betroffen sind […] wie
Menschen mit niedrigen Einkommen, in beengten Wohnverhältnissen, in
einem gewalttätigen Umfeld, Obdachlose“. Ebenso soll massiv in den
Gesundheits- und Pflegebereich investiert werden und es wird
gefordert, dass die Impfstoffe „ein globales Gemeingut“ und der
„privaten Profiterzielung entzogen“ werden sollen.

Wichtig
ist, dass ZC, wenn auch nirgends das Wort „Kontrolle“ auftaucht,
dazusagt, „dass die Beschäftigten die Maßnahmen in den Betrieben
selber gestalten und gemeinsam durchsetzen” müssen und auch die
Gewerkschaften aufgefordert werden, “die erforderliche große und
gemeinsame Pause zu organisieren”. Wichtig ist das deshalb, weil es
die Frage aufwirft, wer das Subjekt der Veränderung sein soll,
vielmehr noch diese Frage gleich mit einem Klassenstandpunkt auf
Seiten der Arbeiter_innenklasse beantwortet. Dies schlägt sich auch
in einer letzten Forderung noch einmal nieder, in der sie die
Finanzierung aller Maßnahmen durch das Kapital fordern, in Form
einer “europaweiten Covid-Solidaritätsabgabe auf hohe Vermögen,
Unternehmensgewinne, Finanztransaktionen und die höchsten
Einkommen.”

Was
ist von all dem zu halten?

Wie
schon angedeutet, ist der grundlegende Ansatz goldrichtig und es ist
sehr zu begrüßen, dass die Intiative auf so eine Popularität
stößt. Insbesondere der Bezug auf die Arbeiter_innenklasse stellt
einen qualitativen Unterschied dar zu anderen Petitionen und
moralischen Appellen. Mit all dem gesagt, müssen wir dennoch
bemerken, dass in dem Aufruf einiges schwammig bleibt, so wird nicht
klar unter welchen Umständen eine Kontrolle der Arbeiter_innen und
Jugend über die Maßnahmen gelingen kann, stattdessen wird eher der
Eindruck vermittelt, der Staat müsse nur mal daran erinnert werden,
dass es uns auch noch gibt und dann könne man ihm die Umsetzung
dieser Politik auch irgendwie überlassen. Das ist allerdings ein
Trugschluss, kann doch der Staat in einer Klassengesellschaft, in der
die ökonomische Macht, das Eigentum, bei einer einzelnen Klasse
liegt, unmöglich neutral über den Klassen stehen. Es gibt
darüberhinaus noch viele weitere Punkte, in denen wir uns natürlich
wünschen würden, dass der Aufruf klarer und weitreichender wäre,
wir wollen hier nur exemplarisch nennen, dass zwar der Schritt von
einer europaweiten Planung schon gut ist, allerdings die Kurve nur
global wirklich gestoppt werden kann, wir also international für
diese Maßnahmen kämpfen müssen, wie auch klar gesagt werden muss,
dass der Kampf gegen die Pandemie keine Abschottung Europas gegenüber
Flüchtenden bedeuten darf, die Grenzen müssen für Geflüchtete
vielmehr geöffnet werden, so coronakonform wie möglich
(Massentests, dezentrale Möglichkeiten zur Quarantäne, …).

Also
Pustekuchen?

Nee!
Gerade jetzt, wo die Gewerkschafts- und Parteiführungen unsere
Klasse so im Stich lassen, und die größeren Mobilisierung eher von
rechts kommen, ist unsere Aufgabe eine Antikrisenbewegung von links
aufzubauen. Und da dürfen wir bei einem so vielversprechenden
Ansatz, der auch noch in so entscheidenden Fragen in genau die
richtige Richtung geht, nicht meckernd am Rande stehen. Wir müssen
uns vielmehr in ZC dafür engagieren, dass all die angesprochenen
Punkte umgesetzt werden, die so notwendig sind für den Erfolg der
Kampagne. Es ist ein richtiger Schritt, dass neben dem reinen
Unterschriftensammeln im Netz in den letzten Wochen auch zaghaft
kleine Aktionen auf der Straße oder vor den Betrieben gestartet
wurden und in vielen Städten Ortsgruppen zur Koordinierung der
Proteste gegründet wurden. Revolutionär_innen sollten diesen
Tendenzen weiterführen und so die Klasse als Subjekt der Veränderung
mehr in den Vordergrund rücken, da nur aus einer wirklichen Bewegung
auch Kontrollorgane zur Umsetzung der Ziele hervorgehen können.
Lasst uns im Einklang mit dem Infektionsschutz Demos, Streiks und
Besetzungen organisieren! Wir fordern auch andere linke
Jugendorganisationen (solid, Young Struggle, SDAJ, Jugendantifas und
andere, ja ihr seid gemeint) auf, um ZC aktiv zu werden. Nur von
außen kritisieren reicht jetzt nicht, macht mit und tragt eure
Kritik aktiv mit rein! Die Zeiten sind vorbei, in denen wir es uns
leisten können jede unser eigenes Süppchen zu kochen! Und nebenbei,
das Argument Forderungen an den Staat seien ein NoGo können wir
nicht gelten lassen, bei FFF hat das auch niemanden gejuckt, wir
haben aber trotzdem noch einen ausführlicheren Artikel zu der Frage:
onesolutionrevolution.de/duerfen-linke-forderungen-an-den-staat-stellen-zerocovid/

Was
heißt ZeroCovid für Jugendliche?

Naja
Corona ist ja auch doof für uns, nicht nur für Oma und Opa, das
wird z.B. deutlich, wenn wir uns anschauen was das Krisenmanagement
in der Schule für eine Katastrophe ist, nicht nur für diejenigen,
die gerade Abi schreiben. Es macht daher auch für uns Sinn, für ein
bisschen Kontrolle über unsere Lebensrealitäten zu kämpfen. Wir
sollten daher in der Schul-AG bei ZC intervenieren, um dafür zu
sorgen, dass a) unsere Interessen in der Kampagne Gehöhr finden, wir
b) dadurch auch andere Jugendliche aufmerksam machen können und
c) Druck auf Kräfte wie die GEW aufzubauen auch zu Aktionen
aufzurufen.
Inhaltlich
sollten wir dabei Forderungen aufwerfen wie: Schulöffnungen nur
unter unseren Bedingungen: Mehr Räume, mehr Personal, kleinere
Klassen, Freistellung ohne Diskussion, Prüfungen und Noten nur zur
Verbesserung. Ausführlicher
findet ihr das auf unserer Homepage.


Gehen wir es also an,
der Kampf für eine bessere Welt und gegen die Corona-Leugner_innen
kann nur Erfolg haben, wenn wir auch greifbar Alternativen aufzeigen
können!