Beim Umweltschutz gibt es keine Kompromisse

Kurz vorab: Seit einigen Monaten arbeiten wir bereits in der Antikapitalistischen Plattform „ChangeforFuture“ und hatten eigentlich geplant, die Resolution zusammen mit der Plattform zu veröffentlichen. Wir konnten uns in CFF noch nicht gemeinsam für eine Version der Resolution entscheiden. Deshalb werden wir sie im Folgenden vorstellen.

Unsere Zukunft ist antikapitalistisch.

Man sagt, unsere Bewegung hat sehr viel erreicht. Aber das ist falsch. Wir haben nur eins erreicht: Aufmerksamkeit. Doch die nötige Panik vor der Klimakatastrophe, die Greta, wir und mit uns Millionen Jugendliche fordern ist bisher ausgeblieben. Zumindest in den Chefetagen der Regierungen, Konzerne und Banken. Das von uns geforderte Handeln ist ausgeblieben. Ein Jahr ist vergangen – und uns bleiben nur neun Jahre.

Was aktuell getan wird ist Betrug. An uns, an der Zukunft der Menschheit. Die Politiker haben Jahrzehnte durch Verleugnung und Untätigkeit vergeudet. Jetzt versucht die Regierung uns mit Kompromissen zu vertrösten. Doch wir als Bewegung dürfen keinen Schritt in unseren Forderungen zurück gehen. Tatsächlich müssen wir weitergehen.

Greta sagt, alles muss anders werden. Und sie hat recht. Statt kosmetischen Reformen braucht es einen grundlegenden Systemwechsel. Selbst die Vorschläge der Grünen reichen laut Scientists for Future nicht aus, die Klimakatastrophe aufzuhalten. Deswegen brauchen wir statt einer Wirtschaft zugunsten der Profite Weniger, ein internationales System, in dem nach unseren Bedürfnissen und Fähigkeiten, und den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Umwelt gelebt, produziert und konsumiert wird. Es braucht eine wahrhaft demokratisch geplante Wirtschaft. Das geht nur ohne den Kapitalismus!

Einige in der Bewegung sagen, Antikapitalismus versetzt Leute in schrecken. Und sie haben Recht. Es versetzt die Reichen und Mächtigen in Schrecken. Es ängstigt alle, die die drohende Klimaapokalypse zu verantworten haben und bisher nicht handeln. Wenn wir etwas erreichen wollen, müssen sie in Panik geraten.

Kein Vertrauen in ihre leeren Versprechungen. Nur unser entschlossenes und radikales Handeln kann etwas erreichen.

Deswegen muss es am 20. September einen wirklichen Klimageneralstreik geben. Wir fordern hiermit den Deutschen Gewerkschaftsbund, die Mietervereine, Migrantenorganisationen, alle grünen und linken Organisationen dazu auf, in den politischen Streik zu treten. Diese Organisationen müssen Betriebsversammlungen und Mitgliederversammlungen organisieren, um zu diskutieren und zu mobilisieren. Der DGB sagt, er unterstützt unsere Bewegung. Aus Worten müssen Taten werden! Wir werden unsere Aktionen und Forderungen vor die Betriebe tragen, um das sicherzustellen. Alles muss stillstehen.

In der Mobilisierung müssen wir lokale, regionale und bundesweite Strukturen schaffen. An jeder Schule, in jedem Betrieb und in jedem Stadtteil müssen Gruppen entstehen, um die Bewegung zu vergrößern. In Zukunft sollten wir dort VertreterInnen wählen, so dass wir verbindliche Entscheidungen treffen können. Wenn wir handeln wollen, müssen wir das gemeinsam tun.

Klimagerechtigkeit darf keine Phrase bleiben. Klimagerechtigkeit heißt: Deutschland muss aufkommen, für die Kosten der Umweltzerstörung durch deutsche Konzerne in den armen Ländern und den Aufbau einer grünen Industrie. Es heißt: offene Grenzen für Alle, die aufgrund der Kriege, der Zerstörung und Ausbeutung der Banken und Konzerne fliehen müssen. Es heißt, die Verantwortlichen zahlen. Es braucht direkte Besteuerung der Reichen, Banken und Konzerne. Die Klimakrise darf nicht auf die Armen hier oder im Ausland abgewälzt werden, wie es die Regierung praktisch vorhat. Um das zu erreichen, muss Fridays for Future jetzt sofort mit den Umweltbewegungen der Bauern, Landlosen und der Armen in der „Dritten Welt“ zusammengehen.

Um Klimagerechtigkeit zu ermöglichen schlagen wir folgende Sofortmaßnahmen vor.

Kostenloser Öffentlicher Nahverkehr. Ausbau des Nahverkehrs und des Fernverkehrs aus den Profiten der großen Energie-, Flug- und Autokonzerne.

Entschädigungslose Enteignung aller „Klimasünder“, wie beispielsweise aller Konzerne in Deutschland, die an der Abholzung der Regenwälder oder den Erzminen verdienen, und ihr Umbau zu ökologischen Unternehmen. Der Mehrwert dieser Unternehmen muss in die Entgiftung der Böden, dem Recyceln allen Plastiks, der Aufforstung der Wälder etc. fließen.

Kein Arbeitsplatz oder Lohnverlust. Schaffung grüner Arbeitsplätze und Umschulung bei weiterer Zahlung des ehemaligen Lohns.

Abschaffung des Patentrechts. Öffnung aller Patente, um die Wissenschaft in den Dienst der Rettung der Menschheit und nicht den Dienst der Profitinteressen zu stellen.




Iran-Krise: Vor einem neuen Krieg?

Jonathan Frühling

18.07.2019

Hintergrund der aktuellen Krise

Als Trump an die Regierung kam hat er den sogenannten „Iran-Deal“, der eine atomare Aufrüstung des Iran verhindern sollte, aufgekündigt. Damit ist im sogenannten „Nahen und Mittleren Osten“ ein alter Krisenherd wieder neu entflammt. Die USA hat die 2015 aufgehobenen Sanktionen wieder eingeführt und droht jedem Land ebenfalls mit Sanktionen, welches mit dem Iran Handel treiben will.

Der Iran ist der USA seit 1979 ein Dorn im Auge, nachdem nämlich eine religiöse Bewegung die USA-treue Regierung unter dem letzten iranischen Shah hinwegfegte und eine islamische Republik errichtete. Bis heute ist das rohstoffreiche Land mit einer jährlichen Wirtschaftsleistung von 430 Mrd. US-Dollar (BIP) ein regionaler Machtfaktor, der den US-Interessen entgegensteht. Durch ein gezieltes Eingreifen in regionale Konflikte konnte der Iran mehr und mehr Einfluss gewinnen, sodass sich die bestehende Ordnung im „Nahen Osten“ zu Ungunsten der USA verändern könnte. So hat der Iran tausende Soldaten in Syrien stationiert, die das mit den USA verfeindete Assad-Regime im Krieg unterstützen und mit der libanesischen Hisbollah zusammenarbeiten. Zudem unterstützt der Iran die Huthi-Rebellion gegen das US-gestützte Regime von Hadi im Jemen. Auch der bis 2011 von den USA besetzte Irak droht Trump mehr und mehr außer Kontrolle zu geraten. Gerade auch durch die „Popular Mobilization Forces“, die im Kampf gegen den IS wiedergegründet wurden, kann der Iran im Irak an Einfluss gewinnen. Mit seinen zahlreichen Öl- und Gasfeldern hat der Iran ferner auch eine wichtige geostrategische Bedeutung: So könnte der Iran z.B. die Meerenge von Hormus schließen, durch die ein Großteil des Öls aus der gesamten Region abtransportiert wird.

Neue Blockbildung

Der Iran nervt die USA aber nicht nur wegen seiner regionalen Interventionen sondern weil er auch zu den engen Verbündeten des größten US-amerikanischen Konkurrenten zählt. Denn schaut man auf die Import- und Exportzahlen, zeigt sich ein reger Handelsaustausch zwischen dem Iran und China. 27,4% der Exporte gehen nach China, 27,8% der Einfuhren kommen daher. Öl, Gas und auch die Relevanz des Irans in Chinas „Seidenstraßenprojekt“, also den Ausbau von Handelswegen, in den „Nahen Osten“ und bis nach Europa, spielen dabei eine entscheidende Rolle. Gerade jetzt in Zeiten der verschärften Konkurrenz zwischen den wichtigsten imperialistischen Akteuren steigt deshalb auch der Druck. So kam es bereits zu einer offiziellen Warnung an die USA seitens der chinesischen und russischen Regierungen.

Der Iran wird damit also auch zum Schauplatz im Konflikt zwischen der USA and England auf der einen und China und Russland auf der anderen Seite. China und Russland stellen dabei keinesfalls „die Guten“ dar. Sie sind letztlich nur die andere Seite der imperialistischen Medaille. Das zeigt sich auch daran, dass z.B. Russland ebenso bereit ist, ganze Länder für seine Interessen zu zerstören, wie man momentan in Syrien sehen kann. Eine russische Militärintervention im Alleingang ist in diesem Konflikt allerdings unwahrscheinlich, weil eine ernstzunehmende Intervention wohl die schwachen wirtschaftlichen Kräfte Russlands übersteigen würde. Auch eine chinesische Intervention scheint unwahrscheinlich, weil deren ganze Politik und Propaganda momentan darauf ausgerichtet ist, auf „friedliche“ Weise Imperialismus zu betreiben. Das heißt vor allem bilaterale Verträge (Verträge nur zwischen zwei Ländern) und Investitionen.

Die EU agiert als dritter Player in diesem Game. Sie und insbesondere die BRD waren eigentlich Fans des „Iran-Deals“ und haben in der Zeit der Aussetzung der Sanktionen auch ordentlich in den Iran investiert. Die einseitige Aufkündigung des Abkommens, die Wiedereinführung von Sanktionen und eine erneute Zuspitzung des Konfliktes passen ihr folglich gar nicht in den Kragen. Um die US-Sanktionen zu umgehen und weiter mit dem Iran Handel treiben zu können, hat die EU hat im Januar eine Zahlungsmethode unter dem Namen „Instex“ etabliert. Die europäischen Konzerne haben nämlich sowohl ein Interesse daran, das iranische Öl auszubeuten, als auch den Iran als Absatzmarkt zu z.B. für Maschinen zu nutzen. Dem Iran ist das bisherige Vorgehen der EU aber zu zaghaft, weil ihr System den Handel mit Erdöl bisher nicht mit einschließt. Bis das passiert, wird der Iran den Atom-Deal schrittweise missachten. Der erste Schritt ist die höhere Anreicherung von Uran.

Die EU traut sich bisher nicht der USA mit ihrer geballten Handelskraft entgegenzutreten. Die Drohung der USA hohe Zölle bei der Einfuhr von Autos aus der EU zu verlangen, dürfte dabei sicher eine entscheidende Rolle gespielt haben. Ein aktives Eingreifen gegen die US-Kriegspläne, sofern sie denn Realität werden, ist also nicht zu erwarten.

Ähnlich wie in der Ukraine zeigen sich auch in diesem wichtigen Konflikt die unterschiedlichen Interessen innerhalb des sogenannten „Westens“. Wo die USA und Westeuropa früher noch gemeinsam „die westlichen Werte verteidigt haben“, gehen die Wirtschafts- und Militärinteressen in den aktuellen Krisenzeiten wieder weiter auseinander und der Block könnte daran zerbrechen.

Die aktuelle Lage

Jüngst dreht sich die Eskalationsspirale wieder schneller: Nachdem am 13. Juni zum wiederholten Male Öltanker unweit der Straße von Hormus angegriffen wurden, beschuldigen sich beide Seiten des Vorfalls. Um die Frage zu klären, wer hinter den Angriffen steckt, sollte man sich überlegen, wem die Angriffe nützen. Dabei ist es naheliegender, dass die USA oder einer ihrer Verbündeten die Angriffe durchgeführt hat, um eine mögliche Invasion zu rechtfertigen. Übrigens hat die USA eine lange Geschichte von gefälschten Angriffen auf Boote, um Kriege zu rechtfertigen. Eine Provokation durch den Iran und damit ein Kräftemessen mit der gesamten NATO käme für den Iran einem Selbstmordkommando gleich. Zumal die innenpolitische Situation im Iran äußert instabil ist und das Mullah-Regime die Massen durch ein solches Kamikaze-Manöver nicht noch mehr gegen sich aufbringen wollen kann.

Gut eine Woche später wurde eine US-amerikanische Drohne durch den Iran abgeschossen. Daraufhin planten die Hardliner in der US-Regierung, wie Außenminister Pompeo und Sicherheitsberater Bolton, einen Vergeltungsschlag, der von Trump kurz vorher abgeblasen wurde. Trump hat jedoch 1000 zusätzliche Soldaten in die Region geschickt und die Sanktionen weiter verschärft. Momentan spitzt sich die Krise von Tag zu Tag immer weiter zu; Die Kriegsgefahr ist real!

Ein Krieg zwischen dem Iran und der USA und ihren Verbündeten (vor allem Saudi Arabien, Israel und Vereinigte Arabische Emirate, ggf. auch England) würde die gesamte Region ins Elend stürzen und könnte auch die gesamte Weltwirtschaft in eine Krise stürzen, weil sich der Ölpreis massiv erhöhen würde. Das Schicksal des Iraks soll hier ein Beispiel sein, welcher seit der US-Invasion 2003 von Bürgerkriegen, Terror und wirtschaftlicher Desorganisation geprägt ist. Zwar war der Irakkrieg (wie übrigens auch der Afghanistan Krieg 2001) für die USA ein Desaster, jedoch hat sich gezeigt, dass die USA bereit ist, riskante und zerstörerische Kriege zu führen.

Gemeinsam gegen Krieg!

Einen neuen Krieg gilt es unbedingt zu stoppen! Da sich die Regierungen für irgendwelche Resolutionen und Beschlüsse gerade in Zeiten verschärfter internationaler Konkurrenz herzlich wenig interessieren (wie man beispielsweise auch am Klimaabkommen sieht), können wir uns dabei nicht auf die UNO verlassen. Wir müssen schon selber aktiv werden! Im Falle eines Angriffes der USA müssen wir uns auf die Seite des Irans stellen, um weitere Katastrophen wie im Irak- oder Afghanistankrieg zu verhindern. Gleichzeitig ist natürlich auch das Mullah-Regime alles andere als eine fortschrittliche Kraft. Deshalb müssen wir ebenso dafür eintreten, die Islamist_innen vom Thron zu stoßen. Das heißt aber nicht Regime-Change mit einem pro-amerikanischen Bürokraten an der Spitze, wie es sich Trump wünschen würde, sondern eine demokratische und säkulare Regierung der Lohnabhängigen und Bäuer_innen aufzubauen.

Die Streiks im öffentlichen Sektor in Folge der Verschärfung der Krise beweisen, dass auch dies ein mögliches Szenario ist. Letztes Jahr wurden wir außerdem zu Zeug_innen einer gewaltigen Streik- und Protestbewegung im Iran, die vor allem von der Jugend getragen wurde. Es gibt also millionen Menschen, die die nationalistische Politik der iranischen Regierung ablehnen und bereit sind, auch dagegen zu kämpfen. Die US-Sanktionen werden die Kampfbereitschaft der Massen nur noch weiter anheizen. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 15,4 % und steigt weiter. Die Inflation betrug 2018 31,2% und wird 2019 wohl 37,2% betragen.

Auch hier müssen wir unsere Solidarität mit den Protesten im Iran gegen eine US-Aggression praktisch machen. Selbst hier in Europa könnten wir großen Druck auf die USA ausüben. Nicht nur mit Massendemonstrationen, sondern auch mit direkten Aktionen gegen die amerikanischen Militärbasen z.B. in Deutschland und natürlich mit politischen Streiks! Dabei kann die Jugend, ähnlich wie im Iran, eine führende Rolle in den Protesten einnehmen. Momentan zeigen hunderttausende junge Menschen innerhalb der Fridays-for-Futures-Bewegung, dass sie bereit sind, sich für eine bessere Welt zu organisieren. Für eine bessere Welt kämpfen heißt auch sich gegen Krieg stark zu machen! Außerdem zählen militärische Konflikte global zu den größten CO²-Verursachern. Unsere Stimmen gegen den Krieg müssen wir an unsere Schulen, Unis, Betriebe und natürlich auf die Straßen tragen. Nur so können wir der US-Aggression im Iran die Stirn bieten.




Heraus zum roten 1. Mai – keinen Fußbreit den FaschistInnen!

WARUM GERADE DER 1. MAI?

Der 1. Mai ist traditionell der internationale Kampftag der ArbeiterInnenklasse. Am 14. April 1889, zum 100. Jahrestag des Sturms auf die Bastille, wurde auf dem Gründungskongress der II. Internationale erstmals beschlossen, am 1. Mai eine internationale Manifestation der ArbeiterInnenbewegung durchzuführen, um den 8-Stunden-Arbeitstag zu fordern. Zeitgleich sollte an diesem Tag der Opfer des sogenannten Haymarket Riot von 1886 in Chicago erinnert werden.Mit der Entstehung der faschistischen Bewegung versuchte diese von Anfang an, den Kampftag der ArbeiterInnenklasse zu zerschlagen. Doch dies gelang ihr nicht durch Überfälle ihrer bewaffneten Schergen auf Kundgebungen und Demonstrationen der Gewerkschaften und der sozialistischen Parteien, sondern konnte in Deutschland erst mit dem Verbot der Organisationen der ArbeiterInnenklasse und der Zerschlagung der ArbeiterInnenbewegung als Ganzes nach der Machtergreifung der NSDAP umgesetzt werden. VEREINNAHMUNG DURCH DIE RECHTEN Seither versuchen die FaschistInnen den 1. Mai für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Gerade in den ostdeutschen Bundesländern gibt es seit Jahren eine Kontinuität bei den Versuchen, den Kampftag der ArbeiterInnenklasse politisch von rechts zu besetzen: NPD, JN, Der III. Weg und AfD inszenieren sich immer wieder an diesem Tag als angeblich soziale Alternative und als Vertreter der Interessen der Lohnabhängigen. Damit einher geht stets eine verkürzte, oftmals antisemitische, „Kritik“ am Kapitalismus. Es wird zwischen einem angeblich „schaffenden“, einheimischem Kapital und einem „raffenden“, ausländischem Kapital unterschieden. Das „raffende“ Kapital oder wahlweise auch die Globalisierung sei demnach verantwortlich für die sozialen Missstände, die vorherrschen, die willkürlich konstruierte „Volksgemeinschaft“ davon bedroht, die Geflüchteten und Menschen mit Migrationshintergrund von den „Eliten“ gesteuerte LohndrückerInnen usw. Davon, dass Arbeitslosigkeit, Armut, Niedriglöhne, Ausbeutung etc. unmittelbar mit der kapitalistischen Produktionsweise, also mit der privat organisierten Produktion für den Profit, zusammenhängen, und wir daher gemeinsam, international mit allen Lohnabhängigen, unabhängig von Herkunft und Konfession, zusammen für eine von den ArbeiterInnen kontrollierte und nach den Bedürfnissen der Menschen ausgerichteten Produktion kämpfen müssen, liest man bei den Rechten natürlich nichts. Stattdessen versuchen diese uns ArbeiterInnen mit ihrem Rassismus und Nationalismus untereinander zu spalten und gegeneinander aufzuwiegeln. Daher ist es unerlässlich, den Versuchen der Vereinnahmung des 1. Mai von rechts massenhaft und militant entgegenzutreten. FASCHISTISCHE MOBILISIERUNGEN UND AFD-WAHLKAMPFAUFTAKT Auch dieses Jahr werden bundesweit wieder etliche Aufmärsche rassistischer und faschistischer Parteien stattfinden. So will die rechtsradikale Partei „Der III. Weg“ in Chemnitz aufmarschieren. In Dresden rufen NPD und ihre Jugendorganisation JN unter dem Motto „Sozial geht nur National“ zur Demonstration auf. In Erfurt wollen die ostdeutschen Landesverbände der AfD mit einer angekündigten „Großdemonstration“ (erwartet werden bis zu 10 000 TeilnehmerInnen) ihren Wahlkampfauftakt in Sachsen, Thüringen und Brandenburg einläuten. Es ist kein Zufall, dass diese Demonstration ausgerechnet in Erfurt stattfindet. Hier wurde 2015 auch die „Erfurter Resolution“ beschlossen, woraufhin sich der völkisch-nationalistische Flügel um Björn Höcke gründete. 2015-2017 fanden in Erfurt beinahe wöchentlich AfD-Aufmärsche mit bis zu 5000 Demonstrierenden statt. Hierbei wurde auch der Schulterschluss mit offen faschistischen Kräften und Nazihools gesucht. Immer wieder kam es in diesem Zusammenhang auch zu organisierten Angriffen auf GegendemonstrantInnen.

WAS TUN?

Zum 1. Mai dürfen wir nichts unversucht lassen, um die Vereinnahmung und Instrumentalisierung unseres Tages durch NPD, III. Weg und AfD zu verhindern. Wir müssen ihre Aufmärsche blockieren und dürfen ihnen keinen Meter auf der Straße überlassen. Letztlich lassen sich organisierte faschistische Kräfte sowie der Siegeszug der AfD nur effektiv aufhalten, indem wir nicht nur am 1. Mai, sondern immer und überall, wo Rechte und RassistInnen offen auftreten, gegen diese ankämpfen. Wir müssen an den Orten, wo wir lernen, arbeiten und leben, also in der Schule, Uni, im Viertel und Betrieb antifaschistische Komitees aufbauen, uns vernetzen und Aktionskonferenzen organisieren. Um den Rechtsruck in der Gesellschaft zu stoppen braucht es die Basis und daher auch die gemeinsame Aktionseinheit aller Organisationen der ArbeiterInnenklasse, also der Gewerkschaften, linken Parteien und Organisationen. Um diesem Ziel einen Schritt näher zu kommen, aber auch, um eine revolutionäre und sozialistische Perspektive gegen den Rechtsruck und die herrschenden Verhältnisse aufzuwerfen, werden wir am 1. Mai in Dresden zusammen mit anderen Jugendlichen, sozialistischen Jugendorganisationen und Parteien eine antikapitalistische Demonstration durchführen. Diese geht vom Alaunplatz, wo das Picknick der Partei DIE LINKE stattfindet, zum Gewerkschaftshaus, wo der DGB gemeinsam mit dem sächsischen Ministerpräsidenten Kretschmer (CDU) eine Kundgebung abhalten. Im Anschluss an unserer Demonstration werden wir uns den Protesten und Aktionen gegen den Naziaufmarsch von NPD und JN anschließen.

Zusammenfassung zum 1. Mai

Chemnitz: Aufstehen gegen Rassismus, 9:00 Uhr Karl-Marx KopfKundgebung des DGB: 10 Uhr Neumark

Dresden:Heraus zum revolutionären 1. Mai, 12 Uhr Alaunplatz

Erfurt:30.04.19 – Vorabenddemo/Mahngang „Erinnern heißt handeln“,

18 Uhr Bahnhofsvorplatz01.05.19 – Auftaktkundgebung der Gewerkschaftsdemo,

9:00 Uhr Hirschgarten/Staatskanzlei„Die AfD in die Zange nehmen“, ab 10 Uhr, Löberstr./Kaffeetrichter/Arnstädter Str.




Was ist eine Internationale und warum gibt es so viele davon? Teil 1

Teil 1 – Der Aufbau einer Internationalen und ihre Ausweitung zu einer Massenpartei – Die IAA und die 2. Internationale

VON JAN HEKTIK

„Der Kampf um Befreiung ist International“ diesen Spruch hört man auf Demos und Aktionen oft, doch wie soll ein solcher Kampf überhaupt stattfinden? Viele Menschen würden diese Frage beantworten, indem sie sagen:“der Kampf muss in jedem Land stattfinden.“ Auf die Frage, wie und ob denn die Kämpfe in verschiedenen Ländern verbunden sein sollen, kommt die Idee einer internationalen Vernetzung. Doch reicht das wirklich aus? In einer Zeit in der die internationale Rechte gemeinsame Blöcke in Parlamenten bildet und gegenseitig Mobilisierungen unterstützt. In so einer Zeit kann die Antwort eigentlich nur lauten:“Das ist nicht genug!“

Und nicht nur die radikale Rechte handelt international. Auch die Bosse und Großunternehmen sind international aufgestellt. Lobbyist_Innen in Brüssel, Washington und den Metropolen Europas treten längst für Konzerninteressen ein, die nicht mehr an nationale Interessen gebunden sind. Ein Konzern wie Nestle hat Standorte auf der ganzen Welt und setzt seine politischen Ziele auch in aller Welt geplant und koordiniert durch. Doch was können wir dem entgegensetzen?

Schon Marx und Engels haben sich diese Frage gestellt, denn bereits vor über 150 Jahren bildeten sich kapitalistische Vereinigungen, die weltweit aufgestellt waren. Dies machte einen internationalen Kampf nötig.
So entstand die Idee einer Internationalen, im Sinne einer Weltpartei, die nicht nur lose Absprachen trifft. Die Idee war es, dass dadurch Kriege verhindert werden und massive Angriffe auf die Rechte von Arbeitenden bekämpft werden könnten.
Diese Idee auszuweiten und eine internationale Weltpartei, die für Frieden, Freiheit und Sozialismus auf der ganzen Welt kämpft, zu schaffen, machten sich Marx, Engels und auch viele andere zur Lebensaufgabe. Im Folgenden soll versucht werden, die Entwicklung der inzwischen vier Versuche des Aufbaus einer solchen Organisation zu beschreiben und die Fehler und Erfolge dieser zu betrachten, um daraus für die Zukunft zu lernen.

Die IAA – Die erste Internationale als Versuch internationale Kämpfe zu verbinden

Mitte des 19.Jahrhunderts hatte sich die kapitalistische Produktionsweise immer mehr ausgebreitet. Dadurch erhöhte sich zwangsläufig auch die Anzahl der Arbeiter_Innen und damit auch die Konflikte zwischen diesen und den Fabrikbesitzer_Innen massiv. In der Folge gab es einen gigantischen Zuwachs von gewerkschaftlicher Organisierung, Streiks, Arbeitskämpfen und einer Bewegung für bessere Arbeitsbedingungen und politische Rechte. In dieser Entwicklung sahen Marx und Engels die Chance, eine Internationale zu gründen, und nutzten ihre Kontakte in die Bewegungen in anderen Ländern, um diese offiziell 1864 zu gründen. Die erste Internationale erreichte eine Reihe von Erfolgen, die vor allem auch auf eine politische Tradition britischer Gewerkschaften zurückzuführen ist. Diese Unterstützung war auch praktischer Natur, zB bestreikten Textil- und Hafenarbeiter_Innen die Einfuhr von Baumwolle aus Sklavenarbeit sowie Betriebe, die sie nutzten. Aufgrund des frühen Stadiums der Entwicklung war die Arbeit hauptsächlich auf Ausweitung der Internationale und der Streikbewegung ausgerichtet. In diesem Rahmen wurden viele politische Organisationen der Arbeiter_Innenklasse wie Parteien oder revolutionäre Organisationen zusammengefasst. Das Ziel war in jeder Nation möglichst nur EINE dafür große politische Organisation der Klasse, in Form einer sozialdemokratischen Partei, zu haben.. In dieser sollte die Stoßrichtung des Kampfes der Klasse diskutiert und entschieden werden. In der Internationalen zeigten sich jedoch schon bald diverse Konflikte über die Ausrichtung der Arbeit. Einige Stimmen wollten vor allem eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und einen rein wirtschaftlichen Kampf. Andere Stimmen wollten auf die politische Herrschaft der Arbeiter_Innen abzielen. Gleichzeitig waren auch die Formen des Kampfes um diese Umsetzung der politischen Ziele umstritten.

Ziemlich bald stellte sich heraus, dass in der IAA zwei verschiedene Lager bestanden. Sie hatten unterschiedliche Vorstellungen in der Umsetzung und auch des zu erreichenden Ziels: Die eine Strömung ging als die Anarchist_Innen um die Ideen von Bakunin und Proudhon in die Geschichte ein. Die andere wurden Marxist_Innen genannt und sammelten sich um die Ideen von Marx und Engels. An diesem Konflikt sollte die IAA schlussendlich auch zerbrechen. Dies wurde vor allem nach dem Deutsch-Französischen Krieg sichtbar. Dort stürzten die Arbeiter_Innen von Paris die Herrschenden und hielten Wahlen ab. Die gewählten Verteter_Innen waren jederzeit abwählbar und durften nicht mehr Geld als der Durchschnitt der arbeitenden Bevölkerung bekommen (das war 1870/71! und beinhaltet mehr demokratische Rechte als wir heute haben!). Der Aufstand entstand durch die Entscheidung der Regierung, die Kanonen zur Verteidigung aus Paris zu entfernen. Sie wollte den Arbeiter_innen die Waffen abnehmen, doch anstatt dem Folge zu leisten, nutzten die Arbeiter_Innen diese, um die Kapitalist_Innen zu stürzen. Die Regierung machte daraufhin einen Deal mit den Deutschen und schlugen gemeinsam die Pariser Kommune nieder. Im Verlauf dessen und in den Hinrichtungen danach schlachteten sie Zehntausende ab. In der kurzen Zeit ihres Bestehens verwirklichte die Commune die Trennung von Kirche und Staat, die Abschaffung der Todesstrafe, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und den Aufbau einer bewaffneten Miliz von Arbeiter_Innen. Diese war im Gegensatz zum Militär demokratisch kontrolliert.

Sie beging jedoch auch eine Reihe von Fehlern, die zu ihrem Niedergang führte. Beispiele hierfür sind das Verzichten einer Offensive gegen die französische Zentralregierung, was dieser die Zeit zur Vorbereitung eines Angriffes verschaffte, oder die Unterlassung einer Verstaatlichung der Zentralbank und ihrer Goldreserven. Aus dieser Entwicklung zogen Marx und Engels den Schluss, die Klasse könne den bestehenden Staat nicht einfach übernehmen, sondern müsse ihn zerschlagen, um ihn durch etwas gänzlich Neues zu ersetzen. In Folge dessen trat der Konflikt zwischen Anarchist_Innen und Marxist_Innen innerhalb der IAA deutlicher zu Tage. Die Anarchist_Innen wollten vollständig auf den Aufbau von politischen Parteien und der Errichtung eines staatsähnlichen Gebildes verzichten. Dagegen hielten es die Marxist_Innen für notwendig, diese als Kampforganisationen gegen die bewaffneten und in Parteien organisierten Kapitalisten zu schaffen. Die Anarchist_Innen wollten stattdessen, in kleinen im Untergrund arbeitenden Gruppen, über Anschläge und Attentate die Bevölkerung zum Aufstand bewegen. Statt diese Auseinandersetzung innerhalb der IAA in Diskussionen und mit Argumenten zu führen, bildeten sie geheime Zirkel innerhalb der IAA, die ohne Wissen der restlichen IAA versuchen sollten, die IAA zu übernehmen.

Ein solches Manöver ist genau wie die Vorstellung von geheimen Gruppen, jedoch höchst undemokratisch und macht ein Einwirken aller auf die getroffenen Entscheidungen unmöglich. Im Jahr 1876 fand schließlich der letzte Kongress der IAA statt. Danach gab es faktisch keine arbeitende Internationale mehr. Teile der anarchistischen Bewegung sehen sich jedoch immer noch als Teil der IAA, sodass sie bis heute formell besteht. Die IAA ist als erster Versuch der Schaffung einer Internationalen von großer Bedeutung, sie veröffentlichte eine Reihe wichtiger Resolutionen. Weiterhin machte sie klar, dass in einer Organisation eine offene Auseinandersetzung über die Ausrichtung geführt werden muss. Auch heute heißt das für uns: Klarheit vor Einheit!

Wir sehen die Spaltung mit den Anarchist_Innen nicht als Fehler an, hatten sie schließlich gänzlich andere Vorstellungen, was zu erreichen wäre und wie das umgesetzt werden sollte. Es spricht nichts dagegen mit Strömungen zusammenzuarbeiten, die derart andere Vorstellungen haben. Jedoch kann eine Organisation nicht entgegenstehende Ziele und Mittel verfolgen, ohne sich selbst zu behindern, im Kampf aber trotzdem Schulter an Schulter mit politischen Strömungen arbeiten!

Die 2. Internationale – Eine Masseninternationale kämpft um politische Klarheit …

In den frühen 1880iger Jahren gab es die ersten Versuche eine neue Internationale zu schaffen. Diese gingen jedoch vor allem von Kleinstgruppen aus. Engels setzte sich zu diesem Zeitpunkt gegen die Schaffung einer neuen Internationale ein. Sie wäre eine zahlenmäßig und auch politisch schwache gewesen. Er war der Meinung, man solle mit dem Ausruf einer neuen Internationale warten, bis sie auch handlungsfähig wäre, und eine Sogwirkung entfalten könne. In einer Zeit, in der es Bewegung und einen Aufschwung von fortschrittlichen Ideen gibt, kann ein solcher Aufruf tausende zu gemeinsamen internationalen Aktionen mobilisieren. Wählt man den Zeitpunkt jedoch schlecht, so verpufft der Effekt und die Chance wird verspielt.

1889 gab es jedoch ernsthaftere Bestrebungen größerer Organisationen und Parteien, die Schaffung einer Internationalen zu bewirken. Es war in den letzten Jahren zu einem Wachstum von Parteien und Gewerkschaften gekommen. Diese waren jedoch größtenteils von der Idee geprägt, man könne durch rein gewerkschaftlichen Kampf und über die reine Arbeit in Parlamenten eine endgültige Verbesserung im Kapitalismus erreichen und sich mit dem System arrangieren.(im folgenden als Reformismus bezeichnet). Die deutsche Sozialdemokratie und die Marxist_Innen, versuchten deshalb in die Gründung zu intervenieren, um diesen Kräften das Feld nicht kampflos zu überlassen. Im Jahre 1889 tagten also zwei Arbeiter_Innenkongresse, die die Frage der Schaffung einer Internationalen diskutierten. Ein Kongress der Reformist_Innen, welche mehr Deligierte, aber weit weniger Länder beinhaltete und ein Kongress der Marxist_Innen. Es wurde auch erfolglos versucht, die Kongresse zu vereinen. Die Begründung war einfach: Die zwei Kongresse vertraten derart unterschiedliche Ansichten, dass man nicht mehr von einem gleichen Ziel sprechen konnte. Nichtsdestotrotz wurde angestrebt, das beide Kongresse (bzw. Ihre Bewegungen) eine Allianz im Sinne eines gemeinsamen Kampfes eingehen sollten. Außerdem einigte man sich auf einige gemeinsame internationale Aktionen.

Im Verlauf dieser gemeinsamen Mobilisierungen und aufgrund des Erfolges einiger internationaler Aktionen, wurde sich für den 1. Mai 1890 auf einen internationalen Streik für den 8 Stunden Tag geeinigt. Hierbei wurden die Bedingungen in den einzelnen Ländern berücksichtigt, sodass zwar überall Aktionen stattfanden, aber in manchen Ländern keine Streiks. Der 1. Mai 1890 war ein gigantischer Erfolg mit Massenstreiks und Demos in vielen Ländern und führte schließlich zur Gründung einer gemeinsamen Internationalen. Die 2. Internationale war ins Leben gerufen.

In den Jahren ihres Bestehens hatte diese mit einigen Problemen zu kämpfen. Am stärksten ins Gewicht fiel dabei wohl, dass die Sozialdemokratien in den europäischen Ländern immer mehr revolutionäre und sozialistische Forderungen und Positionen ablegten. Sie beschränkten sich auf rein gewerkschaftliche Forderungen. Vor allem der rechte Flügel der Sozialdemokratie, die so genannten Revisionist_Innen um Eduard Bernstein, vertraten die Ansicht, die parlamentarische Demokratie sei bereits eine über den Klassen stehende Institution und ermögliche die Befreiung der Arbeiter_Innen ohne das eine Revolution nötig sei.

… und scheitert!

Die Internationale versuchte diesem teilweise auch entgegenzuwirken, jedoch stieß sie dabei vor allem auf zweierlei Probleme: Erstens war das Sekretariat der 2. Internationale zwar befugt, Entscheidungen zu treffen und Resolutionen zu verabschieden, die nationalen Parteien kämpften jedoch stark dagegen an, sich von der Internationalen Anweisungen geben zu lassen. So bestand für sie keine Bindungswirkung, die der Entwicklung zum Reformismus hätte entgegenwirken können. Zweitens wurden zwar auf internationalen Kongressen Resolutionen verabschiedet, diese waren jedoch schwammig formuliert. Wie der Beschluss, auf jede Kriegserklärung solle mit Streiks und Aufständen geantwortet werden, der jedoch nicht zum Handeln verpflichtete.

Im Jahr 1914 musste die Internationale dann den Preis dieser Fehler bezahlen. Der 1. Weltkrieg brach aus und nahezu alle Parteien der 2. Internationale stimmten den Kriegen ihrer Länder zu und stellten so die Interessen ihrer Nation über die ihrer Klasse!
Dies führte immer mehr zum Abwenden der Internationale vom Internationalismus. Bis heute besteht die 2. Internationale formell weiter, jedoch hat eine Internationale ohne realen Internationalismus keinerlei Wert und dient so nur noch als Aushängeschild der Sozialdemokratie.

Hieraus lernen wir, dass ein Ausschweigen und hohle Kompromisse, die Meinungsverschiedenheiten nicht beilegen und lediglich dazu führen, dass sie am ersten Punkt großen äußeren Drucks zum Zerfall der Organisation führen. Es betont auch die Wichtigkeit, bindende Beschlüsse treffen zu können und eine feste Struktur zu haben, die auf internationaler Ebene den nationalen Interessen entgegentreten kann. Nur so können die Interessen der weltweiten Klasse gegen die nationalistische Propaganda verteidigt werden. Wir werden in der nächsten Ausgabe noch sehen, welche Lehren die später folgende dritte Internationale aus dem Verrat der zweiten zieht.

Opposition! – die Bolschewiki und die zweite Internationale

Schon vor dem Verrat der Parteien der zweiten Internationale durch die Unterstützung des ersten imperialistischen Weltkrieges hatte sich in den Debatten um die Ausrichtung der Arbeit und die Positionen zum Krieg eine linke Opposition gegen die Revisionist_Innen und Reformist_Innen gebildet. Nach dem Verrat erwies sich dies als wichtiger Faktor. Sie waren keinesfalls einheitlich in ihren Anschauungen, doch verband sie der Gedanke des Internationalismus und ihre Ablehnung des Krieges. Insbesondere die Bolschewiki intervenierten dort auf Grundlage der These Lenins, man müsse den nun stattfindenden und nicht mehr zu verhindernden Weltkrieg umwandeln in einen revolutionären Bürger_Innenkrieg. Er hatte die Vorstellung, man könne über Agitation in den Armeen die einfachen Soldaten zum Meutern gegen ihre Offiziere und Befehlshaber bewegen. So könne man die Gewehre von den Klassenbrüdern und Schwestern der anderen Nationen in Richtung der Herrschenden lenken und damit eine Revolution und somit auch ein Ende des Krieges erreichen.

Im Jahr 1915 kam es dann zur Zimmerwalder Anti-Kriegskonferenz, auf der nicht nur die linke Opposition, sondern auch Teile der zwischen den linken und rechten Teilen der Internationale stehenden Mitgliedern teilnahmen. Auf dieser Konferenz wurde zwar die Position Lenins abgelehnt, jedoch formierte sich dort die sogenannte „Zimmerwalder Linke“, die eigenständige Forderungen und Postionen veröffentlichte. Dies legte den Grundstein für die später entstehende III. Internationale.

In den Jahren des Krieges wuchs der Unmut der Arbeiter_Innen aufgrund des Schreckens des Krieges und des Ausbleibens des versprochenen „schnellen Sieges“. So konnte die Zimmerwalder Bewegung immer mehr Unterstützung unter diesen gewinnen und das ist einer der Gründe, wieso es dann auch 1918 zu massenhaften Meutereien und Aufständen in Deutschland kommen konnte, die eine Fortführung des ohnehin verlorenen Krieges unmöglich machten.

Wie selbst Vertreter wie Bauer (ein Sozialdemokrat aus Österreich) feststellen mussten, war es für eine offen bürgerliche Regierung unmöglich geworden, eine Regierung zu bilden. Hätte sie dies getan, sie wäre mit den Worten Bauers „binnen acht Tagen von Straßenaufruhren gestürzt und von ihren eigenen Soldaten verhaftet worden“. Europaweit kam es zu massenhaften Streiks und der Bildung von Arbeiter_Innen- und Soldatenräten. Die Revolution war auf dem Vormarsch. Nun fiel der SPD und der restlichen Sozialdemokratie der übrigen Nationen eine äußerst widerliche Aufgabe zu, denn sie sollte für die Kapitalist_Innen die Revolution aufhalten. Und das taten sie! In Deutschland spaltete sich die SPD darüber in 3 Parteien: Die Mehrheits-SPD (MSPD) trat klar für die Errichtung einer parlamentarischen Demokratie ein, die KPD (vorher Spartakus Bund) für eine Rätedemokratie. Die Unabhängige SPD (USPD) schwankte zwischen beiden. Über die Rolle der USPD und ihre Auswirkungen werden wir näher im zweiten Teil in der nächsten Ausgabe eingehen. Hier wird vor allem die Rolle der MSPD beleuchtet werden.
Diese setzte sich als stärkste Kraft in den Räten für ein Ende von Streiks, Aufständen, Fabrikbesetzungen und der Auflösung der Räte ein. Der Erfolg dieses Handelns zeigte sich dann auch im Bündnis der MSPD mit dem Militär (unter kaisertreuer Führung!), der Niederschlagung der Räterepublik in München und der Errichtung der Weimarer Republik.

So hatte die Sozialdemokratie ihre Aufgabe erfüllt, den Untergang der Revolution von 1919 besiegelt und somit die Befreiung der Arbeiter_Innen in Deutschland, Österreich und anderen Nationen verhindert. Die Revolution war zunächst aufgehalten.

Doch im Osten Europas formierte sich geführt von den Bolschewiki eine neue Hoffnung für die arbeitende Bevölkerung und die bisher größte Bedrohung des globalen Kapitalismus: Der erste revolutionäre Arbeiter_Innenstaat, die Sowjetunion.

Doch dazu mehr in der nächsten Ausgabe. Da wird es u.a.die Gründung und Entwicklung der Kommunistischen Internationale gehen, die sich zum Ziel setzte, den finalen Sturm der revolutionären Kräfte auf das Bollwerk der Reaktion zu führen und endgültig den Sieg des Sozialismus zu erkämpfen!




Care-Arbeit und ihre TheoretikerInnen

Jürgen Roth, Gruppe ArbeiterInnenmacht, Fight! Revolutionäre Frauenzeitung No. 6

Im Folgenden setzen wir uns mit dem Begriff der Care-Arbeit auseinander. Wir untersuchen ihren Wandel seit den 1970er Jahren, seine Ursachen und Auswirkungen auf ihre bezahlten Formen wie auf die Arbeitsteilung innerhalb der Familien. Wir versuchen zu erklären, worin die Lohndifferenz zwischen Frau und Mann begründet liegt, und untersuchen das Programm der sog. Care Revolution.

Die Kritik sozialistischer Feministinnen am Care-Begriff führt uns zur Frage, ob sie das Verhältnis zwischen Lohnarbeit und unbezahlter Hausarbeit richtig einordnen und was sie mit anderen Strömungen des Feminismus verbindet. Wir versuchen nachzuweisen, dass die gesamte feministische Richtung im Unterschied zum Marxismus ein falsches, dualistisches Verständnis eint: Frauenunterdrückung und Klassengesellschaft werden als zwei verschiedene Verhältnisse betrachtet, die sich zwar gegenseitig durchkreuzen, letztlich jedoch eigene Ursachen haben und sich als voneinander geschiedene Widersprüche entwickeln. Schließlich werden wir auf die zentrale Bedeutung der Sozialisierung der Haus- und Reproduktionsarbeit für jedes Programm der Frauenbefreiung zurückkommen.

Zum Begriff der Care-Arbeit

Unter den Begriff Care-Arbeit fallen alle Tätigkeiten der Pflege, Erziehung und Bildung und Hausarbeit. Wo sie Erwerbsarbeit ist, wäre sie allgemein zu unterteilen in verschiedene Formen der Lohnarbeit (ungeschützte prekäre wie tariflich abgesicherte Voll- und Teilzeitarbeit) sowie selbstständige Arbeit (wie z. B. ganz allgemein in Kleingewerbe, KleinbäuerInnenschaft). Care-Erwerbsarbeit findet in staatlichen, kirchlichen und frei-gemeinnützigen sowie privaten Einrichtungen statt. Zu ihren unbezahlten Formen zählen z. B. Haus- und Sorgearbeit wie Erziehung, Pflege, Subsistenzarbeit, ehrenamtliche Arbeit. Sie findet in Einrichtungen im Sozial- und Gesundheitsbereich, in Wohlfahrtsorganisationen, Vereinen und Verbänden, sog. Alternativprojekten sowie in Familien oder Lebensgemeinschaften zuhause statt.

Betont der Begriff Reproduktionsarbeit im marxistischen Sinn die Bedeutung der Haus- und Sorgearbeit in der LohnarbeiterInnenfamilie für das kapitalistische Prinzip der Profitmaximierung, richtet der seit den 1980er Jahren aufkommende Begriff Care-Arbeit den Blick sowohl auf die Gesamtheit der familiären Sorgearbeit als auch auf Erziehung und Pflege in Institutionen wie Kindergärten, Schulen, Altersheimen und Krankenhäusern.

Teiltransformation im Geschlechterverhältnis bei LohnarbeiterInnenfamilien

Die Entwicklung des Kapitalismus ging von Anbeginn mit einer zwiespältigen Dynamik der Einbeziehung proletarischer Frauen in die Lohnarbeit und einer gleichzeitigen Fixierung auf ihre Rolle als Hausfrau einher. So war die Entstehung des Fabriksystems nicht nur durch die extreme Ausbeutung männlicher Arbeitskraft, sondern auch durch eine Ausdehnung der Frauen- und Kinderarbeit geprägt. Die materielle Basis für die Reproduktion der Familie war in der Entstehungsphase der „großen Industrie“ kaum vorhanden. Diese änderte sich erst im Laufe des 19. Jahrhunderts infolge des Widerstandes und der Organisierung der ArbeiterInnenklasse. Zugleich wurde damit auch die Basis für die Etablierung und Reproduktion der bürgerlichen Kleinfamilie im Proletariat selbst geschaffen – einschließlich deren Idealisierung und Ideologisierung.

Nach dem Zweiten Weltkrieg, im sog. „langen Boom“, wächst nicht nur die ArbeiterInnenklasse selbst massiv, sondern auch die Anzahl der lohnabhängigen Frauen. Ende der 60er Jahre/Anfang der 70 Jahre war in der BRD etwa ein Drittel aller lohnabhängig Beschäftigten weiblich (rund 10 Millionen).

Die für die erste Phase des „Wirtschaftswunders“ typische Konstellation aus männlichem Lohnarbeiter/-angestellten und proletarischer „Nur“hausfrau wich schon in den 60er Jahren zunehmend dem „DoppelverdienerInnenhaushalt“, auch wenn erstere mit aller Vehemenz zum „Normalfall“ erklärt wurde. In den 70er und 80er Jahren stieg die weibliche Beschäftigung weiter. Die lohnabhängigen Frauen wurden mit der krisenhaften Entwicklung der 70er Jahre und mit dem Neoliberalismus nicht in die Rolle der „Nur“-Hausfrau zurückgedrängt, sondern vielmehr in die Doppellast aus mehr Hausarbeit und prekärer Beschäftigung.

Die Nachkriegsperiode beschleunigter Akkumulation geriet an ihr Ende und machte Platz für eine seither chronische, mehr oder weniger latente strukturelle Überakkumulationskrise. Darin liegt auch die entscheidende Ursache für eine Veränderung der gesellschaftlichen Arbeitsteilung.

Die Feministin Silke Chorus hingegen sieht den Einzug der Frauen in die Erwerbsarbeit als direkte Folge von Teil-Transformationen im Geschlechterverhältnis (Care-Seiten in der politischen Ökonomie, in: DAS ARGUMENT 292, 53. Jg., Heft 3/2011, S. 396). Umgekehrt wird jedoch ein Schuh draus: Massenarbeitslosigkeit und sinkende Reallöhne führten dazu. Der Lohn des Proletariers deckte immer weniger die „historisch-moralische“ (Marx) Familienkomponente ab.

Da der Care-Bereich einer anderen Zeitökonomie als die Industrie unterliegt und aufgrund o. a. Besonderheiten weniger mittels Ersatz lebendiger Arbeitskraft durch konstantes Kapital (Maschinen) durchrationalisiert werden kann, folgt daraus zweierlei: erstens ein immer weiteres Auseinanderklaffen der Arbeitsproduktivitäten in beiden Sektoren, zweitens Rationalisierung in der Pflege durch steigende Arbeitsintensität, vermehrte Ausbeutung der Beschäftigten unter Einsatz von Akkordsystemen (Taylorismus): Minutentakte waren die Konsequenz aus Privatisierung und Einführung marktwirtschaftlicher Rentabilitätskriterien in öffentlichen und gemeinnützigen Institutionen (Fallpauschalen, DRGs).

Sozialtransfers (Pflegekassen) erleichterten das Aufblühen eines gewaltigen Pflegedienstleistungsmarkts. Öffentliche Gelder wurden in den Bereich geschaufelt, um ihn flottzumachen. Niedriglöhne, Qualitätsverlust und/oder Preissteigerung sind unter diesen Bedingungen der Produktion für Profit strukturelle Merkmale von Care-Dienstleistungen. Staatliche soziale Sparpolitik ist im „Postfordismus“ ebenso ein strukturelles Gebot, um dem Fall der Profitraten entgegenzuwirken (Reallohnsenkung in Form der indirekten Löhne, Sozialleistungskürzungen), was wiederum zur Verlagerung von Sorgearbeit auf die Familien führt, also unbezahlt von Frauen verrichtete. Das Los der modernen Proletarierin: neben Erwerbstätigkeit in prekärem Job zu Niedriglohn und mit wachsendem Stress bekommt sie zum Dank auch wieder vermehrt die Sorge für die Familienangehörigen aufs Auge gedrückt. Sie muss zu einer Arbeitszeitmanagerin werden, um die zahlreichen Termine und Pflichten unter einen Hut zu kriegen: Als „19th nervous breakdown“ besangen die Rolling Stones dieses Syndrom.

Moderne Reproduktionsmodelle

Die Auswirkungen der kapitalistischen Strukturkrise seit den 1970er Jahren auf die Lohnarbeit von Frauen und Leistungen des „Sozialstaats“ finden ihr Pendant in Veränderungen innerhalb proletarischer Kleinfamilienhaushalte, der sog. Reproduktionsmodelle.

Die Sozialwissenschaftlerin Gabriele Winker unterscheidet deren vier. (http://www.denknetz-online.ch/IMG/pdf/Winker_Krise_sozialer_Reproduktion.pdf) Sie erweitert damit ihr eigenes aus: „Soziale Reproduktion in der Krise – Care Revolution als Perspektive“. (DAS ARGUMENT 292, S. 339 f.) Im Folgenden wollen wir die vier Modelle kurz skizzieren:

1. „Ökonomisiertes Reproduktionsmodell“

Dieses können sich nur wenige finanziell bessergestellte Erwerbstätige leisten: Meist hochqualifiziert und karriereorientiert, sind beide voll berufstätig, verzichten häufig auf Kinder und vermindern ihre Doppelbelastung durch Care-DienstbotInnen. Dies sind oft Migrantinnen, die zu Niedriglöhnen ohne Sozialversicherung arbeiten gehen. Ihre Niedriglöhne liegen noch unter denen o. a. erwerbstätiger Pflegekräfte in Kliniken, Heimen und ambulanten Diensten.

In deutschen Privathaushalten arbeiten 150.000 – 300.000 Frauen aus Osteuropa allein als Pflegekräfte. Die divergierenden Zahlen ergeben sich aus mehreren Quellen (Gewerbeanmeldungen, Steuererklärungen der sie anstellenden Haushalte). Laut Schätzung des polnischen Arbeitsamts sind 94 % der Betroffenen „illegal“ tätig. Sie zu organisieren, ist so gut wie unmöglich. Kontakt zu ihnen erfolgt oft nur über Beratungsstellen. Seit in Deutschland der Mindestlohn eingeführt wurde (2015), werden immer weniger Arbeit„nehmer“innen vermittelt, dafür mehr (Schein-)Selbstständige. Die Kriterien für eine Selbstständigkeit sind in Privathaushalten aber kaum zu erfüllen, angefangen bei der eigenen Zeiteinteilung. Doch die Hartz-Gesetze machen’s möglich – und die Pflegeversicherungen spielen mit. Das Pflegegeld für Angehörige liegt unter dem Existenzminimum, eine ambulante Vollversorgung bleibt auch für mittelständische Familien unbezahlbar. Diese Lücke schließt die Pflegeversicherung auf Kosten ausländischer Haushaltshilfen. Die im vorigen Abschnitt beschriebene Care-Lohnlücke wird in ihrem fall nach unten getoppt. Trifft diese „einheimische“, v. a. weibliche Arbeitskraft, schon heftig genug, richtet das rassistisch wirkende Wertgesetz auf dem Weltmarkt noch verheerenden Schaden an: ProletarierInnen aller Länder, vereinigt Euch – jetzt erst recht!

2. Paarzentriertes Reproduktionsmodell

Es umfasst ein männliches Normalarbeitsverhältnis, die 2. Person, meist eine Frau, geht einer Teilzeitbeschäftigung nach. Care-Arbeit wird nur für bestimmte Aufgaben und/oder vorübergehend an Hausangestellte vergeben, ihr Großteil aber primär von Frauen in Doppelbelastung erbracht. Dieses Modell ist verbreitet, da mit steigender Frauenerwerbstätigkeit nicht Normalarbeitsverhältnisse, sondern Teilzeit- und Minijobs zunahmen, unterscheidet es sich von der „fordistischen“ Kleinfamilie dadurch, dass die Absicherung bei Arbeitsplatzverlust, Scheidung und Krankheit schlechter ausfällt.

3. Prekäres Reproduktionsmodell

Zumindest eine Haushaltsperson ist nicht in der Lage, sich über Erwerbsarbeit eine Existenz sichernde Perspektive zu verschaffen, bleibt von einem Haupternährer abhängig, der allerdings ebenfalls keine Familie mit Kindern auf einem durchschnittlichen Lebensstandard unterhalten kann. Sorge- und Pflegearbeit kann nicht an bezahlte Dritte weitergegeben werden. Hier ist die Doppelbelastung enorm, weil meist die Frau die volle unbezahlte Reproduktionslast trägt und über prekäre Beschäftigung möglichst viel zum Familieneinkommen beizutragen versucht.

4. Subsistenz orientiertes Reproduktionsmodell

Hier finden sich jene wieder, die auf Grundsicherung angewiesen sind, weil sie wegen Reproduktionsverpflichtungen oder ihrer nicht nachgefragten Qualifikationen ihre Arbeitskraft nicht verkaufen können.

Ungleicher Zugang zur Erwerbssphäre führt überwiegend zu nahezu unveränderter häuslicher Arbeitsteilung gegenüber der klassischen Lohnarbeitskleinfamilie, jedoch vermehrter Doppeltätigkeit. Das Ausmaß der häuslichen Pflichten hat zudem Auswirkungen auf die Chance, die eigene Arbeitskraft überhaupt verkaufen zu können. Dies ist die moderne doppelte Reproduktionsfalle für Frauen.

Die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen fördern jedoch vorrangig die Frauenerwerbsquote und die Geburtenrate v. a. bei Frauen aus der 1. Gruppe. Gut verdienende Eltern können für 12-14 Monate monatlich bis zu 1800 Euro Elterngeld kassieren, Hartz IV-EmpfängerInnen gehen leer aus. Das 2005 in Kraft getretene Tagesbetreuungsausbaugesetz sah bis August 2013 für ein Drittel der Kinder bis zum Alter von 3 Jahren einen Betreuungsplatz vor. Vorrang haben jedoch berufstätige Eltern. Das Kindeswohl spielt keine Rolle. Die seit 2009 gültige Unterhaltsreform forciert die Erwerbspflicht für Mütter von Kindern unter 3 Jahren nach einer Scheidung, alle unterhaltspflichtigen Kinder erhalten Vorrang vor dem Unterhalt für den/die PartnerIn. Das Steuerrecht diskriminiert geschiedene UnterhaltszahlerInnen zusätzlich.

Die Umverteilungsmaßnahmen der neoliberalen Wirtschaftspolitik bewirkten einen wachsenden Überschuss an Anlagemöglichkeiten suchendem Kapital, die es in der Produktionssphäre immer weniger findet (Fall der Profitrate). Staatliche Interventionen zur Absicherung des Finanz- und Währungssektors, um die Entwertung des zunehmend spekulativ dort angelegten Kapitals zu vermeiden, führten zu weiterer Staatsverschuldung und größerem Druck auf staatliche Sozialleistungen. In der BRD, die einen Teil ihrer Überakkumulation durch Handelsüberschüsse auf andere Länder überträgt, schlug die Finanzkrise hohe Wellen der Aufmerksamkeit – die soziale Reproduktionskrise im Land des Exportweltmeisters erntet nur Schweigen.

Lohnunterschiede nach Geschlechtern (Gender Pay Gap, GPG)

Unser Zwischenresümee aus dem bisher Gesagten lautet: die geschlechtliche Arbeitsteilung, die sich mit Entstehung von Klassen und Staaten zu einer bis zu deren Aufhebung nicht mehr umkehrbaren Unterdrückerrolle der Männer entwickelt hat, führt unter kapitalistischer Herrschaft zur relativen Entwertung der Frauenarbeit. So kassiert der Proletarier den Familienlohn, die weibliche Hausarbeit ist unbezahlt. Vermehrte weibliche Lohnarbeit ändert nichts am Verhältnis, außer dass der Mann jetzt keinen Familienlohn mehr heimbringt. Das Wertgesetz unterm Kapitalismus führt im Care-Bereich, wo überwiegend Frauen arbeiten, zu strukturellen Niedriglöhnen. Doch der Gender Pay Gap (GPG), die Lohndifferenz zwischen Frau und Mann, ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen und betrifft keinesfalls nur diesen. Der unbereinigte GPG, die geschlechtsspezifische Lohnlücke, der prozentuale Unterschied zwischen den durchschnittlichen Bruttostundenverdiensten betrug in der BRD 2015 21 % (Frauen: 16,20 Euro, Männer: 20,59 Euro). Der bereinigte GPG betrug immerhin noch 7 %. Er rechnet den Faktor heraus, dass Frauen und Männer in unterschiedlich bezahlten Branchen tätig sind und bezieht sich auf vergleichbare Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiographien.

Die Gender Pension Gap (Rentenunterschiede), die geschlechtsspezifische Differenz bei den Altersbezügen, liegt laut Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichem Institut der Hans-Böckler-Stiftung (WSI) bei 53 %. Sie ist in Westdeutschland größer als im Osten. Berufstätige Frauen nehmen häufiger Auszeiten für die Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen, arbeiten öfter in Teilzeit und werden im Schnitt schlechter bezahlt. Ausgleichsmechanismen in der gesetzlichen Rentenversicherung wie Anerkennung von Kindererziehungszeiten mildern diese Kluft etwas. Leistungen aus der privaten Altersvorsorge kassieren nur 2 % der Frauen (Männer: 5 %). Bei der betrieblichen Altersversorgung in der Privatwirtschaft liegen Frauen 60 % hinter den Männern zurück. Nur 7 % der Rentnerinnen haben hier überhaupt eigene Ansprüche. (VER.DI PUBLIK 1/2018, S. 10)

Gründe für den PGP sind: unterschiedliche Berufswahl; Frauen unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit familienbedingt häufiger und länger als Männer; der Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt ist ein schwieriger Prozess; Frauen fehlen auf den höheren Stufen der Karriereleiter; geschlechtertypische Rollenbilder; individuelle, aber auch kollektive Lohnverhandlungen haben die traditionell schlechtere Bewertung typischer Frauenberufe bislang nicht nachhaltig überwinden können; Einfluss von Existenz und Höhe gesetzlicher Mindestlöhne; berufliche Bewertungs- und Klassifizierungssysteme; Unternehmensstrategien wie die immer weiter zunehmende Individualisierung von Entgeltbestandteilen. (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Fact Sheet: Der Gender Pay Gap und die Ursachen, 8.6.2016; DGB-Bundesfrauenausschussbeschluss, Positionspapier zur Entgeltdifferenz zwischen Frauen und Männern – Gender Pay Gap, 17.4.2008)

Programm der Care Revolution

Aus der Care-Debatte heraus entwickelte sich die Bewegung für eine Care Revolution. Gabriele Winker (Zur Krise sozialer Reproduktion…, a. a. O.) fordert: drastische Erwerbsarbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich, Ergänzung der freiwillig geleisteten individuellen Reproduktionsarbeit mit einem deutlich ausgebauten Netz staatlich bzw. genossenschaftlich angebotener Dienstleistungen, höhere Entlohnung von Care-Diensten.

Die Aktionskonferenz Care Revolution vom 14.-16. März 2014 beschloss: Her mit dem guten Leben! Sorgearbeit aufwerten – eine Kultur der Fürsorglichkeit absichern! Zeit gewinnen! Wohnen ist Menschenrecht! Bildung ist ein Recht für alle Menschen – Bildung demokratisieren! Das gemeinsame Öffentliche stärken!

Diese Forderungen können wir in der Stoßrichtung allesamt unterstützen – jedoch nicht in allen Formulierungen. „Wohnen ist Menschenrecht“? Die Resolution verklärt die Wirklichkeit gleich doppelt: die bürgerlichen Grundrechte stellen sich selbst gern als Menschenrechte dar, waren aber in der Geschichte mit der US-Südstaatensklaverei vereinbar. Außerdem: das Recht kann nie höher als die Gesellschaftsordnung stehen, es ist nicht un-/übergeschichtlich. Im Kapitalismus kann das „Recht auf Wohnen“ nur heißen, eine kaufen oder mieten zu dürfen, kann das „Recht auf Arbeit“ nur darin bestehen, seine Arbeitskraft zu verkaufen, von dem/r TellerwäscherIn zum/r MillionärIn werden zu dürfen. Wenn Winker schreibt: „…für einen grundlegenden Perspektivenwechsel…Dabei geht es um nicht weniger als die Forderung, dass nicht Profitmaximierung, sondern die Verwirklichung menschlicher Lebensinteressen im Zentrum politischen Handelns stehen sollte“, so ist das allerdings eine revolutionäre Absichtserklärung. Doch weil sie gleichzeitig darüber schweigt, ob das System der Profitmaximierung namens Kapitalismus abgeschafft gehört und erst recht, wie das geschehen kann, ist das letztlich eine Vertröstung, nicht auf das Jenseits, sondern auf die zukünftige hoffentlich offenbarte Weisheit akademischer Care-Debatten. Das Programm ist Care-Reformismus, nicht Care-Revolution.

Von Abschaffung des Kapitalismus, von revolutionärer Zerschlagung der alten Staatsmacht, von Doppelmachtorganen, Aufbau kommunistischer Parteien, Diktatur des Proletariats – kurz, von all dem, was eine wirkliche Revolution ausmacht, schweigt unsere Theoretikerin, schweigt die Konferenz. Nicht einmal das Subjekt revolutionärer Umwälzung, die ArbeiterInnenklasse in all ihren Facetten, wird beim Namen genannt. Sollen es diffuse Vernetzungen, Workshops, wortreiche Resolutionen, schlaue Gender-Forschung ersetzen? Da, wo es wirklich um elementare Elemente von Arbeitsbedingungen im Care-Sektor geht wie z. B. der Tarifkampagne Entlastung, überlässt das Netzwerk Care Revolution der ver.di-Bürokratie das Heft des Handelns – kein Wort der Kritik wie in den diesbezüglichen Artikeln dieser Frauenzeitung, wenn überhaupt eines!

Streit um den Care-Begriff

Auch verschiedene sog. sozialistische FeministInnen beteiligten sich an der Care-Debatte.

Ihre wohl bekannteste im deutschsprachigen Raum, Frigga Haug, sieht nicht ein, warum der Begriff der individuellen Reproduktion zugunsten von Care aufgegeben werden soll. Sie sieht im Einsatz dieses Wortes einen Schmelztiegel ganz unterschiedlicher Bedeutungen und in der Preisgabe formanalytischer Unterscheidungen zwischen bezahlter/unbezahlter, öffentlicher/privater Arbeit ein Untergehen der kapitalismuskritischen (Eingebundenheit der Dienstleistungen in Tauschbeziehungen) und der persönlichen Dienstbarkeit (Patriarchatskritik). (Das Care-Syndrom, in: DAS ARGUMENT 292, S. 358, 362)

Anna Hartmann wittert einen Zusammenhang zwischen aufkommender Care-Debatte, Verwischung des individuellen Reproduktionsbegriffs und neoliberalem Arbeitsmarkt: Die Gleichstellungspolitik mit ihrem spezifischen Gender-Verständnis trage dazu bei, indem sie v. a. eine formal-rechtliche Gleichstellung insbesondere eine Angleichung der weiblichen an die männliche Erwerbsquote meine. Damit werde Geschlechterungleichheit ihrer strukturellen Ursachen enthoben und erschiene als falsches, antiquiertes Rollenverständnis. (Wo bleibt die Hausarbeit?, a. a. O., S. 405)

Stephanie Heck: „Auf der einen Seite soll mit Fürsorge und der besonderen Lage von bezahlter Care-Arbeit das sichtbar gemacht werden, was mit dem frühen Reproduktionsbegriff nicht erfasst worden ist. Andererseits darf aber der Funktionszusammenhang von Care-Arbeit mit den Produktionsverhältnissen in der Analyse nicht fehlen, wenn deutlich gemacht werden soll, welche Bedeutung diese Arbeit für die gesamtgesellschaftliche Reproduktion hat und ihre unzureichenden Bedingungen kritisiert werden sollen.“ (Von „Reproduktion“ zu „Care“, a. a. O., S. 411)

Almut Bachinger zieht den Schluss, dass nach Auslaufen der Debatte um Anerkennung der Hausarbeit in den 1980er Jahren das dekonstruktivistische Gender-Konzept das differenztheoretische Paradigma ab den 1990er Jahren abgelöst, verdrängt habe und die Frauenbewegung und –forschung sich von ökonomischer Analyse ab- und eher Identitätsfragen zuwandte. (Lohn für Hausarbeit reloaded; http://grundrisse.net/grundrisse37/Lohn_fuer_Hausarbeit.htm)

Diese Kritiken an der Rechtsentwicklung innerhalb des Feminismus, für die das liberale Gender-Konzept steht, sind korrekt, aber unzureichend.

Frauen, Familie und Feminismus

Warum unzureichend? Ihre Beschränktheiten bestehen nicht nur in bestenfalls Indifferenz zur falschen Forderung nach Lohn für Hausarbeit, sondern im ungenügend vermittelten Zusammenhang zwischen Klassengesellschaften, Familie und Hausarbeit.

Gabriele Winker schreibt, dass Produktions- und Reproduktionssphäre strukturell verschränkt und geschlechtlich konnotiert sind. (Soziale Reproduktion in der Krise – Care Revolution als Perspektive, in: DAS ARGUMENT 292, S. 334) Das ist zwar eine korrekte Beschreibung, aber keine Erklärung. Wie verschränkt und wer oder was konnotiert, bleibt rätselhaft. Die Antwort auf diese Frage macht aber den eigentlichen Knackpunkt einer materialistischen Analyse der Care-Arbeit aus sowie eines revolutionären Programms zur Überwindung des Kapitalismus und der mit ihm (wie jeder Klassengesellschaft) untrennbar verbundenen geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung.

Diese Frage stellt sich auch die feministische Diskussion:

„Geht es um die kapitalistische Produktionsweise, die sich geschlechterspezifische Zuschreibungen zur Steigerung von Profit zunutze macht? Oder bezeichnen asymmetrische Geschlechterverhältnisse ein Ausbeutungsverhältnis, das der kapitalistischen Aneignung menschlicher und natürlicher Ressourcen per se zugrunde liegt?“ (Ruth Kager, Arbeit ohne Wert: Hausarbeitsdebatte und Gesellschaftskritik, S. 1, 3; http://theoriebuero.org/2211/arbeit-ohne-wert-hausarbeitsdebatte-und-gesellschaftskritik/)

Aber sie beantwortet sie z.B. in der sog. Bielefelder Schule (von Werlhof, Bennholdt-Thomsen, Mies) anders als der Marxismus: „Sexismus und Rassismus werden also nicht der kapitalistischen Problematik untergeordnet, sondern umgekehrt die kapitalistische Produktionsweise als solche in ihrer sexistischen und rassistischen Dimension analysiert.“ (Ebenda)

In der Bielefelder Schule z. B. werden Männer und Frauen der sog. „Dritten Welt“ zusammen mit den Frauen der „ersten“ zum eigentlich ausgebeuteten Subjekt, „Mehrwert“ hat ihr zufolge seine Basis nicht in der Ausbeutung der Lohnarbeit, sondern der globalen Subsistenzproduktion (einschließlich der Hausarbeit).

Frigga Haug – eine sozialistische Feministin – spricht auch von den zwei grundlegenden Herrschaftsverhältnissen: Patriarchat als persönlicher Abhängigkeit von Frauen und Kapitalismus (ausbeuterische Tauschbeziehungen).

Sozialistische FeministInnen sind also auch nicht frei von einem Geschichtsbild, das dem des radikal-kleinbürgerlichen Feminismus ähnelt. Warum? Letztere setzen ein übergeschichtlich gleiches Patriarchat oder gar den „Machtwillen“ der Männer als Grund der Unterdrückung und diese als zentrales gesellschaftlichen Verhältnis. Der sozialistische Feminismus hingegen versucht mehr oder weniger eklektisch, zwei oder mehrere parallel laufende „zentrale“ Formen zu kombinieren, und setzt dabei letztlich ein Ausbeutungsverhältnis und seine grundlegende gesellschaftliche Dynamik mit einem Unterdrückungsverhältnis (Frauenunterdrückung, Rassismus) gleich.

In der „Deutschen Ideologie“, den „Feuerbachthesen“, dem „Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats“, dem „Anti-Dühring“ und dem berühmten „Vorwort zur Kritik der Politischen Ökonomie“, um nur die wichtigsten Werke zu nennen, legten Marx und Engels die Grundsteine für ihre Theorie des dialektisch-historischen Materialismus, eines Grundpfeilers des wissenschaftlichen Sozialismus.

Für MarxistInnen sind Familie, Patriarchat und Ökonomie historische Entwicklungen, die mit der Sesshaftigkeit ins Leben traten. Nachdem der Mann auch im Ackerbau „die Hosen anhatte“ (das war durchaus in dessen ersten Anfängen wie bei den Seneca-IrokesInnen nicht der Fall), herrschte er auch im Haus (altgriechisch: oikos). Daher stammt auch der Begriff Ökonomie. Familie bezeichnet die Gesamtheit alles dem Patriarchen, dem Hausvater; Ökonomiechef (fälschlich oft mit „Mann“ synonym gesetzt) untergebenen Hauswirtschaftspersonals, darunter seine Kinder und Fraue(en) sowie sonstige Angehörigen, das Gesinde oder die HaussklavInnen. Familie kommt von famulus (lat.: der Sklave). Diese wirtschaftlich-persönlichen Abhängigkeitsverhältnisse umfassten also (Haus-)Sklaverei und damit die Keimzelle späterer „asiatisch“-despotischer Staats- wie antiker Kaufsklaverei, also der ersten Klassenbildungen in Gemeinschaft mit sozialer Unterdrückung der Frau und der Jugendlichen/Kinder.

Der Kapitalismus schafft den/die doppelt-freie/n LohnarbeiterIn: frei von persönlicher Unterwerfung und von Produktionsmittelbesitz. Erstmals seit Beginn der Klassenspaltung verliert das Haus (bei BürgerInnen wie ProletarierInnen) seine Rolle als Zentrum der Ökonomie, doch behält es die als Reproduktionszentrale der Arbeitskraft in der proletarischen Familie bei, was sich im Arbeitslohn als Haushaltslohn und der Hausarbeit ohne Tauschwert strukturell niederschlägt.

Der Kapitalismus überlässt sie getrost dem „Überlebenstrieb“ in den „eigenen“ vier Wänden. Sie ist Privatsache, kümmert die kapitalistischen UnternehmerInnen keinen Deut, Sie betrachten sie vielmehr wie eine „Naturbedingung“. Dieser auf die Spitze getriebene Gegensatz zwischen Produktion und Reproduktion kann erst aufgehoben werden mit der Abschaffung der Produktion für Profit, Produktion um der Produktion willen. Erst der Sturz des Kapitalismus, ureigenste geschichtliche Aufgabe der ausgebeuteten lohnarbeitenden Hauptklasse, die kein anderes gesellschaftliches Subjekt bewirken kann, schafft die Voraussetzung für eine kollektive Gesamtwirtschaft („Ökonomie“ im Wortsinn nicht mehr), die die Bedürfnisse des lebendigen Gesamtarbeitskörpers zum einzigen Zweck der Produktion geraten lässt. In einem wahrscheinlich über viele Generationen dauernden bewussten Prozess werden so auch die dem Kapitalismus, ja allen Klassengesellschaften vorhergehenden sozialen Unterdrückungsinstitutionen wie Familie abgeschafft.

Die dualistische Herangehensweise an Geschichte eint alle Strömungen des radikalen Feminismus, kleinbürgerlichen wie „sozialistischen“. Aus der Gegenüberstellung von Produktion und Reproduktion konstruiert er zwei oder mehr parallel laufende Unterdrückungs/Ausbeutungsverhältnisse. Daher erscheint ihm auch der Kampf um Frauenbefreiung als ein vom Klassenkampf getrennter, besonderer, ja wird im schlimmsten Fall diesem entgegengestellt.

Sozialisierung der Haus- und Reproduktionsarbeit

Unsere zusammenfassende Perspektive für die Probleme im Care-Sektor lautet: Sozialisierung! Sie hat erstens den Sturz des Kapitalismus zur Voraussetzung, ist also eine wirkliche Care Revolution, keine reformistische Verunstaltung dieses Begriffs. Zweitens umfasst sie aber auch die Abschaffung der Familie im Sinne ihrer allmählichen Ersetzung durch das Gesellschaftskollektiv, die freie Assoziation der ProduzentInnen zum Zweck der gesellschaftlichen Reproduktion und Sorge des menschlichen Individuums. Es reicht eben nicht, die auf Freiwilligkeit beruhende, individuell geleistete Reproduktionsarbeit zu ergänzen, sondern sie muss gänzlich als privates Residuum aufgehoben werden. Der in der bürgerlichen Produktionsweise auf die Spitze getriebene Zwiespalt zwischen Privatsphäre und Öffentlichkeit muss geschlossen werden. Die Familie schaffte nicht nur Unterdrückung, Versklavung, sondern auch die Segmentierung der Gesellschaft in unabhängig voneinander produzierende Produktionseinheiten (Ökonomie) und damit die Voraussetzungen für Privateigentum an Produktionsmitteln. Die Gesellschaft ist selbst nicht mehr als Ganzes Produktions- und Reproduktionseinheit wie in der Urhorde der Jäger- und SammlerInnen. Auch die proletarische Kleinfamilie ist segmentiert. Wie v. a. Frauen, Kinder, Jugendliche und Alte behandelt werden, ist nur in Extremfällen Sorge gesellschaftlicher Institutionen (Krankheit, Sucht, häusliche Gewalt, Vernachlässigung, Lernschwierigkeiten…). Die Aufhebung der Segmentierung ist also mehr als die rationellere Hausarbeit im Großmaßstab, ihre Verwandlung in eine öffentliche Industrie. Sie ist ein Öffentlichwerden des Privaten.

Drittens ist die Ersetzung der Familie deshalb eine allmähliche, weil sie Elemente der Fürsorge umfasst, die bisher auf Blutsverwandtschaft und individueller Partnerschaft beruhen. Diese zwischenmenschliche Nähe wird die zukünftige Gesellschaft nur nach und nach der Biologie entreißen können. Soziale statt biologischer Verwandtschaft bedeutet z. B., dass Kinder und Pflegebedürftige im Kommunismus mit gleicher Liebe und Hingabe wie im alten System von leiblichen Eltern bzw. Angehörigen wie „fremden“ Personen betreut werden. Die Liebe unter den Menschen wird eine kollektive sein, der Traum von der Vergeschwisterung aller Menschen ein realer.

Viertens ist der 1. Schritt auf dem Weg zur kompletten Sozialisierung die Verstaatlichung, noch nicht die freie Assoziation. Allerdings ist diese Voraussetzung für die wirkliche Aneignung von Commons, Gemeingütern. Im Kapitalismus ist der Staat Werkzeug einer Minderheit, der Kapitalistenklasse. Also sind seine Güter (noch) keine Commons, sondern Gemeingut unter ihrer Regie. Genossenschaftliche und kommunitäre Arbeits- und Lebensformen mögen ein Fenster in eine herrschaftsfreie, wirtschaftlich, ökologisch und sozial nachhaltige Gesellschaft sein (Gisela Notz, a. a. O., S. 94), herauszuspringen aus dem Gefängnis des Kapitalismus erlaubt diese freiwillige genossenschaftlich-kommunitäre Einrichtung deswegen noch lange nicht. Gute Adoptiveltern sind ebenso wenig ein Sprung aus der von Blutsverwandtschaft geprägten Elternschaft, noch immer nicht gesellschaftlich, sozial. Und die Hippielandkommune kann nicht die höchsten gesellschaftlichen Produktivkräfte (wie z. B. Ingenieurskunst, wissenschaftliche Forschung) verkörpern. Deren Sozialisierung kann nur auf dem Weg der Eroberung der Kommandospitzen der Wirtschaft in Gang gesetzt werden, durch die gewaltsame Ergreifung der Staatsmacht.




69 Jahre Deir Yassin Massaker

VON CLARA SARRAZ

 

Heute vor 69 Jahren, am 9. April 1948, begingen zionistische Milizen im Dorf Deir Yassin ein Massaker an hunderten Palästinenser_innen. Das Massaker ist als einer der traurigsten und blutigsten Tage in die Geschichte Palästinas eingegangen. Aber wie kam es dazu?

 

In der Mitte des Jahres 1948, am 14. Mai, gründete sich offiziell der israelische Staat. Noch in der Gründungsnacht erklärten daraufhin sechs arabische Staaten Israel den Krieg. In der israelischen Rhetorik folgte darauf der „israelische Unabhängigkeitskrieg“, die „heldenhafte“ Verteidigung gegen den Überfall der arabischen Staaten – so lernt es zumindest jede_r, die oder die in Israel zur Schule geht, so argumentieren Antideutsche und pro-israelische Konservative. Im Palästinensischen Gedächtnis ist das Jahr 1948 das Jahr der Nakba, was auf Arabisch Katastrophe bedeutet. Innerhalb eines Jahres wurden etwa 750.000 Palästinenser_innen aus ihrer Heimat entwurzelt und in die Flucht getrieben. Sie flüchteten vor allem in die Nachbarländer Jordanien, Syrien und Libanon oder in andere Teile Palästinas.

 

Die Nakba bezeichnet dabei das ganze Jahr 1948, ebenso wie Teile der Jahre 1947 und 1949, eben die ursprüngliche Vertreibung der Palästinenser_innen aus ihrer Heimat. Darauf zu bestehen ist wichtig. In der zionistischen Argumentation wird die Nakba nämlich als Flucht in den Wirren des Krieges, der von den Araber_innen selbst angefangen wurde, beschrieben. Viele Palästinenser_innen hätten aus eigener Intention oder auf Befehl von ihren Anführer_innen ihre Dörfer verlassen. Auf Wikipedia heißt es: „Die Geburtsstunde Israels (der 14. Mai 1948) gilt für die Palästinenser als Katastrophe (Nakba)“ Tatsächlich war die Nakba aber eine geplante, systematische ethnische Säuberung Palästinas, die nach der UN Teilungsresolution im November 1947 begann und ihren Höhepunkt in den Monaten vor der Staatsgründung Israels hatte. (Ausführlichere Informationen zu der Nakba und den israelischen Diskurs findet man zum Beispiel bei den sogenannten „Neuen Historikern“ wie Benny Morris oder Ilan Pappé oder bei NGOs wie Zochrot.)

 

Die Motive für die ethnische Säuberung Palästinas sind dabei relativ offensichtlich. Vor der israelischen Staatsgründung waren Jüd_innen eine Minderheit. Trotz starker jüdischer Immigration nach dem Zweiten Weltkrieg lebten im historischen Palästina etwa doppelt so viele Palästinenser_innen wie Jüd_innen. Das erklärte Ziel des Zionismus ist es jedoch einen jüdischen Staat mit einer jüdischen Bevölkerungsmehrheit zu errichten. Dafür mussten die demographischen Verhältnisse verändert werden. Zionist und Chef des Jewish National Fund, Joseph Weitz schrieb dazu schon 1940: „Die einzige Lösung ist das Land Israel… ohne Araber. Es gibt keinen Platz für Kompromisse… Es gibt keinen anderen Weg als die Araber von hier in die Nachbarländer zu bringen, sie alle weg zu bringen, außer vielleicht ein paar.“ Außerdem sprach der von den Vereinten Nationen vorgelegte Teilungsplan dem jüdischen Staat „nur“ 56% des Mandatsgebiets Palästinas zu – was angesichts der Tatsache, Jüd_innen auch zur Zeit des Teilungsplans eine Minderheit darstellten, ziemlich viel ist. Ziel des Zionismus war es jedoch das ganze Mandatsgebiet Palästina zu Israel zu machen. Die Periode zwischen dem Teilungsplan und der israelischen Staatsgründung diente also auch dazu, so viel Land wie möglich unter die Kontrolle der zionistischen paramilitärischen Gruppen zu bringen, und die Vereinten Nationen vor vollendete Tatsachen zu stellen. Schon ein halbes Jahr vor der israelischen Staatsgründung begann die ethnische Säuberung Palästinas. Dem Massaker von Deir Yassin kommt dabei eine besondere Rolle zu.

 

Verschiedene paramilitärische zionistische Gruppen, hatten sich unter der britischen Mandatsmacht in Palästina formiert, darunter die Lechi und Irgun Milizen, die am 9. April das Massaker von Deir Yassin verübten. Deir Yassin befand sich einige Kilometer westlich von Jerusalem. Früh morgens stürmten etwa 120 Mitglieder der beiden zionistischen Milizen Deir Yassin. Sie warfen Handgranaten und erschossen viele der Einwohner_innen. Die meisten der etwa 250 Opfer vom Massaker von Deir Yassin waren Kinder und über 60-Jährige. Die Gefangenen, die nicht in den ersten paar Stunden starben, mussten gefesselt durch die Altstadt von Jerusalem marschieren. Danach wurden viele der Überlebenden zu nahe gelegenen Gruben und Steinbrüchen gebracht und dort erschossen. Dennoch wurden in Deir Yassin nur ein Bruchteil der 13.000 während der Nakba getöteten Palästinenser_innen ermordet.

 

Deir Yassin war auch bei weitem nicht das einzige Massaker, das während der Nakba an den Palästinenser*innen verübt wurde, doch die Grausamkeit des Massakers war außergewöhnlich und wirkte weit über Deir Yassin hinaus. Die Nachrichten aus Deir Yassin verbreiteten sich schnell und verängstigten verbliebene Palästinenser_innen sehr, sodass es den zionistischen Milizen leichter viel, sie von ihrem Land zu vertreiben. Menachem Begin, später Ministerpräsident Israels und Friedensnobelpreisträger (!) sagte im Nachhinein: „Das Massaker von Deir Yassin hatte nicht nur seine Berechtigung – ohne den Sieg von Deir Yassin hätte es auch niemals einen Staat Israel gegeben.“ Die psychologischen Auswirkungen von dem Massaker waren also ausschlaggebender als die Auslöschung des kleinen Dorfes – ein Schicksal das noch 170 weiteren palästinensischen Dörfern vor der israelischen Staatsgründung widerfuhr. Deir Yassin wurde schnell zu einem traurigen Symbol, dem heute von vielen Palästinenser_innen gedacht wird. Eine israelische Organisation, Zochrot, wird außerdem eine Führung durch das ehemalige Deir Yassin veranstalten. Wo früher Deir Yassin war, ist heute Givat Shaul, ein Stadtteil von Westjerusalem, zu dem die meisten Palästinenser_innen keinen Zutritt haben. Fast alle Gebäude von Deir Yassin wurden zerstört, in der ehemaligen Schule des Dorfes befindet sich jetzt eine israelische Psychiatrie.

 

Deir Yassin wird in Palästina heute vor allem als ein Katalysator der Nakba verstanden, die sich bis heute fortsetzt. Etwa die Hälfte der Palästinenser_innen, circa sechs Millionen, lebt heute in der Diaspora – mehr als 50% der gesamten Palästinenser_innen sind Geflüchtete oder Binnenvertriebene.
Die Frage der palästinensischen Geflüchteten und ihrem Recht auf Rückkehr ist das Kernproblem des Nahostkonfliktes und wird von den meisten Palästinenser_innen als die wichtigste Forderung für eine Lösung formuliert – nicht Al Aqsa (Jerusalem als Hauptstadt eines palästinensischen Staates). Nicht nur die israelische Regierung und andere westliche Staaten sprechen den palästinensischen Geflüchteten ihr Recht auf Rückkehr und ihren Flüchtlingsstatus ab. Auch die Fatah-Regierung in der Westbank steht mit ihrer Politik faktisch im Widerspruch zu den Rechten der palästinensischen Geflüchteten. Statt für einen demokratischen Staat einzustehen, in dem Jede_r leben darf, inklusive der palästinensischen Geflüchteten, akzeptiert die palästinensische Führung die Grenzen Israels entlang der Waffenstillstandslinie nach dem 6-Tage-Krieg 1967. Im Territorium der vollkommen von israelischen Siedlungen durchlöcherten Westbank gibt die Palästinensische Autonomiebehörde vor, vor-staatliche Strukturen aufzubauen, die ein erster Schritt hin zu einem unabhängigen Palästinensischen Staat sein sollen.

 

Die Regierung aus Bürokrat_innen und Kapitalist_innen weiß dabei vermutlich ganz genau, dass ein solcher Ministaat niemals ökonomisch existenzfähig und in der Lage wäre, die palästinensischen Geflüchteten aufzunehmen. Sie vertreten dabei einzig und allein die Interessen des palästinensischen Kapitals, zu Gunsten ihrer Profite und den Einkommen aus EU- und US-Entwicklungshilfe, deren Zufluss an diese Politik gekoppelt ist. Auch die Hamas, die öffentlich für das Rückkehrrecht eintritt, könnte mit der Veröffentlichung ihrer neuen Charta eventuell diesen Kurs einschlagen und damit letztlich auch nur den Interessen der klerikal-bürokratischen Kaste gerecht werden, die die Führung dieser islamischen Bewegung darstellt. Es wird immer offensichtlicher wie die palästinensische Führung die palästinensischen Flüchtlinge benutzt, um von ihrer korrupten Politik abzulenken. Um so wichtiger ist es die wirklichen Rechte und Wünsche der palästinensischen Geflüchteten, die seit 1948 bis heute vertrieben werden, zu betonen.

 

Für ein Recht auf Rückkehr für alle palästinensischen Flüchtlinge! Für ein sozialistisches, demokratisches Palästina!

 




Der Brexit und seine Folgen – Resolution internationale Delegierten Konferenz REVOLUTION 2016

Brexit


Am 23. Juni fand in Großbritannien die Volksabstimmung zum Verbleib in der EU statt. Diese fiel mit einer knappen Mehrheit von 51,9% für einen Austritt aus der EU aus. Dieses Abstimmungsergebnis ist ein Meilenstein für reaktionäre Kräfte in ganz Europa und speziell in Großbritannien. Der Schwerpunkt der „Leave“-Kampagne war vor allem ein rassistischer, dieser richtete sich vor allem gegen zwei Teile der Arbeiter_Innenklasse. Zum einen gegen die vor allem osteuropäischen Arbeitsmigrant_Innen und zum anderen gegen die momentane Geflüchtetenbewegung. Ein tragischer Höhepunkt dessen war die Erschießung von Jo Cox, einer Labour-Parlamentarierin, auf offener Straße im Verlauf des Wahlkampfes. Deutlicher drückt sich die Zunahme des Rassismuses darin aus, dass die Rate an Hatecrimes (Hassverbrechen, Anm. d. Red.) seit dem Votum massiv angestiegen ist, allein 6.200 zwischen dem 23.6 und dem 26.7, somit ist dies eine Verfünffachung.


Dies spricht jedoch nicht „nur“ für einen weiteren Rechtsruck innerhalb der Krise, sondern vor allem für die tiefgreifende innere Spaltungslinie der britischen Bourgeoisie. Diese teilt sich grob in zwei Lager ein. Das „Leave“-Lager bildet einen Schulterschluss der verschreckten Elemente des Kleinbürgertums, die sich von der offenen Konkurrenz im sich ausbildenden gesamteuropäischen Binnenmarkt und der geringerwertig entlohnten Arbeitskraft migrantischer Arbeiter_Innen mehr und mehr zerrieben sehen und einen zunehmenden Protektionismus auf der einen Seite. Auf der anderen Seite jene Kräfte der herrschenden Klasse, die dynamischere Investitionsziele außerhalb der EU sehen. Das „Remain“-Lager innerhalb des Bürgertums beinhaltet dabei im Groben die wirtschaftlich stärksten Fraktionen des britischen Kapitals, somit weite Teile des Finanzkapitals vor allem rund um die Londoner Börse, aber auch jene Monopolkonzerne, die das Gros ihrer Profite aus der Europäischen Union ziehen. Diese Tendenz offenbart eine zentrale Widersprüchlichkeit innerhalb der Bourgeoisie im Stadium des Imperialismus. Nämlich nimmt die Zahl an großen Monopolist_Innen aufgrund der Zentralisations- und Konzentrationstendenzen stetig ab, dies wirft in tiefen Krisen, in denen keine Zugeständnisse an schwächere Kapitalfraktionen gemacht werden können, die Frage der demokratischen Legitimation auf. Über kurz oder lang zwingt dies den Monopolist_Innen ein undemokratisches Gewand auf um ihre ökonomische Stellung zu bewahren und ihre Interessen zu verteidigen.


Interessant am Abstimmungsergebnis ist vor allem das unter den Jugendlichen, auch wenn nur ein äußerst geringer Teil der Jugendlichen überhaupt abstimmte. Jene, die sich beteiligten stimmten mit über 65% für einen Verbleib in der EU. Es sind vor allem Jugendliche, die die EU als gute Möglichkeit für Arbeitsmigration sehen, da sie es sind, deren Arbeit überall als billige Reservekraft verwendet wird.


Der Brexit hat sowohl in den führenden britischen Parteien die drohende Spaltung verschärft, wie die Kämpfe um die Führung innerhalb der Torries und der Labour-Party zeigen. Nein, auch das United Kingdom als Ganzes wird vermehrt in Frage gestellt, dies unterstreichen die Diskussionen um einen Austritt Schottlands und Nordirlands aus dem Land.


Insgesamt handelt es sich beim Brexit um eine Schwächung der EU und Großbritanniens an sich, deren Folgen sich bisher nur in den einbrechenden Märkten, Aktien und Währungen erahnen lassen. Dieses Ergebnis ist somit für uns eine Episode in der Serie, die wir als Krise der EU bezeichnen. Sie zeigt, dass die EU eben kein Staat ist, sondern am offenen Kampf der einzelnen nationalen Bourgeoisien zerbricht. Diese sind es aber auch, die in der EU bleiben, solange sie für den einzelnen Staat als ideellen Gesamtkapitalisten profitabel ist. Die EU ist also vielmehr die Verwaltungs- und Aushandlungsarena dieser unterschiedlichen Interessen. Für die Zukunft stellt sich deutlicher die Frage, ob die EU in ihrer aktuellen Form den Interessen der führenden Kräfte, momentan Deutschland gefolgt von Frankreich, noch genügen oder ob sie eine fundamentale Änderung erfahren muss. Insgesamt verstehen wir die EU jedoch als logische Folge des Stadiums des Imperialismus, in dem die nationalen Kapitale über ihre jeweiligen Grenzen hinausquellen. Diese Entwicklung zeigt die Grenze der Produktionsverhältnisse, durch die unter ihnen selbst entwickelten Produktivkräfte deutlich auf. Wir als Revolutionär_Innen erkennen somit an, dass der Imperialismus ein internationales System ist, dass sich seine Spielräume selbstständig schafft und notfalls überwirft. Die Rückkehr zur Kleinstaaterei verzerrt diese notgedrungene internationale Auseinandersetzung. Unsere Antwort kann deshalb auch nur eine gesamteuropäische sein, wie Forderungen nach einen flächendeckenden Mindestlohn, gleichen sozialen Absicherungen unter Kontrolle der Organe des europäischen Proletariats. Unsere Antwort ist somit der konsequente Internationalismus, den wir der zunehmenden rassistischen Bewegung und ihren Ergebnissen entgegenstellen. Diese kann nur in der Losung der vereinigten sozialistischen Staaten der EU und nicht in der Begrenzung des Kampfes auf den nationalen Rahmen münden.


Putschversuch gegen Corbyn


Am 28. Juni sprachen Abgeordnete der Labour Party-Fraktion des Unterhauses, in Reaktion auf die Niederlage der von Labour mitgetragenen „Remain“-Kampagne, in einem Verhältnis von 172 zu 40 Stimmen Jeremy Corbyn ihr Misstrauen aus. Dies stellt einen erneuten Versuch des rechten Flügels in Labour dar und führte zu 200.000 Neubeitritten in die Partei. Labour hat nun 600.000 Mitglieder, davon sind knapp 350.000 der Partei im Zuge des Kampfes von Jeremy Corbyn um die Führung der Partei in den letzten 15 Monaten beigetreten.


Ergebnis ist, dass ein Parteitag einberufen werden muss, der eine Neuwahl des Partei-Vorsitzes durchführt. Hierbei sollte Corbyn zu Beginn sogar der Antritt verboten werden, dies wurde durch die momentane Parteiführung jedoch unter zwei Bedingungen zurückgenommen. Erstens durften bis September keine Parteiversammlungen mehr stattfinden und zweitens dürfen Neubeitritte nur gegen Zahlung von 25 Pfund abstimmen.


Dieser Schritt offenbart den undemokratischen, technisch-taktiererischen Charakter des bürokratischen Apparates stark. Jedoch bleiben die Geister, die sie riefen, nicht stillschweigend. Dies hatte nämlich zeitgleich die Folge, dass die regelmäßigen lokalen Treffen von Momentum, einer Struktur, die sich als organisatorischer Pol der linken Unterstützer_Innen Corbyns herausgebildet hat, als Ersatzorgan zur Versammlung genutzt werden. Corbyn führt massenhaft Kundgebungen mit seinen Unterstützer_Innen durch und generiert stetig neue Mitkämpfer_Innen. Jedoch muss auch der Kampf direkt um die Struktur der Labour selbst geführt werden.


Das Ergebnis der Abstimmung fiel trotz weiterer verhindernder Maßnahmen, positiv für Corbyn aus. Mit 62% der Stimmen setzte er sich gegen seinen Kontrahenten Owen Smith durch. Die derzeit mehr als 500,000 Leute starke Partei zeigt damit wieder, was für eine Dynamik mit Jeremy Corbyn in die Labour Party getragen wurde. Ob die beleidigten MPs jetzt zu Corbyns Seite zurückkehren werden oder nicht, ist hier eine zweitrangige Frage. Trotz der Hürden, die von der Partei-Rechten in den Weg gelegt wurden, ist es offensichtlich ein Anliegen, gegen gerade diese etwas zu tun. Momentum, das sich ja quasi als Nebenstruktur etablieren musste, darf sich jetzt nicht erleichtert zurücklehnen, Aktivist_Innen müssen jetzt in der Partei selbst die Vormachtstellung sichern.


Es ist unbezweifelbar, dass die Labour Party momentan die größte Dynamik im Klassenkampf in Großbritannien hat, das sie zehntausende erstmalig in die politischen Organisierung bringt und das dies auf Dauer unvereinbar mit der verknöcherten Struktur der Partei ist. Revolutionäre müssen sich dort bewegen, wo die kämpfenden Teile der Klasse sich bewegen und für ein revolutionäres Programm kämpfen, dass verdeutlicht, dass sich der Kapitalismus selbst durch linke Reformist_Innen wie Corbyn nicht zügeln lässt, sondern nur durch die Machtergreifung des revolutionären Subjekts. Das bedeutet nicht, dass uns egal ist ob Eagle, Smith oder Corbyn an der Spitze der Partei stehen. Corbyn steht für eine Labour der Aktivist_Innen und Mobilisierungen, er steht für den offenen Kampf. Vor allem steht er für den Kampf um ein neues Programm der Labour. Das müssen Revolutionär_Innen sowohl von ihm fordern, als auch selbst programmatische Debatten innerhalb der Partei anzustoßen. Kurz gesagt, die zentrale Taktik, die Revolutionär_Innen in Großbritannien momentan anwenden müssen, ist der Entrismus im Kampf um und für eine revolutionäre Arbeiter_Innenpartei.





Resolution Türkei

In der Türkei fand in der Nacht vom 15. zum 16. Juli ein versuchter Staatsstreich von Teilen des Militärs statt. Hierbei versuchte eine Minderheit im Militär vor allem in Ankara und Istanbul zeitgleich zentrale Infrastruktur einzunehmen.


Diese Ereignisse fanden nicht im luftleeren Raum und auch nicht spontan statt. Sie sind vielmehr abzuleiten aus dem zunehmend autoritär-reaktionären Kurs der AKP. Allein eine Auswahl an Ereignissen der letzten 12 Monate verdeutlicht dies. So kam es zu einer Ausweitung des Krieges gegen die kurdische Bevölkerung, zur Aufhebung der parlamentarischen Immunität von demokratisch-legitimierten Parlamentarier_Innen, erzwungenen Neuwahlen Erdoğans. Dazu kommen noch die steten Versuche Erdoğans ein neues Präsidialsystem einzuführen, in dem sich weite Teile der Staatsmacht in seinen Händen konzentrieren.


Hintergründe


Der Putschversuch zeigt, dass es der AKP trotz ihrer Regierungsausübung seit 2002 nicht möglich war den Staatsapparat durch rein konstitutionelle und legale Mittel zu säubern. Die Säuberungen des Militärs der letzten Jahre mit ihrem bisherigen Höhepunkt 2011 reichten offenbar nicht aus um sich einen gefügigen Staatsapparat zu schaffen. Das wird wohl erst jetzt durch die großangelegten Säuberungen im Nachhinein des Putsches möglich, wobei es zweifelhaft ist, ob die AKP ausreichend Ressourcen hat um den gesamten Staatsapparat mit ihren Anhänger*innen zu besetzen, ohne auf verbündete, nationalistisch-kemalistische Teile der Intelligenz und Bourgeoisie zurückzugreifen. Der Putschversuch ist ein Anzeichen der zunehmenden gegensätzlichen Interessen innerhalb der Bourgeoisie im Land selbst. Dies kommt nicht aus dem Nichts, denn die Türkei ist eine einflussreiche Regionalmacht im – neben dem Pazifikraum – größten Brandherd des momentanen Kampfes um die Neuaufteilung der Welt, dem Nahen Osten, als Ausdruck der konterrevolutionären Zerschlagung der revolutionären Bewegung des arabischen Frühlings. Hierbei offenbart sich der Kern der Aggressivität des türkischen Staates gegenüber seiner inneren und äußeren Feinden.
Die zunehmende Schwierigkeit zwischen den unterschiedlichen imperialistischen Blöcken zu jonglieren bei gleichzeitig massiver Abhängigkeit. Die Türkei hat eine jährliche negative Handelsbilanz von knapp über 50 Milliarden US-Dollar, dabei teilen sich die in die Türkei importierenden Staaten im Jahr 2015 ziemlich genau zwischen Nato (BRD mit 10,3%, USA mit 5,4% und Italien mit 5,1%), sowie Russland und China (9,9% bzw. 12%) auf. Im Zuge des Syrienkrieges schwächte sich dabei das Verhältnis zwischen der Türkei und Russland, was sich bisher „nur“ in Einschränkungen der Reisefreiheit ausdrückte.
Durch die geostrategische Lage der Türkei zwischen Europa und dem Nahen Osten bietet sich die Türkei als verlängerter Arm der Festung Europa gegenüber allen vor Krieg und Krise fliehenden Menschen an. Vor allem zu Deutschland verfestigt dies das gegenseitige Verhältnis. Zeitgleich nehmen die Forderungen seitens des türkischen Staates gegenüber NATO-Mitgliedern stark zu, was bei Einzelnen die Forderung nach einem Rauswurf der Türkei aus der NATO aufwarf, wenn auch nur als hohle Phrase.


Seit dem Putsch erleben wir eine recht starke außenpolitische Umorientierung der Türkei. Auf der einen Seite wurden die Verbindungen zu Israel stark verbessert, nachdem 2010 acht türkische Staatsbürger bei dem Einsatz der israelischen Armee gegen die Gaza Freedom Flotilla getötet wurden. Aber vor allem das Verhältnis zu Russland ist in ein neues Kapitel eingetreten, das zeigt sich unter anderem auch an einer neuen Syrienpolitik der Türkei. Fraglich ist hierbei, natürlich ob die Türkei den Weg in den russisch-chinesischen Block zu Ende gehen wird, oder auf halben Weg stehen bleibt. Aber für Russland stellt die Türkei momentan den Schlüssel für die Ausdehnung ihrer Interessenssphären dar.


Ende August nahm die türkische Außenpolitik eine weitere verschärfende Wende. Mit der Operation „Schutzschild Euphrat“ leiteten die türkischen Streitkräfte im Bündnis mit mehreren reaktionären Rebellenfraktionen eine Invasion in Syrien ein. Unter dem Deckmantel Daesh zu bekämpfen und sich gegen ihn militärisch verteidigen zu müssen, stellt dieser Schachzug eine klare Eskalation gegen die kurdische Bewegung in Syrien dar. Die Türkei möchte hierbei die Vereinigung der 3 kurdischen Kantone unter den Syrisch-Demokratischen Kräften (in denen die kurdischen Selbstverteidigungseinheiten YPG die stärkste Fraktion bilden) verhindern. Nach anfänglichen Gefechten zwischen ihnen und den mit der Türkei verbündeten Rebellenfraktionen, könnte die Vermittlung der USA, die sowohl mit den türkischen Invasoren, als auch mit den kurdischen Kräften gute Verbindungen unterhält, vorerst eine weitere Eskalation verhindern. Das Ziel der Türkei ist hier einen von ihnen Streifen an der türkisch-syrischen Grenze zu kontrollieren um auf der einen Seite einen Keil zwischen die Kantone Kobanê und Afrîn zu schieben und auf der anderen Seite Flüchtlinge in diese „Sicherheitszone“ rückführen zu können. Diese Aktion wurde nicht nur mit den USA, aber der EU und Russland vorab koordiniert und unterstützt.


Dieses blinde Um-sich-Schlagen ist dabei vor allem dem Pulverfass – auf dem die Türkei sitzt – geschuldet. Zunehmende offizielle Arbeitslosigkeit (von 8% im Sommer 2012 auf 10% aktuell), 16,9% unter der Armutsgrenze, Importeinbrüche von 9,3% (2014 zu 2015), zunehmende Währungsabwertung und Einbrüche ganzer Sektoren, wie dem Tourismus. All dies zwingt die Türkei zu massiven ökonomischen Angriffen, diese müssen verschleiert werden durch die lodernde Welle von Nationalismus, die grade über das Land schwappt. Dass dies der AKP in der Bevölkerung eine immer größere soziale Basis gibt, zeigt ihre Mobilisierungskraft über das Fernsehen gegen die Putschist_Innen, wo Zehntausende gegen Teile des Militärs auf die Straße gingen, aber auch die Massenkundgebungen in den Wochen nach dem Putsch. Diese Grundlagen schaffen den Nährboden für ein bonapartistisches Regime. Dieses nutzte die Gelegenheit um massive Einschränkungen demokratischer Rechte und Säuberungen innerhalb des Staatsapparats über dreimonatige Notstandsgesetze durchzuführen. Einschränkungen der Presse-, Versammlungs-, Organisierungs- sowie Reisefreiheit sind nur einige Folgen dessen.


Welche Antwort?


Wenn wir uns die Parteienlandschaft in der Türkei ansehen existieren dort ausschließlich bürgerliche Parteien, dies ist die Kernschwäche des türkischen Proletariats und der organisierten Linken. Auch die HDP ist zwar keine klassische bürgerliche Arbeiter_Innenpartei, aber durch ihre Verknüpfung mit der kurdischen Bewegung und der Linken steht sie außerhalb der „legalen“ Opposition. Sie stellt einen zentralen Anknüpfungspunkt für viele Linke dar und muss in eine gemeinsame Front gegen das AKP-Regime integriert werden (wahrscheinlich wäre sie diesbezüglich auch der zentrale Kristallisationspunkt). Die politische Gewerkschaftslandschaft ist ebenfalls ein Ausdruck der Fragmentierung der Klasse, hierbei sind die gelben Gewerkschaften oftmals die deutlich mitgliedsstärkeren, während die linkeren Gewerkschaften häufig kaum 1% der betrieblich Beschäftigten organisieren und damit nicht einmal verhandlungsfähig sind. In diesen vereinzelten Strukturen steckt somit nicht der Keim zur Lösung dieser Probleme. Hierfür bedarf es sektorenumfassende Industriegewerkschaften in denen der offene politische Kampf um die Ausrichtung der Gewerkschaft geführt werden müsste.

Doch was wir in der aktuellen Situation brauchen ist die Arbeiter_Inneneinheitsfront, die die Rücknahme der momentanen Notstandsgesetze und all ihrer Konsequenzen, aber auch die sofortige Beendigung des Krieges gegen die Kurd_Innen – in der Türkei und in Syrien – in den Mittelpunkt stellt. Das Aufstellen solcher Forderungen bei gleichzeitigen Massenmobilisierungen und Streikaktionen bis hin zum Generalstreik gegen den Notstand wirft dabei neben der Frage der Selbstverteidigung auch in letzter Instanz die des Aufbaus einer Arbeiter_Innenpartei und deren Programmatik auf. Dabei müssen Revolutionär_Innen für ein Programm von Übergangsforderungen kämpfen, hin zur Machtübernahme innerhalb des Staates, die die einzige konsequente Möglichkeit zur dauerhaften Verhinderung von Angriffen auf die Klasse und Unterdrückten darstellt.

Doch die Frage der Einheitsfront stellt sich nicht allein in der Türkei, auch in Österreich und Deutschland kam es zu einer Reihe von türkisch-nationalistischen Demonstrationen, die eine weitere Polarisierung nach rechts unter türkischen Nationalist_Innen und Grauen Wölfen bedeuten kann.


Türkei als der verlängerte Arm der Festung Europa




Resolution des bundesweiten Bündnisses Jugend gegen Rassismus

VOM BÜNDNIS „JUGEND GEGEN RASSISMUS“


Nicht einmal mehr von der angeblichen „Willkommenskultur“ der Regierung Merkel ist etwas übrig geblieben. Vielmehr trägt die Große Koalition innere Streitigkeiten auf dem Rücken der Geflüchteten aus. Lobt sich doch jede der Parteien dafür, dass die Zahl der Geflüchteten gesenkt und somit die Festung Europa dicht gemacht zu haben. Dass weiterhin Menschen während ihrer Flucht sterben und auf dem Balkan Polizist*innen sogar gegen Kinder vorgehen, ist aus Regierungssicht zweitrangig. Zuletzt hat der EU-Türkei-Deal dazu geführt, dass die EU das Massaker an den Kurd*innen weiter mitfinanziert und Humanität vollends zur leeren Floskel verkommen ist.


Bereits hier angekommene Geflüchtete müssen sich währenddessen unterstellen lassen, dass sie „integrationsunwillig“ sind, während der deutsche Staat ihnen grundlegende Rechte und die gleichberechtigte Teilnahme verweigert. Sie gelten als geduldete Menschen zweiter Klasse, die jederzeit abgeschoben werden können, und die gegen die hier lebende Bevölkerung ausgespielt werden. Durch Vorhaben wie einer Aussetzung des Mindestlohns für Geflüchtete werden sie gezielt gegen Erwerbslose und Billigjobber*innen in Stellung gebracht. Die rassistische Spaltung der Gesellschaft in Einheimische und Ausländische geht also nicht nur von Rechten aus, sondern wird vor allem massiv durch die Politik der Bundesregierung vorangetrieben. Ihre Wurzel hat sie im Kapitalismus.


Die rechtspopulistische AfD, PEGIDA und dessen Ableger, faschistische und rassistische Gewalttäter*innen spitzen das alles noch zu. Ihr Rassismus bleibt nicht bei reinem Appell an den Staat stehen. Seit Beginn dieses Jahres nehmen die ohnehin schon zahllosen Angriffe auf Geflüchtete, sowie die Brutalität derer zu. Zu den Aufmärschen der selbsternannten „Patriot*innen“ und „besorgten Bürger*innen“ haben sich patrouillierende Bürgerwehren gesellt. Deren Hetze richtet sich nun immer mehr gegen muslimische Mitbürger*innen und hier lebende Migrant*innen.


Diese Polarisierung hat andererseits auch dazu geführt, dass Hunderttausende aktiv diesem Rechtsruck entgegen treten wollen. Die Gegenaktivitäten blieben bislang oft zersplittert, teilen sich auch weiterhin auf verschiedene Kampagnen auf und sind weitgehend symbolisch und reaktiv.


Das bundesweite Bündnis „Jugend gegen Rassismus“ und die Bildungsstreiks der letzten Jahre haben versucht mithilfe des Streiks als politisches Mittel sich dem entgegenzustellen. Der Aktionstag am 27. April 2016 mit Schulstreiks und Aktionen in insgesamt 16 Städten war ein politischer Erfolg. Mehr als 8000 Schüler*innen, Studierende, Azubis und Geflüchtete folgten unserem Aufruf. In Berlin gingen rund 4000 Jugendliche auf die Straße, in Bremen 1000, in anderen Städten mehrere Hundert. Auch dort, wo die Aktionen kleiner und auf wenige Schulen begrenzt waren, ist dies ein erster Schritt zur Politisierung junger Menschen.


Unser Ziel ist es daher, Jugend gegen Rassismus in den nächsten Monaten weiter zu stärken. Der 27. April war nicht das Ende, sondern der Auftakt unserer gemeinsamen antirassistischen Arbeit. Dazu wollen wir folgende Schritte durchführen:


Strike against Racism


Der nächste bundesweite Streik- und Aktionstag soll am 29. September stattfinden. Neben der Situation nach den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin und den bestehenden Forderungen sollen der Kampf gegen antimuslimische Hetze, sowie die Frage nach Rechten von minderjährigen Geflüchteten, ob unbegleitet oder nicht, thematisiert werden. Davor ist für Juli ein dezentraler Aktionstag geplant, der die Schulung von Jugendlichen zum Thema Rassismus in den Fokus rücken soll. Auch lokal werden wir weiter aktiv bleiben, beispielsweise wird am 9. Juli in Berlin eine Demonstration gegen Abschiebungen stattfinden, die wir zusammen mit den Geflüchteten organisieren wollen.


Schließt euch an: Gemeinsam sind wir stark


Auch wenn der Aktionstag ein erster Erfolg war, so stützt sich Jugend gegen Rassismus auf wenige linke Kleingruppen und Aktivist*innen. Unser Ziel ist es, alle linken, zur Arbeiter*innenbewegung gehörenden Jugendorganisationen zu einem bundesweiten Bündnis zu vereinen. Wir rufen unter anderem die Gewerkschaftsjugenden, solid, JuSos, die SDAJ, verschiedene Geflüchtetengruppen und migrantische Organisationen wie Ciwanen Azad und DIDF auf, Jugend gegen Rassismus beizutreten und aktiv beim weiteren Aufbau zu unterstützen.
Eine Verbreiterung des Bündnisses bedeutet jedoch auch in möglichst vielen Städten und Kommunen lokale Bündnisse und Basisstrukturen an Schulen, Universitäten, in Ausbildungsstätten und Geflüchtetenunterkünften aufzubauen, die für gemeinsame Aktionen mobilisieren, sowie sich mit den Kämpfen von Arbeiter*innen zu solidarisieren und gemeinsam mit ihnen gegen die rassistische Spaltung und für unsere Forderungen zu kämpfen!


Wir und andere Bündnisse


Jugend gegen Rassismus hat keinen Alleinvertretungsanspruch für „die Jugend“. Wir wollen deshalb nicht nur weitere Jugendorganisationen und mehr Menschen gewinnen, sondern bauen auch auf eine möglichst enge Zusammenarbeit mit anderen Bündnissen. Wir mobilisieren daher für die geplante Großdemonstration von „Aufstehen gegen Rassismus“, die am 3. September in Berlin stattfinden wird. Dort wollen wir zusammen mit anderen Jugendorganisationen, die sich am Bündnis beteiligen, einen Jugendblock organisieren, der neben der AfD auch den strukturellen, staatlichen Rassismus thematisiert.
Ebenso streben wir die Zusammenarbeit mit den Bündnissen „Fluchtursachen bekämpfen“ aus Nürnberg, an deren Aktion am 22.Oktober wir uns gerne beteiligen würden, sowie „Nationalismus ist keine Alternative“ an.
Auch schlagen wir nach den Aktionen diesen Bündnissen eine gemeinsame Strategiekonferenz im November vor, wo wir über unseren gemeinsame Ziele und unsere Differenzen diskutieren.


Wie wir mobilisieren


Für unsere Aktionen und die Arbeit an Schulen, Berufsschulen, in Betrieben, an der Uni, im Wohnbezirk und in Geflüchteteneinrichtungen brauchen wir Mobilisierungsmaterial und verständlich verfasste Texte, die rassistische Lügen und Vorurteile widerlegen und zum gemeinsamen Kampf aller aufrufen. Diese Materialien sollen in möglichst vielen Sprachen gedruckt werden. Zusätzlich soll es Materialien geben, die Aktivist*innen über ihre Rechte aufklären und Ratschläge im Umgang mit etwaiger Repression bieten.


Hoch die internationale Solidarität


Die Abschottung der EU bedeutet auch, dass wir eng mit Antirassist*innen und Geflüchteten über die deutschen und europäischen Grenzen hinweg zusammenarbeiten. Wir verurteilen die Ausweitung bestehender Abschiebungs-, Polizei- und Militärabkommen von Deutschland und der EU mit nordafrikanischen Staaten im Khartoumprozess. Wir erklären uns aktiv solidarisch mit vom Imperialismus und Krieg unterdrückten und betroffenen Menschen, insbesondere den Befreiungskämpfen in Palästina und Kurdistan. Denn Rassismus ist kein rein deutsches, polnisches oder ungarisches Problem. Rassismus ist ein internationales Problem und nur wenn wir international gegen ihn kämpfen, können wir ihn auch besiegen.


Jugend gegen Rassismus




Resolution: Flüchtlinge Willkommen, Fluchtgründe Bekämpfen!

Internationale Resolution von REVOLUTION

More and more people are fleeing the civil war in Syria and from the breakdown of the Iraqi state. The refugee camps in Turkey and the states surrounding Syria have been overrun way past their capacities for years but recently pressure on the European states has increased as refugees make their way into the imperialist heartlands.

The first signs could be seen in Lampedusa or Calais – in the last month though the number of refugees has significantly surpassed the capacities of the camps and registration infrastructure provided by the bourgeois states of Europe. The barbed wire fences in Hungary and the other border states will not stop people who have come so far to escape Assad’s barrel bombs and the terror of ISIS. Right now there are police and military stationed at the borders shooting teargas and rubber bullets at refugees trying to enter. The Hungarian military has even received permission to use firearms in a non-lethal way. That is what capitalist human rights look like when it comes down to it. The imperialist core of the EU is trying to make it seem like this is just Hungary’s right wing, nationalist government going buck wild. But looking at the billions of Euros that have been invested into the Hungarian border this is hard to believe. It is just the scenario easiest to sell to the public while screening heartening pictures of individual activists who are trying to compensate for the shortcomings of the European governments, a task that can not be accomplished by them. At the same time the EU is preparing more coordinated military actions in the Mediterranean Sea to simply sink the boats trying to cross over to Europe.

Die Festung Europa zerschlagen!

As a result of EU policy the hungarian government is now able to using the current “refugee crisis” in order to push through a variety of anti democratic and racist laws which will not only enable the hungarian police to search all places where they suspect illegal immigrants without any sort of search warrant. They have also now pushed through a law, making it a criminal offence to enter hungary illegally and set up a system of speed trials in order to deport and criminalize refugees. As an enormous number of refugees are young people and children they are also legally treating 14 to 18 year olds as adults to get rid of them. The ruling party in Hungary, FIDESZ under Viktor Orban, has been pushing through antidemocratic measures and austerity policies in the last couple of years and has recently lost its absolute majority in parliament[1]. Since the fascist party Jobbik are now the second strongest parliamentary force in the opinion polls, almost catching up with Fidesz[2], this might lead to a future coalition of Fidesz and Jobbik furthering the right wing backlash.

The rest of the european countries is currently trying to make it look like they have nothing to do with the actions of the military or FRONTEX at the EU borders. The German and Austrian governments are praising their great “welcoming culture”, while closing the borders. Especially the weapon industries in Germany and France have profited from both the wars in Syria, Ukraine and Africa and the investments into border security.

The ruling classes of Europe have also found another way to exploit the precarious situation refugees are faced with when fleeing to countries like Germany. It is no coincidence that capitalists are all of a sudden calling for a work permission for refugees, the welcoming culture is limited to the principle that refugees are welcome as long as capitalists are welcome to exploit them. They hope to create a completely vulnerable, powerless strata of the working class which they can exploit as much as possible. We fully support the right of refugees to work and lead an emancipated life in the countries they had to flee to, but we need to force the unions into organizing a campaign in support of refugee rights as well as organizing refugees as fellow union members and workers.

As for the war in Syria it has also developed more characteristics of an imperialist conflict.The US are bombing oil refineries and sometimes even ISIS, the CIA tries to put forth a force acting in their interest, Russia is exporting aircraft, battle tanks and even personnel to Assad and regional powers such as Qatar and Saudi-Arabia are investing in the war as well. The rigorous continuation of this brutal conflict has lead to a wave of of refugees not matched in decades.

To meet the needs of these people, which is our duty since our wealth is founded on their misery, we need to coordinate internationally. We need to force the European governments into opening the borders, providing safe passage for every refugee and organizing sea rescue initiatives. We need to force them into providing appropriate housing, food and healthcare for everybody. We oppose the idea of creating „nicer“ forms of detention camps but we argue for the right of refugees to live in socially funded housing, not segregated and hidden away from society but as an equal part of it. We need to fight against racism, the growing right wing in Europe and the ongoing attempts to divide us. Therefore, we also oppose every concept of discrimination between economic and political refugees – freedom of movement is everyone’s right, no matter if they are fleeing war, hunger or poverty. We need to demand full citizenship for everyone, the right to vote, to work, to live wherever they want and the right to organize.

Right now we see the individual effort of thousands of volunteers and their great sacrifices all over Europe, which is admirable and a natural reaction to the suffering of others. But it is not a possible solution. We need to address the issues that are really responsible for this situation; the Assad regime which has slaughtered tens of thousands and displaced countless more, the imperialist governments and economies that are profiting from war, exploitation and poverty and finally ISIS who are a creation of imperialist interventions. We need to demand that they stand up to their crimes and pay for them. The struggle for the refugees is not fought or won in the camps, at the registration sites or borders. It must be brought to the streets, into the imperialist centers if we want to solve it. The war that has been brought upon the Syrian or Iraqi people needs to return to those who caused it, the bourgeois class.

Though the demands we are raising against the governments of Europe are based on the dire necessities of being a human, it would be foolish to expect the bourgeois states to try to fulfill them as they attack the very base of their power and wealth. The recent development, the crisis, shows with even more vigor that we have all the right to do so. This tragedy cannot be ended until we eradicate the real cause for it, the capitalist system. A social structure based on ever growing exploitation of the majority of people has not the potential to solve this crisis for it is the cause of it. If we want to help the refugees, if we want to fight the rising racist and nationalist movements we need fight capitalism as a whole and bring it down.

[1] http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-02/ungarn-orban-verliert-popularitaet

[2] http://www.spiegel.de/politik/ausland/ungarn-rechte-jobbik-partei-macht-auf-nett-a-1031915.html