Welche Bildung wollen wir? Für welche Strukturen kämpfen wir?

Juni 2009

Am 15.-19. Juni werden in einem bundesweiten Bildungsstreik SchülerInnen, Studierende, LehrerInnen und Eltern gemeinsam auf die Straße gehen, um ihre Stimme für ein besseres Bildungssystem zu erheben. Die Bildungsproteste an den Schulen, Berufsschulen und Universitäten richten sich gegen die soziale Selektion in der Bildung. Neben der Forderung nach ausreichenden finanziellen Mitteln und mehr Lehrpersonal stellen sich die SchülerInnen und Studierenden gegen jegliche Repressionen und Einschränkungen in Schule und Uni.

Die gemeinsamen Forderungen nach einer besseren Ausstattung der Bildungseinrichtungen, der Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems, der Anstellung von mehr LehrerInnen, der Ablehnung von Schul- und Studiengebühren und der Rücknahme von Schulzeitverkürzungen (Turbo-Abi) werden von allen sozialen Gruppen, von SchülerInnen und Studierenden, LehrerInnen und Eltern, unterstützt.

Doch die Proteste beschränken sich bislang darauf, von den jeweiligen zuständigen Ministerien der Länder mehr „Geld für Bildung“ zu erbitten. Wir von REVOLUTION hingegen wollen, dass Schüler und StudentInnen selbst gemeinsam mit Lehrern und Eltern bestimmen, wie viel Geld die jeweilige Bildungseinrichtung wofür braucht.

Die Grundlage der Situation in der Bildung ist das kapitalistische Verwertungssystem unserer Gesellschaft. Die Politik im Kapitalismus ist stets bemüht, den Wünschen der Privatwirtschaft nachzukommen und so Ausgaben für wirtschaftlich nicht lukrative Bereiche wie die Bildung zu reduzieren – zugunsten von Unternehmen und Banken. Gerade in der aktuellen Wirtschaftskrise sehen wir, wie den Banken und Konzernen hunderte Milliarden an Staatsgeldern hinterher geschmissen werden, während wir selbst Kürzungen hinnehmen müssen.

Unser Kampf gegen die Missstände im Bildungssystem muss also zwangsläufig ein Kampf gegen das kapitalistische Wirtschaftssystem sein, ein Kampf, der nur dann erfolgreich sein kann, wenn wir geschlossen zusammenhalten. Unsere Ziele können wir nur gemeinsam mit den Protesten der Arbeiterbewegung und der sozialen Bewegungen gegen Staat und Kapital durchsetzen.

Die Kürzungen der letzten Jahre, die den Bildungsnotstand verursacht haben und täglich verschärfen, können wir nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn wir die Struktur der Kürzungen und der Privatisierung ganzer Bereiche der Bildung abschaffen. Dazu gehört vor allem die Finanzhoheit des Ministeriums über den Haushalt jeder einzelnen Schulen, Berufsschulen und Unis – die Landesministerien haben bei der Zuweisung des Geldes stets das letzte Wort. Mit jeder Kürzung werden die Bedingungen so für uns schlechter, mit jeder Privatisierung teurer, ohne dass wir auch nur ansatzweise darüber entscheiden könnten.

Innerhalb der Schule selbst sind die Ministerien und die Interessen der Wirtschaft durch den Schulrektor repräsentiert, welcher durch disziplinarische Mittel Schüler -und Lehrerschaft kontrolliert. Kultusminister und Rektoren setzen die Erlasse an der Schule durch, SchülerInnen, LehrerInnen, Eltern und Beschäftigte sind nur in der sogenannten „Gesamtkonferenz“ vertreten, einem Gremium, das nur wenige Entscheidungen trifft und eigentlich nur existiert, um die Erlasse des Ministeriums in der Schule umzusetzen.

Wir fordern, dass die Gruppen des Bildungsstreiks, dass die Schüler und StudentInnen, die LehrerInnen und Eltern die Entscheidungen darüber treffen, wie viel Geld sie für ihre Schule bzw. Uni bekommen – nur sie, keine Beamten oder Minister, können diese Frage im Interesse aller Beteiligten beantworten.

Der bürgerliche Staat und die föderalen Institution setzen seit Jahren den Bildungsabbau um, privatisieren Bereiche innerhalb der Schule und Uni und schachern der Privatwirtschaft mittlerweile auch die Lehrinhalte zu – diesem Staat wollen wir die Hoheit über die Bildung entreißen, an diesen Staat stellen wir keine Bitten – diesen Staat bekämpfen wir!

Wir von REVOLUTION schlagen ein alternatives Konzept zur von der Wirtschaft und ihren staatlichen Institutionen beherrschten aktuellen Bildung vor. Schul- und Universitätsräte, zusammengesetzt aus den SchülerInnen bzw. StudentInnen, den Beschäftigten und LehrerInnen brauchen keinen Rektor, keine Dienstverpflichtungen und keine Sparhaushalte. Diese Räte sollen das Budget selbst erarbeiten, Privatisierungen bekämpfen und rückgängig machen und so vollständige Selbstbestimmung in der Bildung durchsetzen.

Dazu gehört die Abschaffung der sozialen Selektion in den Bildungseinrichtungen. Statt der Aufteilung in Hauptschule, Realschule und Gymnasium fordern wir eine gemeinsame Bildung ohne soziale Einschränkungen und ohne Förderung privater Eliteschulen!

In der Schule und Uni müssen wir die volle Lernmittelfreiheit erkämpfen. Gerade der Zugang zu Bildung wird durch das dreigliedrige Schulsystem massiv erschwert. Wenn bürgerliche Politiker von „bildungsfernen Schichten“ in der Gesellschaft sprechen, dann weil sie selbst armen und arbeitslosen Familien und Kindern von Alleinerziehenden den Zugang zur Bildung systematisch behindern.

Wenn wir für eine solche gemeinsame auf der Organisation in demokratischen Rätestrukturen basierende Bildung kämpfen, so kämpfen wir für ein Bildungssystem ohne Konkurrenz und soziale Spaltung – eine grundlegende Eigenheit der vom Kapitalismus unterworfenen Gesellschaft.

Unser bürgerlich-kapitalistisches Bildungssystem spaltet zunächst die Jugendlichen in „Bildungsklassen“ auf. Ab der 5.Klasse werden der weitere Bildungsweg und so auch die späteren Arbeitsmöglichkeiten der Jugendlichen vorbestimmt – ein Hauptschüler wird niemals Ingenieur, eine Realschülerin niemals Ärztin. Dies sind die Interessen des kapitalistischen Arbeitsmarkt, für jede Form der späteren Arbeit soll es genügend Bewerber geben; diese Auslese, zusammen mit der Verkürzung der Abiturzeit, setzt die SchülerInnen schon früh massiv unter Druck.

Wenn wir von anderer, von gerechter Bildung sprechen, so sprechen wir von einer Gesellschaft, die den Kapitalismus überwunden und das Profit- und Repressionssystem des bürgerlichen Staats hinter sich gelassen hat. „Bildung im Sozialismus“ bedeutet das Ende der sozialen Selektion, bedeutet gleicher, freier und zeitlich nicht beschränkter Zugang aller Menschen zur Bildung statt schulischer Auslese, bedeutet gemeinsames Lernen und die beste Förderung mit allen zu Verfügung stehenden Mitteln. Konkret heißt dies nicht nur mehr LehrerInnen und kleinere Klassen, sondern auch Abschaffung der staatlichen Kontrolle an den Schulen, Abschaffung jeglichen von außen auferlegten Leistungsdrucks und somit das Ende der „bürgerlichen Bildung“. Aus dem heutigen Schulsystem kennen wir alle den Satz, „das brauchst du später im Leben eh nie“ – mit autoritärem Frontalunterricht werden den SchülerInnen Fakten eingepaukt, die sie dann in Klausuren abgefragt bekommen – so funktioniert heute Bildung, so sollen die SchülerInnen auf den kapitalistischen Arbeitsmarkt vorbereitet werden. An der Uni wird das dann fortgeführt, dort gibt es die wohlklingende Bezeichnung „Fachidiot“ – das kapitalistische Bildungssystem soll nur neue verwertbare Arbeitskräfte formen, diese brauchen keinen allgemeinen und wissenschaftlichen Zugang zur Bildung, nein, sie müssen später „ihren“ Aufgabenbereich im Arbeitsmarkt beherrschen können – mehr nicht.

Schon Marx benennt dies, als „Spaltung von Kopf -und Handarbeit“ welche nicht nur die Klasse auf dem Arbeitsmarkt spaltet, sondern auch in ihren Bildungszugängen vorher trennt. Sozialistische Bildung soll diese Spaltung überwinden, Bildung soll als Einheit von Lernen und Arbeiten verstanden werden, das Wissen soll in allen Bildungsbereichen praktisch erfahrbar werden.

Sozialistische Bildungstheoretiker wie Edwin Hoernle nennen diese Bildung, „polytechnische Bildung“ – alle Bereiche der Bildung werden darauf ausgerichtet, dass Theorie und Praxis zusammenlaufen und alle „Empfänger“ einen vollständigen Zugang zur Wissenschaft und deren Anwendung bekommen.

In der Bildungsstreikbewegung müssen wir darüber diskutieren, was unsere Vorstellungen von einer anderen Bildung sind und so Alternativen ausarbeiten.

Wir dürfen unseren Protest nicht auf Demos und isolierte Proteste beschränken, um nach dem Bildungsstreik wieder einzuschlafen. Wir als Jugend müssen für unsere Zukunft kämpfen – gegen Bildungs -und Sozialabbau, gegen die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise. Dafür müssen wir uns gegen Staat und Kapital organisieren, müssen eine antikapitalistische revolutionäre Jugendbewegung aufbauen. Wir von REVOLUTION wollen mit Euch in der Streikwoche aktiv sein, wollen mit Euch die weitere Perspektive des Widerstands diskutieren und so eine starke kämpferische Jugendbewegung aufbauen.




Der Bildungsstreik und linke Gruppen


In diesem Artikel wollen wir uns mit einer sehr wichtigen Frage beschäftigen, welche durch die Organisation des Bildungsstreiks sehr akut geworden ist. Der Bildungsstreik hat sich sehr schnell zu einer dynamischen Bewegung entwickelt, die viele Schülerinnen und Schüler begeistert hat, welche bisher noch nicht politisch aktiv gewesen waren. Der rasche Wachstum von vielen Streikkomitees und der Bewegung insgesamt sowie der erfolgreiche Streik selbst, zeugt davon. An der Organisation des Streiks waren und sind verschiedene linke Gruppen beteiligt. Daher besteht die Frage, warum linke Gruppen in der Bildungsstreikbewegung aktiv sind und welche Rollen sie spielen.

Der Streik und die bürgerliche Presse

Die Beteiligung linker Gruppen war Anlass für die bürgerliche Presse, den Streik anzugreifen und darzustellen, als sei das Ganze eine kommunistische Verschwörung einzelner böser Gruppen. Etwa eine Woche bis wenige Tage vor dem Streik begannen viele Direktoren, die Repressionsandrohungen zu verschärfen. Etwa zeitgleich begann die bürgerliche Presse, über die Streikvorbereitungen zu schreiben. Was wir dann erlebten, war eine massive Diskreditierungskampagne, um den Streik zu verunglimpfen und Lehrer/innen, Eltern sowie Schüler/innen abzuschrecken, daran teilzunehmen. Die Presse stützte sich dabei auf folgende Argumente: es sei nicht transparent, wer den Streik vorbereitet hatte, und vermutlich seien es linke, sozialistische Gruppen, welche die Schüler/innen für ihre Zwecke missbrauchen wollten. Das „Hamburger Abendblatt“ veröffentlichte z.B. einen Tag vor dem Streik einen Artikel, in dem der Streik in ein ominöses Licht gerückt und angedeutet wurde, er sei von „sozialistischen Studentenorganisationen“ organisiert.1 Im selben Artikel stand, dass die Hamburger Schülerkammer den Streik nicht unterstütze, weil man nicht klar erkennen könne, von wem die Aktion organisiert werde. Das Bündnis erhielt daraufhin eine e-mail von der Schülerkammer, in der klargestellt wurde, dass das ein falsches Zitat war und der Streik unterstützt wird. Die „HNA“ aus Kassel berichtete nach der Aktion: „Auffällig waren die vielen Fahnen und Transparente von linken Organisationen bei der Schülerdemonstration. Unter anderem von einer sozialistischen Jugendorganisation, die sich auf ihrer Internetseite für eine Revolution und die Einführung eines Rätesystems einsetzt. Sind die Schüler gut organisierten linken Splittergruppen hinterhergelaufen?“2 Und die Bild-Zeitung rief empört: „Vermummte randalieren auf Schwänzerdemo!“ In dem Artikel werden „die Linksjugend und linke Studentengruppierungen“ (?) der Organisation bezeichnet und sogar die GEW dafür attackiert, dass sie sich von dem Streik nicht distanziert hat.3 Wiederum in Hamburg machte ein Direktor sich sogar die Mühe, am Dienstag alle Klassen persönlich zu besuchen um vor der „kommunistischen Verschwörung“ zu warnen.

Doch wozu das Ganze? Der Tenor ist klar: der Streik soll in der Öffentlichkeit in ein schlechtes Licht gerückt werden, damit SchülerInnen abgeschreckt werden und Eltern sich Sorgen machen, was ihre Kinder denn so treiben. Es ist auffällig, dass sich nur die wenigstens der Berichterstattungen und Kritiken des Streiks mit den Forderungen und Inhalten auseinandersetzen. Kein Wunder! Hier wird schlicht und einfach versucht, von der eigentlichen Problematik, dem Zustand des Bildungssystems, abzulenken. Das Argument, Mensch solle sich nicht an dem Streik beteiligen, weil es bestenfalls unklar sei, wer den Streik organisiert, wahrscheinlich aber sogar böse sozialistische Gruppen dahinter steckten, ist ein Versuch, das Versagen der Politik und dem dahinter stehenden kapitalistischen System zu verstecken!

Warum „nur“ linke Gruppen?

Bei der ganzen Aufregung haben die Vertreter der herrschenden Klasse vergessen, eine Frage zu stellen: Woran liegt das eigentlich, dass (nur) linke bis linksradikale, sozialistische, kommunistische oder autonome Gruppen den Streik unterstützen? Das Bündnis ist unserer Meinung nach offen, jede/r kann kommen und seine/ihre Meinung zur Diskussion stellen (Ausnahme: Nazis, [und] Anhänger rechter, faschistischer und rassistischer Ideologien und liberale bürgerliche Gruppen, als Vertreter der Herrschenden).4 Es ist kein Wunder, dass CDU, SPD und die Grünen den Streik nicht unterstützen und demnach auch nie auftauchen. Diese Parteien sind für Sozialabbau und für den neoliberalen Umbau des Bildungssystems! Diese Parteien verteidigen die aktuelle Bildungspolitik! Es ist daher kein Zufall, dass es sozialistische und kommunistische Gruppen waren, welche die Initiative für den Aufbau einer SchülerInnenbewegung übernommen haben, die Forderungen diskutierten und angefangen haben Widerstand an Schule, Uni und Straße zu organisieren.

Wir fordern jedoch alle linken Jugendgruppen auf, die Bewegung zu unterstützen. Wenn Jugendorganisationen wie Jusos (SPD) teilnehmen, oder Linksjugend-solid’ (Linkspartei-nahe), begrüßen wir das, werden sie auffordern ihren linken und sozialen Anspruch in die Praxis umzusetzen. Wir werden sie gleichzeitig für die neoliberale Politik ihrer Mutterparteien angreifen und auf ihre unkritische Haltung und/oder unwirksame Kritik hinweisen. Wenn diese gemäßigt-linken Gruppen mitmachen, müssen sie für ihre widersprüchliche Haltung gerade stehen. 5

Kritik innerhalb der Bewegung

Auch innerhalb der Bewegung stoßen die Bedenken über eine angebliche Instrumentalisierung durch linke Organisationen auf offene Ohren. Nicht wenige argumentieren, der Bildungsstreik sei nicht Angelegenheit sozialistischer Gruppen, sondern alleine der Schüler/innen selbst, es gehe hier nicht um Politik , Systemkritik, Antikapitalismus und Sozialismus, sondern einzig und alleine um die Belange der SchülerInnen und reine Bildungskritik. Manche SchülerInnengruppen greifen diese Kritik auf, verteidigen die bürgerliche Presse und kritisieren die Beteiligung radikaler oder „extremistischer“ Organisationen. Aber warum? Schauen wir uns diese SchülerInnen an, sehen wir, dass diese meist an Gymnasien angesiedelt sind und sich sozial aus Kindern aus reicheren, kleinbürgerlichen oder bildungsbürgerlichen Haushalten zusammensetzen. Diese Kinder, deren Eltern WählerInnen der bürgerlichen oder sozialdemokratischen Parteien sind, haben primär kein Interesse an einer alternativen, antikapitalistischen und revolutionären Stoßrichtung, sondern wollen das Bestehende reformieren oder ihren Bildungsstandart sichern. Daher ist es nicht verwunderlich, dass z.B. SchülerInnen aus dem Berliner Pankow-Bündnis sich für ein mehrgliedriges Schulsystem ausgesprochen haben, was eine Forderung rechts der SPD in Berlin ist. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass diese systemkritische, proletarische Argumentationsansätze ablehnen und, um sich nicht inhaltlich damit auseinander zusetzten, diese als „Indoktrination“ diffamieren und die bloße Beteiligung und Meinungsfreiheit als „Instrumentalisierung“. Hier wird die bürgerliche Propaganda der rechten und liberalen unterstützt. „Extremistische Chaoten“ dringen in die friedliche Bewegung ein, verführen die unerfahrenen SchülerInnen, stiften Unordnung und rufen zu illegalen Aktionen wie Schwänzen auf.

Warum überhaupt linke Gruppen?

Doch diese Sichtweise ist in mehrerer Hinsicht falsch. Erstens waren es gerade die verschiedenen linken und meist linksradikalen Gruppen, die in vielen Städten die Initiative übernommen und die Bewegung aufgebaut haben. Der Vorwurf, dass diese Gruppen SchülerInnen abgeschreckt hätten ist deshalb absurd, da viele die Forderungen und Aktionen unterstützten, ohne selbst radikal zu sein und unabhängig von der politischen Ausrichtung untereinander. Er ist auch deshalb absurd, da diese Gruppen diese Streikbewegung überhaupt aufgebaut haben. Es ist unmöglich bzw. erfolglos, zu glauben oder zu warten, dass einzelne Schülerinnen spontan und individualisiert voneinander eine schlagkräftige Bewegung aufbauen könnten. Nicht von ungefähr kommen SchülerInnen, die in erster Stunde diesen Streik unterstützen, nicht zu liberalen oder sozialdemokratischen Jugendgruppen, deren Loyalität bekanntermaßen bei den Herrschenden steht, sondern zu radikalen Gruppen, um den Aufbau einer kämpferischen und unabhängigen Jugendbewegung zu unterstützen. Hinter der Kritik gegen die Politik der Radikalen oder Extremisten steckt die Unterstützung von bürgerlicher Ideologie und Abhängigkeit der SchülerInnen. Die Kritik gegen die Zusammenarbeit mit Radikalen und Extremisten ist die Verleugnung der Natur und Geschichte der Bewegung und bedeutet, gegen den Erfolg der SchülerInnenbewegung zu kämpfen.

Zweitens ist eine politische Bewegung immer auf Erfahrungen bereits geführter Kämpfe und auch erlittener Niederlagen angewiesen. Eine dynamische Bewegung wie die jetzige SchülerInnenbewegung besteht notwendigerweise aus vielen neuen, unerfahrenen AktivistInnen. Um aus vergangenen Fehlern zu lernen und auf bereits gemachter Arbeit aufzubauen, ist es notwendig, Spontaneität und jugendlichen Optimismus mit politischer Erfahrung zu verbinden. Sonst kann der anfängliche Optimismus sehr schnell durch Enttäuschung und einer „Wir können ja eh nichts erreichen“ – Einstellung ersetzt werden.   Nur politische Organisationen, die eine kontinuierliche Arbeit zu vielen verschiedenen politischen Themen ausführen, sind in der Lage, die notwendige politische Erfahrung einzubringen.

Und drittens, auch damit zusammenhängend, brauchen wir nicht „irgendeine“ Bewegung, Hauptsache viele Leute, sondern eine inhaltliche Diskussion, wie die Bewegung weiter zu bringen ist. Mit allen Argumenten wurde eine offene Diskussion und Aussprache über verschiedene Ansätze verhindert. Egal ob 
„Sektenkriege“ oder die „Dominanz“ der „politischen Gruppen“ heraufbeschworen wurde, es wurde alles getan, um eine politische Weiterentwicklung der SchülerInnen zu verhindern, eine heile Welt zu konstruieren und wichtige Fragen, wie es weitergehen soll, im Hintergrund zu halten und unkontrollierten Führungscliquen zu überlassen. Auf der Konferenz in Berlin kam der Einwand, dass viel zu viel über Politik diskutiert würde und sich zu viel gestritten wurde.

Doch der Bildungsstreik ist eine politische Frage. Die Ausgestaltung des Bildungssystems ist eine politische Frage. Um die Bewegung weiter zu führen, müssen wir uns offensichtlich Gedanken machen, warum das Bildungssystem so ist, wie es ist. Was wir von der Politik zu erwarten haben. Welche Veränderungen wir erreichen wollen. Wie wir das erreichen könnten. Bildung ist eine gesellschaftliche Frage, sie betrifft nicht ausschließlich Schüler/innen. Wir von REVOLUTION setzten uns für eine offene und kritische Diskussion ein. Wir beteiligen uns nicht an der Bewegung, weil wir sie instrumentalisieren oder einfach nur Mitglieder abgreifen wollen, sondern weil wir unsere Erfahrungen anbieten und sicherstellen wollen, dass die SchülerInnen ihre Aktionsformen und Perspektiven selbst wählen können. 6 Aus unserer Analyse ziehen wir den Schluss, dass die Bildungsbewegung nur erfolgreich sein kann, wenn Widerstand gegen die herrschende Politik an verschiedenster Front organisiert wird. Doch wir sind der Meinung, dass die Bewegung an einer „einfachen“ Kritik an der Bildungspolitik nicht stehen bleiben darf. Diese Bildungspolitik ist Ausdruck eines Herrschaftssystems, welches als Grundlage die Profitanreicherung der Kapitalisten hat. Das Bildungssystem ist nicht unabhängig davon und hat die Aufgabe, verwertbare und individualisierte Arbeitskräfte zu produzieren. Deshalb braucht der Widerstand die Aktionsformen und Wege, die am wirksamsten sind. Und deshalb muss er sich radikalisieren und gegen das kapitalistische System mobilisieren, andernfalls wird er langfristig entweder in die herrschende Politik kanalisiert werden oder im Sande versickern.

1 „Aufruf zum Schülerstreik – doch wer steckt dahinter?“ Hamburger Abendblatt vom 11.11. 2008

2 „An Bildung wird gespart“ HNA vom 12.11.2008

3 Bild – Hamburg vom 12.11.2008

4 Hierbei handelt es sich um die Meinung von REVO, nicht um die des Bündnisses. Meines Wissens nach           gibt es dazu keine offizielle Darstellung.

5 Die Linke hat den Streik zwar offiziell unterstützt, aber war praktisch wenig daran beteiligt [. Noch          weniger kämpfen sie für die politischen Forderungen,] weshalb wir sie scharf kritisieren! [Solid      hat       den Streik aktiv unterstützt. ]

6 Hier können wir selbstverständlich nur von uns sprechen. Auf andere Gruppierungen wie z.B. Solid/SAV trifft dieser Vorwurf unserer Meinung nach zumindest teilweise zu.




Wie weiter nach dem 12.11.?

Wie weiter nach dem 12.11?

Perspektiven der Bildungsstreiks – für eine antikapitalistische kämpferische Jugendbewegung !!

REVOLUTION Dezember 2008

In über 40 Städten Deutschlands gingen mehr als 100 000 SchülerInnen, StudentInnen und Azubis gegen Bildungsabbau und Bildungsselektion auf die Straße. In allen Bundesländern haben sich in diesem Jahr lokale Bildungsbündnisse gegründet, die gegen die verschiedenen Angriffe der Landesregierungen, wie das „Turbo-Abitur“ nach 8 Jahren, die Einführung der Kopfnoten und die sehr schlechten Lernbedingungen an den meisten öffentlichen Schulen, den 12.11. als bundesweiten Protesttag ausgerufen hatten. Neben verschiedenen Schülervertretungen auf Stadt -und Länderebene unterstützen verschiedene GEW Gliederungen und politische Organisationen wie solid, SAV, verschiedene Antifa Gruppen bundesweit, SDAJ, REVOLUTION, GAM, NDJ und DIDF die Proteste.

Auf der ersten gemeinsamen bundesweiten Konferenz in Berlin am 11/12.10 gab es einen breiten Austausch von ungefähr 20 Städten und erste politische Diskussionen um den weiteren Aufbau und die weiteren Perspektiven der Bewegung. REVOLUTION legte gemeinsam mit der Berliner Landesschülervertretung (LSV) einen Resolutionsantrag vor, der der Bildungsbewegung eine klar antikapitalistische Richtung geben sollte und eine offene politische Struktur zur Planung und Einbindung neuer Bündnisse und Gruppen vorsah. Damit treten wir für eine kämpferische Jugendbewegung gegen Bildungsabbau ein, aber auch für eine antikapitalistische Jugendbewegung gegen die Grundlage jeglicher Bildungskürzung und Selektion – gegen den Kapitalismus und den bürgerlichen Staat. Dies sind auch die Lehren aus den StudentInnenprotesten der Jahre 2003-2006. Diese blieben isoliert, konnten keine neue Bündnispartner gewinnen und blieben politisch bestimmt von reformistischen Nachwuchsorganisationen wie Jusos und Grüne Jugend. Diese Organisationen benutzen dann die Proteste für ihre jeweiligen Landtagswahlkämpfe und der vorherige, oft sehr dynamische und auch stellenweise militante Widerstand der StudentInnen wurde politisch verraten und beerdigt.

Diese Gefahr droht auch den verschiedenen Bildungsbündnissen. Dort sind die „Beerdiger“ in Form der Linkspartei und den Gewerkschaften schon mitbestimmend, gerade auch durch die SAV, die als solid und als Teil der Linkspartei auf den Bündnissen agiert.

Die zweite bundesweite Konferenz in Kassel am 13.12

Außer dem Resolutionsentwurf von REVOLUTION und der LSV-Berlin gab es einen weiteren von dem Stuttgarter Bündnis, welcher von der SAV stammt. In Berlin hatte die SAV zwar die Abstimmung knapp für sich entscheiden können (diese war eher allgemein gegen „neoliberale Bildungspolitik“, aber ohne weitergehende politische Perspektive ausgefallen), scheiterte aber mit dem damaligen Hauptstreitpunkt, einer zahlenmäßig begrenzten gewählten Koordination. Gerade in einer Phase, in der die Bildungsbewegung im Vergleich zu den Protesten im Mai in Berlin und im Juni mit ca. 10 Städten einen deutlichen Schub erfahren hatte, wäre es falsch gewesen, eine starre Begrenzung der Koordinierung einzuführen. Die Bewegung war im Entstehen und kann jetzt, nach dem 12.11., einen bundesweiten Charakter bekommen. Dafür brauchen wir eine Koordinierung, welche in der Lage ist, neue lokale Strukturen zu integrieren und zu repräsentieren und der dynamischen Wachstumsphase der Bewegung Rechnung trägt.

Neben dieser Frage soll es in Kassel hauptsächlich um die Perspektive, die weiteren politischen Schwerpunkte, anstehende Kampagnen und Mobilisierungen der Bildungsbewegung gehen. Eine verabschiedete Resolution oder ein Perspektivpapier kann die nächste Etappe des Widerstands für das Frühjahr einläuten. Die Konferenz in Kassel, ebenso wie der 12.11., fällt in eine politische und ökonomische Situation, die von einer kommenden Weltwirtschaftskrise und sich verschärfenden Klassenkämpfen und Konflikten gezeichnet ist. Davon werden auch alle Fragen der Bildungs- und Sozialpolitik der nächsten Jahre bestimmt. Deswegen ist es nötig, die Bildungsbewegung politisch breiter aufzustellen.
Isolierte Bildungsproteste sind zum scheitern verurteilt, erst recht in einer ökonomischen Krise. Wir sehen täglich, dass den Banken und bald auch den Großkonzernen Milliarden hinterher geschmissen werden, während an den Schulen Zehntausende LehrerInnen fehlen, viele Schulgebäude verrotten, die Lernmittelfreiheit abgeschafft wird und sich nur die Kinder reicher Eltern teure Nachhilfe leisten können.

Bei der weiteren Perspektive der Bewegung geht es um grundlegende Analysen von sozialen und politischen Kämpfen, geht es ganz einfach um die Frage, wie wir erfolgreich sein können. Ein positiver Bezugspunkt der Proteste in den vergangenen Jahren war stets die französische Jugend im Jahr 2006, welche gegen das „Ersteinstellungsgesetz“ CPE demonstrierte und gemeinsam mit der ArbeiterInnenbewegung das Gesetz zu Fall brachte und die konservative Regierung de Villepin in eine tiefe Krise stürzte. Diese Jugendbewegung bestand aus allen Teilen der Jugend, nicht nur den aktuellen Azubis. Ihre Demos, Streiks und Besetzungen zwangen die Gewerkschaften und die „linken“ Parteien, die Jugendbewegung mit einem eintägigen Generalstreiks zu unterstützen – bis zu den Verhandlungen der Regierung mit der Gewerkschaftsführung und dem Ende des CPE-Gesetzes.

Das vielzitierte Beispiel aus Frankreich zeigt, dass die Bildungsbewegung nur einen erfolgreichen Kampf führen kann, wenn sie gemeinsam mit der ArbeiterInnenbewegung, den Arbeitslosen und den Armen gegen die Politik von Staat und Kapital gemeinsam kämpft.

Perspektive

Wenn dann also jetzt in einigen Bündnissen die Diskussionen ausbrechen, ob „die SchülerInnen“ überhaupt politische Gruppen in den Bündnissen bräuchten, oder die SAV bspw. die Bewegung auf SchülerInnen, StudentInnen und Azubis begrenzen will, dann müssen alle AktivistInnen sich klar sein, dass ein solcher Weg das Ende der Bildungsbewegung sein wird. Jede Frage, die in den letzten Monaten und Jahren in den verschiedenen Bündnissen zur Bildung diskutiert wurde, bezieht sich auf die kapitalistische Ordnung und den dazu gehörenden bürgerlichen Staat. Alles, was wir auf den Demos forderten, müssen wir durchsetzen gegen die herrschenden Interessen. Schließlich sind es die Interessen der Wirtschaft, die unsere Bildung privatisieren und selektieren will – und es ist der bürgerliche Staat, der diese Interessen gegen uns durchsetzt. Alle Angriffe, d.h. alle Kürzungen im Bildungsbereich, die Einführung von Studiengebühren, die Privatisierung von Schulen und Lehrinhalten, die immer stärkere Selektion in der Jugend, sind begründet durch kapitalistische Interessen, die selben, die Hartz4 eingeführt, die Mehrwertsteuer erhöht und die Rente mit 67 eingeführt haben.

Daher ist unser Kampf und unser Protest nicht allein ein „SchülerInnenstreik“, über den sich dann noch einige rechte Lokalmedien lustig machen dürfen – unser Widerstand richtet sich zentral gegen den Sozial -und Bildungsabbau der letzten Jahre, richtet sich gegen die Interessen der Wirtschaft und der bürgerlichen Parteien (dazu zählen wir auch SPD und Linkspartei, und zwar als bürgerliche Arbeiterparteien. Der Rot-rote Senat in Berlin steht seit Jahren beispielhaft für deren Bildungspolitik).
Unser Protest hat jetzt die Möglichkeit, sich in Deutschland mit den beginnenden Kämpfen und Protesten während der eintretenden Weltwirtschaftskrise zu verbinden, genau wie wir in Europa gemeinsam mit der italienischen, griechischen und spanischen Bewegung zusammen arbeiten können – das sind Erfolg versprechende Perspektiven, ein breites Bündnis mit der Arbeiterklasse und ein europäisches Jugendbündnis können unsere Bewegung voran bringen – eine Begrenzung von AktivistInnen oder eine Abgrenzung von politischen Gruppen bringen das politische Ende der Bewegung. Ein erster Schritt für die räumliche Ausweitung der Proteste auf europäische Ebene wäre eine europäische Konferenz.

Wir dürfen uns nicht blenden lassen von manch Solidarität und Unterstützung von Seiten der Linkspartei oder verschiedenen Gewerkschaftsgliederungen. Ihnen geht es nicht um eine unabhängige antikapitalistische Jugendbewegung, die aktiv in die Kämpfe eingreifen kann. Ihnen geht es um die politische Kontrolle der Bewegung, die Aktivierung von möglichen Wählerstimmen oder die Anwerbung künftiger Mitglieder. Zwar gibt es oft warme Worte der Unterstützung von Linkspartei, Solid/SAV und der Gewerkschaften für die Anliegen des Bildungsstreiks, auch SPD und Grüne lassen sich zu „Sympathien“ hinreißen, nur zeigt die praktische Politik der Parteien das Gegenteil. Die praktische Arbeit von Gewerkschaften und Solid/SAV ist auf eine Begrenzung der Proteste aus und versucht jede antikapitalistische Orientierung zu bekämpfen. Wenn die AktivistInnen, die am 12.11. über 100 000 auf die Straßen Deutschlands gebracht haben, weiter für ihre Forderungen und die Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse kämpfen wollen, dann müssen wir als antikapitalistische Jugendbewegung in die kommenden sozialen Kämpfe eingreifen, müssen unabhängig von Gewerkschaften und reformistischen Parteien und Gruppen agieren und gemeinsam mit den Beschäftigten und Armen national und international für unsere Interessen kämpfen.




Wie weiter nach dem Streik?

Wie weiter nach dem Streik?

Die zweite Etappe des SchülerInnenstreiks wurde erfolgreich gemeistert. Bundesweit gingen in Berlin, Stuttgart, Lüneburg, Kassel, Frankfurt, Hamburg und vielen weiteren Städten am Mittwoch tausende SchülerInnen gemeinsam auf die Strasse, um für bessere Bildung zu demonstrieren.

Mensch kann zufrieden bilanzieren, dass es im Vergleich zu den Streikaktionen im Sommer dieses Jahres gelungen ist, den Widerstand auszuweiten und die Bewegung zu verbreitern. Zum einen haben sich neue Komitees in Städten gebildet, welche im Sommer noch nicht dabei waren, z.B. Stuttgart und Hamburg, zum anderen konnten die bereits aktiven Komitees ihre Verankerung ausbauen und weitaus mehr SchülerInnen für die Bewegung gewinnen, z.B. Lüneburg, Kassel, Frankfurt. Ein toller Erfolg!

Doch natürlich hat die Bewegung noch einige Mankos aufzuweisen. So wurde es nur vereinzelt geschafft, Verknüpfungen mit anderen von der Bildungspolitik betroffenen Schichten herzustellen. Insbesondere gelang es nicht, den Widerstand auf die StudentInnen und LehrerInnen auszuweiten, welche nur zum Teil den Streik unterstützten und wenig daran teilnahmen.

Bundesweit herrscht in den Bündnisstrukturen die Stimmung, dass es auf jeden Fall weitergehen muss, dass wir es nicht bei diesem Streik belassen können/dürfen/sollen. Deshalb wird im Dezember eine weitere bundesweite Konferenz stattfinden, welche über das weitere Vorgehen bestimmen soll.

REVOLUTION unterstützt diese Konferenz. Es ist wichtig, dass die Proteste weitergeführt werden! Aber uns allen ist klar, dass wir nicht einfach einen Streik nach dem anderen machen können, dann verlieren wir unsere Glaubwürdigkeit. Für den Erfolg der Bewegung und die weiteren Aktionen ist es entscheidend, dass der Widerstand ausgeweitet (StudentInnen, LehrerInnen) und radikalisiert (Besetzungen) wird.

Auf diesem Treffen soll es, je nach Bedürfnis der TeilnehmerInnen, zum einen darum gehen, wie das erreicht werden kann, zum anderen aber auch welche Probleme dem Bildungssystem im Kapitalismus zugrunde liegen.

Wann: Montag, 17.11., um 18 Uhr

Wo: Die Grete, Kulturverein Schanzenviertel, Margaretenstrasse 33
(Nähe U-Station Sternschanze, Schlump und Christuskirche), Hamburg

Achtung: wahrscheinlich müssen wir den Ort wechseln, weil in der Grete an diesem Abend kurzfristig ein Dart-Turnier stattfindet, wir treffen uns aber auf jeden Fall dort (bis Montag organisieren wir einen anderen Treffpunkt unmittelbar in der Nähe).




Aufruf zum Bildungsstreik 12.11.08

Wir haben die Schnauze voll!

Aufruf der Jugendorganisation REVOLUTION zum bundesweiten Schulstreik am 12. November

Ihr wisst, was an der Schule Scheiße ist. Es fehlt an grundlegenden Sachen wie Lehrpersonal, kostenlosen Lernmitteln, pädagogisch sinnvollen Klassengrößen und einwandfreien Schulgebäuden.
Dafür werden wir mit autoritären und überlasteten LehrerInnen, abgehobenen Behörden, teuren Nachhilfestunden, langen Schultagen, Stress und Selektion konfrontiert. Schule heißt: statt Verstehen zählt Gehorchen, Wissen wird zum Auswendiglernen und Vergessen – Lernen und Leben von SchülerInnen werden zur Hölle.
Wenn das Versagen so offensichtlich ist, beschwören „Experten“, Wirtschaftsbonzen und Politiker, wie wichtig ihnen „die“ Bildung ist und was zu tun sei. Nur, dadurch wird es meist noch schlimmer!

Ob „Bildungsreform“, „Ausbildungspakt“, „Bildungsgipfel“ oder „Bildungsinitiative“: Die Bildungsmisere wird zum Vorwand genommen, noch mehr LehrerInnen rauszuschmeißen, noch mehr Mittel zu kürzen, noch strengere Regeln einzuführen – also kurz: die Bildungsmisere in eine Bildungskatastrophe zu verwandeln!
Natürlich wird dabei viel Mühe in pompöse Inszenierungen und teure Imagekampagnen gesteckt, das lieber in uns, die SchülerInnen, investiert werden sollte.

Das ganze verdammte System …

Dieser verlogene Unfug hat aber eine Ursache. In der Gesellschaft, in der wir leben, dienen Schule und Ausbildung nicht den Bedürfnissen der Mehrheit der Bevölkerung und schon gar nicht der SchülerInnen. Sie dienen dazu, die gesellschaftlichen Verhältnisse und damit die Spaltung der Gesellschaft in Klassen – also das Fundament des Kapitalismus – wiederherzustellen.

Für die Reichen und Superreichen gibt es immer „Spezialschulen“, wirkliche Eliteschulen, wo auch keine „normalen“ SchülerInnen hinkommen.
Für die Mittelschichten, AkademikerInnen und „gehobene“ ArbeiterInnen gibt es eine ganze Reihe von Schulen, Bildungsstätten und Ausbildungsgänge: Unis, Gymnasien über Realschulen bis zur Fachberufsschule.

Schließlich gibt es noch die Haupt- und Sonderschulen. Dort müssen jene hin, die aufgrund der Massenarbeitslosigkeit gerade nicht verwertet werden können oder die für Billigjobs, Leiharbeit oder unqualifizierte Arbeit keine große Qualifikation ’brauchen’.
Immer geht es darum, dass nur die Fachkräfte rauskommen, die vom Kapital verbraucht werden können. SchülerInnen und StudentInnen sollen sich nicht über verschiedene Disziplinen hinweg orientieren, nach Interessen und Fähigkeiten weiterentwickeln und das gelernte Wissen praktisch anwenden und überprüfen. Es müssen schnell und billig halbwissende und loyale ’Experten’ herangezüchtet werden.

Daher ist dieses System immer selektiv und unterdrückerisch. Wer wenig Kohle hat, wer rassistisch diskriminiert wird, wird in der Schule nicht gefördert, sondern nach „Status“ eingeordnet. Die „Reformer“ sehen das Problem nicht in der sozialen Ungleichheit „unserer“ Gesellschaft; sie wollen nur die Auswirkungen dieses Systems abfedern. So kommt trotz aller „Reformen“ von Regierung, Unternehmerverbänden, Bildungsexperten, Reformpädagogen, Gewerkschaftsbürokraten u.a. am Ende immer dieselbe Scheiße raus. So wird die Hierarchie und Ausbeutungsordnung ’unserer’ Gesellschaft in der Schule reproduziert.

Die Kosten der Bildung

Das Kapital will aber nicht nur loyale und flexible Spezialisten, FacharbeiterInnen oder schlecht ausgebildete (und damit billigere) unqualifizierte ArbeiterInnen. Es will für deren Herstellung – also für die Finanzierung der Schulen und Berufsschulen – möglichst auch nichts zahlen. Das sollen die Lohnabhängigen – also meistens die ArbeiterInnen – selbst tun. Daher werden immer mehr Schulen und Universitäten (von der Reinigung, über Küche bis hin zu ganzen Schulen) verkauft und privatisiert, während es für die Masse immer teurer und schlechter wird. Ausreichende Bildung muss dann privat außerhalb der öffentlichen Schule „dazu gekauft“ werden. Die Unternehmer freut’s: Da kann man auch noch reichlich absahnen!

Das trifft umso mehr auf die aktuelle Situation zu, wo wir am Beginn einer tiefen Wirtschaftskrise stehen, wo ohnedies schon Millionen Arbeitslose („überflüssige Arbeitskräfte“) vorhanden sind und noch ein paar Millionen dazu kommen werden. Die Kosten für diese Krise soll wie immer die Arbeiterklasse bezahlen!

Es ist unbedingt notwendig, dass wir uns gegen diese Angriffe wehren und am 12. November gemeinsam auf die Straße gehen. Deshalb: Unterstützt REVOLUTION und unsere Ziele für den Bildungsstreik!

Kostenlose Bildung für Alle! Wiedereinführung der Lernmittelfreiheit! Klassenfahrtsoli für alle – und zwar umsonst!
Nein zur selektiven Bildung! Weg mit dem mehrgliedrigen Schulsystem! Alle SchülerInnen sollen gemeinsam lernen und individuell nach Interessen gefördert werden.
Abschaffung aller Studien– und Schulgebühren! Studien -und Ausbildungsplätze für alle!
Mindesteinkommen für alle SchülerInnen, StudentInnen und Azubis von 1000 Euro Netto!
Rücknahme aller Kürzungen und Arbeitszeitverlängerungen im Bildungsbereich, Neueinstellung von LehrerInnen – voller Personal -und Kostenausgleich in den Bildungsetats!

Für kleine Klassengrößen, bessere Ausstattung und sofortige Rücknahme des Turbo-Abiturs!
Für freie und selbstverwaltete SchülerInnenräume, volle Organisierungs- und Propagandafreiheit aller SchülerInnen an Schulen!
Für volles Aktions- und Streikrecht aller SchülerInnen, LehrerInnen und Beschäftigten!
Für den Aufbau einer SchülerInnengewerkschaft!
Bildung von Ausschüssen, bestehend aus SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern zur Erarbeitung und Kontrolle von Lehrinhalten und Lehrplänen!
Unternehmen raus aus der Schule! Kein privates Sponsoring von Kapitalisten! Gegen jede Form von (Teil)Privatisierung!
Abschaffung des Religionsunterrichts! Keine Ersatzunterweisung in bürgerlicher „Moral“ (Ethikunterricht)!

Elitäre Kaderschmieden statt breite Bildungsmöglichkeiten

Das Bildungssystem in Deutschland befindet sich im neoliberalen Umbau: Eine „Reform“ nach der anderen, vermehrte Abhängigkeit von der Wirtschaft, Turbo-Abitur (G8), schlechte Ausstattung für öffentliche Schulen, Schaffung von Elite-Universitäten, Bachelor-Master-Studiengänge, Studiengebühren.

All das passiert nicht, weil die „falschen“ Politiker an den falschen Stellen sitzen oder weil diese oder jene Partei gerade das Sagen hat. Diese Umstrukturierung orientiert sich an den Erfordernissen der Kapitalisten. Alle oben genannten Maßnahmen haben das Ziel, Bildung ’effizienter’ zu gestalten – aber nicht ’effizienter’ im Sinne der Bevölkerung.
Die Umgestaltung des Bildungssystems ist keine deutsche Angelegenheit – sie wird auch auf europäischer Ebene durch den „Bologna-Prozess“ durchgeführt.

Organisieren gegen Kapitalismus!

Wenn der Kapitalismus das Problem ist, heißt das auch, dass wir uns organisieren müssen, um den Kapitalismus zu bekämpfen und zu stürzen. Dafür wollen wir REVOLUTION aufbauen. Wir wollen es nicht dabei belassen, Symptome zu bekämpfen und Angriffe abzuwehren: wir wollen die Wurzel des Problems beseitigen. Ein interdisziplinäres, offenes, fächerübergreifendes, ungezwungenes oder gar emanzipatorisches Bildungssystem ist mit dem Kapitalismus nicht vereinbar!
Diesen Kampf können wir nur gewinnen, wenn sich SchülerInnen, StudentInnen und Azubis unabhängig organisieren und Aktionsgruppen aufbauen.

Da die Bildungsmisere kein gesondertes, sondern ein gesellschaftliches Problem ist, also gesellschaftliche Ursachen hat, können wir nur im gemeinsamen Kampf mit LehrerInnen, Reinigungskräften, streikenden MetallarbeiterInnen und BusfahrerInnen diesen Kampf gegen Bosse und Bürokraten gewinnen. Wir müssen gemeinsame Aktionen und Strukturen mit Gewerkschaften, Arbeitslosenverbänden, MigrantInnenorganisationen und politischen Gruppen aufbauen und so zu einer gesellschaftlichen Kraft werden.
Das heißt aber auch, dass wir unsere Aktionsformen radikalisieren müssen. Nicht nur Verweigerung und Streik jedes halbe Jahr, sondern Besetzungen und Selbstorganisation müssen gewagt werden.

Ein solcher Kampf für eine Bildung im Sinne der Mehrheit und ihrer Bedürfnisse heißt auch, die Macht- und Systemfrage zu stellen. Die Herrschenden werden niemals freiwillig die Kontrolle über „ihr“ Bildungssystem aufgeben – genauso wenig, wie sie ihre ökonomische und politische Macht freiwillig abgeben. Es stellt sich also die Frage der sozialistischen Revolution und eines Rätesystems, der Zerschlagung des Kapitalismus und seines Herrschaftsapparats.

Daher bauen wir eine globale revolutionäre Jugendorganisation auf und kämpfen für eine Jugendinternationale!
Daher kämpfen wir für eine revolutionäre Weltpartei und eine neue, die Fünfte Internationale. Der Widerstand heute ist der Sieg von morgen!

One Solution – Revolution!




Schülerstreik am 12.06.

Schülerstreik am 12.06.08

Bericht

Am 12. Juni streikten in Kassel 4000 SchülerInnen gegen Sozialabbau, Abiturzeitverkürzung auf 12 Jahre, Studiengebühren, den Mangel an Lehrkräften und Räumlichkeiten an Schulen und das dreigliedrige Schulsystem. Auch Studierende beteiligten sich an der Demonstration.
Angesichts der kurzen Mobilisierungszeit von nur drei Wochen und der heftigen Repressionen vonseiten der Schulleiter stellte der Streik einen großen Erfolg dar – erwartet wurden 2000-3000 Demonstranten.

Organisiert wurde der Protest, wie auch in anderen Städten, vom „Bündnis Bildungsblockaden einreißen“, das sich aus verschiedenen Organisationen zusammensetzt, darunter auch die sozialistische Jugendorganisation REVOLUTION. Politisch dominiert wird das Bündnis vom kasseler Stadtschülerrat und der jungen GEW.

Von verschiedenen Schulen aus holten sich die SchülerInnen gegenseitig ab, um rechtzeitig gemeinsam am kasseler Rathaus einzutreffen, wo um 10 Uhr die erste Kundgebung stattfand.

Auf dem Weg zur ebenfalls am Rathaus stattfindenden Abschlusskundgebung blockierte der Demonstrationszug den Verkehr in der Innenstadt und erreichte so eine enorme Massenwirksamkeit.

Die Kundgebungen waren eher mäßig. Die Redebeiträge vom Stadtschülerrat und der GEW zeigten die Position der vermeintlichen Streikleitung: personalisierte Kritik an Ministerpräsident Koch und Kultusminister Banzer. Die Ursache der Kürzungen im Bildungssystem – die beginnende Rezession – wurde nicht erwähnt, weitsichtigere und somit kritische Redebeiträge nicht zugelassen.

Allgemein stellte die Dominanz des karrieristischen Stadtschülerrats und der Gewerkschaften ein Hindernis für die Mobilisierung des Streiks dar. Der Versuch der aktiven SchülerInnen, basisdemokratische Strukturen aufzubauen, wurde ignoriert und auf diese Weise Potential verschenkt.

Doch angesichts seiner trotz allem beeindruckenden Größe stellt der Streik einen wichtigen Ansatzpunkt für den Aufbau einer starken Jugendbewegung dar.
Nun gilt es, die vorhandenen Strukturen zu demokratisieren und für den großen bundesweiten Bildungsstreik im Herbst zu nutzen – für eine revolutionäre Jugendbewegung.




Nach dem Streik ist vor dem Streik

Auf zum SCHULSTREIK!

22. Mai/ 11h / Potsdamer Platz/ Widerstand formieren! Bildungsabbau stoppen!

Jugend hat keine Zukunft in Berlin. Der „rot/rote“ Senat kürzt an allen Ecken und Enden:
– Fortsetzung der „Haushaltskonsolidierung“, „Eigenverantwortung“ und individuelle Förderung. Das bedeutet: überfüllte Klassen, zu wenig LehrerInnen, schlechte Bildung, Verschärfung der Konkurrenz untereinander. Dagegen werden Privatschulen und Elitebildung gefördert. Auch nach der Schule sieht’s düster aus:
– Lehrstellenmangel, schlechte Ausbildung, Billigjobs, Studiengebühren oder Arbeitslosigkeit!

Was können wir tun?

Widerstand ist die einzige Sprache, die die Herrschenden in Politik und Wirtschaft verstehen. Deshalb müssen wir uns organisieren und für unsere Interessen kämpfen! Wir müssen eine Schülerbewegung aufbauen, die sich auf Landesebene in Form eines aktions- und beschlussorientierten Bündnisses vernetzt und an den Schulen durch Schülerkomitees verankert ist.
Damit die Bewegung nicht bei jedem Streik wieder bei Null anfängt, müssen wir unabhängige Interessens- und Koordinierungsstrukturen aufbauen, die auch nach dem Streik bestehen bleiben und die Interessen der SchülerInnen gegen den Senat vertreten können. Dazu muss eine politische Organisation der Jugend aufgebaut werden!
Ob Schule, Uni oder Betrieb: Sie müssen uns gehören! Wir müssen sie uns erkämpfen!

Unterstütze den Aufbau einer revolutionären Jugendorganisation! Komm zu REVOLUTION!

Forderungen von REVOLUTION:

  • Volle Lehrmittelfreiheit! Keine Studien- oder sonstige Gebühren!
  • Kleinere Klassen! Mehr LehrerInnen! Keine Schließung und Zusammenlegung von Schulen
  • Nieder mit der sozialen Selektion! Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems!
  • Keine Privatisierung von Schule und Bildung! Für gute öffentliche Schulbildung!
  • Gegen Leistungsverdichtung! Für das 13-Jahre-Abitur!
  • Kontrolle der Schule durch SchülerInnen, Schulpersonal und Gewerkschaften!
  • Für selbstverwaltete SchülerInnenräume!

Termine:

– 22.5.
SCHULSTREIK!!!
11h, Potsdamer Platz
– 25.5.
Aktionskonferenz der SchülerInnenstreikbewegung
– Bilanz des Streiks
– Was sind unsere Forderungen und warum?
– Wie weiter
13h, Haus der Demokratie und Menschenrechte, Greifswalderstr. 4

– 26.5.
REVO-Veranstaltung
– Studentenunruhen Mai 68 in Frankreich
– Bilanz der Berliner SchülerInnenstreikbewegung

– 12.6.
bundesweiter SchülerInnenaktionstag

– 13.7.
REVO-Party
– Aufbau von Widerstand vor Ort an der Schule
– Ziele und Perpektiven der SChülerInnenbewegung
19h, Rote Insel, Mansteinstr. 10




Mathe,Bio – Streik!

Mathe, Bio – Streik!

REVOLUTION Mai 2008

Wenn jemand im Unterricht fehlt, dann
meist, weil er krank ist. Wenn alle
Schüler fehlen, ist das Bildungssystem
krank. Dass tatsächlich etwas mit dem
Bildungswesen nicht stimmt, ist schon
daran ablesbar, dass es in Berlin derzeit
Vorbereitungen für einen stadtweiten
Schulstreik gibt – es wäre der dritte in
drei Jahren!

Bildungsmisere

Dass die Debatte über die „zentrale
Bedeutung von Bildung,“ die derzeit von
allen Parteien rauf und runtergebetet
wird, oft nur Wahlkampfgeklingel ist und
nicht Anlass für reale Verbesserungen,
ist auch in Berliner Schulen sichtbar.
Auch unter dem Berlinere rot-roten
Senat aus SPD und der LINKEN ist die
Situation an vielen Schulen miserabel.
Zu große Klassen, zu wenig LehrerInnen,
zu viel Ausfall machen Schule für alle
Beteiligten zu einer Frustveranstaltung.
Die Kosten für die Eltern werden immer
höher, die Lehrmittelfreiheit früherer
Jahre ist weitgehend abgeschafft, viele
SchülerInnen aus ärmeren Haushalten –
also auch viele ImmigrantInnen – können
z.B. Klassenfahrten oft nicht mitmachen,
weil das Geld fehlt.

Die Politik verschlimmert die Situation
noch, indem anlässlich der PISA-Studien
der Leistungsdruck in der Schule ständig
erhöht wird. Zusammen mit den schlechten
Lernbedingungen führt das dazu, dass
immer mehr SchülerInnen Nachhilfe
benötigen. Die (kostenpflichtige)
Nachhilfe ist inzwischen zu einem
riesigen Sektor angewachsen, der von
großen privaten Bildungs-Unternehmen
beherrscht wird.

Dieser Zustand erscheint umso absurder,
als der seit Jahren zunehmende
Sozialabbau und die schlechter werdenden
Ausbildungs- und Berufsperspektiven
für Jugendliche die offizielle These „gute
Bildung erhöht die Chancen“ immer mehr
als Märchen entlarvt. Wenn – wie in der
Rütli-Schule – sich die soziale Frustration
der SchülerInnen (und nicht nur bei
ImmigrantInnen-Kindern) Bahn bricht,
dann fällt den „Bildungs-Experten“
oft nichts Besseres ein, als rassistische
Vorurteile zu schüren.

Entgegen den Hoffnungen der 68er-
Generation ist Schule kein Ort der
Selbstverwirklichung und für frohes
Lernen geworden. Im Gegenteil: In der
Zwickmühle von leeren kommunalen
Kassen und den immer dreister
vorgebrachten Interessen des Kapitals
wird der eigentliche Charakter von
Schule und Bildung im Kapitalismus
immer deutlicher: Ausbildung von
Lohnabhängigen einerseits und
Eliten andererseits, Vermittlung von
systemkonformen Lerninhalten und
Disziplinierung; zudem wird Bildung
immer mehr privatisiert (Privatschulen,
Eliteunis) und damit direkt zur Quelle
von Profit.

Die immer offensichtlichere Krise des
Kapitalismus ist letztlich auch die Ursache
dafür, dass die Situation im Bildungswesen
immer schlechter wird. Schlechter meint
hier nicht nur Bildungsabbau, sondern
v.a. die neoliberale Umstrukturierung
von Bildung, ihre noch direktere
Unterordnung unter die kurzfristigen
Verwertungsinteressen des Kapitals.
Angesichts der zunehmenden Probleme
im Bildungswesen erweisen sich
auch alle Formen von Demokratie
und Mitbestimmung von Lehrenden,
Lernenden und Eltern als Farce. Noch
nicht einmal die Wahl eines Schulleiters
ist möglich, von anderen, wesentlicheren
Fragen wie Lehrplan, Schulorganisation
usw. ganz abgesehen.

Deshalb muss es ein wesentliches Ziel des
Schulstreiks sein, dass die Kontrolle über
Schule und Bildung, die in den Händen
der Bildungs-Bürokratie, des Staates und
des hinter ihm stehenden Kapitals liegt,
attackiert wird.
Bundesweite Umfragen haben ergeben,
dass Leistungsdruck und Versagensängste
von SchülerInnen wie Eltern als
Hauptproblem von Schule angesehen
werden.

Gegen die unbefriedigenden Zustände
an Schulen gab es deshalb in den letzten
Jahren in Berlin zwei Schulstreiks
mit mehreren tausend SchülerInnen
– trotz Repression und Strafen gegen
sie! Welches Potential für Protest und
Widerstand darüber hinaus in der
angeblich so unpolitischen Jugend
„schlummert,“ wurde 2003 deutlich, als
ca. 50.000 (in Worten: fünfzigtausend)
SchülerInnen am Alexanderplatz gegen
Bushs Irak-Krieg demonstrierten.

Jetzt geht’s wieder los!

Seit mehreren Wochen laufen nun die
Vorbereitungen für einen erneuten
Berliner Schulstreik im Mai. Der Stand der
Vorbereitungen ist sehr unterschiedlich.
Während es an einigen Schulen bereits
Aktionskomitees gibt, tut sich an anderen
noch gar nichts, ein berlinweites Bündnis
ist aber inzwischen entstanden.
Die kommunistische Jugendorganisation
REVOLUTION ist aktiv dabei, den
Schulstreik zu organisieren. So gelang
es ihren Mitgliedern, an einigen Schulen
solche Komitees zu organisieren. Für
eine breite Mobilisierung sind diese
schulischen Komitees von entscheidender
Bedeutung. Schon die letzten Schulstreiks
haben gezeigt, dass nur eine feste Struktur
an der Schule Aktionen vorbereiten kann,
politische Fragen diskutieren und neue
MitstreiterInnen und Bündnispartner
(Schülersprecher, Elternvertreter, Lehrer
des Vertrauens, Gewerkschaften,
Studierende, linke Gruppen) gewinnen
kann.

Aus VertreterInnen dieser schulischen
Komitees und unterstützenden Organisationen
muss ein stadtweites Bündnishule
gebildet werden, welches die Ziele und
Forderungen formuliert, Plakate, Flyer
usw. herstellt, einen Mobilisierungsplan
erarbeitet und den Streiktag selbst
festlegt.

Hierbei zeigt sich aber auch schon ein
zentrales Problem. Es gibt bisher kaum
Strukturen an den Schulen, auf die sich
eine Mobilisierung stützen kann. Nach
jedem Streik in den letzten Jahren fiel
die Bewegung fast wieder auf Null
zurück. Woran liegt das? Zum einen
daran, dass linke Organisationen und die
Gewerkschaften meist nichts dafür tun,
solche Strukturen aufzubauen. Auch die
stärker im Jugendbereich verankerten
diversen Antifa-Gruppen kümmern
sich meist fast nur um „ihre Probleme“
Antifaschismus/Antirassismus. So wichtig
das ist, so ungenügend ist es aber auch.
Letztlich ist es unmöglich, eine starke
linke, antifaschistische Kraft aufzubauen,
wenn nicht permanent und ernsthaft
versucht wird, Probleme zu beackern, die
alle Jugendlichen direkt betreffen – also
Schule, Bildung, Ausbildung – und nicht
nur „linke“ Jugendliche.

Wenn es in den nächsten Jahren gelingen
soll, eine Bewegung aufzubauen, die nicht
nur ab und zu protestiert, sondern die in
der Lage ist, wirklich Veränderungen im
Bildungsbereich zu erzwingen, so spielen
dabei zwei Faktoren eine entscheidende
Rolle.

Erstens muss eine starke revolutionäre
Jugendorganisation aufgebaut werden, in
der die bewusstesten und engagiertesten
Jugendlichen organisiert sind. Nur so kann
erreicht werden, dass in alle Sektoren
von Protest und Widerstand eingegriffen
werden kann und handlungsfähige Kerne
existieren, die eine breitere Bewegung
initiieren und aufbauen können. Nur eine
politische Jugendorganisation ist bereit
und in der Lage, über das Auf und Ab des
Klassenkampfes hinaus kontinuierlich
politisch zu handeln, die Lehren aus
vergangenen Kämpfen zu ziehen und
kommende vorzubereiten. Das Fehlen
einer solchen starken Jugendorganisation
ist ein wesentlicher Grund dafür, dass auch
ein Schulstreik immer wieder fast bei Null
beginnt.

Die zweite entscheidende Frage ist die
der Zusammenarbeit von SchülerInnen,
Jugendlichen und ihrer Bewegung mit der
Arbeiterbewegung. Es ist klar, dass selbst
eine größere und stärkere Bewegung an
den Schulen (grundsätzlich betrifft das
auch die Unis) nur wirklich erfolgreich
sein kann, wenn sie sich mit den Kämpfen
der Arbeiterklasse verbindet, denn nur die
Arbeiterklasse hat das soziale Gewicht
und kann genügend ökonomischen Druck
erzeugen, um Regierung und Kapital zu
Zugeständnissen zu zwingen und deren
Angriffe zu stoppen. Dafür gibt es im
Moment gute Möglichkeiten. Die Streiks
von ver.di, im Einzelhandel oder bei der
Berliner BVG sollten auch von Jugendlichen
unterstützt werden! Zugleich müssen die
Gewerkschaften – v.a. ver.di und die GEW
-, aber auch die LINKE aufgefordert
werden, den Kampf der SchülerInnen zu
unterstützen!

So notwendig der Kampf gegen diese
Bildungspolitik auch ist – letztlich
sind alle dabei erreichten Erfolge nur
Teilergebnisse, nur Momentaufnahmen
im Klassenkampf. Eine grundsätzliche
Verbesserung von „Bildung“ ist innerhalb
des Kapitalismus nicht möglich – allein
schon deshalb, weil Bildung immer in
die allgemeinen ökonomischen und
Gesellschaftsstrukturen eingebettet
ist. Bildung, die von den Bedingungen
und Zwecken des Kapitalismus und der
Herrschaft der Bourgeoisie unabhängig
oder ihnen gar entgegengesetzt ist, ist in
dieser Gesellschaft unmöglich. Wer eine
grundsätzlich andere Bildung will, muss
auch ein grundsätzlich andere Gesellschaft
wollen.

Das Berliner Schulstreikbündnis www.
schulaction.de hat am 22.Mai in Berlin
zum Schulstreik aufgerufen. Ab 10
Uhr am Potsdamer Platz wird sich die
SchülerInnendemo ihren Weg durch Berlin
bahnen mit Abschlußkundgebung und
Konzert. In vielen deutschen Städten gibt
es Schulbündnisse von unzufriedenen
und aktiven SchülerInnen. Wir von
REVOLUTION wollen dabei helfen die
bundesweiten Bündnisse zu koordinieren
um überall in Deutschland Schulstreiks
gegen die kapitalistische, neoliberale
Bildungspolitik auf die Straße zu bringen.




Rede 1.Mai 2008

Rede von REVOLUTION

Rede auf dem SchülerInnenblock der revolutionären 1.Mai Demo

Hallo,
ich bin Georg, Schulstreikaktivist und Mitglied in der Jugendgruppe REVOLUTION.

Momentan laufen die Vorbereitungen für den Berliner Schulstreik am 22. Mai. Es gibt ein berlinweites Streik-Bündnis und an mehreren Schulen Aktionskomitees.

Wir wissen alle, dass es genug Gründe für diesen Schulstreik gibt: zu große Klassen, zu wenig Lehrer, immer mehr Leistungsstress und Konkurrenz untereinander. Dazu kommt, dass Bildung durch Studiengebühren, private Nachhilfe und die Aushöhlung der Lehrmittelfreiheit immer teurer wird – und das in Zeiten immer stärkeren Sozialabbaus und immer massiverer Angriffe von Staat und Kapital.

Berlin ist da keine Ausnahme. Auch der Senat aus SPD und LINKSPARTEI wälzt die Kosten der Krise auf die Massen ab, auch er privatisiert, setzt Hartz IV um und kündigt Tarifverträge im Öffentlichen Dienst.

Gerade die LINKSPARTEI, die sich immer „sozial“ gibt und sich als „Alternative“ darstellt, beweist mit ihrer Politik, dass ihr das Mitregieren, dass ihr das Managen des Kapitalismus über alles geht. Sie ist nicht Teil der Lösung – sie ist Teil des Problems.

Die Misere im Bildungsbereich ist nur ein Teil der allgemeinen Krise des Kapitalismus. Die kapitalistische Globalisisierung bringt der Welt nicht Wohlstand und Freiheit, sondern Krisen, Überausbeutung, Umweltzerstörung und Krieg. Die Hungerrevolten der letzten Wochen beweisen das erneut.

Die Finanzmarktkrise ist kein einmaliger Ausrutscher – sie offenbart nur, welche riesigen Konfliktpotentiale die kapitalistische Weltwirtschaft aufgehäuft hat. Alle Hoffnungen, der Kapitalismus könnte per Reformpolitik sozialer, friedlicher oder ökologischer gemodelt werden, zerbrechen an der Realität.

Doch in Zeiten der Krise wächst auch der Widerstand. Im Irak und in Afghanistan bringt bewaffneter Widerstand die imperialistischen Besatzer an den Rand der Niederlage. In vielen Ländern haben Massenproteste und Streiks Attacken von Staat und Kapital abgewehrt.

Vor 40 Jahren, im Mai 68, kämpften in Frankreich StudentInnen, SchülerInnen und ArbeiterInnen gemeinsam und brachten das Regime an den Rand des Zusammenbruchs.

Auch 2007 kämpften französiche SchülerInnen, Studierende, ImmigrantInnen, ArbeiterInnen, GewerkschafterInnen gemeinsam.

In diesem Sinne rufen wir Euch auf: Unterstützen wir hier und heute die KollegInnen der Post und anderer Bereiche, die streiken und mehr Mut beweisen, als kürzlich Bsirske und die ver.di-Führung, die erneut eine gute Gelegenheit für Widerstand für einen schlechten Kompromiss wegverhandelt haben.

Wir rufen Euch auf: Lasst uns am 22. Mai die Berliner Schulen bestreiken!
SchülerInnen, StudentInnen und ArbeiterInnen – gemeinsam gegen den Kapitalismus!
One solution – Revolution! …




Auf zum Schulstreik!

Auf zum Schulstreik!

24. April, 11Uhr: Demo vor dem Roten Rathaus am Alex

Stoppen wir gemeinsam den Bildungsabbau!

Jugend hat keine Zukunft in Berlin. Der „rot/rote“ Senat kürzt an allen Ecken und Enden:
– Fortsetzung der „Haushaltskonsolidierung“, „Eigenverantwortung“ und individuelle Förderung. Das heißt für uns: überfüllt Klassen, weniger LehrerInnen, schlechte Bildung, Verschärfung der Konkurrenz untereinander und Förderung von Schüler aus reichen Familien. Dagegen werden Privatschulen und Elitebildung gefördert.
Auch nach der Schule sieht’s düster aus:

– Lehrstellenmangel
– schlechte Ausbildung
– Billigjobs
– Studiengebühren
– Arbeitslosigkeit

Was können wir tun?

Widerstand ist die einzige Sprache, die die Herrschenden aus Politik und Wirtschaft verstehen. Wir müssen uns organisieren und für unsere Interessen kämpfen. Dazu müssen wir vor Ort Aktionsstrukturen bilden und eine militant-revolutionäre Jugendorganisation aufbauen! Egal ob Schule, Uni oder Betrieb: Sie müssen uns gehören! Wir müssen sie uns erkämpfen! Deshalb:

– Volle Lehrmittelfreiheit! Freier und kostenloser Zugang zur Bildung!
Wer nicht ausbildet, soll zahlen! Keine Studien- oder sonstige Gebühren!
– Reduktion der Klassengröße! Neueinstellung von Lehrpersonal und Rücknahme der
Arbeitszeitverlängerung!
– Keine Einführung von Kopfnoten! Gemeinschaftliches Lernen statt Konkurrenz!
– Rücknahme der Fehlzeitenregelung! Keine Strafen!
– Keine Privatisierung! Keine Eliteschulen! Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems!
– Kontrolle der Bildung und Ausbildung durch SchülerInnen, StudentInnen und Azubis unter
Einbeziehung der Beschäftigten und der Gewerkschaften!
– Finanzierung durch Besteuerung der Unternehmen!

Termine

23. April: Warum wird unsere Bildung abgebaut? Was müssen wir dagegen tun?

-Info- und Mobilisierungstreffen von REVOLUTION zum Schulstreik

24. April: SCHULSTREIK!

11h, Rotes Rathaus

30. April: REVOLUTION-Treffen

18h, Kohlfurterstr. 40, nähe Kottbusser Tor

1. Mai: 1. Mai-Demo

Lausitzer Platz, 17h Kundgebung, 18h Demo

weitere Infos unter www.onesolutionrevolution.de oder www.schulaction.de