Das war kein Unfall, sondern Mord!

Mord an Arbeitern in der Türkei – Organisiert den landesweiten Generalstreik!

Am 13. Mai ereignete sich im Kohlebergwerk Soma, in der Provinz Manisa, ca, 40 km von Izmir entfernt, der schwerste Grubenunfall der Türkei seit 20 Jahren. Bisher konnten rund 250 Todesopfer und 360 Überlebende geborgen werden, jedoch waren zum Zeitpunkt der Explosion insgesamt 787 Kumpel unter Tage. Ganz heuchlerisch ließ der Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und seine regierende „Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung“ (AKP) die Fahnen im Land auf Halbmast setzen und die dreitägige Staatstrauer ausrufen.10299075_10204027477992103_5329549226406405041_n
Als er am Mittwoch Nachmittag nach Soma fuhr, um den Betroffenen sein Mitleid auszusprechen, empfingen ihn dort die wütenden und traurigen Angehörigen der Verstorbenen und Vermissten, denn für sie ist klar, wer die Schuld an dem „Unfall“ trägt. Zu Recht kritisieren sie und die großen Gewerkschaften, dass es eben kein Unglück war, sondern Mord. Die unsicheren Arbeitsbedingungen auf türkischen Baustellen sind kein Geheimnis, und nach diesem Unfall steht die Türkei an der Spitze der Länder mit den meisten toten Bergarbeitern weltweit, sogar noch vor China. Der Durchschnittslohn eines Bergarbeiters liegt übrigens bei 360€ pro Monat.

Erdogan sagte schon 2010, nachdem 30 Bergarbeiter gestorben waren, dass man in dem Beruf eben mit diesem Schicksal zu rechnen habe. Zynischer kann man es wohl kaum formulieren. Interessanterweise stellten Oppositionsparteien vor zwei Wochen einen Antrag im Parlament, genau in diesem Bergwerk die Sicherheitsstandards zu überprüfen, wurden jedoch von der AKP überstimmt. Seit Anfang der 2000er werden die Bergwerke in der Türkei privatisiert, was zu extremen Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen und zu großen Sicherheitsmängeln führte. Es ist auch kein Zufall, dass die Chefetage der Mine von Soma enge Verbindungen zur AKP hat. Während des letzten Wahlkampfes stellte das Soma-Coal-Unternehmen die sogenannten „Charity Coal Bags“ für die Partei zu Verfügung, die an die Bewohner_innen verteilt wurden, um Stimmen zu sammeln.

Doch wie heuchlerisch und verlogen diese Partei ist, zeigt sich auch daran, dass Erdogan diesen Massenmord an Arbeitern damit rechtfertigt, dass es immer wieder Unfälle in Gruben gegeben hätte und beruft sich dabei auf Zahlen aus dem 19.Jahrhundert.
Genau das beschreibt die Politik dieser Regierung, die das Land nicht nach vorne, sondern immer weiter in die Vergangenheit, am liebsten ins Mittelalter, führen will.

Doch die Explosion im Bergwerk hat eine Explosion im ganzen Land zur Folge. Seit Mittwochabend versammeln sich die Menschen in den großen Städten wie Izmir, Ankara, Istanbul und sogar dem kurdischen Diyarbakir, um den endgültigen Rücktritt der Regierung zu fordern. Schüler und Studierende bestreiken die Schule und die Uni, um ihre Solidarität zu zeigen. Der staatliche Gewerkschaftsverband Türk-Is rief für Donnerstag zu einem Tag der Trauer und der Arbeitsniederlegung auf, auch der linke Gewerkschaftsverband DISK forderte seine Mitglieder zu einem eintägigen Arbeitsstopp auf. Doch auf den Straßen greift die Polizei wieder hart durch, es gibt viele verletzte Demonstrant_innen, denn die Regierung duldet keine Kritik. Erdogans Regierungssprecher Yusuf Yerkel wurde fotografiert, wie er ganz persönlich einen Demonstranten in Soma verprügelt, der vermutlich ein Angehöriger eines Opfers gewesen sein soll.

Wir bekunden ebenfalls unsere tiefe Trauer gegenüber den verstorbenen Arbeitern und ihren Angehörigen. Wir verurteilen die Politik der Regierung, die mordet, um den Profit der Bourgeoisie zu garantieren. Wir stehen Seite an Seite mit den Demonstrant_innen, die auf die Straße gehen und sich gegen diese menschenverachtende Politik zur Wehr setzen!

Doch es darf nicht bei der Forderung nach dem Regierungsrücktritt bleiben! Spätestens diese tragischen Ereignisse in Soma zeigen, dass die Kapitalist_innen vor nichts zurück schrecken, dass ihnen die Leben der Arbeiter_innen nichts wert sind! Deshalb müssen die Bergwerke, die Fabriken, die gesamten Produktionsmittel unter die Kontrolle der Arbeiterklasse gebracht werden! Die Streiks müssen ausgeweitet, große antikapitalistische Bündnisse und landesweite Protestaktionen müssen organisiert werden!

 
Schluss mit der erbarmungslosen Ausbeutung der Arbeiter_innen – für ein Wirtschaftssystem ohne Profitgier und Unterdrückung!

 
Hoch die Internationale Solidarität – Her Yer Soma – Überall ist Soma – Her yer Direnis Überall ist Widerstand!

Artikel von Svenja Spunck