Grundlagen des Marxismus: historischer Materialismus

marx5Grundlagen des Marxismus: Marxismus ist eine Wissenschaft, die keine_r von uns an einem einzigen Tag komplett verstehen wird. Vielmehr ist es wichtig sich(und natürlich auch andere) ständig zu bilden. Diese Kolumme wird in Zukunft regelmäßig in unserer Zeitung und auf www.onesolutionrevolution.de erscheinen und in loser Reihenfolge Themen marxistischer Theorie erklären.

Der Materialismus sieht die Materie als das Einzige an. Darüber gibt es nichts: keine göttliche Macht, die für die Schöpfung verantwortlich wäre, kein übersinnliches Bewusstsein: Alles ist auf geologische, physikalische, biologische, chemische, usw. Vorgänge zurückzuführen. Marx war der Erste, der den Materialismus konsequent auch auf Gesellschaft und Geschichte anwendete. Seine Geschichtsauffassung geht daher nicht von willkürlichen Voraussetzungen, Ideen, o.ä. aus, sondern nimmt die materiellen Voraussetzungen, Lebensbedingungen und Aktionen der Menschen als Ausgangspunkt seiner Analyse.

Damit überhaupt Geschichte gemacht werden kann, muss es lebende Individuen geben. Diese müssen um zu existieren essen, trinken, schlafen, kurz durch Nahrungsbeschaffung, Kleiderherstellung, Wohnraumschaffung, usw. ihr Leben wiedererzeugen. Die Tätigkeit der Produktion bestimmt damit die Lebensweise der Menschen, die Art wie sie ihr Leben gestalten. Und, „Wie die Individuen ihr Leben äußern, so sind sie“, [Karl Marx]. Was sie sind, ist also mit den materiellen Bedingungen ihrer Produktion und deshalb mit den Fragen Wie und Was produziert wird verknüpft. Die Beziehungen der Menschen untereinander sind somit von der Art und Weise wie die Menschen die Produkte austauschen abhängig. Kurz gesagt bestimmt das Sein das Bewusstsein.

In der Geschichte hat es sehr verschiedene Stellungen gegeben, die ein Mensch in der gesamtgesellschaftlichen Produktion einnehmen kann. Diese sind mit dem Grad der Teilung der Arbeit und den daraus resultierenden Eigentumsverhältnissen verknüpft. Davon wiederum ist abhängig, welcher Klasse eine Person angehört. Die Menschheitsgeschichte bewegt sich seit der Antike, nicht aber seit der Urgesellschaft ausschließlich in dem Prozess des Kampfes, den die Klassen auf Grund ihrer verschiedenen ökonomischen Interessen führen. Die mittelalterliche oder feudale Gesellschaft war anfänglich z.B. hauptsächlich von dem Gegensatz zwischen leibeigenen Bauern und dem Land besitzenden Feudaladel bestimmt.

Auch unsere heutige Gesellschaft musste auf der Grundlage von Klassenkämpfen entstehen. Bis zu einem bestimmten Punkt war die feudale Produktionsweise sinnvoll. Sie ermöglichte die Bildung einer Reihe großer Nationen und sorgte für einen enormen technischen Fortschritt im 14. und 15. Jahrhundert. Die Ausweitung des Handels, der Waren und der Industrie überhaupt durch die Entdeckung Amerikas und die Kolonisierung ließen das Zunftwesen allerdings zu einem Hemmnis der Produktion werden. Es wurde durch die Einführung der Gewerbefreiheit (in Deutschland 1810) zerschlagen und damit die Basis für die Manufakturen geschaffen. Damit einher ging die Entwicklung des bürgerlichen Produzenten, dem revolutionären Element in der zerfallenden feudalen Gesellschaft. Revolutionär, da sie die unterdrückte Klasse war, die die sozialen Voraussetzungen für die Errichtung einer neuen Gesellschaft hatte. Mit der Einführung der Maschinerie und der Großindustrie eroberte sich die Bourgeoisie die vollständige ökonomische Macht. Das ständische Eigentum und die Klassenherrschaft der Adels waren damit nicht mehr vereinbar. Das Bürgertum erkämpfte sich, gestützt auf Handwerker und Bauern, die politische Macht und führte das Privateigentum ein. Ganz klassisch passierte das in der französischen Revolution von 1789.

Doch der Kapitalismus hat die Klassengegensätze nicht aufgehoben, sondern nur neue Formen der Unterdrückung und des Klassenkampfes an Stelle der alten gesetzt. Lässt man die Zwischenklassen weg, so spaltet sich die bürgerliche Gesellschaft in die Besitzende, die ArbeiterInnen, und LohnarbeiterInnen; „Die Klasse der modernen Arbeiter, die nur so lange leben, als sie Arbeit finden, und die nur so lange Arbeit finden, als ihre Arbeit das Kapital vermehrt“ [Karl Marx].

Bürgerliche Herrlichkeiten wie: Chancengleichheit, Leistungsgerechtigkeit, soziale Marktwirtschaft oder demokratischer Rechtsstaat können nicht über die bestehenden Klassengegensätze hinwegtäuschen. Die überwiegende Mehrheit der Lohnarbeiter wird niemals soviel Geld haben, um sich eine Fabrik zu kaufen und die Chefs von Siemens oder der Deutschen Bank werden wohl nie für ein paar Euros putzen gehen.

Auch die juristische Gleichheit nutzt bei ökonomischer Ungleichheit wenig. Wer sich keinen guten Anwalt leisten kann verliert eher eine Gerichtsverhandlung. Polizei, Verfassungsschutz, Richter und Staatsanwälte sind dabei nicht unparteiisch, wie beispielsweise die NSU-Prozesse oder der Schauprozess des inhaftierten Antifaschisten Joseph zeigen. Außerdem handeln sie nur nach dem bürgerlichen Recht, was letztlich nur der in Gesetzesform gefasster Ausdruck der bürgerlichen Klassenherrschaft ist.

Vor ca. 100 Jahren trat der Kapitalismus in eine Epoche ein, in der er nicht mehr fortschrittlich sein konnte. Überproduktionskrisen und Kriege vernichten regelmäßig die schon geschaffenen Produktionsmittel; für die Unternehmen sind die Nationalgrenzen ein Hemmnis geworden, da sie international verkehren. Die Klasse der Lohnarbeiter_innen ist, nach ihrer gesellschaftlichen Stellung her, die einzige Klasse, die Interesse und Programm hat, diese inneren Widersprüche aufzuheben. Diese Revolution wird das gemeinschaftliche Eigentum anstelle des Privateigentums, die Klassenlosigkeit anstelle der Klassengesellschaft einführen.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Triebkräfte der Geschichte auf die Kämpfe sozioökonomischer Klassen zurückführen sind. Sie bedingen auch alle anderen Aspekte der menschlichen Gesellschaft, also auch Kunst, Religion, Philosophie, Wissenschaft usw. Auch tragen diese Kämpfe notwendigerweise eine politischen Hülle, wie z.B. die Herrschaft der Bourgeoisie durch den Staat geregelt wird und sich daher der Emanzipationskampf der Arbeiterklasse gegen den bürgerlichen Staat richten muss. Die Eigentumsverhältnisse entsprechen den Produktivkräften auf einer bestimmten Stufe der Entwicklung nicht mehr. An diesem Punkt wird eine soziale Revolution nötig, die eine Klasse anführen muss, die sich in der alten Gesellschaft gebildet hat und den Keim für die neue bereits in sich trägt. Durch die Entwicklung des Kapitalismus ist nun der Punkt gekommen, indem nur die Abschaffung der Klassen überhaupt den Weg für eine fortschrittliche Gesellschaft eröffnen kann.

Sind diese Aussagen erst mal gemacht, kann aber nicht bei der Theorie stehen geblieben werden. Sie findet ihre Lösung einzig in der menschlichen Praxis. „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt darauf an sie zu verändern“, sagt Marx in seinen berühmten Thesen über Feuerbach. Wir müssen also entschieden den einzig logischen Entschluss ziehen: „Auf zum Kampf“.

Ein Artikel von Henry Schmidt, REVOLUTION Fulda