Legal, illegal, scheißegal – Mit Steuerpolitik zum Reichtum

Seit Bestehen des kapitalistischen Wirtschaftssystems und besonders im Zuge von Wirtschaftskrisen, wurde die Funktionalität des Systems heraufbeschworen. Es wurden Schuldige gefunden und verantwortlich gemacht: Schlechte Unternehmensführung, gierige Manager, zu starke staatliche Kontrolle, zu hohe Steuern… in dieser Krise schreckt man auch nicht davor zurück ganze Bevölkerungen kollektiv als korrupt und faul zu bezichtigen.

Umso wichtiger ist es, angesichts einer solchen Hetze, sich ein umfassendes Bild des Kapitalismus zu verschaffen und seine Rückschlüsse daraus zu ziehen. Die gängige Methode der Krisenbewältigung, war die Schaffung geeigneter Rahmenbedingung für die Wirtschaft und den Investmentbereich. Umgehend sollten Sozialhilfen und Löhne gesenkt, Stellen gestrichen und die Verschuldung durch drastisches Sparen im Staatshaushalt gestoppt werden – natürlich auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung. Demokratische Prinzipien wurden durch Marionetten-Regierungen ausgehoben, der auf neoliberale Politik pochende Finanzsektor bettelte um Staatshilfen – und bekam sie auch.

Im Zuge dieser ungeheuren Umverteilung von Vermögen, darf es nicht unerwähnt bleiben, dass weiter Geschäfte gemacht, Rekordgewinne eingefahren, Bonis und Abfindungen bezahlt, sowie die Interessen von Profiteuren aller Art bedient werden. Doch hier liegt eben ein grundlegender Fehler des Systems: Es werden nur die Interesse der besitzenden Klasse gedeckt.

Die Verteilung des Reichtums bewegt sich immer weiter auseinander – ebenfalls einer der Grundzüge des Kapitalismus. Alle verabschiedeten Rettungs- und Konjunkturprogramme haben eines gemeinsam: Die Zeche wird nicht von den Profiteuren gezahlt! Dieser Artikel will speziell ein Augenmerk auf die Machenschaften der Konzerne und Unternehmen werfen – speziell im Zuge der Krise.

Der erste im Fokus ist kein geringerer, als der weltweit operierende Google-Konzern. Wie jedes andere Unternehmen im Kapitalismus, ist auch er von dem tendenziellen Fall der Profitrate betroffen und somit gezwungen immer neue Methoden zu ersinnen um seinen Profit zu sichern. „Double Irish with a Dutch Sandwich“ nennt sich der perfide Steuervermeidungsplan: Wer eine Anzeige bei Google schaltet, überweist sein Geld an eine irische „Tochter“ des Unternehmens, von dort wird es als Patentgebühr an eine Briefkastenfirma in den Niederlande überwiesen und wiederum zurückgeschickt an ein Unternehmen mit Firmensitz in Irland und dem Steuersitz in der Karibik. In Irland findet keine Besteuerung statt, da es innerhalb der EU weitergereicht wird, in den Niederlanden sind Patentgebühren steuerfrei und da der letztendlich Steuersitz auf den Bermudas keine Unternehmenssteuer erhebt, fallen auch keine Abgaben an. Voila, die Unternehmenseinnahmen bleiben unangetastet.

Der Technikmogul Apple verfährt recht ähnlich. Die Unternehmenstochter für Auslandsniederlassungen „Appel Operations International“ hat ihren Firmensitz in Irland, die Vorstandssitzungen finden jedoch in den USA statt. Das US-Steuerrecht greift erst wenn das Unternehmen seinen Firmensitz auch in den USA hat, das irische greift erst wenn das Unternehmen auch in Irland geführt wird. Faktisch fällt Apple zwischen den Stühlen durch und hat zwischen 2009-2012, trotz eines Umsatzes von 30 Milliarden, keine Steuererklärung abgegeben.

Der Kaffeekettenriese Starbucks hat sich ein verwirrendes Netz aus internem Geldverleih und Lizenzgebühren, zu zahlen an die Starbucks-Holding in den Niederlanden (Erinnerung: so gut wie steuerfrei), aufgebaut. Obwohl alleine in Deutschland ein Umsatz von 117 Millionen erwirtschaftet wurde, führte man ein Minus von 5,3 Millionen Euro zu Buche – interne „Firmenschulden“.

Um noch einige weitere Unternehmen zu nennen, die in ähnlicher Art verfahren: Amazon, BASF, Bayer, Mercedes, GM, VW…Diese Liste ließe sich wahrscheinlich unendlich fortsetzen. Die gewerkschaftsfeindlichen und menschenverachtenden Methoden die diese Unternehmen obendrein an den Tag legen, sollen nicht unerwähnt bleiben, würden jedoch den Rahmen sprengen.

Die Spitze der Dreistigkeit weist ein weiteres weltbekanntes „Unternehmen“ auf: Die Fifa – ein gemeinnütziger Verein und als solcher auch besteuert. Seinen Sitz hat der Verband in der Schweiz und wird dort wie jeder andere Verein behandelt, sei es nun der Angelsport- oder der Gesangsverein. Laut dem Arbeiterhilfswerk Solidar Suisse nahm der „nichtgewinnorientierte Verein“ bei der Fußball WM 2010 einen Gewinn von 2,35 Milliarden Franken ein, zahlte zwischen 2007-2013 jedoch lediglich 3,1 Millionen an Steuern. Die Forderungen an die Austragungsstaaten für die WM 2018 und 2022 beinhalten absolute Steuerbefreiung – man zahle schließlich bereits in der Schweiz.

Diese Aufgeführten Unternehmen sind weder besonders kapitalistisch, noch unter Leitung besonders teuflischer Manager. Im Gegenteil, sie verhalten sich wie jedes andere Unternehmen auch: Profitmaximierung um jeden Preis! Die verbindende Gemeinsamkeit: Ihre Steuervermeidung ist absolut legal. Es handelt sich dabei nicht um Steuerbetrug, wie denn auch, wenn das gleiche Ergebnis doch auch im Rahmen der vorherrschenden Gesetze erreicht werden kann. Laut dem OECD Generalsekretär belaufen sich die dadurch vermiedenen Ausgaben auf ca. 1 Billion Euro, alleine in Europa. Da sich ca. 60% des Welthandels konzernintern abspielen, kann davon ausgegangen werden, dass diese Zahl vielmehr als Minimum anzusehen ist.

Gleichzeitig kam es innerhalb der letzten Jahrzehnte europaweit zu Senkungen der Steuersätze. Durch die Agenda 2010 sank der Spitzensteuersatz von 53% auf 42%, die Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge greift mit gerade mal 25%. Zusammen mit den Veränderungen durch die große Koalition belaufen sich die Steuernachlässe in Deutschland auf ca. 45 Milliarden Euro – selbstverständlich nur für den vermögenden Teil der Gesellschaft, denn wer wenig besitzt ist von diesen Änderungen ausgeschlossen.

Trotz der immensen Wirtschaftskrise, findet dieses Spiel unter den Augen der Öffentlichkeit und der Schirmherrschaft der Politik statt. Für uns als Jugendliche, als Angehörige der Klasse der Werktätigen ist diese Tatsache ein Schlag ins Gesicht. Während tagtäglich hunderte ihre Arbeit verlieren, von Armut und Verelendung bedroht sind, weltweit zunehmend Menschen an Hunger sterben, erdenken sich Unternehmen und Politik immer weitere Möglichkeiten ihr Ausbeutersystem effizienter zu gestalten. Vermögende Steuerhinterzieher bekommen bei Selbstanzeige absolute Straffreiheit garantiert. Hier ist keine Besserung noch Hilfe zu erwarten. Der Kapitalismus trägt jedoch auch seinen eigenen Zerfall in sich: Überfüllte Absatzmärkte, Umweltzerstörung, fallende Profitraten, Konkurrenzdruck und Konzernherrschaft, Rationalisierung und Arbeitslosigkeit, Zerstörung sozialer Sicherheitssysteme, Zerstörung von Demokratiebestrebungen, Entrechtung der Arbeiterschaft etc. sind alles Begleiterscheinung dieses Systems und werden letztendlich zu seinem Zusammenbruch führen.

Für uns als Klasse bedeutet es dieser Entwicklung zu begegnen, sie zu unseren Gunsten voranzutreiben und aus diesem sozialen Kampf als gestärkte und erfahrene Klasse hervorzugehen. Politik und Kapital werden nicht nach unseren Interessen handeln, folglich liegt es an uns für unsere Rechte zu kämpfen.

  • Schluss mit der Diktatur der Troika und EZB in Europa, Schluss mit der Umsetzung der Spardiktate Unbefristeter Generalstreik gegen die kollektive Ausbeutung der Klasse
  • Brecht die Macht von Politik und Kapital Schluss mit der Standortpolitik und Unternehmensbegünstigungen, keine Steuerentlastung Betriebsschließungen durch Besetzung verhindern, Selbstverwaltung statt Entlassung.
  • Bringt die Wirtschaft unter Kontrolle der Beschäftigten Gründung von ArbeiterInnen-Räten in den Betrieben, Kontrolle der Belegschaft über die Firmengeschäfte, keine Bereicherung der Herrschenden Klasse mehr
  • Für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa, Unterstützung und Solidarität mit den sozialen Kämpfen weltweit.

Ein Artikel von Baltasar Luchs, REVOLUTION Karlsruhe