Sexarbeit und Prostitution im Kapitalismus
Leonie Schmidt, Zuerst erschienen in Neue Internationale 257, Juli/August 2021
Aktuell ist es wieder eine heiße Debatte in linken und auch explizit in marxistischen Kreisen: Sollte man als Linke/r, insbesondere als KommunistIn, für ein Verbot von Prostitution kämpfen? Schnell wird mit Vorwürfen des Liberalfeminismus oder der SexarbeiterInnenfeindlichkeit argumentiert. Aber wie sieht eine marxistische Betrachtung der Thematik aus?
In diesem Artikel werden Wörter in der folgenden Bedeutung verwendet: 1. Sexarbeit: Damit sind alle konsensuellen sexuellen Dienstleistungen gemeint. Das bedeutet natürlich zum einen Sex, aber auch bspw. Erstellung von pornographischen Inhalten oder Cam- und Chat-Tätigkeiten; 2. Prostitution: Hierbei handelt es sich um den konsensuellen Kauf von Sex; und 3. Zwangsprostitution: Es geht dabei um den zwanghaften Verkauf von Sex, der in den meisten Fällen nicht konsensuell ist, also eine Vergewaltigung darstellt. Diese Definitionen zeichnen natürlich nur einen groben Unterschied und es ist nicht in jedem Fall einfach, eine klare Trennung zu ziehen.
Situation in Deutschland
Fakt ist, es gibt keine genauen Zahlen darüber, wie viele Personen, insbesondere Frauen, sich in Deutschland prostituieren und Sexarbeit ausüben und wie viele es davon nicht freiwillig machen. Es gibt zwar Studien, in welchen aufgeführt wird, dass 90 % oder mehr der Prostituierten in Deutschland aussteigen wollen und ihre Arbeit nicht als freiwillig ansehen. Jedoch wurden diese vornehmlich bei Frauen unternommen, welche bereits in Aussteigerprogrammen standen.
Die Zahlen sind jedoch definitiv schwer zu erfassen, da es auch in Deutschland genügend Frauen in der illegalen Zwangsprostitution gibt. Außerdem ist es laut Prostituiertenschutzgesetz für SexarbeiterInnen nötig, sich beim Amt zu melden. Jedoch dürfte klar sein, dass die Dunkelziffer aufgrund von Zwangsprostitution enorm ist. Ende 2019 waren 40.400 Personen gemeldet. Manche Schätzungen gehen von 400.000 SexarbeiterInnen inkl. Zwangsprostituierten in Deutschland aus.
Viele der Letzteren kommen aus Osteuropa in der Hoffnung, der Armut zu entfliehen und in Deutschland ein besseres Leben zu führen. Oftmals sind sie direkt oder indirekt von Menschenhandel betroffen und können sich nur sehr schwer dagegen wehren aufgrund von Armut, keiner anderen Möglichkeit, an Geld zu kommen, sprachlicher Barrieren, oder weil ihnen von den Zuhältern und Menschenhändlern die Pässe abgenommen werden. Zusätzlich sind sie auch noch von Rassismus betroffen und aufgrund der Illegalität ihres Aufenthaltes von Abschiebungen und staatlicher Verfolgung bedroht.
Auch gibt es viele Armutsprostituierte, welche keine andere Möglichkeit in diesem System sehen zu überleben. Diese sind meistens auch obdachlos und drogenabhängig. Allerdings gibt es auch Prostituierte und SexarbeiterInnen, welche ihren Job gerne und freiwillig ausüben. Das soll aber keineswegs verschleiern, dass diese Tätigkeit mit enorm viel Gewalt bis hin zu sklavenartigen Verhältnissen und Unterdrückung verbunden ist und viele Traumata und posttraumatische Belastungsstörungen auslöst, allerdings nicht immer und bei jeder Person.
Rechtliche Lage
Die rechtliche Lage in Deutschland erlaubt Prostitution grundsätzlich. Allerdings müssen sich die Prostituierten, wie bereits oben erwähnt, beim Amt melden. Diese Regelung gilt seit 2017 und wurde von Betroffenen bereits damals kritisiert, da es sich um ein Zwangsouting für ein zentrales Register handelt, was insbesondere bei einem weiterhin stigmatisierten Beruf wie Prostitution problematisch ist. Außerdem war es ein erklärtes Ziel des Prostituiertenschutzgesetzes, Frauen vor Zwangsprostitution zu schützen. Doch bleibt es eine utopische Annahme, dass sich Menschenhändler und Zuhälter von so einem Gesetz etwas vorschreiben lassen, da sie es bereits gewohnt sind, die Frauen zu bedrohen und einzuschüchtern und Letztere somit gar nicht ohne Druck bspw. Anzeige erstatten könnten. Des Weiteren müssen sich insbesondere Prostituierte aus Osteuropa Sorgen machen, dass sie nach einem Verfahren abgeschoben werden könnten. Strukturelle Unterdrückung kann eben nicht einfach durch Gesetz abgeschafft werden.
Sexarbeit ist Arbeit – oder?
Ist sie Lohnarbeit oder eine andere Form der Ausbeutung? Das hängt natürlich vom Arbeitsverhältnis ab. Die meisten Personen in der Prostitution arbeiten für einen Zuhälter. Hier können wir grundsätzlich ökonomisch von einem Ausbeutungsverhältnis sprechen, jedoch in der Regel nicht von freier Lohnarbeit, weil sie oft genug auch mit einem direkten, persönlichen Zwangs- und Gewaltverhältnis verbunden ist. Der Zuhälter eignet sich allerdings einen Teil des Erlöses für die Dienstleistung der Prostituierten an, die der Kunde zahlt. Es findet eine Form der Ausbeutung statt.
Das Verhältnis, das der Lohnarbeit am nächsten kommt, ist, wenn die Prostituierte z. B. für ein Bordell arbeitet. Selbst wenn sie dort formal als Selbstständige registriert sein mag, so lässt sich dies mit der Scheinselbstständigkeit eigentlicher LohnarbeiterInnen in anderen Berufen vergleichen.
Die EigentümerInnen des Bordells kassieren praktisch einen Mehrwert aus der Beschäftigung der Prostituierten und deren sexuellen Dienstleistungen. Sie besitzen außerdem die Produktionsmittel, bspw. das Bordell als Ort der Tätigkeit, und auch das nötige Zubehör wie bspw. Kondome oder Gleitgel. Natürlich darf bei dieser Betrachtung nicht vernachlässigt werden, warum die meisten Prostituierten überhaupt beginnen, in diesem Gewerbe tätig zu werden: Es ist oftmals ökonomischer Zwang. Dieser herrscht natürlich auch bei anderen Arbeitsverhältnissen, allerdings nicht in solch einer Form in Kombination mit psychischer, körperlicher und sexualisierter Gewalt.
Allerdings ist die Aussage, SexarbeiterInnen, insbesondere Prostituierte, würden ihren Körper verkaufen, falsch, denn er wird nicht zur Ware selbst und existiert hinterher immer noch. Richtig ist hingegen, dass es sich um eine Dienstleistung handelt und der Körper für eine bestimmte Zeit als Arbeitsmittel fungiert (als Mittel zur Befriedigung eines bestimmten sexuellen Bedürfnisses). Oftmals ist ein Argument dafür, dass der Körper doch verkauft werden würde, dass er für eine bestimmte Zeit für jegliche sexuelle Befriedigung gemietet wird. Jedoch trifft das nicht für alle Fälle und unvermeidlich zu. Es gibt Tarife für bestimmte Tätigkeiten oder Zeiten und auch Grenzen für das, was angeboten wird. Nicht zu bestreiten ist, dass es jedoch Freier gibt, die diese übertreten.
Es gibt aber auch SexarbeiterInnen, die quasi selbstständig sind. Das heißt jedoch nicht, dass sie nicht auch ökonomischen Zwängen oder anderen Unterdrückungsformen unterworfen sind. Einerseits gibt es die Prostituierten, welche direkt auf der Straße ohne Bordell und Zuhälter arbeiten. Oft sind gerade diese besonders gefährdet durch sexualisierte Gewalt, da sie ohne Schutz sind (wenngleich die Zuhälterei oftmals auch keinen sonderlich großen bietet und ihrerseits ein Gewaltverhältnis darstellt) und oftmals auch völlig unterbezahlt werden.
Andere selbstständige SexarbeiterInnen sind teilweise in der Lage, sich ihre KundInnen auszusuchen oder produzieren von Zuhause aus pornografische Inhalte. Diese kann man durchaus eher zum KleinbürgerInnentum zählen, denn sie arbeiten nicht für andere. Sie verkaufen nicht ihre Arbeitskraft, sondern ein Produkt. Allerdings ist zu beachten, wie das Material vertrieben wird, denn wenn es Websites wie OnlyFans (OF) hochladen, welche daraus Profit schlagen und einen Teil der Zahlungen einbehalten (bei OF sind es 20 %), so ist doch wieder ein Ausbeutungsverhältnis vorhanden, wobei auch hier die Frage bestehen bleibt, ob es sich um eine Haupttätigkeit handelt oder ob es weiteren Besitz an Produktionsmitteln etc. gibt.
Gerade bei OF sind nämlich auch viele Prominente tätig, die nicht auf die Zahlungen angewiesen sind. Grundsätzlich ist aber OF eine Plattform, wo untersucht werden muss, wie viel ökonomischer Zwang hinter Sexarbeit stecken kann. Da sie leicht zugänglich ist und es offizielle Statistiken gibt, kann erkannt werden, wie groß der Zuwachs an KreatorInnen und NutzerInnen während der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Krise (inkl. Jobverlusten und Arbeitslosigkeit) ausfiel: Alleine im März 2020 stiegen die Nutzerzahlen um 75 % an.
Historische Betrachtung
Schon Friedrich Engels bezog die Prostitution in seine Betrachtungen der Entwicklung der Frauenunterdrückung mit ein. Hier wird klar, dass diese, genau wie die bürgerliche Familie, untrennbar mit dem Kapitalismus verwoben ist und sich über alle Klassengesellschaften hin zur heutigen Form entwickelt hat. Laut Engels sind die bürgerliche Familie und die Prostitution zwei Seiten der gleichen Medaille, da es bei Ersterer v. a. um unbezahlte Reproduktionsarbeit bzw. Vererbung der Produktionsmittel, bei Zweiterer um sexuelle Befriedigung der Freier geht.
Diese Teilung zwischen klassengesellschaftlichem Nutzen und sexueller Befriedigung existierte schon in vorkapitalistischen Klassengesellschaften. Bspw. im antiken Griechenland wurde es besonders deutlich mit der Dreiteilung zwischen Ehefrau, welche für Gebären und Familie zuständig war und das Haus quasi nicht verlassen durfte, der Hetäre für die sexuelle Befriedigung und der Geliebten, die die Romantik ins Spiel brachte.
Diese Teilung sehen wir auch im Kapitalismus, jedoch ist es eben nur noch eine zweifache. Die weiterhin auferlegte Monogamie, insbesondere für die Frau, trägt also auch ihren Teil dazu bei, dass gesellschaftliche Nachfrage nach Prostitution besteht.
Natürlich ist es für MarxistInnen notwendig, gesellschaftliche Zusammenhänge zu kritisieren. Das sollte allerdings niemals auf Basis der Moral offiziöser, aber heuchlerischer bürgerlicher Prüderie geschehen, sondern vielmehr auf der einer dialektisch-materialistischen Kritik. Hier wäre anzumerken, dass es natürlich schon fatal ist, dass Sexualität zu einer Ware verkommt, nicht nur in Form von Sexarbeit, sondern auch Schönheitsindustrie und den damit verbundenen Instrumenten, Werbung sowie Dating Apps etc.
Dementsprechend können wir auf die Frage, ob es im Sozialismus Sexarbeit geben wird, antworten: Nicht so, wie sie heutzutage funktioniert. Genauso, wie es auch keine Lohnarbeit und kein Geld in dieser Form mehr geben wird. Allerdings kann es durchaus vorkommen, dass sexuelle Dienstleistungen, natürlich frei von ökonomischen und sonstigen Zwängen, angeboten werden könnten, je nachdem, ob sich dafür Menschen finden, die dies tun wollen. Die Frage der Notwendigkeit kann aus heutiger Sicht natürlich nicht komplett beantwortet werden. Fakt ist aber, dass diese durchaus mit dem endgültigen Absterben der bürgerlichen Familie und der Monogamie verschwinden könnte.
Feministisches „Empowerment“?
Einige Teile des liberalen Feminismus werfen die These in den Raum, dass Sexarbeit grundsätzlich „empowernd“, selbstermächtigend sei, während Teile des Radikalfeminismus die Ansicht vertreten, dass jede Sexarbeit Zwangsprostitution wäre, das Patriarchat direkt unterstützen würde und somit zu unterbinden ist. Beide Annahmen ignorieren die Realität von Sexarbeitenden, denn natürlich ist Sexarbeit nicht grundsätzlich empowernd, nur weil sich die Person freiwillig dazu entscheidet und der ökonomische Zwang ignoriert wird. Grundsätzlich ist im Kapitalismus überhaupt keine Lohnarbeit und keine Form der Ausbeutung selbstermächtigend.
Allerdings können insbesondere eine Verbesserung des Arbeitsumfeldes und ein offener Umgang mit der Tätigkeit und der Kampf für die eigenen (Arbeits-)Rechte durchaus eine positive und fortschrittliche Wirkung zeitigen sowie grundsätzlich auch eine Möglichkeit bieten, offen mit seiner Sexualität und seinem Körper umzugehen (allerdings besteht diese Möglichkeit nur außerhalb von Armutsprostitution und ist eher selten anzutreffen). Insbesondere zu beachten ist hier auch, dass es viele Sexarbeitende gibt, die sich in keine Opferrolle drängen lassen, sondern selbstbestimmt für ihre Rechte, gegen Gewalt und gegen Stigmatisierung eintreten möchten.
Auf der anderen Seite ist es natürlich auch eine falsche These zu behaupten, alle, die sich bewusst für Sexarbeit entschieden, wären ganz einfach privilegiert und Sklavinnen des Patriarchats. Man kann sich natürlich auch bewusst für diese Form der Lohnarbeit entscheiden und trotzdem einen ökonomischen Zwang verspüren. Dem Kampf gegen das Patriarchat wäre auch nicht geholfen, wenn diese Einzelpersonen sich für einen anderen Job im Niedriglohnsektor entscheiden würden. Allerdings darf Sexarbeit natürlich auch nicht romantisiert und als der „Girlboss-Move“ schlechthin dargestellt werden, denn leider denken viele, insbesondere junge Frauen mit der ansteigenden Popularität von OF, dass dies schnelles und leicht verdientes Geld wäre. Diese Einstellung wird allerdings besonders durch RadikalfeministInnen den offen auftretenden SexarbeiterInnen in die Schuhe geschoben, was keineswegs auf alle zutrifft und nur einen sehr marginalen und vermutlich besser gestellten Teil der SexarbeiterInnengemeinde betrifft.
Verbot von Sexarbeit – die Lösung?
Viele Linke schlagen als Lösung ein Verbot vor, indem Zuhälterei und Freierschaft bestraft werden und nicht die Sexarbeitenden selber. Das mag auf den ersten Blick sinnvoll klingen, allerdings hat das sogenannte „Nordische Modell“ viele Tücken, über die auch SexarbeiterInnen aufklären. Aktuell wird dieses Modell auch schon u. a. in Schweden praktiziert. Daher ist es möglich, die Folgen zu analysieren. Dadurch, dass nicht das Gesellschaftssystem, der Kapitalismus, welches Sexarbeit notwendig macht, abgeschafft werden soll, besteht die Nachfrage der Kundschaft natürlich weiterhin. Durch dieses Verbot wird die Sexarbeit aber in die Illegalität gedrängt, wodurch es vermehrt zu Übergriffen und schlechten Arbeitsbedingungen kommt, und die Möglichkeit, bspw. eine Anzeige aufgrund sexualisierter Gewalt zu erstatten, wird ebenfalls stark eingeschränkt.
Gleichzeitig wird mit einer Illegalisierung auch die Stigmatisierung der Sexarbeitenden befestigt und sie werden ihrer aktuellen ökonomischen Grundlage beraubt, ohne aktive Unterstützung und Berufsalternativen. Des Weiteren fördert es auch Sextourismus. Wenn es nicht möglich ist, in der Heimat an diese Dienstleistungen zu kommen, fliegt man eben für wenig Geld in den Urlaub und lässt sich da bedienen, wo die meisten Personen wirklich Zwangsprostituierte und die Arbeitsbedingungen viel schlimmer sind. Das Nordische Modell ist letztlich ein Weg in die Sackgasse, weil es die Verhältnisse, die es zu bekämpfen vorgibt, nur illegalisiert und verlagert. Es stellt ironischer Weise an ein patriarchales System die Aufgabe, eine Tätigkeit abzuschaffen, von welcher es insbesondere auch profitiert. Außerdem ist es realitätsfern zu glauben, dass der bürgerliche Staat wirklich das Interesse verfolgt, Sexarbeit abzuschaffen, ohne Sexarbeitende zu kriminalisieren, und es überhaupt möglich ist, diese Arbeit, genauso wie ganz grundsätzlich die Lohnarbeit, innerhalb des Kapitalismus abzuschaffen.
Vier Ansatzpunkte
Was aber ist nun die Lösung? Grundsätzlich müssen wir als MarxistInnen an vier Punkten ansetzen. Erstens müssen wir Seite an Seite mit SexarbeiterInnen für die komplette Entkriminalisierung und gegen jegliche Repression von staatlicher Seite kämpfen sowie für bessere Arbeitsbedingungen und Selbstorganisierung (natürlich auch in Form von Selbstverteidigungsstrukturen) eintreten, denn nur wenn die Sexarbeit ohne Zuhälterei und Kriminalisierung organisiert ist, kann überhaupt erst eine Kontrolle über die Verkaufs- und Arbeitsbedingungen durch die SexarbeiterInnen selbst durchgesetzt werden. Das inkludiert natürlich nicht nur die Selbstorganisierung am Arbeitsplatz, sondern schließt auch eine gewerkschaftliche Organisierung mit ein (wie es sie zeitweise bei ver.di in Hamburg gab), um größeren Druck im Kampf gegen Diskriminierung und für ArbeiterInnenrechte auszuüben, der Vereinzelung der Sexarbeitenden und der Stigmatisierung entgegenzuwirken.
Auf der anderen Seite ist es aber natürlich auch notwendig, den Personen, welche unter dem ökonomischen Zwang und den teilweise sehr schlechten Arbeitsbedingungen leiden, eine Möglichkeit zu bieten, ohne größere Probleme auszusteigen. Dahingehend müssen wir uns für kostenfreie und seriöse Beratungsstellen und bezahlte Umschulungen, Aus- und Weiterbildungen für berufliche Alternativen einsetzen. Nur wenn der ökonomische Zwang und die Illegalisierung entfallen, können Ausstieg und Umschulung eine attraktive reale Option werden. Ansonsten bleiben sie eine schöne, aber letztlich leere Versprechung.
Egal, wofür sich die individuelle Person entscheidet, es gilt das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper und die Person sollte in ihrer Entscheidung unterstützt werden, natürlich ohne einerseits die Sexarbeit zu stigmatisieren oder andererseits sie zu romantisieren.
Um Zwangsprostitution insbesondere in Kombination mit Menschenhandel entgegenzuwirken, müssen wir uns neben ihrem Verbot auch für offenen Grenzen und StaatsbürgerInnenrechte für alle einsetzen, denn nur so kann den Versprechungen eines besseren Lebens in einem fremden Land unter Kontrolle von Mafiastrukturen entgegengewirkt werden.
Langfristig muss das Ziel von MarxistInnen darin bestehen, die materielle gesellschaftliche Basis umzugestalten und somit die ökonomischen Zwänge zu zerstören, die Menschen dazu nötigen, sexuellen Dienstleistungen aufgrund von Gewalt oder Not nachzugehen. Es wäre allerdings verkürzt und nicht hilfreich, ein Verbot zu fordern, da sich Prostitution, wie bereits beschrieben, nicht einfach abschaffen lässt, zumal nicht innerhalb einer kapitalistischen und patriarchalen Gesellschaft, die diese erst hervorgebracht hat. Dementsprechend ist es natürlich auch nötig, eine Massenbewegung aufzubauen, in welcher SexarbeiterInnen Seite an Seite mit allen Unterdrückten gemeinsam für das Ende von Kapitalismus und Patriarchat kämpfen können, ohne stigmatisiert zu werden.