AfD und Krieg – falsche Friedensrhetorik

von Yorick F., April 2025 – 8 Minuten Lesezeit

Die CDU hat gemeinsam mit den Ampelparteien als eine der letzten Amtshandlungen des noch amtierenden Bundestags das größte Aufrüstungsprogramm seit dem Zweiten Weltkrieg beschlossen. Neben der Linken hat sich auch die AfD mehrfach öffentlich dagegen ausgesprochen. Letztere versucht sich seit Jahren als sogenannte Friedenspartei zu inszenieren und geht damit insbesondere in Ostdeutschland auf Stimmenfang – durchaus mit einigem Erfolg, wie die letzten Landtags- und Bundestagswahlen zeigen. So hängte sie zur Landtagswahl in Sachsen Plakate auf, welche in ihren Parteifarben auf mehreren Sprachen (Deutsch, Englisch und Russisch) das Wort „Frieden“ zeigten. Interessant ist dazu, dass sie zur letzten Bundestagswahl ihre Forderung nach Wiedereinführung der Wehrpflicht gestrichen hat (wobei sie weiterhin im Parteiprogramm steht) und Figuren wie Chrupalla und Höcke sich derzeit gegen eine weitere Aufrüstung Deutschlands aussprechen sowie die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht „zum jetzigen Zeitpunkt“ ablehnen.

Dass die AfD keine Partei ist, die einen progressiven antimilitaristischen Kampf führt, sollte linken Jugendlichen eigentlich klar sein – wie genau das Verhältnis von der AfD zum Krieg jedoch aussieht wollen wir uns deswegen in diesem Artikel anschauen.

internationale Situation

Um ihre Politik zu verstehen müssen wir uns aber zuerst mit der derzeitigen Weltlage auseinandersetzen, denn aktuell befindet sich der deutsche Imperialismus in einer äußerst schwierigen Situation. Durch die Wiederwahl Trumps in den USA gibt es nämliche eine neue Dynamik innerhalb der imperialistischen Blockbildung. Unter Biden war diese noch eindeutiger, da die USA es geschafft hatte, im Zuge des Krieges in der Ukraine die EU immer mehr in den eigenen Machtblock einzugliedern und in der Konfrontation mit Russland für sich zu nutzen. Mit Trump änderte sich jetzt die Strategie des US-Imperialismus. So nährt er sich nun Russland am, um auf der einen Seite deren Band zu China zu schwächen und die imperialistische Befriedung des Krieges in der Ukraine anzugehen. Aus dieser würden sie profitieren, in dem sie die Ukraine auspressen könnten und durch den Wegfall des militärischen Ressourcenverbrauchs sich auf den Nahen Osten und gleichzeitig die Vorbereitung der Konfrontation mit China, wahrscheinlich rund um Taiwan, fokussieren könnten. Diese stellt für die USA die Relevantere dar, da China der größte Konkurrent der Supermacht auf der Weltbühne ist.

Diese geostrategische Umorientierung Trumps geht einher mit einer immensen Schwächung des Verhältnisses zu der EU, der sogenannten transatlantischen Partnerschaft. So wurden aus Verbündeten kurzerhand wieder offene Rivalen – wobei Trump mit dem Ziel antritt die europäischen Staaten zur vollkommenden Unterordnung zu bringen. Für die EU und insbesondere Deutschland bedeutet dies eine strategische Krise: Ohne die USA als stabilen Partner treten die internen Widersprüche innerhalb der EU immer deutlicher zutage. Denn um mit den USA und China mitzuhalten, müssten sie sich der Aufgabe der politischen Vereinigung Europas stellen.

Die Widersprüche der EU

Seit ihrer Gründung steht die EU vor einem inneren Widerspruch: zum einen ist sie als Wirtschaftsraum weitgehend geeint, zum anderen politisch weiterhin in bürgerliche Nationalstaaten aufgeteilt. Dies führt dazu, dass die EU als Staatenbund v.a. den ökonomisch starken Staaten nützt, welche durch den Freihandel einfacher Extraprofite aus den schwächerer Staaten, z.B. Osteuropas ziehen können. Gleichzeitig aber auch, dass die unterschiedlichen imperialistischen Staaten v.a. Frankreich und Deutschland auch untereinander um die Vorherrschaft innerhalb der EU konkurrieren. Wobei sie zur gleichen Zeit zur Einheit gezwungen sind, da man zu schwach ist um völlig eigenständig auf der Weltbühne bestehen zu können.

Dieser widersprüchliche Charakter der EU wird sich wahrscheinlich schwierig innerhalb des Kapitalismus auflösen können, da eine europäische Vereinigung immer mit einer Absage an die vorherrschenden nationalstaatlichen Interessen einhergehen würde. Somit wird die EU selbst zu einem Hindernis für die Entwicklung der Produktivkräfte und der Lösung der großen europäischen Probleme. Die europäische Politik schwankt also zwischen den Ambitionen der Vereinigung unter deutscher, französischer und tw. auch italienischer Vorherrschaft und der Durchsetzung der nationalen Interessen der einzelnen Staaten. Hinter beiden Polen stehen auch verschiedene Kapitalfraktionen und deren Interessen, was sich ebenfalls in der Parteienlandschaft, in Pro- und Anti-EU Positionierungen ausdrückt.

So enstand 2013 z.B. die „Anti-Euro-Partei“ AfD als Ausdruck dieses Widerspruches. Diese fand (und findet auch immer noch) ihre Basis in Interessensvertreter:innen des deutschen Binnenkapitals bzw. bei „mittelständigen“ Unternehmen. Da diese Kapitalfraktion, weniger von der Überausbeutung „schwächerer“ Staaten durch die EU profitiert, (wobei auch sie aus den überausbeutbaren osteuropäischen Arbeitskräften Gewinn schlagen) sondern z.B. eher eine unabhängige deutsche Währung bevorzugen würden, lehnen diese die EU ab. Dies drückte sich bei der AfD von Anfang an in einem radikalen neoliberalen Kurs gemischt mit einem starken Nationalismus aus, welcher auf „deutsche Unabhängigkeit“ pocht. Die Untermalung dessen mit rassistischer Hetze gegen Migrant:innen macht ihre Politik aus und bringt ihr bis heute anhaltende Wahlerfolge.

Die „Antikriegsposition“ der AfD

So leitet sich auch die angeblich antimilitaristische Position der rechtspopulistischen Partei, aus diesem Verhältnis ab. Das zeigt sich beispielhaft an Höckes Argumentation gegen die Wehrpflicht: Grundsätzlich habe er nichts dagegen, jedoch sei er nicht in der aktuellen Situation dafür, da Deutschland nicht „souverän“ sei und von „Eurokraten“ in einen Krieg verwickelt werden könnte.

Das zeigt deutlich, dass für ihn und die AfD das Problem nicht darin liegt, dass Arbeiter:innen und Jugendliche für Kapitalinteressen sterben müssten – sondern lediglich darin, dass es für die falschen Kapitalinteressen geschieht. Es geht nicht um eine Ablehnung von Kriegen an sich, sondern darum, dass diese nicht im Interesse der „richtigen“ Fraktion des deutschen Kapitals geführt werden. Woraus sich auch deren Positionierung zum Ukraine-Krieg ergibt, hier hat nämlich zwar das Großkapital etwas zu gewinnen, da sich der Reichtum der Ukraine potentiell unter den Nagel gerissen werden kann, beispielsweise durch Spekulierung auf eine Eingliederung in die EU oder das Ergattern von Land wie durch Monsanto (Bayer). Das hilft jedoch dem Binnenmarkt erstmal wenig und ist somit für die AfD uninteressant. Deswegen wird von ihrer Seite aus eben auch nicht in den Chor der Demokratie-Verteidigung mit eingestimmt, sondern nach Frieden geschrien.

Diese Analyse verdeutlich auch nochmal was hinter der Politik der anderen bürgerlichen Parteien steht, welche für Unterstützung der Ukraine argumentieren – nackte Kapitalinteressen. Darüber lässt sich auch Verstehen, dass der Grund warum die CDU (welche historisch das Großkapital vertritt) wegen außenpolitischer Differenzen nicht die Koalition mit der AfD sucht, eben nicht daran liegt, dass sie ein moralisches Problem haben mit „Putinfreunden“ zusammenzuarbeiten, sondern daran, dass die Kapitalinteressen welche sie vertreten auseinandergehen. Deswegen wird solange das deutsche Großkapital, einen Nutzen in der EU sieht, eine Schwarz-Blaue-Koalition eben nur mit Eingeständnissen der AfD in Fragen der EU- und sonstigen Außenpolitik einhergehen, was jedoch dadurch, dass es gegen die Interessen ihrer Basis, dem Binnenkapital geht eher unwahrscheinlich ist.

So spekuliert (zumindest ein Teil) der AfD gerade auf ein Zerbrechen der EU an ihren inneren Widersprüchen um so den deutschen Imperialismus „unabhängiger“ zu machen, was sollte es eintreten Schwarz-Blau wahrscheinlich direkt auf die Tagesordnung setzten würde. So wäre es dann gewiss auch kein Problem mehr, sondern wahrscheinlich eins der dringlichsten Aufgaben aufzurüsten um perspektivisch einen Krieg im Interesse des deutschen Kapitals zu führen. Dies zeigt sich u.a. daran, dass die AfD die Wehrpflicht bislang nicht aus ihrem Programm gestrichen hat. Ebenfalls kritisierten sie obwohl sie finden, dass es der falsche Zeitpunkt zur Einführung der Wehrpflicht sei (Höcke), gleichzeitig dass diese zu lasch sei und forderten wenn sie kommt, diese dann auf mind. 2 Jahre anzusetzen (Weidel).

Was heißt das für uns?

Ob sich die Taktik der AfD auszahlen wird, bleibt abzuwarten. Besorgniserregend ist, dass sie mit ihrer Strategie insbesondere unter Jugendlichen an Unterstützung gewinnt. Für uns als Revolutionär:innen bedeutet das, den Kampf gegen den Rechtsruck mit dem Kampf gegen Militarisierung und Kürzungen zu verknüpfen. Diese Entwicklungen gehören untrennbar zusammen und verstärken sich gegenseitig.

Dazu gehört auch, die Linkspartei aufzufordern, nicht nur abstrakt gegen die AfD Stellung zu beziehen, sondern sich klar gegen Kriegskredite und Kürzungen zu positionieren. Die Basis der Linkspartei und vor allem die Linksjugend muss sich dafür einsetzen, dass der Verrat durch die Zustimmung zu neuen Kriegskrediten in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern sowie Aussagen von Gysi und anderen, die die Aufrüstung lediglich aus finanziellen Gründen kritisieren, offen benannt und mit klaren Konsequenzen belegt werden.

Doch auch das reicht nicht, denn wir als Jugend dürfen nicht tatenlos zusehen, während vorbereitet wird, dass wir auf Schlachtfeldern für das deutsche Kapital sterben sollen uns sich die AfD als widerständige Kraft inszeniert. In diesem Artikel haben wir theoretisch aufgezeigt, dass sie dies nicht ist – nun müssen wir es praktisch beweisen, indem wir eine reale Bewegung gegen Krieg, Krise und Rechtsruck aufbauen. Diese Aufgabe liegt ebenfalls in den Händen der Linkspartei, welche ihren Worten Taten folgen lassen muss. Doch wir sollten nicht warten bis sie diesen Schritt geht, sondern sie durch unser Voranschreiten herausfordern – in dem Wissen, dass wir die Massen die sie organisiert brauchen um wirklich Kampfkraft aufzubauen.

Der Aufbau einer Bewegung kann nur gelingen, wenn sich die fortschrittlichsten Kräfte der Jugend und Arbeiter:innenklasse an ihren Schulen, Universitäten und Betrieben organisieren. Damit können und müssen wir heute beginnen. Darüberhinaus braucht es eine bundesweites Antikrisenbündnis und eine Strategiekonferenz mit allen fortschrittlichen Kräften innerhalb und außerhalb der Linkspartei um unsere Anstrengungen zu koordinieren und das Zusammenführen dieser Kämpfe effektiv voranzubringen. Wir wissen aber, dass kann nur erfolgreich sein, wenn wir ihre gemeinsame Ursache, welche sie so untrennbar verbindet erkennen und bekämpfen: den Kapitalismus.




AfD: Wo endet der Rechtspopulismus?

Mai 2024, REVOLUTION Zeitung, aktualisiert Dezember 2024

Die AfD fliegt weiterhin auf einem Hoch, was sich in den Landtagswahlen am deutlichsten gezeigt hat. Und das ist mehr als bedrohlich: Kann sie ihre Parlamentssitze in Regierungsbeteiligungen ummünzen, sieht es noch düsterer für die Arbeiter:innen und Unterdrückten in Deutschland aus als ohnehin schon. Zur EU-Wahl ist die Partei mit einem Programm angetreten, das zwar vom rechtspopulistisch-wirtschaftsliberalen Flügel inhaltlich dominiert wurde, aber auch eine deutliche Handschrift des völkischen Flügels trägt. Zu den Landtagswahlen war diese noch stärker ausgeprägt, durch die Dominanz des (noch) rechteren Flügels um Björn (Rufname Bernd) Höcke in den entsprechenden Bundesländern. Die AfD fordert ein blutiges Grenzregime und verbindet dies mit der Forderung nach Massenabschiebung, worauf nun auch die anderen großen Parteien eingeschwungen sind. Ebenfalls stellt sie die EU in Frage, will zurück zur nationalen Abschottung. Als Begründung dafür werden gesetzliche Einschränkungen der EU herangezogen, beispielsweise das Verbot von Verbrennungsmotoren für Autos. In diesem Sinne kritisiert sie die Klimapolitik als überflüssig und fordert Rückschritte hin zu Atomkraftwerken und Gas aus Russland.

Ihr „kultureller“ Kampf, der starke Aufmerksamkeit in den Medien erhält, ist auf sexistische und noch mehr auf LGBTQIA-feindliche Angriffe fokussiert. Strategisch verkaufen sie das in den sozialen Medien durch Aufgreifen von toxischer Männlichkeit und „Tradwives“. Diese Forderungen sind aber kein Alleinstellungsmerkmal der AfD: Ein Großteil der anderen Parteien in Europa gehen nach rechts und bauen auf die Festung Europa und fast alle konservativen Kräfte führen einen, mehr oder weniger starken, Kampf gegen Personen die nicht dem Rollenbild der bürgerlichen Familie entsprechen. Besonders stark zeigt sich das am Angriff auf Frauenrechte in den USA und der Ausrufung von LGBTQIA+ freien Zonen in Polen.

Die AfD stellt sich gerne als „Partei der kleinen Leute“ dar, in Wahrheit sind ihre Forderungen, gerade auch die wirtschaftlichen, jedoch das schärfste Schwert der Bourgeoisie gegen die Arbeiter:innen und Unterdrückten.

Spannungen und Strategie

Die AfD als klarster Ausdruck des Rechtsrucks trägt eine Vielzahl von politischen Differenzen in sich. Vom stramm rechten völkischen Flügel bis zum „wirtschaftsliberalen“ und all jenen, die dazwischen vermitteln wollen, variiert die politische Zusammensetzung von Ort zu Ort stark. In den ostdeutschen Bundesländern wie Thüringen oder Sachsen dominiert der völkische Flügel um Bernd Höcke, während auf Bundesebene weiterhin jene Teile der AfD den Ton angeben, die sich als liberal-konservativ verstehen. Das ursprüngliche Gründungspersonal, das aufgrund der EU-Skepsis die AfD gegründet hat, ist jedoch aus ihrer eigenen Partei geflogen nachdem es den Führungskampf verloren hat. Eine „liberale“ Skepsis der EU scheint nicht mehr auszureichen, um politisch erfolgreich zu sein. Die Krise hat dazu geführt, dass immer rechtere Kräfte den Ton angeben können. Ein Ende dieses Trends ist nicht unbedingt in Sicht, vor allem weil der völkische Flügel gerade Erfolge feiert. Dieser unterhält auch politische Verbindungen zu anderen rechtsradikalen, bis hin zu offen faschistischen, Kräften in Deutschland und der EU.

Der rechtspopulistisch-wirtschaftsliberale Teil verschließt sich dem völkischen Flügel zwar nicht, hat jedoch andere Ziele: Während er versucht sich pragmatisch-bürgerlich darzustellen und darüber realpolitischen Einfluss zu gewinnen, hält zweiterer das für nachrangig und tritt offen rechtsradikal auf. Beide haben allerdings das gleiche Ziel, über die Parlamente ihre reaktionäre Politik umzusetzen, wobei die Art der Umsetzung, über eine Koalition als Juniorpartner der CDU oder durch Hoffnung auf eine völkische Alleinregierung, umstritten ist.

Letztendlich basieren beide auf einem populistischen Ansatz, also einer Politik die Wähler:innen mobilisiert indem man sich im Namen „des Volkes“ gegen „die Eliten“ positioniert. Das zeigt sich sowohl in der Rhetorik als auch darin, dass sie Proteste nutzt und versucht, diese an sich zu binden. Dies passt auch zu ihrem noch immer gerne hochgehaltenen Image als Protestpartei. Widersprüchlich ist daran natürlich, dass die reale Politik der AfD bei einer möglichen Regierungsbeteiligung die Probleme „des Volkes“ nicht lösen würde, sondern im Gegenteil nur noch weiter verschlimmern würde, im Interesse „der Eliten“ oder wie wir sie richtiger nennen würden, der Großbourgeoisie. Die Protest-Basis liegt jedoch vor allem im Kleinbürger:innentum. Deutlich war das bei den Protesten der Bäuer:innen anfang des Jahres. Dabei trat sie mit einer deutlich aggressiveren und aufrührerischeren Taktik auf als zum Beispiel die Union.

Die AfD ist nicht, wie viele sagen, faschistisch. Vor allem sieht man das darin, dass sie darauf ausgerichtet ist, ihre Ziele im bürgerlichen Parlament zu verwirklichen und Proteste auf der Straße oder im Internet dabei höchstens als Vehikel verwendet. Sie stützt sich also nicht auf eine militante und reaktionäre Massenbewegung, mit der sie ihre Forderungen durch Straßenkampf und eine Zerschlagung der Arbeiter:innenorganisationen durchsetzt. Solange es keine starke Arbeiter:innenmacht in den Betrieben und auf der Straße gibt, kann die AfD sowieso ihr komplettes Programm im Rahmen der parlamentarischen Demokratie umsetzen, auch wenn sie bestimmte Elemente wie die Gewaltenteilung und Bürger:innenrechte einschränken müsste. Dafür braucht es ein gewisses taktisches Geschick, aber keine paramilitärischen Straßenbanden.

Um mehr über unsere Faschismus-Definition zu erfahren, schau in den Artikel „Ist die AfD faschistisch?“.

Die Krise als Ursache

Die AfD spielt also in der aktuellen Klassenkampfsituation eine elementare Rolle der Spaltung im bürgerlichen Lager und ist die radikalste Kraft des Rechtsrucks, also der Verschärfung von Unterdrückung der Arbeiter:innen wie anderer marginalisierter Gruppen. Sie will die Arbeiter:innenklasse schwächen und spalten, indem sie deree Organe angreifen und ihnen Rechte entziehen möchte. Dabei spielt die AfD auch als wahrnehmbare, aber bürgerliche, Opposition eine wichtige Rolle, da sie Illusionen in die Möglichkeit materiellee Verbesserung schürt und die Opposition für sich beansprucht. Da es keine bedeutsame linke Opposition gibt, profitiert sie politisch am meisten von der Krise. Und befeuert damit den Klassenkampf von oben anstatt den von unten.

Die Gesichter der AfD suchen sich Bereiche aus, die sie populistisch thematisieren können, um die Unterdrückung von bereits sozial Unterdrückten weiter zu steigern. Diese verstärkte Unterdrückung soll dann dazu führen, dass die Ausbeutung reibungsloser, und mit weniger „humanitären Hindernissen“ geschehen kann.

Dieses Bestreben ist dabei letztendlich Teil des grundlegenden Charakters des Kapitalismus. Die herrschende Klasse strebt immer danach, überschüssiges Kapital profitabel zu investieren. Seit der Finanzkrise 2007/08 gestaltet sich das jedoch immer schwieriger und dementsprechend muss versucht werden, durch verstärkte Ausbeutung Kapital wieder rentabel zu machen. Die Forderungen von AfD und Co. sind dessen praktischer Ausdruck.

Dabei ist auch der internationalen Charakter der Krise zentral, da es aufgrund der zunehmenden internationalen Konkurrenz für das deutsche Kapital schwieriger ist, im internationalen Wettbewerb mitzuhalten. Aufgrund dessen gibt es in Teilen dessen Bestrebungen, sich mehr auf den Binnenmarkt zu konzentrieren, Protektionismus verstärkt zur außenpolitischen Agenda zu machen. Daher stammt die EU-Skepsis, mit der die AfD thematisch 2013 begonnen hat. Allerdings stellen gerade im stark exportorientierten Deutschland diese Kräfte eine Minderheit dar, und sind lediglich in den kleineren und schwächeren Teilen der Bourgeoisie nennenswert verankert, nicht aber im Großkapital. Anders sieht es zum Beispiel in den USA aus, wo Trump mit seiner Binnenmarktorientierung große Teile der herrschenden Klasse von sich überzeugen konnte.

Wo bleibt der Widerstand?

Die Stärke des Rechtsrucks ist jedoch nicht nur durch seine Ursache und den Druck seiner vorantreibenden Kräfte geprägt, sondern auch durch den fehlenden Widerstand dagegen. Widerstand gegen die Rechten und ihre Politik mag ein Kernthema der Linken sein, jedoch ist die Linke international und vor allem in Deutschland schwach. Das führt dazu, dass der Widerstand gegen den Rechtsruck klein ausfällt und eine klassenkämpferische Alternative zum Programm der Rechten ausbleibt oder zumindest keine gesellschaftliche Signifikanz erreicht. Diese Schwäche der Linken ist darauf zurückzuführen, dass die Führung der Organisationen der Arbeiter:innenklasse, wie Gewerkschaften und sozialdemokratischen Parteien, am bürgerlichen System festhalten und dadurch keinen effektiven Widerstand gegen die Folgen der Krise aufbauen, keine eigene Alternative von Links aufzeigen können.

Von linksliberal-bürgerlicher Seite wird immer wieder ein Verbot der AfD gefordert. Das würde den Rechtsruck zwar möglicherweise bremsen, aber sicherlich nicht aufhalten. Der bürgerliche Staat bewegt sich selber immer weiter nach rechts. Rr ist Teil des Problems nicht der Lösung, da er ein Werkzeug der herrschenden Klasse ist, die selbst unter der Krise nach einer immer unterdrückerischen Politik ruft, und rufen muss. Ein Verbot der AfD würde die Optionen für Repressionen von diesem Staat ausweiten, erfahrungsgemäß am Ende vor allem gegen Linke.

Nötig wäre es hingegen, dass Massenorganisationen der Arbeiter:innenklasse, Gewerkschaften, sozialdemokratische Parteien sowie linkere klassenkämpferische Organisationen, aktiv in Form einer Einheitsfront zusammenarbeiten. Diese müsste Gegenmacht der Arbeiter:innenklasse aufbauen und ein Bewusstsein schaffen, dass man sich aktiv für die eigenen Interessen einsetzen und organisieren muss! Nur so kann der nötige Widerstand gegen den Rechtsruck, ob ausgeführt durch AfD, CDU oder Grüne, sowie eine Alternative zur voranschreitenden Krise des Kapitalismus aufgezeigt werden!




Die Ampel ist aus. Was muss jetzt von Links kommen?

von Dilara Lorin, November 2024

Am Abend des 6. November 2024 wird Christian Linder Deutschlands bekanntester Arbeitsloser. Für Olaf Scholz sei dessen Rauswurf als Finanzminister notwendig, um Schaden von Deutschland abzuwenden und das Land nicht in Chaos versinken zu lassen. Dabei kommt dieser Schritt für viele unerwartet, andere sind erfreut und wieder andere erhoffen sich dadurch einen Aufschwung der eigenen Politik. International gesehen wird Deutschlands Handlungsfähigkeit dadurch vermehrt in Frage gestellt, was vor allem die EU verunsichert. Am Donnerstag danach, haben viele EU Abgeordnete Deutschland zur schnellen „Einigung“ aufgerufen. Vor allem nach dem Wahlsieg Trumps schnürt sich die US-Schlinge um die EU immer weiter zu.

Warum ist sie zerbrochen?

Dass sich die Ampelparteien seit ihrer ersten Zusammenkunft nicht einig sind, ist nichts neues. Die Chronologie der Streitigkeiten ist lang: Heizungsgesetz, Investitionsfonds, Kindergrundsicherung, Bürgergeld und schließlich die Frage des Haushalts. Vor allem in der letzten Zeit wurden die Differenzen immer öfter auch öffentlich ausgetragen: So veröffentlicht Lindner an den Kolleg:innen vorbei ein 18-seitiges Papier für eine ganz andere Wirtschaftspolitik, als der Koalitionsvertrag vorsieht. Scholz nutzt seine Rede als Wahlkampfauftakt und nennt 4 Punkte, damit das Land nicht in Chaos versinke: 1. Deckelung der Netzentgelte für „unsere“ Unternehmen; 2. Sicherung der Arbeitsplätze in der Automobilindustrie und bei Zulieferern; 3. Investitionsprämien sowie steuerliche Abschreibemöglichkeiten für Unternehmen; 4. Unterstützung der Ukraine unabhängig von den USA. Alle 4 Punkte haben eins gemeinsam: keine sozialen Forderungen oder Ansätze, wie der Arbeiter:innenklassen in der aktuellen Wirtschaftskrisen geholfen werden kann, sondern nur staatliche Subventionen und Möglichkeiten wie Unternehmen gerettet werden können. Vergleicht man dann die Reden von SPD, Grünen und FDP von den letzten Tagen wird sehr schnell deutlich, wo die Unterschiede liegen: Wie stehen sie zur Schuldenbremse?
Diese müsse aufgehoben werden, um durch Erhöhung der Staatsschulden die Mittel für mehr Wirtschaftsförderung, weitere Aufrüstung und Waffenlieferungen bereitstellen zu können und gleichzeitig auch über Mittel für die soziale Abfederung der Rezession und der massiven Umstrukturierung der Unternehmen zu verfügen. Die Krise der bürgerlichen Parteienlandschaft wird durch das Ampel-Aus unmissverständlich offengelegt. Dabei dreht es sich, angesichts der schlechten wirtschaftlichen Situation in Deutschland vor allem darum, wer die Kosten zahlen soll und wofür Schulden überhaupt aufgenommen werden sollen.
Dass die Ampel selbst Opfer der Zeitenwende geworden ist, hätte sich wahrscheinlich Olaf Scholz auch nicht gedacht, als er das Wort etablierte. Aber zwischen Kriegen und Krisen, der Inflation und Rezession lässt sich selbst Spuren von sozialer Politik schwer umsetzen. Vor allem die wirtschaftliche Entwicklung seit der Finanzkrise 2007/2008 macht die Verteilungskrise sowie die Abgründe des kapitalistischen Systems deutlich. Zusätzlich dazu verschärften die Corona Pandemie sowie der Ukraine Krieg die Lage des deutschen Imperialismus, welches in Folge der Blockbildung sich immer mehr dem US-Imperialismus unterordnet. Dies sowie der internationale Rechtsruck verschärft auch die Fraktionierung der Bourgeoisie. Mit dem Wahlsieg Trumps steht auch die transatlantische Ausrichtung der BRD und EU in Frage. Dadurch steht das deutsche Kapital letztendlich vor unauflösbaren Aufgaben: Auf der einen Seite gibt es Ansätze als Juniorpartner der USA, auf der anderen Seite ist das Manövrieren zwischen USA und China nicht mehr gangbar, was eine Klärung der außenpolitischen Ausrichtung unabdingbar macht. Diese Uneinigkeit der deutschen Bourgeoisie durchzog als Konflikt auch die Ampelregierung. Schlussendlich wird die kommende Zeit vom Überlebenskampf des deutschen Kapitals geprägt sein, in der 2. Reihe des Imperialismus zu bleiben.

Was wird jetzt passieren?

Nach tagelangem Ringen konnte man sich nun zumindest auf einen Wahltermin Ende Februar einigen. Die neuesten Umfragen ergeben, dass allen voran die CDU/CSU gut dastehen, sodass alle Merz schon als sicheren nächsten Kanzler handeln. Die Union bereite sich schon seit mehreren Wochen auf vorgezogene Wahlen vor. Und die ersten Unternehmerverbände, wie der Außenhandelsverband BGA oder der Verband der Chemischen Industrie, stimmten sogleich in Merz’ Forderung nach schnellen Neuwahlen ein. Nicht fehlen im Chor darf natürlich Wagenknecht: Schließlich stellt sich in Brandenburg sowie Sachsen die Regierungsfrage für das BSW und Koalitionsverhandlungen lassen sich wesentlich besser führen, wenn die Kraft im Bundestag auch stärker vertreten ist. Massiv, wenn nicht sogar am meisten profitieren wird die AfD. Am schlechtesten ist die Linkspartei aufgestellt, bei der die Organisationsstrukturen aktuell am meisten am Boden liegt: Abspaltung des BSW, viele hochrangige Austritte, gleichzeitig auch viele Eintritte an der Basis. Vielleicht hätte sie sich bis zur Bundestagswahl im September sich noch aufrappeln können, aber vorgezogene Neuwahlen machen an der Stelle ein vorzeitiges Aus für sie nur noch schwer abwendbar. Antworten auf die Wirtschafskrise oder die Kriege? Dafür muss man tief rumwühlen: Jan von Aken Auftritt in der Ukraine hat mehr Fragezeichen als Klarheit geschaffen und Heidi Reichinnek verliert lieber kein Wort bezüglich des Genozids an der Palästinenser:innen. Ob noch die gestartete Offensive auf Social Media und die Dynamik um Studis gegen Rechts und den Haustürwahlkämpfen die Rettung bringt, wird sich zeigen. Die 9 Monate weniger Zeit sind für sie aber, wie für viele andere kleinen Parteien, definitiv eine Katastrophe.

Wie müssen wir auf das Ampel-Aus antworten?

Eins ist sicher: Die aktuellen Krisen in Deutschland erfordern klare Antworten. Weder die Wirtschaftskrise, die Inflation noch die daraus resultierenden Massenentlassungen lassen sich durch Bitten oder Appelle lösen. Bei der nächsten Wahl und Regierungsbildung in Deutschland wird sich entscheiden, welche der Kapitalfraktionen gewinnen wird. Dabei ist klar: Die Soziale- sowie Bildungskrise werden sich massiv verschärfen, ob mit oder ohne Abfederungspolitik seitens der SPD und Grünen. Eine verstärkte Militarisierung wird uns erwarten, in welchen nicht nur Milliarden Gelder in die Bundeswehr gesteckt werden, sondern diese immer mehr Richtung Wehrpflicht rückt. Das ist auch die Antwort des deutschen Imperialismus die ökonomische Schwäche durch militärische Stärke auszugleichen.

Deswegen dürfen wir nicht passiv warten bis eine neue Regierung gewählt wird, sondern müssen aktiv gegen Krieg und Krise kämpfen! Wir zahlen diese nicht, Schluss mit Sozialpartner:inneschaft, gegen Massenentlassungen und Schuldenbremse! Um diese Angriffe erfolgreich abzuwehren, braucht es einen Bruch vor allem der Gewerkschaften mit der Politik der Klassenkollaboration. Wir brauchen eine Aktionskonferenz gegen die Krise, bei der die Linke in Deutschland diskutiert, mit welchen Forderungen sie einen Ausweg aus der aktuellen Misere aufzeigen kann. Und wir brauchen eine Diskussion darüber, welche Art Partei, welches Programm, welche Politik wir gegen Rechtsruck und Krise brauchen. Der Zusammenbruch der Ampel, der Niedergang der SPD und der Linkspartei verdeutlichen, dass wir nicht nur organisierten Massenwiderstand aufbauen müssen. Wir müssen zugleich für eine revolutionäre Alternative zum Reformismus, für den Aufbau eine revolutionären Arbeiter:innenpartei kämpfen.

Und wie sollten wir zur Wahl selbst stehen?

In Zeiten, in denen die revolutionäre Linke schwach ist und es noch keine revolutionäre Partei gibt, müssen wir taktisch zur Wahl stehen. Die kritische Wahlunterstützung ist dabei ein Konzept, welches dem „Wählen des kleineren Übels“ entgegengestellt ist. Während es bei zweiterem um die Hoffnung geht, den Rechtsruck damit zumindest etwas zu verlangsamen und seine allerschlimmsten Auswüchse abzuwehren, während man eigentlich den Status Quo verteidigt, verfolgt die kritische Wahlunterstützung einen Ansatz, der eine revolutionäre Perspektive aus der Schwäche öffnen soll. Es geht dabei darum, Parteien zu wählen, welche noch eine Verankerung innerhalb der Avantgarde der Arbeiter:innenklasse besitzen, aber mit einem reformistischen Programm, so wie eben die Linkspartei. Es geht dabei darum, sie in der Wahl kritisch zu begleiten, sie unter Druck zu setzen, aber es kann auch eine Linke insgesamt und den linken Flügel innerhalb dieser Partei stärken. Letztendlich sagen wir: Wir unterstützten die richtigen Forderungen der Linkspartei nach höheren Löhnen und offenen Grenzen, werden aber als Kommunist:innnen im gemeinsamen Kampf aufzeigen, dass diese nicht auf parlamentarischen Wege und nur eingebettet in ein revolutionäres Programm durchgesetzt werden kann. Die Basis und Wähler:innen dieser reformistischen Parteien müssen wir dazu auffordern, ihre Führung auf die Probe zu stellen und von ihnen einen tatsächlichen Kampf für ihre Forderungen einzufordern. An seinen Versprechen muss der Reformismus zerbrechen und wenn die revolutionäre Linke selbstbewusst und überzeugend vorgeht, kann das die Chance zu einer massenhaften Gewinnung für den Prozess zu einer revolutionären Partei sein!

Denn uns sollte klar sein: Letztendlich ist der Kapitalismus die Grundlage von Krisen, Kriegen, Ausbeutung und Unterdrückung und lässt sich weder wegreformieren noch abwählen.




Alle meine Nachbarskinder wählen AfD?

September 2024

Ich komme in die Schule und sehe meine Mitschüler:innen mit einem größeren Lächeln in der Fresse, als sie es nach jedem Deutschland-Sieg hatten. Gleich fragt mich einer ein bisschen angreifend, aber auch schadenfroh: „Na, was hältst du davon, dass Höcke alle weggehauen hat?“ Und in meiner anschließenden Mathestunde geht mir eine Frage nicht aus dem Kopf: Was ist los mit meinen Mitschüler:innen, Freund:innen, Leuten aus’m Sportverein oder anderen in meinem Alter? Wählt hier jeder irgendwelche Nazis? Und wenn ja, warum?

Wahl-Zahlen

Bei der U18-Wahl in Sachsen, wo über 9.000 Jugendliche ihre Stimme abgaben, wurde die AfD stärkste Kraft mit 34,5 %. Dahinter ging es weiter mit der CDU (16,2 %), der Linken (11,8 %), der SPD (8,5 %) und der BSW (4,8 %).
In Thüringen sieht es noch schlimmer aus, auch wenn hier nur 2.000 Jugendliche abgestimmt haben. Die AfD wurde stärkste Kraft mit 37,36 %. Dahinter folgen die CDU (17,79 %), die SPD (10,6 %), die Linke (8,82 %) und die BSW (6,98 %).
Bei den 18- bis 24-Jährigen in Thüringen ein ähnliches Bild: 37 % AfD und dann, mit 20 % weniger, die Linke.
Aber auch unabhängig von Wahlen merkt man die Stärke der Rechten im jungen Osten. So nehmen rechte Verbrechen vor allem im Osten zu. Es sind die CSDs im Osten, die junge Neonazis angreifen wollen. So spüren wir jeden Tag selbst, was ein starkes, junges, rechtes Ostdeutschland ist. Doch schaut man in die Presse, um eine Erklärung dafür zu finden, wird es verrückt. Es wird erzählt, dass man hier durch die DDR ja gar nicht wüsste, was Demokratie sei, und sie deshalb nicht schätze. Doch solch eine Erklärung ist sehr widersprüchlich, wenn wir uns angucken, wie die wählen, die nie die DDR kannten. Doch eine Erklärung, was die Jugend in die Fänge der AfD treibt, ist notwendig, um sie diesen wieder zu entreißen.

Was auffällt bei Unterschieden zwischen Ost und West, ist der massive Wohlstandsunterschied. Im Osten wird mehr gearbeitet, aber schlechter verdient. Im Osten ist die Arbeitslosigkeit höher. In den Osten trauen sich nicht mal die Kapitalist:innen. Das sind aber keine Risse, die sich einfach so entwickelt haben, sondern bewusst in Kauf genommene Folgen aus der Politik der BRD nach der Annexion der DDR. Nun könnte man vermuten, dass es vor allem diese ärmeren Leute sind, die die AfD wählen, weil die AfD behauptet, man selber habe nix, weil so viel für Migrant:innen ausgegeben wird. Und das ist auch einer der Wege, wie die Rechten Leute gewinnen wollen. Doch auf der Suche nach der sozialen Basis der AfD fällt auf, dass diejenigen, die durch die Wende alles verloren haben, danach meist Nichtwähler:innen sind. Die AfD wird eher von Leuten gewählt, die selbst das Elend jeden Tag nur sehen und Angst davor haben, ihre soziale Stellung zu verlieren. Zum Beispiel Lehrer:innen, Richter:innen, Ärzt:innen oder (Klein-)Bürger:innen.

Doch warum nun ausgerechnet die Jugend?

Die Angst in der Jugend vor sozialem Abstieg ist riesig, und zusätzlich sind Jugendliche auch besonders von staatlichen Investitionen abhängig.
Wenn also die AfD behauptet, es würde zu viel für Migration ausgegeben und und wir könnten deshalb nichts mehr für unsere Schulen ausgeben, ist das für Jugendliche ein noch größeres Problem als für Erwachsene, unabhängig davon, ob das Argument kompletter Quark ist.

Doch wie ist die soziale Situation von Jugendlichen im Osten überhaupt?
Kinder, deren Eltern Bürgergeld beziehen müssen, kommen zu 17 % aus dem Osten – das sind 3 Prozent mehr als im Westen.
Hier fällt auf, dass in Thüringen, Sachsen und Brandenburg der Anteil an Kindern, die in Familien mit Bürgergeld aufwachsen, eher gering im Osten ist. Dies unterstreicht, dass es viel mehr die Angst vor dem sozialen Abstieg ist als der soziale Abstieg selbst.
Bei Jugendlichen spielt die direktere Abhängigkeit von der vom Staat zur Verfügung gestellten Infrastruktur eine Rolle. Da Jugendliche eben in die Schule müssen und dadurch von den Investitionen in die Schulen abhängig sind. Auch hier wird die Angst des sozialen Abstiegs weiter bedient, weil schlechte Bildung auch eher schlechte Zukunftschancen bedeutet. Jugendliche sind empfänglicher für die Angst vor dem sozialen Abstieg. Dazu kommt, dass sie noch ein längeres Leben vor sich haben, in dem sie nicht sozial schlecht gestellt sein möchten.

Menschen mit Migrationshintergrund verantwortlich zu machen für Sozial- und Bildungsabbau ist natürlich nicht mehr als eine der Geschichten, die die rechten Rattenfänger erzählen, um uns in ihre Klauen zu bekommen. Tatsache ist, dass erstens die Ausgaben in der Migrationspolitik seit 2022 stetig abnehmen. Dass zweitens diese Ausgaben zum größten Teil darin fließen, die Migration zu bekämpfen und den Geflüchteten das Leben zur Hölle zu machen, z. B. indem der Grenzschutz innerhalb und außerhalb Europas ausgebaut wird, was uns dann auch noch als „Fluchtursachenbekämpfung“ verkauft werden soll. Und drittens wird ja bei der Bildung auch nicht erst gespart, seitdem mehr Menschen flüchten müssen. Bei Bildung wird schon immer gespart, wenn es zu Krisen kommt, weil es dem Staat eben nicht wert ist, Geld für Bildung auszugeben. Dieser Staat hatte nie das Interesse, uns wirklich etwas beizubringen. Wir sollen gerade so viel lernen, dass wir den nächsten Job ausführen können, und der Staat wird auch nur maximal so viel für unsere Bildung zahlen. Egal, wie viele Migrant:innen im Land sind. Die Angst der Leute vor sozialem Abstieg ist berechtigt. Wir müssen aber glaubhafte Vorschläge für eine richtige Sozialpolitik machen und nicht so tun, als würden Migrant:innen jemandem etwas wegnehmen. Dazu kommt ja auch: Wenn uns jemand in dieser Gesellschaft etwas wegnimmt, dann ist das kein Migrant, der nicht mal genug Geld zum Überleben bekommt, sondern dann sind es die Reichen, also die Teile der Gesellschaft, die durch die Arbeit anderer Geld bekommen, ohne jemals auch nur in der Lage gewesen zu sein, arbeiten zu müssen. Wenn uns jemand etwas wegnimmt, dann sind es die Teile der Gesellschaft, die durch das alleinige Besitzen von Raum von uns 600 Euro im Monat bekommen. Es ist doch unser Vermieter und unser Chef, der uns das Geld aus der Tasche zieht, und kein:e Migrant:in.

Lasst uns die jugendlichen Rechten stoppen!

Lasst sie uns bekämpfen, indem wir ihre Aufmärsche blockieren und Antidiskriminierungsstellen an Schulen aufbauen. Lasst uns ihnen den Nährboden entziehen, indem wir an Schulen selbstverwaltete Küchen und soziale Angebote aufbauen, damit sie auch sehen, dass das Geld da ist, wenn man es sich nimmt. Wir müssen aber auch endlich für bessere Löhne kämpfen. Denn wenn unsere Eltern weniger verdienen, bekommen auch wir weniger Taschengeld. Beim Taschengeld fällt dann schon auf, dass wir uns das Leben nicht mehr leisten können, und diese Angst treibt uns in rechte Arme. Sorgen wir also dafür, dass diese Angst nicht mehr entsteht. Gegen rassistische Hetze und für ein Leben, das sich lohnt und in dem wir nicht über Sneaker oder Mittagessen nachdenken müssen.




4 Wege, wie die AfD uns die Schulen zur Hölle machen will

von J.J. Wendehals, September 2024

Angepasst, arbeitsam und deutsch: So stellt sich die AfD die perfekten Schüler:innen vor. Daher sollen die Schulen in ihren Träumen auch so umgebaut werden, dass jegliche Freiheit und Solidarität einem Ende gesetzt wird. Damit Ihr für die nächste Debatte mit Lehrkräften und Schüler:innen ein paar Argumentationshilfen habt, haben wir uns durch das Wahlprogramm der AfD und ein paar ihrer Reden gequält und vier zentrale Aspekte der AfD-Bildungspolitik zusammengetragen.

1. Segregation statt gemeinsamen Lernens

Die AfD erkennt an, dass es im deutschen Bildungssystem Probleme gibt (auch wenn sie immer so eine befremdliche Betonung auf das Wort „deutsch“ legen). Allerdings machen sie dafür nicht deren tatsächliche Ursachen wie z.B. den Mangel an staatlichen Investitionen verantwortlich, sondern „Kinder von Ausländern“, die angeblich den deutschen Kindern die Bildung klauen würden. Aus dieser rassistischen Verdrehung von Tatsachen leiten sie die Forderung ab, uns in „deutsche“ und „nicht-deutsche“ Schüler:innen aufzuteilen und getrennt zu unterrichten. In Wirklichkeit existiert ja jetzt schon viel zu viel Segregation in der Schule sichtbar anhand der „Willkommens“klassen. Doch allein die AfD will dies auf die Spitze treiben und phantasiert von einer Höchstquote von 10% migrantischen Schüler:innen pro Klasse. Letztendlich soll dies auf verschärfte Benachteiligung hinauslaufen, indem die wenigen Ressourcen ungerechter verteilt werden. Dabei ist (zugeschriebene) Migrationsgeschichte nicht das einzige Kriterium, anhand dessen wir weiter gespalten werden sollen: Auch Schüler:innen mit Behinderung will die AfD noch weiter aus dem regulären Schulunterricht herausdrängen und in „Förder“schulen mit prekären Berufsaussichten abstellen. Was wir ja eigentlich bräuchten, wäre wirkliche Inklusion: Dass wir gemeinsam unterrichtet werden und voneinander lernen können. Die existierenden Ansätze von Antidiskriminierungsstrukturen müssen weiter aufgebaut und unter Selbstverwaltung gebracht werden. Und Schüler:innen, die z.B. sprachliche, therapeutische oder sonstige Begleitung benötigen, müssen diese kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen. Das dafür notwendige Geld will die AfD jedoch lieber den Bossen und dem Grenzschutz geben.

2. Selektion, Leistungsterror und Vernachlässigung

In dem Albtraum von Schulsystem der AfD profitieren aber nicht einmal diejenigen Schüler:innen, die deren völkisch-rassistischen Idealen von „gesund“ und „deutsch“ entsprechen. Stattdessen unterliegen diese einem erbarmungslosen Selektionsdruck. Die AfD verehrt das mehrgliedrige Schulsystem und dazu ist ihr der hohe Anteil an Schüler:innen, denen nach der Schule der Weg zu einem Studium offen steht, ein Dorn im Auge. Wenn es nach ihr ginge, bliebe der Besuch des Gymnasiums einer elitären Minderheit vorbehalten, während der Großteil nur zu einer verkürzten Schullaufbahn an der Realschule zugelassen wäre, in der zudem noch ein Teil des Unterrichts in den wissenschaftlichen Fächern durch verpflichtenden Unterricht in Handarbeiten wie Holz- und Metallbearbeitung, Elektrotechnik oder Haushaltslehre ersetzt werden soll. Welches von diesen Fächern dann für Mädchen gedacht sein soll, ist bei einer so sexistischen Partei wie der AfD nicht schwer zu erraten. Um die Selektion zu vereinfachen und Schulleistungen quantifizierbarer und vergleichbarer zu machen, soll das Notensystem ausgebaut werden und verpflichtend ab der zweiten Klasse gelten. Generell soll der Leistungsdruck weiter erhöht werden. Dahinter steht die Ansicht, dass z.B. die schlechten Ergebnisse der deutschen Schüler:innen bei der Pisa-Studie einfach durch unsere Faulheit und mangelnde Disziplin zu erklären sei. Als Rechtfertigung leugnet die AfD auch den Zusammenhang von Bildungschancen und dem sozialen Hintergrund. Stattdessen hegt sie abstruse Vorstellungen von angeblichen genetischen Ursachen für unterschiedliche Leistungen bei Schüler:innen. In Wahrheit ist das biologistischer Unsinn! Ob deine Eltern viel Geld, Zeit oder selbst eine akademische Ausbildung haben, spielt die eigentliche Rolle, nicht Gene oder so etwas. Aus diesem Grund sind wir für ein eingliedriges Schulsystem, gleiche Bildung für alle und die Abschaffung des Notensystems!

3. Mehr Jugendunterdrückung im Unterricht

Um ihre übertriebenen Leistungsansprüche durchsetzen, will die AfD die Macht und Autorität der Lehrkräfte gegenüber den Schüler:innen ausbauen. Sie hat (unseres Wissens nach) bisher noch nicht öffentlich die Wiedereinführung der Prügelstrafe gefordert, „in die Ecke stellen“ soll aber schon mal in den Maßnahmenkatalog aufgenommen werden. Zudem sollen ab der zweiten Klasse Kopfnoten für „Ordnungssinn“, „Pünktlichkeit“ und „Sorgfaltsliebe“ wieder eingeführt werden. Darüber hinaus sollen die eh schon lächerlich geringen Einflussmöglichkeiten der Schüler:innenvertretungen weiter beschnitten werden. Bitte lasst uns mit euren komischen, preußischen Fascho-Tugenden in Ruhe, nicht unsere mangelnde Disziplin ist das Problem, sondern dieses System! Wir leben und lernen, wie wir wollen!

4. Reaktionäre Wende in den Unterrichtsinhalten

In den Lehrplänen will die AfD die wenigen mühsam erkämpften Fortschritte alle zunichte machen. Im Geschichtsunterricht soll „ein positiver Bezug zur deutschen Geschichte“ hergestellt werden, d.h. die deutschen Kolonialverbrechen, die Kriegstreiberei und der monarchistische Despotismus des Kaiserreichs sollen verherrlicht werden, der Holocaust und die Barbarei des Faschismus unter den Teppich gekehrt. Sexualkunde in der Grundschule soll abgeschafft werden zur Verhinderung einer vermeintlichen „Frühsexualisierung“ und sich später darauf konzentrieren, dass den „deutschen“ Schüler:innen in der Hauptsache eingetrichtert wird, möglichst viele Kinder zu bekommen, damit ein angeblicher „Volkstod“ aufgehalten werde. Es soll verboten werden zu gendern und queere Identitäten sollen unsichtbar gemacht werden. Nicht zuletzt würde wohl auch der menschengemachte Klimawandel aus einem Lehrplan der AfD vollends verschwinden. Dies alles ist genau das Gegenteil der Veränderungen, die wir in den Lehrplänen bräuchten. Der Klimawandel müsste als eine der größten Bedrohungen für die Existenz der Menschheit ausreichend Raum bekommen, dass seine Ursachen und Lösungsansätze diskutiert werden können. Sexualität und geschlechtliche Identität abseits von hetero und cis sollte im Unterricht gleichberechtigte Gültigkeit haben. Statt darauf zu drängen, möglichst viele Kinder zu bekommen, sollte möglichst früh das Prinzip von sexuellem Konsens vermittelt werden. Und im Geschichtsunterricht schließlich muss die deutsche und europäische Kolonialgeschichte einen viel größeren Raum bekommen. Insgesamt sollten die Lehrpläne durch demokratische Strukturen unter Einbeziehung von uns Schüler:innen gestaltet werden statt von einem potentiell AfD-geführten Bildungsministerium.

Wie kommt die AfD auf ihre Forderungen?

Wenn wieder weniger Schüler:innen aufs Gymnasium und später an die Uni gehen, wenn große Teile unser Schüler:innenschaft an schlecht finanzierte Förderschulen oder „Ausländerschulen“ verdrängt werden soll, oder – wie es die AfD mit unseren ukrainischen Mitschüler:innen vorhat – ihnen der deutsche Präsenzunterricht gänzlich versagt bleiben und durch Online-Unterricht nach Lehrplan des Herkunftslandes ersetzt werden soll, dann bedeutet dies alles einen Abbau des gesamten Bildungssystems. Wenn ein Großteil von uns vermehrt in Handarbeitsfächern ausgebildet werden soll, dann heißt das auch, dass wir früher in die Produktion und damit Ausbeutung eingezogen werden sollen, insbesondere in mittelständischen, handwerklichen Unternehmen. Und wenn durch erhöhten Leistungsdruck und verschärfte Autoritäten unser Drang zur Freiheit und einer selbstbestimmten Jugend gewaltsam unterdrückt werden soll, dann bedeutet das erstens mehr „Lernleistung“ in weniger Zeit und zweitens, dass unsere Disziplin und Bereitschaft zur Unterordnung im späteren Arbeitsleben erhöht werden soll. Wir sehen hier, dass sich hinter einer mit falscher Nostalgie verklärten „Rückbesinnung auf Traditionen und bewährte Mittel“ nackte Kapitalinteressen verbergen. Hinzu kommt, dass durch unsere Spaltung in „deutsch“ und „nicht-deutsch“, in queer und nicht-queer, Mädchen und Jungen, in „leistungsstark und -schwach“ oder in behindert und nicht behindert unsere Widerstandskraft gegen die sozialen Angriffe geschwächt und unsere Klassensolidarität gebrochen werden soll.

Und wie können wir uns dagegen wehren?

Mittlerweile sollte rüberkommen, dass eigentlich niemand von uns Schüler:innen ein Interesse an den Plänen der Rechten hat. Wie wir aber bei jeder Wahl deutlicher sehen, müssen wir es selbst in die Hand nehmen, diese düstere Zukunft zu verhindern. Auf die Ampel-Regierung oder sonstige Parteien können wir uns dabei nicht verlassen, sie setzen mehr und mehr selbst schon die politischen Ziele der Rechten um. Stattdessen sollten wir uns als Schüler:innen unabhängig organisieren, um den Kampf für unsere Rechte aufzunehmen. Und wir haben dabei keine Zeit zu verlieren. Ein erster Schritt wäre es, mit einem politischen Programm gegen Rassismus und den Rechtsruck bei den Schulsprecher:innenwahlen zu intervenieren. Dies dient auch als Möglichkeit, um erstmal interessierte und aktionsbereite Leute an einer Schule zu sammeln. Danach sollten wir auch auf größere Protestbewegungen wie z.B. #Widersetzen zugehen und unsere Perspektive als Jugendliche und Schüler:innen hineintragen. Letztendlich müssen wir, um wirklich Druck aufzubauen, in der Zukunft einen Schulstreik organisieren. Im besten Fall gemeinsam mit solidarischen Arbeiter:innen und Kräften wie #Widersetzen. Wenn du uns dabei unterstützen willst, sprich uns an!




Was ist eigentlich antimuslimischer Rassismus und woher kommt er?

Von Dilara Lorin und Stephie Murcatto, April/Mai 2024, Revolution Zeitung 2/2024

„Kopftuchmädchen, alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse!“

Dass die rechtsextreme AfD-Abgeordnete Alice Weidel diesen Satz im Bundestag gesagt hat, ist noch gar nicht so lange her. Lehrer:innen, die deine Hijab tragenden Mitschüler:innen verbal angreifen und fragen, ob sie dazu gezwungen wurden und das Kopftuch wieder abnehmen sollen, bis hin zu Sprüchen wie „Na bekommt dein Gehirn darunter noch Luft“. Oder die Wohnungssuche, bei der Vermieter:innen einen Lukas einem Hamid vorziehen, obwohl beide die gleichen Unterlagen vorlegen, was zu offener Diskriminierung und Benachteiligung führt und auf dem Arbeitsmarkt nicht anders aussieht. Dies sind nur Bruchstücke des antimuslimischen Rassismus, mit dem viele Menschen tagtäglich konfrontiert sind. Dabei hat sich die Lage in Deutschland seit dem 7. Oktober 2023 verschlechtert, indem alle Muslim:innen unter Generalverdacht gestellt werden. Vize-Kanzler Robert Habeck fordert in einer Ansprache alle Muslim:innen dazu auf, sich zum 7. Oktober zu verhalten und Israel als Staat anzuerkennen. Würde dem nicht Folge geleistet, könnten sie Gefahr laufen, ihren Aufenthaltstitel zu verlieren. Der Generalverdacht, der von allen Seiten der deutschen Politik kommt, ist ein Schlag ins Gesicht der 5,3 – 5,6 Millionen in Deutschland lebenden Muslimen (ungefähr 6,4 – 6,7 Prozent der deutschen Bevölkerung). Doch was ist antimuslimischer Rassismus und woher kommt er? Um dies zu verstehen, müssen wir uns zuerst anschauen, was Rassismus ist:

Was ist Rassismus?

Eines ist klar: Rassismus ist kein Produkt der „menschlichen Natur“ und auch nicht Ausdruck einer „tief verwurzelten Angst vor dem Fremden“. Vielmehr ist Rassismus eng mit der Entstehung bürgerlich-imperialistischer Nationalstaaten verbunden. In einer Zeit, in der der Kapitalismus einen Weltmarkt schuf und die Nationalstaaten neue Märkte erschließen mussten, wuchs aufgrund der kolonialen Ausbeutung das Bedürfnis nach Erklärungen, die die „Unzivilisiertheit“ dieser Menschen konstatierten und sie damit zu ewigen „Dienern des weißen Mannes“ machten. Damit war der Boden bereitet für die pseudowissenschaftliche Erklärung ihrer „Minderwertigkeit“ durch den Rassenbegriff. Rassismus übersteigt jedoch bloße sprachliche oder kulturelle Kategorisierungen und nutzt phänotypische Merkmale wie zum Beispiel Hautfarbe und Kopfform, um Menschen in vermeintlich feste Gruppen einzuteilen. Der Rassenbegriff diente als effizientes Werkzeug für bürokratische Grenzziehungen und demagogische Mobilisierung. Der Rassismus ermöglicht auch die Zuteilung unterschiedlicher Rechte je nach Zugehörigkeit zu einer „rückständigen“ oder „zivilisierten“ Nation oder Nationalität. Damit wird die ethnische Zugehörigkeit zu einem imperialistischen „Staatsvolk“ positiv und die zu allen anderen negativ bewertet, was zu einer Abwertung der Angehörigen unterdrückter Nationen führt. Rassismus ist tief in unserem gegenwärtigen Herrschaftssystem verankert. Die materielle Basis des Rassismus‘ in der Arbeiterklasse ist die massenhafte Überausbeutung in den Halbkolonien, die einem Teil der Arbeiterklasse in den imperialistischen Ländern einen gewissen Wohlstand zu garantieren scheint.

Was zeichnet antimuslimischen Rassismus aus?

Dabei handelt es sich um eine Form des Rassismus, der sich nicht nur gegen religiöse Sympathien und Praktiken richtet, sondern gleichzeitig Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe oder Herkunft rassifiziert und dem Islam zuordnet. Antimuslimischer Rassismus und Islamophobie machen den:die „Muslim:in“ zu einer unveränderlichen Sache, sodass Menschen verschiedener Nationalitäten und sogar Glaubensrichtungen als „muslimisch“ charakterisiert werden. Somit trifft antimuslimischer Rassismus nicht nur Muslim:innen sondern auch diejenigen, die scheinbar „muslimisch“ aussehen oder Menschen sind, die aus einem Land mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung stammen. Dabei hat der antimuslimische Rassismus einen ähnlichen Zweck wie der Rassismus: Spaltung der Arbeiter:innenklasse und herausentwickeln einer prekären Schicht dieser, Trennung des Arbeitsmarktes und Legitimation von Kriegen und imperialistischen Interessen. Durch die Spaltung der Arbeiter:innenklasse wird einerseits eine einheitliche Masse der Ausgebeuteten verhindert und andererseits können jene Arbeiter:innen besser ausgebeutet werden, die aufgrund ihrer Rassifizierung nicht die gleichen Rechte erhalten. Die Verbindung der Diskriminierung von Arbeitsmigrant:innen mit ihrer rassistischen Brandmarkung als „Muslimin:innen“ stellt diese als „Gefahr“ für „zivilisierte“ Gesellschaften dar. Diese Charakterisierung wird zunehmend von Rechtsextremen aufgegriffen und mit Verschwörungsideologien verknüpft. Ein Beispiel dafür ist die sogenannte „Islamisierung des Abendlandes“, wegen der angeblich muslimische Einwanderung stattfindet, um die weiße Bevölkerung zu marginalisieren. So soll die Abschottung und Rückführung von Geflüchteten besser gelingen. Letztendlich sind alle Formen von Islamophobie und antimuslimischem Rassismus rassistische Ideologien, die der Unterdrückung von eingewanderten und geflüchteten Arbeiter:innen dienen sowie einen ideologischen Deckmantel für „humanitäre“ Interventionen in Halbkolonien oder die Unterstützung des zionistischen Staates rechtfertigen.

Wie ist der antimuslimische Rassismus entstanden?

In den letzten Jahren hat sich der Rassismus gegen Muslim:innen und die Islamophobie erheblich verändert, wodurch dem antimuslimischen Rassismus ein anderer Charakter verliehen wurde. Seit den 2000er Jahren können wir erkennen, dass der antimuslimische Rassismus eine dominierende Form des Rassismus in den imperialistischen Ländern eingenommen hat. Dies hat seine Ursache in verschiedenen historischen Entwicklungen. Eine davon ist der Zusammenbruch der Sowjetunion, der die Weltlage schlagartig verändert und die USA dazu veranlasst hat, die Welt neu ordnen zu wollen, um ihre Hegemonie und ihre Machtansprüche zu sichern. In den USA wurden in dieser Zeit immer mehr Bücher und Publikationen veröffentlicht, die Wege und Strategien für die Hegemonie der USA skizzieren. Dabei wurden vor allem andere imperialistische Länder wie China und Russland als Rivalen dargestellt und Strategien veröffentlicht, die verhindern sollten, dass diese Länder die Hegemonie der USA angreifen können. Eines dieser rassistischen Bücher war Huntingtons Clash of Civilisations (Kampf der Kulturen), das auch den „Islam“ als einen Imperialismus beschrieb, der sich zu einem globalen Rivalen entwickeln könnte, und das voller rassistischer Ideologie war. Dabei ist der Islam weder eine wirtschaftliche Einheit noch eine Nation oder eine Föderation von Nationen. Er ist kein Rivale um die Weltmacht. Aber er eignet sich gut als globaler Feind, der sowohl intern als auch extern ist. Nach den Angriffen am 11. September 2001 wird diese Ideologie dann genutzt, um den sogenannten „war on terror“ zu legitimieren und dutzende imperialistische Kriege wie in Afghanistan, auf vermeintlich muslimische Länder im Mittleren Osten, aber auch überall in der Welt zu legitimieren. Außerdem bietet es nicht nur eine ideologische Rechtfertigung für die Destabilisierung des Nahen und Mittleren Ostens, sondern auch für die polizeiliche Überwachung und Stigmatisierung der muslimischen Bevölkerung. Dafür mussten der „Islam“ und der „Islamismus“ als einheitliches Gebilde konstruiert werden, um somit einen homogenen, gefährlichen und barbarischen Feind zu kreieren, dessen Anhänger:innen zu einer rückständigen Kultur gehören, die nicht in die moderne, demokratische Gesellschaft integrierbar ist. Dass im Islam selbst unterschiedliche Schulen und Glaubensauslegungen vorherrschen, beispielweise Unterschiede zwischen Schiiten und Sunniten, spielt dabei gar keine Rolle. Dabei wird oft von allem Islam als Islamismus gesprochen, ohne zwischen echtem Islamismus (politischem Islam) und dem Islam als bloßer Religion zu unterscheiden. So werden die in Deutschland stattfindenden Pro-Palästina-Demonstrationen von Robert Habeck als islamistisch bezeichnet, obwohl es sich bei den Organisatoren größtenteils um säkulare, linke Organisationen handelt.

Situation von Muslim:innen

Insgesamt gehört die Mehrheit der Muslim:innen in der EU zu den prekären Teilen der Arbeiter:innenklasse: So ist die Arbeitslosenquote unter türkischen Arbeiter:innen in Deutschland oder unter pakistanischen und bangladeschischen Arbeiter:innen in Großbritannien um 15 bis 40 Prozent höher als im nationalen Durchschnitt; man kann also sagen, dass die Arbeitslosenquote unter Migrant:innen und Muslim:innen (soweit getrennte Daten vorliegen) wesentlich höher ist als im nationalen Durchschnitt. Dadurch wird deutlich, dass Muslim:innen systematischer Unterdrückung, Diskriminierung und Stigmatisierung ausgesetzt sind, was als Folge Ghettoisierung mit sich bringt.

Auf dem Arbeitsmarkt und in der Schule erleben Migrant:innen und Muslim:innen alltägliche Diskriminierung und Unterdrückung aufgrund ihrer Herkunft und Religion, auch wenn es in vielen Ländern oberflächliche Antidiskriminierungsgesetze gibt, die nicht verhindern, dass z. B. die Arbeitssuche für Migrant:innen mit Kopftuch wesentlich schwieriger ist als für weiße Frauen ohne Kopftuch. Auch in der Schule ist es für Schüler:innen aufgrund ihrer sozialen Lage schwieriger, akademische Erfolge zu erzielen, was insgesamt dazu führt, dass Muslim:innen (und Migrant:innen insgesamt) tendenziell in schlechter bezahlten Sektoren arbeiten als weiße Arbeiter:innen.

Wir wollen im zweiten Teil der Artikelreihe zu antimuslimischem Rassismus genauer darauf eingehen, was wir tun können, um dagegen anzukämpfen. Welche Forderungen sollten wir im Kampf aufstellen? Wieso ist der Kampf für Religionsfreiheit für alle wichtig? Seid gespannt.




Neben mir sitzt ein Nazi, was soll ich tun?

von Brokkoli Bittner, Juni 2024

Europa hat gewählt und Europa hat mehrheitlich rechts gewählt. Diesmal durfte in Deutschland sogar ab 16 gewählt werden. Das ist erstmal ein Erfolg. Doch hat die Wahl ebenso gezeigt, dass Jugendliche nicht automatisch für eine freiere und sozialere Welt einstehen. Im Gegenteil: Auch ein Großteil der Jugend hat Rechts gewählt. Unter den 16- bis 24-Jährigen hat die AfD 11 Prozent dazu gewonnen und die CDU 5 Prozent. Diese sind damit stärkste Kräfte unter Jugendlichen. Dass die Grünen für ihren Verrat an der Klimabewegung mit einem Verlust von 23 Prozent abgestraft wurden, ist angesichts dieser Rechtsentwicklung nur ein schwacher Trost. Auch die Linke, zu deren kritischer Wahlunterstützung wir aufgerufen haben, hat 2 Prozent unter Jugendlichen verloren. Doch diese Wahlergebnisse überraschen uns nicht, denn gerade für migrantisierte und queere Jugendliche war schon vor der Wahl klar: Die Jugend ist auch vom Rechtsruck betroffen und das merken wir auch täglich. Es sind nicht nur Lehrer:innen, die sich über migrantische Mitschüler:innen lustig machen. Es ist nicht allein das rassistische Bildungssystem, welches unsere Mitschülis migrantisiert und ihnen das Leben zur Hölle macht. Es sind eben auch unsere Mitschülis, die Hakenkreuze in Tische ritzten, „Ausländer raus“ auf Insta-Posten oder trans Personen gewaltvoll angreifen. Der Rechtsruck macht vor unseren Schulen und eben auch vor unseren Mitschülis keinen Halt. Und auch hier muss unser Kampf ansetzen. Doch wie schaffen wir das? Wie können wir verhindern, dass wir jeden Tag aufs Neue Hakenkreuze übermalen müssen, weil unsere Mitschülis endlich mal verstanden haben, dass es scheiße ist?

Was die Schule mit dem Rechtruck zutun hat

Zuerst ist es wichtig zu verstehen, dass, anders als wir es beigebracht bekommen, politische Einstellungen im Jugendalter nicht einfach Phasen sind, die zur Entwicklung dazu gehören. Jugendliche sind in der Lage, sich selbst Positionen zu bilden. So ist unser Nazimitschüler auch nicht in einer Phase, die er durchleben muss, sondern er ist einfach überzeugt von einer menschenfeindlichen Ideologie. Das ist wichtig zu verstehen, denn wenn wir sagen, es sei eine Phase, nehmen wir das Problem von Rechten in der Schule einfach nicht ernst. Andererseits sprechen wir Jugendlichen damit auch wieder einmal ab, eigene Entscheidungen treffen zu können. Doch diese eigenen Entscheidungen können eben auch scheiße, falsch und sogar rassistisch sein.

Wenn Teile deiner Klasse zu Klassenfeinden werden, kommt damit eine extreme Wut in uns auf. Man glaubt vielleicht, dass ein paar Schellen ausreichen, damit sie die Scheiße nicht wieder sagen. Aber jede:n Rechte:n zu verhauen in einer Gesellschaft, die nach rechts rückt, ist leider nicht so einfach. Hinzu kommt noch, dass sich rechte Ideologien nicht aus den Menschen herausprügeln lassen. Wir müssen uns deshalb mit den Ursachen des Rechtsrucks beschäftigen, als denen eine zu drücken, die diese Ideologie reproduzieren. Ein Grund dafür, dass sie es so leicht haben, ist, dass unsere rechten Mitschüler:innen von der Schule gar nicht so ungewollt sind, wie sie es tut. Natürlich tut die Schulleitung ganz schockiert, wenn jemand auf dem Schulhof den Hitlergruß zeigt. Von systematischem Rassismus oder gar faschistischen Strukturen hat man aber nie etwas mitbekommen. Und wenn in unseren Schulen Podiumsdiskussionen mit der AfD stattfinden, dann ist es für die Schulleitung klar, dass diese Meinung auch einen Platz bekommen muss. Es sind ihre Vorurteile gegenüber migrantisierten Menschen, die unsere Mitschülis nachlabern. Es ist ihre soziale Selektion, die unsere Mitschülis für biologisch gegeben halten. Es ist ihr heterosexueller Sexualkundeunterricht, den unsere Mitschülis für natürlich halten. Es ist ihr struktureller Rassismus, den unsere Mitschülis reproduzieren. Ein Kampf dem Nazi-Sitznachbarn muss also auch ein Kampf dem kapitalistischen System sein, das den Rassismus braucht, um zu existieren.

Krise & Rechtsruck Hand in Hand

Es ist nämlich genau die Krise dieses Systems, die dazu führt, dass die Rechten aktuell so stark sind. Sie erstarken genau dann, wenn der Lebensstandard vieler Leute durch Inflation und soziale Kürzungen schlechter wird, es keinen entschlossenen Kampf dagegen von links gibt und sich die Rechten als einzige Alternative dagegen präsentieren können. Die Bundesregierung versucht genau diesen Zusammenhang zwischen der Stärkung der AfD und ihrer Politik zu verschleiern und den Rechtsruck als Bildungsproblem darzustellen. Doch die AfD hat unter Jugendlichen nicht allein gewonnen, weil sie sich einen TikTok-Account angelegt hat. Sondern weil sie so tut, als hätte sie Lösungen für unsere Probleme. Schuld daran, dass du keinen Ausbildungsplatz bekommst, sei nicht die kapitalistische Krise, sondern eben „die Ausländer“. Es ist also kein Wunder, dass die Rechten gerade unter Jugendlichen, die nochmal mehr von der Krise betroffen sind, weil diese auf ihre Kosten ausgetragen wird, gewinnen.

Um die Rechten also zu stoppen, muss es ein Stoppen der Kürzungspolitik geben – die Kürzungspolitik der Ampel, die Schulen unterfinanziert und Jugendclubs dicht macht. Vielmehr sollten nicht wir für ihre Krise zahlen, sondern die Reichen! Dann werden auch weniger von uns den Rechten in die Arme getrieben. Klar ist also: Ein Kampf gegen Rechts ist auch ein Kampf für Masseninvestitionen statt für Kürzungen im sozialen Bereich und der Bildung. Doch wie schaffen wir das?

Organisieren an der Schule gegen Rechtsruck und Krise!

Um gegen die Kürzungspolitik zu kämpfen, müssen wir uns an unseren Schulen zusammentun. Dafür braucht es gemeinsame Aktionen. Anlass dafür können zum Beispiel die entlassenen Sozialarbeiter:innen sein, die kaputte Turnhalle oder das teure Mensaessen. Es können aber die Hakenkreuz-Schmierereien sein. Diese könnte man dann also, anstatt alleine zu crossen, mit seinen Freund:innen überstickern, mit Stickern der Jugendorganisation deines Vertrauens. Geht wahrscheinlich dann sogar schneller und macht vielleicht sogar Spaß. Nach so einer Aktion kann man dann ein gemeinsames Treffen machen, wo man darüber redet, wie man in Zukunft damit umgeht und wie man den Rechtsruck bekämpft. Dazu kann auch gehören, gemeinsam zu großen Antifa-Aktionen zu fahren, wie zu den Blockadeaktionen gegen den AfD-Bundesparteitag in Essen. Dort können wir gemeinsam aufzeigen, dass es mehr braucht als „Nazis raus“, bzw. dass unserer „Nazis raus“ auch einen gemeinsamen Kampf mit Gewerkschaften und linken Parteien gegen Kürzungen und für Masseninvestitionen in Bildung bedeutet.

Der Rechtsruck kann nur durch eine Massenbewegung gestoppt werden, die sich nicht nur einmal im Jahr in Essen trifft, sondern in Schule, Uni und Betrieb verankert ist. Unsere Organisierung an der Schule ist deshalb ein wichtiger Schritt, um eine solche Bewegung aufzubauen. Denn das ist der Ort, wo wir täglich die Krise spüren, also müssen wir uns auch dort gegen diese organisieren. Eine soziale Forderung, die wir an Schulen erkämpfen können, ist zum Beispiel, dass die Schülis und Lehrkräfte über das Mensa-Essen und den Preis entscheiden können. Ebenso aber auch die Kontrolle über die Lehrpläne, die aktuell noch Rassismus und Queerfeindlichkeit reproduzieren und Kritik am Kapitalismus maximal in die Politik-AG verbannen. Wenn wir uns außerdem zusammentun, müssen wir auch weniger Angst vor rechten Mitschülis, Lehrer:innen oder Stress mit der Schulleitung haben. Einmal, weil man keine 30 Leute von der Schule werfen kann, aber auch weil wir uns zusammen uns bei Angriffen von Rechten verteidigen können.

Denn es ist der traurige Alltag, dass Unterdrückte angegriffen werden. Angst auf dem Nachhauseweg vor Angriffen von seinen eignen Mitschülis zu haben, ist längst Realität geworden. In den meisten Fällen haben wir nicht mal irgendwas zum Selbstschutz dabei, weil das in unseren Schulen als Waffen gilt und somit verboten ist. Klar ist auch, dass, wenn wir angegriffen werden, das Rufen der Bullen kaum etwas bringen wird. Denn die Bullen sind die, die doch selbst jeden Tag migrantisierten Menschen das Leben zur Hölle machen. Ausrechnet sie werden wohl kaum wen anderes davon abhalten. Wir brauchen also Strukturen, die nicht Teil dieses rassistischen Staates sind, der tagtäglich neu die Saat für den aktuellen Rechtsruck pflanzt. Wir müssen selbst eigene Strukturen an unseren Schulen aufbauen. Die Strukturen müssen die Schülis befähigen, sich selbst gegen Angriffe zu verteidigen, wenn Rennen nichts mehr bringt. Diese Strukturen müssen aber auch, wenn es zu Angriffen kommt, die Opfer unterstützen, und das heißt auch, als Gruppe organisiert Angriffe abzuwehren.

Wir finden es gut, wenn solidarische Lehrkräfte Räume zur Verfügung stellen, aber wir sollten nicht davon ausgehen, dass das passiert. Genauso, wie Orte und Strukturen zur Abwehr von Angriffen aufgebaut werden müssen, braucht es auch Strukturen, die diskriminierende Vorfälle sammeln und Maßnahmen dagegen beschließen können. Diese Stelle muss von den Schülis demokratisch gewählt, aber unabhängig von der Schule organisiert werden. Diese Informationen sollen nicht für die Schulleitung gesammelt werden, sondern die Schülis selbst sollen entscheiden können, wie sie damit umgehen wollen. Wie genau eine solche Antidiskriminierungsstelle aussehen und wie man sie erkämpfen kann, erfahrt ihr in unserem Artikel dazu auf unserer Homepage.

Lasst uns diesen Schock nach der Wahl für mehr nutzen als 2 Insta-Storys. Die Rechten bekämpfen wir nicht im Netz sondern auf der Straße, in der Schule, Uni und im Betrieb!




EU-Wahlen: AfD raus aus unseren Schulen!

Von Sani Meier, April 2024

Alle Jahre wieder der gleiche Zirkus: Bald stehen Bundestags-, Landtags- oder wie jetzt die EU-Wahl an und schon fühlen sich Schulen dazu verpflichtet, ihren Schüler:innen alle zur Wahl stehenden Parteien persönlich vorzustellen. In den meisten Fällen werden Podiumsdiskussionen mit deren Vertreter:innen organisiert. Dabei ist es ganz egal, wie transphob oder rassistisch deren Inhalte sind, denn „es ist ja alles von der Demokratie gedeckt“.

Aber bei der AfD sind sich große Teile der Gesellschaft momentan nicht mehr so sicher: Nachdem Geheimtreffen mit Kapitalist:innen und Rechtsextremen aufgedeckt wurden, die eine „Remigration“ von nicht-deutschen Menschen geplant hatten, sind Hunderttausende gegen sie auf die Straße gegangen. Bestimmt waren auch viele von euch dabei. Wozu sollten wir der AfD also in unseren Schulen eine Bühne geben?

Unsere Schulen sind die Orte, an denen wir uns jahrelang fünf Tage pro Woche aufhalten müssen. Hier entstehen Freund:innenschaften, Fähigkeiten und Entscheidungen, die sich auf den Rest unseres Lebens auswirken. Deshalb ist es so wichtig, dass sich alle Schüler:innen wohl fühlen und in einem sicheren Rahmen lernen können. Dass das nicht der Realität entspricht, ist klar. Umso wichtiger ist es, dass wir denen, die mit ihrer Politik unsere Mitschüler:innen angreifen, keinen Raum geben.

Was will die AfD eigentlich?

Lasst uns gemeinsam einen Blick in das Wahlprogramm der AfD für die Europawahlen 2024 werfen:

  • Der Islam als „Gefahr für Europa“ sei „mit den europäischen Grundprinzipien von Recht, Freiheit und Demokratie nicht in Einklang zu bringen“. Deshalb müsse die Zuwanderung „massiv beschränkt“ werden – auch mithilfe der „Errichtung physischer Barrieren“ an den EU-Außengrenzen.
  • Die gleichgeschlechtliche Ehe wird abgelehnt: „Wir unterstützen es, wenn Menschen traditionelle Geschlechterrollen leben.“
  • Das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche soll weitestgehend eingeschränkt werden bis auf „absolute Ausnahmen“ – etwa aus medizinischen Gründen oder bei Vergewaltigungen.
  • „Wir teilen die irrationale CO2-Hysterie nicht, die unsere Gesellschaft, Kultur und Lebensweise strukturell zerstört.“ Das Klima habe sich „seit dem Bestehen der Erde“ stets gewandelt. „Die jetzigen klimatischen Veränderungen ordnen sich vollkommen normal in diese Wechsel ein.“

Alleine von diesen Auszügen wird einem schon schlecht. Muslimische Menschen seien undemokratisch und würden angeblich nicht zu Europa passen. Deshalb wolle man die EU-Außengrenzen, an denen schon jetzt Tausende ertrinken und in Lagern inhaftiert sind, noch stärker abriegeln.

Wie sicher fühlen sich wohl muslimische und/oder geflüchtete Mitschüler:innen, wenn das öffentlich an unserer Schule propagiert wird? Noch dazu sollen alle „traditionelle Geschlechterrollen leben“, also entweder als Mann oder als Frau, aber bitte nicht in gleichgeschlechtlichen Ehen. Alle queeren Schüler:innen haben hier keinen Platz.

Zu guter Letzt leugnen sie auch noch den menschengemachten Klimawandel und stellen sich gegen politische Maßnahmen, um diesen aufzuhalten. Alle Bemühungen der FFF-Bewegung werden mit Füßen getreten und unsere Zukunft auf einem lebenswerten Planeten wird weggeworfen.

Den Rassismus und Sexismus der AfD können wir selbst erkennen und brauchen dafür keine öffentliche Podiumsdiskussion, bei der sich ihre Vertreter:innen inszenieren können.

Gerade wir jungen Menschen und Erstwähler:innen sind die Zielgruppe der AfD und die ersten Erfolge sehen wir bereits. Die Partei produziert gezielt Content auf den Social Media Plattformen, die wir nutzen. Ihre Videos werden von allen Parteien auf TikTok am häufigsten aufgerufen.

Eine Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung zeigt, dass die Altersgruppe 16-22 die AfD für „am ehesten geeignet“ hält, „um die anstehenden Probleme in Europa zu lösen“. Dieser Plan darf nicht aufgehen und es ist unsere Aufgabe, uns gemeinsam der AfD in den Weg zu stellen!

Was können wir gegen die AfD an unserer Schule tun?

Vernetzen!

Zuerst ist es wichtig, dass wir mit unseren Mitschüler:innen über die Einladung der Schule an die AfD sprechen und erklären, warum das ein Problem ist. Gerne könnt ihr dafür diesen Artikel und die oben genannten Auszüge aus dem Wahlprogramm nutzen. Vielen ist noch nicht bewusst, wie konkret Menschen, mit denen wir täglich zusammen lernen, dadurch diskriminiert werden.

Die Angriffe der AfD treffen nicht nur unsere Mitschüler:innen, sondern auch unsere Lehrkräfte, die nicht in deren Bild passen. Auch sie können potentielle Verbündete sein. Wenn es noch keine Struktur an der Schule gibt, um sich gemeinsam politisch zu organisieren, ist es höchste Zeit dafür, eine zu gründen, z.B. in Form eines Schulkomitees.

Forderungen aufstellen!

Wenn wir es geschafft haben, einen Teil unserer Mitschüler:innen davon zu überzeugen, dass die AfD unbedingt wieder ausgeladen werden muss, ist es Zeit, diese Forderung festzuhalten. Leider werden Schulen selbst dann keine diskriminierungsfreien Räume, wenn diese Forderung erreicht ist.

Es ist ein guter Zeitpunkt, um gemeinsam zu überlegen, was sich noch an der Schule ändern muss: Geschlechtsneutrale Toiletten? Geschichtsbücher, in denen der Kolonialismus weder beschönigt noch geleugnet wird? Fortschrittlicher Sexualkundeunterricht? Antidiskriminierungsstellen? Sprecht gemeinsam über eure Erfahrungen, tauscht euch aus und entscheidet gemeinsam, was ihr von der Schulleitung fordern wollt – Hauptsache, es läuft demokratisch.

Spread the News!

Sobald ihr eure Liste mit Forderungen abgestimmt habt, ist es Zeit, sie öffentlich zu machen. Macht daraus einen kleinen Flyer, druckt ihn im Copyshop aus und verteilt ihn morgens vor der ersten Stunde oder in der Pause vor der Schule. Auch wenn es vielleicht Überwindung kostet, sind Flyer eine super Möglichkeit, um mit Schüler:innen ins Gespräch zu kommen.

Habt ihr eine Schulzeitung? Dann ab zur Redaktion und darum bitten, eure Forderungen abzudrucken. Auch ein Instagram-Account eures Komitees kann helfen, euch an der Schule bekannt zu machen. Wichtig ist, die Schüler:innenvertretung mit ins Boot zu holen. Stellt sicher, dass sie von eurer Aktion mitbekommt und sie unterstützt.

Druck aufbauen!

Wenn eure Mitschüler:innen euch und eure Forderungen auf dem Schirm haben, ist es Zeit, ihnen Nachdruck zu verleihen. Einen Flyer kann die Schulleitung vielleicht ignorieren, eine Kundgebung direkt vor dem Schultor nicht.

Dazu muss lediglich eine Person die Kundgebung anmelden. Lasst euch dabei nicht von Lehrkräften oder anderen Leuten einschüchtern – Versammlungsfreiheit ist euer gutes Recht. So lange die Kundgebung angemeldet und behördlich genehmigt ist, kann sie euch niemand verbieten.

Ladet alle eure Freund:innen (auch von anderen Schulen), Mitschüler:innen, Lehrkräfte und sonstige interessierte Menschen ein, daran teilzunehmen und eure Forderungen zu unterschreiben. Auf der Kundgebung könnt ihr in einer Rede erklären, wie es zu der Aktion gekommen ist, warum ihr der AfD keinen Raum an der Schule geben wollt und welche Forderungen ihr gemeinsam an die Schulleitung stellt.

Besonders gut ist es, wenn ihr vorher der Lokalpresse Bescheid gegeben habt und vor Ort über euch berichtet wird. In Berlin haben wir es auf diesem Weg bereits geschafft, dass die AfD an einer Schule wieder ausgeladen wurde.

Egal wie eure Aktion ausgeht – wichtig ist, dass wir einfordern, über unsere Schule und deren Alltag selbst zu bestimmen. Bleibt auf jeden Fall vernetzt und schließt euch mit Schüler:innen anderer Schulen zusammen. Je mehr wir sind, desto mehr Druck können wir aufbauen. Falls ihr bei der Organisation Hilfe braucht oder Fragen habt, schreibt uns jederzeit an und wir unterstützen euch.

Für sichere Schulen unter demokratischer Kontrolle der Schüler:innen und Lehrer:innen! Kein Raum für Sexismus, Rassismus  und Antisemitismus – kein Raum der AfD!




Die Brandmauer bröckelt im Osten. Aber stand sie je wirklich?

von Gale Annum, Juni 2024

Ich wünsche mir so sehr einen Bürgerkrieg und Millionen Tote. Frauen, Kinder. Mir egal. Es wäre so schön. Ich will auf Leichen pissen und auf Gräbern tanzen. SIEG HEIL!“ – Marcel Grauf, rechtsextremer Aktivist und ehemaliger AfD-Mitarbeiter.

Von moderateren Aufrufen zur Diskriminierung, über euphemistisch formulierte Vernichtungsfantasien bis hin zu offener Volksverhetzung und rassistischen Gewaltaufrufen macht die AfD allen klar, was sie wirklich will.

Selbst den bürgerlichen Parteien Deutschlands ist aufgefallen, dass wir ein Problem haben. CDU/CSU, FDP und Grüne haben erkannt, dass die AfD keine Kleinpartei aus eurokritischen Rechtspopulist:innen und verschrobenen Schwurbler:innen mehr ist.

Sie ist zu einer ernstzunehmenden politischen Kraft geworden, in der selbst die etablierten Parteien eine Gefahr für „unsere“ liberale Demokratie sehen – Rechtsextreme, mit denen keine Zusammenarbeit vertretbar sei.

Die CDU: Aufrechte Antifaschist:innen?

So errichteten sie eine „Brandmauer“ gegen die aufzüngelnden Flammen des Faschismus. Ein politisches Bollwerk gegen den Rassismus und das antidemokratische Gedankengut, das sich von außen in die hohen Hallen der Entscheidungsträger:innen eingeschlichen hatte.

Schon 2018 beschloss die CDU auf ihrem Parteitag, dass „jegliche Formen der Zusammenarbeit“ mit extremen Parteien wie der AfD (und selbstverständlich auch der Linken) abzulehnen sei. Die Parteispitze macht das auch in ihrer Rhetorik immer wieder klar. So sagte CDU-Generalsekretär Lindemann: „In dieser Partei gibt es nachweislich Nazis, da möchte ich gar nichts mit zu tun haben!“

Alles gut! Demokratie gerettet! Rassismus besiegt! Jetzt darf die AfD nur keine absoluten Mehrheiten gewinnen. Dann werden sie nie in der Lage sein reaktionäre Forderungen gegen das Asylrecht in die Tat umzusetzen. Die Freiheitsliebe und Prinzipientreue der Christdemokrat:innen und Liberalen hat uns allen den Arsch gerettet. Könnte man meinen.

Wo CDU und AfD gemeinsame Sache machen

Die Realität sieht anders aus: Besonders im Osten hebt die CDU immer wieder gerne im Einklang mit der AfD die Hand. So stimmte die Bautzener CDU für einen Antrag der „gesichert rechtsextremen“ sächsischen AfD zur Asyl- und Migrationspolitik des Landkreises.

In Stralsund gibt es bei den Christdemokrat:innen noch weniger Berührungsängste: Hier wurden sowohl die AfD-Anträge in der Asylpolitik als auch zum Gender-Verbot wohlwollend durchgenickt. Wenn es um so etwas „Unkontroverses“ geht wie Steuersenkungen für Besserverdiener:innen, ist auch für die CDU Thüringen klar, dass die AfD nur das Beste für alle will. Diese Politik der stillen und möglichst heimlichen Kooperation auf lokaler Ebene hat auch CDU-Vorsitzender Friedrich Merz, der noch großspurig tönte, jeder der die Hand hebe mit der AfD, sähe sich daraufhin mit einem Parteiausschlussverfahren konfrontiert, inzwischen abgenickt. Auch wenn er später den offensichtlichen Inhalt seiner Aussage zur Kommunalpolitik unbeholfen versuchte zu relativieren bleibt deren Inhalt dennoch faktisch bestehen und sagt kommunalen CDU-Politiker:innen: Im Stadtrat dürft ihr auch mit der AfD stimmen und faktisch kooperieren. 

Ganz vorn im Rassismus-Wettbewerb: Die Bezahlkarte für Geflüchtete

Wie jede:r Rassist:in weiß, geben Geflüchtete angeblich alles was sie besitzen, nur für Drogen und Verbrechen aus und schicken den Rest nach Hause – deshalb kann man ihnen auch kein richtiges Geld anvertrauen.

Solche an Rassismus kaum zu überbietenden Vorurteile bereiteten im November 2023 der bundesweiten Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber:innen den Weg. Olaf Scholz und die Ministerpräsident:innen der Länder beschlossen, statt Sozialleistungen solle es ab jetzt nur noch Essensmarken geben, mit denen nur bestimmte Produkte in ausgewählten Läden gekauft werden können.

Ein weiteres Beispiel dafür, dass die Brandmauer nie wirklich stand, finden wir hier in Dresden. Weil ihnen die Beschneidung der Rechte von Geflüchteten nicht schnell genug ging, entschlossen sich in Dresden sowohl die CDU als auch die AfD dazu, ihre eigenen Anträge für ein Bezahlkartensystem einzubringen.

Nachdem der Antrag der CDU scheiterte, wurde der Antrag der AfD mit den Stimmen der CDU und FDP angenommen. Dass das Abstimmen für den AfD-Antrag mit der Unvereinbarkeitserklärung ihrer Partei kollidiert, sehen die sächsichen CDU-Politiker:innen nicht so. Der eigene Antrag sei halt nicht durchgekommen und der der AfD nahe genug dran.

Friedrich Merz, Bundesvorsitzender der CDU/CSU, kommentierte das Abstimmungsverhalten der Dresdner CDU mit den Worten: „Die Entscheidung ist in der Sache richtig, im Verfahren inakzeptabel.“

Die bürgerliche Mitte: keine Brandmauer, sondern der Brandbeschleuniger

Die Ablehnung der bürgerlichen Parteien gegenüber der AfD begründet sich nicht in deren Rechtspopulismus und Rassismus. Höchstens deren unverblümte Worte sind es, die stören.

Vielmehr ist es die Strategie der Parteien, sich auf öffentlicher Ebene von der AfD zu distanzieren, gleichzeitig aber ihre eigene Politik an deren Wähler:innen auszurichten. Denn weniger Stimmen für die AfD bedeuten mehr Stimmen für die eigene Partei und damit auch mehr Einfluss in den Parlamenten.

Doch weder das Weltbild noch die Forderungen der AfD sind dadurch gebannt – sie leben in der Politik der anderen Parteien weiter. Wenn man ähnliche Politik anbietet, dann kommt es auf lokaler Ebene halt auch mal vor, dass man „aus Versehen“ zusammenarbeitet. Und wenn von den Grünen bis zur CDU alle darum wetteifern, wer die rassistischste Politik und den härtesten Sozialabbau liefert, dann braucht es keine „Alternative“ mehr.

In der derzeitigen Krise geht es Arbeiter:innen immer schlechter. Miese Arbeitsverhältnisse, eine strauchelnde Wirtschaft und steigende Preise in den Geschäften setzen uns allen zu. In Zeiten des Rechtsrucks versuchen die Ampel, CDU/CSU und AfD uns die gleichen Lösungen zu verkaufen: Sozialabbau und Rassismus statt sozialer Absicherung auf Kosten der Reichen.

Denn die Ursache der Probleme liegt in unserem aktuellen Wirtschaftssystem. Krisen und Unterdrückung sind im Kapitalismus so inhärent, wie es auch reaktionäre Ideologien bis hin zum Faschismus sind. Nur, wer für eine Alternative zum Kapitalismus kämpft, hat eine Perspektive, sowohl die zyklischen Wirtschaftskrisen als auch rechte Kräfte und ihre Ideologien endgültig zu besiegen.

Nur der gemeinsame, internationale Kampf der Arbeiter:innen kann uns vor den Auswirkungen des Kapitalismus befreien. Nur, wenn wir zusammen gegen Ausbeutung und Unterdrückung stehen, können wir gewinnen. Nicht aber, wenn wir diese Aufgabe denjenigen überlassen, die an der aktuellen Situation schuld sind!

Der angeblichen Brandmauer müssen wir eine Analyse des Rechtsrucks und der AfD entegenstellen, die deren Charakter aufzeigt, um ihn effektiv bekämpfen zu können: Auch wenn viele Aussagen der Partei kaum zu ertragen sind, ist sie keine faschistische Partei. Aktuell sammeln sich in ihr verschiedene Flügel, vom wirtschaftsliberalen bis hin zum völkischen Flügel um Björn Höcke, der durchaus bereit ist, mit rechtsextremen und faschistischen Kräften zusammenzuarbeiten. Im Gesamten versucht die Partei aber, ihre Politik durch Macht in den Parlamenten durchzusetzen und nicht durch militante Bewegungen auf der Straße, wie es in faschistischen Bewegungen der Fall wäre.

Was wir brauchen ist eine Einheitsfront der Organisationen der Arbeiter:innenklasse mit linken Bewegungen gegen Rassismus, Ausbeutung, Sexismus und alle weiteren Formen kapitalistischer Unterdrückung. Wir müssen uns also in Komitees und Arbeitsgruppen in unseren Schulen, Unis und Betrieben organisieren, um unseren Kampf gemeinsam auf die Straße zu tragen und den Rechtsruck aufzuhalten!




Den Rechtsruck aufhalten – aber wie?

Von Emilia Sommer, Revolution, FIGHT! März 2024

Die Umfragewerte der AfD sind so hoch wie nie. Sie stellt zum ersten Mal Bürgermeister:innen und plant auf Geheimtreffen massenhafte Abschiebungen. Gleichzeitig verabschiedete die Regierung ein Rückführungsgesetz, welchen ebendies erleichtert, und der  deutsche Staat geht mit extremer Gewalt gegen palästinasolidarische Menschen vor, führt Razzien durch und kriminalisiert Aktivist:innen. Auch wenn sie sich aktuell medienwirksam auf den Anti-AfD-Protesten zeigt, ist klar, dass die Ampel-Regierung mit ihrer Umsetzung rechter Forderungen den Rechtsruck aktiv befeuert und den Aufstieg von AfD & Co mit ermöglicht.

Ein internationales Problem

Auch international ist der Rechtsruck nicht zu übersehen: Ob Fratelli d’Italia in Italien, Geert Wilders in den Niederlanden, Milei in Argentinien oder die rechtspopulistischen „Schwedendemokraten“, alle zeigen, dass rechte Regierungen auf dem Vormarsch sind und eine kämpferische linke Perspektive noch immer auf sich warten lässt. Dabei schüren sie nicht nur Rassismus, sondern bringen auch für Frauen und Queers einen Rollback mit sich. So erließ  2020 das polnische oberste Gericht ein nahezu vollständiges Verbot von  Schwangerschaftsabbrüchen, viele US-amerikanische Bundesstaaten zogen nach und auch, wenn es in Deutschland seit knapp zwei Jahren nicht mehr strafbar ist, warten wir vergeblich auf Streichung des § 218, der diese nach wie vor kriminalisiert und lediglich duldet trotz großer Ankündigungen der Ampel. Doch die Liste geht noch weiter: In Italien stellte die Regierung kürzlich die Geburtsurkunden von Kindern in Regenbogenfamilien in Frage – also gleichgeschlechtlicher Eltern. Das Ziel: Nur der „leibliche“ Elternteil soll anerkannt bleiben. Dem oder der Partner:in wird demnach der Elternstatus entzogen. Das ungarische Parlament geht sogar so weit, ein Gesetz zu erlassen, welches dazu ermuntert, gleichgeschlechtliche Eltern wegen Verletzung der „verfassungsrechtlich anerkannten Rolle von Ehe und Familie“ bei den örtlichen Strafverfolgungsbehörden zu melden. Neben der Anzeige von Regenbogenfamilien erlaubt das Gesetz auch die anonyme Anzeige von „jedem/r, der/die die wahre Bedeutung von Familien, die in der ungarischen Verfassung definiert ist, leugnet oder ändert“.  All das führt uns zu der Frage: Was tun? So weitergehen kann es schließlich nicht. Doch bevor wir dazu kommen, müssen wir zuerst kurz anschauen, woher der Rechtsruck kommt und warum aktuell so viele rechts wählen.

Krise und Rechtsruck: die Ursache kennen

Dazu müssen wir zunächst einen Blick in die Vergangenheit werfen: Seit der Weltwirtschaftskrise 2007/08 hat sich die Konkurrenz zwischen den einzelnen Kapitalisten:innen und ihren Staaten verschärft. Es kam zu einer massiven Konzentration von Kapital. Gerade die größeren Monopole konnten davon profitieren, während kleinere Unternehmen nicht mithalten konnten. Kleinere Unternehmer:innen, auch gerne als Mittelstand bezeichnet, haben Angst, ihre Stellung zu verlieren und pleitezugehen. Getrieben von der Angst vor sozialem Abstieg fangen sie an, laut herumzubrüllen: Protektionismus, Nationalchauvinismus, Standortborniertheit, das sind ihre Argumente, um sich zu schützen. Kurz gesagt: Sie wollen das Rad der Geschichte zurückdrehen, um nicht ihren Reichtum zu verlieren. Sie wollen den globalen Kapitalismus also auf reaktionäre Art bekämpfen. Mit der Fokussierung auf Nationalstaat und Protektionismus geht auch einher, dass das Ideal der „bürgerlichen Familie“ gestärkt werden muss. Denn im Kapitalismus ist die Arbeiter:innenfamilie der Ort, wo unbezahlte Reproduktionsarbeit stattfindet. Ob nun Kindererziehung, Altenpflege, Waschen oder Kochen – all das reproduziert die Arbeitskraft der einzelnen Arbeiter:innen und sorgt gleichzeitig dafür, dass dem Kapital die Arbeitskraft nicht ausgeht. Oftmals wird diese unbezahlte Hausarbeit von Frauen verrichtet. Diese Arbeitsteilung wird dadurch gefestigt, dass sie weniger Lohn als Männer erhalten und sie somit nach einer Schwangerschaft eher zu Hause bleiben. So verdienen sie beispielsweise im Schnitt immer noch weniger als Männer trotz öffentlichem Diskurses über den Gender Pay Gap, machen deutlich mehr der Beschäftigten in sozialen Berufen aus und arbeiten immer noch doppelt so lang im Haushalt wie Männer. Im Kontrast dazu stehen erkämpfte Rechte von Frauen und LGBTIAs. Ob nun Legalisierung von Homosexualität, die Gleichstellungsgesetze, das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper – all das lehnen die Rechten mit aller Macht ab. Das traditionelle Bild der Frau als Mutter, emotionale Versorgerin und Pflegende trägt also aktiv zur Profitmaximierung bei, Sexismus hat eine materielle Grundlage und queere Partner:innenschaften, Identitäten und Familien stellen dieses klassische Bild infrage.

Warum wählen aktuell so viele Menschen rechts?

Natürlich gibt es dafür mehrere Gründe. An dieser Stelle wollen wir uns jedoch auf einen konzentrieren – die Finanzkrise 2007/2008. Im Rahmen dieser nahm nicht nur die Konkurrenz zwischen einzelnen Kapitalfraktionen zu. Es kam auch zu einer wachsenden Verelendung der Arbeiter:innenklasse. Damals wurden die Kosten der Krise auf diese abgewälzt: Viele wurden entlassen, vielerorts sind Löhne nicht gestiegen, während zugleich die Lebenshaltungskosten in die Höhe kletterten. Dagegen passiert ist nicht viel. Massenproteste wurden im Namen der Sozialpartnerschaft klein gehalten oder konnten nicht gewonnen werden wie in Griechenland. Das hat viele enttäuscht und so wendeten sie sich beispielsweise der AfD zu, die sich als Alternative zu den etablierten Parteien mittels Ablehnung der EU und rassistischer Hetze darstellen konnte. Doch statt dem was entgegenzusetzen, gab es eine Verschiebung nach rechts. Viele Parteien haben sich vor den Karren spannen lassen. Während Rechtspopulist:innen hetzten, verabschiedeten sie Gesetze und stimmten in den Chor mit ein. Vorbei ist die Willkommenskultur, jetzt haben wir einen Olaf Scholz der sagt „Wir müssen endlich konsequent abschieben”. Das ist kein Zufall: Getrieben von der Angst vor Wähler:innenverlusten bildet Rassismus gleichzeitig ein gutes Mittel, um von Einsparungen und fehlenden Lohnerhöhungen abzulenken. Migrant:innen werden zum Problem gemacht, nicht nicht die Unterordnung aller politischen Ziele unter die Interessen des Kapitals. Die Krise im Zuge der Pandemie befeuerte diese Entwicklung erneut. Doch so abgefuckt diese Entwicklung ist: Es liegt in unseren Händen, etwas dagegen zu tun. Aber was braucht es, um den Rechtsruck aufzuhalten?

Gemeinsam gegen den Rechtsruck!

Um den Vormarsch der Rechten zu stoppen, müssen wir eine Bewegung aufbauen. Dabei braucht es nicht nur einzelne Mobilisierungen, bei denen sich Regierungsvertreter:innen, die letzten Endes den Aufstieg der AfD mit zu verantworten haben, ggenseitig auf die Schultern klopfen können ganz nach dem Motto: „Jetzt waren wir auch im Widerstand!”, während sie einen Atemzug später Gesetze verabschieden, die mehr von uns abschieben. Wir brauchen mehr:

  1. Raus aus der Defensive: Gegen  Sparpolitik und soziale Unterdrückung!

Statt sich einfach nur an den Rechten abzuarbeiten und auf diese zu reagieren, müssen wir konkrete Verbesserungen erkämpfen. Das heißt, wir sind nicht nur gegen Abschiebungen, sondern für offene Grenzen und Staatsbürger:innenrechte für alle. Wir fordern nicht nur Abrüstung, sondern lehnen jede Finanzierung des staatlichen Gewaltmonopols, also der Polizei und Bundeswehr, getreu dem Motto, „Keinen Cent für Militarismus und Repression“ ab. Auch treten wir nicht nur gegen die zahlreichen Sparmaßnahmen, sondern für den Ausbau des sozialen Wohnungsbaus, die Enteignung der Wohnungsspekulation, der großen Banken und Konzerne ein, für die Finanzierung unseres Gesundheits- und Bildungssystems durch Besteuerung von Profit und Vermögen der Reichen – unter Kontrolle der Arbeiter:innen, Mieter:innen, Lehrenden und Lernenden. Dabei ist es zentral, daran anzusetzen, was den Rechtsruck befeuert: Sparpolitik und Sozialpartnerschaft. Allerdings darf man auch nicht der Illusion verfallen, dass es nur ausreicht, die „sozialen Fragen“ zu betonen. Diese Forderungen müssen konsequent mit Antirassismus und -sexismus verbunden werden, denn nur in praktischen Kämpfen kann man den sich etablierenden Rassismus zu beseitigen anfangen. Widmet man sich in der jetzigen Situation nur den sozialen Fragen, vergisst man, dass soziale Unterdrückung spaltet, und kann sie schlechter bekämpfen:

  • Investitionen in Bildung, Gesundheit und Soziales, finanziert durch die Gewinne der Reichen, die aktuell noch einmal so richtig Gewinn aus der Krise ziehen!
  • Massive Lohnerhöhung und automatischer Inflationsausgleich in Form einer gleitende Lohnskala!

  1. Druck ausüben und klaren Klassenstandpunkt beziehen

Breite Proteste, wie wir sie mit #wirsinddiebrandmauer sehen, scheinen auf den ersten Blick wünschenswert. Doch die große Einheit, die die scheinbar größte Stärke des Protestes ist, macht gleichzeitig ihre größte Schwäche aus. Doch uns helfen weder Versammlung aller linken Kleinstgruppen, die die besten Forderungen aufwerfen, aber keine reale Verankerung auf die Straße bringen, noch riesige Proteste, die nur abstrakte, verwaschene Parolen wie „Menschenwürde” und „Toleranz” vor sich her tragen.

Deswegen treten wir für ein Bündnis vor allem aus den Organisationen der Arbeiter:innenklasse, also Gewerkschaften, Sozialdemokratie und linken Reformist:innen, ein. Diese in Bewegung zu setzen, ist zentral, da sie einen Großteil der organisierten Arbeiter:innen hinter sich herführen. Das ist ein entscheidender Punkt, wenn es darum geht, Verbesserungen zu erkämpfen. Dies wird nicht nur mittels Demonstrationen passieren, sondern man muss beispielsweise mittels Streiks Druck ausüben. Das heißt nicht, dass Kräfte wie die Grünen nicht mitlaufen können – nur sollte man für deren Beteiligung keine Kompromisse eingehen. Denn Rassismus und Sexismus sind nicht einfach nur beschissen. Sie schwächen auch das objektive Interesse aller Arbeiter:innen. Anstatt zusammen für eine bessere Lebensgrundlage einzutreten, bekämpft man sich gegenseitig („Teile und herrsche!“). Doch diese in Bewegung zu setzen, ist gar nicht so einfach. Deswegen muss man versuchen, in bestehenden Proteste zu intervenieren, und klar aufzeigen: Ihr wollt den Rechtsruck aufhalten? Dann lasst uns Verbesserungen für alle erkämpfen und mobilisiert richtig dafür! Wir brauchen nicht nur Floskeln, sondern konkrete Aktionen!

Um das zu ermöglichen, setzen wir uns im Rahmen solcher Bündnisse – auch Einheitsfronent genannt – für volle Kritik- und Propagandafreiheit ein. Denn es muss möglich sein, gemeinsam Proteste zu organisieren und gleichzeitig Unterschiede sowie Differenzen zu äußern, damit auch innerhalb der gesamten Bewegung politische Vorschläge diskutiert werden.

  1. Rein in den Alltag: Für eine Basisbewegung an Schulen, Unis und in Betrieben!

Große Demonstrationen und Kundgebungen sind gut, aber reichen bei weitem nicht aus. Sie mögen vielleicht jenen, die schon überzeugt sind, Kraft geben. Aber das Ziel bleibt jedoch, mehr Menschen zu erreichen und überzeugen. Stattfinden kann das, indem man Kämpfe um reale Verbesserungen für alle organisieren hilft und diese an jene Orte trägt, wo wir uns tagtäglich aufhalten müssen: Schulen, Unis und Betriebe. Demonstrationen oder Kundgebungen können als Aufhängerinnen genutzt werden, um Vollversammlungen vor Ort zu organisieren, Aktionskomittees zu bilden, die die Forderungen der Bewegung erklären und gleichzeitig mit Problemen vor Ort verbinden. Deswegen ist es zentral, dass Organisationen, die den Protest unterstützen, nicht nur einen Aufruf unterzeichnen, Geld spenden und eine Pressemitteilung herausgeben, sondern auch ihre Mitgliedschaft dazu aufrufen, aktiv an Schulen, Unis und in Betrieben zu mobilisieren.

  1. International is’ Muss!

Der Rechtsruck ist nicht nur ein deutsches, sondern internationales Problem. Hinzu kommt, dass mit Deals zwischen unterschiedlichen Ländern oder gemeinsamen „Initiativen“ wie Frontex vor allem imperialistische Länder versuchen, sich die Probleme der Geflüchteten vom Leib zu halten. Wenn wir uns dem Rechtsruck entgegenstellen, Festungen wie die Europas erfolgreich einreißen wollen, bedarf es mehr als einer Bewegung in einem Land. Deswegen müssen wir das Ziel verfolgen, gemeinsame Forderungen und Aktionen über die nationalen Grenzen hinaus aufzustellen. Das kann anfangen, indem man gemeinsame Aktionstage plant und schließlich gemeinsame Strategie- und Aktionskonferenzen organisiert, in denen Aktivist:innen gemeinsam über die Perspektive der Bewegung entscheiden.

Bewegung alleine reicht nicht!

Doch die Aufgabenliste endet für uns damit nicht: Bewegung alleine reicht nicht aus. Sie kann es  nicht schaffen, die Wurzeln von sozialer Unterdrückung wie Rassismus, Sexismus oder LGBTIA+-Diskriminierung auszureißen, da diese mit dem kapitalistischen System verwoben sind. Deswegen besteht die Aufgabe für Revolutionär:innen innerhalb dieser Bewegung darin, einen klaren antikapitalistischen, internationalistischen Pol zu bilden und eine deutliche Perspektive aufzuzeigen. Wir treten für Verbesserungen im Hier und Jetzt ein, müssen aber gleichzeitig den Weg aufzeigen, wie wir zu einer sozialistischen Gesellschaft kommen. Deswegen werfen wir auf, dass bei Finanzierungsfragen dies durch Besteuerung der Reichen oder Enteignung passieren muss sowie die Kontrolle über Verbesserungen und, wie diese umgesetzt werden, bei Arbeiter:innen und Unterdrückten liegen sollte. Um dies zu realisieren, braucht es unserer Meinung nach eine internationale Organisation mit einem revolutionären Programm, das deutlich macht, dass es keine Spaltung aufgrund Herkunft, Geschlecht, Alter oder Sexualität geben darf, und das aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat. Nur so können wir unserer Unterdrückung auch in der Arbeiter:innenbewegung selbst entgegentreten und gleichzeitig dem Rechtsruck die Stirn bieten.

Wir fordern deshalb:

  • Aufbau einer antifaschistischen und internationalen Einheitsfront aus allen linken Organisationen und solchen der Arbeiter:innenklasse! Offene Grenzen und Staatsbürger:innenrechte für alle!
  • Kampf dem Rechtsruck heißt Kampf dem Kapital: Für ein revolutionäres Programm der Jugend und der Arbeiter:innenklasse!
Schlaglicht:
Männliche Toxizität
Obwohl eine geschlechtliche Rollenverteilung im Sinne des Mannes als finanziellem Versorger der Familie und der Frau als Reproduktionsarbeiterin eine so zentrale Rolle im Kapitalismus einnimmt, führen die Veränderungen der Beschäftigungsverhältnisse gleichzeitig zu einer Krise der bürgerlichen Familie. Frauen werden seit Jahrzehnten mehr und mehr in die Produktion mit einbezogen, stehen oft in Vollbeschäftigungsverhältnissen und der „Girlboss-Feminism“ fordert mehr und mehr ihren Zugang zu Führungspositionen in Unternehmen. Obwohl es hier nach wie vor strukturelle Ungerechtigkeiten gibt, sind Frauen heute oft gut qualifizierte und gefragte Arbeitskräfte, die sich besser selbst versorgen können als beispielsweise noch in den 1950er Jahren. Für viele Männer stellt sich also heute immer drängender die Frage, welche gesellschaftliche Rolle sie besetzen sollen, wenn ihr traditionell anerzogenes Bild des alleinigen Versorgers immer obsoleter wird. Zu diesem Gefühl des Bedeutungs- oder Sinnverlustes kommt bei vielen die Wahrnehmung von Frauen als realistische Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt und lässt sie in die Arme toxisch-männlicher Propaganda laufen. Anstatt sich für eine gleichberechtigte und ausbeutungsfreie Zukunft für alle einzusetzen, finden sie Gefallen an der Vorstellung, Frauen in ihre traditionelle, häusliche und unsichtbare Rolle zurückzudrängen, in welcher sie finanziell von ihnen abhängig sind und wo sich ihre Versorgerrolle wieder verwirklichen kann.