Was ist eigentlich antimuslimischer Rassismus und woher kommt er?

Von Dilara Lorin und Stephie Murcatto, April/Mai 2024, Revolution Zeitung 2/2024

„Kopftuchmädchen, alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse!“

Dass die rechtsextreme AfD-Abgeordnete Alice Weidel diesen Satz im Bundestag gesagt hat, ist noch gar nicht so lange her. Lehrer:innen, die deine Hijab tragenden Mitschüler:innen verbal angreifen und fragen, ob sie dazu gezwungen wurden und das Kopftuch wieder abnehmen sollen, bis hin zu Sprüchen wie „Na bekommt dein Gehirn darunter noch Luft“. Oder die Wohnungssuche, bei der Vermieter:innen einen Lukas einem Hamid vorziehen, obwohl beide die gleichen Unterlagen vorlegen, was zu offener Diskriminierung und Benachteiligung führt und auf dem Arbeitsmarkt nicht anders aussieht. Dies sind nur Bruchstücke des antimuslimischen Rassismus, mit dem viele Menschen tagtäglich konfrontiert sind. Dabei hat sich die Lage in Deutschland seit dem 7. Oktober 2023 verschlechtert, indem alle Muslim:innen unter Generalverdacht gestellt werden. Vize-Kanzler Robert Habeck fordert in einer Ansprache alle Muslim:innen dazu auf, sich zum 7. Oktober zu verhalten und Israel als Staat anzuerkennen. Würde dem nicht Folge geleistet, könnten sie Gefahr laufen, ihren Aufenthaltstitel zu verlieren. Der Generalverdacht, der von allen Seiten der deutschen Politik kommt, ist ein Schlag ins Gesicht der 5,3 – 5,6 Millionen in Deutschland lebenden Muslimen (ungefähr 6,4 – 6,7 Prozent der deutschen Bevölkerung). Doch was ist antimuslimischer Rassismus und woher kommt er? Um dies zu verstehen, müssen wir uns zuerst anschauen, was Rassismus ist:

Was ist Rassismus?

Eines ist klar: Rassismus ist kein Produkt der „menschlichen Natur“ und auch nicht Ausdruck einer „tief verwurzelten Angst vor dem Fremden“. Vielmehr ist Rassismus eng mit der Entstehung bürgerlich-imperialistischer Nationalstaaten verbunden. In einer Zeit, in der der Kapitalismus einen Weltmarkt schuf und die Nationalstaaten neue Märkte erschließen mussten, wuchs aufgrund der kolonialen Ausbeutung das Bedürfnis nach Erklärungen, die die „Unzivilisiertheit“ dieser Menschen konstatierten und sie damit zu ewigen „Dienern des weißen Mannes“ machten. Damit war der Boden bereitet für die pseudowissenschaftliche Erklärung ihrer „Minderwertigkeit“ durch den Rassenbegriff. Rassismus übersteigt jedoch bloße sprachliche oder kulturelle Kategorisierungen und nutzt phänotypische Merkmale wie zum Beispiel Hautfarbe und Kopfform, um Menschen in vermeintlich feste Gruppen einzuteilen. Der Rassenbegriff diente als effizientes Werkzeug für bürokratische Grenzziehungen und demagogische Mobilisierung. Der Rassismus ermöglicht auch die Zuteilung unterschiedlicher Rechte je nach Zugehörigkeit zu einer „rückständigen“ oder „zivilisierten“ Nation oder Nationalität. Damit wird die ethnische Zugehörigkeit zu einem imperialistischen „Staatsvolk“ positiv und die zu allen anderen negativ bewertet, was zu einer Abwertung der Angehörigen unterdrückter Nationen führt. Rassismus ist tief in unserem gegenwärtigen Herrschaftssystem verankert. Die materielle Basis des Rassismus‘ in der Arbeiterklasse ist die massenhafte Überausbeutung in den Halbkolonien, die einem Teil der Arbeiterklasse in den imperialistischen Ländern einen gewissen Wohlstand zu garantieren scheint.

Was zeichnet antimuslimischen Rassismus aus?

Dabei handelt es sich um eine Form des Rassismus, der sich nicht nur gegen religiöse Sympathien und Praktiken richtet, sondern gleichzeitig Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe oder Herkunft rassifiziert und dem Islam zuordnet. Antimuslimischer Rassismus und Islamophobie machen den:die „Muslim:in“ zu einer unveränderlichen Sache, sodass Menschen verschiedener Nationalitäten und sogar Glaubensrichtungen als „muslimisch“ charakterisiert werden. Somit trifft antimuslimischer Rassismus nicht nur Muslim:innen sondern auch diejenigen, die scheinbar „muslimisch“ aussehen oder Menschen sind, die aus einem Land mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung stammen. Dabei hat der antimuslimische Rassismus einen ähnlichen Zweck wie der Rassismus: Spaltung der Arbeiter:innenklasse und herausentwickeln einer prekären Schicht dieser, Trennung des Arbeitsmarktes und Legitimation von Kriegen und imperialistischen Interessen. Durch die Spaltung der Arbeiter:innenklasse wird einerseits eine einheitliche Masse der Ausgebeuteten verhindert und andererseits können jene Arbeiter:innen besser ausgebeutet werden, die aufgrund ihrer Rassifizierung nicht die gleichen Rechte erhalten. Die Verbindung der Diskriminierung von Arbeitsmigrant:innen mit ihrer rassistischen Brandmarkung als „Muslimin:innen“ stellt diese als „Gefahr“ für „zivilisierte“ Gesellschaften dar. Diese Charakterisierung wird zunehmend von Rechtsextremen aufgegriffen und mit Verschwörungsideologien verknüpft. Ein Beispiel dafür ist die sogenannte „Islamisierung des Abendlandes“, wegen der angeblich muslimische Einwanderung stattfindet, um die weiße Bevölkerung zu marginalisieren. So soll die Abschottung und Rückführung von Geflüchteten besser gelingen. Letztendlich sind alle Formen von Islamophobie und antimuslimischem Rassismus rassistische Ideologien, die der Unterdrückung von eingewanderten und geflüchteten Arbeiter:innen dienen sowie einen ideologischen Deckmantel für „humanitäre“ Interventionen in Halbkolonien oder die Unterstützung des zionistischen Staates rechtfertigen.

Wie ist der antimuslimische Rassismus entstanden?

In den letzten Jahren hat sich der Rassismus gegen Muslim:innen und die Islamophobie erheblich verändert, wodurch dem antimuslimischen Rassismus ein anderer Charakter verliehen wurde. Seit den 2000er Jahren können wir erkennen, dass der antimuslimische Rassismus eine dominierende Form des Rassismus in den imperialistischen Ländern eingenommen hat. Dies hat seine Ursache in verschiedenen historischen Entwicklungen. Eine davon ist der Zusammenbruch der Sowjetunion, der die Weltlage schlagartig verändert und die USA dazu veranlasst hat, die Welt neu ordnen zu wollen, um ihre Hegemonie und ihre Machtansprüche zu sichern. In den USA wurden in dieser Zeit immer mehr Bücher und Publikationen veröffentlicht, die Wege und Strategien für die Hegemonie der USA skizzieren. Dabei wurden vor allem andere imperialistische Länder wie China und Russland als Rivalen dargestellt und Strategien veröffentlicht, die verhindern sollten, dass diese Länder die Hegemonie der USA angreifen können. Eines dieser rassistischen Bücher war Huntingtons Clash of Civilisations (Kampf der Kulturen), das auch den „Islam“ als einen Imperialismus beschrieb, der sich zu einem globalen Rivalen entwickeln könnte, und das voller rassistischer Ideologie war. Dabei ist der Islam weder eine wirtschaftliche Einheit noch eine Nation oder eine Föderation von Nationen. Er ist kein Rivale um die Weltmacht. Aber er eignet sich gut als globaler Feind, der sowohl intern als auch extern ist. Nach den Angriffen am 11. September 2001 wird diese Ideologie dann genutzt, um den sogenannten „war on terror“ zu legitimieren und dutzende imperialistische Kriege wie in Afghanistan, auf vermeintlich muslimische Länder im Mittleren Osten, aber auch überall in der Welt zu legitimieren. Außerdem bietet es nicht nur eine ideologische Rechtfertigung für die Destabilisierung des Nahen und Mittleren Ostens, sondern auch für die polizeiliche Überwachung und Stigmatisierung der muslimischen Bevölkerung. Dafür mussten der „Islam“ und der „Islamismus“ als einheitliches Gebilde konstruiert werden, um somit einen homogenen, gefährlichen und barbarischen Feind zu kreieren, dessen Anhänger:innen zu einer rückständigen Kultur gehören, die nicht in die moderne, demokratische Gesellschaft integrierbar ist. Dass im Islam selbst unterschiedliche Schulen und Glaubensauslegungen vorherrschen, beispielweise Unterschiede zwischen Schiiten und Sunniten, spielt dabei gar keine Rolle. Dabei wird oft von allem Islam als Islamismus gesprochen, ohne zwischen echtem Islamismus (politischem Islam) und dem Islam als bloßer Religion zu unterscheiden. So werden die in Deutschland stattfindenden Pro-Palästina-Demonstrationen von Robert Habeck als islamistisch bezeichnet, obwohl es sich bei den Organisatoren größtenteils um säkulare, linke Organisationen handelt.

Situation von Muslim:innen

Insgesamt gehört die Mehrheit der Muslim:innen in der EU zu den prekären Teilen der Arbeiter:innenklasse: So ist die Arbeitslosenquote unter türkischen Arbeiter:innen in Deutschland oder unter pakistanischen und bangladeschischen Arbeiter:innen in Großbritannien um 15 bis 40 Prozent höher als im nationalen Durchschnitt; man kann also sagen, dass die Arbeitslosenquote unter Migrant:innen und Muslim:innen (soweit getrennte Daten vorliegen) wesentlich höher ist als im nationalen Durchschnitt. Dadurch wird deutlich, dass Muslim:innen systematischer Unterdrückung, Diskriminierung und Stigmatisierung ausgesetzt sind, was als Folge Ghettoisierung mit sich bringt.

Auf dem Arbeitsmarkt und in der Schule erleben Migrant:innen und Muslim:innen alltägliche Diskriminierung und Unterdrückung aufgrund ihrer Herkunft und Religion, auch wenn es in vielen Ländern oberflächliche Antidiskriminierungsgesetze gibt, die nicht verhindern, dass z. B. die Arbeitssuche für Migrant:innen mit Kopftuch wesentlich schwieriger ist als für weiße Frauen ohne Kopftuch. Auch in der Schule ist es für Schüler:innen aufgrund ihrer sozialen Lage schwieriger, akademische Erfolge zu erzielen, was insgesamt dazu führt, dass Muslim:innen (und Migrant:innen insgesamt) tendenziell in schlechter bezahlten Sektoren arbeiten als weiße Arbeiter:innen.

Wir wollen im zweiten Teil der Artikelreihe zu antimuslimischem Rassismus genauer darauf eingehen, was wir tun können, um dagegen anzukämpfen. Welche Forderungen sollten wir im Kampf aufstellen? Wieso ist der Kampf für Religionsfreiheit für alle wichtig? Seid gespannt.




Neben mir sitzt ein Nazi, was soll ich tun?

von Brokkoli Bittner, Juni 2024

Europa hat gewählt und Europa hat mehrheitlich rechts gewählt. Diesmal durfte in Deutschland sogar ab 16 gewählt werden. Das ist erstmal ein Erfolg. Doch hat die Wahl ebenso gezeigt, dass Jugendliche nicht automatisch für eine freiere und sozialere Welt einstehen. Im Gegenteil: Auch ein Großteil der Jugend hat Rechts gewählt. Unter den 16- bis 24-Jährigen hat die AfD 11 Prozent dazu gewonnen und die CDU 5 Prozent. Diese sind damit stärkste Kräfte unter Jugendlichen. Dass die Grünen für ihren Verrat an der Klimabewegung mit einem Verlust von 23 Prozent abgestraft wurden, ist angesichts dieser Rechtsentwicklung nur ein schwacher Trost. Auch die Linke, zu deren kritischer Wahlunterstützung wir aufgerufen haben, hat 2 Prozent unter Jugendlichen verloren. Doch diese Wahlergebnisse überraschen uns nicht, denn gerade für migrantisierte und queere Jugendliche war schon vor der Wahl klar: Die Jugend ist auch vom Rechtsruck betroffen und das merken wir auch täglich. Es sind nicht nur Lehrer:innen, die sich über migrantische Mitschüler:innen lustig machen. Es ist nicht allein das rassistische Bildungssystem, welches unsere Mitschülis migrantisiert und ihnen das Leben zur Hölle macht. Es sind eben auch unsere Mitschülis, die Hakenkreuze in Tische ritzten, „Ausländer raus“ auf Insta-Posten oder trans Personen gewaltvoll angreifen. Der Rechtsruck macht vor unseren Schulen und eben auch vor unseren Mitschülis keinen Halt. Und auch hier muss unser Kampf ansetzen. Doch wie schaffen wir das? Wie können wir verhindern, dass wir jeden Tag aufs Neue Hakenkreuze übermalen müssen, weil unsere Mitschülis endlich mal verstanden haben, dass es scheiße ist?

Was die Schule mit dem Rechtruck zutun hat

Zuerst ist es wichtig zu verstehen, dass, anders als wir es beigebracht bekommen, politische Einstellungen im Jugendalter nicht einfach Phasen sind, die zur Entwicklung dazu gehören. Jugendliche sind in der Lage, sich selbst Positionen zu bilden. So ist unser Nazimitschüler auch nicht in einer Phase, die er durchleben muss, sondern er ist einfach überzeugt von einer menschenfeindlichen Ideologie. Das ist wichtig zu verstehen, denn wenn wir sagen, es sei eine Phase, nehmen wir das Problem von Rechten in der Schule einfach nicht ernst. Andererseits sprechen wir Jugendlichen damit auch wieder einmal ab, eigene Entscheidungen treffen zu können. Doch diese eigenen Entscheidungen können eben auch scheiße, falsch und sogar rassistisch sein.

Wenn Teile deiner Klasse zu Klassenfeinden werden, kommt damit eine extreme Wut in uns auf. Man glaubt vielleicht, dass ein paar Schellen ausreichen, damit sie die Scheiße nicht wieder sagen. Aber jede:n Rechte:n zu verhauen in einer Gesellschaft, die nach rechts rückt, ist leider nicht so einfach. Hinzu kommt noch, dass sich rechte Ideologien nicht aus den Menschen herausprügeln lassen. Wir müssen uns deshalb mit den Ursachen des Rechtsrucks beschäftigen, als denen eine zu drücken, die diese Ideologie reproduzieren. Ein Grund dafür, dass sie es so leicht haben, ist, dass unsere rechten Mitschüler:innen von der Schule gar nicht so ungewollt sind, wie sie es tut. Natürlich tut die Schulleitung ganz schockiert, wenn jemand auf dem Schulhof den Hitlergruß zeigt. Von systematischem Rassismus oder gar faschistischen Strukturen hat man aber nie etwas mitbekommen. Und wenn in unseren Schulen Podiumsdiskussionen mit der AfD stattfinden, dann ist es für die Schulleitung klar, dass diese Meinung auch einen Platz bekommen muss. Es sind ihre Vorurteile gegenüber migrantisierten Menschen, die unsere Mitschülis nachlabern. Es ist ihre soziale Selektion, die unsere Mitschülis für biologisch gegeben halten. Es ist ihr heterosexueller Sexualkundeunterricht, den unsere Mitschülis für natürlich halten. Es ist ihr struktureller Rassismus, den unsere Mitschülis reproduzieren. Ein Kampf dem Nazi-Sitznachbarn muss also auch ein Kampf dem kapitalistischen System sein, das den Rassismus braucht, um zu existieren.

Krise & Rechtsruck Hand in Hand

Es ist nämlich genau die Krise dieses Systems, die dazu führt, dass die Rechten aktuell so stark sind. Sie erstarken genau dann, wenn der Lebensstandard vieler Leute durch Inflation und soziale Kürzungen schlechter wird, es keinen entschlossenen Kampf dagegen von links gibt und sich die Rechten als einzige Alternative dagegen präsentieren können. Die Bundesregierung versucht genau diesen Zusammenhang zwischen der Stärkung der AfD und ihrer Politik zu verschleiern und den Rechtsruck als Bildungsproblem darzustellen. Doch die AfD hat unter Jugendlichen nicht allein gewonnen, weil sie sich einen TikTok-Account angelegt hat. Sondern weil sie so tut, als hätte sie Lösungen für unsere Probleme. Schuld daran, dass du keinen Ausbildungsplatz bekommst, sei nicht die kapitalistische Krise, sondern eben „die Ausländer“. Es ist also kein Wunder, dass die Rechten gerade unter Jugendlichen, die nochmal mehr von der Krise betroffen sind, weil diese auf ihre Kosten ausgetragen wird, gewinnen.

Um die Rechten also zu stoppen, muss es ein Stoppen der Kürzungspolitik geben – die Kürzungspolitik der Ampel, die Schulen unterfinanziert und Jugendclubs dicht macht. Vielmehr sollten nicht wir für ihre Krise zahlen, sondern die Reichen! Dann werden auch weniger von uns den Rechten in die Arme getrieben. Klar ist also: Ein Kampf gegen Rechts ist auch ein Kampf für Masseninvestitionen statt für Kürzungen im sozialen Bereich und der Bildung. Doch wie schaffen wir das?

Organisieren an der Schule gegen Rechtsruck und Krise!

Um gegen die Kürzungspolitik zu kämpfen, müssen wir uns an unseren Schulen zusammentun. Dafür braucht es gemeinsame Aktionen. Anlass dafür können zum Beispiel die entlassenen Sozialarbeiter:innen sein, die kaputte Turnhalle oder das teure Mensaessen. Es können aber die Hakenkreuz-Schmierereien sein. Diese könnte man dann also, anstatt alleine zu crossen, mit seinen Freund:innen überstickern, mit Stickern der Jugendorganisation deines Vertrauens. Geht wahrscheinlich dann sogar schneller und macht vielleicht sogar Spaß. Nach so einer Aktion kann man dann ein gemeinsames Treffen machen, wo man darüber redet, wie man in Zukunft damit umgeht und wie man den Rechtsruck bekämpft. Dazu kann auch gehören, gemeinsam zu großen Antifa-Aktionen zu fahren, wie zu den Blockadeaktionen gegen den AfD-Bundesparteitag in Essen. Dort können wir gemeinsam aufzeigen, dass es mehr braucht als „Nazis raus“, bzw. dass unserer „Nazis raus“ auch einen gemeinsamen Kampf mit Gewerkschaften und linken Parteien gegen Kürzungen und für Masseninvestitionen in Bildung bedeutet.

Der Rechtsruck kann nur durch eine Massenbewegung gestoppt werden, die sich nicht nur einmal im Jahr in Essen trifft, sondern in Schule, Uni und Betrieb verankert ist. Unsere Organisierung an der Schule ist deshalb ein wichtiger Schritt, um eine solche Bewegung aufzubauen. Denn das ist der Ort, wo wir täglich die Krise spüren, also müssen wir uns auch dort gegen diese organisieren. Eine soziale Forderung, die wir an Schulen erkämpfen können, ist zum Beispiel, dass die Schülis und Lehrkräfte über das Mensa-Essen und den Preis entscheiden können. Ebenso aber auch die Kontrolle über die Lehrpläne, die aktuell noch Rassismus und Queerfeindlichkeit reproduzieren und Kritik am Kapitalismus maximal in die Politik-AG verbannen. Wenn wir uns außerdem zusammentun, müssen wir auch weniger Angst vor rechten Mitschülis, Lehrer:innen oder Stress mit der Schulleitung haben. Einmal, weil man keine 30 Leute von der Schule werfen kann, aber auch weil wir uns zusammen uns bei Angriffen von Rechten verteidigen können.

Denn es ist der traurige Alltag, dass Unterdrückte angegriffen werden. Angst auf dem Nachhauseweg vor Angriffen von seinen eignen Mitschülis zu haben, ist längst Realität geworden. In den meisten Fällen haben wir nicht mal irgendwas zum Selbstschutz dabei, weil das in unseren Schulen als Waffen gilt und somit verboten ist. Klar ist auch, dass, wenn wir angegriffen werden, das Rufen der Bullen kaum etwas bringen wird. Denn die Bullen sind die, die doch selbst jeden Tag migrantisierten Menschen das Leben zur Hölle machen. Ausrechnet sie werden wohl kaum wen anderes davon abhalten. Wir brauchen also Strukturen, die nicht Teil dieses rassistischen Staates sind, der tagtäglich neu die Saat für den aktuellen Rechtsruck pflanzt. Wir müssen selbst eigene Strukturen an unseren Schulen aufbauen. Die Strukturen müssen die Schülis befähigen, sich selbst gegen Angriffe zu verteidigen, wenn Rennen nichts mehr bringt. Diese Strukturen müssen aber auch, wenn es zu Angriffen kommt, die Opfer unterstützen, und das heißt auch, als Gruppe organisiert Angriffe abzuwehren.

Wir finden es gut, wenn solidarische Lehrkräfte Räume zur Verfügung stellen, aber wir sollten nicht davon ausgehen, dass das passiert. Genauso, wie Orte und Strukturen zur Abwehr von Angriffen aufgebaut werden müssen, braucht es auch Strukturen, die diskriminierende Vorfälle sammeln und Maßnahmen dagegen beschließen können. Diese Stelle muss von den Schülis demokratisch gewählt, aber unabhängig von der Schule organisiert werden. Diese Informationen sollen nicht für die Schulleitung gesammelt werden, sondern die Schülis selbst sollen entscheiden können, wie sie damit umgehen wollen. Wie genau eine solche Antidiskriminierungsstelle aussehen und wie man sie erkämpfen kann, erfahrt ihr in unserem Artikel dazu auf unserer Homepage.

Lasst uns diesen Schock nach der Wahl für mehr nutzen als 2 Insta-Storys. Die Rechten bekämpfen wir nicht im Netz sondern auf der Straße, in der Schule, Uni und im Betrieb!




EU-Wahlen: AfD raus aus unseren Schulen!

Von Sani Meier, April 2024

Alle Jahre wieder der gleiche Zirkus: Bald stehen Bundestags-, Landtags- oder wie jetzt die EU-Wahl an und schon fühlen sich Schulen dazu verpflichtet, ihren Schüler:innen alle zur Wahl stehenden Parteien persönlich vorzustellen. In den meisten Fällen werden Podiumsdiskussionen mit deren Vertreter:innen organisiert. Dabei ist es ganz egal, wie transphob oder rassistisch deren Inhalte sind, denn „es ist ja alles von der Demokratie gedeckt“.

Aber bei der AfD sind sich große Teile der Gesellschaft momentan nicht mehr so sicher: Nachdem Geheimtreffen mit Kapitalist:innen und Rechtsextremen aufgedeckt wurden, die eine „Remigration“ von nicht-deutschen Menschen geplant hatten, sind Hunderttausende gegen sie auf die Straße gegangen. Bestimmt waren auch viele von euch dabei. Wozu sollten wir der AfD also in unseren Schulen eine Bühne geben?

Unsere Schulen sind die Orte, an denen wir uns jahrelang fünf Tage pro Woche aufhalten müssen. Hier entstehen Freund:innenschaften, Fähigkeiten und Entscheidungen, die sich auf den Rest unseres Lebens auswirken. Deshalb ist es so wichtig, dass sich alle Schüler:innen wohl fühlen und in einem sicheren Rahmen lernen können. Dass das nicht der Realität entspricht, ist klar. Umso wichtiger ist es, dass wir denen, die mit ihrer Politik unsere Mitschüler:innen angreifen, keinen Raum geben.

Was will die AfD eigentlich?

Lasst uns gemeinsam einen Blick in das Wahlprogramm der AfD für die Europawahlen 2024 werfen:

  • Der Islam als „Gefahr für Europa“ sei „mit den europäischen Grundprinzipien von Recht, Freiheit und Demokratie nicht in Einklang zu bringen“. Deshalb müsse die Zuwanderung „massiv beschränkt“ werden – auch mithilfe der „Errichtung physischer Barrieren“ an den EU-Außengrenzen.
  • Die gleichgeschlechtliche Ehe wird abgelehnt: „Wir unterstützen es, wenn Menschen traditionelle Geschlechterrollen leben.“
  • Das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche soll weitestgehend eingeschränkt werden bis auf „absolute Ausnahmen“ – etwa aus medizinischen Gründen oder bei Vergewaltigungen.
  • „Wir teilen die irrationale CO2-Hysterie nicht, die unsere Gesellschaft, Kultur und Lebensweise strukturell zerstört.“ Das Klima habe sich „seit dem Bestehen der Erde“ stets gewandelt. „Die jetzigen klimatischen Veränderungen ordnen sich vollkommen normal in diese Wechsel ein.“

Alleine von diesen Auszügen wird einem schon schlecht. Muslimische Menschen seien undemokratisch und würden angeblich nicht zu Europa passen. Deshalb wolle man die EU-Außengrenzen, an denen schon jetzt Tausende ertrinken und in Lagern inhaftiert sind, noch stärker abriegeln.

Wie sicher fühlen sich wohl muslimische und/oder geflüchtete Mitschüler:innen, wenn das öffentlich an unserer Schule propagiert wird? Noch dazu sollen alle „traditionelle Geschlechterrollen leben“, also entweder als Mann oder als Frau, aber bitte nicht in gleichgeschlechtlichen Ehen. Alle queeren Schüler:innen haben hier keinen Platz.

Zu guter Letzt leugnen sie auch noch den menschengemachten Klimawandel und stellen sich gegen politische Maßnahmen, um diesen aufzuhalten. Alle Bemühungen der FFF-Bewegung werden mit Füßen getreten und unsere Zukunft auf einem lebenswerten Planeten wird weggeworfen.

Den Rassismus und Sexismus der AfD können wir selbst erkennen und brauchen dafür keine öffentliche Podiumsdiskussion, bei der sich ihre Vertreter:innen inszenieren können.

Gerade wir jungen Menschen und Erstwähler:innen sind die Zielgruppe der AfD und die ersten Erfolge sehen wir bereits. Die Partei produziert gezielt Content auf den Social Media Plattformen, die wir nutzen. Ihre Videos werden von allen Parteien auf TikTok am häufigsten aufgerufen.

Eine Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung zeigt, dass die Altersgruppe 16-22 die AfD für „am ehesten geeignet“ hält, „um die anstehenden Probleme in Europa zu lösen“. Dieser Plan darf nicht aufgehen und es ist unsere Aufgabe, uns gemeinsam der AfD in den Weg zu stellen!

Was können wir gegen die AfD an unserer Schule tun?

Vernetzen!

Zuerst ist es wichtig, dass wir mit unseren Mitschüler:innen über die Einladung der Schule an die AfD sprechen und erklären, warum das ein Problem ist. Gerne könnt ihr dafür diesen Artikel und die oben genannten Auszüge aus dem Wahlprogramm nutzen. Vielen ist noch nicht bewusst, wie konkret Menschen, mit denen wir täglich zusammen lernen, dadurch diskriminiert werden.

Die Angriffe der AfD treffen nicht nur unsere Mitschüler:innen, sondern auch unsere Lehrkräfte, die nicht in deren Bild passen. Auch sie können potentielle Verbündete sein. Wenn es noch keine Struktur an der Schule gibt, um sich gemeinsam politisch zu organisieren, ist es höchste Zeit dafür, eine zu gründen, z.B. in Form eines Schulkomitees.

Forderungen aufstellen!

Wenn wir es geschafft haben, einen Teil unserer Mitschüler:innen davon zu überzeugen, dass die AfD unbedingt wieder ausgeladen werden muss, ist es Zeit, diese Forderung festzuhalten. Leider werden Schulen selbst dann keine diskriminierungsfreien Räume, wenn diese Forderung erreicht ist.

Es ist ein guter Zeitpunkt, um gemeinsam zu überlegen, was sich noch an der Schule ändern muss: Geschlechtsneutrale Toiletten? Geschichtsbücher, in denen der Kolonialismus weder beschönigt noch geleugnet wird? Fortschrittlicher Sexualkundeunterricht? Antidiskriminierungsstellen? Sprecht gemeinsam über eure Erfahrungen, tauscht euch aus und entscheidet gemeinsam, was ihr von der Schulleitung fordern wollt – Hauptsache, es läuft demokratisch.

Spread the News!

Sobald ihr eure Liste mit Forderungen abgestimmt habt, ist es Zeit, sie öffentlich zu machen. Macht daraus einen kleinen Flyer, druckt ihn im Copyshop aus und verteilt ihn morgens vor der ersten Stunde oder in der Pause vor der Schule. Auch wenn es vielleicht Überwindung kostet, sind Flyer eine super Möglichkeit, um mit Schüler:innen ins Gespräch zu kommen.

Habt ihr eine Schulzeitung? Dann ab zur Redaktion und darum bitten, eure Forderungen abzudrucken. Auch ein Instagram-Account eures Komitees kann helfen, euch an der Schule bekannt zu machen. Wichtig ist, die Schüler:innenvertretung mit ins Boot zu holen. Stellt sicher, dass sie von eurer Aktion mitbekommt und sie unterstützt.

Druck aufbauen!

Wenn eure Mitschüler:innen euch und eure Forderungen auf dem Schirm haben, ist es Zeit, ihnen Nachdruck zu verleihen. Einen Flyer kann die Schulleitung vielleicht ignorieren, eine Kundgebung direkt vor dem Schultor nicht.

Dazu muss lediglich eine Person die Kundgebung anmelden. Lasst euch dabei nicht von Lehrkräften oder anderen Leuten einschüchtern – Versammlungsfreiheit ist euer gutes Recht. So lange die Kundgebung angemeldet und behördlich genehmigt ist, kann sie euch niemand verbieten.

Ladet alle eure Freund:innen (auch von anderen Schulen), Mitschüler:innen, Lehrkräfte und sonstige interessierte Menschen ein, daran teilzunehmen und eure Forderungen zu unterschreiben. Auf der Kundgebung könnt ihr in einer Rede erklären, wie es zu der Aktion gekommen ist, warum ihr der AfD keinen Raum an der Schule geben wollt und welche Forderungen ihr gemeinsam an die Schulleitung stellt.

Besonders gut ist es, wenn ihr vorher der Lokalpresse Bescheid gegeben habt und vor Ort über euch berichtet wird. In Berlin haben wir es auf diesem Weg bereits geschafft, dass die AfD an einer Schule wieder ausgeladen wurde.

Egal wie eure Aktion ausgeht – wichtig ist, dass wir einfordern, über unsere Schule und deren Alltag selbst zu bestimmen. Bleibt auf jeden Fall vernetzt und schließt euch mit Schüler:innen anderer Schulen zusammen. Je mehr wir sind, desto mehr Druck können wir aufbauen. Falls ihr bei der Organisation Hilfe braucht oder Fragen habt, schreibt uns jederzeit an und wir unterstützen euch.

Für sichere Schulen unter demokratischer Kontrolle der Schüler:innen und Lehrer:innen! Kein Raum für Sexismus, Rassismus  und Antisemitismus – kein Raum der AfD!




Die Brandmauer bröckelt im Osten. Aber stand sie je wirklich?

von Gale Annum, Juni 2024

Ich wünsche mir so sehr einen Bürgerkrieg und Millionen Tote. Frauen, Kinder. Mir egal. Es wäre so schön. Ich will auf Leichen pissen und auf Gräbern tanzen. SIEG HEIL!“ – Marcel Grauf, rechtsextremer Aktivist und ehemaliger AfD-Mitarbeiter.

Von moderateren Aufrufen zur Diskriminierung, über euphemistisch formulierte Vernichtungsfantasien bis hin zu offener Volksverhetzung und rassistischen Gewaltaufrufen macht die AfD allen klar, was sie wirklich will.

Selbst den bürgerlichen Parteien Deutschlands ist aufgefallen, dass wir ein Problem haben. CDU/CSU, FDP und Grüne haben erkannt, dass die AfD keine Kleinpartei aus eurokritischen Rechtspopulist:innen und verschrobenen Schwurbler:innen mehr ist.

Sie ist zu einer ernstzunehmenden politischen Kraft geworden, in der selbst die etablierten Parteien eine Gefahr für „unsere“ liberale Demokratie sehen – Rechtsextreme, mit denen keine Zusammenarbeit vertretbar sei.

Die CDU: Aufrechte Antifaschist:innen?

So errichteten sie eine „Brandmauer“ gegen die aufzüngelnden Flammen des Faschismus. Ein politisches Bollwerk gegen den Rassismus und das antidemokratische Gedankengut, das sich von außen in die hohen Hallen der Entscheidungsträger:innen eingeschlichen hatte.

Schon 2018 beschloss die CDU auf ihrem Parteitag, dass „jegliche Formen der Zusammenarbeit“ mit extremen Parteien wie der AfD (und selbstverständlich auch der Linken) abzulehnen sei. Die Parteispitze macht das auch in ihrer Rhetorik immer wieder klar. So sagte CDU-Generalsekretär Lindemann: „In dieser Partei gibt es nachweislich Nazis, da möchte ich gar nichts mit zu tun haben!“

Alles gut! Demokratie gerettet! Rassismus besiegt! Jetzt darf die AfD nur keine absoluten Mehrheiten gewinnen. Dann werden sie nie in der Lage sein reaktionäre Forderungen gegen das Asylrecht in die Tat umzusetzen. Die Freiheitsliebe und Prinzipientreue der Christdemokrat:innen und Liberalen hat uns allen den Arsch gerettet. Könnte man meinen.

Wo CDU und AfD gemeinsame Sache machen

Die Realität sieht anders aus: Besonders im Osten hebt die CDU immer wieder gerne im Einklang mit der AfD die Hand. So stimmte die Bautzener CDU für einen Antrag der „gesichert rechtsextremen“ sächsischen AfD zur Asyl- und Migrationspolitik des Landkreises.

In Stralsund gibt es bei den Christdemokrat:innen noch weniger Berührungsängste: Hier wurden sowohl die AfD-Anträge in der Asylpolitik als auch zum Gender-Verbot wohlwollend durchgenickt. Wenn es um so etwas „Unkontroverses“ geht wie Steuersenkungen für Besserverdiener:innen, ist auch für die CDU Thüringen klar, dass die AfD nur das Beste für alle will. Diese Politik der stillen und möglichst heimlichen Kooperation auf lokaler Ebene hat auch CDU-Vorsitzender Friedrich Merz, der noch großspurig tönte, jeder der die Hand hebe mit der AfD, sähe sich daraufhin mit einem Parteiausschlussverfahren konfrontiert, inzwischen abgenickt. Auch wenn er später den offensichtlichen Inhalt seiner Aussage zur Kommunalpolitik unbeholfen versuchte zu relativieren bleibt deren Inhalt dennoch faktisch bestehen und sagt kommunalen CDU-Politiker:innen: Im Stadtrat dürft ihr auch mit der AfD stimmen und faktisch kooperieren. 

Ganz vorn im Rassismus-Wettbewerb: Die Bezahlkarte für Geflüchtete

Wie jede:r Rassist:in weiß, geben Geflüchtete angeblich alles was sie besitzen, nur für Drogen und Verbrechen aus und schicken den Rest nach Hause – deshalb kann man ihnen auch kein richtiges Geld anvertrauen.

Solche an Rassismus kaum zu überbietenden Vorurteile bereiteten im November 2023 der bundesweiten Einführung der Bezahlkarte für Asylbewerber:innen den Weg. Olaf Scholz und die Ministerpräsident:innen der Länder beschlossen, statt Sozialleistungen solle es ab jetzt nur noch Essensmarken geben, mit denen nur bestimmte Produkte in ausgewählten Läden gekauft werden können.

Ein weiteres Beispiel dafür, dass die Brandmauer nie wirklich stand, finden wir hier in Dresden. Weil ihnen die Beschneidung der Rechte von Geflüchteten nicht schnell genug ging, entschlossen sich in Dresden sowohl die CDU als auch die AfD dazu, ihre eigenen Anträge für ein Bezahlkartensystem einzubringen.

Nachdem der Antrag der CDU scheiterte, wurde der Antrag der AfD mit den Stimmen der CDU und FDP angenommen. Dass das Abstimmen für den AfD-Antrag mit der Unvereinbarkeitserklärung ihrer Partei kollidiert, sehen die sächsichen CDU-Politiker:innen nicht so. Der eigene Antrag sei halt nicht durchgekommen und der der AfD nahe genug dran.

Friedrich Merz, Bundesvorsitzender der CDU/CSU, kommentierte das Abstimmungsverhalten der Dresdner CDU mit den Worten: „Die Entscheidung ist in der Sache richtig, im Verfahren inakzeptabel.“

Die bürgerliche Mitte: keine Brandmauer, sondern der Brandbeschleuniger

Die Ablehnung der bürgerlichen Parteien gegenüber der AfD begründet sich nicht in deren Rechtspopulismus und Rassismus. Höchstens deren unverblümte Worte sind es, die stören.

Vielmehr ist es die Strategie der Parteien, sich auf öffentlicher Ebene von der AfD zu distanzieren, gleichzeitig aber ihre eigene Politik an deren Wähler:innen auszurichten. Denn weniger Stimmen für die AfD bedeuten mehr Stimmen für die eigene Partei und damit auch mehr Einfluss in den Parlamenten.

Doch weder das Weltbild noch die Forderungen der AfD sind dadurch gebannt – sie leben in der Politik der anderen Parteien weiter. Wenn man ähnliche Politik anbietet, dann kommt es auf lokaler Ebene halt auch mal vor, dass man „aus Versehen“ zusammenarbeitet. Und wenn von den Grünen bis zur CDU alle darum wetteifern, wer die rassistischste Politik und den härtesten Sozialabbau liefert, dann braucht es keine „Alternative“ mehr.

In der derzeitigen Krise geht es Arbeiter:innen immer schlechter. Miese Arbeitsverhältnisse, eine strauchelnde Wirtschaft und steigende Preise in den Geschäften setzen uns allen zu. In Zeiten des Rechtsrucks versuchen die Ampel, CDU/CSU und AfD uns die gleichen Lösungen zu verkaufen: Sozialabbau und Rassismus statt sozialer Absicherung auf Kosten der Reichen.

Denn die Ursache der Probleme liegt in unserem aktuellen Wirtschaftssystem. Krisen und Unterdrückung sind im Kapitalismus so inhärent, wie es auch reaktionäre Ideologien bis hin zum Faschismus sind. Nur, wer für eine Alternative zum Kapitalismus kämpft, hat eine Perspektive, sowohl die zyklischen Wirtschaftskrisen als auch rechte Kräfte und ihre Ideologien endgültig zu besiegen.

Nur der gemeinsame, internationale Kampf der Arbeiter:innen kann uns vor den Auswirkungen des Kapitalismus befreien. Nur, wenn wir zusammen gegen Ausbeutung und Unterdrückung stehen, können wir gewinnen. Nicht aber, wenn wir diese Aufgabe denjenigen überlassen, die an der aktuellen Situation schuld sind!

Der angeblichen Brandmauer müssen wir eine Analyse des Rechtsrucks und der AfD entegenstellen, die deren Charakter aufzeigt, um ihn effektiv bekämpfen zu können: Auch wenn viele Aussagen der Partei kaum zu ertragen sind, ist sie keine faschistische Partei. Aktuell sammeln sich in ihr verschiedene Flügel, vom wirtschaftsliberalen bis hin zum völkischen Flügel um Björn Höcke, der durchaus bereit ist, mit rechtsextremen und faschistischen Kräften zusammenzuarbeiten. Im Gesamten versucht die Partei aber, ihre Politik durch Macht in den Parlamenten durchzusetzen und nicht durch militante Bewegungen auf der Straße, wie es in faschistischen Bewegungen der Fall wäre.

Was wir brauchen ist eine Einheitsfront der Organisationen der Arbeiter:innenklasse mit linken Bewegungen gegen Rassismus, Ausbeutung, Sexismus und alle weiteren Formen kapitalistischer Unterdrückung. Wir müssen uns also in Komitees und Arbeitsgruppen in unseren Schulen, Unis und Betrieben organisieren, um unseren Kampf gemeinsam auf die Straße zu tragen und den Rechtsruck aufzuhalten!




Den Rechtsruck aufhalten – aber wie?

Von Emilia Sommer, Revolution, FIGHT! März 2024

Die Umfragewerte der AfD sind so hoch wie nie. Sie stellt zum ersten Mal Bürgermeister:innen und plant auf Geheimtreffen massenhafte Abschiebungen. Gleichzeitig verabschiedete die Regierung ein Rückführungsgesetz, welchen ebendies erleichtert, und der  deutsche Staat geht mit extremer Gewalt gegen palästinasolidarische Menschen vor, führt Razzien durch und kriminalisiert Aktivist:innen. Auch wenn sie sich aktuell medienwirksam auf den Anti-AfD-Protesten zeigt, ist klar, dass die Ampel-Regierung mit ihrer Umsetzung rechter Forderungen den Rechtsruck aktiv befeuert und den Aufstieg von AfD & Co mit ermöglicht.

Ein internationales Problem

Auch international ist der Rechtsruck nicht zu übersehen: Ob Fratelli d’Italia in Italien, Geert Wilders in den Niederlanden, Milei in Argentinien oder die rechtspopulistischen „Schwedendemokraten“, alle zeigen, dass rechte Regierungen auf dem Vormarsch sind und eine kämpferische linke Perspektive noch immer auf sich warten lässt. Dabei schüren sie nicht nur Rassismus, sondern bringen auch für Frauen und Queers einen Rollback mit sich. So erließ  2020 das polnische oberste Gericht ein nahezu vollständiges Verbot von  Schwangerschaftsabbrüchen, viele US-amerikanische Bundesstaaten zogen nach und auch, wenn es in Deutschland seit knapp zwei Jahren nicht mehr strafbar ist, warten wir vergeblich auf Streichung des § 218, der diese nach wie vor kriminalisiert und lediglich duldet trotz großer Ankündigungen der Ampel. Doch die Liste geht noch weiter: In Italien stellte die Regierung kürzlich die Geburtsurkunden von Kindern in Regenbogenfamilien in Frage – also gleichgeschlechtlicher Eltern. Das Ziel: Nur der „leibliche“ Elternteil soll anerkannt bleiben. Dem oder der Partner:in wird demnach der Elternstatus entzogen. Das ungarische Parlament geht sogar so weit, ein Gesetz zu erlassen, welches dazu ermuntert, gleichgeschlechtliche Eltern wegen Verletzung der „verfassungsrechtlich anerkannten Rolle von Ehe und Familie“ bei den örtlichen Strafverfolgungsbehörden zu melden. Neben der Anzeige von Regenbogenfamilien erlaubt das Gesetz auch die anonyme Anzeige von „jedem/r, der/die die wahre Bedeutung von Familien, die in der ungarischen Verfassung definiert ist, leugnet oder ändert“.  All das führt uns zu der Frage: Was tun? So weitergehen kann es schließlich nicht. Doch bevor wir dazu kommen, müssen wir zuerst kurz anschauen, woher der Rechtsruck kommt und warum aktuell so viele rechts wählen.

Krise und Rechtsruck: die Ursache kennen

Dazu müssen wir zunächst einen Blick in die Vergangenheit werfen: Seit der Weltwirtschaftskrise 2007/08 hat sich die Konkurrenz zwischen den einzelnen Kapitalisten:innen und ihren Staaten verschärft. Es kam zu einer massiven Konzentration von Kapital. Gerade die größeren Monopole konnten davon profitieren, während kleinere Unternehmen nicht mithalten konnten. Kleinere Unternehmer:innen, auch gerne als Mittelstand bezeichnet, haben Angst, ihre Stellung zu verlieren und pleitezugehen. Getrieben von der Angst vor sozialem Abstieg fangen sie an, laut herumzubrüllen: Protektionismus, Nationalchauvinismus, Standortborniertheit, das sind ihre Argumente, um sich zu schützen. Kurz gesagt: Sie wollen das Rad der Geschichte zurückdrehen, um nicht ihren Reichtum zu verlieren. Sie wollen den globalen Kapitalismus also auf reaktionäre Art bekämpfen. Mit der Fokussierung auf Nationalstaat und Protektionismus geht auch einher, dass das Ideal der „bürgerlichen Familie“ gestärkt werden muss. Denn im Kapitalismus ist die Arbeiter:innenfamilie der Ort, wo unbezahlte Reproduktionsarbeit stattfindet. Ob nun Kindererziehung, Altenpflege, Waschen oder Kochen – all das reproduziert die Arbeitskraft der einzelnen Arbeiter:innen und sorgt gleichzeitig dafür, dass dem Kapital die Arbeitskraft nicht ausgeht. Oftmals wird diese unbezahlte Hausarbeit von Frauen verrichtet. Diese Arbeitsteilung wird dadurch gefestigt, dass sie weniger Lohn als Männer erhalten und sie somit nach einer Schwangerschaft eher zu Hause bleiben. So verdienen sie beispielsweise im Schnitt immer noch weniger als Männer trotz öffentlichem Diskurses über den Gender Pay Gap, machen deutlich mehr der Beschäftigten in sozialen Berufen aus und arbeiten immer noch doppelt so lang im Haushalt wie Männer. Im Kontrast dazu stehen erkämpfte Rechte von Frauen und LGBTIAs. Ob nun Legalisierung von Homosexualität, die Gleichstellungsgesetze, das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper – all das lehnen die Rechten mit aller Macht ab. Das traditionelle Bild der Frau als Mutter, emotionale Versorgerin und Pflegende trägt also aktiv zur Profitmaximierung bei, Sexismus hat eine materielle Grundlage und queere Partner:innenschaften, Identitäten und Familien stellen dieses klassische Bild infrage.

Warum wählen aktuell so viele Menschen rechts?

Natürlich gibt es dafür mehrere Gründe. An dieser Stelle wollen wir uns jedoch auf einen konzentrieren – die Finanzkrise 2007/2008. Im Rahmen dieser nahm nicht nur die Konkurrenz zwischen einzelnen Kapitalfraktionen zu. Es kam auch zu einer wachsenden Verelendung der Arbeiter:innenklasse. Damals wurden die Kosten der Krise auf diese abgewälzt: Viele wurden entlassen, vielerorts sind Löhne nicht gestiegen, während zugleich die Lebenshaltungskosten in die Höhe kletterten. Dagegen passiert ist nicht viel. Massenproteste wurden im Namen der Sozialpartnerschaft klein gehalten oder konnten nicht gewonnen werden wie in Griechenland. Das hat viele enttäuscht und so wendeten sie sich beispielsweise der AfD zu, die sich als Alternative zu den etablierten Parteien mittels Ablehnung der EU und rassistischer Hetze darstellen konnte. Doch statt dem was entgegenzusetzen, gab es eine Verschiebung nach rechts. Viele Parteien haben sich vor den Karren spannen lassen. Während Rechtspopulist:innen hetzten, verabschiedeten sie Gesetze und stimmten in den Chor mit ein. Vorbei ist die Willkommenskultur, jetzt haben wir einen Olaf Scholz der sagt „Wir müssen endlich konsequent abschieben”. Das ist kein Zufall: Getrieben von der Angst vor Wähler:innenverlusten bildet Rassismus gleichzeitig ein gutes Mittel, um von Einsparungen und fehlenden Lohnerhöhungen abzulenken. Migrant:innen werden zum Problem gemacht, nicht nicht die Unterordnung aller politischen Ziele unter die Interessen des Kapitals. Die Krise im Zuge der Pandemie befeuerte diese Entwicklung erneut. Doch so abgefuckt diese Entwicklung ist: Es liegt in unseren Händen, etwas dagegen zu tun. Aber was braucht es, um den Rechtsruck aufzuhalten?

Gemeinsam gegen den Rechtsruck!

Um den Vormarsch der Rechten zu stoppen, müssen wir eine Bewegung aufbauen. Dabei braucht es nicht nur einzelne Mobilisierungen, bei denen sich Regierungsvertreter:innen, die letzten Endes den Aufstieg der AfD mit zu verantworten haben, ggenseitig auf die Schultern klopfen können ganz nach dem Motto: „Jetzt waren wir auch im Widerstand!”, während sie einen Atemzug später Gesetze verabschieden, die mehr von uns abschieben. Wir brauchen mehr:

  1. Raus aus der Defensive: Gegen  Sparpolitik und soziale Unterdrückung!

Statt sich einfach nur an den Rechten abzuarbeiten und auf diese zu reagieren, müssen wir konkrete Verbesserungen erkämpfen. Das heißt, wir sind nicht nur gegen Abschiebungen, sondern für offene Grenzen und Staatsbürger:innenrechte für alle. Wir fordern nicht nur Abrüstung, sondern lehnen jede Finanzierung des staatlichen Gewaltmonopols, also der Polizei und Bundeswehr, getreu dem Motto, „Keinen Cent für Militarismus und Repression“ ab. Auch treten wir nicht nur gegen die zahlreichen Sparmaßnahmen, sondern für den Ausbau des sozialen Wohnungsbaus, die Enteignung der Wohnungsspekulation, der großen Banken und Konzerne ein, für die Finanzierung unseres Gesundheits- und Bildungssystems durch Besteuerung von Profit und Vermögen der Reichen – unter Kontrolle der Arbeiter:innen, Mieter:innen, Lehrenden und Lernenden. Dabei ist es zentral, daran anzusetzen, was den Rechtsruck befeuert: Sparpolitik und Sozialpartnerschaft. Allerdings darf man auch nicht der Illusion verfallen, dass es nur ausreicht, die „sozialen Fragen“ zu betonen. Diese Forderungen müssen konsequent mit Antirassismus und -sexismus verbunden werden, denn nur in praktischen Kämpfen kann man den sich etablierenden Rassismus zu beseitigen anfangen. Widmet man sich in der jetzigen Situation nur den sozialen Fragen, vergisst man, dass soziale Unterdrückung spaltet, und kann sie schlechter bekämpfen:

  • Investitionen in Bildung, Gesundheit und Soziales, finanziert durch die Gewinne der Reichen, die aktuell noch einmal so richtig Gewinn aus der Krise ziehen!
  • Massive Lohnerhöhung und automatischer Inflationsausgleich in Form einer gleitende Lohnskala!

  1. Druck ausüben und klaren Klassenstandpunkt beziehen

Breite Proteste, wie wir sie mit #wirsinddiebrandmauer sehen, scheinen auf den ersten Blick wünschenswert. Doch die große Einheit, die die scheinbar größte Stärke des Protestes ist, macht gleichzeitig ihre größte Schwäche aus. Doch uns helfen weder Versammlung aller linken Kleinstgruppen, die die besten Forderungen aufwerfen, aber keine reale Verankerung auf die Straße bringen, noch riesige Proteste, die nur abstrakte, verwaschene Parolen wie „Menschenwürde” und „Toleranz” vor sich her tragen.

Deswegen treten wir für ein Bündnis vor allem aus den Organisationen der Arbeiter:innenklasse, also Gewerkschaften, Sozialdemokratie und linken Reformist:innen, ein. Diese in Bewegung zu setzen, ist zentral, da sie einen Großteil der organisierten Arbeiter:innen hinter sich herführen. Das ist ein entscheidender Punkt, wenn es darum geht, Verbesserungen zu erkämpfen. Dies wird nicht nur mittels Demonstrationen passieren, sondern man muss beispielsweise mittels Streiks Druck ausüben. Das heißt nicht, dass Kräfte wie die Grünen nicht mitlaufen können – nur sollte man für deren Beteiligung keine Kompromisse eingehen. Denn Rassismus und Sexismus sind nicht einfach nur beschissen. Sie schwächen auch das objektive Interesse aller Arbeiter:innen. Anstatt zusammen für eine bessere Lebensgrundlage einzutreten, bekämpft man sich gegenseitig („Teile und herrsche!“). Doch diese in Bewegung zu setzen, ist gar nicht so einfach. Deswegen muss man versuchen, in bestehenden Proteste zu intervenieren, und klar aufzeigen: Ihr wollt den Rechtsruck aufhalten? Dann lasst uns Verbesserungen für alle erkämpfen und mobilisiert richtig dafür! Wir brauchen nicht nur Floskeln, sondern konkrete Aktionen!

Um das zu ermöglichen, setzen wir uns im Rahmen solcher Bündnisse – auch Einheitsfronent genannt – für volle Kritik- und Propagandafreiheit ein. Denn es muss möglich sein, gemeinsam Proteste zu organisieren und gleichzeitig Unterschiede sowie Differenzen zu äußern, damit auch innerhalb der gesamten Bewegung politische Vorschläge diskutiert werden.

  1. Rein in den Alltag: Für eine Basisbewegung an Schulen, Unis und in Betrieben!

Große Demonstrationen und Kundgebungen sind gut, aber reichen bei weitem nicht aus. Sie mögen vielleicht jenen, die schon überzeugt sind, Kraft geben. Aber das Ziel bleibt jedoch, mehr Menschen zu erreichen und überzeugen. Stattfinden kann das, indem man Kämpfe um reale Verbesserungen für alle organisieren hilft und diese an jene Orte trägt, wo wir uns tagtäglich aufhalten müssen: Schulen, Unis und Betriebe. Demonstrationen oder Kundgebungen können als Aufhängerinnen genutzt werden, um Vollversammlungen vor Ort zu organisieren, Aktionskomittees zu bilden, die die Forderungen der Bewegung erklären und gleichzeitig mit Problemen vor Ort verbinden. Deswegen ist es zentral, dass Organisationen, die den Protest unterstützen, nicht nur einen Aufruf unterzeichnen, Geld spenden und eine Pressemitteilung herausgeben, sondern auch ihre Mitgliedschaft dazu aufrufen, aktiv an Schulen, Unis und in Betrieben zu mobilisieren.

  1. International is’ Muss!

Der Rechtsruck ist nicht nur ein deutsches, sondern internationales Problem. Hinzu kommt, dass mit Deals zwischen unterschiedlichen Ländern oder gemeinsamen „Initiativen“ wie Frontex vor allem imperialistische Länder versuchen, sich die Probleme der Geflüchteten vom Leib zu halten. Wenn wir uns dem Rechtsruck entgegenstellen, Festungen wie die Europas erfolgreich einreißen wollen, bedarf es mehr als einer Bewegung in einem Land. Deswegen müssen wir das Ziel verfolgen, gemeinsame Forderungen und Aktionen über die nationalen Grenzen hinaus aufzustellen. Das kann anfangen, indem man gemeinsame Aktionstage plant und schließlich gemeinsame Strategie- und Aktionskonferenzen organisiert, in denen Aktivist:innen gemeinsam über die Perspektive der Bewegung entscheiden.

Bewegung alleine reicht nicht!

Doch die Aufgabenliste endet für uns damit nicht: Bewegung alleine reicht nicht aus. Sie kann es  nicht schaffen, die Wurzeln von sozialer Unterdrückung wie Rassismus, Sexismus oder LGBTIA+-Diskriminierung auszureißen, da diese mit dem kapitalistischen System verwoben sind. Deswegen besteht die Aufgabe für Revolutionär:innen innerhalb dieser Bewegung darin, einen klaren antikapitalistischen, internationalistischen Pol zu bilden und eine deutliche Perspektive aufzuzeigen. Wir treten für Verbesserungen im Hier und Jetzt ein, müssen aber gleichzeitig den Weg aufzeigen, wie wir zu einer sozialistischen Gesellschaft kommen. Deswegen werfen wir auf, dass bei Finanzierungsfragen dies durch Besteuerung der Reichen oder Enteignung passieren muss sowie die Kontrolle über Verbesserungen und, wie diese umgesetzt werden, bei Arbeiter:innen und Unterdrückten liegen sollte. Um dies zu realisieren, braucht es unserer Meinung nach eine internationale Organisation mit einem revolutionären Programm, das deutlich macht, dass es keine Spaltung aufgrund Herkunft, Geschlecht, Alter oder Sexualität geben darf, und das aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat. Nur so können wir unserer Unterdrückung auch in der Arbeiter:innenbewegung selbst entgegentreten und gleichzeitig dem Rechtsruck die Stirn bieten.

Wir fordern deshalb:

  • Aufbau einer antifaschistischen und internationalen Einheitsfront aus allen linken Organisationen und solchen der Arbeiter:innenklasse! Offene Grenzen und Staatsbürger:innenrechte für alle!
  • Kampf dem Rechtsruck heißt Kampf dem Kapital: Für ein revolutionäres Programm der Jugend und der Arbeiter:innenklasse!
Schlaglicht:
Männliche Toxizität
Obwohl eine geschlechtliche Rollenverteilung im Sinne des Mannes als finanziellem Versorger der Familie und der Frau als Reproduktionsarbeiterin eine so zentrale Rolle im Kapitalismus einnimmt, führen die Veränderungen der Beschäftigungsverhältnisse gleichzeitig zu einer Krise der bürgerlichen Familie. Frauen werden seit Jahrzehnten mehr und mehr in die Produktion mit einbezogen, stehen oft in Vollbeschäftigungsverhältnissen und der „Girlboss-Feminism“ fordert mehr und mehr ihren Zugang zu Führungspositionen in Unternehmen. Obwohl es hier nach wie vor strukturelle Ungerechtigkeiten gibt, sind Frauen heute oft gut qualifizierte und gefragte Arbeitskräfte, die sich besser selbst versorgen können als beispielsweise noch in den 1950er Jahren. Für viele Männer stellt sich also heute immer drängender die Frage, welche gesellschaftliche Rolle sie besetzen sollen, wenn ihr traditionell anerzogenes Bild des alleinigen Versorgers immer obsoleter wird. Zu diesem Gefühl des Bedeutungs- oder Sinnverlustes kommt bei vielen die Wahrnehmung von Frauen als realistische Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt und lässt sie in die Arme toxisch-männlicher Propaganda laufen. Anstatt sich für eine gleichberechtigte und ausbeutungsfreie Zukunft für alle einzusetzen, finden sie Gefallen an der Vorstellung, Frauen in ihre traditionelle, häusliche und unsichtbare Rolle zurückzudrängen, in welcher sie finanziell von ihnen abhängig sind und wo sich ihre Versorgerrolle wieder verwirklichen kann.



Jugend gegen Abschiebungen! Für einen bundesweiten Schulstreik!

AfD raus aus unseren Schulen kicken!

Seit mehreren Wochen gehen Millionen von Leuten auf die Straße. Sie demonstrieren gegen die AfD, gegen die rassistischen Pläne der AfD. Warum müssen auch wir als Jugendliche uns an diesen Protesten beteiligen? Die Pläne, die die AfD hat, sind auch für uns besonders scheiße, denn den Ort, wo wir täglich hingezwungen werden, will sie uns zur Hölle machen.

Insgesamt wollen sie eine Schule erschaffen, die kein Raum für Schüler:innen ist, sondern die das Ziel hat, Arbeitskraft zu produzieren, egal wie sehr wir darunter leiden. Es liegt also im Interesse jedes:r Schüler:in, gegen die AfD aufzustehen. Der extreme Leistungsdruck, unter dem schon jetzt viele Schüler:innen zerbrechen, soll noch weiter verschärft werden. Zudem wollen sie Aufklärung verhindern, indem sie den ohnehin schon cis-heteronormativen und unzureichenden Sexualkundeunterricht weiter beschneiden wollen. Nicht zuletzt sollen wir in der Schule noch weniger über die deutschen Verbrechen zur Kolonialzeit und im Faschismus aufgeklärt werden. Und die AfD setzt sich dafür ein, dass unsere Freund:innen auf andere Schulen müssen, wenn sie kein perfektes Deutsch können oder Föderbedarf haben. Doch wir wollen nicht von unseren Freund:innen getrennt lernen. Wir wollen lieber eine Schule, die es schafft, sich um alle Schüler:innen zu kümmern.

Viele unserer Mitschüler:innen will die AfD aber nicht nur auf andere Schulen schicken, sondern am liebsten gleich ganz aus Deutschland raus. Laut der AfD ist der Islam kein Teil unserer Gesellschaft und hat hier auch keinen Platz. Dies hat sich mit dem Ausbruch des Gazakrieges zusätzlich verschärft. Dabei werden Muslim:innen als angebliche Terrorunterstützer:innen unter den Generalverdacht des Antisemitismus gestellt. So stellte die Berliner AfD einen Antrag im Senat, dass Berlin keine palästinensischen Geflüchteten aufnehmen solle, da diese den Antisemitismus in Deutschland stärken würden. Dass Gewalt und Hetze gegen Jüdinnen und Juden in Wirklichkeit vor allem ein Problem ihrer eigenen Wähler:innen ist, kehrt sie damit genüsslich unter den Tisch. Wir sehen also, wie unter heuchlerischen Vorwänden unsere migrantischen Freund:innen einfach abgeschoben werden sollen oder gar nicht erst nach Deutschland kommen dürfen. Gegen diese Ungerechtigkeiten müssen wir aktiv werden!

Für eine selbstverwaltete Antidiskriminierungsstelle an unseren Schulen!

Wenn Abschiebungen, Vorurteile gegen Muslim:innen und Gewalt gegen Queers zum Normalzustand werden, heißt das, dass die gesamte Gesellschaft nach rechts rückt. Davon sind leider auch unsere Schulen nicht ausgenommen. Entgegen der Ideologie, dass Schulen angeblich ein „neutraler Raum“ innerhalb der Gesellschaft seien, ist alles, was hier passiert politisch: Mitschüler:innen werden innerhalb einer Woche zu Hause abgeholt und abgeschoben. Mädchen wird abgesprochen, dass sie gut in Physik oder Informatik sein können. Die Schule missachtet unsere sexuelle Identität und nutzt unsere Deadnames. Das Tragen von Kufiyas wird verboten. Mitschüler:innen droppen Nazisprüche oder das N-Wort. Auf unsere Depressionen, Angststörungen oder neurodivergenten Bedürfnisse wird keine Rücksicht genommen. Diese ganzen Diskriminierungserfahrungen tragen dazu bei, dass wir nicht richtig lernen können oder sogar von der Teilhabe am schulischen Alltag ausgeschlossen werden. Häufig bleiben unsere Hilferufe ungehört und es gibt neben ein paar Pseudo-Vertrauenslehrer:innen kaum jemanden, an den wir uns wenden können. Wenn uns dieser traurige Normalzustand ankotzt, wird es also Zeit, dass wir selber aktiv werden.

Wir fordern deshalb die Bildung einer Beschwerdestelle gegen Diskriminierung an jeder Schule. Diese muss unabhängig von der Schulleitung sein und gemeinsam von wähl- und abwählbaren Schüler:innen und Lehrkräften kontrolliert werden. Dafür brauchen wir an jeder Schule eine Art Antidiskriminierungs-Awarenessteam, das jederzeit ansprechbar ist und in dem auch von Diskriminierung betroffene Menschen selbst dabei sind. Es muss möglich sein, dort auch anonym eine Beschwerde über diskriminierendes Verhalten an der Schule einzureichen. Bei Appellen an die Schulleitung darf es nicht bleiben, sondern die Antidiskriminierungsstelle braucht auch eigene Befugnisse, um auch selbst gegen die Diskriminierung aktiv werden zu können. Die Antidiskriminierungsstelle ist also keine „Schule-ohne-Rassismus-AG“, sondern ein Organ der kollektiven Selbstverwaltung, das die autoritäre Herrschaftspraxis von Regierung und Schulleitung aktiv in Frage stellt. Um das zu erreichen, müssen wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, die wir an der Schule haben. Bewerbt ein erstes offenes Treffen, an dem ihr euch über Vorfälle in der Vergangenheit austauscht und diskutiert, wie die Antidiskriminierungsstelle genau aussehen soll. Stellt Anträge an die Schüler:innenvertretung (SV) und beruft eine Vollversammlung ein, das steht euch laut Schulrecht zu. Denkt auch darüber nach, Plakate in der Schule aufzuhängen und eine Kundgebung oder Kreativaktion zu starten, um auf euer Projekt aufmerksam zu machen. Wenn ihr genügend Mitschüler:innen hinter eurem Ziel gesammelt habt, kann das Thema Diskriminierung nicht mehr länger ignoriert werden. Kontaktiert uns, wenn ihr Unterstützung dabei braucht!

Dabei muss jedoch auch klar sein, dass eine solche Antidiskriminierungsstelle nicht ausreicht, um den Rassismus in der Gesellschaft und der Schule alleine zu bekämpfen. Diese Forderung muss eingebettet sein in ein Aktionsprogramm gegen die AfD, welches zum einen Antirassismus stark macht, zum anderen aber auch soziale Forderungen aufwirft, welche die Ursachen des aktuellen Rechtsrucks adressieren. Wir fordern deshalb:

  • Keine Abschiebungen aus unseren Schulen! Außerdem gut ausfinanzierte Inklusion statt rassistische Segregation in „Willkommens“-klassen!
  • Diskriminierungssensible Themen gehören in den Lehrplan: Ob nicht-heteronormative Beziehungsmodelle, Religionsfreiheit oder Kolonialismus! Für demokratische Kontrolle über einen diskriminierungssensiblen Lehrplan durch Schüler:innen und Lehrer:innen!
  • 100 Milliarden in Bildung und Soziales, statt für die Bundeswehr! Wir brauchen kleinere Klassen, mehr Personal gegen den Lehrer:innenmangel und renovierte Schulgebäude!

Jugend gegen Abschiebungen! Lasst uns einen bundesweiten Schulstreik gegen die AfD organisieren

Als Jugendliche müssen wir auf den Massenprotesten gegen die AfD präsent sein. Aber wir müssen dort auch deutlich machen, dass wir zwar klar die AfD ablehnen, jedoch auch die Ampelkoalition und ihre rassistische Abschiebungspolitik. Die perversen „Remigrations“-Pläne der AfD stellen eine Gefahr dar, doch gefährlich ist bereits unser rassistischer Alltag, in dem täglich Menschen abgeschoben oder auf der Straße bepöbelt oder angegriffen werden. Die AfD hetzt, aber die Ampel macht die passenden Gesetze dazu. Mit ihrer Zustimmung zur GEAS-Reform der Festung Europa haben die Grünen, die SPD und die FDP dafür gesorgt, dass das Asylrecht in der EU faktisch abgeschafft wird. Eine Forderung, wie sie die AfD schon lange aufgeworfen hat. So sollen Geflüchtete künftig an den europäischen Außengrenzen besser abgefangen und in Gefängnissen außerhalb der EU untergebracht werden. Ferner wird die Liste vermeintlich „sicherer Herkunftsstaaten“ erweitert, sodass das Ziel des Bundeskanzlers Olaf Scholz „Wir müssen endlich im großen Stil abschieben“ (2023) schnell eine schreckliche Realität werden wird. Und das ist sie schon heute, denn die Zahl der Abschiebungen aus Deutschland hat sich im Jahr 2023 verdoppelt. Die rassistische Abschiebepolitik der Bundesregierung ist umso zynischer, wenn man sich vor Augen führt, dass Deutschland sowie andere EU-Staaten daran schuld sind, dass Millionen Menschen fliehen müssen: durch Kolonialismus, Ausbeutung, Militärinterventionen, die Unterstützung von Diktatoren, Waffenexporte und Umweltzerstörung.

Wir können nicht zulassen, dass vielen Jugendlichen das Recht zur Schule zu gehen verwehrt wird oder sie aus unseren Klassen abgeschoben werden. Zehntausende Jugendliche in Deutschland haben keine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis, sondern sind lediglich „geduldet“. Duldung heißt „vorübergehende Aussetzung der Abschiebung“. Und wer soll sich eigentlich auf Mathe konzentrieren, wenn total unklar ist, ob die Duldung nächste Woche noch verlängert wird? Gemeinsam mit euch wollen wir deshalb einen bundesweiten Schulstreik gegen Abschiebungen und AfD organisieren. Die Schule bestreiken bedeutet, den Unterricht zu boykottieren und stattdessen gemeinsam für ein politisches Ziel auf die Straße zu gehen. Ein Schulstreik legt zwar nicht wie andere Streiks die Produktion oder das öffentliche Leben lahm, aber er ist ein Akt des politischen Massenprotests und stört den „normalen“ Schulbetrieb. Und das ist auch wichtig und richtig, denn dieser Alltag aus Diskriminierung, kaputtgespartem Schulsystem und Abschiebungen ist nicht normal! Ein Schulstreik gibt uns eine Stimme, indem wir uns klar und deutlich gegen Abschiebungen und AfD positionieren, ohne viel Angst haben zu müssen, von der Schule zu fliegen. Es gibt zwar kein Recht auf Schulstreik, aber er ist auch nicht konkret verboten. Und so haben schon viele große Schulstreiks in der Vergangenheit, ob 2008 gegen die Bildungskürzungen, ob 2016 gegen Rassismus, oder ab 2019 in Fridays for Future gezeigt, dass wir durch unsere Streiks etwas erreichen können.

Klickt hier, um in unsere Telegram Gruppe zu kommen und werdet Teil der bundesweiten Vernetzung für einen antirassistischen bundesweiten Schulstreik!

Wir fordern alle Einzelpersonen, Organisationen, Bündnisse und Gewerkschaften, die die AfD und die Abschiebungspolitik der Ampel ablehnen dazu auf, sich daran zu beteiligen.

Wenn wir genug Leute sind, werden wir eine Aktionskonferenz einberufen, um dort die nächsten Schritte für den Schulstreik zu planen. Bis dahin: organisiert Aktionstreffen, stellt Anträge an die SV, beruft Vollversammlungen ein und schweigt nicht zu Rassismus und Abschiebungen an unseren Schulen!




AfD zerschlagen statt verbieten!

von Flo Rojo, REVOLUTION-Zeitung Januar 2024

Mehr als eine Viertelmillionen Menschen waren am 21.01.24 gegen die AfD auf der Straße und haben lautstark deutlich gemacht, was sie von Rassismus, Queerfeindlichkeit, Sexismus, Neoliberalismus und Antisemitismus halten! Dass diese Massenproteste plötzlich entflammt sind, ist kein Wunder, denn die AfD ist auf dem Vormarsch. Von radikaler Linke, Regierungs- und Oppositionsparteien bis hin zu verschiedensten bürgerlichen Akteuren steigt die Angst, dass die Rechtspopulist:innen in den anstehenden Landtagswahlen im Osten, bei der Europawahl und auch bei der Bundestagswahl nächstes Jahr Wahlgewinne erzielen werden. Migrant:innen, queere Menschen und Linke fürchten die Repressionen, die sich aus einer Regierungsbeteiligung oder starken Opposition der AfD ergeben könnten. Aus diesem Klima von Angst und Unsicherheit erwächst nun eine Forderung, die schnell an Popularität gewonnen hat: Das Parteiverbot der AfD. Doch wie sollten radikale Linke zu einem Parteiverbot stehen und kann ein solches die Rechten auf ihrem Vormarsch stoppen? In dem Artikel wollen wir darauf eingehen und eine Antwort liefern, wie ein wirklicher Kampf gegen die Rechtspopulist:innen aussehen sollte.

Kann man die AfD überhaupt verbieten?

Die Antwort darauf ist: theoretisch schon, auch wenn unklar ist, ob das Programm der AfD nicht zu schwammig formuliert ist, um ihr Verfassungsfeindlichkeit juristisch nachzuweisen. Dafür müssten die Bundesregierung, Teile des Bundesrats oder Bundestags erst einmal Klage beim Bundesverfassungsgericht einreichen. Wenn dieses entscheidet, dass die Partei gegen die „freiheitlich-demokratische Grundordnung“ agiert und somit verfassungsfeindlich ist, kann diese verboten werden. In der Geschichte der BRD wurden bis jetzt zwei Parteien verboten: die Nachfolgepartei der NSDAP (SRP) und auf derselben rechtlichen Grundlage kurz darauf auch die stalinistische KPD.

Die Geschichte hat uns somit einmal mehr vor Augen geführt, warum Kommunist:innen nicht für Parteiverbote eintreten sollten: Denn jede Ausweitung seines rechtlichen Handlungsspielraums zur Repression bietet dem Staat die Möglichkeit, gegen Linke vorzugehen. Hintergrund dessen ist das verquere Bild, es existiere eine „demokratische politische Mitte“, die von den extremistischen Rändern von rechts und links gleichermaßen bedroht werde und gegen die sich die Demokratie, beispielsweise mit Parteiverboten, verteidigen müsse. Damit wird zum einen Rechts und Links gleichgesetzt, so als ob es keinen Unterschied mache, ob Menschen Geflüchtetenunterkünfte in Brand setzen oder davor stehen, um eben das zu verhindern. Zum anderen verschleiert die Idee vom Hufeisen mit den extremistischen Rändern, dass rechte Ideen in eben jener „demokratischen Mitte“ produziert werden und allgemeine demokratische Rechte hingegen eine Errungenschaft linker Kämpfe ist.

Ein oft angeführtes Beispiel, um auch den möglichen Erfolg eines solchen Verfahrens zu untermauern, sind die Parteiverbotsverfahren gegen die NPD (heute: Die Heimat). Am Ende des zähen und jahrelangen Verfahrens kam das Bundesverfassungsgericht zu dem Entschluss, dass ein Verbot wegen der fehlenden Relevanz der NPD nicht umgesetzt werden muss. Die AfD unterscheidet sich natürlich in mehreren Punkten von der NPD. Entgegen der offen faschistischen NPD versucht die AfD rechtsextreme Positionen nicht durch faschistische Milizen auf der Straße, sondern durch den bürgerlich-demokratischen Staat zu drücken. Wie das praktisch aussehen kann, sieht man z.B. in der Meloni-Regierung in Italien. Darüber hinaus stellt die AfD durch ihren Einfluss und Größe ein viel größere Gefahr dar als die Nazi-Kleinpartei.

Doch was würde ein Verbot bringen?

Was viele Befürworter:innen des AfD-Verbots anführen, sind die Vorteile, die ein solches Parteiverbot mit sich bringen würde. Allen voran der Wegfall der Finanzierung, Vermögen und Räume, die sonst weiterhin extreme Rechte nutzen können. Darüber hinaus würden die Strukturen der Rechten angegriffen und auch die Teilnahme an Wahlen vorerst (!) erschwert werden. Doch obwohl wir uns dann erstmal nicht mehr das hässliche Blau der AfD ansehen müssten, hat das Ganze für uns mehr Nachteile als Vorteile.

Denn so ein Verfahren würde ziemlich sicher nicht in ein paar Tagen abgeschlossen werden, denn auch wenn das Verbot dieser Partei die Teilnahme an Wahlen verhindern würde, bis zu den Landtagswahlen im Osten und auch bei der Europawahl wird das Ganze nicht umgesetzt werden. Darüber hinaus werden die Hunderttausenden, die aktuell auf den Straßen sind, dadurch in eine passive Haltung gebracht, denn es erscheint so, als sei der einzige Weg, der AfD Einhalt zu gebieten, in den bürgerlichen Staat und seine Gerichte zu vertrauen. Doch spätestens seit den staatlichen Verstrickungen in die rassistischen Morde des NSU oder der faktischen Abschaffung des Rechts auf Asyl durch die aktuelle Bundesregierung wissen wir, dass der bürgerliche Staat keinen Verbündeten im Kampf gegen Rechts darstellen kann. Im Kapitalismus ist der Zweck des Staates die Absicherung der bürgerlichen Eigentumsverhältnisse. Wie rechtspopulistisch oder wie faschistisch die Politik dieses bürgerlichen Staates in der konkreten historischen Situation ausfällt, hängt letztlich von diesem Zweck ab, nämlich der Absicherung der bürgerlichen Eigentumsverhältnisse. So kann derselbe Staat, der heute noch „vielfältig“, „demokratisch“ und „solidarisch“ sein will, in einer revolutionären Situation, in der die organisierte Arbeiter_Innenklasse diese Eigentumsordnung bedroht, seine faschistische Fratze offenbaren.

Der Kampf gegen die AfD kann also nicht mit Staat und Kapital, sondern nur gegen diese erfolgreich sein. So ist die AfD nicht Ursache des gesamtgesellschaftlichen Rechtsrucks, sondern ein Produkt dessen. Somit ist also auch nicht der Rechtsruck weg, nur weil die AfD potenziell von der Bildfläche verschwinden könnte. Die Ursachen des Rechtsrucks liegen vielmehr in den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise 2007/2008, der Niederlage linker internationaler Massenbewegungen, der Passivität der Gewerkschaften angesichts der sozialen Angriffe und den gesellschaftlichen Abstiegsängsten der kleineren Kapitalfraktionen und des Kleinbürgertums. Der Rechtsruck lässt sich also nicht verbieten, er lässt sich samt seinen materiellen Ursachen nur mithilfe einer organisierten antikapitalistischen Perspektive überwinden.

Wer fordert das Verbot eigentlich und warum?

Nach Offenbarung des Geheimtreffens in Potsdam bildeten sich Bündnisse von Jusos, Grüner Jugend, Gewerkschaften bis hin zu zahlreichen NGOs, um unter Mottos wie „Demokratie stärken“ Demonstrationen und Kundgebungen zu organisieren. Wie schon an dieser Forderung zu sehen ist, verharren diese in einem recht bürgerlichen Rahmen und greifen die AfD schlichtweg als undemokratische Kraft an. Diese Darstellung nutzen die anderen bürgerlichen Parteien, um sich als die „Besseren“ oder die „wahren Demokrat:innen“ zu profilieren, während erst am letzten Donnerstag das Asylgesetz durch die Bundesregierung verschärft wurde. Die AfD konnte nur stark werden, in einem politischen Klima, in dem eine Ampelkoalition und vorherige Bundesregierungen Rassismus verbreiten, Geflüchtete entmenschlicht und migrantische Kämpfe (wie zB. die palästinensische Solidaritätsbewegung) kriminalisieren. Während sich Grüne, SPD, FDP und Teile der CDU am Rassismus der AfD abarbeiten, haben sie, wo immer sie in der Regierungsverantwortung standen, Forderungen der AfD umgesetzt. Der bürgerliche Staat kann den Rechtsruck in der Gesellschaft selbst nicht aufhalten, sondern ist Teil seiner Grundlagen. Genauso wie der tagtägliche Schrecken, welcher der bürgerliche Staat mit sich bringt, ob Abschiebung, Polizeigewalt, Ausbeutung am Arbeitsplatz oder Unterdrückung verschiedener gesellschaftlicher Gruppen.

Doch was braucht es dann?

Zusammengefasst liegt der Erfolg der AfD nicht an der Partei selbst, sondern ist nur ein Symptom der gesellschaftlichen Entwicklung nach rechts, welche ihren Ursprung in der Krise und der Schwäche der politischen Linken hat. Ihre soziale Basis hat die AfD im krisengeschüttelten und von Abstiegsängsten bedrohten Kleinbürgertum und auf den binnenmarktorientierten kleineren Teilen des Kapitals. Doch auch unter prekarisierten Arbeiter:innen bekommt die Partei Zulauf. Nach der Pandemie und der damit einhergehenden Wirtschaftskrise ebenso wie der Inflation nach dem Ausbruch des Ukraine-Krieges sind viele Teile der Gesellschaft ärmer geworden. Wir sehen eine Welt in Trümmern sowie Lohn- und Jobverlust bei großen Teilen den arbeitenden Bevölkerung, während die Linkspartei es nicht auf die Reihe bekommt, ein ordentliches Programm gegen Krieg und Krise aufzustellen. Durch fehlende Angebote der Linken wenden sich dann die verunsicherten Kleinbürger:innen und Arbeiter:innen bei der Suche nach der Ursache des Problems den Rechten zu, die ein utopisches „Zurück“ zur Vergangenheit versprechen. Doch diese ganze Ordnung, die den Rechtsruck erst hervorgebracht hat, wird tagtäglich aufrechterhalten durch eben den bürgerlichen Staat, welcher jetzt angebettelt wird, die Probleme, die er selbst schafft, zu bekämpfen.

Doch nur, weil eine illusorische Forderung wie das AfD-Verbot die aktuellen Massenproteste dominiert, heißt das auf gar keinen Fall, dass wir ihnen den Rücken zukehren. Vielmehr müssen wir dort in voller Stärker am Start sein und die Perspektive einer Arbeiter:inneneinheitsfront im Kampf gegen die AfD aufwerfen. Als Jugendorganisation müssen wir uns den Rechten schließlich in den Weg stellen, wo immer sie auftauchen. Doch allein durch Blockadeversuche und große Demos werden wir sie noch nicht aufhalten können. Wir müssen den Kampf gegen Rassismus auch mit sozialen Forderungen, wie höheren Mindestlöhnen für alle oder bezahlbarem Wohnraum verknüpfen, um auch die materiellen Ursachen des Rechtsrucks anzugreifen. Gleichzeitig darf Antirassismus kein Lippenbekenntnis sein, sondern benötigt Organe des Selbstschutzes von Betroffenen und Unterstützer:innen. Die einzige Kraft, die dem Rechtsruck durch ihre besondere Stellung im kapitalistischen Produktionsprozess die Grundlage entziehen kann, ist die organisierte Arbeiter:innenklasse. Obwohl bereits in vielen Anti-AfD-Bündnissen Gewerkschaften dabei sind, dürfen diese es nicht beim symbolischen Unterzeichnen des Demoaufrufs belassen. Vielmehr müssen die Gewerkschaften ihre Basis aktiv zu den Protesten mobilisieren und zum Streik gegen die sozialen Angriffe aufrufen. Doch die bewusstesten Teile der Arbeiter:innenklasse organisieren sich nicht nur in Gewerkschaften, sondern auch in der Linkspartei und linken SPD-Gliederungen. Diese müssen wir zur gemeinsamen Aktion mit Migrant:innenorganisationen und der radikalen Linken gegen AfD, Asylrechtsverschärfungen und Sparpläne auffordern. In der gemeinsamen Aktion gilt es sie von einer revolutionären Perspektive zu überzeugen und mit ihrem reformistischen Bewusstsein zu brechen. Was es letztlich braucht ist ein revolutionäres Programm der Jugend und Arbeiter:innenklasse, welches eine echte Perspektive gegen den Rechtsruck und somit der Krise bietet.

Wir fordern:

  • Unabhängige Antidiskriminierungsstellen an Schulen, Unis und Betrieben!
  • Offene Grenzen und Staatsbürger:innenrechte für alle!
  • Massive Lohnerhöhung und automatischer Inflationsausgleich in Form einer gleitenden Lohnskala!
  • Investitionen in Bildung, Gesundheit und Soziales finanziert durch die Gewinne der Reichen, die aktuell noch einmal so richtig Profit aus der Krise schlagen!
  • Für demokratisch aufgebaute antirassistische Selbstschutzkomitees!
  • Kampf der AfD heißt Kampf dem Kapital! Für ein revolutionäres Programm der Jugend und Arbeiter:innenklasse!



Gegen den Komplott aus AfD, Neonazis und Kapital!

von Sani Meier, REVOLUTION-Zeitung Januar 2024

Die CORRECTIV-Redaktion veröffentlichte gestern ihre Undercover-Ermittlungen zu einem geheimen Treffen der Neuen Rechten im November bei Potsdam. Mit dabei waren hochrangige AfDler:innen, Neonazis der Identitären Bewegung, CDU-Politikerinnen und superreiche Unternehmer. Gemeinsam wurde am „Masterplan“ gearbeitet unter anderem mit dem Ziel: Die Ausweisung mehrerer Millionen migrantisierter Menschen aus Deutschland, egal ob mit deutschem Pass oder ohne.

Eigentlich sollte keine:r von dem Treffen erfahren, die Organisatoren nutzten zur Kommunikation nur Briefe – niemandem sollte man etwas nachweisen können. Doch die Reporter:innen von CORRECTIV wurden informiert und konnten verdeckt vor Ort recherchieren: Gemeinsam mit führenden Köpfen der Identitären Bewegung wie Martin Sellner und der rechten Hand von AfD-Vorsitzender Alice Weidel trafen sich Politiker:innen der CDU mit reichen Konzernbossen und Juristen, die bereit sind, eine neue rechte Bewegung in Deutschland zu finanzieren. 5 Tausend Euro mussten im Voraus gespendet werden, um teilnehmen zu dürfen. Das Ziel: Vor der nächsten Wahl soll bewusst durch Flugblätter und Werbung Misstrauen gegenüber den Wahlen und öffentlich-rechtlichen Medien erzeugt werden. Gleichzeitig wollen sie hohe Summen in den Aufbau rechter Influencer-Netzwerke stecken, um vor allem junge Menschen für ihre rassistischen Ziele zu gewinnen.

Das alles soll dem sogenannten „Masterplan“ von Martin Sellner dienen: Menschen nicht-deutscher Herkunft sollen trotz deutschem Pass aus Deutschland ausgewiesen werden und gemeinsam mit allen, die Flüchtlingen helfen, auf eine „afrikanische Insel“ umgesiedelt werden. Ähnliches planten die Nazis bereits 1940, als sie vier Millionen Jüdinnen & Juden nach Madagaskar deportieren wollten. Die AfD-Bundestagsabgeordnete Gerrit Huy beteuert, sie träume davon schon lange. Deshalb sei die AfD auch nicht mehr gegen die doppelte Staatsbürger:innenschaft: „Denn dann kann man die deutsche wieder wegnehmen, sie haben immer noch eine.“ Menschen mit Migrationsgeschichte sollen also bewusst hinters Licht geführt werden, um sie später von Wahlen auszuschließen und abzuschieben. Ulrich Siegmund, AfD-Fraktionsvorsitzende in Sachsen-Anhalt ergänzt, man wolle das Straßenbild ändern, ausländische Restaurants unter Druck setzen und Sachsen-Anhalt „für dieses Klientel“ möglichst unattraktiv zum Leben machen. Was hier passiert, ist die geplante Vertreibung von Millionen von Menschen, juristisch vorbereitet und finanziert durch das Kapital und gewaltbereiten Neonazis.

All das ist kein verschwörerisches Treffen ungefährlicher rechter Spinner, sondern eine reale Bedrohung: Laut aktuellen Umfragen wäre die AfD in mehreren deutschen Bundesländern aktuell stärkste Kraft. Was hier von Neonazis der Identitären Bewegung ausgearbeitet wurde, wird durch die anwesenden AfDler:innen in die Partei getragen und politische Realität – die Vorbereitungen darauf laufen schon jetzt. Im Hintergrund werden hohe Summen Geld locker gemacht und Netzwerke ausgebaut. Als möglicher Verbündeter wird wohl der ehemalige Chef des Verfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen gehandelt, über dessen Parteigründung schon länger spekuliert wird. Über die sozialen Medien sollen bewusst junge Menschen geködert werden. Bereits jetzt berichten Schüler:innen in Berlin von Neonazis, die vor ihren Schulen Flyer verteilen.
Es ist also allerhöchste Zeit, uns zu organisieren und den Aufstieg rechter Bewegungen zu verhindern!

Spätestens seit dem NSU, NSU 2.0 & den rassistischen und antisemitischen Anschlägen von Hanau & Halle ist klar, dass uns der Staat nicht vor rechter Gewalt schützen kann. Auf Polizei & Verfassungsschutz ist kein Verlass, denn sie sind selbst durchsetzt von Rechten und setzen rassistische Kontrollen und Abschiebungen durch. Es ist unsere Aufgabe uns als Schüler:innen, Studierende, Arbeitende und Unterdrückte dieses Systems zusammenzuschließen und Neonazis den Kampf anzusagen. Das bedeutet sowohl, ihre Demonstrationen zu blockieren und ihre Veranstaltungen zu stören, als auch an Schulen, Unis und Betrieben Komitees zu bilden. In diesen können wir Besuche von Rechten an den Schulen melden, uns vernetzen, Aktionen dagegen planen & für unsere Sicherheit sorgen. Gleichzeitig muss unsere Bewegung die realen sozialen Probleme & Fragen der Menschen beantworten. Rassismus & weitere Unterdrückungen haben ihre Wurzel im kapitalistischen System, welches durch unsere Spaltung weiter Profit macht. Deshalb brauche wir ein revolutionär-antikapitalistisches Programm, das für die sozialen Interessen der Lohnabhängigen, Krisengebeutelten und Unterdrückten kämpft, um den Aufstieg der AfD aufhalten zu können.

Für die Zerschlagung des Verfassungsschutz und die Entwaffnung der Polizei- Wir brauchen stattdessen antifaschistischen Selbstschutz durch Arbeiter:innenmilizen!

Für den Aufbau einer antifaschistischen Einheitsfront aus allen linken Organisationen und Organisationen der Arbeiter_Innenklasse!




Gegen Rechtsruck & die Krise: Kampf dem Kapital lautet die Devise!

von Flo Rojo, Dezember 2023

Nach den Wahlerfolgen für die AfD in Sonneberg und Raguhn-Jeßnitz ist es nun auch in Pirna dazu gekommen: Der von der AfD unterstütze Kandidat Tim Lochner entschied gestern die Wahl zum Oberbürgermeister für sich. Er ist zwar überhaupt nicht in der AfD und nach seinem Austritt aus dem rechten Flügel der CDU parteilos, fiel jedoch mit seiner rechten Kritik an der Geflüchtetenpolitik der Bundesregierung auf. Außerdem verbreitete er in der Vergangenheit die Verschwörungstheorie des Bevölkerungsaustauschs.

Aber nicht nur in Kommunalämtern gewinnt die AfD an Zuwachs. Alle Umfragen, ob bei Landes- oder Bundestagswahlen, verorten die AfD bei über 20 teilweise sogar 30 Prozent. Und im nächsten Jahr werden uns nicht nur die Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen, sondern ebenfalls die Europawahl erwarten.

Dabei laufen aktuell alle Parteien nach rechts, sodass sogar Olaf Scholz von der SPD schon das AfD-Wahlprogramm auf der Titelseite vom Spiegel propagierte und mehr Abschiebungen forderte.

Doch dieser immer weiter voranschreitende Rechtsruck hat seinen Ursprung in der dem Kapitalismus eingeschriebenen Krise, welche wir aktuell an der Inflation und der Verschlechterung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse am eigenen Leib spüren können. Parteien wie die CDU, die Grünen, die SPD und auch die Linkspartei sind nicht in der Lage, die richtigen Antworten darauf zu finden. Daher wenden sich immer mehr Wähler:innen der AfD zu, da diese es durch ihren Rechtspopulismus schaffen, den Schein von richtigen Antworten auf die Krise zu geben und einen Sündenbock für die Misere der Bevölkerung, laut der AfD die Geflüchteten, benennen können. Deswegen heißt Kampf dem Rechtsruck auch Kampf der Krise und letztendlich die Überwindung des kapitalistischen ausbeuterischen Systems!

Es gilt sich dem daraus folgenden immensen Anstieg von Rassismus, welcher sich unter anderem in massenhaften Abschiebungen ausdrückt, konsequent entgegenzustellen.

Wir fordern:

  • offene Grenzen und Staatsbürger:innenrechte für alle!
  • unabhängige Antidiskriminierungsstellen an Schulen, Unis und Betrieben!
  • Massive Lohnerhöhung & automatischer Inflationsausgleich in Form einer gleitende Lohnskala
  • Investitionen in Bildung, Gesundheit und Soziales, finanziert durch die Gewinne der Reichen, die aktuell noch einmal so richtig Profit aus der Krise schlagen!
  • Kampf der AfD heißt Kampf dem Kapital! Für ein revolutionäres Programm der Jugend und der Arbeiter:innenklasse!



Der Höhenflug der AfD

Von Vladlen Uljanow, Oktober 2023, Revolution Zeitung September 2023

Erstmals besetzt ein Politiker der AfD das Amt des Landrats in Thüringen, in Sachsen-Anhalt stellt sie einen Oberbürgermeister und auch in den Wahlprognosen nimmt die AfD wieder ordentlich Schwung auf. Betrachten wir die Entwicklung der AfD in den letzten Wochen und Monaten so scheint es erschreckend. Doch woran liegt das?

Der Kapitalismus, die bürgerliche Demokratie sowie die politische Linke stecken in einer tiefen Krise und die AfD weiß es, sich diese Faktoren zu eigen zu machen und darauf rechtspopulistische Antworten zu liefern. Diese stellen aber nicht eine Lösung für die Probleme dar, verschärfen sie viel mehr. Doch sie können den Unmut für ihre eigene Agenda umlenken und für Wahlstimmen und Proteste mobilisieren. Damit treiben sie die gesamte politische Landschaft nach rechts und werden dabei selbst immer rechter! Dagegen brauchen wir standfesten linken Widerstand!
Doch der Reihe nach: Was ist eigentlich gerade die Situation?

Die ökonomische Krise:

Schon die Pandemie hat die noch immer anhaltenden Auswirkungen der Finanzkrise von 2008 weiter verschärft. Doch spätestens die Inflation, die sich vor allem für die Lohnabhängigen und ärmere Zwischenklassen wie kleine Ladenbesitzer_Innen oder selbstständige Handwerker_Innen stark bemerkbar machen, führen zu der Angst, den aktuellen Lebensstandard nicht mehr halten zu können. Steigende Kreditunsicherheit erhöht das Risiko von Verarmung, Verschuldung und Insolvenz und auch die gestiegenen Energiepreise lösen bei einem großen Teil der Bevölkerung die reale Angst vor sozialem Abstieg aus, welche das Vertrauen in eine rosige Zukunft weiter schrumpfen lässt. Zeitgleich dazu stagnieren die Löhne und damit haben Lohnabhängige effektiv weniger Geld. Wenn es mal zu irgendwelchen Unterstützungen seitens des Staates kommt, werden vorrangig die Unternehmen gerettet. Die Suche nach Lösungen in Form eines politischen Richtungswechsels wachsen also immer weiter.

Die Krise der parlamentarischen Demokratie:

Unabhängig vom finanziellen Aspekt, sinkt auch das Vertrauen in die parlamentarische Demokratie immer weiter. Durch die neoliberale Ideologie der kapitalistischen „Alternativlosigkeit“, die dazu führt, dass in der Regierung alle Parteien mehr oder weniger die gleiche Politik fahren, fällt es schwer, noch Hoffnung in eine Veränderung zu stecken.

Es findet auch gerade im Zuge der Krisen eine starke politische Verrohung statt. Der Hass auf Arme, Migrant_Innen sowie queere Menschen trifft auf immer mehr Anklang vor Allem bei denen, die Angst vor sozialem Abstieg haben. Auf diese Gruppen werden die Abstiegsängste projiziert und sie werden als Nutzlose, Schmarotzer oder Bedrohung beschimpft. Diese Sichtweise hat zwar eine reale Grundlage in dem ungerechten System des Kapitalismus‘, aber die Lesart wird trotzdem bewusst geschürt von der alltäglichen Propaganda, bei der alle bürgerlichen Parteien auf ihre Art und Weise mitmachen.

Krise der Linken

Die dritte Krise ist die Krise der Linken, vor allem aber des Linksreformismus‘. Dieser hat es verpasst, Antworten auf diese verschiedenen Krisen zu geben und sich als wirkliche und wirksame Opposition zu zeigen, anstatt sich an die bürgerlichen und konservativen Parteien anzubiedern oder sich in Schweigen zu hüllen. Das befeuert den Höhenflug der AfD noch weiter, da sie sich als einzige Alternative darstellen können und mit ihrem populistischen Gerede durchkommen.

Es braucht revolutionäre Antworten auf diese verschiedenen Krisen, die den Klassenwiderspruch, also den Widerspruch zwischen Lohnarbeit und Kapital aufdecken und die herrschende Klasse für diese verschiedenen Krisen verantwortlich macht, anstatt einer Politik, die den Arbeiter*innen nur minimale Verbesserungen innerhalb des Kapitalismus‘ verspricht und es nicht mal schafft, diese in Regierungsverantwortung umzusetzen. Hierdurch versinkt die gesellschaftliche Linke momentan in Ziellosigkeit und Verwirrung und kommt nicht in die Position, Siege zu erringen.

Wie nutzt die AfD diese Situation aus?

Die AfD hingegen bespielt sehr erfolgreich die Rolle der Opposition. Sie lehnen vermeintlich alles ab, wofür die anderen Parteien stehen, und hat es im Zuge dessen auch in gewisser Weise geschafft, einen Anti-Establishment-Kurs populär zu machen, der sich aber nicht gegen die herrschende Klasse richtet, sondern gegen die herrschende Politik wettert und auf eine „falsche Repräsentanz“ pocht, also gewissermaßen nur Establishment austauschen will. Die AfD verfolgt hier die Strategie der Neuen Rechten: Um aus der Isolation zu kommen, werden Begriffe verbreitet und Themen besetzt, um die Gesellschaft und die politische Landschaft nach rechts zu treiben. Gleichzeitig will man sich als nur etwas aufmüpfigen Teil der bürgerlichen Politik darstellen. Hier ähnelt die AfD all den anderen rechtspopulistischen Parteien in Europa, die schon seit Jahren immer wieder in Regierungen gelangen. Man sieht dort, was uns bald blühen könnte: Angriffe auf das Sozialsystem, Entrechtung von Minderheiten und Linken, autoritäre Law-And-Order-Politik.

Doch was können wir tun?

Der wichtigste Schritt ist es, klassenbewussten Widerstand aufzubauen, der also zum einen im Gegensatz zur AfD wirklich für die Interessen aller Arbeiter_Innen kämpft und nicht die verschiedenen Gruppen gegeneinander ausspielt, um am Ende eigentlich Politik für die herrschende Klasse zu machen. Zum anderen muss der Widerstand entschlossen und geeint gegen die Bedrohung von rechts stehen!

Im letzten Jahr sind während der Tarifrunden mehrere Tausend Menschen den Gewerkschaften beigetreten und haben sich aktiv am Kampf für faire Löhne und bessere Bedingungen eingesetzt. Es bilden sich neue, kampfbereite Teile der Klasse aus, denen zwar die Gewerkschaftsbürokratie unter Druck der Kapitalist_Innenklasse Steine in den Weg legt und dementsprechend wieder frustriert wurden. Aber auch eine Radikalisierung in Teilen der sozialen Bewegungen wie der Umweltbewegung lässt sich erkennen.

Nur weil bürgerliche Parteien wie die LINKE es nicht schaffen, die Dynamik aufzugreifen, heißt das noch lange nicht, der Kampf gegen die AfD sei verloren.

Um die reaktionäre Politik der AfD zu bekämpfen, müssen wir eine Antwort auf die realen sozialen Probleme bieten. Nur eine Bewegung, die kompromisslos und damit revolutionär-antikapitalistisch für die sozialen Interessen der Lohnabhängigen, Krisengebeutelten und Unterdrückten kämpft, kann den Aufstieg der AfD nicht nur zeitweise ausbremsen. Im Hinblick auf die weitere Zuspitzung weltumspannender Krisen und drohender Kriege zeigt sich die Bedeutung einer internationalen und solidarischen Organisierung. Diese Diskussion müssen wir einerseits mit den Gewerkschafter_Innen und sozialen Bewegungen führen, um diese davon zu überzeugen, dass wir mit den Mitteln des Klassenkampfes gegen die Angriffe der Regierung, des Kapitals und der Rechten angehen sollten. Andererseits geht es darum, eine strategische Diskussion, um eine revolutionäre politische und programmatische Alternative zu führen, um so die Grundlagen für eine revolutionäre Partei und Internationale zu legen.