Arbeitskampf und Klimastreik – One Struggle, One Fight?

Von Stephie Murcatto, April 2023, REVOLUTION-Zeitung April/Mai 2023

Die Klimabewegung ist an einem Wendepunkt angekommen. Die großen Mobilisierungen der Klimabewegung, so wie der Fridays For Future Global Strike, stagnieren seit Corona. Die Partei „die Grünen“ hat sich lange als Verbündete der Proteste präsentiert und ist nun an der Regierung dabei, alles zu verraten, wofür die Klimabewegung einsteht. Viele Aktivist_Innen greifen zu verschiedenen neuen Strategien, um den Klimawandel aufzuhalten. Die „Letzte Generation“ verwendet Straßenblockaden mit dem berühmten Festkleben. End Fossil Occupy besetzte Schulen und Unis. Dazu kam jüngst auch die Abbaggerung Lützeraths, die zwar von massiven kämpferischen Protesten begleitet wurde, aber schlussendlich die Abbaggerung des Dorfs, welches für Jahre als Symbol der Klimabewegung gestanden hat, nicht verhindern konnte. Dennoch ist das 1,5 Grad Ziel in weitere Ferne gerückt und die Proteste blieben gesellschaftlich isoliert. So unterschiedlich die Forderungen und Taktiken von FFF, EG, Letzte Generation, XR usw. auch sein mögen, ähnlich sind sie sich in dem Punkt, dass sie den Staat mit Appellen und der Erzeugung medialer Aufmerksamkeit von der Wichtigkeit der Reduktion von CO2 überzeugen möchten. Dass ihre Aktionsformen viele Menschen mobilisieren können, haben sie bewiesen. Jedoch haben sie auch gezeigt, dass sich die politischen Entscheidungsträger_Innen trotz aller tollen Worte nicht durch symbolische Appelle von ihrer klimaschädlichen Politik abbringen lassen. Wir müssen also aus den letzten 3 Jahren Klimaaktivismus die Bilanz ziehen, dass unsere Bewegung neue Aktionsformen braucht, die über Aufforderungen an die Politiker_Innen und symbolische medienwirksame Aktionen hinausgehen. Das geht unserer Meinung nach nicht mit, sondern nur gegen den Staat.

Der Kampf gegen den Klimawandel ist ein Klassenkampf!

Anstatt also die Politik zu bitten, dieses und jenes zu tun, müssen wir unser Schicksal selbst in die Hand nehmen. Das Mittel dafür stellt die Vergesellschaftung dar: Indem wir Energieproduktion, Verkehr oder Landwirtschaft demokratisch organisieren, kontrollieren und planen, entreißen wir sie der egoistischen und widersprüchlichen Marktlogik und können so ein Wirtschaften, orientiert an unseren Bedürfnissen und der Erhaltung des Planeten anstatt an der Vermehrung von Profiten, umsetzen. Durch unsere aktuelle profitbasierte Wirtschaftsweise können sich Reiche viel besser vor den Auswirkungen des Klimawandels schützen, während wir insbesondere in ärmeren Ländern seinen Folgen schutzlos ausgesetzt sind. Wer wie unter der Klimakrise leidet ist eine Klassenfrage, weshalb wir den Kampf dagegen auch als Klassenkampf verstehen müssen. So müssen wir dafür eintreten, dass die Kosten der Klimakrise nicht auf dem Rücken der Arbeiter_Innen und der Jugend ausgetragen werden (z. B. durch Ökosteuern oder Massenentlassungen in umweltschädlichen Industrien). Wir müssen dafür sorgen, dass die Klimafrage und die soziale Frage nicht gegeneinander ausgespielt, sondern miteinander verbunden werden. Das heißt also, neue Jobs in der Gewinnung regenerativer Energien zu schaffen und durch Umschulungen, höhere Löhne und Arbeitszeitverkürzungen gleichzeitig für bessere Arbeit und ein besseres Klima zu kämpfen. Dafür brauchen wir jedoch auch in der Klimabewegung ein Verständnis für die existenziellen Sorgen und Nöte der Beschäftigten und keine abgehobene Ignoranz, wie sie in der Debatte manchmal vorkommt. Sprüche wie „Sucht euch doch einfach nen‘ Job in nem Öko-Startup!“ helfen da wenig weiter und spiegeln vielmehr die privilegierte Position einiger Aktivist_Innen wider. Doch am letzten FFF Global Strike am 03.03.2023 haben in verschiedenen Orten FFF und die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di gemeinsam gestreikt. Dies stellt einen absolut notwendigen Schritt der Klimabewegung in die richtige Richtung dar!

Was macht die Streiks so besonders?

Bevor wir diese Frage beantworten können, müssen wir erstmal klarstellen, inwiefern ein Streik einen Unterschied dazu darstellt, wie FFF vorher ihre Aktionen gestaltet hat. Auf der Straße mag es nämlich gar nicht so anders aussehen, aber in der Realität ist es ein qualitativer Unterschied zu den vorherigen FFF-Demos, wenn die Gewerkschaften ihre Streiks auf den gleichen Tag legen und sich hinter die Forderungen von FFF stellen. Dieser besteht darin, dass, wenn die Gewerkschaften streiken, ein ökonomischer Druck aufgebaut werden kann. Im Extremfall kann durch einen Generalstreik im wahrsten Sinne des Wortes ein komplettes Land lahmgelegt werden. Keine U-Bahnen fahren, keine Autos werden produziert, du kannst dir nicht bei McDonald‘s nen‘ schönen Cheeseburger kaufen, Amazon liefert nicht und keine Güter werden im Hamburger Hafen entladen. Kurzum: Alles, was den Kapitalismus zum Funktionieren bringt, steht still.

In einer solchen Situation muss man auch nicht mehr an die Regierung appellieren, etwas gegen den Klimawandel zu tun. Zum einen steht sie dadurch unter einem wahrhaftigen Druck zu handeln. Zum anderen entsteht durch Streiks das Bewusstsein unter den Beschäftigten, dass sie selbst es sind, weswegen der gesamte Laden überhaupt laufen kann. Revolutionär_Innen müssen ihnen dann im Zuge der Streiks aufzeigen, dass im nächsten Schritt sie selbst es sind, die demokratischer Kontrolle über die Produktionsmittel übernehmen müssen. So weit sind wir jetzt im Fall des gemeinsamen Streiks von FFF und Ver.di noch nicht. Jedoch ist es ein erster wichtiger gemeinsamer Schritt, dass die Gewerkschaft ihren Warnstreiktag auf das Datum des Klimastreiks gelegt hat, dass in vielen Städten gemeinsam protestiert wurde und ein symbolischer Schulterschluss stattgefunden hat.

Aber welchen Schritt machen wir als nächstes?

Allein dieses Minimum an öffentlicher Solidarität hat in den bürgerlichen Medien schon einen Shitstorm gegen die Gewerkschaft ausgelöst. “Das ist ja politischer Streik!“ hier.. und „das ist doch verboten!“ dort. Um einen politischen Streik handelt es sich hier jedoch (leider) keinesfalls, denn ver.di hat lediglich den Termin für ihren Warnstreik für den Tarifkampf im Öffentlichen Dienst (TV-ÖD) auf denselben Termin wie FFF gelegt, jedoch keine ökologischen Forderungen in den Tarifvertrag mit aufgenommen.

Doch tatsächlich hat Deutschland ein extrem rückschrittliches Streikrecht, in dem politische Streiks verboten sind. Damit macht sich Deutschland zu dem Land, mit dem rückschrittlichsten Streikrecht in ganz Europa – gleich scheiße ist nur der Vatikan. Gewerkschaften in Deutschland dürfen Streiks lediglich als letztes Mittel nutzen, um Druck in Tarifverhandlungen auszuüben. Prinzipiell sind politische Streiks aber nicht von der Verfassung verboten. Es gibt lediglich eine Tradition in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, die Streiks ohne Bezug zu laufenden Tarifverhandlungen häufig mit Einschränkungen und Repression belegt. Politische Streiks sind also trotzdem möglich, wenn die Gewerkschaftsbürokratie dazu bereit wäre. Denn eigentlich ist es auch gar nicht wichtig, ob ein politischer Streik oder gar ein Generalstreik im Einklang mit dem geltenden Recht in Deutschland steht. Die großen Generalstreiks in der Geschichte der Arbeiter_Innenbewegung in Deutschland waren es zumindest auch nicht: Ob die Massenstreiks zur Beendigung des Ersten Weltkrieges, oder der Generalstreik, der die Weimarer Republik vor einem faschistischen Putsch 1920 gerettet hat. Was soll auch so ein Stück Papier gegen die geballte Kraft der Arbeiter_Innenklasse ausrichten? Schließlich hat ein Generalstreik mit Millionen Unterstützer_Innen auch eine viel höhere demokratische Legitimität als irgendein von Juristen konstruiertes Urteil. Die Herrschenden sind dadurch gezwungen, auf die Interessen der streikenden Massen einzugehen und können, sollten sie dies nicht tun, durch weitere Aktionen sogar entmachtet werden.

Die Bürokraten in den Gewerkschaften stehen uns im Weg

Dass heute nicht alle Arbeiter_Innen und Gewerkschaftsmitglieder so Feuer und Flamme für politische Streiks fürs Klima und die Vergesellschaftung der Produktionsmittel eintreten, hat viel mit den desillusionierenden Erfahrungen der Gewerkschaftsbewegung in den letzten Jahrzehnten zu tun. So hat die Gewerkschaftsführung mit ihrer Politik der Sozialpartnerschaft (was so viel wie Kooperation zwischen Kapital und Arbeit anstelle von Klassenkampf heißt) für Vertrauensverlust, Trägheit und Passivität unter den Gewerkschaftsmitgliedern gesorgt. Und das, obwohl Umweltschutz seit dem Entstehen der Arbeiter_Innenbewegung eigentlich immer ein zentrales Thema der Gewerkschaften war. Im Zuge der Sozialpartnerschaft haben die Gewerkschaften dann das Umweltthema und viele andere politische Fragen nach und nach im Aktenschrank der Geschichte verstaut und sich von den Unternehmen aus der Sphäre der Politik drängen lassen, sodass sie sich heute nur noch für Tarifverhandlungen zuständig fühlen. In diesem Aktenschrank müsste sich auch ein Schredder befinden, dem die internationale Solidarität zum Opfer gefallen ist. Mit der Sozialpartnerschaft ging nämlich auch die Entfaltung der nationalistischen Orientierung der Gewerkschaften einher, die den Ausbau Deutschlands zur Exportmacht der Solidarität mit Arbeiter_Innen weltweit vorzieht. Doch da der Kampf gegen die Klimakrise global stattfinden muss, brauchen wir internationale Solidarität statt nationalistischer Spaltung.

Die Gewerkschaftsführungen werden sich vermutlich leider nicht so leicht von unseren Argumenten überzeugen lassen. Das liegt daran, dass sie selber viel zu tief in der Scheiße mit drinstecken und ihre eigenen Privilegien verlieren könnten. Es braucht also aktiv Druck aus der Gewerkschaftsbasis gegen die Führung. Beschäftigte, die bei ver.di organisiert sind, müssen in ihren Betrieben Streikkomitees aufbauen, die wähl- und abwählbare Delegierte in die Streikversammlungen entsenden, und selbst die Kontrolle über den Fortgang des Streiks übernehmen, sowie über weitere Maßnahmen entscheiden. Ebenso darf beispielswiese der aktuelle Kampf für Lohnerhöhungen im Nahverkehr nicht bei einem schlechten Kompromiss mit den Bossen stehenbleiben, sondern muss den Ausbau des Streckennetzes, Solidarität mit Streiks in anderen Branchen und Übergangsforderungen auf die Tagesordnung setzen. In allen für den Kampf gegen den Klimawandel strategisch wichtigen Sektoren, ob in der Autoindustrie, dem Nahverkehr oder der Energieindustrie braucht es eine kämpferische Basisbewegung gegen die verräterische Politik der Gewerkschaftsbürokratie.

Schüler_Innen und Beschäftigte: Schulter an Schulter!

Als Schüler_Innen haben wir leider nur begrenzten Einfluss darauf, was in den Gewerkschaften passiert. Ein erster Schritt wäre es aber zum Beispiel schon einmal, Streikposten zu besuchen und mit den Streikenden in Diskussion zu treten. Was wir außerdem machen können, ist innerhalb der Klimabewegung weiterhin für die Notwendigkeit der Solidarisierung mit Streiks, das Verständnis vom Kampf gegen den Klimawandel als Klassenkampf und die Perspektive von sozial-ökologischen Verbesserungen für alle, statt Verbote und Green New Deal einzutreten. Dafür ist es wichtig, dass wir uns an unseren Schulen organisieren und die Klimafrage vor Ort an unsere Mitschüler_Innen tragen. Gemeinsam können wir diskutieren, welche Probleme an der Schule existieren und wie diese mit dem Klima zusammenhängen. Warum ist zum Beispiel Geld dafür da, dass Bundeswehroffiziere in den Politikunterricht kommen, um fürs Sterben zu werben, während veganes Essen in der Mensa angeblich viel zu teuer ist? Und wer bestimmt in der Schule überhaupt darüber, wie das Geld ausgegeben wird? Wir müssen uns zusammensetzen und diese Fragen diskutieren. Durch Vollversammlungen können wir die gesamte Schüler_Innenschaft erreichen. Dabei können zum Beispiel auch Beschäftigte von ver.di eingeladen werden, um gemeinsam in Diskussion zu treten. Wie ihr eine Vollversammlung an eurer Schule organisieren könnt, erfahrt ihr in einem anderen Artikel („Versammeln wir unsere Mitschüler_Innen gegen die Klimakrise!“) in dieser Zeitung.




Revolutionäre Arbeiter_Innen und Jugendliche in die Gewerkschaften!

Von Leila Cheng

Solche
Slogans lesen wir immer wieder bei linken Organisationen (Spoiler:
Auch bei uns), aber

Was
sind eigentlich Gewerkschaften?

Gewerkschaften
sind seit ihrer Entstehung Kampforgane der Arbeiter_Innenklasse. Die
Arbeiter_Innen merkten schnell, dass sie allein nichts gegen die
Übermacht der herrschenden Kapitalist_Innen ausrichten konnten und
schlossen sich in ihrer ersten Selbstorganisation zusammen, den
Gewerkschaften, und begannen das Mittel des Streiks zu nutzen, um
ihre Bedingungen zu verbessern. Gewerkschaften sind somit an vielen
erkämpften Erfolgen beteiligt gewesen, z.B. die 40-Stunden-Woche,
Kündigungsschutz, Verbot von Kinderarbeit, Betriebsräte,
Arbeitsschutzbestimmungen, steigende Löhne, u.s.w.

Doch Gewerkschaften beschränkten sich von Anfang an auf den ökonomischen Tageskampf. Sie wollten die Bedingungen der lohnabhängigen Klasse, oder wenigstens Teilen dieser, verbessern, aber sie hatten an sich nicht den Anspruch, die Ausbeutung oder den Privatbesitz an den Produktionsmitteln durch die Kapitalist_Innen aufzuheben und wären allein auch nie dazu in der Lage. Das liegt daran, dass gewerkschaftliche Organisierung allein kein revolutionäres Bewusstsein erzeugt, denn dafür müssten die ökonomischen Kämpfe mit der politischen Machtfrage verbunden werden, wofür es eine Partei der Arbeiter_Innenklasse braucht, die dies beides verbindet und um eine Zerschlagung des bürgerlichen Staates und den Aufbau einer Arbeiter_Innenmacht kämpft. Gewerkschaften können dabei als „Schulen des Sozialismus“ wirken, in dem sie zum Ausgangspunkt einer Arbeiter_Innenkontrolle über Fabriken und Betriebe werden, Arbeiter_Innen lernen also vermittelst gewerkschaftlicher Organisation, selbst die Produktion zu planen. Davon sind wir heute natürlich weit entfernt…Gewerkschaftskämpfe konzentrieren sich heute vor allem auf Lohnkämpfe oder Arbeitszeitauseinandersetzungen.

Doch warum sind Gewerkschaften heute so negativ besetzt?

Die
meisten Gewerkschaften heute und hierzulande führen seit Jahren
nicht mehr als ein paar Warnstreiks, wenn es einen neuen Tarifvertrag
geben soll und speisen ihre Mitgliedschaft mit den kleinsten
Zugeständnissen ab. Es ist also kein Wunder, dass immer mehr
Menschen die Gewerkschaften verlassen. So ist in den letzten 20
Jahren die Mitgliedschaft der DGB (Deutscher Gewerkschaftsbund)
Gewerkschaften um 1/3 gesunken.

Doch
woran liegt das? 1918 kam es in Deutschland zur Novemberrevolution,
diese wurde auf halber Strecke von der SPD-Führung verraten und
sozialistische Revolutionär_Innen wie Rosa Luxemburg wurden
ermordet. Doch auch die Gewerkschaftsführungen machten bei diesem
Verrat mit und gingen eine langfristige Partnerschaft mit dem Kapital
ein: So zum Beispiel das Stinnes-Legien Abkommen, wonach ein
Arbeitgeber_Innenverband mit einer Gewerkschaft Tarifverträge
eingeht, und diese für eine bestimmte Zeit gelten, bis neu
verhandelt wird. Im Gegenzug sollen sich per Theorie beide Partner
als gleichberechtigt anerkennen. Die Gewerkschaften wurden somit zur
anerkannten Mitverwalter_In des Kapitalismus.

Das
passierte nicht zufällig. Für die KapitalistInnen wie Stinnes
(daher der Name des Abkommens) war es nach der Novemberrevolution
nötig, die Führungen der Arbeiter_Innenbewegung wie Ebert (SPD)
oder Legien (Gewerkschaften) in den Kapitalismus einzubinden, um den
Kapitalismus und damit ihr Eigentum vor den revolutionären Massen
der Arbeiter_Innen zu retten. Und die Kapitalist_Innen fanden in den
Arbeiterführer_Innen der SPD und den mit ihr verbunden
Gewerkschaften willige Partner_Innen, den sie waren auf dem Rücken
der Arbeiter_Innenbewegung zu einer mittlerweile privilegierten
Stellung gekommen, in der sie kein Interesse mehr an einer
sozialistischen Revolution hatten. Wir nennen diese abgehobene
Schicht deswegen Arbeiter_Innenbürokratie, die sich selbst auf einen
besser gestellten Teil der Arbeiter_Innen stützt. An dieser
grundsätzlichen Struktur änderte sich auch in der BRD nichts.

In
den Gewerkschaften sprechen wir entsprechend von einer
Gewerkschaftsbürokratie, die von der Gewerkschaft bezahlt wird, die
aber heutzutage auch oft in Aufsichtsräten von Konzernen sitzt und
nochmal fett dazu verdient, direkt aus der Tasche des Kapitals.

Und nun stecken die Bürokrat_Innen in einer Klemme: einerseits muss der Kapitalismus erhalten werden und die Kapitalist_Innen möglichst zufrieden gestellt werden, denn von ihnen hängt ihre privilegierte Gesellschaftsstellung ab, gleichzeitig können sie die Klasse nicht 100 Prozent verraten, weil ihnen sonst Arbeitskämpfe aus ihrer Kontrolle gleiten können und Arbeiter_Innen auf einmal selbst entscheiden, wann sie z.B. streiken. Sie geben also ein bisschen dem Druck der Kolleg_Innen nach, aber leiten ihn in der Regel in ungefährliche Bahnen. Wenn wir als Revolutionär_Innen oder auch einfach als wütende Arbeiter_Innen selbst den Mund aufmachen und z.B. entgegen der Gewerkschaftsführung zum Kämpfen aufrufen, kann es nicht nur sein, dass wir den Job verlieren, sondern auch aus der Gewerkschaft fliegen.

Wie kann revolutionäre Praxis dann in Gewerkschaften aussehen?

Trotz
alledem sind wir überzeugt, dass revolutionäre Arbeit in
Gewerkschaften auch heute noch möglich und notwendig ist. Aber
warum?

Gewerkschaften sind die Schule des Klassenkampfes. In ihnen machen viele Arbeiter_Innen ihre ersten Erfahrungen mit elementaren Klassenkämpfen, auch wenn diese noch nicht besonders radikal sein mögen. In ihnen lernen sie aktiv zu werden, z.B. durch Streiks (bzw. Warnstreiks), Aussperrungen (=Betriebsbesetzungen) oder Bildung von Basisstrukturen. Wir als Revolutionär_Innen haben die Aufgabe und die Pflicht, in solche Selbstorganisationen der Arbeiter_Innenklasse zu gehen und revolutionäre Politik an die Basis zu tragen. Die Gewerkschaftsbürokratie werden wir dabei natürlich nicht überzeugen, und deswegen ist es auch wichtig, keine Hoffnungen in diese zu setzten. Wir treten an die Basis heran und versuchen sie in der gemeinsamen Aktion von unserer Politik zu überzeugen. Dabei treten wir für die Selbstorganisation der Basis in z.B. wähl- und abwählbaren Streikkomitees innerhalb der Gewerkschaften und Betriebe ein. In diesen versuchen wir auch über Tarifverhandlungen hinaus Streiks und andere Basisaktionen, bis hin zu politischen Streiks zu organisieren. Dies sorgt für eine Anpolitisierung für große Teile der Mitgliedschaft, gibt ihnen nach Jahren der Stagnation neue Hoffnung und bringt die Möglichkeit, Arbeiter_Innen revolutionär zu organisieren. Gleichzeitig setzt es die Gewerkschaftsbürokratie unter Druck. Und drittens schafft es Selbstorganisierung unserer Klasse und macht sie zum handelnden Subjekt. Für uns als Organisation, die langfristig eine sozialistische Rätedemokratie anstrebt, ist die Selbstorganisation der Basis unserer Klasse auch im Hier und Jetzt schon ein wichtiges Mittel und ein wichtiger Teil in der Schule des Klassenkampfes. Aber dieser Druck von unten muss natürlich auch mit einer Opposition zur Gewerkschaftsbürokratie innerhalb dieser Gewerkschaften einhergehen, sodass solche Basisbewegungen langfristig zu einer Räteorganisation unserer Klasse führen können.

Für uns als kommunistische Jugendorganisation ist auch die Intervention und Arbeit in den Gewerkschaftsjugenden besonders wichtig. Diese sind eigentlich für die Lage von Jugendlichen, also insbesondere Auszubildenden, Studierenden, FSJler_Innen und BFDler_Innen da. Jedoch haben die Gewerkschaftsjugenden kein Recht auf Tarifverhandlungen und müssen sich allen Beschlüssen ihrer Gesamtgewerkschaft unterordnen. Wenn sie eigene Beschlüsse treffen sollten, müssen diese von der Gesamtgewerkschaft umgesetzt werden und wenn man sich die aktuellen Tarifverhandlungen anschaut, zeigt sich, dass der Gewerkschaftsbürokratie nicht sehr viel an der Lage von Auszubildenden bei Tarifverhandlungen liegt. Noch schwieriger wird es dann für die restliche arbeitende Jugend (z.B. in 450 Euro Jobs oder Praktika), für die die Gewerkschaften fast gar nichts tun. Für uns ist es wichtig, die Lage von jugendlichen Arbeiter_Innen, die oft einer noch sehr viel stärkeren Ausbeutung unterliegen, mit in den Fokus zu rücken. Denn viele erkämpfte Forderungen gelten für Jugendliche noch nicht einmal, wie z.B. bei Auszubildenden der Mindestlohn, wenn deren Betrieb nicht tarifgebunden ist. Hier müssen wir ansetzen und uns auch für die Rechte und den Kampf von Jugendlichen in Gewerkschaften stark machen.

Und wie helfen uns Gewerkschaften jetzt in der Krise?

Die aktuelle Coronapandemie, aber auch die beginnende, dadurch ausgelöste, und vom kapitalistischen System verursachte Weltwirtschaftskrise treffen uns aktuell sehr hart. Umso mehr müssten die Gewerkschaften ein Faktor im Kampf gegen anstehende und bereits beginnende Massenentlassungen, Lohnkürzungen und vieles mehr sein. Dies sind sie jedoch oft nicht. Man braucht sich nur die Tarifverhandlungen von Verdi (Deutschlands größte Dienstleistungsgewerkschaft) oder der IG Metall im letzten dreiviertel Jahr, also während der Pandemie, anschauen. So wurden zum Beispiel Forderungen, die für Teile der Klasse maßgeblich wichtig waren, wie z.B. durch Verdi mehr Personal in der Betreuung und in Krankenhäusern nicht mal aufgeworfen, und am Ende die Mehrheit der aufgeworfenen Forderungen mit einem faulen Kompromiss mit den Kapitalist_Innen abgespeist. Trotzdem brauchen wir die Gewerkschaften, um den aktuellen Kampf zu führen. Deswegen ist es für uns als Revolutionär_Innen besonders wichtig, die Gewerkschaftsführungen durch Forderungen an diese und durch Mobilisierungen ihrer Basis unter Druck zu setzen, um Arbeitskämpfe zu entfachen.

Was ist die Schlussfolgerung daraus?

Gewerkschaften sind also ein Teil unseres Kampfes für eine revolutionäre Überwindung des Kapitalismus und aller Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnisse. Dafür brauchen wir aber die richtige Strategie im Umgang mit Gewerkschaften. Aktuell gibt es viele Bereiche, wo wir diese anwenden sollten, ob es die Gerechte-Bildungsbewegung, die Lage von Mieter_Innen (siehe Artikel zu Deutsche Wohnen und Co Enteignen), oder die Aufforderung zu bezahlten Betriebsschließung, um wirklichen Infektionsschutz leisten zu können. Deswegen kämpfen wir für Basisorganisierung in den Gewerkschaften, politische Streiks und versuchen eine revolutionäre Praxis hinein zu tragen. Für kämpferische Gewerkschaften- Kampf der Stagnation und Bürokratie!




Die Gewerkschaft – vom Sozialpartner zum Klassenkämpfer

Gewerkschaft… Ein starkes Wort! Und da ist auch was dran. Gewerkschaften sind noch immer die mächtigsten Organisationen, die der Arbeiterklasse im Kampf gegen ihre Unterdrücker zur Verfügung stehen, weltweit sind Millionen von Kolleg_innen in ihnen Organisiert. Aber müsste die Gesamtsituation der abhängig Beschäftigten dann nicht eigentlich viel besser aussehen?

Ein Exkurs…

Die kollektive Diskussion über Arbeitsbedingungen und mögliche Verbesserungen ist bereits sehr alt. Bereits am 4. November 1159 vor Chr. legten ca. 40 Arbeiter die Werkzeuge nieder und begannen zu streiken, da sich ihr Arbeitgeber Ramses III. wiederholt geweigert hatte, den Kollegen ihren Lohn zu zahlen. Unter dem Motto „Wir haben Hunger!“ organisierten sie eine Demonstration zum nächsten Tempel. Der Konflikt dauerte zwar einige Zeit, im Endeffekt bekamen die Kollegen jedoch ihr Getreide voll ausbezahlt.

Wie man sich unschwer vorstellen kann, wurden in Europa Arbeitskämpfe erst viel später geführt. Auch die Organisierung von Handwerkern wie Webern, Hafen- und Metallarbeitern fand erst viel später statt und zeigte sich im 14. Jahrhundert zunächst in Form von Gilden, die als Keimform der modernen Gewerkschaft gesehen werden können.

Und dann?

Im Zuge der Industrialisierung und dem Siegeszug der bürgerlichen Gesellschaft, begann die Arbeiterklasse als funktionelle Klasse an Bedeutung zu gewinnen. Immer mehr entwickelte sich die feudale Gesellschaft zu einer kapitalistischen, in der zwei neue gesellschaftliche Klassen in Konflikt standen: Die Arbeiterklasse und die Kapitalisten – heute auch oft Arbeitnehmer und Arbeitgeber genannt.

Die allgemeine Funktionsweise der kapitalistischen Wirtschaft ist die, dass einer (der Kapitalist) eine Fabrik besitzt und viele Leute nichts besitzen. Daher müssen sie bei dem Typ mit der Fabrik arbeiten, um sich Geld für Essen zu verdienen. Und hier wird´s lustig: Während die Arbeiterklasse logischerweise so viel Geld wie möglich für ihre Arbeit haben will, will der Typ mit der Fabrik logischerweise so wenig wie möglich bezahlen, um mehr Profit mit der Arbeitskraft seiner Angestellten zu machen. Dieser “Klassengegensatz” ist der wichtigste, wenn man verstehen will, wieso wir Gewerkschaften brauchen.

Was ist eine Gewerkschaft?

Die Gewerkschaft ist, wie bereits erwähnt eine Kampforganisation der Arbeiterklasse, um für ihre Bedingungen und Anliegen im Betrieb zu kämpfen. Ihre Existenz ist zwingend erforderlich um Mindestlöhne, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaubsgeld und andere grundlegende ökonomische Forderungen der Arbeiter_innen durchzusetzen. Getreu nach dem Motto: “Allein machen sie dich ein – gemeinsam sind wir stark!” Kein Wunder also, dass die gewerkschaftliche Organisation von Arbeiter_innen in Kapitalistenkreisen nicht gerne gesehen wird. Aus diesem Grund mussten im 19. Jahrhundert viele Gewerkschafter in der Illegalität arbeiten, viele wurden verfolgt und umgebracht, in vielen Ländern der Welt ist das heute noch so.

Wir können also Festhalten: Gewerkschaften führen den ökonomischen Kampf der Arbeiterklasse.

Aber wieso kämpfen die Gewerkschaften denn nicht mehr richtig? Wann gab es in der BRD mal einen Generalstreik, um staatliche oder privatwirtschaftliche Angriffe auf unsere Lebensbedingungen abzuwehren? Wieso werden immer mehr Tarifverträge abgeschlossen, deren Lohnerhöhung hinter der Inflationsrate zurückbleibt?

Wem gehört die Gewerkschaft?

Gewerkschaften haben heutzutage einen erheblichen Mangel an innerer Demokratie. Die Politik in ihnen wird heutzutage nicht mehr von der Basis bestimmt, sondern von einer Bürokratenkaste aus Hauptamtlichen, Betriebsratsfürsten und Vorsitzenden. Diese Leute nennen wir “Gewerkschaftsbürokratie” und sie sind – wie es der Zufall so will, fast ausschließlich sozialdemokratische Reformisten, die die Gewerkschaft für ihre eigenen politischen und sozialen Interessen missbrauchen. Ohne Scham machen sie mit ihrer verräterischen Politik die Gewerkschaften zu zahnlosen Vertretungen, die sich weder staatlichen Angriffen auf die Rechte und Errungenschaften der Arbeiterbewegung, wie damals bei der Agenda 2010 oder gegen Lohnkürzungen und Entlassungen im Betrieb nicht bzw. unzureichend in den Weg stellen. Es bleibt bei schmierigen Sonntagsreden von Vorstandsmitgliedern, wie dem SPD-Mitglieds und DGB-Vorsitzenden Michael Sommer.

Auch bei Tarifverhandlungen ist heute die “vertrauensvolle Zusammenarbeit” mit dem Arbeitgeber oberstes Gebot. Anstatt einen Betrieb Mal so richtig lahmzulegen, werden nach 2-3 Verhandlungsrunden faule Kompromisse geschlossen, die oft sogar zu Reallohnverlusten führen, ohne das es überhaupt einen Streik gegeben hätte. Oft kann man die Vorsitzenden der Gewerkschaften nach ihrer Amtszeit auf der Gehaltsliste des Arbeitgebers wiederfinden. Ein Schelm, wer da böses denkt.

Diese Gründe sind es auch, die dafür sorgen, dass immer mehr Kolleg_innen den Gewerkschaften ihren Rücken zukehren. In Deutschland sank der gewerkschaftliche Organisierungsgrad von 34,2% im Jahr 1960 auf 21,6% im Jahr 2000. Tendenz: weiter Sinkend!

Politik machen! Nur, geht das so einfach?

Viele aufrechte Kolleg_innen sind sich im klaren darüber, dass Gewerkschaftsarbeit wichtig ist. Gerade in Zeiten, in denen die wirtschaftliche Situation immer öfter ins Wanken gerät, ist es unabdingbar für Veränderungen einzutreten. Dafür stehen dem aktiven Gewerkschafter diverse Gremien offen. Leider muss man dazu anmerken, dass die diversen Ausschüsse leider allzu oft von der Bürokratie ausgebremst oder kontrolliert werden. Viele junge Aktivist_innen sind daher oft desillusioniert. Sie konzentrieren sich oft mit Leib und Seele auf ein Thema und versuchen diverse Aktionen zu organisieren, bis im Endeffekt von Oben ein „Nein“ oder einfach gar keine Reaktion kommt.

Diese Vorgehensweise ist jedoch kein Zufall! Politisch nicht gewünschte Beschlüsse der Basis werden solange ignoriert oder bleiben auf der To-Do-Liste stehen bis es entweder zu Spät ist oder sich ein höher stehendes Gremium doch dazu durchringt andere Dinge zu priorisieren.

Natürlich gibt es auch positive Beispiele für Gremienarbeit, um wirklich dauerhaft erfolgreiche Arbeit zu leisten, bedarf es jedoch einer weitergehenden Vernetzung und Organisation.

Allein machen sie dich ein…

Viele jugendliche Gewerkschaftsmitglieder sind von dem Opportunismus der Bürokraten angewidert und wollen etwas gegen sie unternehmen. Möglichkeiten dazu gibt es viele. Bereits in deiner Ortsjugendgruppe oder in deiner Betriebsjugendgruppe kannst du eine Menge tun. Viele deiner Kolleg_innen denken sicherlich genauso über die Hauptamtlichen und haben sich vielleicht einfach noch nicht getraut den Mund aufzumachen. Diskutiert eure Kritikpunkte untereinander und macht euch Gedanken, wie ihr eure Gewerkschaft selber gestalten würdet. Was wären die Punkte, die euch wichtig wären? Wenn ihr zum Anfang 2 oder 3 Kolleg_innen seid, ist das schon Mal ein guter Anfang. Vielleicht habt ihr Lust eine Veranstaltung für weitere Interessierte zu organisieren, ein unabhängiges Gewerkschaftsflugblatt herauszubringen oder euch als Gruppe auf Grundlage eines Aktionsprogramms aufzustellen…

Gewerkschaften zurückerobern!

Wie gesagt, du bist nicht der Einzige. Das ist ja das tolle an der Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, es gibt eigentlich überall Leute die genauso denken wie du und nur darauf warten, dass etwas in die Gänge kommt. Doch was? Was uns alle eint, sind die Forderungen, mit denen wir gemeinsam Auftreten können. Diese sind z.B.:

●Klassenkampf statt Sozialpartnerschaft! Für eine kämpferische Gewerkschaft, die die Interessen der Kolleg_innen bis zum bitteren Ende vertritt und keine faulen Kompromisse eingeht!

●Für die jederzeitige Wähl- und Abwählbarkeit aller hauptamtlichen Funktionäre! Für die Anpassung ihrer Gehälter an einen durchschnittlichen Facharbeiterlohn!

●Für die Erkämpfung des Rechts auf politische Streiks, letztlich dem Recht auf Generalstreiks, um zum Beispiel gegen die Rente mit 67, gegen Hartz IV, gegen die Kriege in Afghanistan, Kosovo oder für bessere Bildung kämpfen zu können!

●Eigene Entscheidungsgewalt für alle Jugendgremien, wenn es um Themen geht, die uns was angehen! Für vom Vorstand unabhängige Jugendstrukturen!

Wir müssen versuchen eine innergewerkschaftliche Bewegung von Basisaktivisten aufzubauen, die sich der Politik der sozialdemokratischen DGB-Führung entgegenstellt und diese zwingt Politik für die Mitglieder, und nicht für sich selbst, zu machen. Wir brauchen eine klassenkämpferische Basisopposition, die es sich zur Aufgabe macht, die Gewerkschaften wieder zu Kampforganen der Arbeiterklasse zu machen, die in den Händen der Arbeiter_innen liegt und nicht in den Händen von Bürokrat_innen!

Klar, das wird natürlich nicht einfach. Die DGB- und Einzelgewerkschaftsführung aus SPD, LINKE und zum Teil sogar Grünen wird sich einiges einfallen lassen, um uns das Leben schwer zu machen. Doch zeigt das nur eines – Dass sie Angst vor ihrer eigenen Basis haben. Eine gewerkschaftliche Basisbewegung, die Druck erzeugen kann, kann nämlich auch dazu übergehen die Bürokratie zu entmachten und demokratische Strukturen auf der oben genannten Grundlage aufbauen. Dies wäre der Untergang für die reformistischen Verräter und die Geburtsstunde für eine Zeit, in der Tarifauseinandersetzungen wieder Tarifauseinandersetzungen sind, und der Klassenkampf wieder Einzug in den Fabriken hält.

The workers united will never be defeated!




IGM-Jugendaktionstag in Köln – Gewerkschafter_innen gemeinsam gegen Krise und Kapital

Vor nicht allzu langer Zeit wurden Zehntausende in Deutschland in die Arbeitslosigkeit geschickt. Es wurden Banken gerettet, Unternehmen subventioniert und Sparpakete geschnürt. 2010 kam dann die Nachricht, die alle Medien, Wirtschaftswaisen und Politiker gebetsmühlenartig predigten – die Krise ist vorbei, jetzt kommt der Aufschwung!

Tatsächlich sah es für einige Zeit so aus, als würde sich die Wirtschaft erholen. Die Maschinen wurden wieder angeschmissen, teilweise wurden neue Arbeitskräfte eingestellt. Die deutsche Wirtschaft erreichte Ende 2010 sogar wieder ihr Vorkrisenniveau. Es war eine Zeit, in der sich nicht nur Schwarz-Gelbe Politiker auf die Fahnen schreiben wollten, dass sie „das Land gerettet“ hätten, allen voran schritten die Spitzen von SPD, DGB und der Einzelgewerkschaften! Sie hätten sich als gute Partner in der Krise erwiesen, „arbeitssichernde“ Projekte wie die Kurzarbeit wären nur durch sie zustande gekommen und – seien wir ganz ehrlich – die Bankenrettung und die Sparpakete wären ohne ihr Stillhalten auch nicht möglich gewesen!

Vor der Krise ging es allen besser…

Das scheint ein einleuchtender Satz zu sein. Und die oben genannten Herren und Damen beanspruchten noch vor Kurzem, das Vorkrisenniveau hergestellt zu haben. Sicher ging es vielen besser. Doch kaum einem ging es auch vor der Krise richtig gut. Auch vor der Krise wurden Leiharbeit und Billigjobs massiv ausgeweitet. Auch vor der Krise konnten wir jedes Jahr Reallohnverluste verzeichnen, während die deutschen Konzerne mehr und mehr Profite machten.

Im Bildungsbereich gab es in den letzten Jahren, auch vor der Krise, immer wieder riesige Proteste von Schüler_innen, Azubis und Studierenden. Bereits vor der Krise gingen wir gegen Hartz IV, die Rente mit 67, die Kriege der deutschen Bundeswehr, Faschisten und Niedriglohn auf die Straße. Es ist zwar durch die Krise schlechter geworden. Aber es ging uns nicht gut bevor sie kam!

Sozialpartnerschaft ist sozial?

Quelle: http://www.chemie-sozialpartner.de/Das ist der Slogan der Gewerkschaftsführer_innen. Wo waren sie denn, als wir vor der Krise auf der Straße standen? Wo waren massive Streiks, Arbeitskämpfe und Massenproteste, als die Krise dann da war? Und „nach der Krise“? Nach der Krise betonten Huber, Bsirske, Sommer und Co., wie gut (sozial) sie die Krise gemanagt hätten…

Unsere Gewerkschaften brauchen aber keine Krisenmanager, denn Manager hatten wir während der letzten Krise genug gesehen. Wir brauchen einen kämpferischen Widerstand gegen diejenigen, die für die Krise und ihre Auswirkungen verantwortlich sind. Die Unternehmer_innen, die Spekulanten und die bürgerliche Politik – sie waren und sind verantwortlich für ein Wirtschafts- und Sozialsystem, dass nicht funktioniert, an dem nur die Reichen verdienen!

Dieses System heißt Kapitalismus und anstatt dagegen zu kämpfen, versuchten die Gewerkschaftsspitzen es zu retten und mitzuverwalten. Anstatt gegen die Unternehmer_innen im Interesse der Belegschaften und Erwerbslosen Widerstand zu leisten, wurden die Belegschaften zugunsten der Unternehmer_innen ausverkauft. Und als die Krise vermeintlich vorbei war, die Banken gerettet, die Sparpakete geschnürt, als keiner mehr kämpfen wollte, da fragten die Gewerkschaftsspitzen, ob sie nicht ein Stückchen vom Kuchen des Ausverkaufs abhaben dürften. Und die Unternehmer_innen schrien: „Seid ihr des Wahnsinns! Wollt ihr uns die Konjunktur zerstören?“ Und Bsirske, Huber, Sommer und ihre Bürokraten verneigten sich und sagten: „Nein, Verzeihung, wir würden doch nie eure heilige Konjunktur antasten…“

Krise Reloaded.

Verlauf des DAX, Sommer 2011

Heute, zwei Jahre nach 2009, ist ein Rekordstand von Leiharbeiter_innen in Deutschland erreicht, diejenigen, die in Deutschland von Hartz IV leben oder Aufstocken müssen, zählen rund 10 Millionen. Die Löhne sinken weiter und die nächste Krise steht ins Haus. Und diese wird schlimmer werden, als die Vorige. Wollen wir wetten?

Motto der Anti-Krisenbewegung

Und was tun die Gewerkschaftsfunktionäre? Sie machen einiges, bloß kämpfen wollen sie nicht. Während die Arbeiter_innen in ganz Europa unter dem Diktat des deutsch – französischen Kapitals und ihrer Politik leiden, glänzen die Sozialdemokraten und Gewerkschaftsbürokraten hierzulande mit Standortborniertheit und Sozialpartnerschaft. Dabei wäre es unerlässlich Solidarität mit den griechischen, spanischen, italienischen, französischen etc. Arbeiter_innen zu organisieren. Wir müssten Streiks gegen Entlassungen, schlechte Arbeitsbedingungen, Leiharbeit und Niedriglohn führen. Wir müssten Kämpfe gegen die Sozialangriffe von

Regierungen und Unternehmer_innen europaweit organisieren.

Doch die Gewerkschaftsbürokraten machen es genau so wie 2009. Ihr Motto ist „Wenn es dem Betrieb gut geht, dann geht es auch den Arbeitern gut!“ Übersetzt heißt diese Logik so viel wie „Wenn die Kapitalist_innen fette Profite auf unsere Kosten machen, dann bleibt vielleicht auch was für uns übrig…“ Wie viel übrig geblieben ist, kann jede/r von uns mal abschätzen, wenn er/sie in´s Portemonnaie schaut.

Widerstand leisten – Klassenkampf organisieren!

Wir wollen nicht länger eine Politik der Sozialpartnerschaft – eine Politik, eine Wirtschaft, eine Gesellschaft, in der die Profite der Banken und Konzerne das bestimmende Element sind! Die Politik der momentanen reformistischen Gewerkschaftsfunktionär_innen hat uns nicht weit gebracht. Während selbst bürgerliche Ökonomen sich die Frage stellen, ob der Kapitalismus gescheitert ist, versuchen die Gewerkschaftsführer_innen noch immer ihn zu retten.

Wir, Jugendlichen, Arbeiter_innen und Arbeitslosen hingegen müssen Widerstand gegen Sozial-, Bildungsabbau und Krise organisieren! Im November wird es eine neue Welle von Bildungsprotesten geben, die am 17. November ihren Höhepunkt in einem zentralen Streiktag finden sollen. In den Gewerkschaften wird es Kampagnen gegen die Leiharbeit geben und die Krise wird neue Anti-Krisenbündnisse erfordern, die wir aufbauen müssen.

Insbesondere uns Jugendlichen kommt eine wichtige Rolle darin zu, kämpferische Aktionen zu fordern, zu planen und Druck auf die Spitzen der Gewerkschaften aufzubauen. Doch nur Druck allein wird nicht reichen. Was wir brauchen ist eine neue Politik in den Gewerkschaften. Eine Politik, die den Internationalismus, die Solidarität unter den Beschäftigten und den Kampf gegen die Krise und das Kapital in den Vordergrund rückt! Diese Politik ist mit Huber, Bsirske oder Sommer nicht zu machen. Sie müssen ersetzt werden durch kämpferische, letztlich revolutionäre Gewerkschafter_innen.

Der Weg dorthin ist lang. Aber damit sich das ändert müssen wir gemeinsam eine kämpferische Basisopposition in Betrieb und Gewerkschaften aufbauen. Wir dürfen kein Blatt mehr vor den Mund nehmen, wenn wir mit der Politik der Gewerkschaft unzufrieden sind. Wir müssen etwas daran ändern.

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Warum REVOLUTION?

Wenn auch du etwas an der momentanen Gewerkschaftspolitik ändern willst, dann tritt mit REVOLUTION in Kontakt. Wir sind eine internationale kommunistische Jugendorganisation, die sich in Deutschland vor allem gegen Bildungs-, Sozialabbau, Faschismus, Rassismus, Sexismus, Niedriglohn und Entlassungen einsetzt.

Hinter diesen Problemen steht ein System – der Kapitalismus. Im Gegensatz zu SPD, LINKEN oder den reformistischen Führer_innen der Gewerkschaften glauben wir aber nicht, dass der Kapitalismus reformiert, gezähmt oder „arbeitnehmerfreundlich“ gestaltet werden kann.

Der Kapitalismus, in dem nicht die Bedürfnisse der Mehrheit bestimmend sind, sondern die Interessen der Kapitalist_innen (zum Beispiel Unternehmer_innen, Aktionär_innen, Banker_innen etc.), zerstört tagtäglich unsere Lebensgrundlage. Er schafft Krisen, vernichtet die Umwelt, führt zu Kriegen, Armut und Elend.

Daher sind wir der Meinung, dass der Kapitalismus durch eine Revolution gestürzt werden
muss. Wir wollen ihn ersetzen durch eine Gesellschaft, in der die Mehrheit der Bevölkerung bestimmt, was geschieht, nicht eine kleine Elite von Kapitalist_innen und ihre Politiker_innen. Diese Gesellschaft muss eine auf Räten basierte Gesellschaft sein, in der die Arbeiter_innen über die Produktion entscheiden!

Doch diese Gesellschaft wird uns nicht geschenkt werden. Sie wird erkämpft und zwar gegen den bürgerlichen Staat und das Kapital. Wenn ihr nicht nur gegen die Symptome des Kapitalismus kämpfen wollt, sondern für eine solidarische, kommunistische Gesellschaft eintreten wollt, dann tretet uns bei. Denn auch Widerstand muss organisiert werden!




Überausbeutung, Betrügereien und Klassenjustiz: Die Praxis der „Leiharbeit“ (2)

Bericht eines jungen Leiharbeiters – Teil 2

Da ich als 18jähriger von der Arbeitsagentur Esslingen weder einen Ausbildungs- noch einen regulären Arbeitsplatz angeboten bekam, begann ich Mitte Februar eine Beschäftigung bei der Leiharbeitsfirma „persona service“ als „ungelernte Arbeitskraft“. Bei dieser Tätigkeit wurde ich ständig auf wechselnden Stellen eingesetzt. Jedes Mal immer nur wenige Tage bei demselben Entleiher, bis der nächste „Einsatz“ kam. Häufig kam es aber vor, dass es gar keinen Einsatz für mich gab. Man sagte mir dann jedes Mal, ich solle mich bereit halten. Die Leihfirma hätte mich also jedes Mal bezahlen müssen, da ja nicht ich, sondern der „Arbeitgeber“ für die Ausfallzeiten verantwortlich war. Tatsächlich wurde die Zeit jedoch als „Unentschuldigtes Fehlen“ vom Lohn abgezogen. Ende April kündigte ich das Arbeitsverhältnis fristlos und forderte meinen vorenthaltenen Arbeitslohn zunächst bei der Leiharbeitsfirma ein. Nachdem dies erfolglos blieb verklagte ich die Leiharbeitsfirma beim Arbeitsgericht.

„Gütetermin“

Am 26. August war „Gütetermin“. Nachdem zwischenzeitlich die Leihfirma Klageabweisung beantragte und nebenbei 9 (!) „Abmahnungen“ wegen „unentschuldigten Fehlens“ aus dem Hut zauberte, ließ der Richter durchblicken, dass ich ganz schlechte Karten hätte, da ich einerseits für Februar und März meine Entgelt-Reklamation nicht schriftlich belegen konnte, andererseits die Beweislast generell bei demjenigen liegt, der vom andern etwas fordert.

In meinem Fall hätte ich also „beweisen“ müssen, dass die Leiharbeitsfirma tatsächlich keinen Einsatz für mich gehabt hatte. Ich frage mich allen Ernstes, wie ich das hätte beweisen sollen. Wahrscheinlich hätte ich sämtliche telefonischen Gespräche mit der Leihfirma mitschneiden müssen…

Vor diesem Hintergrund schlossen wir einen „Gerichtlichen Vergleich“. Da für Februar und März die Reklamationsfrist (diese beträgt nur 1 Monat) abgelaufen war, bekomme ich für diese Monate nichts mehr. Für April bekomme ich nachträglich 80 % meines eigentlichen Entgelts – immerhin ein „Teilerfolg“.

Mein Rechtsempfinden bleibt allerdings erschüttert. Vorsätzlicher Betrug gilt ja normalerweise als Straftat. Andererseits gelten jedoch zweifellos unterschiedliche Maßstäbe darin, wer wen betrügt. Betrügt z.B. ein abhängig beschäftigter „Arbeitnehmer“ seinen „Arbeitgeber“, drohen ihm schnell saftige Geldstrafen oder Gefängnis – in jedem Fall aber die Kündigung – was durchaus den Verlust der Existenz bedeuten kann. Betrügt dagegen ein „Arbeitgeber“ seinen Beschäftigten, droht ihm allerhöchstens die Nachzahlung des eigentlich „korrekten“ Entgelts. Etwas Schlimmeres als vielleicht noch einen gewissen Imageverlust braucht insbesondere eine Leiharbeitsfirma ja wohl nicht zu fürchten. Klassenjustiz pur!

Ich bezweifle, dass ich ein Einzelfall bin. Jedenfalls müssen die Praktiken von Leiharbeitsfirmen bekannt werden. Die Methoden, sich auf Kosten der Schwächsten am Arbeitsmarkt zusätzlich zu bereichern, sind das Letzte!

Mein eigener Fall bestätigt mehr denn je meine Meinung:

Leiharbeit gehört generell abgeschafft und verboten!

Unter http://www.onesolutionrevolution.de/?p=1426 könnt ihr den ersten Teil lesen, in dem der jugendliche Leiharbeiter zuerst Berichtete.