Offener Brief an die Klimabewegung in Deutschland

Erstunterzeichnende/First signatories

Organisationen/Organisations:

REVOLUTION Germany, palestine speaks, pa_allies, MigrAntifa Braunschweig, Jüdische stimme für gerechten Frieden im nahen Osten, Ende Gelände Düsseldorf, FightforFalastin, Gruppe ArbeiterInnenmacht

Einzelpersonen/Persons:

Betül Çınar, Hasan Özbay(@migrantischewut), Georg Ismael, Ela Sommer 

Hier könnt ihr auch unterzeichnen:

https://docs.google.com/document/d/1OLa9YQBTulQA-AdZz8QPC7QaxaLKqkbVmUgTxcQzU54/

-english below-

Offener Brief an die Klimabewegung in Deutschland

Liebe deutsche Klimabewegung,

hiermit distanzieren wir uns von Fridays for Future Deutschland. Unter dem Deckmantel einer Stellungnahme gegen Antisemitismus hat FFF-Deutschland in den vergangenen Wochen mehrmalsdie Sache eines gemeinsamen, globalen Kampfes gegen die Klimakrise und für Gerechtigkeit & Freiheit verraten. Sie brechen dadurch nicht nur das Vertrauen der anderen FFF-Sektionen, die sich seit dessen Beginn gegen einen genozidalen Krieg in Gaza gestellt haben. Sie lassen auch herzlos die Menschen Palästinas im Stich und damit nicht nur von Krieg und Besatzung, sondern auch von der Klimakrise „most affected people and areas“. Wir sind der Meinung, dass Klima-Aktivismus ohne Internationalismus nicht funktionieren kann! Imperialistische Länder wie Deutschland oder USA exportieren Klimaschäden in die Länder des Globalen Südens, die in künstlicher Abhängigkeit gehalten werden. Dies geschieht z.B. indem besonders umweltschädigende Abschnitte von Produktionsketten in diese Länder verlegt werden oder indem direkt Müll und giftige Abfälle dort abgeladen werden. Es sind auch diejenigen, die am härtesten durch Dürren und Überschwemmungen, das Artensterben oder den steigenden Meeresspiegel bedroht sind, während ihnen die Mittel, sich dagegen zu schützen, verwehrt bleiben. Die Antwort darauf kann nur in einer internationalen Bewegung bestehen. Wir dürfen nicht auf die Taschenspielertricks der deutschen Regierung reinfallen, wenn sie uns ihren Green New Deal verkaufen wollen. Und genauso wenig, wenn sie über das „Selbstverteidigungsrechts Israels“ reden, es in Wirklichkeit jedoch nur um geopolitische und wirtschaftliche Interessen geht. FFF International veröffentlichte schon im Oktober ein Statement, in welchem sie sich solidarisch mit dem palästinensischen Kampf, dem Widerstand, der Befreiung und der Selbstverteidigung erklären. Sie schreiben sehr deutlich, dass sie im Angesicht von Aggression, Genozid und Faschismus nicht neutral bleiben können. Sie benennen die Besatzung als Resultat eines kolonialen Prozesses, angestoßen durch die westlichen Imperialmächte, damit diese ihre geopolitischen Interessen umzusetzen. FFF international schreibt deutlich, dass sie nicht schweigen werden, während die westlichen Mächte den Genozid in Palästina beklatschen. Wir unterstützen dieses klare Statement der internationalen Strukturen und lehnen die Position des deutschen Verbands und die unfundierte und politisch nicht begründete Abgrenzung von den internationalen Strukturen ganz klar ab. Außerdem solidarisieren wir uns mit dem Aktivisten Hasan, der für die Internationalen Statements verantwortlich gemacht wurde und dann von diesen Medien angegriffen wurde. Diese Hetzkampagne unterstützt Fridays for Future Deutschland. Wir sehen, wie FFF Deutschland Hand in Hand mit dem Deutschen Staat für Israel kämpft.

Nachdem FFF Deutschland schon seit Jahren linke oder antikapitalistische Kräfte systematisch aus der Bewegung drängt, zeigen sie mit diesen Statements erneut, dass antikapitalistische und antiimperialistische Positionen in dieser Bewegung nicht zur Diskussion stehen. Die Nutzlosigkeit von fünf Jahren Appellen an die Politik und das Nachlassen der Mobilisierungen in Folge dessen führen offenbar nicht zu einem radikalen Bruch mit dem deutschen Klimaimperialismus, sondern zu fortgesetzter Anbiederung an Grüne &Co.

Wir rufen alle linken Kräfte in der Klimabewegung, die dieser Kritik zustimmen, auf, den offenen Brief

zu unterstützen und zu teilen. Tretet mit uns in Kontakt und lasst uns gemeinsam in Diskussion treten, wie die Klimabewegung mit antikolonialen Kämpfen weltweit verbunden werden kann und wie wir vom Kuschelkurs mit dem Grünen Kapitalismus hin zu einem vereinten Kampf für Klimagerechtigkeit und Befreiung international kommen.

Dafür wollen wir uns schon am 24.02.24 um 10 Uhr in Berlin treffen, um darüber gemeinsam zu diskutieren und uns zu vernetzen! Wenn ihr kommen wollt, gebt uns Bescheid. 

Wann: 24.02.24 // 10 Uhr 

Wo: Rungestr. 20, 10179 Berlin

Brief unterschreiben?! Hier.

Open letter to the climate movement in Germany

Dear German climate movement,

We hereby distance ourselves from Fridays for Future Germany. Under the guise of a statement against antisemitism FFF Germany has repeatedly betrayed the cause of a common, global fight against the climate crisis and for justice & freedom. In doing so, they are not only breaking the trust of the other FFF sections, which have fought against a genocidal war in Gaza since its inception. They also heartlessly abandon the Palestinian people and thus not only the people most affected by war and occupation, but also the people most affected by the climate crisis.

We are of the opinion that climate activism cannot work without internationalism!

Imperialist countries like Germany or the USA export climate damage to the countries of the Global South, which are kept in artificial dependency. This happens, for example, by transferring particularly environmentally damaging sections of production to these countries or by dumping waste and toxic waste there directly. It is also these countries which are hit hardest by droughts and floods, the extinction of species or rising sea sea levels, while at the same time they are denied the means to protect themselves against these catastrophes. The answer to this can only be an international movement. We must not fall for the not fall for the sleight of hand of the German government when they try to sell us their Green New Deal. And just as little when they talk about Israel’s „right to self-defense“, while in reality it’s all about geopolitical and economic interests. FFF International published a statement back in October in which it expressed its solidarity with the Palestinian struggle, resistance, liberation and self-defense. They write very clearly that they cannot remain neutral in the face of aggression, genocide and fascism. They name the occupation as the result of a colonial process, initiated by the Western imperial powers to realize their geopolitical interests. FFF international writes clearly that they will not remain silent while the Western powers applaud the genocide in Palestine.

We support this clear statement by the international structures and reject the position and the politically unfounded distancing from the international structures by FFF Germany. We also show our solidarity with the activist Hasan, who was made responsible for the international statements by the German media and was then attacked by this same media. A smear campaign is supported by Fridays for Future Germany. We see how FFF Germany fights hand in hand with the German state for Israel.

FFF Germany has been systematically pushing left-wing or anti-capitalist forces out of the movement for years. They show once again with these statements that anti-capitalist and anti-imperialist positions are not up for discussion in this movement. The uselessness of five years of appeals to politicians and the decline in mobilizations as a result of this are obviously not leading to a radical break with German climate imperialism, but to continued pandering to the Greens etc.

We call on all left forces in the climate movement who agree with this criticism to support and share the open letter. Get in touch with us and let’s get together to discuss how the climate movement can be linked to anti-colonial struggles worldwide and how we can move from cuddling up to green capitalism to a united struggle for climate justice and liberation internationally.

For this we want to meet on February 24th at 10am in Berlin to discuss this together and to network! If you want to come, let us know. 

When: 24.02.24 // 10:00

Where: Rungestr. 20, 10179 Berlin

Wanna sign the letter? Here.




Stellungnahme: FFF schmeißt REVO raus – Sind Antikapitalismus und die Klimabewegung unvereinbar?

Die Katze ist aus dem Sack: Pünktlich zum Ersten Mai hat uns die Nachricht erreicht, dass nun tatsächlich ein Antrag durchgekommen ist, der eine Unvereinbarkeit von Fridays For Future (FFF) Deutschland mit REVO beschließen soll. Unser Name prangt nun im Hufeisen neben AFD, NPD, MLPD und dem III. Weg im offiziellen Strukturpapier. Dass hier linke und faschistische Gruppen so nebeneinander genannt werden, müsste schon für Empörung sorgen. Anfang April wurde auf bundesweiter Ebene von FFF entsprechender Antrag gestellt. Dieser ist so weit FFF-intern zu behandeln, weswegen wir nicht auf Details der Erklärung eingehen können. Wir möchten dennoch zumindest im Groben einige der Lügen und Vorwürfe hier einordnen, damit die Debatte einem breiteren Kreis von Aktivist_innen zugänglich wird.

Im Antrag werden wir als isolierte Organisation dargestellt, deren ausschließliche Politik ein parasitäres und hinterhältiges Unterwandern anderer linker Kräfte sei. Angeblich schrecken wir dabei so wenig vor Druckausübung bis hin zu unmittelbarer Gewalt zurück, dass allen Aktivisti angst und bange werden müsste. Untermalt wird dies mit dem Vorwurf, dass wir ein unkritisches Verhältnis zur DDR oder der RAF hätten. Für all diese Vorwürfe hätte ein fünfminütiger Besuch unserer Insta- oder Webseite ausgereicht, um sich eines Besseren belehren zu lassen. Man hätte dort beispielsweise gesehen, dass wir tatkräftig in der Umweltbewegung aktiv sind, aktionistische Basisarbeit an Schulen leisten, solidarisch in diversen Bündnissen mitwirken und himmelweit davon entfernt sind, mordlustige Monster zu sein. Und wenn wir schon bei der schlechten Informationslage sind: Die Gruppe Arbeiter:innenmacht wurde auch direkt als unsere „Dachorganisation“ ausgeschlossen, während wir in Wahrheit von dieser unabhängig sind.

Die politische Herkunft derjenigen, die uns hier als „Parasiten“ bezeichnen, hat dabei schon eine gewisse Ironie: Eine Führung, in welche Millionen Schüler_innen ihre Hoffnung gesetzt haben, welche aber gleichzeitig keine politischen Erfolge gegen die Regierung durchsetzen konnte und stattdessen mit den Grünen und den NGOs im Rücken ein paar ansehnliche Posten gefunden hat, sollte mit diesem Wort vorsichtiger umgehen gegenüber einer kleinen, aktivistischen Gruppe von Jugendlichen. Angesichts der immer größeren Dringlichkeit der Klimakatastrophe, der Mobilisierungsschwäche unserer Bewegung und der Antwort der Ampel-Regierung, die in Lützerath knochenbrechende Bullen auf uns los gehetzt hat und nun mehr und mehr Aktivist_innen einknastet (von LG z. B. ), wäre es rühmlicher, wenn die Führung der Bewegung eine allgemeine Debatte darüber anstieße, wie wir in die Offensive übergehen können, anstatt diejenigen, die es auf eigene Initiative versuchen, auszuschließen.

Im Konkreten beziehen sich die gegen uns erhobenen Vorwürfe zum allergrößten Teil auf angebliche Handlungen eines unserer Genoss_innen. Mensch hat sich 2019 als Schüler_in in FFF politisiert, sich davon wegradikalisiert und ist vor circa einem Jahr bei uns gelandet. Dennoch hat sich Mensch bis zum Schluss als Teil von FFF verstanden und noch schwindende Hoffnungen reingesteckt, dass auch die Bewegung die offensichtlichen Widersprüche erkennt, in denen sich eine bürgerliche Umweltbewegung befindet. Hierbei war Mensch unter Anderem im linken Flügel von FFF aktiv und zwar weitestgehend eigenständig und unabgesprochen mit uns als REVO.

Erst recht haben wir den linken Flügel nicht geheim orchestriert. Dennoch wird uns genau dies vorgeworfen, wobei unerheblich ist, ob bestimmte Geschichten stattfanden, bevor besagte Person überhaupt bei uns war und welchen Anteil sie selbst daran geleistet hat. Wir werden dabei für ein Großteil der jüngeren linken Oppositionsarbeit verantwortlich gemacht, als könnte so etwas nicht auch spontan in FFF passieren.

Uns erscheint es so, als seien alle halbgaren Infos und Vorwürfe zusammengekratzt worden, die gefunden werden konnten, um unsere Positionen aus den Prozessen in FFF auszuschließen. Das andere sich an bestimmten Verhaltensweisen gestört haben, ist sicherlich nachvollziehbar. Aber dass für eine relativ kleine Orga direkt der große Hammer „Unvereinbarkeit“ rausgeholt wird, wirft schon Fragen auf.

Was ist der politische Hintergrund?

Millionen von Aktivisti haben sich der Bewegung angeschlossen, haben Gegenwind geerntet und viel Energie in die Bewegung gesteckt. Und was haben wir dafür bekommen? Lausige Klimapakete, folgenlose Konferenzen und eine Menge heißer Luft. Dies führte dazu, dass der Abstand zwischen unseren Aktionen größer und die Aktionen selbst kleiner wurden, sich viele von uns frustriert von der Bewegung zurückgezogen haben. Die Bewegung hat sich polarisiert in diejenigen, die für die Grünen im Bundestag sitzen, während wir uns wie viele andere von den Bullen aus dem Danni oder Lützi prügeln lassen.

In unserem Strategiepapier zur Krise der Klimabewegung haben wir ausführlich dargelegt, welche Schritte wir als nächstes gemeinsam gehen müssen, wenn wir die Bewegung retten und diesen Planeten erhalten wollen. Wir müssen die Basis unserer Bewegung erweitern. Es kann nicht sein, dass wir hauptsächlich aus Schülis und Studis bestehen. Wir müssen auf die Beschäftigten in den für das Klima relevanten strategischen Wirtschaftssektoren zugehen und uns zusammen organisieren. Inhaltlich müssen wir unsere Forderungen daran ausrichten, die Klimafrage mit der Sozialen Frage zu verbinden. Andernfalls werden die Rechten diese Lücke füllen und ihre Klimaleugnerei als Sozialpolitik verkaufen. Wir brauchen Klimaforderungen, die zugleich soziale Verbesserungen für alle mit sich bringen, statt Verbote, Entlassungen und Green Washing. Gleichzeitig müssen wir anfangen unsere Forderungen auch dort an die Leute zu bringen, wo wir uns tagtäglich aufhalten: in unseren Schulen, Unis und Betrieben. Vor Ort müssen wir Basiskomitees aufbauen, die kontinuierlich Arbeit zum Klimaproblem machen und diese mit den sozialen Problemen vor Ort verknüpfen.

Innerhalb von FFF rumort es und immer mehr Antikapitalist_innen fangen an, die Politik der Führung von FFF in Frage zu stellen. Als Organisation sind wir dabei ein leichtes Ziel, für diejenigen, die das verhindern wollen. Weil wir offen und unangepasst auftreten und dadurch vielleicht nicht zu den Allerbeliebtesten gehören, und darauf sind wir stolz. Den verbliebenen linken Kräften innerhalb von FFF sollte klar sein: Wenn man mit solchen Vorwürfen durchkommt, erhöht das den Anpassungsdruck auf alle anderen antikapitalistischen Kräfte und schwächt deren Position massiv. Das sollte eben diese Kräfte zum Nachdenken anregen, welche Rolle FFF noch spielen kann. Es gibt eine große Kluft zwischen einigen Ortsgruppen und der Bundesorga und die politische Perspektivlosigkeit, dass man durch Appelle ein Einlenken der Regierung erreichen will, hat sich ein ums andere Mal gezeigt. Wir wollen FFF zugutehalten, dass sie die Klimakrise auf die Tagesordnung gesetzt haben. Aber zur Bewältigung brauchen wir kämpferische und antikapitalistische Antworten.

Wir schlagen vor, gemeinsam mit linken Kräften der Umweltbewegung eine antikapitalistische Klimakonferenz zu organisieren, um Forderungen und Aktionsformen zu entwickeln, die diese Antworten leisten. Die Wähl- und Abwählbarkeit ist hierbei zentral, um die Verselbstständigung von Führungspersonen zu verhindern und eine basisdemokratische Kontrolle von unten zu gewährleisten. Außerdem müssen wir dafür Sorge tragen, dass an diesen Debatten und Auseinandersetzungen sowohl Arbeiter_innen als auch marginalisierte Gruppen teilnehmen können und gehört werden. Der Charakter einer solchen Konferenz sollte darauf ausgerichtet sein, ein gemeinsames antikapitalistisches Klima-Aktionsprogramm zu verabschieden, in dem wir uns auf gemeinsame Forderungen und Aktionen einigen.

Der Widerstand gegen die Klimakrise geht also weiter und wir lassen uns nicht unterkriegen! Kämpfen wir zusammen in den Schulen, Unis, Betrieben, Gruben, Wäldern und auf der Straße!

Falls ihr eure Solidarität zeigen wollt, könnt ihr den Beitrag gerne teilen!




Welche Strategie gegen die Klimakrise?

Auf der ganzen Welt sind die Folgen der Klimakrise, des Artensterbens, der Überbenutzung der Ressourcen (Raubbau an Böden, Wasser, Wald, etc.) und Überlastung der Senken (Verschmutzung von Wasser, Böden, Atmosphäre, etc.), zu spüren.

In Europa in Form von zunehmenden Wetterextremen, die zum Beispiel die Flutkatastrophe im Rheinland verursachten, sowie dem zeitweiligen Austrocknen von Flüssen wie dem Po in Italien und der Loire in Frankreich. Doch vor allem der Globale Süden, der sowieso schon massiv unter zuerst kolonialer und nun imperialistischer Ausbeutung leidet, ist nun auch von den Folgen der Klimakrise besonders stark betroffen.

In Pakistan stand letztes Jahr ein Drittel des Landes unter Wasser, Tausende starben, viele Millionen verloren ihre Lebensgrundlagen. In Afrika kam es zu schweren Dürren, die die Hungerkrise in manchen Regionen extrem verschärften.

Diese Entwicklung hat ihren Ursprung in der kapitalistischen Wirtschaft, die auf Profit und Wachstum basiert und diesen zwangsläufig alles andere unterordnet. Entsprechend ist es notwendig, dass diese Art zu Wirtschaften endet, damit die Klimakrise überhaupt eingedämmt werden kann.

Da die Politik der bürgerlichen Staaten jedoch in erster Linie dem kapitalistischen System verpflichtet ist, agiert sie auch entsprechend: Die nötigen radikalen Maßnahmen, die es braucht, um die Krise in den Griff zu bekommen, werden nicht getroffen, da sie den Profit und die Wettbewerbsfähigkeit des landeseigenen Kapitals schmälern würden.

Unsere einzige Hoffnung bleibt deshalb die globale Klimabewegung.

Wie ist die Lage der Bewegung?

Nach Lützerath steht die Klimabewegung trotz der Niederlage stärker und geschlossener da als zuvor. Dies liegt vor allem daran, dass hier die gemeinsame Erfahrung gemacht wurde, dass der bürgerliche Staat im Zweifel immer Kapitalinteressen mit Gewalt durchsetzt, dass die Polizei diese Gewalt bereitwillig ausübt und auch die Grünen trotz ihrer Wahlversprechen keine Ausnahme unter den bürgerlichen Parteien bilden, sondern im Gegenteil für die Rodung des Danni und die Zerstörung von Lützi aktiv verantwortlich sind. Doch auch wenn in den Ketten vor Lützerath bei FFF organisierte Jugendliche, BUND-Mitglieder und militante Autonome Seite an Seite standen, sind viele der alten Probleme noch nicht überwunden.

Zwar hat sich inzwischen, zumindest formell, der Großteil der Klimabewegung von den Grünen und ihrem Märchen vom „Grünen Kapitalismus“ verabschiedet, jedoch ist es nicht ausgeschlossen, dass linkere Kräfte der Grünen es schaffen, Teile der Klimabewegung wieder auf ihre Seite zu ziehen. Deshalb müssen wir weiterhin jeglichen Einfluss der Grünen auf die Bewegung scharf bekämpfen. Ebenso müssen wir weiterhin betonen, dass der Kapitalismus nicht in der Lage ist, die Krise zu lösen, auch nicht in etwas anderer Form, sondern gänzlich überwunden werden muss.

In Lützerath haben sich die Massen der Klimabewegung, unabhängig von der konkreten Strategie und Praxis, die sie verfolgen, zusammengeschlossen, um gemeinsam gegen das fossile Kapital in Form von RWE und den bürgerlichen Staat in Form der Polizei, Widerstand zu leisten.

Es ist wichtig, dass diese gewonnene Einheit, diese kollektive Stärke, jetzt nicht verloren geht und dass die Klimabewegung weiterhin geschlossen steht und gemeinsam kämpft.

Damit das funktionieren kann, ist es jedoch auch nötig, offen Kritik innerhalb der Klimabewegung zu äußern und mit verschiedenen Akteur_Innen darüber in die Debatte zu treten, welche Strategie und Praxis die effektivste ist, um Klimagerechtigkeit zu erreichen.

Welche neue Strategie bringt die Bewegung voran?

In den letzten Jahren haben wir erlebt, dass Massen sich den Demonstrationen und Aktionen der Klimabewegung angeschlossen haben und dorthin gekommen sind, wo diese gekämpft hat, so zum Beispiel nach Lützerath. Nun ist es jedoch nötig, dass diese Massen ihre Kämpfe zurücktragen an die Orte ihres Alltags, an ihre Schulen, ihre Unis, die Betriebe in denen sie Lohnarbeit verrichten.

Denn die Demonstrationen und Aktionen, die wir in den letzten Jahren durchgeführt haben, haben uns viel Aufmerksamkeit gebracht. Wir konnten zeigen, dass wir viele sind und dass wir entschlossen sind. Die Politik hat sich jedoch dadurch nicht geändert: Lützerath wurde zerstört, Autobahnen werden gebaut, Kapitalinteressen regieren weiter.

Besetzungen, Blockaden, Massendemos, all das sind gute Mittel, wir brauchen allerdings noch mehr als das, um die Regierung wirklich unter Druck zu setzen.

Der Kampf für Klimagerechtigkeit muss in den Alltag der Menschen getragen werden, muss den kapitalistischen Alltag unmöglich machen.

Klimastreiks dürfen nicht mehr nur daraus bestehen, einen Freitag alle paar Wochen die letzten beiden Unterrichtsstunden oder eine Vorlesung zu schwänzen, um irgendwo in der Innenstadt zu demonstrieren: Sie müssen in der Schule, in der Uni, im Betrieb selber stattfinden!

Die noch recht junge Bewegung „End Fossil: Occupy!“ hat mit Besetzungen an Unis in zahlreichen Städten und Schulen in Göttingen und Bremerhaven einen guten Schritt in diese Richtung gemacht und an der Sophie-Scholl-Schule in Schöneberg haben Schüler_Innen eine Vollversammlung zum Thema Klimagerechtigkeit abgehalten und Forderungen dazu beschlossen!

Diese Aktionen gilt es auszuweiten, auf noch viel mehr Unis, viel mehr Schulen und vor allem: in die Betriebe. Denn dort wird der Profit der Kapitalist_Innen produziert und wenn dort die Arbeiter_Innen in den Streik treten, keine Züge rollen, keine Pakettransporter fahren, die Fließbänder bei Daimler und Siemens stillstehen, dann können wir nicht mehr einfach ignoriert werden!

Was müssen wir dafür tun?

Um echte Klimastreiks zu erreichen, müssen wir unsere Kämpfe an die Orte bringen, an denen wir uns täglich aufhalten und die Menschen dort von unserer Strategie überzeugen.

Wenn wir bereits Lohnarbeit verrichten, müssen wir mit unseren Kolleg_Innen ins Gespräch darüber kommen, wie wir Klimagerechtigkeit erreichen können. Besonders wichtig sind bereits organisierte Arbeiter_Innen in Gewerkschaften: Gemeinsam müssen wir die Spitzenfunktionär_Innen der Gewerkschaften unter Druck setzen, da diese häufig sehr zögerlich gegenüber Arbeitskämpfen geschweige denn dem Kampf für Klimagerechtigkeit eingestellt sind!

Sie müssen Streiks unterstützen und sich solidarisch zeigen mit den Arbeiter_Innen, so zum Beispiel im öffentlichen Verkehr, der Pflege oder der Logistik!

Die Klimabewegung und die Arbeiter_Innen verfolgen nämlich letztendlich das selbe Interesse: Die Überwindung der kapitalistischen Wirtschaftsweise, die das Klima zerstört und Arbeiter_Innen niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen aufzwingt, damit Manager_Innen und Aktionär_Innen profitieren können.

Die Arbeiter_Innen sind es jedoch, die in der Lage sind, dieses System aus den Angeln zu heben, die Produktionsmittel der Kapitalist_Innen, die Energie-, Verkehrs- und Agrarkonzerne, zu enteignen und unter ihre Kontrolle zu stellen, diese dann demokratisch zu verwalten und so die nötige Transformation hin zu einer klimagerechten Wirtschaft einzuleiten! Gemeinsam mit ihnen müssen wir Jugendliche, Schüler_Innen, Studierende und alle Unterdrückten dieses Systems eine Einheit bilden, die von der Regierung nicht länger ignoriert werden kann, weil wir Unis, Schulen und Betriebe lahmlegen.

Neben der Verbindung zwischen Klimakampf und Arbeitskampf dürfen wir auch nicht vergessen, dass Klimagerechtigkeit nur international möglich ist! Es muss für uns stets klar sein, dass wir den Kampf dafür nicht bloß in Deutschland und in Europa führen, sondern dass unsere Bewegung die ganze Welt umspannen muss und wir hier im Globalen Norden ebenfalls gegen die Unterdrückung der Menschen im Globalen Süden kämpfen müssen, indem wir zum Beispiel für eine Streichung der Schulden der Länder des Globalen Südens eintreten!




Gegen jeden Antisemitismus!

Statement von anti-imperialistischen Kräften in FridaysForFuture, erschienen im Januar 2023

Unsere Anmerkungen

Wir solidarisieren uns mit den anti-imperialistischen Kräften in FridaysForFuture, die Klimagerechtigkeit auch wirklich

Wir solidarisieren uns mit den anti-imperialistischen Kräften in FridaysForFuture (FFF), die Klimagerechtigkeit auch wirklich ernst meinen und nicht einzelne Bevölkerungsgruppen davon ausschließen. Der unten dargestellte Fall reiht sich ein in mehrere undemokratische und rassistische Äußerungen der Führung von FFF, sei es gegenüber „Palästina spricht“ in Bremen, gegenüber Ali Kocak in Berlin oder in zahlreichen Tweets und Posts im Internet. Um so wichtiger ist es, dass wir uns nicht mundtot machen lassen und die Politik der Führungsfiguren von FFF gemeinsam in Frage stellen und eine internationalistische Perspektive aufwerfen.
Deshlab spiegeln wir an dieser Stelle das folgende Statement von antirassistischen Aktivist_innen innherhalb von FFF. Dabei möchten wir jedoch darauf verweisen, dass wir einen anderen Antisemitismusbegriff haben und halten einige Darstellungen in dem Statement für verkürzt. Deshalb sei an dieser Stelle auf unseren Artikel „Was ist Antisemitismus?“ verwiesen. In unserem Programm findet ihr außerdem, was eigentlich unsere Position zum Nah-Ost-Konflikt ist. Wir stehen den Autor_innen des Statements jedoch solidarisch zur Seite und fordern alle Internationalist_innen in FFF auf, die rassistische und undemokratische Politik der Führung von FFF offen zu kritisieren. What do we want? Climate Justice!

https://onesolutionrevolution.de/smash-fascism/

https://onesolutionrevolution.de/was-ist-antisemitismus-und-wie-kann-er-bekaempft-werden/

Statement:

Seit Beginn des Jahres wurden min. 32 Palästinenser*innen von der IDF ermordet, dass sind mehr Menschen als das Jahr Tage hat. Trotzdessen hat sich FFF Deutschland (@FridayForFuture) erneut von einem Tweet von FFF International (@fridays4future) distanziert, welcher diese Fakten auf den Tisch gelegt und sich hinter widerständige Palästinenser*innen gestellt hat. Sie unterstellen FFF Int. Antisemitismus und verschieben den Diskurs, indem sie behaupten, dass verkürzte Darstellungen gemacht würden und der Konflikt „zu komplex“ sei.

Es handelt sich um einen Konflikt mit einer unterdrückenden und einer unterdrückten Partei. Die Toten werden schlichtweg ignoriert.

Da fragen wir uns, sind die Almans mit ihrem Lastenrad gegen eine Wand gefahren? Hat der Grünen-Sticker jetzt einen Kratzer? Das würde ihnen wahrscheinlich mehr bedeuten als 32 ermordete Menschen.

Kritik an Apartheid und Siedlungskolonialismus ist kein Antisemitismus, sondern „antikoloniale Pflicht“. So formulierten es unsere Genoss*innen von BiPoC for Future unter dem Tweet von FFF Deutschland, & dem können wir uns nur anschließen.

Israel ist, um es einmal ganz deutlich auszudrücken, ein neokolonialer Apartheidsstaat¹ mit einer rechtsextremen Regierung!

Die neue israelische Regierung hat kein Interesse an einer 2-Staaten-Lösung und macht diese zunichte. Gerade wird mehr über das Wort „Intifada“ geredet als über Apartheid. Um das eben abzuschließen: „Intifada²“ ist ein arabisches Wort und steht für „Aufstand“ bzw. „sich erheben“.

Die palästinensischen Intifadas waren Aufstände gegen ihre Unterdrückung und Ermordung. Sie machten Gebrauch von Massenprotesten, Generalstreiks, Frauenkomitees, selbstversorgenden Rätestrukturen von unten, Massenboykott bis hin zu militantem Widerstand. Angriffe auf Zivilist*innen unterstützen wir natürlich nicht. Intifada hat nichts mit „Vernichtungsantisemitismus“ oder gar „alle Jüd*innen ermorden“ zu tun. Hier wird Staat und Religion gleichgesetzt. Es möge argumentiert werden, dass Israel aber ein oder gar der einzige Safe-Space für Jüd*innen sei. Doch ein kapitalistischer Staat kann niemals ein Safe-Space sein. Es geht der israelischen Regierung nicht um die Menschen, sondern um Zahlen & Prozente. Auch sind einige Jüd*innen in Israel nicht sicher, jene, die arabisch-sprachig und oder Schwarz sind.

Und was ist eigentlich mit den Jüd*innen in Israel und auf der ganzen Welt, welche die Idee des Zionismus ablehnen? Auch diese sind dort keinesfalls sicher. Unser Ziel sollte sein, eine intersektionale Gesellschaft aufzubauen, in der alle Menschen sicher sind.

Erwähnenswert ist auch, dass selbst Shoa-Überlebende, wie Esther Bejarano, zu Lebzeiten von den gleichen Leuten als „Antisemitin“ diffamiert wurde, weil sie sich für palästinensische Menschenrechte eingesetzt hat.

Übrigens:

Die Distanzierung von dem Tweet wurde mit der FFF-Bewegung in Deutschland nicht einmal abgesprochen. Das, was die deutsche Fridays for Future-„Bundesebene“ gerade abzieht, ist schlichtweg undemokratisch. Das zeigt einmal wieder die extremen Machtstrukturen innerhalb von FFF Deutschland. Auch behauptet die Bundesebene, dass FFF Deutschland die IHRA-Definition von Antisemitismus übernommen hätte, was zu keinem Zeitpunkt besprochen oder beschlossen wurde. Sogar Jüd*innen die eine andere Meinung vertreten, werden nicht gehört. Zur IHRA-Definition hat auch die Rosa Luxemburg Stiftung eine empfehlenswerte Analyse gemacht³.

Es hat sich ein weiteres Mal gezeigt, wenn die deutsche FFF-Bundesebene int. Klimagerechtigkeit sagt, meint sie das nicht wörtlich, schon gar nicht, wenn es um antikoloniale Klimagerechtigkeit geht.

Vertraut den Drecksliberalen nicht!

Hoch die internationale Solidarität!

Yallah Intifada!

¹ 1. https://www.un.org/en/genocideprevention/documents/atrocity-crimes/Doc.10_International%20Convention%20on%20the%20Suppression%20and%20Punishment%20of%20the%20Crime%20of%20Apartheid.pdf

2. https://www.amnesty.org/en/latest/campaigns/2022/02/israels-system-of-apartheid/#:~:text=This%20is%20apartheid.,order%20to%20benefit%20Jewish%20Israelis

3. https://www.hrw.org/report/2021/04/27/threshold-crossed/israeli-authorities-and-crimes-apartheid-and-persecution

4. https://www.btselem.org/apartheid

²Arabisch – Sich erheben, loswerden, abschütteln

³https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/rls_papers/Papers_2-2019_Antisemitismus.pdf




Lützerath ist gefallen, doch was haben wir gewonnen?

Nachdem die Großdemo am 14.01 vorbei ist, Lützerath vollständig geräumt ist und auch die Blockaden zu Beginn der Woche vorbei sind, sind die meisten (aber längst nicht alle!) Aktivist_Innen wieder zuhause. Wir haben also Zeit uns aufzuwärmen und die vergangenen Tage (oder Wochen; für manche sogar Jahre) Revue passieren zu lassen. Was haben die vielfältigen Aktionen gebracht? War Lützerath eine Niederlage oder ein Sieg für uns? Unsere Einschätzung findet ihr in diesem Artikel.

Lützerath hat uns stärker gemacht

Die Aktionstage haben viele Leute auf die Beine gebracht. Obwohl alle Altersgruppen vertreten waren, kann angenommen werden, dass viele der Aktivist_Innen Jugendliche waren, die sich im Rahmen von Fridays for Future politisiert haben. Allen Menschen bundesweit wurde in NRW vor Augen geführt, dass der Staat für die Profitinteressen des Kapitals bereit ist, brutal gegen die Umweltbewegung vorzugehen. Außerdem ist das Vorgehen von RWE und der Rückendeckung durch den Staat ein politischer Skandal sondergleichen, inklusive tendenziöser Studien und Bruch des Pariser Klimaabkommens. Das hat die Menschen wütend gemacht und sicherlich auch zusammengeschweißt und radikalisiert. Dies hat man nicht zuletzt auch daran gesehen, dass die Parole „RWE enteignen!“ sehr präsent war.

Denn Lützerath hat wieder einmal klargestellt, dass eine nachhaltige Umweltpolitik nicht das Ziel der Landes- oder Bundesregierung ist. Die Grünen, welche sowohl im Bund als auch auf Landesebene mitregieren, haben diese Politik direkt mitzuverantworten. Hoffen wir, dass nun auch die letzten Menschen ihre Hoffnung auf diese Partei aufgeben. Dass die Regierungen ihre Politik ändern, können sie anscheinend nur mit Zwang erreichen. Auch das wurde in Lützerath offensichtlich. Dafür müssen wir uns natürlich auch militant gegen die Polizei durchsetzen. Das war sicherlich eine zentrale Errungenschaft von Samstag, dass die Bewegung eine massenhaft Widerständigkeit erreichen konnte: Ketten bilden, Anweisungen widersetzen, Bullenketten durchbrechen. Wären wir am Wochenende noch mehr und noch militanter gewesen; Lützerath würde noch stehen und die Bullen würden immer noch im Schlamm feststecken!

Lützerath geräumt, Kohle wird abgebaggert

Doch wir müssen wir feststellen, dass Lützerath geräumt ist und in sehr naher Zukunft den gewaltigen Kohlebaggern weichen wird. Insofern muss die Besetzung Lützeraths isoliert betrachet als gescheitert angesehen werden. Wahrscheinlich hätten auch doppelt so viele militante Menschen die Räumung Lützeraths wahrscheinlich nur weiter verzögert, nicht aber verhindern können. So sehr wir die Fähigkeiten, den Kampfgeist und den Mut der Besetzer_Innen des Hambi, des Danni oder jetzt Lützeraths bewundern, letztlich ist diese Politik in jedem dieser Fälle gescheitert. Vielfach wurde auf diese Aussage hin argumentiert, dass durch die Aktionen die Umweltfrage in das Bewusstsein vieler Menschen gerückt ist und noch mehr (aktive) Unterstützer_Innen gefunden hat. Das stimmt zwar sicherlich und ist auch ein Verdienst dieser Aktionen. Doch es ist nur ein erster Schritt, denn: Was folgt auf die Öffentlichkeit und was sollen die so neu politisierten Menschen jetzt machen?

Perspektive

Wir glauben nicht, dass einfach nur die Besetzer_Innenszene größer werden muss, damit sie erfolgreich sein kann. An den Aktionen können sich aufgrund der Strapazen nämlich quasi nur junge Leute beteiligen. Außerdem muss man für eine längere Besetzung den Job kündigen oder man muss Student_In mit ausreichend finanzieller Unterstützung sein. Mit Kindern kann man auch nicht bei allem dabei sein. Zudem haben viele Leute Angst vor der Repression oder vor der physischen Gewalt der Polizei. Besetzungen sind also nur für einen kleinen Teil der Bevölkerung eine Option. Wenn wir gewinnen wollen, müssen aber viel mehr Menschen aktiv werden. Außerdem sind die Besetzungen auf kleine, einzelne Orte konzentriert. Lützi alleine reicht nicht, wenn irgendwo anders Kohle abgebaggert, neue Gasterminals gebaut, Atommeiler weiter betrieben werden und e.on, statt in erneuerbare Energie zu investieren, Geld an seine Manager und Aktionäre ausschüttet?

Was wir damit sagen wollen, ist, dass der Kampf immer und überall geführt werden muss. In den Betrieben, in den Schulen, in Unis, auf der Straße. So kann jede Person kontinuierlich aktiv sein und sich in Bezug setzen zu anderen Missständen der Gesellschaft. Besonders wichtig ist es dabei den Kampf in die Betriebe zu tragen. Dort sind nämlich die Menschen, die mit ihrer Streikmacht wirklich politische Forderungen durchsetzen können. Glaubt ihr, dass RWE Lützerath abbaggern würde, wenn sich die Arbeiter_Innen der Kohlekraftwerke weigern würden, diese Kohle anschließend zu verbrennen? Auch Streiks in anderen Sektoren können dazu genutzt werden, politische Forderungen in der Klimafrage zu erzwingen.  

Forderungen, wie die Streichung der Schulden des globalen Südens, mehr Investitionen in erneuerbare Energien oder kostenloser öffentlicher Nahverkehr sind anschlussfähige und zentrale Forderungen zur Verbindung von Kämpfen. Doch auch diese können nur durch mächtige Streiks im ganzen Bundesgebiet erkämpft werden. Besetzungen können und müssen einen solchen Kampf natürlich unterstützen, sollten aber nicht das alleinige Ziel der Umweltbewegung sein.

Lützerath ist gefallen, aber der Kampf geht weiter. Wir haben in Lützerath gezeigt, dass wir groß und militant sind. Lässt uns diese Größe und Militanz nun wieder in unsere Städte tragen, damit die Regierung und das Kapital gar nicht erst wieder zu Atem kommt!  




Palästinasolidarität bei FridaysForFuture?

Debattenbeitrag von Lia Malinovski

Aktuell läuft bei der klimaaktivistischen Jugendorganisation Fridays For Future in Deutschland eine Debatte um Palästinasolidarität. Die internationale Organisation hat sich durch mehrere Tweets und Posts auf anderen Social-Media-Kanälen solidarisch mit dem palästinensischen Befreiungskampf gezeigt, die deutsche Organisation distanzierte sich davon. Durch unsere Intervention bei Ende Gelände, nicht zuletzt aber durch die Rede der palästinensischen Organisation „Palästina Spricht“ auf dem globalen Klimastreik am 23.September in Bremen, ist die Debatte aktueller denn je bei Fridays For Future.

Palästinasolidarität – Notwendig oder Antisemitisch?

In unserem Artikel „Unsere Solidarität mit Palästina war niemals antisemitisch, ist nicht antisemitisch und wird auch nie antisemitisch werden!“ gehen wir tiefer in die Thematik ein, ob Palästinasolidarität antisemitisch sei. Kurz gesagt, linke Solidarität mit Palästina und dem Kampf gegen den Zionismus, ist kein Antisemitismus, sondern sollte eine revolutionäre Notwendigkeit sein!

Die Gleichsetzung von Antisemitismus und Antizionismus ist zutiefst antisemitisch und rassistisch; antisemitisch unter anderem daher, dass es eine Gleichsetzung des Zionismus und des Staates Israel mit dem Judentum bedeutet, rassistisch unter anderem daher, dass diese Ideologie Hass auf Palästinenser_innen und vor allem ihre Vertreibung legitimiert.

Das zeigt sich beispielsweise an den etlichen Morden, die die IDF (Israel Defence Forces) regelmäßig an Palästinenser_innen verübt, deutlich über 100 Menschen wurden alleine in diesem Jahr durch die Besatzungsmacht getötet, aus Gründen die selbst aus bürgerlicher Sicht unverhältnismäßig und völlig illegitim sind. Auch zionistische häufig extrem rechte Siedler_Innen morden in den palästinensischen Gebieten nicht selten und üben sehr oft, quasi immer ungestraft und häufig durch die IDF gedeckt, Gewalt gegen Palästinenser_Innen und solidarische Israelis aus.

Die Frage des Existenzrechtes Israels

In der Debatte bei Fridays for Future ist eine Frage besonders zentral: Die Frage nach dem Existenzrecht Israels. Dabei lenkt diese Frage vom eigentlichen Thema ab. Es ist das Ziel, mit Debatten über das Existenzrecht eines rassistischen Staates, die Unterstützung des antikolonialen Kampfes als antisemitisch und damit rechts und falsch abzustempeln. Anstatt über das Existenzrecht Israels zu sprechen, sollte Fridays For Future über die Unterdrückung der Palästinensischen Bevölkerung sprechen und wie sie den Kampf dagegen unterstützen können. Klimaschutz ist nur im Rahmen eines antikolonialen, und damit antirassistischen, Kampfes möglich! Letzten Endes muss sich Fridays For Future positionieren – entweder sie unterstützen einen antirassistischen Kampf, oder einen rassistischen Kolonialstaat.

Da diese Frage weiter aufkommen wird, wollen wir uns trotzdem kurz damit beschäftigen:

Wer die Frage stellt, ob man dem Staat Israel das Existenzrecht abspricht, versucht zu sagen, dass man einen jüdischen Schutzraum zu unterstützen hat. Gerade mit Blick auf den zunehmenden Antisemitismus weltweit, ist die Forderung nach einem jüdischen Schutzraum, solange die Gefahr des Antisemitismus nicht gebannt ist, durchaus nachvollziehbar und in vielen Teilen auch sinnvoll.

Doch in Bezug auf Israel, geht jegliche Logik verloren: Ein jüdischer Schutzraum müsste für alle Jüd_innen, die in diesem Raum leben wollen, zugänglich und sicher sein. Israel hingegen ist für schwarze Jüd_innen kein sicherer Ort, wie die rechte Regierung Netanyahus und die israelische Rechte immer wieder mit öffentlichen Aussagen und Angriffen bishin zu kleineren Pogromen deutlich machen. Auch kann ein kapitalistischer Staat kein Schutzraum sein, denn es wird immer Spaltung und Unterdrückung innerhalb der Klassengesellschaft geben. Ein wahrer Schutzraum für Jüd_innen kann nur ein sozialistischer Staat sein, in dem alle Ethnien friedlich miteinander leben können, ein Staat unter der Kontrolle des Proletariats!

Fridays for Future muss sich positionieren, Schluss mit dem Teilen von rassistischen Ideen und der Legitimation von Unterdrückung! Klimaschutz heißt notwendigerweise Solidarität mit antikolonialen Befreiungskämpfen weltweit!

  • Freiheit für die durch das israelische Militär besetzten Gebiete! Schluss mit der zionistischen Unterdrückung und für den Aufbau eines vereinigten, säkularen und sozialistischen Palästinas, in dem Angehörige verschiedener Religionen und Atheist_innen, sowie Menschen sämtlicher Ethnien und Kulturen, gleichberechtigt miteinander leben können. Für eine vereinigte sozialistische Föderation im gesamten Nahen Osten!
  • Für globale Klimagerechtigkeit! Die imperialistischen Staaten sollen für die von ihnen verursachten Schäden bezahlen! Streichung der Schulden für die Halbkoloniale Welt!



Soli mit der Letzten Generation: Repression gegen die Klimabewegung

von Lia Malinovski

Was ist die Gruppe „Letzte Generation“?

In den letzten Wochen und Monaten hat eine bestimmte Klimagruppe viel negative Aufmerksamkeit bekommen und wurde Ziel einer Welle der Hetze gegen die gesamte Klimabewegung. Wir reden von der Gruppe „Letzte Generation“, die mit „zivilem Ungehorsam“ darauf aufmerksam machen möchte, dass die Klimakrise eine reale Bedrohung ist und wir die erste Generation sind, die die direkten Auswirkungen der Krise von Anfang an mitbekommen, aber die letzte Generation sind, die diese Krise bekämpfen kann – daher auch der Name. Im Internet sind sie oft als „Klima-Kleber“ bekannt, sie kleben sich auf Straßen, aber auch an andere Ort der Klimazerstörung, daher dieser Spitzname.

Was ist passiert?

Die Gruppe ist in letzter Zeit nicht nur Hetze ausgeliefert: Heute morgen gab es mehrere Hausdurchsuchungen bei Aktivist_innen, in Bayern sind aktuell mehrere Aktivist_innen in Präventivhaft und im gesamten Bundesgebiet gibt es Forderungen nach mehr und stärkeren Repressionen gegen die sogenannten „Klimaterroristen“. Dieses Framing, als Terrorist_innen, schwingt mit Forderungen mit, die „Letzte Generation“ als kriminelle Vereinigung nach §§129a einzustufen. Es ist ein Versuch, legitimen Protest zu kriminalisieren und nicht nur bei der Gruppe „Letzte Generation“ sichtbar, sondern in der gesamten Klimabewegung und anderen sozialen Kämpfen.

Die Durchsuchungen sind kein Zufall, schon vor wenigen Wochen wurde auf der Innenministerkonferenz über ein Verbot der Gruppe diskutiert. Auch in Kombination mit der Razzia gegen die Reichsbürger_Innen in der letzten Woche, möchte der Rechtstaat aufzeigen, dass er nicht nur den rechten Kräften das Handwerk legen möchte, sondern natürlich auch den bösen Linksextremisten. Hier werden als Gruppen, welche Waffen bunkern und einen Staatsstreich planen in Verbindung mit einer menschenfeindlichen Ideologie, gleichgesetzt mit jungen Aktivist_Innen, die sich um unser aller Zukunft sorgen, und bereit sind sich Umweltzerstörung mutig in den Weg zu stellen.

Als REVOLUTION stehen wir solidarisch hinter den Aktivist_innen, die mit diesen Auswüchsen der Repression überrollt werden! Aber wir haben auch Kritik an der Gruppierung. Die Aktionsformen der Letzten Generation (Straßenblockaden, Flughäfen blockieren, etc.) sind den aktuellen Bedingungen entsprechend: Wir erleiden eine historische Krise, die die Lebensgrundlage der Menschheit zerstören kann und dem kapitalistischen System enspringt. Wenn wir uns aber die Zusammensetzung der Gruppe und besonders ihre Forderungen anguckt, wird man schnell stutzig: die ersten beiden Forderungen, die man sieht, wenn man auf ihre Website guckt sind 1. ein Tempolimit von 100km/h und 2. ein dauerhaftes 9-€-Ticket. Zusammen mit „Scientist Rebellion“ und „Debt for Climate“ wird außerdem „Klartext“ von der Bundesregierung gefordert, dass das 1,5°C-Ziel verloren ist und es wird die „Erlassung“ der Schulden des Globalen Südens gefordert.

1. Tempolimit und 9-Euro-Ticket:

Die Forderungen sind sicherlich nicht falsch, wie Letzte Generation schreibt, kann ein Tempolimit tonnenweise CO2 einsparen und das 9-Euro-Ticket sogar noch mehr, sie gehen aber nicht weit genug. Statt einem 9-Euro-Ticket sollte eine zentrale Forderung der Klimabewegung ein kostenloser ÖPNV sein und statt einem Tempolimit braucht es einen Fokus der Verkehrspolitik auf den Ausbau des Schienennetzes und nicht zuletzt die Entprivatisierung der Deutschen Bahn unter die Kontrolle der Beschäftigten und derer, die auf die Bahn angewiesen sind! Ein 9-Euro-Ticket alleine sorgt nur für volle Bahnen, Chaos und Unzufriedenheit mit dem Schienenverkehr.

2. Klartext von der Regierung:

Selbstverständlich ist es richtig, dass das 1,5°C-Ziel nicht erreicht wird. Nur wird die Klimakrise nicht gestoppt, wenn die Regierung „Klartext“ redet. Die Frage ist zudem, was bedeutet „Klartext“ in diesem Kontext? Die Forderung ist ausschließlich „Geben Sie zu, dass das erste globale Klimaziel verloren ist. […] Das bringt uns in große Gefahr.“

Anstatt zu fordern, dass die Regierung zugeben soll, dass das Klimaziel verloren ist, sollte die Ursache dessen benannt werden und über Forderungen Wege aufgezeigt werden, die Ursachen direkt zu bekämpfen. Es ist kein Zufall, dass die Klimaziele verloren sind, es liegt in der Natur des imperialistischen Kapitalismus, kurzfristige Profite der Lebensgrundlage der Menschen überzuordnen, da die Unternehmen sonst in der Konkurrenz untergehen würden. Eine tiefgehende Analyse, wie die Klimakrise mit dem kapitalistischen System zusammenhängt, ist in diesem Artikel nicht möglich, jedoch im RM 54 („Umweltkrise und Kapitalismus“) ausgeführt.

3. Schuldenerlassung:

Die Forderung nach der „Erlassung“ der Schulden im globalen Süden ist die wahrscheinlich weitestgehende Forderung der Gruppierung, aber auch die, die am wenigsten Aufmerksamkeit bekommt. Die Schulden der Halbkolonien, die in ihrer Gesamtheit meistens im globalen Süden liegen, geben den imperialistischen Weltmächten die Möglichkeiten, ihre Politik direkt mitzubestimmen und ihre Wirtschaft zu dominieren. Halbkolonien befinden sich in einer Spirale der Verschuldung und der zunehmenden Entmachtung ihres eigenen politischen Überbaus. Die Forderung nach der Erlassung der Schulden ist daher eine notwendige Forderung im Kampf gegen den Imperialismus, aber auch gegen die Klimakrise, die fest verankert im Imperialismus ist! Gleichzeitig müssen aber in diesen Gebieten progressive Organisationen und Organisationen des Befreiungskampfes unterstützt und aufgebaut werden, wo es keine gibt! Die Forderung nach der Streichung der Schulden darf nicht dabei bleiben, sondern eine Perspektive für die Befreiungskämpfe der halbkolonialen Welt bieten!

Wie erreichen wir diese Forderungen?

Die Forderungen sind sehr verkürzt und den Aktionsformen nicht angemessen. Sie bieten keine Perspektive für wirkliche Veränderung und schon gar nicht für eine klimagerechte Welt. Die Klimabewegung muss sich mit der arbeitenden Klasse verbinden, da diese die einzige ist, die durch ihre Stellung im Produktionsprozess, wahren Druck auf die Politik aufbauen und durch internationale Solidarität den Repressionen des Staates und der Kapitalisten entgegentreten kann. Nur die Verbindung der Klimabewegung mit dem Arbeitskampf und gemeinsame Streiks in Betrieben, Unis und Schulen, kann für eine klimagerechte Politik sorgen!

  • Für eine internationale, proletarische Klimagerechtigkeitsbewegung, die Probleme weltweit thematisiert und gemeinsam bekämpft! Für gemeinsame Streiks in Unis, Schulen und Betrieben!
  • Gemeinsam gegen die Repressionen! Repressionen treffen in letzter Konsequenz immer die Arbeiter_innenbewegung und sind Ausdruck eines internationalen Rechtsrucks, der zu einer Zunahme von autoritären Tendenzen der bürgerlichen Politik führt! Für die Freilassung aller Klimaaktivist_innen und Aktivist_innen in sozialen Kämpfen!
  • Für die Streichung der Schulden der halbkolonialen Länder! Solidarität mit progressiven und antiimperialistischen Befreiungskämpfen wie im Iran, Kurdistan oder Haiti!
  • Für kostenlosen und gut ausgebauten Schienenverkehr! Für die Kontrolle der Bahn durch die Beschäftigten und derer, die auf die Bahn angewiesen sind! Solidarität mit Streiks der Bahnarbeiter_innen!



[’solid] Berlin: Was tun mit dem ersten Schritt nach links?

Lukas Resch

Ein Beschluss gegen den RGR-Koalitionsvertrag, ein Antizionist im LandessprecherInnenrat (LSPR) und ein „Nein zur EU der Banken und Konzerne“, ein klares Bekenntnis zum Volksentscheid „Deutsche Wohnen und Co enteignen“: Diese und weitere Entwicklungen in [’solid] Berlin sorgen seit der letzten Wahl für Aufsehen, bis in die bürgerlichsten Teile der Presse hinein. Einige Reaktionen aus der eigenen Organisation und der Mutterpartei lassen es scheinen, als hätte man das rote Berlin ausgerufen. Von ewig gestrigen StalinistInnen ist die Rede, öffentliche Hetzkampagnen gegen eigene Mitglieder lassen nicht lang auf sich warten. Was ist los in [’solid] Berlin?

The way so far …

Spricht man mit Mitgliedern, zeigt sich ein positiv gestimmtes Bild: Bei der Wahl zum LSPR schafften es die linkeren Basisorganisationen, diesen gemeinsam mit einigen neuen und vielversprechenden Gesichtern zu besetzen. Auch auf der letzten Landesvollversammlung zeichnete sich ein deutlich linkeres Bild ab als in der Vergangenheit. Unter anderem wurde beschlossen:

Eine Aufforderung an die Linkspartei Berlin, die Koalitionsverhandlungen abzubrechen, und an die Mitglieder, gegen den Vertrag und die Koalition mit den Grünen und der SPD zu stimmen; ein Beschluss gegen die alleinige Zusammenarbeit mit Jusos und grüner Jugend, um nicht als RGR-Jugend zu erscheinen. Eine Zusammenarbeit in größeren Bündnissen wird damit nicht ausgeschlossen.

Dies stellt einen Schritt in die richtige Richtung dar, auch wenn es weiter notwendig sein wird, die Jusos als die Massenjugendorganisation einer bürgerlichen ArbeiterInnenpartei (1) zu gemeinsamen Mobilisierungen aufzufordern. Diese Notwendigkeit stellt sich auch bezüglich der Grünen Jugend, die trotz ihrer ökobürgerlichen Mutterpartei über eine Verankerung in der Umweltbewegung verfügt.

Eine Einschätzung der „EU der Banken und Konzerne“, die ersetzt werden soll durch „die Vereinigung europäischer Staaten“ (auch wenn unklar ist, wie diese  erreicht werden und wie sie aussehen soll), suggeriert immerhin einen „Bruch mit der EU“ (wobei aufgepasst werden muss, dass nicht einfach für einen „linken“ Austritt Deutschlands aus der EU eingetreten wird, sondern für eine sozialistische Vereinigung Europas).

Trotz allem: eine willkommene Entwicklung, die einige Mitglieder von [’solid] bereits von einem Linksrutsch sprechen lässt. Diese Entwicklungen sind, immerhin, ein frischer Wind, erst recht nach der zerschmetternden Wahlniederlage der Linkspartei bei der Bundestagswahl.

Grenzen

Deswegen wollen wir die Situation nutzen, um uns zu positionieren und zur Diskussion über das weitere Vorgehen etwas beizutragen.

Die neue Zusammenstellung des LSPR ist sicher ein Schritt nach vorne, auch wenn dieser noch in der kommenden Zeit beweisen muss, ob der radikale Ruf der ihm vorauseilt, auch entsprechende Taten mit sich bringt.

Die Ergebnisse der Landesvollversammlung sprechen ebenfalls eine deutliche Sprache. Man stellt sich entschieden gegen die Ausrichtung der Berliner Linkspartei und erhebt den Anspruch, eine eigene, sozialistische Perspektive dagegenzuhalten.

Der erste Dämpfer ist da natürlich, die Abstimmung gegen die RGR-Koalition verloren zu haben. Von den 50 % der teilnehmenden Linksparteimitglieder haben 75 % für diese gestimmt.

Wie geht es jetzt also weiter für alle, die sich eine linkere, antikapitalistische Politik und Linkspartei wünschen und dafür im Jugendverband kämpfen?

Wir wollen uns auf zwei Punkte konzentrieren: die Grenzen, an die revolutionäre Jugendliche in der Linkspartei und [’solid] stoßen, und die Taktik, mit der sie kämpfen können.

Zunächst das Ernüchternde: Das, was in [’solid] Berlin passiert – ebenso die gewisse Bewegung in der Basis der Linkspartei –, stehen einer bundesweit gegenläufigen Tendenz gegenüber. Real sind die Linkspartei und ihr Jugendverband in den letzten Jahren nach rechts gegangen. Auch wenn sich in den letzten Wochen eine linke Opposition in Berlin gebildet hat und im Landesverband Nordrhein-Westfalen nach dem katastrophalen Ergebnis der Bundestagswahlen ein linker Landesvorsitzender gewählt wurde, so ändert das noch nicht das Gesamtbild. Ramelows Regierungspolitik stellt keine Ausnahme dar. Für alle Landesregierungen mit LINKE-Beteiligung gilt: Mitgehangen, mitgefangen – mit kapitalistischer Realpolitik. Und das gilt auch für Berlin.

Das ist auch kein Zufall oder einfach eine Schwäche gegenüber der größeren SPD, sondern das Interesse der Linksparteiführung . Sie betreibt reformistische Politik, die immer nur den Kompromiss mit dem Kapitalismus sucht, mit dem Leute wie Klaus Lederer an sich ganz gut leben können. Daher ist es für ihn auch kein Problem gewesen, DWe fallen zu lassen.

An die Grenzen dieses Führungsapparates werden alle RevolutionärInnen, die gern eine andere Linkspartei und ein antikapitalistisches [’solid] hätten, irgendwann stoßen, solange dieser Apparat die Partei und ihre Strukturen kontrolliert – so, dass der Apparat die Kontrolle gut behalten kann. Das muss sich auch in [’solid] niederschlagen, und wenn es der Geldhahn ist, an dem die Mutter vielleicht mal dreht.

 … and the way ahead

Ohne über diese Grenzen Gedanken anzustellen, wird jeder Versuch, [’solid] revolutionär umzugestalten, in blindem Aktivismus und Selbstverbrauch oder aber Anpassung an den erwähnten Apparat enden. Unserer Meinung nach sollte sich daher jede//r klar machen, dass es bei der Konfrontation mit der reformistischen Mehrheit und dem Apparat um eine grundsätzliche Auseinandersetzung geht. Letztlich vertritt der Reformismus nicht den Klassenstandpunkt der Lohnabhängigen, sondern ordnet vielmehr deren Interessen jenen der herrschenden Klasse unter.

Trotzdem kann sich das Ringen mit dem Apparat lohnen und unzufriedene Jugendliche in (und außerhalb von) [‚solid] um revolutionäre oder wenigstens eine alternative Politik zu RGR sammeln. Dazu sollten die vorhandenen Ansätze der letzten Wochen vertieft werden. Konkret sollten sich alle Jugendlichen zu einer Opposition organisieren – einer Fraktion.

Die angepeilte Taktik, um die eigene Mutterorganisation mittels einer digitalen Kampagne wieder auf die eigenen Werte zu besinnen, begleitet von Veranstaltungen, kann das nur begrenzt leisten, ist sie doch dazu verurteilt, vor allem einen Nachhall im eigenen Kreis hervorzurufen.

Darüber hinaus braucht es ein Sammeln um Aktionen wie Demonstrationen bis hin zu Streiks in Schule und Betrieb und mehr – wenigstens braucht es jetzt die Debatte darum. Und für sich alleine bringen solche Aktionen auch noch nichts. Es sollte sich auf einige Forderungen verständigt werden, die für Jugendliche gerade akut sind, um die mobilisiert werden kann und mit denen auch andere – Jusos, Grüne Jugend, Gewerkschaftsjugendliche, DWe usw. angesprochen werden können. Beispiele?

  • Sofortige Umsetzung des DWe-Volksentscheids! Gerade Jugendliche können sich das Wohnen ohne (reiche) Eltern nicht leisten! Dazu braucht es eine Massenbewegung und die Unterstützung der Gewerkschaften und MieterInnenverbände, um die Vergesellschaftung durch politische Streiks und Mietboykotts durchzusetzen!
  • Für eine echte Verkehrswende in Berlin – keine S-Bahn-Zerschlagung, dafür massive Einschränkung des Straßenverkehrs, Ausbau von S-Bahn und Tram, kostenloser ÖPNV!
  • Für die Kontrolle über coronabedingte Schulöffnungen und -schließungen durch demokratische Komitees der SchülerInnen und LehrerInnen selbst!

Das sind nur mal drei Beispiele. Der Kampf um solche Forderungen ist einer gegen die RGR-Regierung, und damit gegen Lederer und Co! Völlig richtig ist deshalb, dass [’solid] am kommenden Dienstag zu Protesten gegen RGR aufruft.

Aber es sind die nächsten Monate, die durchscheinen lassen werden, ob die gewisse Dynamik in [’solid] (und Linkspartei) nach links weitergetrieben werden kann oder im Treibsand reformistischer Realpolitik ausgebremst wird. Denn trotz aller positiven Berliner Entwicklungen der letzten Monate im Windschatten der Wahlen – DWe, Krankenhausstreik oder eben auch ein gewisser Linksdrall in DIE LINKE – gegen die Regierung zu kämpfen wird eine andere Nummer, in der das Überwinden der defensiven Position mit davon abhängen wird, ob sich revolutionäre, antikapitalistische Kräfte sammeln können und in [’solid], Jusos usw. reinwirken können.

Daher sollten sich AntikapitalistInnen ernsthaft überlegen, inwieweit sie in ihrem Kampf auf die LINKE setzen wollen, die die nächsten fünf Jahre Verrat schon ab Tag 1 beginnt, oder ob ein revolutionärer Bruch mit der Partei sinnvoller ist. Früher oder später wird dieser unserer Meinung nach unausweichlich. So oder so sind wir für die Debatte mit Euch offen.

Übrigens: Vor sieben Jahren hat die Jugendorganisation REVOLUTION eine umfassende Broschüre rausgebracht, die [’solid] kritisch beleuchtete und RevolutionärInnen im Jugendverband einen Handlungsvorschlag zur Sammlung ihrer Kräfte machte … immer noch aktuell: http://onesolutionrevolution.de/wp-content/uploads/2011/04/Solid-Polemik_Lukas_M%C3%BCller_2014.pdf

Endnote

(1) Unter einer bürgerlichen ArbeiterInnenpartei verstehen wir eine bürgerliche Partei, die sich jedoch über historische Verbindungen, über Gewerkschaften, proletarische Mitgliedschaft und WählerInnen auf die Klasse der Lohnabhängigen stützt, mit dieser organisch verbunden ist.




Gerechtigkeit Jetzt ! Aber wie ?

Natürlich sind auch wir von REVOLUTION bei der Klimawoche in Berlin vom 20.-29.10. am Start! Seit Jahren versuchen wir einen antikapitalistischen Pol in FridaysForFuture aufzubauen und sehen in der Klimawoche eine neue Chance dafür, die linkeren und radikaleren Kräfte der Klimabewegung zu bündeln. Ein wichtiges Moment ist dabei die anstehende Konferenz der Visionen. Unter dem Slogan „Gerechtigkeit jetzt!“ werden dort wohnungspolitische, antirassistische und klimabewegte Initiativen, Gruppen und Bündnissen zusammenkommen und sich miteinander vernetzen. Auch wir werden vor Ort sein, um die Frage nach Gerechtigkeit mit der Systemfrage zu verbinden. Es ist das ungleiche Verhältnis zwischen Arbeit und Kapital, zwischen denjenigen, die sich Mehrwert privat aneignen, und denjenigen, die Mehrwert global produzieren und dabei ausgebeutet, entrechtet, migrantisiert, sexualisiert, vertrieben, erschossen oder entmündigt werden, das die Ursache globaler Ungerechtigkeitsverhältnisse ist. Gerechtigkeit schaffen bedeutet für uns das zu erkennen und uns als globale multiethnische Arbeiter_innenklasse zu begreifen, die als einzige soziale Kraft dieses ungerechte System aus den Angeln hebeln kann.

Auf der Konferenz der Visionen dürfen wir deshalb nicht auf der Ebene des Austauschs und der Vernetzung stehen bleiben, sondern müssen uns tatsächlich überlegen, welche gemeinsame linke Perspektive wir der globalen Dreifachkrise, aus Klimakrise, Coronakrise und Wirtschaftskrise entgegensetzen können. Als einzelne Bewegungen können wir unsere Forderungen nicht durchsetzen. Vielmehr müssen wir ein gemeinsames Bewusstsein dafür entwickeln, dass die Zerstörung dieses Planeten, die rassistischen Grenzregimes, die Überausbeutung und militärische Zerstörung abhängiger Länder als auch die Verdrängung aus unseren Wohnungen ihren Ursprung in der kapitalistischen Produktionsweise haben. Wenn wir es wollen, kann diese Konferenz den Startpunkt einer internationalen Bewegung darstellen, die sich aus verschiedensten Kämpfen kommend gegen die globale Dreifach-Krise des Kapitalismus formiert und gemeinsame Forderungen aufstellt. Eine Bewegung, in der wir unsere verschiedenen Programme und Theorien im gemeinsamen Kampf auf die Probe stellen und in der wir gemeinsam einen Zustand beenden, in dem wir als entmündigte Schüler_innen und prekarisierte Arbeiter_innen die Kosten dieser Krise zahlen!

Eine solche Bewegung wird nur erfolgreich sein können, wenn sie den Anschluss an die gesellschaftliche Basis findet. Während wir zum einen gemeinsam auf der Konferenz diskutieren, müssen wir also zum anderen unsere Ideen dort hintragen, wo wir uns tagtäglich bewegen, nämlich in unsere Schulen, Unis und Betriebe. Dort müssen wir Diskussionen anstoßen, lokale Probleme mit der Perspektive einer globalen Antikrisenbewegung verbinden und Organisationsstrukturen aufbauen, die als Basis der Bewegung fungieren.

Könnte rot-gelb-grün eine linke Regierung werden?

Dabei können wir uns nur auf uns selbst, die Erkenntnisse unser kritischen Analysen und die Stärke unserer Kampferfahrungen verlassen. Denn wenn wir für globale Gerechtigkeit einstehen, können wir das nicht mit einer rot-gelb-grünen „Ampelkoaltion“ machen, sondern müssen dies vielmehr gegen diese durchsetzen. Die Sondierungspapiere zeigen, dass den angeblichen „Fortschritt“, den diese Koalition schaffen möchte, die Lohnabhängigen weltweit bezahlen sollen. Uns wurde eine Pflegeoffensive versprochen, bekommen werden wir Arbeitszeitverlängerungen und privatisierte Krankenhäuser. Uns wurde auch eine Erhöhung des Mindestlohns versprochen, bekommen werden wir eine Minimalerhöhung auf 12 €, die noch unter der Inflation und den steigenden Preisen bleibt. Anstelle einer Einhaltung des 1,5 Grad-Ziels, wird die deutsche Wirtschaft grün angepinselt, um sich im internationalen Wettbewerb mit ressourcenintensiven E-Autos durchzusetzen. Statt durch eine Besteuerung der Reichen sollen die Kosten milliardenschwerer Investitionspakete durch Sozialkürzungen und eine neoliberale Umstrukturierung der Rentenversicherung finanziert werden. Ihre Forderung nach einer bundesweiten Mietpreisbremse hat die SPD sowieso am ersten Verhandlungstag sofort über Board geworfen.

Krankenhausbewegung, Mieter_inneninitiativen, Klimaaktivist_innen, wir dürfen nicht erst auf die Angriffe der neuen Regierung warten, sondern müssen uns selbst ab Tag 1, ab heute, in die Offensive bringen, wenn wir Schlimmeres verhindern wollen. Auf der Klimakonferenz müssen wir uns also überlegen, welche Forderungen es gegenüber der neuen Regierung braucht und wie wir diese gemeinsam durchsetzen können. Dabei muss es zum einen darum gehen, auch in die Gewerkschaften im Zuge der anstehenden Tarifverhandlungen eine klassenkämpferische Politik zu tragen. Zum anderen richten wir uns auch die Jugendorganisationen „Jusos“, „Grüne Jugend“ und „Linksjugend solid“. Brecht mit der rassistischen, sexistischen und arbeiter_innenfeindlichen Politik eurer Parteien, die in der Opposition nur große Töne spucken und sich sofort den rechten und neoliberalen Kräften anbiedern, sobald sie im Bund oder Land mitregieren können!

Was schlägt Revo vor?

Als Anknüpfungspunkt einer Debatte um eine internationale Antikrisenbewegung schlagen wir der Konferenz eine Reihe von Forderungen vor. Dabei ist es uns wichtig, Forderungen, die konkrete Verbesserungen im Hier und Jetzt erzielen, mit Forderungen, welche die kapitalistische Produktionsweise gänzlich in Frage stellen und letztlich überwinden, zu verknüpfen.

Ein globales System der Überausbeutung von abhängigen Ländern durch imperialistische Länder hält Milliarden Menschen in künstlich erzeugter Armut. Um die Extraprofite der Monopolkonzerne abzusichern, wurde die koloniale Beherrschung durch ein differenzierteres System der ökonomischen Abhängigkeit, militärischen Intervention und diplomatischen Unterordnung ersetzt. Ausbeutung, Krieg und Klimakrise zwingen heute Millionen von Menschen zur Flucht und es werden mehr.

  • Für die Erlassung aller Schulden von abhängigen Ländern und internationale Produktionsstandards, kontrolliert durch Organe der Arbeiter_innenbewegung!
  • Für offene Grenzen und sichere Fluchtwege!
  • Staatsbürger_innenrechte für Alle
  • Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!
  • Dezentrale Unterbringung in dafür enteignetem und frei wählbarem Wohnraum!

Wo soll der Wohnraum herkommen? Kein Problem, Leerstand gibt es genug! Immobilien sind ein gutes Anlagekapital und so wird mit unseren Wohnungen spekuliert, werden Preise in die Höhe getrieben. Obdachlosenzahlen steigen, Menschen werden an die Ränder der Stadt gentrifiziert. Jugendliche, die von zu Hause ausziehen wollen, werden an ihre Familien gefesselt und bezahlbarer Wohnraum ist kaum noch zu haben. Der Berliner Volksentscheid „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ hat bereits bewiesen, dass sich eine Mehrheit von Menschen für die Vergesellschaftung großer Immobilienkonzerne gewinnen lässt. Es liegt nun uns einen faulen Kompromiss mit dem Berliner Senat zu verhindern und für eine bundesweite Ausweitung der Initiative zu kämpfen.

  • Kollektiv organisierte Mietboykotte und politische Streiks, um die Enteignung zu erzwingen!
  • Wohnraum für Alle, bezahlbar und in gutem Zustand!
  • Immobilienkonzerne entschädigungslos enteignen und unter Selbstverwaltung durch Mieter_Innen stellen.

Nicht nur die Frage, wer migrantisiert wird und wer keine Wohnung findet, hat einen Klassencharakter. Auch wer den Großteil der Zerstörung unseres Planten zu verantworten hat! So produzieren allein 100 Konzerne produzieren 70% der weltweiten Emissionen. Wir fordern:

  • Schnellst möglicher Kohleausstieg! Energiekonzerne, die nicht gewillt sind auf eine sozial und umweltverträgliche Produktion zu wechseln müssen enteignet werden!
  • Konzerne die sich jahrelang an der Umweltzerstörung bereichert haben, müssen für den Schaden aufkommen! Investition in die Forschung und Aufbau von wirklich umweltfreundlicher Produktion, in Renaturalisierung, ect. durch Besteuerung der Klimakillerkonzerne!
  • Kostenlose Umschulungsprogramme und Erschließung neuer Jobs für Menschen deren Branche wegfallen und Menschen die bereits arbeitslos sind!

Die Probleme, mit denen wir uns schon seit der Einschulung herumschlagen mussten, die aus diesem scheiß System kommen, das das Geld lieber in die Rüstung als in die Bildung steckt, diese Probleme sind seit Corona nochmal viel deutlicher zu Tage getreten. Wir fordern:

  • Kleinere Klassen und dafür mehr Lehrpersonal und mehr sozialpädagogische und psychologische Fachkräfte!
  • Kostenlose digitale Endgeräte und Lehrmittelfreiheit!
  • Gleiche Mitbestimmungsrechte bei den Lehrplänen und beim Unterrichtsstoff durch gewählte Organe von uns Schüler_innen!



Kein LNG-Terminal in Brunsbüttel!

Against Gas, Fracking& Colonialism: Revolution unterstützt den Global Action Day am 30.7.21! Auf gehts zu Ende Glände nach Brunsbüttel!

An dieser Stelle spiegeln wir einen Artikel, der zuerst von der Gruppe Arbeiter_innenmacht auf https://arbeiterinnenmacht.de/ veröffentlicht wurde.

Zum Wechsel vom Juli auf den August ruft Ende Gelände (EG) zu
Massenaktionen in Brunsbüttel auf. Der Protest richtet sich gegen ein
LNG-Terminal, welches sich im Planfeststellungsverfahren befindet.
Darüber hinaus richtet sich die Aktion allgemein gegen fossile Gase als
vermeintlich grüne Alternative zu Kohle und Erdöl. Am 31. Juli wird zu
einer Demonstration unter dem Motto  „Sauberes Gas? Dreckige Lüge! LNG
Terminal Brunsbüttel versenken!“ in Brunsbüttel aufgerufen.

Gas und globale Konkurrenz

Mit dem Ort an der Elbmündung und dem westlichen Ende des
Nord-Ostseekanals, den täglich hunderte Schiffe aus aller Welt
passieren, ist nicht nur der Wunschstandort für das LNG-Terminal (LNG =
Liquified Natural Gas; verflüssigtes Naturgas) von der Energiewirtschaft
strategisch günstig ausgesucht, sondern als Ort des Protestes auch für
Ende Gelände eine politisch interessante Wahl. Schließlich macht EG zu
Recht auf die globale Dimension des LNG-Terminals aufmerksam.

Diese wird nicht nur angesichts der Ausbeutung halbkolonialer Länder
zur Förderung von Öl und Gas deutlich, sondern auch, wenn wir unseren
Blick zunächst auf die Ostsee richten. Hier wird mit Nord-Stream 2 eine
weitere Erdgaspipeline die direkten Lieferkapazitäten von Russland nach
Deutschland und Zentraleuropa ausweiten, ganz ohne dabei die aus Sicht
des russischen Imperialismus politisch unliebsamen Gebiete der Ukraine
oder Polens zu passieren. Aber die Dimension ist freilich größer. Der
scharfe Kurs, die Sanktionsdrohungen der Trump-Regierung gegen
Nord-Stream 2 und daran Beteiligte war ein offener Ausdruck der globalen
Konkurrenz der USA gegenüber Russland. Denn: Die USA sind mittlerweile
Weltmeister in der Erdgasförderung dank dem besonders umweltschädlichen
Fracking-Verfahren. Dass rund die Hälfte des Erdgases für Deutschland
aus Russland kommt, störte den Trump-US-Imperialismus. Problem: Von den
USA nach Europa kann Gas nur per Schiff, energieaufwändig und teuer,
transportiert werden, und es braucht einen speziellen Hafen dafür – ein
LNG-Terminal. Der Druck der USA ging  dann letztlich auch so weit, dass
Bundesfinanzminister Scholz gar eine Milliarde Euro Förderung für ein
Terminal zusicherte, solange Nord-Stream 2 weitergebaut werden dürfe.

Die Abwahl Trumps und die Neuausrichtung der US-Außenpolitik unter
Joe Biden sorgte im Mai dann zu einem Absehen von weiteren
Sanktionsdrohungen – aus Interesse an einem besseren Verhältnis zu den
europäischen PartnerInnen, wie es hieß. Trotzdem hat die kleine Krise
bewiesen, dass die deutsche Energieversorgung, die im Falle von Erdöl
und -gas absolut importabhängig ist, zusehends schneller mal zwischen
die Fronten der Weltpolitik und der Konkurrenz zwischen Erdgas
exportierenden Staaten geraten kann. Während andere europäische Staaten,
wie zum Beispiel die Niederlande oder Frankreich, über eigene Kais für
Flüssiggastanker verfügen, fehlen solche in der deutschen
Energielandschaft.

Brückentechnologie?

Der Ausbau der Erdgasinfrastruktur, die im Falle Brunsbüttels
übrigens unter Beteiligung der deutschen Oiltanking GmbH und zweier
niederländischer Energiekonzerne in einem Joint Venture betrieben wird –
die internationalen Wirtschaftsinteressen lassen weiter grüßen – wird
aber nicht nur aus weltpolitischen Interessen heraus vorangetrieben. Vor
allem stellen Energiekonzerne und Politik ihn als unumgänglichen
Meilenstein auf dem Weg zur fossilfreien Energieerzeugung dar. Begründet
wird dies mit derzeit unzureichenden erneuerbaren Energien und der
vermeintlich besseren Umweltbilanz von Erdgas. Im Verbrennungsprozess
mag dies stimmen, da bei dem Hauptbestandteil Methan (CH4) auf vier
Wasserstoffatome nur ein Kohlenstoffatom kommt, ergo weniger
Kohlendioxid emittiert wird. Jedoch weisen Studien auch darauf hin, dass
im Förderungs- und Transportprozess des Erdgases zu einem gewissen
Prozentsatz Methan frei wird und in die Atmosphäre gelangt, wobei dieses
selbst zu den Treibhausgasen gehört und auf kurze Sicht (Stichwort 1,5
Grad-Ziel usw.) bei gleicher Menge um ein Vielfaches schädlicher wirkt
als CO2. Unterm Strich bleibt also, in der Verbrennung wie beim
Transport und im Fracking erst recht: Grünes Erdgas ist eine schmutzige
Lüge.

Völlig richtig weist EG außerdem darauf hin, dass der Erdgasausbau
einen negativen Reboundeffekt auf die eigentliche Energiewende hat. Wo
Kapital erst mal investiert ist, soll es sich  auch lohnen. Bis ein
nagelneuer LNG-Hafen abgeschrieben ist und sich das Kapital so weit
verwertet hat, dass ein Weiterbetrieb nicht mehr lohnt, dauert es
Jahrzehnte, die die Energiewende effektiv ausbremsen.

Das was an Erdgas als wirklicher Brücke hin zu einer echten
schnellstmöglichen Energiewende mit stabiler Energieversorgung aus
erneuerbarer Energie und gelöster Speicherproblematik notwendig wäre
(Pipelines, Gasspeicherkavernen), dafür ist die Infrastruktur längst da
und die Versorgung ausreichend. Der Ausbau geschieht somit aus rein
wirtschaftlichen Interessen der Energielobby heraus.

EG und das Programm

Demgegenüber fällt EG ins andere Extrem und fordert den sofortigen
Gasausstieg (wie auch den aus der Kohle). Nimmt man die Forderung beim
Wort, dann kann es durchaus sein, dass es schnell dunkel wird – und im
Winter auch kalt. Wenn wir EG ernst nehmen – und als zentrale, radikale
Kraft in der Umweltbewegung stellt sich die Bewegung selbst dar – nimmt
sie hier zumindest das Risiko eines Blackouts, der einer
fortschrittlichen Lösung der Klimakrise wohl kaum zuträglich sein
dürfte, in Kauf. Oder aber EG meint „sofort“ nicht im engen Sinn des
Wortes. Dann riecht die Forderung aber doch nach einer populistischen
Note, die in ihrer politischen Rezeptur anscheinend jenen Platz
einnimmt, an dem nach so vielen Jahren der Grubenbesetzung und des
Protests längst ein grundsätzliches, konkretes Programm der
antikapitalistischen Energiewende stehen könnte.

Angekommen, dass „schnellstmöglich“ die richtige und ernstzunehmende
Forderung wäre. Was heißt das? Im antikapitalistischen Verständnis:
alles, was Produktivkräfte und Technik so schnell wie möglich hergeben.
Wer aber bestimmt das? Die Frage danach, wer die Energiewende macht,
beantwortet EG regelmäßig mit „Handarbeit“. Das stimmt nicht mal für die
Tage, an denen Gruben besetzt werden und ein bisschen Leistung in
Kohlemeilern runtergefahren werden muss. An allen anderen Tagen bleibt
die Frage unbeantwortet. Das Feld (auf dem demnächst die Gastanks
stehen) wird Regierung und Konzernen überlassen, bei deren Wirken
vielleicht noch ein bisschen die GewerkschaftsbürokratInnen der IG BCE
mitspielen, die sich über Brunsbüttels neue Arbeitsplätze schon ganz
eifrig freuen.

ArbeiterInnenklasse

Und da treffen sich dann auch alle Genannten: von EG über Scholz und
German LNG bis IG BCE. Sie alle betrachten die, die in der Energiewende
Arbeitsplätze mal gewinnen und mal verlieren, als mehr oder minder
passives Objekt. Dabei wären doch die Beschäftigten des Energiesektors
mit ihrem technischen Know-how tatsächlich die Einzigen, die eine
Energiewende schnellstmöglich verwirklichen könnten, fernab von
Kapitalinteressen. Dabei wäre es auch noch möglich, dass  tausende Jobs
entstehen, weniger gearbeitet wird und trotzdem der Lohn gleich bleibt.
Kurz, die ArbeiterInnen in der Energiebranche müssten für einen
demokratischen, von ihnen kontrollierten Notfallplan zur Energiewende –
nicht zuletzt durch EG – gewonnen werden.

Eckpunkte dessen sollten sein:

  • Für die ökologischen Katastrophen ist die herrschende Klasse
    verantwortlich – daher soll sie für die Schäden aufkommen!
    Entschädigungslose Enteignung der Energie- und Transportindustrie unter
    ArbeiterInnenkontrolle! Nein zum LNG-Terminal – weder in der ökologisch
    sensiblen Marsch noch woanders in der BRD!
  • Für den schnellstmöglichen organisierten Ausstieg aus der
    fossilen Energiegewinnung und Einstieg in klimaneutrale Erzeugung im
    Rahmen eines Energieplans unter ArbeiterInnenkontrolle! Für einen
    solchen Plan auf europäischer und weltweiter Ebene, der Verkehr,
    Industrie, Haushalte, Strom- und Wärmegewinnung integriert!
  • Für eine Aufteilung der Arbeitszeit auf alle – für die
    30-Stundenwoche bei vollem Lohn- und Personalausgleich! Für ein
    öffentliches Programm gesellschaftlich nützlicher Arbeiten und
    dementsprechende Umschulung bei einer Bezahlung, die mindestens dem
    bisherigen Entgelt entspricht!
  • Weg mit dem Emissionsrechtehandel und der Subventionierung von
    „regenerativer Energie“! Den „blind“ wirkenden Marktmechanismen setzen
    wir das bewusste, planmäßige Eingreifen in die Produktion entgegen. Für
    die Förderung von Energie und Ressourcen sparenden Techniken, bezahlt
    vom Kapital!
  • Für ein globales Programm zur Wiederaufforstung von Wäldern, der
    Renaturierung von Mooren und zum Schutz des Bodens und der Meere als
    CO2-Senken! Entschädigungslose Enteignung von LandbesitzerInnen,
    nachhaltige Bewirtschaftung unter Kontrolle der ArbeiterInnen und
    Bauern/Bäuerinnen!
  • Für Forschung nach neuen Energien und zur Lösung der
    Speicherproblematik der erneuerbaren Energien (Power to Gas) unter
    ArbeiterInnenkontrolle und auf Kosten der Energiekonzerne!
  • Gegen die Spaltung zwischen Umweltbewegung und Beschäftigten in
    umweltgefährdenden Betrieben! Umschulung und neue Arbeitsplätze zu
    gleichen Löhnen und Arbeitsbedingungen! Gegen prekäre Beschäftigung in
    der Branche erneuerbarer Energien: gleiche Bedingungen für alle
    Beschäftigten in Windkraft-, Solarbetrieben wie für jene in Bergbau,
    AKWs und bei den Stromkonzernen!
  • Wenn die Energiewende schnellstmöglich passieren soll, braucht
    es eigene Kampfaktionen der Beschäftigten! IG BCE und ver.di: Brecht mit
    den Konzernen, die die Lebensgrundlage der Menschheit zugunsten des
    Profits zerstören! Für den politischen Massenstreik, der ein
    ökologisches Sofortprogramm der ArbeiterInnen selbst durchsetzt!