Ein neues Wir-Gefühl – mit dem Klassenfeind?

Von Maximilian Macht und Felix Ruga

Menschenmassen mit Deutschlandfarben im Gesicht bemalt oder schwarz-rot-goldene Mützen oder Fahnen sieht man nicht nur bei den vielen organisierten Public Viewings, sondern auch in Restaurants, Kneipen oder Spätis, wo die EM-Spiele übertragen werden. Falls ein Tor fällt oder das Spiel gewonnen wird, hört man lautstark den Namen des Landes und vielleicht gibt’s sogar am Ende ein Autokorso oder ein Feuerwerk. In der Halbzeit kommen dann die Tagesthemen, in denen es darum geht, dass Scholz es jetzt mit aller Gewalt versucht, doch noch Abschiebungen in „sichere“ Drittstaaten zu ermöglichen. Oder Pistorius erklärt uns, dass es mit der Kriegstüchtigkeit endlich mal vorwärts gehen müsse, damit Deutschland „Verantwortung übernehmen“ kann.

Die meisten in der radikalen Linken werden sich verständlicherweise von Fanzonen und einem Check24-Trikot fernhalten. Aber wie sollten wir politisch dazu stehen und welche Fragen wirft das für uns auf?

Endlich unverkrampft

Bis noch vor gar nicht allzu langer Zeit hatte es noch etwas Anrüchiges, wenn man stolz die schwarz-rot-gelbe Fahne im Garten stehen hatte oder sich damit einhüllte. Das war eher etwas, was man mit rechtem Gedankengut verbunden hat, und sicherlich hat es auch heute noch was davon, auch wenn es sich ändert. Denn mit der Wiedervereinigung, dem damit verbundenen nationalistischen Taumel und der Neuausrichtung des deutschen Imperialismus wurde hier eine Bresche geschlagen, und das hat das „Sommermärchen“, also die Fußball-WM 2006 in Deutschland, vollends normalisiert. Damals wurde voller Begeisterung von Presse und Politik verkündet, dass man nun endlich wieder ohne politische Hintergedanken patriotisch und stolz auf Deutschland sein dürfe. Bei diesem Gefühl hat zum einen der millionenfach verkaufte Deutschland-Merch von Fähnchen bis Autospiegelüberzieher eine große Rolle gespielt, aber auch das erstmalige Aufkommen von großangelegten Public Viewings, bei denen man in der Sonne mit seinen Freund:innen, der Familie und hunderten anderen Leuten das Spiel geguckt hat und so eine Volksfest-Stimmung aufgekommen ist.

Und das ist mit Sicherheit auch der größte Reiz, weswegen internationale Fußballturniere so massenhaft die Menschen bewegt: Es entsteht ein Gemeinschaftsgefühl, denn alle sind jetzt hier auf der gleichen Seite, nämlich „für Deutschland“. Wenn man mal kritisch nachfragt, werden viele auch erstmal sagen, dass es dabei vor allem darum geht, dass man halt gemeinsam die Fußballmannschaft („unsere Jungs“) unterstützt. Aber auch, dass es halt normal sei oder sein sollte, dass man „sein Land“ unterstützt. Und sowieso ruft man ja auch nicht „Olé DFB!“, sondern „Deutschland, Deutschland!“. Auch wenn es für Viele in erster Linie ein spaßiges Event zu sein scheint, normalisieren und verbreiten sich damit nationalistische Annahmen von Zugehörigkeit und „wir gegen die“.

Nationalismus und seine Funktion

Nationalismus schafft ein verfälschtes Gemeinschaftsgefühl von Familie, Heimat und dessen „Schutz“. In der Realität sind das aber höchst widersprüchliche Dinge und mit Sicherheit nicht die wohlig-weichen Gemeinschaften, wie sie von bürgerlicher Seite gemalt werden: In der Familie reproduziert sich die Unterdrückung von Frauen, von queeren Menschen und von Jugendlichen. „Das Heimatland“ wird bestimmt und kontrolliert durch das Kapital und seinen Staat und damit auch sicherlich nicht „unser Land“. Und „Schutz“ eben dieser bedeutet meist Angriff auf äußere und innere „Feinde“, also Krieg und Repression. 

Dennoch spielen diese Vorstellungen eine sehr wichtige Rolle für den Kapitalismus, nämlich als eine ideologische Grundlage der Verblendung und Ausbeutung, um seine Existenz zu sichern. Nationalismus zu stärken ist in Krisenzeiten vom Kapitalismus eine wichtige Technik des bürgerlichen Staates, denn die „notwendigen“ Sparmaßnahmen, kriegerischen Entbehrungen und Angriffe auf die demokratischen Rechte müssen ja irgendwie gerechtfertigt werden, da sie offensichtlich gegen die Interessen der großen Mehrheit der Gesellschaft, der Arbeiter:innenklasse, stehen. Also sagen Staat und Kapital: „Schaut her, wir sind doch alles Deutsche und wir müssen nun gemeinschaftlich die Interessen Deutschlands vertreten“, was zuverlässig immer bedeutet, sich den Interessen des Staates und des Kapitals unterzuordnen, indem man sich den „Notwendigkeiten“ der internationalen Konkurrenz ergibt. Letztendlich geht es darum, die Arbeiter:innenklasse in solchen Momenten ideologisch zu integrieren und zu spalten, ob durch Rassismus, Sexismus oder Anderem, um diese verstärkt auszubeuten. Das Kapital versucht also, reelle Gemeinschaften und Solidarität mit Mystischen zu ersetzen.

Rassisten und ihre Widersprüche

Für die Spieler ist es ein Moment, in welchem sie sich als nationalistisches Aushängeschild des Staates hergeben müssen, um im Wettbewerb gegen andere zu gewinnen. Für diesen Wettbewerb stellt der deutsche Staat seinen Rassismus momentan beiseite, um nicht-weiße Spieler für sich spielen zu lassen, um dann kurz davor wieder Rassismus als Wahlkampfthema Nummer eins zu verwenden. Deutlich wird dies durch die Kommentare von Olaf Scholz, welcher vor einiger Zeit forderte, wieder „im großen Stil abzuschieben“. Gleichzeitig seien die Spieler „alles Deutsche“ und „unsere Jungs“, um ein Zeichen gegen den Rassismus jener 30 % zu setzen, welche sich laut einer Umfrage der ARD wünschten, weniger Menschen mit Migrationshintergrund in der Nationalmannschaft zu haben. Problematisches Verhalten von Fans im Kontext von „Wir gegen die“ schlägt nicht selten in offenen Rassismus um, wenn nun ein Spieler die „Frechheit“ hat, bei der Nationalhymne nicht mitzusingen oder schlichtweg nicht wie erhofft performt, oder ein anderer Fan die falsche Fahne mit sich trägt.

Mit dem internationalen Rechtsruck ist ein Anwachsen von Nationalismus für Rechte vorteilhaft, und die EM kommt dort sehr gelegen. Denn auch innerhalb des bürgerlichen Lagers gibt es einen Kampf darum, welche konkrete Bedeutung nun der deutsche Nationalismus haben sollte. Liberale sprechen davon, dass Deutschland ja jetzt zeigen könnte, wie offen, gastfreundlich und tolerant es sei, und dass das sei, was man meine, wenn man „stolz auf Deutschland“ ist. Ausdruck dessen sollte auch das neue, pinke Ausweichtrikot sein, das laut dem ehemaligen DFB-Geschäftsführer Bierhoff „den Nerv der Kids“ treffen sollte, also gewissermaßen dem etwas angestaubten Nationalismus neuen Lack verleihen. Die Rechten sehen das natürlich anders: Nicht nur gab es online schwere Wutausbrüche wegen des Trikots, was als „unmännlich“ wahrgenommen wird. Die AfD will den Pride Month zum „Stolzmonat“ umdeuten und dieser fällt dieses Jahr in die EM. Maximilian Krah sagte deshalb, dass der Stolzmonat das „Gegenmodell zum Pride Month, zur Pride EM, zum Regenbogen“ sei.

Was machen wir daraus?

Aus all dem sollte klar geworden sein: Diesen nationalistischen Taumel zu jeder WM und EM sollten wir kritisieren und ablehnen. Aber es macht dabei keinen Sinn, uns über die einzelnen Fans zu erheben und dafür zu maßregeln, denn die Allermeisten gehören zur Arbeiter:innenklasse und haben den nachvollziehbaren Wunsch, in einer widersprüchlichen und unterdrückerischen Gesellschaft etwas Gemeinschaft zu erleben und einfach für ein paar Stunden eine gute Zeit zu haben, auch wenn man dabei als Linke ziemlich Bauchschmerzen haben dürfte. Im privaten Umfeld kann es auch durchaus sinnvoll sein, etwas kritische Reflexion anzustoßen. Auf politischer Ebene sollten wir aber selbstverständlich dagegen agitieren, wenn dies in rassistischen oder sexistischen Angriffen mündet – sei es von Fans oder der Regierung, die die EM-Stimmung als Rückendeckung missbraucht.

Vielmehr macht es eine Frage für fortschrittliche Kräfte auf: Wie können wir selbst kollektive Erlebnisse der Gemeinschaft schaffen? Neben massenhaften politischen Aktionen können solche Dinge wie Fußball dabei sogar eine Rolle spielen: Denn Fußball ist gewissermaßen ein Sport der Arbeiter:innenklasse, ein Massensport mit Vereinsstrukturen mit 7 Millionen Mitgliedern allein in Deutschland. Fußball hat erst so eine große gesellschaftliche Relevanz bekommen, als die Arbeiter:innen sich den 8-Stunden-Tag und höhere Löhne erkämpft haben, denn so war nach der Arbeit Zeit, zum Training zu gehen und samstags zum Spiel. Man muss sich dafür nur mal angucken, wann die meisten großen Vereine gegründet wurden.

Andererseits ist der Fußball fest unter der Kontrolle des Kapitals. Dagegen müssen wir auch kämpfen, um uns den Fußball wie den Sport allgemein zurückzuholen. Hierbei macht es zum einen Sinn, uns die Geschichte der Arbeiter:innensportvereine ins Bewusstsein zu rufen, aber auch als klassenbewusste Jugendliche und Arbeiter:innen organisiert in den existierenden Vereinen und Verbänden zu wirken, dabei den Sport zu politisieren, zu demokratisieren und den Einfluss des Kapitals zurückzudrängen. Letztendlich muss es gesellschaftlich darum gehen, den Breitensport gegenüber dem Spitzensport zu fördern, zu verallgemeinern und für weite Teile des Proletariats überhaupt erst zu ermöglichen. Damit würde auch den Spitzenwettbewerben gänzlich ihr Charakter als unerreichbare und vergötterte Ereignisse verloren gehen. Somit könnten wir diesen passiven Konsumnationalismus des Fernsehschauens ersetzen durch echte und erlebte Gemeinschaft, was letztendlich nur durch die Überwindung der gesamten Ausbeutergesellschaft vollends möglich wird!




UEFA-EM 2024: Fußtritte gegen demokratische Rechte

von Bruno Tesch, ursprünglich erschienen in der Neuen Internationale 283 der Gruppe Arbeiter:innenmacht, Juni 2024

Am 14. Juni beginnt die Fußballeuropameisterschaft (EM 2024) der Männermannschaften und endet einen Monat später. Sie wird dieses Mal In Deutschland an 10 Spielstätten ausgetragen. Das rein sportliche Spektakel wird jedoch von innen- und weltpolitischer Krisenhaftigkeit und Unsicherheit in Beschlag genommen. Regierungen nutzen solche Großveranstaltungen, die massenhafte Aufmerksamkeit auf sich ziehen, gerne, um sich gleichzeitig im Licht erfolgreicher Nationalteams zu sonnen und währenddessen bspw. unpopuläre Gesetze zu installieren. Diesmal wird die Öffentlichkeit jedoch bereits im Vorwege hellhörig durch Pläne der deutschen Bundesregierung, die EM als Vorwand für verschärfte politische Repression zu projektieren.

Ausbau des EU-Sicherheitsapparats

Die Vorbereitungen zur Großveranstaltung laufen auf Hochtouren und auch die Bundespolizei bereitet sich sehr gründlich darauf vor. „Die Sicherheit der Fußball-EM bei uns im Land hat höchste Priorität. Alle Sicherheitsbehörden bereiten sich hochprofessionell vor. An allen Spielorten und überall, wo sich viele Menschen bewegen, gilt: Die Polizei wird hohe Präsenz zeigen. Dafür bin ich den Landespolizeien und unserer Bundespolizei sehr dankbar“, so Bundesinnenministerin Nancy Faeser.

„Dabei intensivieren wir die Maßnahmen auf allen Verkehrswegen für die Sicherheit der Fußballfans und Reisenden. In Zügen und Bahnhöfen wird die Bundespolizei die Präsenz erhöhen“. Alle Maßnahmen wären eng mit den Polizeien der Länder, Grenzpolizeien der deutschen Anrainerstaaten, Eisenbahnverkehrsunternehmen, Flughafenbetreiber:innen und relevanten Sicherheits- und Ordnungspartner:innen abgestimmt.

Die Bundespolizeidirektion Koblenz wird hier an insgesamt neun Grenzübertrittsorten zu Frankreich, Luxemburg und Belgien die Reisebewegungen überwachen. Von dort aus erfolgen gemeinsame Streifen mit der Bundespolizeiinspektion Saarbrücken und den Kolleginnen und Kollegen der französischen Police aux Frontières (Grenzpolizei) sowie des Service National de la Police Ferroviaire (französische Bahnpolizei). Außerdem gibt es für Schwerpunkteinsätze ein gemeinsames Kommissariat.

Mit Frankreich sind etwa gemeinsame Polizeieinheiten und Streifen im grenzüberschreitenden Bahnverkehr geplant. Die Ministerin hob hervor, dass auch bei der Abwehr hybrider Bedrohungen und beim Schutz vor Terrorismus eng mit Frankreich zusammengearbeitet wird.

Regierungsoffziell heißt es: Im Fokus stehen der Schutz vor Islamist:innen und anderen Extremist:innen, vor Hooligans und weiteren Gewalttäter:innen sowie die Sicherheit der Netze.

Diese Konzeption wird ergänzt durch eine stärkere Kooperation des Staatsapparats auch auf Länderebene. So hat etwa der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul für die Fußball-Europameisterschaft erhöhte Sicherheitsmaßnahmen angekündigt. Teil des Konzepts: Urlaubssperre für Polizist:innen und ein internationales Polizeizentrum in Neuss. Teil dieser Aufrüstungspläne ist auch ein besserer Datenaustausch zwischen Behörden. Die derzeitige Kommunikation sei unter anderem aus Datenschutzgründen eingeschränkt und wichtige Informationen dürften nicht weitergegeben werden. Um dem entgegenzuwirken, seien Reuls Ansicht nach verbesserte Instrumente wie die umstrittene Vorratsdatenspeicherung erforderlich. So wird die Fußball-EM zum „zivilen“ Test für weitere staatliche Überwachung.

Staatsräson im DGB: die Gewerkschaft der Polizei (GdP)

Als spezielle Scharfmacher:innen für Hass und Hetze erweisen sich wieder einmal die Spitzen der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Der Bezirksvorsitzende für Bundespolizei und Zoll, Andreas Roßkopf, meinte: Im Visier der Kontrollen stünden vor allem „die Fangruppierungen, gewaltbereite Hooligans, aber natürlich auch – islamistische Vereinigungen“.

„Und da brauchen wir – und haben auch – die Hinweise aus nationaler und internationaler Zusammenarbeit.“ Mit dieser besonderen Belastung zur EM habe man aber bereits gerechnet und sei vorbereitet.

Da muss dann sogar der Anschlag in einem „befreundeten“ Land auf eine Moskauer Konzerthalle Ende März 2024 herhalten, der mutmaßlich von ukrainischen Nationalist:innen verübt worden ist, ebenso wie ein Posting einer islamistischen Gruppierung in den sozialen Medien, das plakativ drei EM-Spielorte als Anschlagsziele nennt, um den aufgefahrenen Sicherheitsapparat zu verteidigen.

Ein Hintergedanke der sicherheitspolitischen Kooperation ist nicht zuletzt das imperialistische Interesse der Bundesrepublik, ihre Führungsposition in der Europäischen Union zu stärken und auch die noch nicht kriegstüchtige eigene Bevölkerung an die angebliche Notwendigkeit von polizeilicher Präsenz und finanziellen Opfern für Aufrüstung zu gewöhnen. Sie kann sich der stetigen Unterstützung durch staatslammfromme DGB-Gewerkschaften dabei sicher sein.

Die Positionierung der GdP verdeutlicht außerdem einmal mehr, dass die Polizeigewerkschaft im DGB nichts verloren hat. Gewerkschafter:innen, die gegen Spaltung und Repression am Arbeitsplatz, gegen Rassismus, Überwachungsstaat und Militarisierung kämpfen, brauchen keine Interessensvertretung des Staatsapparates in den eigenen Reihen, sondern müssen für den Ausschluss der GdP aus dem DGB eintreten.

Repression und Rassismus

Selbstverständlich ist diese Sicherheitslawine nicht erst in Erwartung einer solchen Veranstaltung überstürzt losgetreten worden. Dieses Paket reiht sich vielmehr als strategisches Kalkül der herrschenden Klasse ein, das eine rassistische Politik mit repressiven Maßnahmen gegen linkere Opposition verbindet. Die Asylgesetzgebung der bürgerlichen „Mitte“ passt nahtlos mit der Erstickung von Solidaritätsbekundungen für die palästinensische Bevölkerung zusammen, die in die Ecke „terroristischer Bedrohung“ gestellt werden. Die Verschärfung des Strafrechts beinhaltet auch eine Neudefinition von Gewalt, die Vollzugsmaßnahmen wie Abschiebung und Zwangsexmatrikulation unmittelbarer und auf höherer Eskalationsstufe spüren lässt.

Die EM nahm Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) dankbar als Steilvorlage auf und forderte rasche Konsequenzen für Gewalttäter:innen. Er teilte der Zeitung „Bild am Sonntag“ mit, auch Hooligans und Krawalltourist:innen würden sich auf den Weg nach Deutschland machen. Wenn Straftaten begangen würden, sollte dort, wo es möglich sei, die Strafe auf dem Fuße folgen.

Kritik

Es erhebt sich aber auch Kritik im bürgerlich-liberalen Lager gegen den Sicherheitshype. So moniert bspw. der Deutsche Anwaltsverein drei problematische Überwachungstechnologien, die nun auf keinen Fall etabliert oder weiter ausgeweitet werden dürften. Dazu gehören Staatstrojaner, die Zugriffe auf PCs legitimieren, durchgängiger Einsatz biometrischer Gesichtserkennungsprozeduren sowie anlasslose Vorratsdatenspeicherung. Zu den Eckpunkten des Sicherheitskatalogs zählt neben den genannten Pfeilern auch Präventionsarbeit durch die Unterstützung von Fanprojekten, z. B. durch das Fanbetreuungsprogramm „Fans welcome“.

Für die Polizei und den Staat stehen die Fangruppen selbst im Visier der verschärften Überwachung. Gegen diese, gegen die Kommerzialisierung des Sports, die bei den Großveranstaltungen besonders krass und überteuert hervortritt, gegen die verordnete Fankultur sollten sie sich organisiert zur Wehr zu setzen. Viele Fangruppen aus den Vereinen haben durch ihre bundesweit organisierten Proteste gegen die Machenschaften des DFL Deutsche Fußball Liga e. V. und Mauscheleien hinter ihrem Rücken mit zweifelhaften sportfremden Investor:innen nicht nur Erfolg gehabt, sondern auch bewiesen, dass sie als organisierte Kraft Kapitalkraken widerstehen können.

Diese Gruppen sind auch an den jeweiligen Spielorten stark vertreten. Sie könnten dabei die Kritik an der Kommerzialisierung der Veranstaltungen bis zum Public Viewing mit der am Überwachungswahn verbinden. Sie müssten sich dazu aber sowohl mit gewerkschaftlichen Organisationen abseits von GdP und Deutscher Polizeigewerkschaft (DPolG) wie auch mit internationalen Fanverbänden verbinden, Kontrollen und Einreisebeschränkungen entgegentreten. Statt der Polizei könnten die Fanclubs eigenständige Ordner:innendienste organisieren und so für einen geregelten Ablauf der Veranstaltungen sorgen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund überlässt es leider „seiner Fachvertretung“, der GdP, sich mit dem Thema Staatsaufrüstung im Namen der Sicherheit aller zu beschäftigen und klassenfeindlich hervorzutun.

  • Keine Grenzkontrollen!
  • Keine migrant:innenfeindliche Repression!
  • Keine Legitimierung von Überwachungseinrichtungen!
  • Nein zu allen Strafgesetz- und Sicherheitsverschärfungen!
  • Keine Mittel und Personal für polizeiliche Aufrüstung!
  • GdP raus aus dem DGB!
  • Organisierung von Sicherheitsvorkehrungen und Gegenwehr gegen staatliche Kontroll- und  Einreisewillkür durch internationale Fangruppierungen und Gewerkschaften!



Investoren raus aus der Liga! Gegen Kommerz, für Mitbestimmung von Fans und Angestellten!

von Brokkoli Bittner & Leonie Schmidt, Dezember 2023

Die Deutsche Fußballliga (DFL) stimmt einem Investoreneinstieg zu. Das hieß es letzte Woche überall in den Nachrichten. Und auch schon davor gab es eine große Debatte um das Thema, denn es ist nicht das erste Mal, dass ein Investoreneinstieg von der DFL diskutiert wird. Im Mai wurde das schon mal in Erwägung gezogen, aber damals von den Klubs abgelehnt. Die DFL hat nun kleine Teile geändert, doch die Kernprobleme bleiben bestehen. Denn die Bundesliga entwickelt sich zunehmend zu einem immer kommerzielleren Produkt. Dank dieser kürzlich verabschiedeten Reform können die Führungskräfte der DFL jetzt 8% der Einnahmen aus dem Verkauf der Fernsehübertragungsrechte an einen privaten Investor abtreten. Hierfür soll eine neue Tochtergesellschaft ins Leben gerufen werden. Dieser Handel dürfte insgesamt etwa eine Milliarde Euro generieren und soll eine maximale Laufzeit von zwanzig Jahren haben. Die neu erworbenen Mittel sollen dann für die digitale und internationale Vermarktung der Bundesliga eingesetzt werden, beispielsweise durch einen Streamingdienst oder finanzielle Unterstützung für Vereine, die Trainingslager auf anderen Kontinenten abhalten. Darüber hinaus sollen etwa 300 Millionen Euro an die Vereine der ersten und zweiten Liga fließen, um die sogenannte „internationale Konkurrenz“ zu gewährleisten und eventuell entstehende Verluste auszugleichen. Früher erhielten die Vereine die vollen Einnahmen aus den Medienrechten direkt nach einem festgelegten Schlüssel zugewiesen. Ein Teil dieser Einnahmen geht nun an die zukünftigen Investoren.

Auswirkungen

Dieser Schritt sorgt dafür, dass die Schere zwischen Liga und Fans immer größer wird. Schon jetzt haben die Fans viel zu wenig in der Liga und in den Klubs zu sagen. Auch das liegt mitunter daran, dass die meisten Klubs keine Vereine sind, sondern als Konzerne geführt werden. Sie werden also im Sinne einer gewissen Profitlogik betrieben, wo die Fans nicht mitentscheiden können und der Sport kapitalistisch ausgeschlachtet wird. Dies führt zu Streitigkeiten zwischen Fans und dem eigenen Klub, da oft Entscheidungen über Spieler, Trainer oder Sponsoren getroffen werden, die den Fans nicht passen.

Außerdem sehen wir seit Jahren immer nur dieselben Vereine in der Bundesliga, zumindest an der Spitze der Liga. Bei Ab- und Aufstiegen gibt es durchaus manchmal Überraschungen. Aber auch diese Eintönigkeit durch die Monopolbildung ist die Folge von Kommerzialisierung: Mächtige Profivereine mit gigantischen Werbedeals und Börsennotierung oder anderen Investoren durch namhafte Marken können sich natürlich bessere Spieler, Trainer, Trainingslager, Mannschaftsärzte und sonstiges Equipment leisten als kleine Vereine. Dadurch ist der Sport für manche uninteressanter geworden. Aber machen wir uns nichts vor: der deutsche Fußball hat nach wie vor den höchsten Zuschauerschnitt der Welt. Gerade deswegen ist hier für die Investoren auch viel zu holen. Außerdem sehen wir, dass auch jetzt schon die Ticketpreise steigen.

Und diesen Zustand soll jetzt ein Investor verbessern? Eine Liga, die durch Kommerzialisierung gegen die Interessen der Fans kämpft und seit Jahren keine neuen Spitzenvereine hervorbringt, so dass es ein wenig interessanter werden könnte, soll durch noch mehr Kommerzialisierung gerettet werden? Wohl kaum. Denn der Einstieg wird eher dazu führen, dass die hochrangigen Klubs noch mehr Möglichkeiten haben, an der Spitze des deutschen Fußballs zu bleiben, da nur sie es sind, die Teil einer internationalen Vermarktung sein können. Denn mal ehrlich: Welche internationalen Fans haben Zweitligavereine vorzuweisen?! Des Weiteren werden die Gelder immer noch nach dem festgelegten Schlüssel verteilt, der die bereits erfolgreichen Vereine klar bevorzugt. Ebenso ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Investoren auch ein Mitbestimmungsrecht einfordern, um ihre Profite so hoch wie möglich zu treiben. Dies könnte dazu führen, dass nicht nur am Wochenende gespielt wird, sondern auch unter der Woche. Denn wenn es mehr Spiele gibt, die nicht gleichzeitig stattfinden, kann mehr übertragen werden und die Profite gehen in die Höhe. Doch genau das zerstört auch Fan-Kultur. Denn es verunmöglicht den Fans ihren Vereinen, nachzureisen, wenn sie erst um 18 Uhr aus dem Betrieb kommen und am nächsten Morgen wieder auf der Matte stehen muss. Außerdem können aufwendige Choreografien nur noch schwer durchgeführt werden. Die Gefahr, dass die Ticketpreise weiter steigen, steht auch im Raum. Auch ohne Investoren in die DFL passiert das schon. Obwohl gerade bei einer Inflation sich auch ohnehin viele das Fansein nicht mehr leisten können, sehen wir auch in anderen Bereichen, zum Beispiel in Krankenhäusern oder beim Wohnen, wie die Privatisierung der breiten Masse geschadet hat.

Widerstand leisten!

Wir müssen also auch im Fußball wie überall Widerstand gegen die Kommerzialisierung leisten und diesen Widerstand gibt es sogar schon. Fangruppen haben in einem gemeinsamen Statement bekannt gegeben, dass es in den ersten 12 Minuten in den Kurven keine Gesänge und auch keine Fahnen geben wird. Zusätzlich wurden jetzt schon massenhaft Banner gegen die Vorhaben der DFL gezeigt, und Fans haben für Spielunterbrechungen gesorgt durch Pyrotechnik und das Werfen von Tennisbällen und Schokomünzen auf den Platz. Und mit diesen Kampfmitteln ist den Fans auch gelungen, andere Versuche der Kommerzialisierung der DFL zu verhindern. So wurde zum Beispiel der Montagsspieltag verhindert.

Doch hier geht es um mehr: Die DFL will eine ganze Sportart verscherbeln. Um das zu stoppen, muss mehr getan werden. Es muss sich zum Beispiel mit den Angestellten der DFL, der Vereine, der Security- und Catering-Firmen zusammengetan werden, denn die Interessen von Investoren könnten auch ihre Arbeitsbedingungen angreifen. Auch die Spieler müssen mit einbezogen werden, denn nur so können wir es schaffen, dass Spiele gar nicht erst außerhalb des Wochenendes stattfinden.

Forderungen

Außerdem müssen sich die Fans nicht nur gegen den Investoreneinstieg zusammentun, sondern auch gegen die allgemein fortschreitende Kommerzialisierung des Fußballs:

  • Gegen den Fußball der Konzerne. Wir wollen nicht, dass das Geld von GmbHs und AG gegeneinander spielt.
  • Für die Zerschlagung der Sportverbände und eine Enteignung unter Arbeiter:innenkontrolle!
  • Für mehr Mitbestimmung: Komitees für die Liga und die Vereine bestehend aus Fans, Spielern, Trainern und der Arbeiter:innenklasse!
  • Fußball muss sich jeder leisten können: Ticketpreise runter! Fußball ist Sport der Massen, nicht der Reichen.
  • Durchschnittliche Arbeiter:innenlöhne für Profisportler!



Was der Bundesligastart über den Zustand des Profifußballs aussagt:

Marcel Möbius

Seit dem 15. Mai wird in der 1. und 2. Bundesliga wieder
Fußball gespielt. Seit dem 30. Mai auch in der 3. Liga. Das Alles ohne
Zuschauer, als sogenannte „Geisterspiele“ und unter Einhaltung strenger
Hygieneregeln. Damit nimmt die Deutsche Fußball-Liga (DFL) im internationalen
Vergleich eine Vorreiterrolle ein. Nachdem dies sich als wirtschaftlich
lukrativ herausgestellt hat, werden andere große europäische Ligen diesem
Beispiel folgen. So wird in Spanien beispielsweise am 11. Juni der Spielbetrieb
fortgesetzt. Um dies möglich zu machen, werden extra regelmäßige Tests auf das
Coronavirus bei SpielerInnen und BetreuerInnen durchgeführt und diese in
Quarantäne gesetzt, wenn nötig. Dies ist besonders international ein Hohn, wenn
man betrachtet, dass in Italien und Spanien nicht einmal genügend Tests
existieren, um die Zivilbevölkerung zu versorgen. Allerdings sollen für den
Profisport hier massiv die Ressourcen locker gemacht werden. Dafür riskiert man
eine fortschreitende Verschlechterung der Versorgung der Zivilbevölkerung und
die Leben der ArbeiterInnenklasse. Dies alles tut man nur um den sportlichen
Wettbewerb aufrechtzuerhalten? – Wohl kaum! Man muss sich vor Augen führen,
dass der Profifußball ein riesiger Markt geworden ist, in dem es um hunderte
Millionen Euro geht. Es ist eine Unterhaltungsindustrie, die sich durch
Fernsehgelder, Werbekampagnen, Eintrittspreise und Merchandise finanziert.

Besonders deutlich wird die Entfremdung des Profifußballs
vom ursprünglichen Gedanken des Sport, wenn man betrachtet, dass der gesamte
Amateurfußball unverzüglich eingestellt wurde. Dies ist wiederum
nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass die meisten Amateursportvereine sich
ohnehin finanziell in miserablen Situationen befinden. Kaum ein Verein
generiert Überschüsse, die den Zwecken der Erhaltung der eigenen Infrastruktur
genügen. Zumeist ist man auf die finanzielle Unterstützung von Kleinunternehmen
angewiesen, für die der Verein zur Werbefläche wird. So zeigt sich, dass auch
bei Amateurvereinen die gleichen Mechanismen gelten wie im Profibereich.
Lediglich die Summen und die Größen von Vereinen und Unternehmen variieren.

Noch mehr verdeutlicht sich die Entfremdung des
Profifußballs vom Grundgedanken des Sports, wenn man betrachtet, welche
Transfersummen und Gehälter im Profifußball fließen. Nicht selten werden hier
Millionen als Jahresgehalt für Vollzeitsportler gezahlt. Das echt absurd, wenn
man es in Relation zu durchschnittlichen ArbeiterInnenlöhnen setzt – schon
allein im Vergleich, wenn man sieht, dass die Spieler vieler Vereine auf ihre
Gehälter ganz oder teilweise verzichtet haben, um die Lohnzahlungen der ArbeiterInnen
des Vereins zu sichern. Was wie eine große Geste wirkt, ist doch eher ein Akt
der Selbsterhaltung für die kapitalistische Maschinerie der Fußballindustrie.

Darüber hinaus hat die ökonomische Betrachtung des
Profifußballs auch einen sexistischen Aspekt, da im Frauenfußball die Gehälter
und auch die gesamte Marketingindustrie drum herum um ein vielfaches kleiner
sind, sodass es Vollprofifußballerinnen in Deutschland kaum gibt. Die Gehälter
reichen nicht aus, um den Lebensunterhalt zu sichern. Daher müssen die Frauen
neben dem zeitlich und körperlich ebenbürtigen Aufwand zum Männerfußball auch
noch Lohnarbeit oder einem Studium nachgehen.

Dabei ist es doch nicht die gesamte Industrie und das
Marketing, weshalb die meisten Menschen den Fußball mit Leidenschaft verfolgen
– aktiv im Amateurbereich, als aktive Fans im Stadion oder auch als stille
BeobachterInnen zu Hause. Fußball ist der beliebteste Sport der
ArbeiterInnenklasse in Deutschland, doch er hat sein Gesicht verändert – er
wurde bis zur Unkenntlichkeit von der Kommerzialisierung und der Vermarktung
aus Profitinteressen verdreht. Diese haben dazu geführt, dass sich allen voran
die Fußballverbände und FunktionärInnen daran bereichert haben. So ist es  auch kein Wunder, dass die Korruption
floriert. Dies sind Effekte, die sowohl in Europa, in der UEFA, wie auch im
Weltfußballverband FIFA, beobachtet werden können. Man sieht, dass auch die
50+1-Regel, die verbietet, dass ein Investor eine Entscheidungsmehrheit im
Verein erhält, den Ausverkauf der Vereine nicht aufhalten kann. Dabei ist es
nur eine Frage der Zeit, bis man in der Konkurrenz mit anderen Ligen, wo ganze
Klubs großen Sponsoren gehören, mit diesem Grundsatz bricht und Martin Kind,
Dietmar Hopp, Red Bull, Volkswagen, Bayer und anderen auch ganz offiziell den
Besitz an ihren Promoklubs überlässt.

Warum also begeistern sich trotz all dieser Probleme so
viele Menschen und besonders ArbeiterInnen und Jugendliche für diesen Sport?
Für Fans ist besonders der Zusammenhalt wichtig, dass der Fußball ein soziales
Event ist, welches Menschen verbindet. Gerade für Jugendliche, die durch den
allgemeinen Leistungsdruck und die Abhängigkeit durch das Konzept der
bürgerlichen Familie, unterdrückt werden, hat dieser soziale Aspekt des Sports
eine besondere Bedeutung. Hier bilden sich Fanszenen, die man durchaus wie
Subkulturen betrachten kann. Jeder ist gleich, wenn er in der Kurve das gleiche
Team anfeuert. Dabei können Menschen ganz verschiedener Charaktere, Ideologien
oder politischer Orientierungen zusammengebracht werden, auch wenn Fans sehr
politisch werden können, indem sich zB. jetzt die Fans der eigentlich
verfeindeten Vereine São Paulos im Kampf
gegen die Angriffe Bolsonaros zusammenschließen. Doch
abseits
davon geht um Emotionen: Euphorie bis zur Ekstase, Trauer und auch Wut – all
das leben Menschen im Stadion und auch auf kleineren Fußballplätzen aus, wenn
der sonst so triste Alltag aus Arbeit, Schule oder Uni eine Auszeit bekommt.
Probleme des Alltags können vergessen werden, wodurch diese Form der Unterhaltungsindustrie
besonders betrachtet werden muss, da es nicht nur um Unterhaltung wie im Film
geht, sondern darum, dabei zu sein und teilnehmen zu können – zumindest
gefühlt.

Im Block werden Menschen klassenübergreifend zusammengeführt
– so war es zumindest einmal. Die Kommerzialisierung drängt die
ArbeiterInnenklasse aus den Stadien – Leidenschaft, die mit Fangesängen voller
Kraft und Entschlossenheit, gelegentlich auch mit Pyrotechnik ausgelebt wird,
wird kriminalisiert und ist heute nicht mehr erwünscht. Ticketpreise steigen,
Stehplätze verschwinden und damit verschwindet auch die Leidenschaft und die
ArbeiterInnenklasse aus den Stadien. Dies verdeutlicht sich auch, wenn man
betrachtet, dass große Teile der Tickets an Sponsoren gegeben werden. Die Ultras,
die für die von allen so geliebte Stimmung im Stadion sorgen, werden von den
Medien kriminalisiert und diskreditiert. Dabei sind sie diejenigen, die allen
voran ihr Leben für ihren Verein aufopfern, oftmals auf eigene Kasse.

Die Gründe für diese Entwicklung sind ökonomisch begründet.
Wo Menschen in Massen Interessen entwickeln oder praktisch immer, wenn
irgendwas cooles im Kapitalismus entsteht, greifen Marktmechanismen und fangen
an, die Profite maximieren zu wollen und den Spaß zur Ware zu machen – so werden
Merchandise, Werbung und Pay-TV-Übertragungen auf die Plätze gebracht. Teilhabe
für Menschen der ArbeiterInnenklasse erschwert, da ein soziales Ereignis zu
einem finanziellen Problem wird. Ähnlich sehen wir diesen Effekt auch bei der
Kommerzialisierung von Musik, Kunst, Festivals, der Filmindustrie und
Ähnlichem.

Hiermit zeigt sich deutlich, aus welchen Gründen wirklich
der Profispielbetrieb nun fortgesetzt wird und dass dies nichts mit sportlichen
Interessen zu tun hat. Der Profifußball wird also nur aus Profitinteressen
fortgesetzt und damit die Gesundheit von SpielerInnen, BetreuerInnen und aller
ArbeiterInnen im Umfeld der Vereine riskiert.

Es gilt nun dafür einzutreten, dass Profisportler_Innen
durchschnittliche Arbeiter_Innenlöhne bekommen, Pyrotechnik legalisiert wird
und Ticketpreise reduziert werden, um die Teilhabe der ArbeiterInnenklasse an
sportlichen Ereignissen sicherzustellen.

Aus diesem Grund müssen wir nun gemeinsam als ArbeiterInnen
den Kampf gegen die Kommerzialisierung des Profifußballs und für den Schutz der
Gesundheit aller Beteiligten aufnehmen. Hierzu braucht es Streiks aller
ArbeiterInnen, die für Fußballvereine arbeiten, gemeinsam mit den SpielerInnen.
Dieser Kampf muss gemeinsam mit den Fans geführt werden. Die aktuellen Sportverbände
müssen zerschlagen und ihre Vermögen enteignet werden. Der Profisport muss
unter demokratische Kontrolle der Beteiligten gestellt werden – gemeinsam in
Räten von Sportler_Innen, Fans und anderen UnterstützerInnen.




Brasilien – neoliberales Wunderland?

Brasilien gehört heute zu den aufstrebenden Schwellenländern, den sogenannten BRIC-Staaten. Als dieser Begriff 2001 von der Rating-Agentur Goldman Sachs geprägt wurde, machten die BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) zusammen 12 % am Welt-BIP aus. Heute liegt dieser Anteil bei satten 25 % – die Rolle dieser Länder in der Weltwirtschaft hat also enorm zugenommen. In welche Richtung die ENtwicklung Brasiliens geht erläutert Rico Rodriguez.

Das trifft auch auf Brasilien zu, das heute vor allem Rohstoffe (Metalle, Erze etc.) und Agrarprodukte (Soja, Fleisch, Kaffee etc.) in die ganze Welt exportiert, aber auch die größte Industrie in Lateinamerika besitzt. Brasilianische Konzerne wie Petrobras (Öl und Gas), Vale (Bergbau) und Embraer (drittgrößter Flugzeughersteller der Welt) und Banken wie Bradesco und Itau spielen vor allem in Lateinamerika, aber auch zunehmend darüber hinaus eine große Rolle.

Auf einem guten Weg?

Im Gegensatz zu China wird Brasilien heute von vielen auch eine positive politische Entwicklung unterstellt. Nach zwei Jahrzehnten Militärdiktatur (1964 – 1985) gilt das Land heute als vorbildliche Demokratie für Südamerika. In den letzten 10 Jahren hatte das Land fast ein konstantes Wirtschaftswachstum zu verzeichnen, im Schnitt von ca. 5 %. 2010 nach der Finanzkrise konnte sogar ein Rekordwachstum von 7,5 % erreicht werden, was aber 2011 wieder recht harsch auf 4 % zurück fiel.

Die Finanzkrise konnte das Land bisher gut verkraften. Einerseits ist das Land weniger stark vom Export abhängig als andere Schwellenländer (der Export macht 13 % des BIP aus), andererseits hat das brasilianische Kapital auch von den hohen Weltmarkt-Preisen für Rohstoffe profitiert (in scharfem Gegensatz zu vielen Entwicklungsländern). Darüber hinaus haben viele Anleger aus den imperialistischen Ländern nach profitablen Anlegemöglichkeiten gesucht – und da ist gerade Brasilien hoch im Kurs. Als weiterer Grund spielt schließlich der relativ regulierte Bankensektor eine Rolle. Brasilianische Banken hatten ihre Finger relativ wenig bei globalen Finanzspekulationen im Spiel.

So konnte die Regierung auf ein solides Wachstum in den vergangenen 10 Jahren setzen und damit ein Ansteigen an Beschäftigung und des Binnenmarktes bei satten Gewinnen für die brasilianische Bourgeoisie verzeichnen.

Das Wachstumsmodell basiert auf einer stetigen Ausweitung des Konsums und einer Liberalisierung des Arbeitsmarktes und aller anderen Bereiche, also auf einem zügellosen Kapitalismus. Und das hat natürlich auch seine Schattenseiten, doch darauf kommen wir später.

Die PT-Regierung, sozial für die Arbeiter?

Dilma und Lula verstehen sich gut – untereinander und mit der Bourgeoisie

Seit 2001 regiert in Brasilien die Arbeiterpartei „Partido dos Trabalhadores“ (PT) mit einer Koalition aus anderen „linken“ Parteien. Als der Führer der PT Lula da Silva 2001 im vierten Anlauf die Wahlen gewann, war das eine Sensation in Brasilien, die gleichzeitig die Armen jubeln und die Reichen zittern ließ. Kein Wunder, Lula war Gewerkschaftsführer aus Sao Paulo. Die PT wurde 1983 im Zuge massiver Arbeitskämpfe gegründet, die auch einen politischen Charakter gegen die Militärdiktatur annahmen. Lula war Gewerkschafter in Sao Paulo und führte viele der damaligen Streiks an. Deswegen war er enorm beliebt unter den Arbeiter_innen im ganzen Land.

Außerdem war die PT schließlich eine Partei, die den Sozialismus zum Ziel hatte. Doch Lula hatte die Kapitalisten schon vor seiner Wahl beruhigt – die ganz großen Änderungen würden unter seiner Regentschaft nicht zu erwarten sein. Er machte ein Abkommen mit dem IWF, dass die Auslandsschulden weiter bediente und die Auflagen nicht brach. Nach seiner Wahl setzte er gleich Henrique Meirelles von der rechten Partei PSDB und Chef der „Bank Boston“ als Zentralbank-Chef ein. Ein „klares Signal“ an die einheimische und internationale Bourgeoisie.

So führte der „Arbeiterführer“ im Wesentlichen auch den neoliberalen Kurs seines Vorgängers Fernando Henrique Cardoso (FHC) fort. Er musste allerdings nicht mehr so viel privatisieren, das hatte sein Vorgänger schon erledigt. Die großen Versprechen hat er allesamt gebrochen. Er machte keine der Privatisierungen aus den 90ern rückgängig, eine konsequente Landreform wurde nie durchgeführt, die Mindestlöhne verbleiben auf einem niedrigen Niveau, der Raubbau an Mensch und Natur geht ungehindert weiter. Die Renten wurden unter seiner Regierung sogar weiter privatisiert: während FHC „lediglich“ die Renten für die Beschäftigten im privaten Sektor privatisiert hatte, dehnte Lula das auf die öffentlich Beschäftigten aus.

Auch seine Nachfolgerin Dilma, seit Ende 2010 Präsidentin, ebenfalls von der PT, setzt diesen Kurs fort. Gerade hat sie ein Konjunkturpaket für brasilianische Firmen aufgelegt. Insgesamt 26,3 Milliarden Euro werden der brasilianischen Bourgeoisie geschenkt, demgegenüber stehen Kürzungen im Haushalt 2011 von 20 und 2012 von 24 Milliarden Euro. Geld das natürlich vor allem im sozialen Bereich gespart wird. Gleichzeitig wurde ein neues Waldgesetz verabschiedet (Código Florestal), dass es den Agrarmultis erleichtert, weiter Wald für ihre Monokulturen zu roden.

Die Kehrseite der Medaille…

Das Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre basiert auf der extrem neoliberalen Politik unter FHC in den 90ern. Damals wurden alle großen Staatsbetriebe privatisiert und der Arbeitsmarkt liberalisiert. So haben prekäre Beschäftigungsverhältnisse überall in Brasilien zugenommen. Jugendliche finden fast nur noch über Leiharbeit eine Anstellung, werden schlecht bezahlt und können jederzeit entlassen werden (das kommt uns irgend woher bekannt vor…).

Die Bewohner_innen des „Pinheirinho“ rüsten sich gegen die Räumung ihres Viertels, das dem Erdboden gleichgemacht werden soll…

Zwar können sich heute viele Arbeiter_innen Handys und Fernseher kaufen. Doch was nützt das, wenn man in ständiger Unsicherheit lebt, das Bildungs- und Gesundheitssystem immer mehr ausgedünnt werden und die Rentenversicherung privatisiert wird? Ein großes Problem in Brasilien ist auch der Verkehr. Immer mehr Leute können sich Autos kaufen, was auch extrem propagiert wird. Ein Auto ist gleichbedeutend mit Entwicklung und Wohlstand. Doch der Verkehr in den Großstädten wird immer schlimmer. Es gibt praktisch keine Stadt- und Verkehrsplanung, und die Straßen sind hoffnungslos überfüllt. Stundenlange Staus stehen für Stadtbewohner_innen an der Tagesordnung. Der öffentliche Nahverkehr wurde natürlich auch privatisiert. Seitdem ist er teuer, wird immer schlechter und

ausgedünnt.

… doch gegen die Militärpolizei, die das Viertel mit massiver Brutalität – Tränengas, Schlagstöcken und Gummigeschossen – räumt, haben sie letztlich keine Chance, vorerst.

So ist auch die Wohnsituation in den Großstädten bei gleichzeitiger Landflucht ein großes Problem in Brasilien. Die Mieten sind unglaublich hoch, heute bereits auf europäischem Niveau. Ein Apartment in Rio de Janeiro für eine Person kostet locker 300 Euro. Ein Lehrer an einer staatlichen Schule verdient dem gegenüber gerade mal 500 Euro! In diesem Zusammenhang wurde Anfang dieses Jahres eine illegale Siedlung in Sao Paulo geräumt. Die Siedlung „Pineirinho“ wurde auf einem verlassenen Gelände errichtet, das einem Kapitalisten gehört. Die Bewohner haben es 2004 aus Wohnungsmangel besetzt und seitdem haben sich dort 6000 Menschen angesiedelt, darunter viele Familien mit Kinder. Der Kapitalist wollte sein Land jetzt wieder haben. Die Siedlung wurde Ende Januar von 2000 Militärpolizisten geräumt, die Bewohner_innen vertrieben – mit Tränengas, Schlagstöcken und Gummigeschossen. Und das ist keineswegs ein Einzelfall, sondern Programm in Brasilien.

Die Fußball-Weltmeisterschaft

Gerade sind die Menschen in Europa wieder im nationalistischen EM-Fieber. 2014 wird die WM in Brasilien stattfinden. Glaubt man der Regierung und der FIFA – ein Segen für das Land. Doch wie immer werden hier knallharte Geschäfte gemacht, die tatsächlichen Gewinner sind große Konzerne. Milliarden werden in Stadien investiert, gleichzeitig weigert sich die PT-Regierung seit Jahren, den Mindestlohn der Lehrer_innen zu heben (siehe dazu auch unseren Artikel zur WM in Südafrika).

Die Wohnungsnot wird durch die WM massiv verschärft. In den Großstädten steigen die Mieten weiter, internationale Investoren wüten auf dem Wohnungsmarkt, die lokale Bevölkerung wird verdrängt. Und der Staat hilft kräftig nach. Unliebsame Siedlungen werden von der Regierung zerstört. In der Nähe der Stadien
liegen oft Favelas. Doch die Regierung will Brasilien der Welt als Land des Fußball und des Samba präsentieren: ärmliche Wohngegenden stören da nur. So wird den Bewohner_innen eine Ersatzwohnung im Randgebiet der Städte angeboten. Wenn sie dem Angebot nicht nachkommen, werden sie geräumt und die Wohnungen zerstört.

Dieses Schicksal erlitt z.B. die Favela „Metro“ in der Nähe des weltberühmten Stadions Maracana in Rio. Heute sind nur noch Reste der Häuser übrig.

Einige Arbeiter_innen der Stadienbaustellen dachten sich, sie wollen mehr von dem Kuchen abhaben. Also streikten sie für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. Prompt wurde eine Gesetzesinitiative vorgebracht, die den Arbeiter_innen das Streiken verbieten soll – von einem Senator der PT! Begründung: die Weltmeisterschaft sei nationales Interesse und die Arbeiter_innen würden das zum persönlichen Vorteil ausnutzen. Bei allem Verrat der PT ein Satz, der einem die Sprache verschlägt.

Welche Aufgaben für die revolutionäre Linke?

Die Liste von Schweinereien und Problemen könnte noch weiter fortgesetzt werden. Bei all diesen Dingen wird klar: der Kapitalismus bietet auch für die brasilianische Arbeiterklasse und die Bauernschaft keine Perspektive. Er zerstört die Umwelt in rasantem Ausmaß und beutet die Menschen immer schärfer aus. Dass dabei bei hohem Wirtschaftswachstum ein paar Krümel vom Tisch fallen, darf darüber nicht hinweg täuschen!

Die PT hat mehr als bewiesen, dass von ihnen keine ernsthaften Änderungen zu erwarten sind. Sie sind heute treue Handlanger des Kapitals. Es ist zu erwarten, dass bei sinkendem Wirtschaftswachstum weitere Angriffe auf die Arbeiterklasse unter ihrer Regierung zu erwarten sind. Auch die 2004 gegründete Linkspartei PSOL stellt keine Alternative für die Arbeiterklasse dar. Sie hat zwar ein weit linkeres Programm als die PT, hat es aber nie über den Reformismus hinaus geschafft.

Was in Brasilien notwendig ist, ist der Aufbau einer revolutionären Partei der Arbeiterklasse, der Bauernschaft und der Jugend. Eine Partei, die den Sturz des Kapitalismus auf die Tagesordnung setzt und dafür ein Programm entwickelt. Eine sozialistische Revolution in dem wirtschaftlich starken und politisch bedeutsamen Brasilien würde eine unglaubliche Ausstrahlung auf ganz Lateinamerika haben, allen voran die Länder mit links populistischen Regierungen wie in Venezuela, Bolivien und Ecuador, deren Präsidenten der Bevölkerung seit Jahren „einen neuen Sozialismus“ versprechen.

Dafür muss vor allem eine Einheitsfront-Politik entwickelt werden. Ob wir es wollen oder nicht – die PT hat immer noch die Führung über die Arbeiterklasse inne. Deshalb muss die PT aufgefordert werden, ihre Versprechungen einzuhalten und umzusetzen. In der Praxis müssen die Arbeiter_innen erkennen, dass von dieser Regierung nichts mehr zu erwarten ist.

Gleichzeitig muss jedoch ohne Schonung der Kampf gegen die Angriffe der brasilianischen und internationalen Kapitalist_innen geführt werden – auch dort, wo die PT den Kampf verweigert. Das muss und kann der Ausgangspunkt für den Aufbau einer neuen, revolutionären Partei in Brasilien werden. REVOLUTION unterstützt und begrüßt daher die Gründung der neuen Sektion der „Liga für die fünfte Internationale“ in Brasilien und wird gemeinsam mit ihr für die Interessen der Jugend und der Arbeiterklasse in Brasilien eintreten.

Ein Artikel von Rico Rodriguez, REVOLUTION-Hamburg




Der Kampf gegen den „modernen Fußball“

Für die meisten Fußballfans ist das Wort „Kommerzialisierung“ ein Grund, dass ihnen die Galle hochkommt. Doch warum? Ist die Entwicklung wirklich so extrem?

Oh ja, schon lange! So ist zum Beispiel die Trikotwerbung  inzwischen selbstverständlich und weitverbreitet. Mittlerweile hat sie sich in Ländern wie Österreich derart entwickelt, dass der normale Fußballspieler von einer Werbetafel kaum noch zu unterscheiden ist. Die Werbung reicht vom Kragen bis zum Stutzen und so mancher Verein ist inzwischen nach einer „flügel-verleihenden“ Getränke-Firma benannt. Mit Austria Salzburg fing es an, über New York ging es bis nach Leipzig – aus dem SSV Markranstädt wurde Red Bull Leipzig. Danach war das Geld da, um Spieler in die Regionalliga Nord zu holen, die in der zweiten Liga durchaus Stammplatzchancen hätten. Für die Fans der zahlreichen Traditionsvereine ein derartiger Tabubruch, dass viele nicht einmal darüber nachdenken, dort ein Spiel ihres eigenen Vereins zu besuchen. Geht es ihnen doch nicht nur darum, in welcher Liga ihr Verein spielt, sondern wie der Verein gemeinsam mit seinen Fans in diese Liga gekommen ist!

Im Süden Deutschlands, wo ein Ort namens Hoffenheim mit knapp über 3200 Einwohnern liegt, gibt es ein noch extremeres Beispiel. Vor einigen Jahren dachte sich ein gewisser Dietmar Hopp, seines Zeichens Milliardär und Mitbegründer der Softwarefirma SAP, er könne in seinem Heimatort ein paar Millionen in seinen früheren Jugendverein investieren. Aus diesem Grund konnte die Mannschaft der TSG Hoffenheim seit 1990 in 18 Jahren aus der Kreisklasse A (9. Liga) in die 1. Bundesliga aufsteigen. Die Mannschaft der TSG konnte natürlich qualitativ nicht so schnell mitwachsen. Jedes Jahr wurde der Kader komplett umstrukturiert!

Solche Vereine werden oft als lächerliche Retortenclubs verspottet und von keinem Ultra, keinem wirklichen Fußballfan ernst genommen. Nun könnte man sich denken, dass es auf der anderen Seite eine Superchance für Clubs, wie die TSG war. Doch die Realität sieht anders aus, denn der Sport gerät immer mehr aus den Händen der Fans, der einfachen Leute und auch der Fußballer selbst, in die Hände der Konzerne und reichen Investoren. Diese bestimmen immer mehr den Sport, um ihre Profite zu scheffeln. Ihnen reicht es nicht aus, uns auf Arbeit schlecht zu bezahlen, auszubeuten und zu schikanieren. Sie wollen auch in unserer Freizeit noch fett an uns verdienen!

So kommt es auch zu den steigenden Ticketpreisen. Für manche Spiele in der ersten Liga muss man für einen Stehplatz bereits mehr als 20€ bezahlen. Die Spieltage sind inzwischen so zerstückelt, dass die Spiele der 1. und 2. Bundesliga zu neun verschiedenen Anstoßzeiten zwischen Freitag und Montag beginnen. Doch kaum ein Fan, der auch zur Schule, zur Uni oder zur Arbeit muss, kann an einem Wochentag durch das ganze Land fahren, um seinen Verein zu unterstützen. Doch selbst wenn man zu Hause bleibt, braucht man Pay-TV, um das Spiel live verfolgen zu können. In Italien und England, einst Ursprungsort der europäischen Fankultur, ist diese Entwicklung am extremsten fortgeschritten. In beiden Ländern sieht man nur noch selten echte Fußballfans im Stadion. Sie können es sich entweder schlicht nicht leisten, so kostet in England die billigste Karte nicht selten 60€. Oder sie haben den Kampf gegen die Kommerzialisierung verloren, wurden durch Repressionen seitens der Polizei oder der Vereine, wie die zahlreichen Stadionverbote oder die in Deutschland existierende Datei „Gewalttäter Sport“, vertrieben.

Wo ist der Fan, der Ultra, der alles für seinen Sport hingibt heute noch gerne gesehen? Bevorzugen die TV-Sender, Stadionbesitzer, Sponsoren und Investoren doch lieber den zahlenden Statisten, der viel Gewinn abwirft und schweigt. Die Fans hingegen werden immer stärkerer Kriminalisierung ausgesetzt. Es bleibt daher nur eine Möglichkeit – Wir, die Fans, müssen uns über Vereinsgrenzen hinweg gemeinsam wehren! Für unser Recht, am Samstag um 15:30 Uhr unseren Verein bejubeln zu können, mit Pyrotechnik, Fahnen, Bannern, Spruchbändern und – am allerwichtigsten – mit unserer Stimme. Die Investoren, die mit unserem Sport nur Geld verdienen wollen, müssen vertrieben werden.

Der Fußball gehört seinen Fans, er lebt durch uns. Die Vereine sollten durch Gremien der Fans, der einfachen Arbeiter und Jugendlichen geleitet werden, anstatt durch Aktiengesellschaften! Sie sollten bestimmen was in ein Stadion gehört. Dazu gehören niedrige Kartenpreise, Fangesänge und natürlich Fans – auf keinen Fall Investoren oder die Polizei. Die Fans können sich selbst organisieren, Ordner wählen und für Sicherheit im Stadion sorgen. Unser Widerstand muss Demonstrationen, wie die im Mai unter dem Motto „Fußball lebt durch seine Fans – zum Erhalt der Fankultur“, aber auch Aktionen im Stadion, Boykotte und Besetzungen beinhalten. Nehmen wir uns zurück, was uns gehört!