Merkel bei Obama – Imperialisten sind sich einig

Am 7. Juni war Angela Merkel in den USA bei Präsident Barack Obama zu Gast. Die beiden verstanden sich laut Medienberichten gut. Merkel bekam die „Freiheitsmedaille“ verliehen – Obama dachte sich wahrscheinlich, wenn er schon den Friedensnobelpreis erhalten hat, dann ist das auch nicht mehr schlimm. Wobei die Medaille bei seiner deutschen Kollegin besser passt – schließlich ist sie eine der weltweit führenden Politikerinnen, die die Freiheit des Kapitals zur Ausbeutung menschlicher und natürlicher Ressourcen vorantreibt.

Doch wichtiger und interessanter ist, was bei den Gesprächen der beiden raus gekommen ist. Die beiden Regierungschefs räumten nämlich ihre Missverständnisse über die Besetzung von Libyen aus. Es wurde deutlich, dass Deutschland sich zwar bei der Abstimmung über die Intervention in Libyen enthalten hat, die Länder sich aber trotz aller imperialistischer Rivalität im Kern einig sind. Obama verzichtete auf ein weiteres Tadeln der Haltung der deutschen Regierung. Merkel versicherte, dass Deutschland den Einsatz voll unterstütze: „Es ist unser gemeinsamer Wille, dass diese Mission erfolgreich ist.“ („Merkel macht in Libyen mit – später“ ; FTD, 8.Juni 2011). Angela machte auch deutlich, dass Deutschland ja nicht ganz unbeteiligt war. So habe der Einsatz deutscher Awacs-Flugzeuge zum Gelingen der Mission beigetragen. Das lobte auch Obama: „Die deutsche Anstrengung hat anderen mehr Raum gegeben, die libysche Bevölkerung zu verteidigen.“ (Ebenda). Er sollte wohl besser sagen: „… die Interessen des imperialistischen Kapitals zu verteidigen.“

Und die liegen in Libyen bekanntlich in erster Linie in der Ausbeutung des Öl. Doch die EU hat noch ein ganz anderes Interesse in dem nordafrikanischen Land. Seit Jahren hat sie eng mit dem Gaddafi-Regime kooperiert, ja hat sogar die Beziehungen massiv ausgebaut. Und zwar zur Abwehr von Flüchtlingen. Libyen sollte die Drecksarbeit für die EU erledigen und die afrikanischen Flüchtlinge bereits dort abwehren. Immer wieder wurde kritisiert, dass es in Libyen noch nicht einmal ein Asylverfahren gab, was bedeutet dass die Menschen noch unwürdiger und vor allem unkomplizierter zusammengepfercht und abgeschoben werden als in der EU. Doch der EU mit Deutschland an der Spitze war das nicht nur egal, sondern ganz Recht. So wurden 2005 z.B. neben der entsprechenden Ausrüstung zur „Flüchtlingsabwehr“ auch gleich 1000 Leichensäcke mitgeschickt („1000 Leichensäcke, 6000 Matratzen“ ; Süddeutsche Zeitung, 10.April 2008).

Vor diesem Hintergrund ist es nur allzu verständlich, wenn Merkel jetzt versichert, dass ihre Regierung sich vor allem bei dem Aufbau und der Ausbildung der Polizei beteiligen werde. Die Sicherheitskräfte, die jetzt auch die Aufstände niederschossen, werden schon seit langem auch von deutschen Polizisten ausgebildet. So einigen sich Imperialisten: amerikanische und englische Konzerne bekommen das Öl, die EU mit der Führungsmacht Deutschland können schnellstmöglich die Jagd nach den Flüchtlingen wieder eröffnen.

Es ging bei dem Treffen auch um die Krise der EU. Obama drückte seine Bedenken aus, dass sich die Schuldenkrise auf die globale Konjunktur negativ auswirke. Das dürfte Merkel dem Chef des Schuldenweltmeisters gerade zurückgegeben haben. Die beiden unterhalten sich über Länder wie Griechenland wie zwei Raubtiere über ihre frisch erlegte Beute. Wenn sie sich da nicht mal selbst in die Wolle bekommen. Die FTD schreibt: „Es gehe jedoch darum, ein wettbewerbsfähiges Europa aufzubauen, sagte sie (Merkel) mit Bezug auf die harten Reformschritte, die aus deutscher Sicht in Staaten wie Griechenland nötig sind.“

Im Klartext heißt das: wir werden die Schuldenkrise von Griechenland und den anderen Ländern in der EU dazu nutzen, eine neoliberale Politik aufzuzwingen, die Stellung der stärksten Kapitale weiter zu stärken und deren Profite strategisch sicherzustellen. Damit versucht das Europa des Kapitals das nachzuholen, was die Lissabon-Agenda bereits für 2010 angesteuert hat: Europa solle zum stärksten Wirtschaftsraum, sprich zum stärksten Imperialisten in der Welt aufsteigen. Auch Obama dürfte diese Ankündigung verstanden haben; aber ob er und seine Geldgeber da so erfreut drüber sind, darf bezweifelt werden.