3 Gründe, warum “Willkommens”klassen nichts mit Inklusion zu tun haben

April 2024

Es klingt erst mal nett: eine Klasse, in der geflüchtete Kinder und Jugendliche willkommen geheißen werden, gemeinsam Deutsch und Lesen und Schreiben lernen, um dann einen einfachen Einstieg in den Regelunterricht zu haben. Da hat man gar nicht mehr diesen spaltenden flavour wie damals, als dasselbe Konzept noch „Ausländerklassen“ genannt wurde. Zu Recht? Nein, die Regierung will uns pranken und die Leidtragenden des Pranks sind unsere geflüchteten Mitschüler:innen (sowie in geringerem Maße die Lehrkräfte und alle anderen im Schulbetrieb). Wir sind „Jugend gegen Abschiebung“ und wir wollen nicht nur Abschiebungen verhindern und den Rechtsruck stoppen, sondern in eine antirassistische Gegenoffensive übergehen, deswegen bieten wir euch hier ein paar Fakten sowie 3 Argumente gegen „Willkommens“klassen und einige Stichpunkte, was wir stattdessen bräuchten für einen inklusiven Schulalltag für alle.

Die Schulpflicht in Deutschland ist in der Regel nicht abhängig vom Aufenthaltsstatus, d.h. geflüchtete Kinder sind genauso schulpflichtig wie hier aufgewachsene. Wie genau Geflüchteten der Schulbesuch ermöglicht werden soll, ist aber Ländersache und es funktioniert überall ein kleines bisschen anders. In elf Bundesländern ist dies in sogenannten Willkommensklassen (WK) organisiert, wir beziehen uns hier der Einfachheit halber vor allem auf eines dieser elf: Berlin. Es gibt hierzu nicht extrem viele kritische Untersuchungen, wir empfehlen aber ‚Die Kontinuität der Separation‘ (Karakayalı et al.), auf die wir uns auch hier beziehen. Während der Senat einige Grundlinien und Ziele formuliert hat (neben dem deutschen Spracherwerb z.B. die „Vermittlung kultureller Werte, Normen und Verhaltensweisen des Aufnahmelandes Deutschland“), bleibt die genaue Ausgestaltung weitgehend den einzelnen Schulen überlassen, sodass auch die Probleme je nach Schule in unterschiedlichem Maße zu Tage treten.

1. Direkte Ausgrenzung im Schulalltag

Dass WK nicht besonders inklusiv sind, wird schon auf räumlicher Ebene bemerkbar, etwa wenn der Unterricht in entlegenen Teilen der Schulgebäude, im Hort oder wie in einigen Fällen, sogar in einem gänzlich verschiedenen Gebäudekomplex oder in der Unterkunft stattfindet, sodass überhaupt keine gemeinsam genutzten Räume von nicht und neu zugewanderten Schüler:innen bestehen. Dieses Prinzip setzt sich fort, wenn WK nicht an Schulfesten, Tagen der offenen Türen beteiligt sind, wenn WK nicht auf Klassenfahrten fahren oder wenn den geflüchteten Schüler:innen keinen Mitwirkung in der Schüler:innenvertretung ermöglicht wird. Nachmittagsangebote werden zwar formal angeboten, können aber oft insbesondere in Grundschulen allein schon deshalb nicht genutzt werden, weil die Eltern nicht über die Möglichkeiten informiert werden.

2. Schlechte Behandlung und strukturelle Benachteiligung

Auf dem Schulhof verprügelt, Sand in den Mund gesteckt, von Lehrer:innen angeschrien oder gewaltsam durch den Klassenraum gezerrt. Die zahlreichen Beispiele von Diskriminierung gegenüber geflüchteten Schüler:innen sind keine Einzelfälle, sondern Ausdruck einer systematischen Unterdrückung. Die Schüler:innen in den WK sind, dadurch dass sie unter sich bleiben, abgeschnitten von Mitteln, um sich gegen ihre Diskriminierung zu wehren, die Zeug:innenschaft der anderen Schüler:innen bleibt aus und deren Solidarisierung wird erschwert. Im Übrigen sind auch die zusätzlichen Lehrkräfte in den WK zum Teil Mobbing durch die anderen Lehrer:innen ausgesetzt.

3. Mangelnde Ressourcen und nobody cares

Wir haben bereits an anderer Stelle die These aufgestellt, dass sich das deutsche Bildungssystem in einer tiefen, sich stetig weiter zuspitzenden Krise befindet. Vor dem Hintergrund von maroden Schulgebäuden, dringendem Lehrkräftemangel und unzeitgemäßen Unterrichtsformen erhärtet sich der Eindruck, dass Willkommensklassen in erster Linie dazu dienen sollen, den Schulbetrieb in den Regelklassen möglichst „ungestört“ weiterlaufen zu lassen, bzw. dessen endgültigen Kollaps zu verhindern. Um die Bedürfnisse der geflüchteten Schüler:innen geht es eigentlich nicht. Dafür existieren auch gar nicht die Mittel. Ein Drittel der Berliner Schulen mit WK hat nicht einmal ein schriftliches Konzept für diese. Durch den Raummangel werden WK teilweise in Unterkünfte verdrängt oder müssen in Horträumen unterrichten, inmitten zwischen den Bastelsachen für die Regelschüler:innen, die die Geflüchteten nicht anfassen dürfen. Weniger als 5% der Lehrkräfte sind ausgebildet für das Lehramt von Deutsch als Fremdsprache und an mehr als einem Viertel der Schulen unterrichten überhaupt keine ausgebildeten Lehrer:innen in den WK. Die meisten Lehrkräfte sind zudem nicht darauf vorbereitet, mit den traumatisierenden Erfahrungen, die die Schüler:innen auf der Flucht gemacht haben, angemessen umzugehen.  Digitale Lehrmaterialien werden fast überhaupt nicht in WK genutzt, teilweise sind die Lehrer:innen sogar dafür verantwortlich, sich privat um ihre Lehrmittel zu kümmern. Dies alles führt dazu, dass selbst wenn die Geflüchteten nach einer gewissen Zeit in den Regelunterricht überwechseln, sie den Inhalten meistens nicht folgen können. Schließlich gibt es auch einfach nicht genügend Plätze in den WK, sodass allein in Berlin tausende Jugendliche monatelang auf einen Schulplatz warten müssen.

Was bräuchte es stattdessen?

Wir wollen in der Zukunft ein detaillierteren Forderungskatalog für eine antirassistische Wende an den Schulen erarbeiten und wir laden dich als interessierte:n Schüler:in herzlich dazu ein, dabei mitzudiskutieren. Als ersten Schritt schlagen wir aber die folgenden Eckpunkte vor:

  • Integration von geflüchteten Kindern und Jugendlichen in die regulären Klassen ab dem ersten Tag
  • Wahlmöglichkeit zwischen Unterricht in der Muttersprache oder Unterstützung durch DaF-Lehrer:innen und Übersetzer:innen
  • umfassende psychologische Betreuung zur Traumaverarbeitung
  • Kennenlern- und Vermittlungsangebote zwischen nicht und neu zugewanderten Schüler:innen (gemeinsam Fußballspielen, Musizieren, Spiele spielen…)
  • Vollen Zugang zu politischer Mitbestimmung an der Schule für WK-Schüler:innen
  • eine selbstverwaltete Antidiskriminierungsstelle (siehe unseren Artikel zu dieser Forderung)

Wir sollten jetzt in allen Schulen die Frage der Willkommensklassen diskutieren, die bestehende Ungerechtigkeiten aufzeigen und gemeinsam nach Alternativen suchen. Vielleicht fragst du einmal die Schüler:innen in der WK, wie es ihnen im Schulalltag geht und für welche Verbesserungen sie sich mit einsetzen würden.

Bei alldem müssen wir aber dennoch klar benennen, dass der Schulbesuch nicht von den Angriffen auf das Asylrecht gesondert betrachtet werden kann. Niemand kann sich in der Schule wohlfühlen, wenn man von Abschiebung bedroht ist, wenn man nachts nicht schlafen kann, weil es in der überfüllten Unterkunft zu laut ist oder wenn das wenige Geld auf der Bezahlkarte nicht reicht, um die Grundbedürfnisse zu bedienen. Wir betrachten daher den Kampf für Inklusion an der Schule als Teil des Kampfes gegen den staatlichen Rassismus, für Bleiberecht und volle Staatsbürgerrechte für alle!

Quellen:

https://www.dipf.de/de/forschung/pdf-forschung/steubis/wiko-studie-zusammenfassung-zentraler-befunde
https://www.waxmann.com/index.php?eID=download&id_artikel=ART102186&uid=frei
https://taz.de/Willkommensklassen-in-Berlin/!5933590
https://www.dw.com/de/ukrainische-sch%C3%BCler-kritik-an-willkommensklassen/a-64077205
https://mediendienst-integration.de/fileadmin/Dateien/Expertise_Willkommensklassen.pdf
https://www.berliner-zeitung.de/open-source/integration-an-berliner-schulen-fragwuerdiger-umgang-mit-willkommensklassen-li.2148195



IDAHOBIT: Schulter an Schulter gegen Queerfeindlichkeit & Rechtsruck!

Von Leonie Schmidt, Mai 2024

Heute ist der IDAHOBIT, der internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie. Seit 2005 wird dieser begangen, um an die Streichung von Homosexualität aus dem Register der Krankheiten von der WHO 1990 zu erinnern. Transgeschlechtlichkeit ist jedoch erst seit 2018 nicht mehr in der ICD zu finden. Diese Umstände zeigen schon einmal gut auf, dass die gesellschaftliche Akzeptanz von queeren Personen auch heute noch auf äußerst wackligen Säulen steht. Aufgrund dessen, dass es dem BRD-Imperialismus lange Zeit sehr gut ging, konnten einige Verbesserungen für Queers erkämpft werden. Jedoch kommt es besonders in Zeiten von Krisen zu einer Zunahme von Gewalttaten gegen Queers & Frauen, während Rechte der körperlichen und sexuellen Selbstbestimmung schnell wieder zurückgenommen werden können (ein Blick nach Polen, Ungarn und Italien sowie die USA genügt).

Zusätzlich haben wir es weltweit mit einem massiven Rechtsruck zu tun. Sowohl die bürgerlichen Parteien rücken nach rechts als auch rechte Player gewinnen an Relevanz und Zustimmung. Das lässt sich in Hinblick auf die Finanzkrise(n) erklären, welche seit 2007/08 die Welt, wie unsere Eltern und Großeltern sie vorher kannten, aus ihren Fugen geraten lassen. Für viele Personen aus den unteren Klassen steht die Existenz auf dem Spiel, diese Sorgen führen dazu, dass rechte Ideen an Boden gewinnen, weil sie eine vermeintliche Lösung präsentieren.

Zunahme der Gewalt gegen Queers in Deutschland

Im Sommer 2023 häuften sich die Meldungen über Angriffe auf CSDs und das bei weiten nicht nur in eher rechten, konservativ-ländlichen Regionen. Im Jahr 2022 kam es sogar zu einem Mordfall auf einem CSD in Münster: Malte C., ein 20-jähriger trans Mann, wurde brutal erschlagen, weil er andere queere Personen vor einem Angreifer schützen wollte. Auch amtliche Zahlen bestätigen, was uns als queeren Personen schon lange klar ist: jährlich nehmen die angezeigten Hassverbrechen gegen queere Personen zu. Das ist seit der ersten Erfassung im Jahr 2001 erkennbar. Einen besonders starken Sprung gab es im Jahr 2018 auf 2019, wo sich die erfassten Übergriffe um 60% erhöhten, im Bereich der Gewalttaten sogar um 70 % (LVSD 2023). Im Jahr 2022 fiel die Steigerung um ca. 15% im Vergleich zu 2021 aus. Selbstverständlich müssen wir davon ausgehen, dass hier nicht jeder Übergriff verzeichnet ist. Denn nach wie vor gibt es eine hohe Dunkelziffer, viele haben (zurecht) kein Vertrauen in die Polizei und dass diese wirklich queere Menschen schützen würde. Schließlich kommt es auch immer wieder dazu, dass Polizist:innen während sie Repressionen gegen Linke verüben, queer- und insbesondere transfeindliche Beleidigungen rausholen, um uns einzuschüchtern.

Selbstbestimmungsgesetz – Ende gut alles gut?

Auf den bürgerlichen Staat ist also kein Verlass, das zeigt uns auch das brandneue Selbstbestimmungsgesetz. Sicherlich ist es im Vergleich zum veralteten TSG an manchen Stellen fortschrittlicher, doch dem Druck von transfeindlichen Akteur:innen wie den medienaffinen TERFs ist die Ampel dennoch gewichen, als sie beispielsweise die Hausrechtklausel mit eingefügt haben. Trans Personen dürfen also nun aufgrund ihrer trans Identität aus Einrichtungen verwiesen werden, eine Klausel, die nicht nur als Hintertür für Queerfeindlichkeit zu verstehen ist, sondern Trans-Feind:innen ganz neue Möglichkeiten eröffnet. Auch dass die anerkannte trans Geschlechtsidentität bezüglich der Wehrpflicht im Verteidigungsfall nicht mehr zählt, ist äußerst fragwürdig und zeigt auf, dass sich die BRD mit Diversity schmücken mag, die imperialistischen Staatinteressen wiegen aber mehr. Des Weiteren soll es auch Listen von trans Personen bei den Behörden geben – ein Sicherheitsrisiko sondergleichen, wenn das in die falschen Hände gerät. In Anbetracht der rechten Strukturen in Polizei und Bundeswehr ist diese Sorge also auch nicht weit hergeholt.

AfD und die Queerfeindlichkeit

Die AfD, welche nach wie vor gute Chancen in der EU-Wahl hat – laut einer aktuellen Umfrage liegt die Prognose bei 15,6% (DAWUM 2024) – ist definitiv auch eine Partei, die gerne gegen queere Menschen hetzt. So sprach sich Andreas Gehlmann, ein Landtagsabgeordneter der AfD dafür aus, homosexuelle Menschen auch in Deutschland ins Gefängnis zu stecken (Süddeutsche 2016). Thomas Ehrhorn, ebenfalls AfD Politiker, bezeichnete Homosexualität als Geisteskrankheit, die zum Volkstod führe, da eine Gesellschaft sich so nicht fortpflanzen könne (Focus 2018). Auch wenn die AfD eine Partei mit Flügelkämpfen ist und sie nicht geschlossen hinter solchen Aussagen stehen, deuten diese Zitate schon auf die Position der AfD hin: sie möchte mit allen Mitteln die konservative Familie aus Mann, Frau und Kind(ern) erhalten. Dabei setzen sie sich gegen die Ehe für Alle ein, wollen Regenbogenfamilien nicht als gleichwertig anerkennen und möchten das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz abschaffen, was Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Sexualität, Herkunft und Religion entkriminalisieren würde. Außerdem möchten sie sexuelle Aufklärung in Bildungsreinrichtungen massiv einschränken, dies würde Kinder nur verwirren und manipulieren und dazu führen, dass sie sich selbst für queer halten. Eine lächerliche Argumentation in Anbetracht der Tatsache, wie viel Fokus nach wie auf Hetero-Beziehungen im Aufklärungsunterricht liegt!

Spaltung und Klassenkampf von oben

Die AfD ist aber nicht die einzige Partei, die Hetze gegen Queers nutzt, um sich selbst Relevanz zu verschaffen. Auch die CDU/CSU fabuliert von einer queeren Bedrohung und behauptet, Drag Queens seien pauschal eine Gefahr für Kinder. Zusätzlich haben sie sich kürzlich entschlossen, das Genderverbot in bayerischen Schulen, Unis und Behörden durchzusetzen. Auch gibt es Berichte von queeren Schul-AGs in Bayern, die aufgrund eines nicht näher begründeten Verbots der Schulleitung nicht mehr aktiv sein dürfen (Queer.de 2024). Im Allgemeinen fühlen sich viele junge Queers in Bayern unwohl, 94% erlebten bereits Diskriminierung (Queer.de 2023). Das dortige Klima ist direkt inspiriert vom US-amerikanischen Kulturkampf gegen queere Menschen. So trafen sich CSU-Politiker mit dem queerfeindlichen Senator Ron DeSantis. Aber warum? Die CSU hat in Bayern eine spürbare rechte Konkurrenz: die Freien Wähler unter Hubert Aiwanger, welche trotz (oder gerade wegen) seiner antisemitischen Flugblattkampagne an Zulauf gewonnen haben. Deswegen muss sie sich auch hier rechter positionieren, um ihre Wähler:innen nicht zu verlieren.

Dennoch ist die Union aber keine rechtspopulistische Partei, sondern weiterhin eine rechte, konservative Partei, die auf Biegen und Brechen hin versucht, ihre Wähler:innen nicht an die AfD, und in Bayern an die Freien Wähler, zu verlieren und gleichzeitig die sozialen Angriffe im Sinne der herrschenden Klasse zu verschleiern versucht. Dafür nutzt sie auch immer mehr rechtspopulistische Rhetorik und in diesem Fall queerfeindliche Rhetorik. 

Die Ablehnung queerer Personen oder Ablehnung queerer Rechte kann sich, neben dem grundlegenden Problems des Rechtsrucks, auch in Teilen mit einer massiven Unzufriedenheit mit der Ampel erklären lassen. Die Ampel, und insbesondere die Grünen, werden von ihren konservativen Gegner:innen vor allem für ihre „woke Ideologie“ angegriffen. Dadurch verbinden viele die Angriffe auf ihre soziale Lage mit dem Kampf für mehr Rechte für queere Personen. Das ist natürlich völliger Quatsch, die Grünen schmücken sich vielleicht mit Regenbogen-Farben, doch echte Befreiung werden auch sie nicht erkämpfen können (und versuchen es auch gar nicht). Dennoch funktioniert so der Klassenkampf von Oben wie er im Buche steht: die Kapitalfraktion die hinter den Grünen steht, verliert an Relevanz, zusätzlich wird die Arbeiter:innenklasse gespalten und macht für ihre missliche Lage nicht die Bourgeoisie und deren Interessen zuständig, sondern queere Personen und ihren Kampf für Akzeptanz und Gleichberechtigung.

Klassengesellschaft und Queer-Unterdrückung

Für uns als Kommunist:innen ist die Grundlage der Unterdrückung queerer Personen klar. Diese entsteht in Zusammenhang mit der Frauenunterdrückung, welche auf das Ideal der bürgerlichen Familie gestützt ist. Das Ideal der bürgerlichen Familie stellt eine wichtige Instanz im Kapitalismus dar, da durch es die Reproduktionsarbeiten in der Familie der Arbeiter:innenklasse vornehmlich auf Frauen unvergütet ausgelagert werden kann. Kurz und knapp heißt das: Frauen putzen, kochen, erziehen Kinder und haben ein offenes Ohr, damit die ganze Familie am nächsten Tag wieder werktätig sein kann. Das wird auch als Reproduktion der Ware Arbeitskraft bezeichnet. Der Umstand, dass Frauen dafür zuständig sind, ist toll für die Kapitalist:innen, denn so können sie mehr Profite machen, da diese Arbeit nicht bezahlt oder überhaupt erstmal gesehen wird. Natürlich machen auch Männer in den letzten Jahren mehr im Haushalt – Studien beweisen jedoch, dass die Hauptlast immer noch bei Frauen liegt. In einer Studie kam heraus, dass 72% der Frauen in Deutschland täglich Hausarbeit verrichten, während es nur 29% der Männer sind (Destatis 2019). Das ist jedoch kein selbstgewähltes Leid, sondern etwas, was uns von klein auf durch Rollenbilder und Erwartungen aufgezwungen wird. In genau diese Rollenbilder passen aber queere Personen nicht rein, auch wenn es immer wieder versucht wird, z.B. wenn ein lesbisches Paar gefragt wird, wer denn der Mann in der Beziehung sei. Durch ihre bloße Existenz scheint es der herrschenden Klasse, dass queere Personen der Gesellschaftsordnung gefährlich werden könnten, besonders in Zeiten von Krisen. Demnach sind so auch die Rollbacks und die Zunahme von Gewalt an Queers & Frauen zu erklären: die herrschende Klasse muss das Ideal der bürgerlichen Familie beschützen, um ihre eigene Existenz und den Kapitalismus zu schützen. Der bereits erwähnte Punkt der Spaltung der Unterdrückten und Ausgebeuteten stellt einen praktischen Nebeneffekt dar.

Zusätzlich sind wir als queere Jugendliche durch unsere Abhängigkeit vom Elternhaus auch unterdrückt, da unsere Eltern einerseits auf einer juristischen Ebene Entscheidungen über uns treffen können, z.B. ob sie uns geschlechtsangleichende Behandlungen erlauben, aber natürlich auch auf einer erzieherischen Ebene, z.B. ob sie uns den Kontakt zu anderen queeren Personen erlauben, wobei es dann möglich ist, durch die finanzielle Abhängigkeit von uns gegenüber unseren Eltern Druck auf uns auszuüben.

Was tun?

Kurz und knapp: Kapitalismus abschaffen! Die bürgerliche Familie existierte nicht immer, Frauenunterdrückung auch nicht. In der sogenannten Urgesellschaft gab es keine geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, somit auch keine Rollenverteilung, die auf dem Geschlecht basierte. Es gab aber auch keine Klassen und keinen privaten Besitz an Produktionsmitteln. Stattdessen gab es ein Kollektiv, was die Aufgaben nach Fähigkeiten untereinander aufgeteilt hat.

Daraus können wir ziehen, dass wir nur in einer klassenlosen und befreiten Gesellschaft als Queers frei von Unterdrückung und Ausbeutung leben können. Das ist aber nichts, was automatisch passiert. Immerhin haben uns über viele Generationen hinweg die Rollenvorstellungen geformt. In einem sozialistischen System haben wir aber zumindest die materiellen Grundlagen, die für Frauen – und Queerbefreiung zuständig sind, aufgehoben. Keiner Einzelperson gehört mehr der Betrieb, niemand wird mehr ausgebeutet, und Frauen müssen nicht mehr dem Großteil der Reproduktionsarbeit nachgehen. Damit wir die Prägung unseres Bewusstseins hinter uns lassen können, müssen wir uns aber auch aktiv für Aufklärung einsetzen. Ebenfalls ist die Vergesellschaftung der Hausarbeit ein relevanter Punkt, um die individuelle Last für jede:n von uns minimieren zu können. Das heißt also nicht, dass wir den Leuten verbieten wollen, in monogamen Hetero Familien zu leben, aber wenn die gesellschaftlichen Strukturen nicht mehr vornehmlich darauf ausgerichtet sind, wird sich das für viele von selbst erledigen.

Wie kommen wir aber überhaupt zum Sozialismus? Dafür müssen wir im hier und jetzt ansetzen und eine Massenbewegung aus Arbeiter:innen, Frauen, Queers und Jugendlichen aufbauen. Diese muss international koordiniert sein und sich ein gemeinsames Programm geben, für das gekämpft werden soll. Das heißt, wir müssen uns auch die Probleme anschauen, die jetzt existieren und darauf konkrete Antworten finden, um die Unterdrückten und Ausgebeuteten davon zu überzeugen, dass der Kapitalismus sie nicht befreien wird und stattdessen nur eine klassenlose Gesellschaft dies gewährleisten kann. Gegen die Diskriminerung von queeren Personen können wir Anti-Diskriminierungsstellen und Selbstverteidigungskomitees aufbauen und uns für selbstverwalteten Aufklärungsunterricht einsetzen. Wollen wir gegen den Rechtsruck ankommen, müssen wir uns auch um die wirtschaftliche Lage von Arbeiter:innen, Jugendlichen und dem niederen Kleinbürger:innentum kümmern, indem wir für ein Mindesteinkommen für Schüler:innen und Studierende sowie eine Erhöhung von Mindestlöhnen mit Hilfe einer gleitenden Lohnskala angepasst an die Inflation eintreten. Für die Koordinierung dieser Kämpfe brauchen wir auch eine neue revolutionäre Partei, die diese anführt, genau wie eine neue Jugendinternationale, um auch der Jugendunterdrückung einen eigenen Fokus geben zu können.

Klar ist, die Befreiung wird uns niemand schenken, wir müssen selbst aktiv werden! Wenn du genau das willst, schließ dich unserem Kampf für die Befreiung von Queers und allen anderen Ausgebeuteten und Unterdrückten an! Melde dich einfach bei uns und wir klären alles weitere persönlich ab.

Quellen