Bericht: Lage in den psychischen Kliniken in Sachsen

Im Kapitalismus leiden viele Menschen unter Depressionen, Angststörungen, posttraumatischen Belastungsstörungen, Drogenabhängigkeit und vielen anderen psychischen Krankheiten. Diese werden unter anderem durch enorme Belastung und den Stress in 40 Stunden Lohnarbeit, durch die Mehrbelastung von Frauen, Job und Familie unter einen Hut zu bekommen, durch traumatische Erlebnisse wie Kriegserfahrungen, sexuelle oder rassistische Gewalt verursacht, was alles mit dem kapitalistischen System zusammenhängt. Aber anders als körperliche Krankheiten sind psychische meist ein Tabuthema in der Öffentlichkeit. Menschen, die sich in Therapie begeben, haben es sowieso schon oft super schwer einen Platz zu bekommen, weil es für die ganzen Erkrankungen viel zu wenige Therapeut_Innen gibt. Dann werden sie noch von Arbeitskolleg_Innen ausgelacht, oder ihren Freund_Innen oder Familien fehlt das Verständnis und sie nehmen es nicht ernst. So wird Vielen mit Depression gesagt, sie sollten „einfach mal mehr raus gehen, dann würde das schon wieder“, als ob es an ihrer Faulheit liegen würde.

Während der Coronakrise hat sich das noch einmal verschlimmert. Therapeut_Innen wurden krank, die Zahlen von häuslicher Gewalt, Depressionen aufgrund der ewigen sozialen Isolation, und die Selbstmordrate stiegen stark an. Gleichzeitig mussten auch psychischen Kliniken zeitweise schließen oder ihre Betten reduzieren. Da die nächste Welle von Corona gerade wütet und in Sachsen besonders schlimme Ausmaße annimmt, habe ich mich entschlossen einen kurzen Bericht zu der Lage in den sächsischen Kliniken, am Beispiel von meiner, zu schreiben.

Aktuell ist die Lage hier in den sächsischen Kliniken besonders schlimm. Für Erkrankte gibt es Wartelisten von 6 Monaten bis ein Jahr (vor Corona waren es im Durchschnitt 3 bis 4 Monate). Wer eher in eine Klinik möchte, muss sich einweisen lassen. Dort herrscht aufgrund von Corona ein Besuchsverbot. In meiner psychosomatischen Klinik gibt es zumindest noch die Möglichkeit, einmal die Woche jemanden mit Abstand und Maske für eine Stunde zu treffen. So werden psychisch eh schon von der sozialen Isolation des Lockdowns angeschlagene Menschen noch mehr isoliert, nur weil die Regierung, einen kurzen Wirtschaftslockdown und eine Impfpflicht, sowie internationale Aufhebung der Impfpatente immer noch verweigert (Siehe Artikel: http://onesolutionrevolution.de/alle-jahre-wieder-lockdown-wie-kann-es-der-letzte-werden/). In den Kliniken gibt es auch regelmäßige PCR-Tests (2 bis 3 Mal die Woche), dennoch finden alle Therapien und Aufenthalte außerhalb des Zimmers mit Maske statt. Diese Regelungen sind auch sinnvoll und es ist gut, dass sie so umgesetzt werden. Allerdings wäre ein tägliches Testen schon sinnvoller.

Die Kliniken hier sind jedoch mit der massiven Anzahl an Neuzugängen überlastet. Unsere Station ist immer voll, und aufgrund des Zustroms hat die Dresdner Klinik sogar Patient_Innen aus Bautzen und Görlitz aufgenommen, die in ihren Städten keine Plätze mehr bekamen. Für diese Leute ist es natürlich schwer, überhaupt jemand zu sehen, denn ihre Freund_Innen müssten für eine Stunde ein ganz schönes Stück nach Dresden fahren. Und trotz dieser aufwändigen Verfahren erkranken auf unserer Station immer wieder Leute an Corona, die dann nach Hause geschickt werden müssen. Zusammen mit ihnen alle Personen, die nach dem Test noch mit ihnen Kontakt hatten. Eine Mitpatientin von mir wurde so insgesamt schon 2 Mal nach Hause geschickt (für 2 Wochen) ohne ein einziges Mal erkrankt zu sein. Aufgrund dessen sind die Kontakte auch hier drin reduziert. Man darf nur noch mit der Gruppe Kontakt haben, in die man je nach Erkrankung unterteilt ist. Das macht die angespannte Lage mit dem sozialen Kontakt noch schwieriger. Auch viele Gemeinschaftsaktivitäten, die es sonst hier gibt, mussten aufgrund der Coronalage gestrichen werden.

In den nächsten Wochen bietet unsere Klinik allen Patient_Innen sogar die Booster-Impfung an. Leider gibt es unter meinen Mitpatient_Innen aber auch einige Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen, weshalb so ein freiwilliges Angebot nur bedingt etwas bringt.

Zusammengefasst ist die Lage in den psychischen Kliniken in Sachsen sehr angespannt. Für die Pfleger_Innen, Ärzt_Innen und Therapeut_Innen, weil sie jeden Tag schauen müssen, wie sie überhaupt die Kliniken offenhalten können. Für die Patient_Innen, weil sie der eh schon angespannten Lage nicht entkommen können und zusätzliche soziale Isolation erleben.

Um diesen Missstand zu ändern, braucht es die sofortige Umsetzung folgender Forderungen, um die Coronalage zu entspannen und den Patient_Innen mehr Kontakt zu ermöglichen:

  • Tägliche PCR-Tests in allen Kliniken, sofortiger Ausbau von Kliniken und mehr Therapeut_Innen-Plätze finanziert durch staatliche Gelder, die aus einer Erhöhung der Vermögenssteuer kommen, da psychische Gesundheit über Profitmaximierung steht
  • Menschen, die in den Kliniken Kontakt mit coronapositiven Patient_Innen hatten, sollten nochmal getestet werden, statt nur auf Verdacht nach Hause geschickt zu werden
  • Möglichkeit für alle sich in den Kliniken impfen zu lassen, sodass niemand raus zu einem Impfzentrum muss, und sich so in Gefahr begibt, infiziert zu werden
  • Einstellung und Ausbildung von mehr Pflegepersonal! Der Pfleger_Innenmangel und die hohe Belastung für Pfleger_Innen sind auch in psychischen Kliniken, gerade während Corona, spürbar.



Streiks soweit das Auge reicht.

Warum sind sie gerade so wichtig und welche Ziele verfolgen sie?

von Flo Schwerdtfeger

In letzter Zeit häufen sich die Streiks der verschiedenen Branchen und Gewerkschaften: Die Gewerkschaft deutscher Lokführer (GdL), das Pflegepersonal der Charité und Vivantes oder die Fahrer_Innen des Lieferdienstes Gorillas. Alle streikten für bessere Arbeitsbedingungen und Löhne, aber auch für bessere gesundheitliche Sorge und Vorsorge für das Personal. Bei Gorillas wird beklagt, dass man bei Wind und Wetter mit teilweise reparaturbedürftigen Elektrorädern trotzdem Bestzeiten hinlegen soll, ständig durch Ortung überwacht wird und das alles unter dem Druck von beschissenen Arbeitsbedingungen. Das Krankenhauspersonal wurde in den letzten anderthalb Jahren stärker verschleißt, als ohnehin schon und als Dank haben wir alle mal ein paar Tage geklatscht. Doch was sind die konkreten Forderungen der einzelnen Streiks?

Die Beschäftigten bei Vivantes fordern das sie mit an den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) angeschlossen werden, da Teile des Pflegepersonals diesem nicht unterliegen und so bis zu 900€ Gehaltsunterschied entstehen können. Eine weitere Forderung ist der sogenannte Entlastungstarifvertrag. Dieser soll bewirken, dass mehr Personal angestellt wird, um so die generell angespannte Lage in den Krankenhäusern entlasten zu können. Immerhin gibt es bereits seit Jahren Personalmangel in der Pflege, der sich über Corona nochmal verstärkt sichtbar machte. Dafür begann am 7. September ein unbefristeter Streik. Während der Streik in der Charité mittlerweile beigelegt ist, wird in den Vivantes Krankenhäusern fortgeführt, um eine Angleichung des Lohns zu erkämpfen.
Die GdL stand nun mehrmals im befristeten Streik für einen Zeitraum von mehreren Tagen. Dabei forderten sie eine einmalige Corona-Prämie von 600€, eine Lohnerhöhung von 3,2% über 28 Monate, sowie die Umsetzung ihrer betrieblichen Rente, die ihnen zugunsten von Bahn-Aktionär_Innen gestrichen wurde.

Der Auslöser für die Streiks der Lieferfahrer bei Gorillas war die fristlose und spontane Kündigung eines Kollegen. Gegen diese unsicheren und prekären Arbeitsbedingungen und den fehlenden Kündigungsschutz, richtete sich nun ihr Streik. Diese Streiks fanden aber mittlerweile auch ihr frühes Ende, da die coolen hippen Start-Up Kapitalist-Innen den Streikenden einfach kündigten.

Streik auf der Straße, Uni-Klinik und Betrieb

Aber warum schreiben wir einen Artikel über alle Streiks, die gerade stattfinden?
Nicht weil wir fix mal alle Themengebiete abdecken wollen, sondern weil wir die Gemeinsamkeiten herausarbeiten wollen, die diese Streiks verbinden und um damit zu zeigen, warum sie so wichtig sind. Diese liegen zum einen in der aktuellen gesellschaftlichen Krise- hiermit ist einerseits die Coronakrise gemeint, und andererseits auch die Wirtschaftskrise und die Krise im Gesundheitssektor. Denn in deren Folge finden die Angriffe des Kapitals auf Arbeiter_Innenrechte verstärkt statt, und die Arbeiter_Innen wehren sich natürlich dagegen, dass man die Krisenlasten auf ihren Schultern abladen will. Außerdem finden sich diese auch in den Forderungen. Denn neben den wirtschaftlichen Forderungen nach besserer Bezahlung gibt es auch immer wieder die Forderung danach, die Arbeiter_Innen nicht gesundheitlich zu gefährden, denn die Pandemie ließ den Druck nochmal steigen. Neben den Gefahren die quasi schon mit kalkuliert sind von ganz „normalen“ Arbeitsunfällen, kam nun noch das Corona-Virus hinzu, sowohl in seiner Reinform als Ansteckungsgefahr für Bahnpersonal oder Krankenpfleger_Innen, als auch in seinen gesellschaftlichen Auswüchsen, wie z.B. in aggressiver Form von Corona-Leugner_Innen. Bei den Gorillas ist andererseits das Problem, dass ihr Firmenversprechen darin liegt, innerhalb von 10 Minuten zu liefern. Das baut natürlich einen enormen Leistungsdruck auf die Fahrer_Innen auf, da sie bei schlechter Performance auch ganz einfach gekündigt werden können, aufgrund der schlechten Anstellungsverhältnisse.

Während bei den Gorillas „wild“ gestreikt wird, sind die anderen Streiks in ihre Tarifvereinbarungen eingebunden. Der wilde Streik bedeutet, dass die Arbeiter_Innen dort keine eigene Gewerkschaft haben, bzw. der Passenden nicht angehören. Das war letztendlich auch das Fallstrick für die Arbeiter_Innen: ein wilder Streik ist nicht zulässig, da nur Gewerkschaften streiken dürfen und ein wilder Streik somit ein Kündigungsgrund ist.
Das Krankenhauspersonal unter Ver.Di und die Lokführer_Innen in der GdL sind hingegen in die Tarifrunden eingebunden (obwohl die GdL aufgrund ihrer Konkurrenzgewerkschaft der EVG immer etwas mehr kämpfen muss, um verhandeln zu dürfen). Damit dürfen sie zwar streiken, aber nur wenn die Tarifrunde ausgelaufen ist. Daher ist es verständlich das die Gewerkschaften, wie im Falle der GdL, die Zeitabstände so gering wie möglich halten wollen.

Ein anderes Problem, welches alle Streiks gemein haben, ist, dass so gut wie alle Personalchefs und Führungsetagen die Streikenden gegen die Kunden ausspielen. Die Menschen können nicht mit der Bahn verreisen oder die Krankenhäuser können ihre Patient_Innen nicht vernünftig versorgen. Die Front soll somit nicht zwischen den Arbeiter_Innen und den sie ausbeutenden Kapitalist_Innen verlaufen, sondern zwischen den verschiedenen Lohnabhängigen selber. Nicht nur sabotiert man so die Solidarität der Bevölkerung zu den Streikenden, sondern setzt letztere auch massiv unter sozialen Druck, der über den Streik selber hinaus währt.

Es gibt neben dem wirtschaftlichen Streik, der meist auf die direkten Arbeitsbedingungen abzielt, auch den politischen Streik, der sich in erster Linie an die Politik im Ganzen richtet und nicht direkt die eigene berufliche Problemlage fokussiert. Zum Beispiel ist Fridays For Future, sofern denn wirklich gestreikt wird, ein politischer Streik. Bekannter ist vielleicht noch der Kapp-Putsch im Jahr 1920, der durch einen (politischen) Generalstreik beendet wurde. Heute gilt der politische Streik in Deutschland als verboten, obwohl er es nicht wirklich ist. Allerdings findet er auch nicht mehr statt.

Unsere Antwort auf eure Politik?

Dass dieser politische Streik nicht mehr stattfindet, ist ein großes Problem, denn er wäre bitter nötig: Egal ob Klimawandel, Flucht oder eben die Corona-Pandemie. Alle Themen haben mehr oder wenige direkte Auswirkungen auf die Arbeit der Einzelnen, aber auch auf die Situation der gesamten Arbeiter_Innenklasse. Wenn der Klimawandel die Ärmsten zuerst trifft, wird ihnen nicht geholfen werden vom Kapitalismus. Wenn diese Menschen dann auch noch versuchen, davor zu fliehen, werden ihnen so viele Hürden wie möglich errichtet. Und wie nun schon öfter erwähnt, bedroht die Pandemie ebenso vorrangig die Arbeiter_Innenklasse, sowohl wirtschaftlich, als auch gesundheitlich. Wenn diese Probleme bewältigt werden sollen, müssen die Kämpfe zusammengeführt werden. Besonders wenn es im Kern auch um politische Themen geht, denn nur so kann der Druck auf die Politik erhöht werden.

Außerdem müssen wir dafür sorgen, dass die Solidarität den Streikenden gilt und nicht den ach so armen Kapitalist_Innen, wenn diese mal einige Tage etwas weniger Profit einfahren. Es darf nicht sein, dass wir gegenseitig weiter unsere Ausbeutung hinnehmen und in Konkurrenz weiter zersplittern.

Wir stehen dabei in Solidarität mit den Streikenden und unterstützen sie bei der Erfüllung ihrer Forderungen. Trotzdem müssen wir die Kämpfe letztendlich auch gegen ihre Ursache verbinden den Kapitalismus, der Flucht, Klimawandel und Ausbeutung erzeugt und immer wieder reproduziert. Lasst uns also solidarisch gemeinsam kämpfen, egal ob in der Schule, Uni oder im Betrieb!