Wahlprogramm der CSU und CDU – Politikwechsel fürs deutsche Kapital

Von Ener Zink, Januar 2025

Seit Monaten führt die Union mit weitem Abstand die Wahlumfragen an und das Merz Ende Februar nicht gewinnt, scheint eigentlich kaum noch eine Möglichkeit zu sein. In ihrem Wahlprogramm mit dem Titel „Politikwechsel für Deutschland“ bekommen wir einen Ausblick darauf, was wir möglicherweise in den nächsten 4 Jahren von einer CDU/CSU geführten Regierung erwarten können. Damit ihr es nicht müsst, haben wir uns durch das Programm gequält und wollen euch in diesem Artikel Abschnitt für Abschnitt einen Überblick geben!

Die Unionsparteien sind sich einig: Deutschland steckt in einer tiefen Krise und es brauch einen Richtungswechsel, mit dem sie grundlegend für Veränderung sorgen. Um das zu erreichen, wollen sie durch soziale Angriffe auf die Lebenssituation von Arbeiter:innen, Jugendlichen und Unterdrückten, wieder mehr für die Großunternehmer:innen herausschlagen und somit die BRD auf der Weltbühne stärken. Begleitet wird das Ganze von rassistischer Demagogie, Abschiebewahn und Aufrüstungspolitik. Das werden uns im Folgenden Stück für Stück anschauen.

1.“Ein Land auf das wir wieder Stolz sein können“

An erster Stelle wollen die Unionsparteien endlich wieder ein Deutschland schaffen, auf das man stolz sein könne. Diesen Stolz und die Möglichkeit einer positiven Identifikation mit diesem, sehen sie in einigen Punkten angekratzt. Einer ist die sich im Niedergang befindende Wirtschaft. Dafür machen sie v.a. die Ampelregierung verantwortlich und blenden somit die 16 Jahre davor, in welchen sie regiert haben, völlig aus. Darüber hinaus sei die „gefährdete Sicherheit“ ein zentraler Aspekt, welcher sie in ihrem Ausleben von deutschen Patriotismus behindere. Diese sehen sie in zweierlei Hinsicht gefährdet, nach Außen durch eine mögliche kriegerische Auseinandersetzung mit Blockrivalen Russland und im Inneren durch Gewalt auf den Straßen. Worin sie deren Ursprung sehen und wie sie diese bekämpfen wollen, führen sie in den folgenden Abschnitten aus.

Im Grunde ist diese Passage sehr viel nationalistischer Quatsch, die Union stellt die BRD dabei in die Tradition einer „großen Erfolgsgeschichte“ welche es nun weiter zu schreiben gelte. Man braucht sich nicht viel mit Geschichte auseinanderzusetzen um zu merken, wie niederträchtig es ist, die blutige deutsche Vergangenheit als Erfolg darzustellen. Doch auch unabhängig von den deutschen Verbrechen, kann der Staat in einer Klassengesellschaft, immer nur der herrschenden Klasse dienen und ist somit kein tolles Ding auf das wir Stolz sein sollten, sondern ein Werkzeug um unsere beschissene Situation weiterhin aufrechtzuerhalten, damit sich die Reichen weiterhin die Taschen vollstopfen können. Dieser Staat ist nicht unser Staat!

2. „für ein Land, das wieder Wohlstand für alle schafft“

Als Antwort auf die Stagnation und der damit einhergehenden schlechten Situation der BRD im Weltgespann, will die Union den Wohlstand Deutschlands bzw. eigentlich genauer gesagt, den Reichtum der Unternehmen und Großeigentümer:innen, sichern und noch weiter ausbauen. So plant sie die Unternehmenssteuer deutlich zu senken und dafür zu sorgen das zukünftig weniger Menschen den Spitzensteuersatz zahlen müssen. Um das ganze zu finanzieren, da sie auch weiterhin an der Schuldenbremse festhalten, wollen sie unter anderem das Bürger:innengeld vollständig abschaffen, was sie dann damit begründen, dass sich arbeiten ja wieder lohnen müsse. Wer Arbeitslos ist, soll dann zukünftig durch eine schnelle verpflichtende Vermittlung vom Arbeitsamt wieder in das Berufsleben eingegliedert werden, was in der Praxis zur Annahme von schlecht bezahlten Jobs mit miserablen Arbeitsbedingungen führt. Als wäre das nicht schon genug, wird in Zeiten wo durch Inflation und Nullrunden, die Löhne immer weiter sinken ebenfalls angedacht die Höchstarbeitszeiten zu ändern. Damit wir zukünftig nicht nur gezwungen sind in Niedriglohnjobs zu arbeiten, sondern das ganze gleich auch noch bedeutend länger. Damit schwingt aber auch gleichzeitig die Gefahr mit, dass wenn die Nachfrage nach Arbeitskraft niedrig ist, wir schneller in Teilzeitarbeit gesteckt werden können.

Klimaschutz läuft dabei nur über gewisse wirtschaftliche Innovationen und Investments in neue Technologien, sowie den Emissionshandel. Darüber hinaus sollen die gerade erst vom Netz genommenen Atomkraftwerke, möglichst schnell wieder in Betrieb genommen werden. Während dessen tut man alles nur erdenklich mögliche, um die Automobilbrache künstlich weiter am Leben zu erhalten. Quasi aus Gewohnheit bekennt man sich dennoch augenscheinlich zu den Pariser Klimazielen, mit dem bereits gefallenen 1,5 Grad Ziel, sind diese jedoch schon sicher gescheitert. Die spürbaren Folgen dessen, wie Extremwetterereignisse, wollen sie durch verpflichtende Elementarschädenversicherungen abdecken, wodurch die Verantwortung weiter auf Individuen abgewälzt wird. Das Programm ist klar: Die Krise sollen wir, die Arbeiter:innenklasse zahlen.

Ehrlicher wäre: für ein Land das wieder Wohlstand für alle Kapitalist:innen schafft.

3. „für ein Land, das frei und wieder sicher ist“

Die CDU konstatiert, dass die von Scholz 2022 heraufbeschworene „Zeitenwende“ nun politisch konsequent in die Praxis umzusetzen sei, dass bedeutet Aufrüstung nach innen wie außen, im Interesse des deutschen Kapitals und auf Kosten der Arbeiter:Innen. Diese geforderte Durchsetzung von „Recht und Ordnung“ im Inneren, hat dabei den Zweck jeglichen Widerstand gegen die Angriffe auf die Arbeiter:innen und Jugendlichen zu unterdrücken. Dafür sollen z.B. Jugendliche früher bestraft werden und die Anwendung des Jugendstrafrecht für 18 bis 21 jährige nicht mehr stattfinden. Darüber hinaus soll die Anonymität im digitalen Raum insofern möglich vollständig abgeschafft werden und IP-Adresse verpflichtend speichern. Auch die Überwachung von Mobil- und Festnetztelefonen will die Union stärker umsetzen. Nicht zu vergessen, dass die Cannabis-Legalisierung ebenfalls ein Dorn im Auge der Unionsparteien ist, was bei Rücknahme dazu führen würde dass z.B. wieder etliche Jugendliche kriminalisiert werden würden.

Anknüpfend an die Antisemitismusresolution des Bundestags, sagt die CDU/CSU dem Islamismus und Antisemitismus in ihrem Programm den „Kampf“ an. Dass ihnen der wirkliche Schutz von Jüd:innen egal ist, sollte hierbei klar sein, diese Floskeln dienen eigentlich nur dazu Migrant:innen und Geflüchtete weiter zu kriminalisieren und die Repression gegen die Palästina-Solidaritätsbewegung zu verschärfen, da diese die Staatsräson und somit die Interessen des deutschen Imperialismus, Israel bedingungslos zu unterstützen, angreift. So reden sie anstatt über den mit dem Erstarken von rechten Parteien zunehmenden Antisemitismus, vor allem über angeblichen „zugewanderten“ und linken Antisemitismus. So soll wer das „Existenzrechts“ Israels leugnet nach dem Volksverhetzungsparagraph bestraft werden oder bei migrierten Menschen, gleich die Staatsbürger:innenschaft oder der Aufenthaltstitel entzogen werden.

Doch die sozialen Angriffe auf uns, und der Autoritarismus um diese durchzusetzen, bilden nur einen Teil den die CDU/CSU vorschlägt um Deutschland in der internationalen Konkurrenz zu stärken. Die andere Seite stellt die massive Aufrüstung nach Außen dar, um in der immer häufiger mit Waffen ausgetragenen Neuaufteilung der Welt zwischen den Imperialisten auch noch ein Wörtchen mitreden zu können. Anstelle von einem Prozent des BIPs (Bruttoinlandsprodukt) sollen in Zukunft mindestens 2 bis hin zu 3 Prozent direkt an die Bundeswehr gehen. Zudem spricht man sich für die Stationierung US-Amerikanischer Mittelstreckenraketen in Deutschland aus und kündigt uns Jugendlichen an, dass wir wieder gezwungen werden sollen, „für das deutsche Vaterland“ zu dienen, durch die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht. Der sogenannte „Operationsplan Deutschland“ wird voll und ganz unterstützt und soll auch unter ihnen freudig in die Tat umgesetzt werden.

Im Kapitel „Stopp illegaler Migration“ legt die Union dar, dass für sie die GEAS Reform, welche das Asylrecht in der EU schon de-facto angeschafft hat, noch nicht weit genug geht und nun formal nahezu vollständig beendet werden soll. So werden jegliche freiwillige Asylprogramme abgeschafft und „sichere“ Drittstaaten- und „Rückführungs“-Abkommen ausgeweitet, wobei die Anforderungen an diese erst stark herabgesetzt wurden und in keiner Weise wirklich Sicherheit verkörpern. Alle Menschen die in Europa Asyl beantragt sollen in einen „sicheren“ Drittstaat deportiert werden. Man bekennt sich erneut zum rassistischen Dublin-Abkommen und möchte dieses rigoroser in die Tat umsetzen. Damit Migrant:innen und geflüchtete Personen, sich gegen diese Maßnahmen nicht wehren können, wollen sie den Lebensstandart, nach dem „Bett-Brot-Seife“-Prinzip, so niedrig wie möglich halten. Die einzige Form von Migration die sie in Zukunft noch dulden wollen, ist das Anwerben möglichst billiger Facharbeiter:innen aus dem Ausland. Um die geplanten massenhaften „Rückführungen“ sicherzustellen und den weiteren Ausbau des „Schutzes“ der deutschen und EU-Außengrenzen, soll die Bundespolizei mit neuen Befugnissen und Technologie ausgerüstet werden unter anderem mit Drohnen. Mit Sicherheit hat diese rassistische Abschottungspolitik wenig zu tun.

4. „für ein Land, das wieder zusammenhält“

Ein unter den Vorzeichen der letzten Punkte „geeintes“ Land braucht laut der Union v.a. eines: „Leitkultur“. Diese entspricht im wesentlichen der reaktionären konservativen Ideologie beider Unionsparteien, gespränkelt mit einzelnen Lippenbekenntnissen zur Förderung von „Kultur“ und Sport. Ein Hauptaugenmerk jedoch fällt dabei auf den „Schutz der Familie“, welcher nichts anderes ist als eine massive Welle an Rollbacks gegen Rechte von Frauen, LGBTI+ Personen und Jugendlichen. So soll z.B. das erst im November in Kraft getretenen Selbstbestimmungsgesetz wieder zurückgenommen werden, da es den Jugendschutz und das Sorgerecht der Eltern untergraben würde. An Paragraphen 218, also der Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen, wollen beiden Parteien jedoch dringend festhalten. Diese Politik der Union führt dazu, dass immer mehr Sorge- und Carearbeit durch die Krise in die private Sphäre gedrängt wird und somit die Belastung von Frauen verstärkt wird und Abhängigkeitsverhältnisse anwachsen, was sie somit einem erhöhten Risiko patriarchaler Gewalt aussetzt. Auch Queers und Jugendliche müssen so mit einer Verschärfung ihrer Unterdrückung rechnen.

Was macht die CDU jetzt damit?

Während sie klar die Nase gegenüber allen anderen Parteien vorne haben, verkündeten sie auf der Pressekonferenz zum Wahlprogramm, dass sie nicht für politische Zusammenarbeit mit den Grünen sind und bezeichneten die SPD-Politik unter Scholz als schlichtweg peinlich. Auch eine Zusammenarbeit mit der AfD schlossen sie dort aus, da sich deren Absicht des Austritts aus EU, Euro und NATO nicht mit den eigenen Plänen für den deutschen Imperialismus vereinbaren ließen.

Relevant zu betrachten ist jedoch, dass die AfD selbst immer weniger den Fokus auf eine Anti-EU, Anti-NATO Politik setzen, vor allem im Vergleich zu vor 10 Jahren. Das lässt eine schwarz-blaue Koalition, eventuelle doch wahrscheinlicher als Gedacht wirken. Vor allem nachdem sich nun abzeichnet, dass die Union mit Stimmen der AfD eine Abschiebeverschärfung schon vor den Wahlen durch den Bundestag bringen will. Ähnliches haben wir schon in Österreich gesehen, wo die Christ-Demokrat:innen vor der Wahl sich gegen eine Zusammenarbeit mit der rechtspopulistischen FPÖ ausgesprochen hat und jetzt auf dem besten Weg hin zur Regierungskoalition sind. Schaut man sich das Programm abschließend an, merkt man das inhaltlich auch gar nicht so viel Differenz zur AfD besteht, die Rhetorik ist zwar weniger rabiat und die Forderungen insgesamt weniger zugespitzt aber Grundton: Mehr Abschiebung, Bundeswehr und Polizei, weniger Sozialleistung und Umverteilung von unten nach oben, sowie eine Politik im Sinne „deutscher Werte“ ist derselbe. Wo nichts „links, woke oder gegendert“ ist um es mit Söders Worten zu sagen.

Doch was braucht es jetzt?

Zusammengefasst lässt sich aufjedenfall sagen: Wir als Jugendliche haben mit dem Programm der CDU nichts zu gewinnen! Darüber hinaus zeigen uns ihre politische Perspektiven, dass der Kampf gegen Rechtsruck und Krise nicht nur einer gegen die AfD sein kann. Wir können uns bei diesem auch nicht auf ein Parteiverbot oder die „Einheit der Demokrat:innen“ verlassen, wir sehen doch vor unseren Augen wie die Brandmauer immer weiter bröckelt.

Es braucht viel mehr einen Zusammenschluss aller Organisationen der Arbeiter:innen und Unterdrückten, welche nicht nur in moralischen Appellen sondern durch konkreten Kampf gegen Rassismus, soziale Angriffe und für soziale Verbesserung die Auseinandersetzung gegen den Rechtsruck führt. „Taktisches Wählen“ wird uns nicht vor rechter Politik bewahren, es braucht eine solche Bewegung welche sich an Schulen, Unis und Betreiben verankert, um den Kampf voranzutreiben und letztendlich auch zu gewinnen! Wenn du auch diesen Schritt gehen willst, dann schreib uns an und lass uns gemeinsam den Kampf gegen Rechtsruck und Krise führen – in der Schule und auf der Straße!




Trumps Großangriff: Die Politik der Rechten ist die Politik der Reichen

von Urs Hecker, Januar 2025

Vor wenigen Tagen feierte der neue US-Präsident Donald Trump seine Amtseinführung.
Umringt von Milliardär:innen und Vertreter:innen der US-Bürokratie konnte er sein rassistisches, sexistisches und nationalistisch-größenwahnsinniges Programm der Reichen verkünden. Noch einen Tag davor auf der offiziellen Siegesfeier seiner Wahlkampagne zeigte Elon Musk, der reichste Mann der Welt, gleich zwei Mal auf der Bühne den Hitlergruß. Nach der Amtseinführung hagelte es eine Flut von autoritär, am Kongress vorbei verabschiedeten Dekreten, die einen in diesem Jahrtausend beispiellosen Angriff auf die Rechte sozial Unterdrückter darstellen. Diese Angriffe sind denen, die uns in Deutschland unter Merz oder einer zukünftigen AfD-Regierung bevorstehen könnten, sehr ähnlich. Wie wirken sie sich also aus und wie können wir uns dagegen wehren?

Angriffe auf Migrant: innen

Ein Hauptziel der Angriffe Trumps sind wieder einmal Migrant:innen aus Lateinamerika.
Der nationale Notstand wurde an der Grenze zu Mexiko verhängt, was bedeutet, dass in Zukunft das Militär gegen Einwanderer:innen eingesetzt werden kann. Schon jetzt gehen Bilder um die Welt, wie Migrant:innen an der Grenze zwischen den USA und Mexiko verzweifeln. Der Grund: Trump hat die App, mit der Millionen Menschen sich legal Termine für den Grenzübertritt vereinbaren konnten, einfach sperren lassen. Diese Menschen gaben oft alles auf, um ein US-Visa zu erhalten, nur um jetzt trotz Termin an der Grenze abgewiesen zu werden. An dieser Grausamkeit zeigt sich einmal mehr, dass auch „legale“ Einwander:innen von den Angriffen der Rechten betroffen sind und die Heuchelei derer, die das verneinen und behaupten, es ginge nur um „illegale Einwanderung“. Zusätzlich will Trump ein weiteres zentrales Recht von Migrant:innen in den USA abschaffen: Die Staatsbürger:innenschaft per Geburt. Dadurch werden ganze Generationen der Nachfahr:innen heutiger Migrant:innen entrechtet, die nun für immer Menschen zweiter Klasse in den USA bleiben können. Ob das Ganze aber wirklich rechtsgültig ist, wird sich noch zeigen, denn die Staatsbürger:innenschaft per Geburt ist ein historisches Grundpfeiler des US-amerikanischen Gesellschaft, den zu fällen nicht mal eben gehen wird.

In Deutschland blüht uns Ähnliches. Abgesehen davon, dass es hier die Staatsbürger:innenschaft bei Geburt nie gab, fordern auch hier die großen Parteien eine Verschärfung des tödlichen EU-Grenzregimes und eine Einschränkung der Staatsbürger:innenschaft. So fordert die CDU unter anderem, dass Menschen mit doppelter Staatsbürger:innenschaft ausgebürgert werden können, sollten sie zweimal straffällig werden. So öffnen sie den Weg für Deportationen von deutschen Staatsbürger:innen und schaffen selbst unter ihnen 2 Klassen: die „Biodeutschen“, die sicher für immer Staatsbürger:innen sind und solche, die ihre Rechte wieder verlieren können.

Wir fordern deshalb international:

  • Grenzzäune und Mauern einreißen! Grenzen auf überall für alle!
  • Volle Staatsbürger:innenrechte für alle in dem Land, in dem sie leben!

Angriffe auf trans und inter Menschen

Auch trans Menschen werden in großem Stil vom neuen Präsidenten angegriffen und haben wahrscheinlich in Zukunft noch Schlimmeres zu erwarten. So hat Trump bei seiner Amtseinführung gesagt: „In den USA wird es in Zukunft nur noch zwei Geschlechter geben: Mann und Frau“ und folglich Behörden dazu angewiesen, nur männliche und weibliche Geschlechtseinträge anzuerkennen.
Außerdem sollen in Zukunft die Chromosomen bzw. „das Geschlecht bei Zeugung“ bestimmen, welches Geschlecht Menschen haben. Damit wird nicht nur die Realität von trans und inter Menschen verkannt, es nimmt ihnen das Recht, selbst über ihren Körper und ihr Geschlecht zu bestimmen und die Tür für weitergehende Kriminalisierung ist geöffnet. Gleichzeitig ist mit einer Zunahme der trans- und queerfeindlichen Stimmung weltweit und somit auch mit weiteren Angriffen auf trans Menschen und ihre Rechte zu rechnen.

Auch in Deutschland zeigt sich ähnliches, wenn Friedrich Merz z.B fordert, das Selbstbestimmungsgesetz zurückzunehmen, oder die AfD die gleichgeschlechtliche Ehe wieder abschaffen will.

Wir fordern stattdessen:

  • Selbstbestimmung über die eigene Geschlechtsidentität: Für Recht auf kostenfreien und unbürokratischen Zugang zur offiziellen Namens- und Personenstandsänderung! Gegen den Zwang, das Geschlecht in amtlichen Dokumenten anzugeben!
  • Für Selbstbestimmung über den eigenen Körper: Für das Recht auf kostenfreien und unbürokratischen Zugang zu medizinischer Geschlechtsangleichung!
  • Intersex vollständig legalisieren: Verbot medizinisch nicht notwendiger, kosmetischer
    Genitaloperationen an Kindern!

Nationalismus und Autoritarismus

Eingebettet werden diese Angriffe in einem immer aggressiveren, von außen teilweise lächerlich wirkenden Nationalismus und einen steigenden Autoritarismus. Der Panamakanal soll „zurückerobert“ werden und Panama wird offen mit einem militärischen Angriff gedroht. Dies soll in einem zukünftigen Konflikt mit China dafür sorgen, sicher die Kontrolle über diese wichtige Schifffahrtsstraße zu besitzen, aber führt auch dazu, dass innere Kritik durch nationalistische Furore unterdrückt werden kann. Lächerlich wirkend und dennoch ernstzunehmend ist die Ankündigung, den Golf von Mexiko in „Golf von Amerika“ umzubenennen. Dieses Feigenblatt soll natürlich nur dazu dienen, Amerikaner:innen von den echten Problemen im Land abzulenken, indem man einen rein kosmetischen Konflikt mit dem Ausland schafft. Auch der Autoritarismus nimmt schon jetzt im Land zu und ist die andere Seite der Maßnahmen, um die Angriffe auf die unterdrückten Gruppen durchsetzen zu können. Wie oben erwähnt wird das Militär an der Grenze auf Migrant:innen losgelassen. Dazu hat Trump angekündigt die Todesstrafe wieder verschärft durchzusetzen und will auch „sicherstellen“, dass einzelne Bundesstaaten genug Tötungsmittel zur Verfügung haben. Diese Maßnahme wird wieder vor allem Schwarze und andere rassistisch Unterdrückte treffen. Außerdem soll auch der Staatsdienst direkter unter die Kontrolle des Präsidenten gestellt und Beamt:innen leichter entlassen werden können. In Zukunft ist eine noch weit größere Ausweitung der Repressionsmaßnahmen zu erwarten.

Auch in Deutschland ist die Zunahme der Repression ein Trend des Rechtsrucks, wie wir an den Angriffen auf die Bewegung der Palästina-Solidarität sehen können, aber auch verschärfte Angriffe gegen Antifaschist:innen und Klimaaktivist:innen. Der bürgerliche Staat, ob in Deutschland, den USA aber auch anderen westlichen Staaten wie Britannien, setzt verschärft auf autokratische Maßnahmen und Strafen, um seine innen- wie außenpolitischen Ziele gegen Kritik durchzusetzen.

Wir fordern dagegen:

  • Stoppt jede imperialistische Intervention! USA und alle anderen Imperialist:innen raus aus Lateinamerika!
  • Abolish the Police: Statt innerer Hochrüstung Investitionen in Bildung und Soziales auf Kosten der Reichen!

Rechte Politik ist die Politik der Reichen

Dass Trump bei Amtseinführung von den reichsten Menschen der Welt umgeben war, zeigt bildlich, was uns inhaltlich schon längst klar sein muss: Die Politik der Rechten ist die Politik der Reichen, der Kapitalist:innen. Das sehen wir auch wenn Trump aus den Pariser Klimaabkommen erneut aussteigt und den Energienotstand verhängt, um noch mehr fossile Brennstoffe aus dem Boden zu holen. Diese Politik, die unser aller Lebensgrundlage angreift, dient offensichtlich der amerikanischen Ölindustrie sowie den restlichen Kapitalist:innen, die sich davon niedrigere Strompreise erhoffen können. Des Weiteren sollen unglaubliche 500 Milliarden in private KI-Infrastruktur investiert werden, was zum einem natürlich den Tech-Milliadären an Trumps Seite dient, aber auch im internationalen Kampf mit China den USA einen Vorsprung verschaffen soll. Weitere massive Steuergeschenke an Unternehmen sind geplant. So verkündete Trump in Davos, dass alle Unternehmen in den USA produzieren und „die niedrigsten Steuern überhaupt“ erhalten sollten. Die Kosten davon werden die Arbeiter:innen und Jugendlichen tragen, wenn in Folge neuer Sozialkürzungen zum Beispiel das eh schon beschissene Bildungssystem noch weiter kaputtgespart wird. Eine Methode, den zukünftigen Widerstand dagegen zu schwächen, sind die jetzt von der Trump-Regierung verübten Angriffe. Der von der Regierung verbreitete Rassismus und Nationalismus sowie die Queerfeindlichkeit schwächen die Jugend und die Arbeiter:innenklasse und spalten sie. Die Entrechtung von Migrant:innen führt dazu, dass sie sich weniger und schlechter an ökonomischen und politischen Kämpfen beteiligen können. Auch in Deutschland wird im Windschatten des Rassismus eine Sozialkürzung nach der Anderen vorgenommen. Nach der Nullrunde beim Bürgergeld droht nun die CDU, es für Hunderttausende komplett zu streichen, während in Berlin von CDU und SPD massive Kürzungen im Jugend- und Kulturbereich vorgenommen wurden.

Nicht verzweifeln: Jugendbewegung aufbauen!

Angesicht der Größe des Angriffes, der (vermeintlichen?) Stärke der Regierung der Rechten und Milliardär:innen und der schrecklichen Auswirkungen auf die Betroffenen, ist es schwer, nicht zu verzweifeln. Sicher waren viele von uns die letzten Tage schockiert und haben sich ohnmächtig und ungläubig gefühlt. Auch in Deutschland schreitet der Rechtsruck scheinbar ohne Bremse immer weiter voran und bedroht die Lebensbedingungen von uns Jugendlichen.
Aber vereinzelt und schockiert vor den Bildschirmen merken wir eine Sache nicht: gemeinsam organisiert können wir eine unglaubliche Stärke entwickeln! Eine Bewegung der Jugendlichen und Arbeiter:innen, die in Schulen, Unis und Betrieben verankert ist, kann den Rechtsruck stoppen. Für uns als Jugendliche heißt das, dass wir uns dort organisieren müssen, wo wir uns täglich aufhalten müssen: Den Schulen. Hier können wir am Besten andere Jugendliche erreichen, hier spüren wir die Auswirkungen des Rechtsruck am dollsten, hier können wir eine Verankerung für eine zukünftige Bewegung schaffen. Mobilisierungen wie die gegen die AfD in Riesa zeigen, dass Zehntausende von uns bereit sind zu kämpfen!
Eine solche Bewegung muss sich auch international vernetzen und gemeinsam Perspektiven und Strategien entwickeln, um den internationalen Rechtsruck und Großangriff der Kapitalist:innen stoppen zu können. Auch wenn wir uns also zunächst gegen die lokalen Angriffe der Reichen wehren müssen, haben diese alle die gleiche Ursache als Antworten der Reichen auf die globale Krise des Kapitalismus. Wir können nur siegen, wenn wir im globalen Maßstab den Reichen eine Antwort der Arbeiter:innen und Jugendlichen auf die Krise entgegenstellen! Diese Antwort sollte die oben erwähnten Forderungen gegen Soziale Unterdrückung und Autoritarismus aufgreifen und mit sozialen Forderungen verbinden, weitere Forderungen könnten sein:

  • Selbstverteidigungskomitees und Antidiskriminierungsstellen an Schule, Uni und Betrieb gegen Soziale Unterdrückung und Diskriminierung!
  • Gemeinsamer politischer und ökonomischer Kampf: Geflüchtete rein in Gewerkschaften!
  • Hunderte Milliarden für Bildung und Soziales auf Kosten der Reichen, statt für Aufrüstung und als Steuergeschenke an Milliardär:innen!



Erst spalten, dann streichen – Rassismus nützt den Reichen!

Flugblatt von REVOLUTION zum Aufbau einer Bewegung gegen Rechtsruck und Krise an Schulen

Wenn du das Flugblatt auch an deiner Schule verteilen willst, schreib uns an um welche von der Ortsgruppe in deiner Nähe zu bekommen (Social Media: @revogermany, E-Mail: germany@onesolutionrevolution.de) oder lade dir das PDF runter und druck dir das Flugblatt selber aus (Unten findest du das PDF).

Wenn wir oder unsere Freund:innen ohne deutschen Pass Angst haben müssen, abgeschoben zu werden, wenn rassistische Kommentare von Lehrer:innen und Mitschüler:innen zunehmen und eine mit Nazis kuschelnde – Alice Weidel – zu einer der beliebtesten Kanzlerkandidat:innen zählt, dann werden wir nicht schweigend zusehen! Wir wissen, dass diese Angst bei vielen den Alltag bestimmt. Das wollen wir nicht einfach so hinnehmen und aufzeigen: Wir Jugendlichen werden konsequent gegen den Rechtsruck, die AfD und Nazis kämpfen. Die AfD ist seit mehr als zehn Jahren auf dem Vormarsch. Das liegt nicht nur daran, dass rechte Menschen mit rechtem Gedankengut immer zahlreicher werden, sondern auch daran, dass sie mit ihrer Hetze gegen Geflüchtete jene erreichen konnten, denen es schlecht geht oder die Angst vor sozialem Abstieg haben. Denn die anderen Parteien haben es versäumt, diesen Menschen Antworten und Lösungen anzubieten, um sie bei ihren Sorgen abzuholen. Die Lebenssituation ist für viele Menschen in Deutschland schlecht, und die Aussichten sind düster. Egal, wer die nächste Bundestagswahl gewinnt – das Top-Thema der Wahl ist die Wirtschaft. Überall hören wir von bevorstehenden Massenentlassungen, und Kürzungen sowie Angriffe auf unsere Rechte werden massiv zunehmen. Diese Entwicklungen sind bereits jetzt, unter anderem in Berlin, deutlich sichtbar. Für uns Jugendliche bedeutet das vor allem: Schließungen von Jugendclubs und Mädchenprojekten, Einschnitte bei Sozialleistungen wie Unterstützung für Klassenfahrten, Mittagessen und Fahrkarten sowie der Wegfall von Kulturangeboten. Diese Maßnahmen treffen uns direkt – und die Ärmsten unter uns noch härter. Darum müssen wir uns auch klar dagegenstellen, dass riesige Investitionen ins Militär und in Kriege fließen statt in Soziales und Bildung. Dass Milliarden in die Aufrüstung gesteckt werden, während sich unsere Eltern jeden Monat die Fragen stellen, ob sie die Miete sich noch leisten können. Was tun die Parteien dagegen? Statt das Wirtschaftssystem als Problem zu benennen, schieben sie die Schuld auf Migrant:innen, Asylbewerber:innen und Arbeitslose. Das dürfen wir nicht hinnehmen! Rassismus wird gezielt eingesetzt, um Kürzungen durchzusetzen, ohne dass großer Widerstand aus der Bevölkerung aufkommt. Am Ende trifft es jedoch uns alle – Jugendliche, PoCs, Frauen und Queers, Arbeitslose und weite Teile der Arbeiter:innenklasse. Damit sich also unser Leben nicht noch weiter verschlechtert, müssen wir uns dagegen wehren! Dabei muss uns klar sein: Wenn wir erfolgreich gegen die Kürzungen kämpfen wollen, müssen wir diesen Kampf aktiv mit dem Kampf gegen Rechts verbinden. Und wenn wir den Kampf gegen Rechts gewinnen wollen, müssen wir ihn mit dem Kampf gegen Kürzungen verknüpfen. Diese beiden Kämpfe sind untrennbar miteinander verbunden, denn wenn wir uns spalten lassen, verlieren wir! Wir wollen nicht einfach abwarten, bis gewählt wird und sich eine neue Regierung formiert, die wieder nichts für uns tut. Wir müssen jetzt aktiv werden und eine Jugendbewegung aufbauen, die ihre Basis in den Schulen und Universitäten hat – eine Bewegung, die für ein Leben kämpft, in dem alle, unabhängig davon, wo sie herkommen, die gleichen Rechte haben. Die für eine Welt kämpft, in der das Wirtschaftssystem nicht auf Profit ausgerichtet ist, sondern auf die Bedürfnisse aller! Darum wollen wir nicht nur unsere Wut und Angst über die aktuellen Umstände auf die Straßen tragen, sondern dort aktiv werden, wo wir uns jeden Tag aufhalten und wo sich die gesellschaftlichen Missstände besonders zeigen – an unseren Schulen.

Wir sagen:

  • Wir zahlen nicht für eure Krise und Kriege – Hunderte Millarden für Soziales auf dem Nacken der Reichen! Wie das Geld verteilt wird sollen nicht Bosse und Berufspolitiker entscheiden – sondern wir, die die es brauchen!
  • Schluss mit Abschiebungen aus unseren Schulen, Unis, Nachbarschaften und Betrieben – unsere Freund:innen bleiben hier!
  • Wir können keinen Rassismus und Sexismus mehr in unseren Schulen ertragen: Für den Aufbau selbstverwalteter Antidiskriminierungsstellen, um dagegen gemeinsam vorgehen zu können!
  • Keine Aufteilung – echte Inklusion und gemeinsamer Unterricht statt „Willkommensklassen“!

Kämpf mit uns für diese Forderungen und werde aktiv!

Bewegung stärken, Verankerung aufbauen!

Um eine starke Bewegung gegen den Rechtsruck aufzubauen, müssen wir uns als Schüler:innen dort organisieren, wo wir uns tagtäglich aufhalten: In der Schule. Mit Aktionskomitees können wir den Kampf gegen den Rechtsruck dorthin tragen, wo wir eh immer sind. Denn der zeigt sich an der Schule nur zu gut. Sei es die rassistische Segregation durch „Willkommensklassen“, sei es der rassistische Lehrer, seien es die Unterrichtsinhalte. Wenn wir uns an der Schule organisieren, können wir gegen diese Dinge etwas unternehmen und damit den Rechtsruck effektiv angreifen und der Bewegung eine Verankerung dort geben, wo wir alle uns täglich aufhalten. Aus FFF haben wir gelernt, dass tausende Schüler:innen, die auf die Straße gehen und die Schule bestreiken, ordentlich Druck ausüben können auf den medialen Diskurs. Aber es hat auch gezeigt, dass der ganze Spaß sich ohne Verankerung an den Schulen nach einiger Zeit im Sand verläuft. Umso wichtiger, dass wir aus den Fehlern lernen und anfangen, in den Schulen direkt aktiv werden! Wenn wir uns vor Ort zusammentun, stärken wir also die Streiks, können Repressionen (wie Fehlzeiten oder Verweise) verhindern und lokale Probleme bekämpfen. So können wir z.B. wenn die AfD oder Bundeswehr zu uns kommen will, gemeinsam dagegen vorgehen und diese aus unseren Schulen werfen! Doch wo soll man anfangen? Wir kennen alle diesen einen rassistischen Lehrer an unserer Schule. Um dagegen was zu tun, kannst du einfach erstmal deine Mitschüler:innen ansprechen und sie fragen, was sie dazu denken. Als Nächstes könnt ihr z.B. einen kleinen Flyer oder einen offenen Brief schreiben, in dem ihr fordert, dass er nicht mehr unterrichten darf und den Aufbau einer Antidiskriminierungsstelle, die von den Schüler:innen kontrolliert wird. Den könnt ihr dann verteilen und damit eure Forderungen in der Schule diskutieren. In gemeinsamen Treffen könnt ihr dann weitere Schritte planen, wie Kundgebungen oder Dosenwerfen, um Druck hinter eure Forderung zu bringen. Damit seid ihr auf dem besten Weg, eine Widerstandskraft, also ein Aktionskomitee an eurer Schule aufzubauen!

Wir haben noch weitere Tipps zur Organisierung an Schulen in unserer Broschüre aufgeschrieben!

Wie organisier ich eine Vollversammlung?

Die Rechten sind wieder Back. Vor allem an der Schule merken wir das. Wo Freunde in andere Klassen gesteckt werden wegen ihrer Hautfarbe oder wo Lehrer:innen Witze über Hijabs machen. Den Ort, wo wir täglich hinmüssen, dürfen wir nicht den Rechten überlassen. Um diesen Kampf zu führen, kann eine Waffe eine Vollversammlung sein. Das sind Versammlungen von uns allen Schüler:innen einer Schule, die wir so gestalten können, wie wir wollen. Das heißt, es ist z.B. möglich, die Mitschüler:innen darüber aufzuklären, was ein Erstarken der AfD genau heißt, oder Kampfpläne zu schmieden, um Abschiebungen zu verhindern. Doch wie kommen wir zu so einer Vollversammlung?

1. Unsere Schulzeit bestimmen wir selbst!

Die Schulleitung wird in den meisten Fällen nicht erfreut sein, dass wir uns zusammenschließen wollen und selbst organisierte Versammlungen abhalten. Deshalb gilt es, Druck auf die Schulleitung aufzubauen, dass sie so eine Vollversammlung unterstützt. Hierfür kann man Unterschriften für die Vollversammlung sammeln, Banner aufhängen, Reden auf dem Schulhof halten, Infostände machen, mit Kreide die Forderung nach einer Vollversammlung auf den Boden malen oder am besten eine Kombi aus allem. Klar, das schafft man nicht alles allein. Deswegen diskutiert mit euren Freund:innen, warum wir uns selbst organisieren müssen, und bildet vielleicht sogar ein Aktionskomitee. In den meisten Fällen haben Schüler:innen das Recht, halbjährlich oder einmal im Schuljahr eine solche Vollversammlung abzuhalten. Je nach Bundesland kann es da aber Unterschiede geben, deshalb empfehlen wir euch, selbst noch einmal nachzuschauen.

2. Wir sagen was wir machen und machen was wir sagen.

Wenn die Schule einer Vollversammlung zugestimmt hat, kommt es zur Planung. Hierbei ist wichtig, dass sich jede:r Schüler:in an der Planung beteiligen kann. Einfach damit unsere Mitschüler:innen eigene Gedanken und Probleme reintragen können. Wir wollen nix hinter verschlossenen Türen planen, wie es die Schulleitung tut, wir wollen mit unseren Mitschüler:innen ins Gespräch kommen und gemeinsam entscheiden, wie wir die Vollversammlung gestalten wollen. Dafür sind offene Vorbereitungstreffen in der Schule notwendig, in welchen ihr durch demokratische Entscheidungsprozesse einen gemeinsamen Nenner findet. Besprochen werden sollten einerseits die Mobilisierung für die Vollversammlung sowie der Inhalt und die Gestaltung der Vollversammlung.

3. Die Vollversammlung selbst

Die Vollversammlung sollte lokale Probleme angehen und man sollte über das sprechen, was die Schüler:innen interessiert. Konkret kann man rassistische Vorfälle sammeln und dabei aufzeigen, dass die Zunahme davon im Zusammenhang mit dem Erstarken rechter Parteien steht. Gleichzeitig muss eine Perspektive aufgezeigt werden. Um das zu tun, kann es sinnvoll sein, Leute von außerhalb einzuladen, z.B. um klarzumachen, dass ein Kampf gegen Rechts auch ein Kampf gegen soziale Kürzungen ist. Eine mögliche Option wäre eure Jugendorganisation des Vertrauens.

4. Der Kampf geht los

Eine Vollversammlung darf nicht nur Probleme aufzeigen. Sie muss der Beginn des Kampfes da-gegen sein. Denn das Elend anzuerkennen ändert nichts, das müssen wir schon selber tun. Das heißt, nach der Vollversammlung muss klar sein, wie es weitergeht. Das kann sein, die Schule daraufhin zu besetzen oder an einem Schulstreik teilzunehmen. Hierfür kann die Vollversammlung auch direkt als Podium genutzt werden. Zuletzt schafft sie einen Moment der gemeinsamen Entscheidung, indem man z.B. politische Forderungen, welche die Schule umsetzen soll, abstimmt oder sich entschließt, dass alle an einem Streik teilnehmen!

Wenn du noch mehr über den Kampf gegen Rechtsruck, Krise und Organisierung an Schulen lesen willst, dann schau doch mehr von an und werde aktiv in der Schule und auf der Straße gegen Rechtsruck und Krise!

Hier könnt ihr das Schulflugblatt selbst herunterladen:

Lizenz: Matt Hrkac CC BY 2.0 via Flickr




Woher kommt der globale Rechtsruck?

Von Lia Malinovski, REVOLUTION Zeitung, Dezember 2024

Dass immer mehr Mitschüler:innen rechte Scheiße raushauen und die Lehrer:innen drüber lachen, ist nicht nur in einem Deutschland so, in dem die AfD bundesweit auf über 17 % kommt. Auch Italien hat mit Georgia Meloni eine Regierungschefin, welche aus einer faschistischen Tradition stammt und sich auf einen neoliberalen Rechtspopulismus eingestellt hat. Javier Milei greift in Argentinien die Arbeiter:innenklasse und Jugend massiv an, Donald Trump hat die Wahl in den USA gewonnen und in Frankreich hat der ultrarassistische Rassemblement National 30 % der Wähler:innenstimmen geholt. Im Folgenden wollen wir untersuchen, woher diese Erfolge der Rechten kommen und welche Dimensionen der aktuelle Rechtsruck überhaupt hat, damit wir sie auch wirksam bekämpfen können!

Rechtsruck heißt Militarismus!

Alle imperialistischen Staaten zusammen investierten im vergangenen Jahr so viel Geld in ihre Armeen und Waffensysteme wie nie zuvor. Während sich kaum noch jemand um irgendwelche UNO-Resolutionen schert, erhöhen alle Staaten, die es sich leisten können, ihren Militäretat. In der Ukraine und in Gaza sehen wir bereits, zu welchen bestialischen Taten die wachsenden Spannungen zwischen den Weltmächten führen können. Auch Taiwan oder der Pazifik sind Orte, an denen sich diese in Zukunft schnell militärisch entladen könnten.

Doch wer nach außen gegen den scheinbaren äußeren Feind aufrüstet, muss sich auch gegen die angeblichen „inneren Feinde“ wappnen. Parallel zu Sondervermögen fürs Militär gibt es also mehr Befugnisse für die Polizei und Angriffe auf demokratische Rechte wie die Demonstrations- oder Pressefreiheit. Das sehen wir zum Beispiel daran, dass in Deutschland alle, die es gewagt haben, sich für Frieden in der Ukraine oder in Gaza auszusprechen, und damit den deutschen Kriegsplänen in der jeweiligen Region widersprochen haben, zu verkommenen Vaterlandsverrätern, Putinfreunden oder sogar Antisemiten abgestempelt wurden. Die ideologische Scharfmacherei wird begleitet von Demonstrationsverboten oder Angriffen auf das Asylrecht.

Hintergrund der globalen Militarisierung nach Innen und nach Außen ist die Wirtschaftskrise und eine verschärfte Blockbildung zwischen den imperialistischen Mächten. Angesichts unklarer Gewinnaussichten setzen die imperialistischen Mächte zunehmend auf militärische Stärke. Wir befinden uns nämlich aktuell in einer sogenannten Überproduktions- oder Überakkumulationskrise. Das bedeutet unter anderem, dass sich Investitionen, die Unternehmen gemacht haben, nicht mehr rentieren und sie auf den Ausgaben sitzen bleiben. Außerdem wurde mehr produziert, als auf dem Markt verkauft werden kann, was ebenfalls die Krise anfacht. Diese Überakkumulationskrise, hat – anders als noch vor einigen Jahren – mittlerweile auch China ergriffen. Die Vorläufer der aktuellen Krise, die Finanzkrise 2007/08 haben für ein Stocken und sogar für einen teilweisen Rückgang der Globalisierung gesorgt. Stattdessen werden Handelskonflikte immer mehr und es bilden sich imperialistische Blöcke. Diesen Prozess nennen wir Blockbildung. Die USA ist als klare weltbestimmende Macht auf dem Abstieg und ihre Vorherrschaft auf der Welt nicht mehr unangefochten. Daraus ergibt sich ein immer härterer Kampf um die Neuaufteilung der Welt, also um Einflusssphären und Absatzmärkte, zwischen den imperialistischen Blöcken. Bei diesem Kampf zeichnet sich ab, dass der Hauptwiderspruch zwischen den USA und China besteht und sich Russland und die EU (inkl. der britische Imperialismus) diesen beiden unterordnen müssen. Beispielhaft sind dafür die Schutzzölle auf chinesische E-Autos, die die USA auf 100% und die EU auf bis zu 35% angehoben hat. Es entbrennt ein Wirtschaftskrieg, der die relative Stabilität der letzten Jahrzehnte ins Chaos stürzt.

Rechtsruck heißt Sparpolitik!

Die Kosten der Krise werden jedoch nicht etwa von denjenigen gezahlt, die sich verzockt haben und sich mit Krieg und Ausbeutung die Taschen voll gemacht haben. Nein, sie werden auf uns Jugendliche, Queers, Migrant:innen und die gesamte Arbeiter:innenklasse abgeladen. Das sehen wir darin, dass nahezu überall auf der Welt die Löhne von Inflation und Mieten aufgefressen werden. Dass der Sozialstaat zusammengekürzt wird und unsere Schulen und Jugendclubs verfallen. Das internationale Wirtschaftswachstum wird auf gerade mal 3% prognostiziert, für Deutschland sogar nur ganz knapp über 0%. Damit stehen wir international am Rande einer Stagnation, die schnell in eine Rezession führen kann. Das Kapital reagiert darauf mit Sozialkürzungen, Angriffen auf die Löhne und Arbeitsbedingungen sowie Massenentlassungen.

Neben dem Proletariat ist auch das Kleinbürger:innentum von der Krise betroffen. Es wird dabei zwischen den Hauptklassen Proletariat und Bourgeoisie zerrieben und wird deshalb international zur sozialen Hauptstütze der rechten Parteien. Sie gehen in der globalen Konkurrenz unter und fürchten den Abstieg ins Proletariat. Sie haben wirtschaftliche Existenzängste, fühlen sich von den „Eliten“ (auf die sie doch immer vertrauen konnten) verraten, sind neidisch darauf, dass diese nur das Monopolkapital in der Krise retten. Sie wollen zurück zu den „guten alten Verhältnissen“ vor der Krise und ihre Position auf dem Binnenmarkt durch eine Abrieglung der Grenzen sichern.

Immer mehr Teile der Gesellschaft werden durch die Krise, die Inflation und die staatlichen Sparpolitiken in Armut und Verelendung getrieben. Doch anstatt sich dagegen mit einer fortschrittlichen Vision einer anderen Gesellschaft zu wehren, suchen immer mehr Teile der Gesellschaft die Antworten auf ihre Probleme im rechten Lager. Doch das liegt daran, dass es linke Parteien und Gewerkschaften in den letzten Jahren nicht geschafft haben, den Angriffen des Kapitals etwas entgegenzusetzen. Nachdem die Finanzkrise 2007/08 zuerst wie in Griechenland oder in den arabischen Ländern starke soziale Bewegungen ausgelöst hat, haben diese nach und nach schwere Niederlagen erlitten. Und auch die Gewerkschaften und Sozialdemokrat:innen, die die Krise nur sozialverträglicher gestalten wollen, statt gegen das Kapital zu kämpfen, haben immer weniger Spielraum zum Verteilen. Es folgen Mitgliederverlust, eine sinkende Kampfkraft und damit weniger Handlungsspielraum, den Angriffen des Kapitals etwas entgegenzusetzen. Für uns Jugendliche war sicherlich auch die Niederlage der Klimabewegung prägend, die viele vorher Aktive desillusioniert und frustriert zurückgelassen hat.

Rechtsruck heißt Rassismus und Sexismus!

Der Populismus schafft es in dieser Gemengelage mit seinem Gerede vom „Volk“ das gegen „die Eliten“ kämpft, den Klassenwiderspruch zu vernebeln und damit die Bourgeoisie zu stärken. Außerdem geht es einher mit Nationalismus und Sozialchauvinismus. Man müsse gegen die „fremden Elemente“ in einem eigentlich sonst so guten Kapitalismus vorgehen. In der Realität sind das dann oft Linke, Migrant:innen, Queers, Geflüchtete, Arbeitslose. Man will das Rad der Zeit zurückdrehen, in eine Zeit vor der großen Krise, in der es angeblich noch keine Geflüchteten, emanzipierten Frauen und keine queeren Geschlechtsidentitäten gab.

Der Rassismus, Sexismus und die Queerfeindlichkeit sind dabei wichtige Werkzeuge der Herrschenden, den Frust der Massen von sich abzulenken. Gleichzeitig erfordert die ökonomische Krise eine schärfere Ausbeutung der ärmeren Länder. Um dies zu rechtfertigen, müssen ihre Bevölkerungen mithilfe von Rassismus als minderwertiger erklärt werden. Auch wenn Menschen aufgrund von Krieg, Waffenexporten, Naturkatastrophen und Wirtschaftskrisen in die reicheren Länder flüchten müssen, wirkt diese Ideologie. So überholten sich aktuell AfD, CDU und die ehemalige Ampelregierung mit immer menschenfeindlicheren Angriffen auf Geflüchtete und deren Rechte, seien es „Abschiebeoffensiven“ oder die kürzlich eingeführte Bezahlkarte. Dieses Gift spaltet unsere Klasse und verhindert, dass wir uns international gegen die Angriffe auf uns alle wehren können.

Wer zur Zielscheibe der medialen Hetzkampagnen wird, hängt dabei auch von den außenpolitischen Interessen der jeweiligen Staaten ab. So gewinnt aktuell der antimuslimische Rassismus an einer immer größeren Bedeutung. Für die Legitimation der Waffenlieferungen für den Genozid in Gaza muss eine ungeheure rassistische Propagandamaschinerie angeworfen werden. Was an 9/11 an Fahrt aufnahm, wird heute auf die Spitze getrieben. In deutschen Schulen dürfen alle Menschen in Gaza als Terroristen beschimpft werden, aber Kritik an Israel wird sofort als antisemitisch gebrandmarkt und unterdrückt. Solidarität mit Israel wird Voraussetzung für die Einbürgerung und in vielen Medien schwirrt die Lüge vom importierten Antisemitismus umher.

Wohin treibt der Rechtsruck?

Ob in den USA Trump oder Harris gewonnen hat, die Politik wird eine Rechtere werden und der Konflikt mit China wird sich weiter zuspitzen. Auch wird die USA weiter auf eine Unterstützung der israelischen Aggression, die Bekämpfung sozialer Bewegungen im Innern und eine rassistische Abschottung ihrer Grenzen gegenüber Migrant:innen setzen. In Deutschland ist eine Regierung unter der CDU und ihrem rechten Aushängeschild Friedrich März zu erwarten. Angriffe auf das Streikrecht, auf das Demonstrationsrecht und die sexuelle Selbstbestimmung werden nur einige der erwartbaren Folgen sein.

Der Rechtsruck wird sich in seinen unterschiedlichen Dimensionen also weiter formieren und ausbreiten, wenn wir es nicht schaffen, zu beweisen, dass die Lösung der Krise von links kommen muss. Der Kampf dafür beginnt genau dort, wo du gerade diesen Artikel liest. Denn zuerst einmal müssen wir uns dort organisieren, wo wir uns tagtäglich aufhalten, nämlich an unseren Schulen, Unis und Betrieben. Dort müssen wir Komitees aufbauen, die sich den Auswirkungen des Rechtsrucks entgegenstellen. Nur so können wir es schaffen, andere Teile der Gesellschaft auf unsere Seite zu ziehen, der Szenepolitik ein Ende zu bereiten und uns unabhängig vom Staat zu organisieren. Dabei müssen wir die Angriffe des Kapitals mit sozialen Forderungen bekämpfen! Wir brauchen Klassenkampf statt Sozialpartnerschaft. Diesen müssen wir mit antirassistischen Forderungen verknüpfen, denn Rassismus schwächt unsere gemeinsame Kampfkraft. Wir lassen uns nicht spalten! Lasst uns gemeinsam gegen alle Asylrechtsverschärfungen und Grenzregime kämpfen und organisierte Selbstverteidigung aufbauen, gegen die Angriffe der Rechten! Das können wir jedoch nicht alles alleine tun, dafür müssen wir unsere Forderungen auch an die Organisationen richten, die einen Großteil der Arbeiter:innenklasse organisieren – also die Gewerkschaften und die reformistischen Parteien. In gemeinsamen Kämpfen müssen wir ihre Führungen unter Druck setzen, sich tatsächlich und unter Mobilisierung ihrer gesamten Mitgliedschaft gegen den Rechtsruck zu stellen. Koordiniert werden muss unser Widerstand international, denn so wie der Rechtsruck global stattfindet, kann es auch nur unser Widerstand sein.




Antideutsche Angriffe in Leipzig

von Sonti M, zuerst veröffentlciht in der Infomail 1270 der Gruppe Arbeiter:innenmacht, 20. November 2024

„Nie wieder Gaza!“ oder „Ihr habt den Krieg verloren!“ – Das sind Parolen, die Antideutsche bei einer Demonstration von Students for Palestine in Leipzig am 8. November lautstark skandierten. Sie mobilisierten, um sich als Hüter:innen des linken Stadtteils Connewitz zu inszenieren, doch der Rassismus ihrer Parolen und ihre Aktionen zeigen, wofür sie stehen. Wer „Nie wieder Gaza!“ ruft, zeigt nicht nur der deutschen Regierung, dass die ihre Staatsräson gut bei einem/r aufgehoben ist, sondern reiht sich ein in Aussagen, die auch israelische Faschist:innen tätigen. Und nicht nur ihr Gedankengut trieft von Rassismus – ihre Aktionen zeigen, wie scheinheilig ihr angeblicher Kampf gegen Antisemitismus doch ist.

Denn auch wenn es in den letzten Jahren nur vereinzelt Ausfälle seitens der antideutschen – vermeintlichen – Linken gab, wie der Angriff auf eine Leipziger Moschee am 13.12.2021, ereigneten sich in den letzten Monaten gleich mehrere verzweifelte Versuche, „Präsenz zu zeigen“. An einen Angriff auf ein migrantisches Hausprojekt mit Schweinefett Ende Oktober 2023 reihten sich in den letzten Monaten Farbanschläge auf linke Orte, die sich nicht scheuen, Solidarität mit dem palästinensischen Volk zu zeigen, und zuletzt sogar direkte körperliche Angriffe wie bei einer Führung des Studi-Kollektives der Leipziger Linken oder bei einem Infostand von Students for Palestine vor der HTWK, einer Hochschule nahe Connewitz, am 30. Oktober 2024.

Wer sind diese Antideutschen?

Ursprung der „antideutschen Linken“ war der während und nach der Wende neu aufgekommene Nationalismus, der in Anschlägen auf Institutionen für Geflüchtete, wie die in Rostock-Lichtenhagen 1992, gipfelte. Das anfänglich ehrliche Entsetzen der Antideutschen über Rassismus geriet schnell zu bloßen Lippenbekenntnissen.

Die kapitalistische Wiedervereinigung war eine historische Niederlage der Arbeiter:innenklasse, wo die Krise der bürokratischen Herrschaft in der DDR und die demokratische Massenbewegung erfolgreich auf das Fahrwasser von Marktwirtschaft und bürgerlicher Demokratie gelenkt werden konnten. Für die Antideutschen zeigte sie jedoch weit mehr. Der deutsche Nationalismus und Imperialismus wären qualitativ reaktionärer als die anderer bürgerlicher Staaten, die Lohnabhängigen in Deutschland seit dem Sieg des Faschismus voll integrierter Teil einer „nationalen Volksgemeinschaft“ gewesen, die auch nach 1945 ungebrochen in Ost und West fortbestanden hätte. Daher wäre auch jede Klassenpolitik in Deutschland unmöglich.

Hoffnung auf Veränderung gäbe es hier nicht, sondern allenfalls durch zwei Staaten, die in einer Welt des Irrsinns Freiheit und Demokratie gegen Antisemitismus und völkischen Nationalismus verteidigen würden – die USA und Israel.

Beim Einmarsch der USA und anderer westlicher Staaten in den Irak während des Golfkrieges 1991 ergriffen die Antideutschen die Seite der USA, unterstützten die Bombardements und Invasion und warfen der Kohl-Regierung allen Ernstes vor, die Anstrengungen der USA im „Befreiungskampf“ zu hintertreiben! Nachdem sich viele Palästinenser:innen mit dem Irak solidarisierten, gerieten auch sie in den Fokus der Antideutschen. Sie wurden als „antisemitisches Kollektiv“ gebrandmarkt und diffamiert und Israel schon während der ersten Intifada ein Blankoscheck zu jeder Unterdrückung der Unterdrückten ausgestellt. Später wurde diese rassistische Ideologie auf die gesamte arabische und muslimischer Bevölkerung ausgedehnt. Seither legen Antideutsche Wert auf die Sicherung und Verteidigung der israelischen Besatzung.

Hochburg Leipzig

In Leipzig bildeten sie bis vor einigen Jahren einen nicht unerheblichen Teil der Linken. Besonders der Stadtteil Connewitz galt als antideutsche Hochburg. So gab es eine antideutsche Vorbereitungsgruppe, die am Versuch, eine „antinationale“ Strömung zu initiieren, beteiligt war. Auch heute wird der Stadtteil im Süden Leipzigs noch von Antideutschen für sich beansprucht, wie die Angriffe auf den Stadtrundgang und Students for Palestine zeigen. In Connewitz befindet sich außerdem das „linke“ Kulturzentrum Conne Island, welches im Laufe der Jahre wieder und wieder bewiesen hat, auf wessen Seite es steht und mit wem es zu kooperieren bereit ist.

Vor einigen Jahren durfte Thomas Maul, Journalist der „ideologiekritischen“ Zeitschrift Bahamas, der für seine rassistischen und sexistischen Aussagen schon lange bekannt ist, dort Lobgesänge auf die AfD als einzige konsequente Kraft gegen Antisemitismus kundtun.

Des Weiteren herrscht im Conne Island ein strenges Kufiyaverbot – angeblich sei diese mit Ausgrenzung, Gewalt und Diskriminierung verbunden –, während Imperialismus und Krieg hingenommen werdenund vor einigen Jahren sogar Plattform für das Werben für Freiwilligendienste im israelischen Militär geboten wurde. Geschlossen hinter der deutschen Regierung zu stehen, die einen Genozid an einem besetzten Volk unterstützt, lässt eben die Fassade des Antirassismus’ und Hasses auf Deutschland zunehmend bröckeln und das wahre Gesicht zum Vorschein treten.

Ihr ganzer Existenzzweck besteht in der Verteidigung des westlichen Imperialismus und der postkolonialen Unterdrückung. Sie stellen eine „radikale“, reaktionäre kleinbürgerliche Strömung dar, die deutlichst gegen jede Klassenpolitik kämpft und den Imperialismus verteidigt. In den „deutschen“ Besonderheiten dieser „antinationalistischen“ Strömung werden Masse und Klasse als reaktionäre Grundformen begriffen. Jegliche „Personifizierung“ wird als „Verkürzung“ der Kapitalismuskritik dargestellt, die letztlich antisemitisch sei.

Ihre Antisemitismusdefinition entspricht der, die nun auch die Bundesregierung für die neue Antisemitismusresolution herangezogen hat: die der IHRA mit der Erweiterung, die Israel als jüdisches Kollektiv versteht und somit jegliche Kritik am Staat als antisemitisch brandmarkt. Das bedient selbst ein antisemitisches Stereotyp. Jüd:innen werden mit dem zionistischen Staat, der soeben einen Genozid an dem von ihm besetzten Volk begeht, gleichsetzt. Antideutsche sind keine Linken! Zum Glück werden sie aber weniger und ihre gewalttätigen, reaktionären Aktionen sind ein, wenn auch durchaus gefährlicher Ausdruck davon.

Warum werden sie weniger?

Die Gründe sind dabei vielfältig:

a) Wenig Rückhalt in der Bevölkerung

Die Palästinasolidarität ist seit dem Beginn des Genozids in Gaza deutlicher sichtbar. Doch nicht nur das. Auch in der Öffentlichkeit ist nach einem Jahr Krieg und Zerstörung ein Stimmungsumschwung erkennbar. 70 % der deutschen Bevölkerung halten den Terror der israelischen Regierung in Gaza für unverhältnismäßig. Viele gehen auf die Straße und leisten Widerstand gegen Israel und dessen Verbündete, welche Widerstandleistende mit immer mehr Repressionen überziehen. In Deutschland ist zuletzt die neue Antisemitismusresolution verabschiedet worden, die weitere und härtere Maßnahmen legitimiert. Dicht hinter dem deutschen Staat und dessen Räson: die Antideutschen – mittlerweile eine Minderheit in der deutschen Linken, die sich in der Defensive sieht und mit Gewalt und vor allem auch Denunziation um ihren Einfluss ringt.

b) Anpassung an den bürgerlichen Staat

Viele Antideutsche sind mittlerweile in die Sphäre der Verschwörungstheorien oder des Rechtspopulismus abgedriftet, andere arbeiten für den bürgerlichen Mainstream und propagieren ihre Ideologie im Parlament oder schreiben rassistische und staatstragende Artikel für Zeitungen wie Die Welt.

Dieses Zurückziehen vieler Zionist:innen in das komfortablen Umfeld von Institutionen lässt auf der Straße nur noch vereinzelte verzweifelte Antideutsche zurück, die der Polizei gerne Arbeit abnehmen.

c) Internationaler Druck in der Linken

Ein positives Beispiel für internationalen Druck gegen die Irrwege der deutschen Linken ist der aktuelle Stand des Conne Island. Viele Künstler:innen und Besucher:innen haben diesem nicht nur den Rücken gekehrt, sondern auch eine Kampagne gestartet, es zu boykottieren. Was wirkt, denn der Laden steckt nun in Geldschwierigkeiten und versucht, die letzten Kräfte der Antideutschen zu animieren, um es mit Hilfe von Spenden zu retten. Die verzweifelten Versuche, mit Hilfe von Angriffen, Gegendemonstrationen und Spenden ihren politischen Einfluss zurückzugewinnen, bezeugen, wie zurückgeblieben und scheinheilig das Gedankengut der Antideutschen doch ist. Ihr angeblicher Hass auf Deutschland ist längst der Anbetung seiner zur Staatsräson verklärten Israelsolidarität gewichen.

Was tun gegen die „linken“ Zionist:innen?

Wir dürfen uns von den wenigen Übriggebliebenen sowie von Staatsapparaten nicht einschüchtern lassen. Indem wir weiterhin die imperialistischen Interessen kämpfen, entlarven wir den offenen Rassismus der Regierung sowie der Antideutschen. Lasst uns unsere Wut weiterhin auf die Straßen tragen, gegen wahren Antisemitismus von rechten Kräften in Deutschland und den Genozid sowie die israelische Besatzung kämpfen.




Die Ampel ist aus. Was muss jetzt von Links kommen?

von Dilara Lorin, November 2024

Am Abend des 6. November 2024 wird Christian Linder Deutschlands bekanntester Arbeitsloser. Für Olaf Scholz sei dessen Rauswurf als Finanzminister notwendig, um Schaden von Deutschland abzuwenden und das Land nicht in Chaos versinken zu lassen. Dabei kommt dieser Schritt für viele unerwartet, andere sind erfreut und wieder andere erhoffen sich dadurch einen Aufschwung der eigenen Politik. International gesehen wird Deutschlands Handlungsfähigkeit dadurch vermehrt in Frage gestellt, was vor allem die EU verunsichert. Am Donnerstag danach, haben viele EU Abgeordnete Deutschland zur schnellen „Einigung“ aufgerufen. Vor allem nach dem Wahlsieg Trumps schnürt sich die US-Schlinge um die EU immer weiter zu.

Warum ist sie zerbrochen?

Dass sich die Ampelparteien seit ihrer ersten Zusammenkunft nicht einig sind, ist nichts neues. Die Chronologie der Streitigkeiten ist lang: Heizungsgesetz, Investitionsfonds, Kindergrundsicherung, Bürgergeld und schließlich die Frage des Haushalts. Vor allem in der letzten Zeit wurden die Differenzen immer öfter auch öffentlich ausgetragen: So veröffentlicht Lindner an den Kolleg:innen vorbei ein 18-seitiges Papier für eine ganz andere Wirtschaftspolitik, als der Koalitionsvertrag vorsieht. Scholz nutzt seine Rede als Wahlkampfauftakt und nennt 4 Punkte, damit das Land nicht in Chaos versinke: 1. Deckelung der Netzentgelte für „unsere“ Unternehmen; 2. Sicherung der Arbeitsplätze in der Automobilindustrie und bei Zulieferern; 3. Investitionsprämien sowie steuerliche Abschreibemöglichkeiten für Unternehmen; 4. Unterstützung der Ukraine unabhängig von den USA. Alle 4 Punkte haben eins gemeinsam: keine sozialen Forderungen oder Ansätze, wie der Arbeiter:innenklassen in der aktuellen Wirtschaftskrisen geholfen werden kann, sondern nur staatliche Subventionen und Möglichkeiten wie Unternehmen gerettet werden können. Vergleicht man dann die Reden von SPD, Grünen und FDP von den letzten Tagen wird sehr schnell deutlich, wo die Unterschiede liegen: Wie stehen sie zur Schuldenbremse?
Diese müsse aufgehoben werden, um durch Erhöhung der Staatsschulden die Mittel für mehr Wirtschaftsförderung, weitere Aufrüstung und Waffenlieferungen bereitstellen zu können und gleichzeitig auch über Mittel für die soziale Abfederung der Rezession und der massiven Umstrukturierung der Unternehmen zu verfügen. Die Krise der bürgerlichen Parteienlandschaft wird durch das Ampel-Aus unmissverständlich offengelegt. Dabei dreht es sich, angesichts der schlechten wirtschaftlichen Situation in Deutschland vor allem darum, wer die Kosten zahlen soll und wofür Schulden überhaupt aufgenommen werden sollen.
Dass die Ampel selbst Opfer der Zeitenwende geworden ist, hätte sich wahrscheinlich Olaf Scholz auch nicht gedacht, als er das Wort etablierte. Aber zwischen Kriegen und Krisen, der Inflation und Rezession lässt sich selbst Spuren von sozialer Politik schwer umsetzen. Vor allem die wirtschaftliche Entwicklung seit der Finanzkrise 2007/2008 macht die Verteilungskrise sowie die Abgründe des kapitalistischen Systems deutlich. Zusätzlich dazu verschärften die Corona Pandemie sowie der Ukraine Krieg die Lage des deutschen Imperialismus, welches in Folge der Blockbildung sich immer mehr dem US-Imperialismus unterordnet. Dies sowie der internationale Rechtsruck verschärft auch die Fraktionierung der Bourgeoisie. Mit dem Wahlsieg Trumps steht auch die transatlantische Ausrichtung der BRD und EU in Frage. Dadurch steht das deutsche Kapital letztendlich vor unauflösbaren Aufgaben: Auf der einen Seite gibt es Ansätze als Juniorpartner der USA, auf der anderen Seite ist das Manövrieren zwischen USA und China nicht mehr gangbar, was eine Klärung der außenpolitischen Ausrichtung unabdingbar macht. Diese Uneinigkeit der deutschen Bourgeoisie durchzog als Konflikt auch die Ampelregierung. Schlussendlich wird die kommende Zeit vom Überlebenskampf des deutschen Kapitals geprägt sein, in der 2. Reihe des Imperialismus zu bleiben.

Was wird jetzt passieren?

Nach tagelangem Ringen konnte man sich nun zumindest auf einen Wahltermin Ende Februar einigen. Die neuesten Umfragen ergeben, dass allen voran die CDU/CSU gut dastehen, sodass alle Merz schon als sicheren nächsten Kanzler handeln. Die Union bereite sich schon seit mehreren Wochen auf vorgezogene Wahlen vor. Und die ersten Unternehmerverbände, wie der Außenhandelsverband BGA oder der Verband der Chemischen Industrie, stimmten sogleich in Merz’ Forderung nach schnellen Neuwahlen ein. Nicht fehlen im Chor darf natürlich Wagenknecht: Schließlich stellt sich in Brandenburg sowie Sachsen die Regierungsfrage für das BSW und Koalitionsverhandlungen lassen sich wesentlich besser führen, wenn die Kraft im Bundestag auch stärker vertreten ist. Massiv, wenn nicht sogar am meisten profitieren wird die AfD. Am schlechtesten ist die Linkspartei aufgestellt, bei der die Organisationsstrukturen aktuell am meisten am Boden liegt: Abspaltung des BSW, viele hochrangige Austritte, gleichzeitig auch viele Eintritte an der Basis. Vielleicht hätte sie sich bis zur Bundestagswahl im September sich noch aufrappeln können, aber vorgezogene Neuwahlen machen an der Stelle ein vorzeitiges Aus für sie nur noch schwer abwendbar. Antworten auf die Wirtschafskrise oder die Kriege? Dafür muss man tief rumwühlen: Jan von Aken Auftritt in der Ukraine hat mehr Fragezeichen als Klarheit geschaffen und Heidi Reichinnek verliert lieber kein Wort bezüglich des Genozids an der Palästinenser:innen. Ob noch die gestartete Offensive auf Social Media und die Dynamik um Studis gegen Rechts und den Haustürwahlkämpfen die Rettung bringt, wird sich zeigen. Die 9 Monate weniger Zeit sind für sie aber, wie für viele andere kleinen Parteien, definitiv eine Katastrophe.

Wie müssen wir auf das Ampel-Aus antworten?

Eins ist sicher: Die aktuellen Krisen in Deutschland erfordern klare Antworten. Weder die Wirtschaftskrise, die Inflation noch die daraus resultierenden Massenentlassungen lassen sich durch Bitten oder Appelle lösen. Bei der nächsten Wahl und Regierungsbildung in Deutschland wird sich entscheiden, welche der Kapitalfraktionen gewinnen wird. Dabei ist klar: Die Soziale- sowie Bildungskrise werden sich massiv verschärfen, ob mit oder ohne Abfederungspolitik seitens der SPD und Grünen. Eine verstärkte Militarisierung wird uns erwarten, in welchen nicht nur Milliarden Gelder in die Bundeswehr gesteckt werden, sondern diese immer mehr Richtung Wehrpflicht rückt. Das ist auch die Antwort des deutschen Imperialismus die ökonomische Schwäche durch militärische Stärke auszugleichen.

Deswegen dürfen wir nicht passiv warten bis eine neue Regierung gewählt wird, sondern müssen aktiv gegen Krieg und Krise kämpfen! Wir zahlen diese nicht, Schluss mit Sozialpartner:inneschaft, gegen Massenentlassungen und Schuldenbremse! Um diese Angriffe erfolgreich abzuwehren, braucht es einen Bruch vor allem der Gewerkschaften mit der Politik der Klassenkollaboration. Wir brauchen eine Aktionskonferenz gegen die Krise, bei der die Linke in Deutschland diskutiert, mit welchen Forderungen sie einen Ausweg aus der aktuellen Misere aufzeigen kann. Und wir brauchen eine Diskussion darüber, welche Art Partei, welches Programm, welche Politik wir gegen Rechtsruck und Krise brauchen. Der Zusammenbruch der Ampel, der Niedergang der SPD und der Linkspartei verdeutlichen, dass wir nicht nur organisierten Massenwiderstand aufbauen müssen. Wir müssen zugleich für eine revolutionäre Alternative zum Reformismus, für den Aufbau eine revolutionären Arbeiter:innenpartei kämpfen.

Und wie sollten wir zur Wahl selbst stehen?

In Zeiten, in denen die revolutionäre Linke schwach ist und es noch keine revolutionäre Partei gibt, müssen wir taktisch zur Wahl stehen. Die kritische Wahlunterstützung ist dabei ein Konzept, welches dem „Wählen des kleineren Übels“ entgegengestellt ist. Während es bei zweiterem um die Hoffnung geht, den Rechtsruck damit zumindest etwas zu verlangsamen und seine allerschlimmsten Auswüchse abzuwehren, während man eigentlich den Status Quo verteidigt, verfolgt die kritische Wahlunterstützung einen Ansatz, der eine revolutionäre Perspektive aus der Schwäche öffnen soll. Es geht dabei darum, Parteien zu wählen, welche noch eine Verankerung innerhalb der Avantgarde der Arbeiter:innenklasse besitzen, aber mit einem reformistischen Programm, so wie eben die Linkspartei. Es geht dabei darum, sie in der Wahl kritisch zu begleiten, sie unter Druck zu setzen, aber es kann auch eine Linke insgesamt und den linken Flügel innerhalb dieser Partei stärken. Letztendlich sagen wir: Wir unterstützten die richtigen Forderungen der Linkspartei nach höheren Löhnen und offenen Grenzen, werden aber als Kommunist:innnen im gemeinsamen Kampf aufzeigen, dass diese nicht auf parlamentarischen Wege und nur eingebettet in ein revolutionäres Programm durchgesetzt werden kann. Die Basis und Wähler:innen dieser reformistischen Parteien müssen wir dazu auffordern, ihre Führung auf die Probe zu stellen und von ihnen einen tatsächlichen Kampf für ihre Forderungen einzufordern. An seinen Versprechen muss der Reformismus zerbrechen und wenn die revolutionäre Linke selbstbewusst und überzeugend vorgeht, kann das die Chance zu einer massenhaften Gewinnung für den Prozess zu einer revolutionären Partei sein!

Denn uns sollte klar sein: Letztendlich ist der Kapitalismus die Grundlage von Krisen, Kriegen, Ausbeutung und Unterdrückung und lässt sich weder wegreformieren noch abwählen.




10 Forderungen für ein Aktionsprogramm gegen den Rechtsruck

von Flo R. Gebhard und Lia Malinovski, November 2024

Die Ampel-Koalition ist zerbrochen, Donald Trump wieder zum US-Präsident gewählt, das 1,5 Grad Ziel überschritten, der Genozid in Palästina hält an und das Abschieberegime der EU und BRD schreitet voran: kurzum, die Situation ist scheiße. Wie wir am Erfolg der AfD beobachten können, profitieren davon Rechte und Konservative. Wir sind konfrontiert mit einem gesamtgesellschaftlichen, internationalen Rechtsruck.

Mit diesen 10 Forderungen wollen wir eine Auseinandersetzung darüber starten, wie das Aktionsprogramm einer Bewegung aussehen muss, die einen erfolgreichen Kampf gegen den Rechtsruck führt. Wir laden alle ein, gemeinsam in Diskussion zu treten und dem Aufbau einer solchen Bewegung näher zu kommen.

1. Holen wir uns unsere Zukunft zurück: Gegen Kürzungen und Sozialabbau!

In Deutschland ist das wirtschaftliche Wachstum nahe 0. Der Staat pumpt massig Geld in Unternehmen, um diese zu retten. Wenn das nicht reicht, antworten die Bosse mit Massenentlassungen wie bei VW, und Sparplänen im sozialen Bereich – besonders bei Schulen und Jugendzentren.

Das ist nicht erst seit gestern so. Seit 2008/2009 hat sich die Wirtschaft weltweit kaum erholt, und diese Krise hat den Rechtsruck angeheizt. Viele von uns haben Angst vor dem sozialen Abstieg. Hier setzt der Sozialchauvinismus von Regierung und Medien an. Uns soll weisgemacht werden, dass die Krise kein Resultat unseres Wirtschaftssystems sei, sondern die Konsequenz von arbeitsunwilligen Bürgergeldempfänger:innen. Derselben Logik folgen Rechtspopulist:innen, die „leichte“ Antworten auf die Misere geben: Ausländer:innen, Arbeitslose und Linke seien schuld.

Um eine erfolgreiche Bewegung aufzubauen, müssen wir auf die sozialen Probleme der Menschen eingehen und den Kampf gegen rechts mit dem Kampf gegen Sozialabbau, Massenentlassungen und Privatisierung führen, kurz gesagt: gegen die soziale Krise! Das bedeutet, keine Illusionen in Kompromisse zu haben, um „den Wirtschaftsstandort Deutschland“ zu fördern. Diese Art der Politik heißt Sozialpartner:innenschaft und hat die letzten Jahre große Proteste bei Kürzungen und Sparmaßnahmen verhindert.

Deshalb sagen wir:

  • Gegen jede Entlassung: Produktion umstellen für eine nachhaltige Verkehrswende und Arbeitsplätze erhalten – unter Kontrolle der Beschäftigten, Expert:innen und der Umweltbewegung! Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich statt Stellenabbau!
  • Schluss mit Armut: Weg mit Bürgergeld, Mindesteinkommen für alle, gekoppelt an die Inflation!
  • Schuldenbremse? Abschaffen! Wir zahlen eure Krise nicht: Massive Investitionen in die soziale Infrastruktur, unter Besteuerung der Reichen!

2. Massenhaft und militant: Gemeinsam gegen den Rechtsruck!

Wenn wir uns dem Rechtsruck erfolgreich entgegenstellen wollen, müssen wir eine andere Politik als die der letzten 10 Jahre fahren, denn die hat die AfD nicht aufgehalten. Das Bundesverfassungsgericht anzubetteln, die AfD zu verbieten, bringt nichts. Nicht nur, dass solche Verbote auch gegen linke Kräfte eingesetzt werden: Wir sind es, die was ändern müssen, nicht irgendwelche Verfassungsrichter:innen. Wenn wir erfolgreich gegen die AfD kämpfen wollen, müssen wir die Gründe beseitigen, aufgrund derer sie so stark geworden ist!

Vereinzelt werden wir nicht gegen eine rassistische Regierung, eine wachsende AfD und vermehrte Straßengewalt wehren können. Es wird nicht reichen, im Sumpf der “radikalen” Linken alle paar Wochen eine Antifa-Kundgebung oder Demo zu organisieren.

Es braucht Einheit unter den Organisationen der Arbeiter:innenklasse, seien es Parteien oder Gewerkschaften und Organisationen der Unterdrückten, ob migrantische Personen, queere Personen oder Frauen. Das nennen wir die Einheitsfront. Uns ist bewusst, dass z.B. Die Linke, die SPD und Migrantifa nicht die gleichen Ziele haben, aber alle müssen sich gegen den Rechtsruck wehren, denn sie sind direkt von dessen Auswirkungen betroffen. Wir dürfen nicht auf unseren Unterschieden verharren. Ein solches Bündnis ist vor allem ein Aktionsbündnis um konkrete Forderungen. Dabei ist zentral, dass man andere Partner:innen offen für ihre Positionen und ihr Verhalten kritisieren darf! Wir verstehen das Unbehagen, das viele spüren, mit Kräften zusammenzuarbeiten, die für ihr Elend mitverantwortlich sind, wie die SPD in der Regierung. Gleichzeitig zeigte die Mobilisierung gegen den AfD-Parteitag in Essen, dass die Mobilisierung von Gewerkschaften und reformistischen Parteien die Massen auf die Straße bringen kann, die es braucht, um effektiven Widerstand zu leisten. Wir müssen diese Kräfte in Bewegung zwingen und den Kampf für soziale Forderungen offen mit antirassistischen Forderungen verbinden, um klar zu machen: Wir lassen uns nicht spalten, Rassismus nützt nur Reichen!

Dabei dürfen wir keine Kompromisse mit bürgerlichen Kräften eingehen. Lose Floskeln von Vielfalt, Toleranz und „Demokratie verteidigen“ bringen uns nicht weiter. Der Kampf gegen die AfD wird zum Scheitern verurteilt sein, wenn er sich nur gegen diese eine Partei richtet. Wir lehnen die „Einheit der Demokrat:innen“ ab, denn mit FDP und CDU gegen die AfD zu „kämpfen“ bedeutet, dass soziale Verbesserungen auf der Strecke bleiben.

3. Gegen jede Abschiebung: Staatsbürger:innenrechte für alle, dort wo sie leben!

Ohne Zweifel ist die Hetze gegen Migrant:innen und Geflüchtete der stärkste Ausdruck des Rechtsrucks. Die Diskriminierung gegenüber Menschen steigt, denen muslimischer Glaube zugeschrieben wird. Der 7. Oktober und die Attacke in Solingen werden genutzt, um den politischen Diskurs rassistisch zu vereinnahmen. Die Forderung, „kriminelle Ausländer:innen” abschieben, gehört mittlerweile zum guten Ton der Politik. Die Ampel setzt um, was die AfD fordert und errichtete letztes Jahr ein härteres Abschieberegime, sodass wir dieses Jahr 30% mehr Abschiebungen erleben mussten. Der Antisemitismus und die rassistische Hetze von aufschäumenden Rechten und Faschist:innen steigen an. Zugleich wird der Antisemitismus-Begriff verwässert, um diesen als politische Waffe gegen Palästina-Solidarität zu nutzen.

Das führt dazu, dass nicht die Unternehmer:innen und Politiker:innen als Verursacher:innen unserer Misere gesehen werden, sondern ein alternatives Feindbild in Gestalt von Geflüchteten und Migrant:innen erschaffen wird. Durch diese Spaltung und Verschleierung der Verhältnisse können sich die Arbeiter:innen nicht zusammentun, um sich gegen Massenentlassungen, niedrige Löhne, Krise und Co. zu verbünden, da sie zu beschäftigt sind, sich gegeneinander die Schuld für ihre Lage zuzuschieben.

Deswegen müssen wir dafür kämpfen, dass für alle Menschen, die hier leben oder hierherkommen, die Grundrechte gelten. Wir sagen: Kein Mensch ist illegal! Offene Grenzen und Staatsbürger:innenrechte für alle!

4. Frauen- und Queerunterdrückung entgegentreten: Gleiche Rechte für alle!

Femizide nehmen zu, queere Personen werden auf offener Straße angegriffen und hunderte Faschist:innen mobilisieren gegen CSDs. Queere Personen sind ein Feindbild der „natürlichen Ordnung“ der bürgerlichen Kleinfamilie, welche die Rechten als Ideal hochhalten, womit sie die Frauenunterdrückung zementieren.

Gleichzeitig wird die rassistische Hetze von AfD und Co. als Einsatz für Frauenrechte dargestellt. Dabei interessiert sie sexistische Gewalt nur, wenn sie von Migrant:innen ausgeübt wird, wobei sie alle anderen Teile der Frauenunterdrückung leugnen und in ihrer Politik verschärfen. Weder gehen sie die Doppelbelastung durch Care-Arbeit an, noch den Gender Pay Gap. Dadurch werden Frauen brutaler von der Krise getroffen: Entweder werden sie in die Hausarbeit geschoben oder in prekäre Beschäftigungen. Ein Kampf gegen den Rechtsruck muss ein Kampf für gleiche Rechte und gleiche Bezahlung für alle sein!

5. Antidiskriminierungsstellen und Selbstschutz

Um uns vor Alltagsdiskriminierung und rechten Angriffen zu schützen, müssen wir dafür eintreten, Organe des Selbstschutz aufzubauen! Zu oft haben Staat und Polizei bewiesen, dass sie keine Angriffe der Rassist:innen, Sexist:innen und Queerfeind:innen verhindern werden: durch die Ermordung von Oury Jalloh, die Verdeckung der Taten des NSU oder das Niederschlagen von antifaschistischen Mobilisierungen.

Daher braucht es Strukturen für Betroffene von sozialer Unterdrückung, an den Orten, wo wir uns täglich aufhalten, den Schulen, Unis und Betrieben! Damit diese im Interesse der Unterdrückten handeln, müssen sie demokratisch gewählt und unabhängig von Staat, Schul- und Unileitung oder Bossen sein. Sie müssen praktische Organe sein, welche z.B. Lehrkräfte aus dem Unterricht schmeißen, Kommiliton:innen zur Aufarbeitung ihres Verhaltens zwingen oder Präventionsworkshops in Betrieben abhalten. So setzen wir der individuellen Demütigung einen kollektiven Kampf entgegen.

Darüber hinaus haben uns die Mobilisierungen gegen CSDs, die Angriffe auf Migrant:innen oder unsere Demos gezeigt, dass das nicht reicht. Wir müssen uns gegen die Gewalt der Rechten, die bald in neuen Baseballschlägerjahren münden könnte, gemeinsam wehren! Dafür braucht es Selbstverteidigungsstrukturen, die es unseren Geschwistern ermöglichen, nicht wehrlos solchen Angriffen ausgesetzt zu sein.

6. Unsere Schulen, Unis und Betriebe gehören uns!

Bei denen, die zurzeit das Sagen haben, wird das auf Widerstand stoßen. Um gegen rassistische Lehrinhalte anzukommen und gegen übergriffige Profs vorzugehen, müssen wir die Kontrolle über unsere Schulen, Unis und Betriebe erkämpfen!

Warum sollten wir nicht selbst bestimmen, was an den Orten passiert, an denen wir einen so großen Teil unseres Lebens verbringen? Warum sollten wir nicht entscheiden, wer zu Podiumsdiskussionen an unseren Schulen eingeladen wird, welche Vorträge an unseren Unis abgehalten werden und welche Rassist:innen sich von unserem Campus fernzuhalten haben? Warum sollten wir auf irgendwelche Manager:innen hören, wenn wir am besten wissen, was zu tun ist?

Um dahin zu kommen, müssen Aktionskomitees aufgebaut werden, welche sich vor Ort gegen Ungerechtigkeiten auflehnen und dafür streiten, dass wir selbst Entscheidungen treffen dürfen über die Probleme, die uns in unserem Alltag betreffen.

7. Klimaschutz auf dem Nacken der Reichen!

Da die Politik der Ampelregierung auf dem Rücken der Armen ausgetragen wird und keine effektiven Maßnahmen gegen die Klimakrise durchführt, befeuert sie den Rechtsruck und bringt uns keinen Schritt voran, unsere Umwelt zu retten. Letztlich ist sie nicht mehr als eine Interessenvertretung von RWE und Co. Gegenüber der Klimakrise, welche unsere Lebensgrundlage bedroht, antworten die Rechten mit Leugnung und Hetze gegen die Klimabewegung. Die zu Recht kritisierbaren Initiativen wie das Heizungsgesetz werden ausgenutzt, um jegliche Anstrengungen gegen die Katastrophe als Teufelswerk zu bezeichnen.

Unter einer AfD-geführten Regierung wird der Kampf für Klimagerechtigkeit noch schwieriger sein. Deshalb müssen die verbleibenden Kräfte der Klimabewegung sich dem Kampf gegen den Rechtsruck anschließen, um zu einer geeinten, starken Kraft zu werden. Somit muss ein Kampf gegen rechts einer für eine soziale Umweltpolitik sein, welche sich die notwendigen Mittel für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen von den Reichen holt und nicht weiter die Arbeiter:innen belastet. Wir müssen Forderungen gegen die Umweltkrise aufwerfen, das heißt: Verbesserungen statt Verbote! Wir wollen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr, finanziert durch die Besteuerung der Reichen!

8. Kein Cent, keinen Menschen dem Militär!

Das Fehlen von Geldern für Schulen und Rente erklären die Rechten durch die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen. Tatsächlich wird dieses fehlende Budget in Aufrüstung und Militarisierung gesteckt: Wir erinnern uns alle an das Sondervermögen von 100 Milliarden.

Begleitet wird das dadurch, dass die Trommel des Nationalismus gerührt wird. Versteckt hinter Floskeln wie „Verteidigung der Demokratie“ wird auf die Vaterlandsverteidigung der deutschen Nation gesetzt, was den Rechten in die Hände spielt.

Dafür wird direkt bei der Jugend angesetzt: In Bayern werden vermehrt Jugendoffiziere an Schulen geschickt, um fürs Sterben zu werben. Unter dem Ziel, Deutschland kriegstüchtig zu machen, werden demnächst verpflichtende Fragebögen an 18-Jährige verschickt. Unter einer noch rechteren Regierung wird die Wehrpflicht nicht auf sich warten lassen. Wir sagen: Bundeswehr raus aus den Schulen! Schluss mit Waffenlieferungen nach Israel! 100 Milliarden für Bildung und Soziales!

9. Gegen die Einschränkung demokratischer Rechte!

Auch im Inland wird aufgerüstet. In den letzten Jahren wurden unsere demokratischen Rechte eingeschränkt, z.B. durch Demonstrationsverbote beim Antifa-Ost-Verfahren, die Auflösung des Palästina-Kongresses und die Einschränkung des Streikrechts beim Kitastreik in Berlin. Zur Durchsetzung dessen werden die Befugnisse und die Militarisierung der Polizei ausgeweitet.

Wir müssen uns gegen den Trend zum Autoritarismus und gegen die Angriffe auf unsere Freiheit wehren. Zudem müssen wir die Ausweitung demokratischer Rechte erkämpfen und für das volle Recht auf politischen Streik eintreten.

10. Für bundesweite Schul- und Unistreiks, begleitet von politischen Streiks!

Um diese Forderungen durchzusetzen, reicht es nicht, sie auf Banner zu schreiben, auf eine Demo zu gehen oder einen Parteitag zu blockieren. Zunächst müssen wir die Menschen dort erreichen, wo sie sich täglich aufhalten, beim Job, im Vorlesungssaal oder auf dem Schulhof. Wenn wir es schaffen, an diesen Orten Komitees aufzubauen, die unseren Widerstand koordinieren und eine Verankerung schaffen, können wir durch Streiks Druck aufbauen, stark genug, um unsere Ziele zu verwirklichen!

Wenn wir unsere Anstrengungen koordinieren, werden wir es schaffen Sozialkürzungen, Massenentlassungen und Abschiebungen zu verhindern, sowie Klimaschutz durchzusetzen. Dann haben wir die Kraft, um unsere Geschwister kollektiv vor Angriffen zu verteidigen und dem Rechtsruck den Gar aus zu machen. Darüber hinaus müssen wir gemeinsam international Widerstand organisieren, indem wir den Schulterschluss mit jenen finden, die an anderen Orten der Welt von den Auswirkungen des Rechtsrucks und der Krise getroffen werden.

Wenn ihr das auch so seht oder mit uns darüber diskutieren wollt, schreibt uns und lasst uns gemeinsam den Schritt angehen, eine Bewegung der Jugend und der Arbeiter:innen gegen Rechtsruck und Krise aufzubauen!




Überwachungsstaat BRD

von Flo R. Gebhard, August 2024

Zwischen Schlagstock, Handschellen und Bußgeld

Blutig geschlagene Kinder auf Berliner Straßen, Hausdurchsuchungen, verbotene Demonstrationen und Kongresse. All das gehört zur Realität eines immer autoritäreren deutschen Staates. Wir sehen schon seit einiger Zeit einen Anstieg von Repression des deutschen Staates. Dabei findet die Zunahme nicht nur durch die Härte der Schläge seiner Prügelknaben statt, sondern auch in Form von juristischer Repression. Das zeigt sich z.B. wenn du 900€ blechen musst, weil du „From the River to the Sea“ auf einer Demonstration rufst (1). Doch auch das Verbot von Organisationen wie der „Palästina Solidarität Duisburg“ (2) und der durch Einreise- und politische Betätigungsverbote verhinderte Palästina-Kongress (3) sind Ausdrücke der immer weiter voranschreitenden Einschränkung demokratischer Rechte in Deutschland wie beispielsweise der Meinungsfreiheit oder Versammlungsfreiheit, was auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International in ihrem jährlichen Bericht feststellte. Sie spricht von übermäßiger Polizeigewalt und Einschränkung friedlicher Proteste. (4) Das trifft dabei nicht nur fortschrittliche Kräfte, sondern auch teilweise Reaktionäre, wie beim versuchten Verbot des Compact-Magazins oder der Beschlagnahmung der Imam-Ali-Moschee in Hamburg. (5)

Doch das ist Repressionskönigin Faeser und ihrem Innenministerium noch nicht genug: In den letzten Wochen haben sie nun zwei neue Regelungen vorgestellt, um ihren Apparaten noch mehr Werkzeuge in die Hand zu legen.

Legal einbrechen? Faeser machts möglich!

Mit dem Vorwand der „Terrorbekämpfung“ soll nämlich nun das Bundeskriminalamt (BKA) heimlich Wohnungen durchsuchen dürfen (6). Auch wenn das angeblich nur in Ausnahmefällen angewandt werden soll, stellt es eine deutliche Eskalation dar. Doch was heißt das genau?

In dem Entwurf zur Reform heißt es, dass es moderne Instrumente zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus brauche. So wie die Möglichkeit, verdeckt in Wohnungen einzusteigen, um Spy-Software in Smartphones oder Computern anzubringen. Hierbei wird man logischerweise weder davor noch danach informiert. Der Ausbau der BRD zu einem Überwachungsstaat würde damit neue Züge annehmen. Es wird zwar noch versichert, dass es sich nur um ein Mittel handelt, was im äußersten Notfall, wie im Falle von Terrorismusverdacht, eingesetzt werden wird, jedoch wird bekannterweise immer wieder der Terrorismus-Begriff ausgeweitet und genutzt um politische Gegner:innen zu diffamieren. Dadurch bleibt letztendlich die Frage offen, bei wem denn jetzt wirklich zum „Schutz vor Terrorismus“ BKA-Beamt:innen, ohne es zu wissen, auf der Couch sitzen.

Darüber hinaus trägt das, ganz im Sinne des Zeitgeistes, auch die Handschrift des antimuslimischen Rassismus, welcher nicht erst seit dem 7. Oktober immer massiver grassiert. Der „War on terror“ wird ideologisch von Rechten aber auch „demokratischen“ Kräften so weitergeführt, dass jede auf Basis äußerlicher Kriterien als muslimisch wahrgenommene Person (unabhängig davon, ob sie überhaupt muslimisch ist) automatisch unter Terrorismusverdacht steht. Und wenn man sich gegen Genozid und Unterdrückung ausspricht, ist man sowieso zumindest Terroristen-Unterstützer:in. Ob das dann aus Staatssicht schon ausreicht für die heimlichen Einbruch, werden wir sehen.

Für Staat und Medien stehen aber nicht nur Muslim:innen und Aktivist:innen aus der Palästina-Solidaritätsbewegung quasi automatisch unter Terrorismusverdacht, denn das Gleiche gilt auch für die kurdische Bewegung und die sog. „Klima-Terroristen“ der Letzten Generation.

Die vielen Gesichter von Social Media

Um auch besser überwachen zu können, ob und was die „Terrorist:innen“ denn so machen, hat sich das Überwachungsministerium vor einigen Wochen noch eine lustige Sache überlegt. Nun sollen bei Ermittlungsverfahren Videos von z.B. Überwachungskameras mit Beiträgen auf Social Media abgeglichen werden. Also in anderen Worten: Die Einführung von biometrischer Gesichtserkennung. (7) Es sollte auf der Hand liegen, dass diese Maßnahme a) realen, tatsächlich gefährlichen, Terrorismus nicht effektiv bekämpfen kann, da es die eigentlichen Ursachen des Terrorismus nicht bekämpft und b) den Repressionsorganen des Staates ein weiteres mächtiges Instrument in die Hand gegeben wird, welches dazu genutzt werden kann, jeden Mut zum Widerstand noch effektiver zu unterdrücken. Zwar wird wieder davon gesprochen, dass diese Technik nur eingesetzt werden soll, um Terrorismus und schwere Kriminalität zu bekämpfen, doch was damit am Ende gemeint ist, werden wir auch hier sehen. Nach der Durchsetzung von Abschiebungen wegen Likes auf sozialen Plattformen ist somit der digitale Raum immer weiter von Überwachung und Kontrolle durch Staat und Polizei betroffen. Das prophezeit eine dunkle Zukunft, wenn wir uns nicht beginnen, dagegen zu wehren.

Doch warum macht der Staat das?

Der Staat, den man als Herrschaftsinstrument der bürgerlichen Klasse, der Kapitalist:innen, verstehen muss, basiert auf der Aufrechterhaltung dieser Produktionsverhältnisse. Somit also darauf, dass die Arbeiter:innen ihre Arbeitskraft verkaufen und Mehrwert für die:den Kapitalist:in produzieren. Die Klasse der Arbeiter:innen hat das objektive Interesse der Überwindung dieser Gesellschaftsformation, wobei der bürgerlichen Staat versucht, sie klein zu halten, damit sie ihr Elend einfach hinnimmt. Hierzu zählt die ideologische Einbindung, welche wir jeden Tag in der Schule, wo wir, um meinen ehemaligen Politiklehrer zu zitieren, zu „treuen Demokrat:innen erzogen werden sollen“. Auch durch kleine Zugeständnisse sollen wir an den Staat und das System, was er schützt, gebunden werden.

Doch neben dem Zuckerbrot ist auch die Peitsche, in Form von Überwachung und Repression, ein Mittel, die Arbeiter:innen und Unterdrückten klein zu halten. Wenn sie Angst vor Gewalt, materiellen Verlust, sozialen Abstieg oder dem Knast haben, werden sie weniger wahrscheinlich den nächsten Aufstand organisieren oder sonst wie aus der Reihe der täglichen Verwertung fallen z.B. durch die Flucht aus der individuellen Ausbeutung durch Kriminalität. Wenn sie diesen Schritt jedoch trotzdem gehen, weil die Bedingungen zu schlimm geworden sind, sie noch zu ertragen, dienen diese Mittel dazu, alles unmittelbar und effektiv zu unterbinden.

Das im Blick lässt sich auch verstehen, warum gerade jetzt die Repression ausgebaut wird. Wir leben nämlich in einer Zeit der Krise. Menschen kämpfen mit sozialem Abstieg und die Wirtschaft stagniert, während wir eine Zuspitzung von Konflikten überall auf der Welt beobachten können.

Für die BRD spielt es also eine große Rolle, die Ausbeutung trotz ihrer Verschärfung aufrechtzuerhalten. Das bedeutet eben auch, sich gegen zukünftige Massenbewegungen und Aufstände auf den Straßen abzusichern, die das Fundament ihrer Macht angreifen und sie möglicherweise zu Fall bringen könnten, indem der Staat diese mit Repression, oder der Androhung solcher, im Keim erstickt.

Die derzeitige Ausformung dessen basiert auf dem Konzept alle „Feinde der Demokratie“ bekämpfen zu wollen. Dazu zählen (noch reaktionärere) bürgerliche Kräfte, welche die Knechtschaft unter dem Kapital anders verwalten wollen sowie Revolutionär:innen, welche dafür kämpfen, diese Ordnung abzuschaffen. Neben Angriffe auf Islamistische Kräfte gab es kürzlich auch Razzien gegen die Faschist:innen vom 3. Weg. (8) Dabei muss jedoch betont werden, dass das nicht heißt, der Staat hätte ein gleichmäßiges Interesse Revolutionär:innen wie Faschist:innen niederzuschlagen. Das sieht man auch an der Intensität, mit welcher nach über 60-jährigen Ex-RAF-Mitglieder gefahndet wird, während im Gegensatz über 600 „untergetauchte Nazis“ trotz Haftbefehl komplett unbehelligt bleiben. Denn auch wenn gerade die Diktatur der Bosse und Bänker noch eine demokratische Fassade zeigt, hat die Geschichte wiederholt gezeigt, dass diese sich nicht zu schade sind, um ihre eigene Stellung und somit das System aufrechtzuerhalten, auch zur Diktatur zu greifen und mit Faschist:innen zu paktieren. Denn auch im Faschismus werden die Arbeiter:innen geknechtet und die Kapitalist:innen werden immer reicher. Die Überwindung der Ausbeutung von Mensch durch Mensch wird für den bürgerlichen Staat und das Kapital immer eine größere Gefahr darstellen als seinen demokratischen Schein zu verlieren.

Doch auch wenn sowohl Faschismus als auch die bürgerliche Demokratie die Herrschaft des Kapitals zur Grundlage haben, wäre es falsch, bei jedem Abdriften der BRD oder anderer Staaten zum Autoritarismus direkt vom Faschismus zu reden. Denn auch die bürgerliche Demokratie ist ein Apparat zur Unterdrückung und nur weil dies in der Krise deutlicher zu Tage tritt, handelt es sich noch nicht um Faschismus. Faschismus ist eine sehr spezifische Art der bürgerlichen Herrschaft, mehr dazu aber an anderer Stelle, in unserem Artikel „Was ist Faschismus?“ (9)

Widerstand trotz alledem!

Es ist verständlich, dass sich in Zeiten von Rechtsruck, Krise und Krieg die neue Kampfansage durch den Staat in Form von engmaschiger Überwachung und Repression wie der letzte Stoß anfühlen kann. Die Lage wird immer beschissener und man fühlt sich, als stünde man einer unantastbaren Übermacht gegenüber. Doch wie groß der Gegner gerade erscheinen mag, wir müssen uns erinnern, dass wir im Interesse der Massen kämpfen und dass dieses Elend nur durch entschiedenen Kampf beendet werden kann. Wir müssen konsequent für demokratische Rechte, wie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit kämpfen, auch wenn wir wissen, dass diese im Kapitalismus stets nur so lange gelten können, wie sie das System nicht in Gefahr bringen. Wir müssen die Grenzen dieses Systems aufzeigen und warum unsere Interessen nicht innerhalb dessen umgesetzt werden können. Dabei dürfen wir uns nicht unterkriegen lassen, egal wie stark sie uns schlagen, egal wie lückenlos sie uns überwachen!

Wir fordern große linke Jugendorganisation wie Jusos, Linksjugend Solid und DGB-Jugend auf, sich mit revolutionären Kräften zusammenzuschließen, um den entschiedenen Kampf gegen diese Überwachung zu führen. Doch auch das müssen wir größer denken: Der Autoritarismus ist ein Symptom des Rechtsrucks und damit müssen wir mit dem Kampf gegen den Aufstieg der Rechten und die Krise verbinden, um letztendlich zu einer Jugendbewegung zu werden, die eine Perspektive bietet! Die zusammen mit der Arbeiter:innenklasse dafür kämpft, dass Ausbeutung und Unterdrückung ein für alle Mal ausgerottet werden!

Doch um das zu erreichen, müssen wir uns organisieren, an den Orten, an denen wir uns jeden Tag aufhalten müssen, wie z.B. der Schule. Hier verbringen wir als Jugendliche die meiste Zeit und sind umgeben von Menschen, die dasselbe durchmachen und nicht ohnehin schon in der Szene unterwegs sind. Genau an diesen Orten müssen wir beginnen, Gruppen aufzubauen, uns gegen die Ungerechtigkeiten direkt vor Ort zu stellen, um letztendlich die Keimzellen für eine solche Bewegung zu schaffen. Deshalb organisiert euch mit uns, um gemeinsam diesen Schritt zu gehen!

Quellen:

(1) https://www.tagesspiegel.de/berlin/from-the-river-to-the-sea-gericht-verhangt-erstes-strafurteil-wegen-propalastinensischer-parole-in-berlin-12153305.html

(2) https://www.land.nrw/pressemitteilung/innenministerium-verbietet-gruppierung-palaestina-solidaritaet-duisburg

(3) https://onesolutionrevolution.de/berliner-polizei-loest-palaestinakongress-auf-meinungsfreiheit-wird-zur-farce/

(4) https://taz.de/Amnesty-Bericht-zu-Versammlungsfreiheit/!6022070/

(5) https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Islamisches-Zentrum-Hamburg-legt-Klage-gegen-Verbot-ein,blauemoschee140.html

(6) https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/bka-durchsuchungen-heimlich-100.html

(7) https://www.lto.de/recht/presseschau/p/2024-08-12-gesichtserkennung-faeser-basketballer-prozess-gallner-interview

(8) https://taz.de/Razzia-bei-Neonazipartei-Dritter-Weg/!6020758/

(9) https://onesolutionrevolution.de/grundlagen-des-marxismus-was-ist-eigentlich-faschismus/




Bundeshaushalt 2025: Lindner kürzt – Jugend am Limit

Von Yorick F., Juli 2024

Die Ampelregierung hat den Entwurf für den Bundeshaushalt 2025 bekanntgegeben. Was erstmal langweilig klingt, ist für große Teile der Arbeiter:innenklasse und insbesondere der Jugend potentiell in mehrerer Hinsicht existenzbedrohend. Nach der 2022 in Reaktion auf die Eskalation im Ukraine-Krieg von Bundeskanzler Olaf Scholz ausgesprochenen „Zeitenwende“, gefolgt von 100 Milliarden Bundeswehrsondervermögen und einer anhaltenden Militarisierung in der BRD, spricht nun Finanzminister und FDP-Vorsitzender Christian Lindner von einem „Einstieg in eine Wirtschaftswende“. Konkret bedeutet das eine weitere Neoliberalisierung und somit Angriffe auf uns als Jugend und Arbeiter:innenklasse sowie eine Umverteilung von unten nach oben.

Doch was heißt das?

Nach langer Debatte hat das Kabinett der Ampelregierung ihren vorläufigen Haushaltsplan für das Jahr 2025 verabschiedet. Erst vorläufig, da dieser aufgrund eines Verschuldungstricks (man möchte durch Zahlungen im Schienen- und Straßenverkehr nur in Darlehen zahlen und somit die „Schuldenbremse“ einhalten) noch juristisch geprüft werden muss. Das, was die selbsternannte „Fortschrittskoalition“ da beschlossen hat, trägt deutlich den Stempel der FDP, wird aber ohne Wenn und Aber von den Koalitionsparteien mitgetragen. Der Entwurf wird v. a. von Christian Lindner als Fortschritt verkauft, ist jedoch vor allem eine de facto Steuersenkung für Spitzenverdiener:innen. Das passiert durch eine Neuabstufung und staatliche Investitionen in Innovationen, also in anderen Worten Geld für Kapitalist:innen, damit diese im Interesse des „Standort Deutschland“ Profite erwirtschaften können.

Das hierfür notwendige Geld soll u.a. durch Einsparungen im Bürgergeld kommen: in Höhe von 4,7 Milliarden.

Hierbei können Lindner und Co. aber nicht einfach den Mindestbeitrag kürzen. Denn schon 2019 hat das Bundesverfassungsgericht eine solche Maßnahme als verfassungswidrig erklärt, da diese damit unter dem Existenzminimum liegen würde. Somit greift die Regierung zu stärkeren Sanktionen und Maßgaben, um die Kürzungen zu verwirklichen. Etwa bei der Annahme von vom Arbeitsamt angebotenen Jobs. Hier soll ein Arbeitsweg von bis zu 3 Stunden als zumutbar erklärt werden. Das würde 3 Stunden Fahrzeit für 8 Stunden (zumeist nicht wirklich existenzsichernde) Arbeit bedeuten. Bei den verbliebenen Stunden eines Tages dann neben Haushalt und ausreichend Schlaf noch irgendwelche Freizeit in den Alltag zu integrieren, scheint schwer möglich. Bei Nichtannahme solcher Jobs würde eine Kürzung bis Streichung des Bürgergeldes drohen. Auch das Verpassen oder Zuspätkommen von Amtsterminen im Zusammenhang mit dem Bürgergeld soll schärfer bestraft werden. Für einen versäumten Termin sollen 30 % der Leistungen gestrichen werden können, und das für die nächsten 3 Monate.

Diese Maßnahmen werden die immerhin 15–20 % der Jugendlichen Bürgergeldempfänger:innen besonders hart treffen. Nicht nur ist das Pendeln von langen Strecken ohne eigenes Auto und in einem unzureichend ausgebauten Regionalverkehrsnetzwerk schwer, es wird für Jugendliche damit auch immer härter, selbstständig aus potentiell unterdrückerischen Familienverhältnissen zu fliehen. Dies ist ohnehin u. a. meist eine finanzielle Frage. Durch steigende Mieten im Zusammenhang mit einer erschwerten Antragstellung und geringerer Auszahlung des Wohngeldes wird ein selbstständiger Auszug für viele Jugendliche zu einem Ding der Unmöglichkeit. Was auch einige Statistiken zeigen: Jugendliche wohnen im Durchschnitt immer länger bei ihren Eltern (z. B.: Mikrozensus 2022 vom Statistischen Bundesamt).

Doch nicht nur beim Bürgergeld werden Milliardensummen gespart, auch in der Bildung kürzt die „Fortschrittskoalition“ kräftig weg. Bei den Schulen sollen etwa 1,8 Milliarden eingespart werden, obwohl wir uns schon jetzt lange in einer Bildungskrise befinden. Was u. a. auf eine chronische Unterfinanzierung der Schulen seit Jahrzehnten zurückzuführen ist. Ein Umstand, der immer wieder zu Protesten führt, wie zuletzt bei „Schule muss anders“ oder den Lehrer:innenstreiks in Berlin zum TV Gesundheitsschutz und TV-L. Auch beim Bafög, was für viele Student:innen ohne großartige familiäre Unterstützungsmöglichkeiten die einzige Chance ist, sich ein Studium leisten zu können, sollen 700 Millionen gestrichen werden. Das Ganze passiert u. a. durch eine weitere Verschärfung der Antragsstellung. Dabei fällt dieses schon spätestens seit der Inflation zu gering aus und viele Studierende gehen trotz Bafögbezugs bereits heute schon einem Minijob nach, wo sie idR für Mindestlohn buckeln dürfen.

Gleichzeitig wird das Budget dort erhöht, wo die Ampel Jugendliche wohl lieber haben würde als an den Universitäten: bei der Bundeswehr. Zwar liegt die Erhöhung um 1,2 Milliarden (auf 53 Milliarden) unter dem, was Kriegsminister Pistorius im Vorfeld gefordert hatte, doch decken die 100 Milliarden Sondervermögen aus 2022 aktuell immer noch einen Großteil der Bundeswehrausgaben, auch wenn diese bereits verplant sind. Dies soll sich in den nächsten Jahren aber ändern: bis 2028 (also in der Zeit der nächsten Regierung nach der Ampel) soll sich der Wehretat auf 80 Milliarden (pro Jahr!!) erhöhen. Hierbei spricht man auch relativ offen von einer potentiellen Kriegsvorbereitung aufgrund der aktuellen Weltlage. Begleitet wird das Ganze von Instagram-Posts, in denen Pistorius, Scholz, Lindner und Co. in Uniform am Steuer von Kampfjets und Panzern posieren.

Doch warum das?

Dass die Bundesregierung nicht etwa 5,5 Millionen Menschen (plus eventuelle Kinder etc.) in eine potentiell existenzgefährdende Lage bringen oder die Schulen kaputtsparen müsste, wenn sie das „fehlende“ Geld einfach aus den Taschen der Reichen nehmen würde, ist ihr nicht nur egal, es erfüllt für sie vor allem eine wichtige Funktion. Nicht nur als Sparpolitik, sondern auch als Mittel zur Durchsetzung dieser.

Für das Funktionieren des Kapitalismus, vor allem in Krisenzeiten, ist es unabdingbar, dass es den Ärmsten bzw. den Arbeitslosen besonders beschissen geht. Auf der einen Seite, damit diese aufgrund ihrer Verzweiflung als möglichst billige Arbeitskräfte bereitstehen und gleichzeitig als sog. Reservearmee Druck auf die Lohnabhängigen mit Job ausüben. Da durch Angst vor Kündigungen und dem somit möglichen Abrutschen in die Arbeitslosigkeit die Gefahr von Streiks und Klassenkämpfen für die herrschende Klasse gemindert wird und die Konkurrenz zwischen den einzelnen Arbeiter:innen sich verschärft. Das wird dann nochmal befeuert durch den „Diskurs“ rund um Bürgergeldempfänger:innen, welcher zur Spaltung innerhalb der Arbeiter:innenklasse führt und somit eine wichtige ideologische Funktion erfüllt. Oft ist diese Hetze dann gleich noch gespickt mit rassistischen Zusätzen, einem weiteren spaltenden Element. Die Bürgergeldempfänger:innen dienen hier also als Sündenbock, um die Kritik an der Ampel zumindest etwas abzufedern. Immerhin, so scheint es für viele, geht es jetzt mal den „Nutznießern“ an den Kragen. Doch die echten Nutznießer in unserem System sind die Kapitalist:innen, die dank Lindner & Co. nun noch bessere Bedingungen für ihre Ausbeutungsmaschinerie vorfinden.

Rechtsruck

Dieser unverhohlene Klassenkampf von oben ist nicht nur ein Ausdruck des weltweiten Rechtsrucks, sondern wird in Bezug auf die AfD aller Voraussicht nach auch ein weiterer Motor dessen sein. Mehr als zurecht sind viele Personen in der Arbeiter:innenklasse unzufrieden und wütend über ihre Lage. Der neue Ampel-Haushaltsentwurf liefert einen weiteren Grund dazu. Insbesondere die Jugend sieht zurecht keine Perspektive für sich und ihre Zukunft.

Es fehlt eine wahrnehmbare, echte linke Alternative zur herrschenden Politik, die für unzufriedene Jugendliche und Arbeiter:innen als Anlaufstelle und Ventil fungieren könnte. Weswegen wir im Hinblick auf die Landtagswahlen in u. a. Sachsen wahrscheinlich das Resultat dessen, nämlich eine Machtverschiebung unter den bürgerlichen Parteien zugunsten der AfD, erleben werden.

Dagegen!

Das einzig dagegen wirklich wirkungsvolle Mittel ist in Bezug auf die Jugend eine linke revolutionäre Jugendbewegung, die für eine echte Alternative zur Ampel-Sparpolitik kämpft!

Dafür brauchen wir als Jugend vor allem die politische Aktivität an den Orten, an denen wir uns tagtäglich bewegen und zwangsläufig mit anderen Jugendlichen in Berührung kommen: unseren Unis, Ausbildungsplätzen und vor allem unseren Schulen. Hier erleben wir auch direkt die Auswüchse des Rechtsrucks durch rassistische, queerfeindliche und sexistische Diskriminierung und Unterdrückung. Aber auch die Auswirkungen der Ampelpolitik in Form von schlecht ausgebautem ÖPNV, unterfinanzierten Schulen, überarbeiteten Lehrkräften und statistisch etwa 4,44 Mitschüler:innen pro Klasse (bei einer Klassengröße von 30), die unter der Armutsgrenze leben.

Hier gilt es einzugreifen! Wir müssen aktiv werden gegen Abschiebungen, Rechtsruck, Ampelpolitik und Kapitalismus. Dafür müssen wir uns in Schulgruppen zusammenfinden, um gegen die Probleme vor Ort anzukämpfen und Kampforgane für Streiks zu schaffen. Diese müssen wir nutzen, um eine kräftige Streikbewegung auf die Beine zu stellen, um ihren Kürzungen, Kriegsgelüsten und ihrer Profitgier nicht nur etwas entgegenzusetzen, sondern letztendlich den Schritt zu gehen, ihre Ordnung zu überwinden, den Kapitalismus zu stürzen!

Wir fordern deshalb alle linken Jugendorganisationen und Gewerkschaftsjugenden auf, sich dem Aufbau einer solchen Jugendbewegung anzuschließen und ihre volle Mitgliedschaft zu aktivieren, um an den Orten, wo sie sich tagtäglich aufhalten, zu mobilisieren! Mit unserer geballten Kampfkraft können wir uns gegen ihre Angriffe wehren!

Eine solche Jugendbewegung kann jedoch nur ein erster Schritt sein. Klar ist, wenn wir wirklich für eine bessere Zukunft einstehen wollen, muss das System überwunden werden, das uns heute noch ausbeutet und diskriminiert: der Kapitalismus. Diesem setzen wir den Sozialismus entgegen. Um diesen erkämpfen zu können, braucht es aber auch Kampforganisationen der Jugend und Arbeiter:innenklasse, also eine neue Jugendinternationale und eine neue kommunistische Partei (organisiert in einer Internationalen) und auch ein entsprechendes revolutionäres Programm.

Wir fordern:

  • Hunderte Milliarden für unsere Schulen, Jugendclubs und Krankenhäuser statt Aufrüstung -Finanziert durch die Besteuerung der Reichen!
  • AfD zerschlagen statt verbieten: Für eine Einheitsfront aus Schulstreiks, Massenaktionen und politischen Streiks gegen AfD, Abschiebungen und Sparpakete statt Brandmauern mit der CDU!
  • Für die ökonomische Unabhängigkeit von Schüler:innen, Studierenden und Jugendlichen in Ausbildung! Für ein Mindesteinkommen, angepasst an die Lebenssituation im jeweiligen Land durch die Besteuerung von Reichtum und Kapital.
  • Kampf für höheren Mindestlohn für alle Arbeitenden in Anpassung an die Inflation, kontrolliert von Arbeiter_Innenausschüssen! Schluss mit unbezahlten Praktika und sozialen Pflichtjahren!
  • Unkomplizierter und kostenfreier Zugang zu Wohnräumen. Niemand darf dazu gezwungen sein, bei der eigenen Familie zu leben oder wohnungslos zu sein!
  • Massiver Ausbau des Schienennetzes und Rückbau des Straßennetzes! Kostenloser ÖPNV für alle!



Neben mir sitzt ein Nazi, was soll ich tun?

von Brokkoli Bittner, Juni 2024

Europa hat gewählt und Europa hat mehrheitlich rechts gewählt. Diesmal durfte in Deutschland sogar ab 16 gewählt werden. Das ist erstmal ein Erfolg. Doch hat die Wahl ebenso gezeigt, dass Jugendliche nicht automatisch für eine freiere und sozialere Welt einstehen. Im Gegenteil: Auch ein Großteil der Jugend hat Rechts gewählt. Unter den 16- bis 24-Jährigen hat die AfD 11 Prozent dazu gewonnen und die CDU 5 Prozent. Diese sind damit stärkste Kräfte unter Jugendlichen. Dass die Grünen für ihren Verrat an der Klimabewegung mit einem Verlust von 23 Prozent abgestraft wurden, ist angesichts dieser Rechtsentwicklung nur ein schwacher Trost. Auch die Linke, zu deren kritischer Wahlunterstützung wir aufgerufen haben, hat 2 Prozent unter Jugendlichen verloren. Doch diese Wahlergebnisse überraschen uns nicht, denn gerade für migrantisierte und queere Jugendliche war schon vor der Wahl klar: Die Jugend ist auch vom Rechtsruck betroffen und das merken wir auch täglich. Es sind nicht nur Lehrer:innen, die sich über migrantische Mitschüler:innen lustig machen. Es ist nicht allein das rassistische Bildungssystem, welches unsere Mitschülis migrantisiert und ihnen das Leben zur Hölle macht. Es sind eben auch unsere Mitschülis, die Hakenkreuze in Tische ritzten, „Ausländer raus“ auf Insta-Posten oder trans Personen gewaltvoll angreifen. Der Rechtsruck macht vor unseren Schulen und eben auch vor unseren Mitschülis keinen Halt. Und auch hier muss unser Kampf ansetzen. Doch wie schaffen wir das? Wie können wir verhindern, dass wir jeden Tag aufs Neue Hakenkreuze übermalen müssen, weil unsere Mitschülis endlich mal verstanden haben, dass es scheiße ist?

Was die Schule mit dem Rechtruck zutun hat

Zuerst ist es wichtig zu verstehen, dass, anders als wir es beigebracht bekommen, politische Einstellungen im Jugendalter nicht einfach Phasen sind, die zur Entwicklung dazu gehören. Jugendliche sind in der Lage, sich selbst Positionen zu bilden. So ist unser Nazimitschüler auch nicht in einer Phase, die er durchleben muss, sondern er ist einfach überzeugt von einer menschenfeindlichen Ideologie. Das ist wichtig zu verstehen, denn wenn wir sagen, es sei eine Phase, nehmen wir das Problem von Rechten in der Schule einfach nicht ernst. Andererseits sprechen wir Jugendlichen damit auch wieder einmal ab, eigene Entscheidungen treffen zu können. Doch diese eigenen Entscheidungen können eben auch scheiße, falsch und sogar rassistisch sein.

Wenn Teile deiner Klasse zu Klassenfeinden werden, kommt damit eine extreme Wut in uns auf. Man glaubt vielleicht, dass ein paar Schellen ausreichen, damit sie die Scheiße nicht wieder sagen. Aber jede:n Rechte:n zu verhauen in einer Gesellschaft, die nach rechts rückt, ist leider nicht so einfach. Hinzu kommt noch, dass sich rechte Ideologien nicht aus den Menschen herausprügeln lassen. Wir müssen uns deshalb mit den Ursachen des Rechtsrucks beschäftigen, als denen eine zu drücken, die diese Ideologie reproduzieren. Ein Grund dafür, dass sie es so leicht haben, ist, dass unsere rechten Mitschüler:innen von der Schule gar nicht so ungewollt sind, wie sie es tut. Natürlich tut die Schulleitung ganz schockiert, wenn jemand auf dem Schulhof den Hitlergruß zeigt. Von systematischem Rassismus oder gar faschistischen Strukturen hat man aber nie etwas mitbekommen. Und wenn in unseren Schulen Podiumsdiskussionen mit der AfD stattfinden, dann ist es für die Schulleitung klar, dass diese Meinung auch einen Platz bekommen muss. Es sind ihre Vorurteile gegenüber migrantisierten Menschen, die unsere Mitschülis nachlabern. Es ist ihre soziale Selektion, die unsere Mitschülis für biologisch gegeben halten. Es ist ihr heterosexueller Sexualkundeunterricht, den unsere Mitschülis für natürlich halten. Es ist ihr struktureller Rassismus, den unsere Mitschülis reproduzieren. Ein Kampf dem Nazi-Sitznachbarn muss also auch ein Kampf dem kapitalistischen System sein, das den Rassismus braucht, um zu existieren.

Krise & Rechtsruck Hand in Hand

Es ist nämlich genau die Krise dieses Systems, die dazu führt, dass die Rechten aktuell so stark sind. Sie erstarken genau dann, wenn der Lebensstandard vieler Leute durch Inflation und soziale Kürzungen schlechter wird, es keinen entschlossenen Kampf dagegen von links gibt und sich die Rechten als einzige Alternative dagegen präsentieren können. Die Bundesregierung versucht genau diesen Zusammenhang zwischen der Stärkung der AfD und ihrer Politik zu verschleiern und den Rechtsruck als Bildungsproblem darzustellen. Doch die AfD hat unter Jugendlichen nicht allein gewonnen, weil sie sich einen TikTok-Account angelegt hat. Sondern weil sie so tut, als hätte sie Lösungen für unsere Probleme. Schuld daran, dass du keinen Ausbildungsplatz bekommst, sei nicht die kapitalistische Krise, sondern eben „die Ausländer“. Es ist also kein Wunder, dass die Rechten gerade unter Jugendlichen, die nochmal mehr von der Krise betroffen sind, weil diese auf ihre Kosten ausgetragen wird, gewinnen.

Um die Rechten also zu stoppen, muss es ein Stoppen der Kürzungspolitik geben – die Kürzungspolitik der Ampel, die Schulen unterfinanziert und Jugendclubs dicht macht. Vielmehr sollten nicht wir für ihre Krise zahlen, sondern die Reichen! Dann werden auch weniger von uns den Rechten in die Arme getrieben. Klar ist also: Ein Kampf gegen Rechts ist auch ein Kampf für Masseninvestitionen statt für Kürzungen im sozialen Bereich und der Bildung. Doch wie schaffen wir das?

Organisieren an der Schule gegen Rechtsruck und Krise!

Um gegen die Kürzungspolitik zu kämpfen, müssen wir uns an unseren Schulen zusammentun. Dafür braucht es gemeinsame Aktionen. Anlass dafür können zum Beispiel die entlassenen Sozialarbeiter:innen sein, die kaputte Turnhalle oder das teure Mensaessen. Es können aber die Hakenkreuz-Schmierereien sein. Diese könnte man dann also, anstatt alleine zu crossen, mit seinen Freund:innen überstickern, mit Stickern der Jugendorganisation deines Vertrauens. Geht wahrscheinlich dann sogar schneller und macht vielleicht sogar Spaß. Nach so einer Aktion kann man dann ein gemeinsames Treffen machen, wo man darüber redet, wie man in Zukunft damit umgeht und wie man den Rechtsruck bekämpft. Dazu kann auch gehören, gemeinsam zu großen Antifa-Aktionen zu fahren, wie zu den Blockadeaktionen gegen den AfD-Bundesparteitag in Essen. Dort können wir gemeinsam aufzeigen, dass es mehr braucht als „Nazis raus“, bzw. dass unserer „Nazis raus“ auch einen gemeinsamen Kampf mit Gewerkschaften und linken Parteien gegen Kürzungen und für Masseninvestitionen in Bildung bedeutet.

Der Rechtsruck kann nur durch eine Massenbewegung gestoppt werden, die sich nicht nur einmal im Jahr in Essen trifft, sondern in Schule, Uni und Betrieb verankert ist. Unsere Organisierung an der Schule ist deshalb ein wichtiger Schritt, um eine solche Bewegung aufzubauen. Denn das ist der Ort, wo wir täglich die Krise spüren, also müssen wir uns auch dort gegen diese organisieren. Eine soziale Forderung, die wir an Schulen erkämpfen können, ist zum Beispiel, dass die Schülis und Lehrkräfte über das Mensa-Essen und den Preis entscheiden können. Ebenso aber auch die Kontrolle über die Lehrpläne, die aktuell noch Rassismus und Queerfeindlichkeit reproduzieren und Kritik am Kapitalismus maximal in die Politik-AG verbannen. Wenn wir uns außerdem zusammentun, müssen wir auch weniger Angst vor rechten Mitschülis, Lehrer:innen oder Stress mit der Schulleitung haben. Einmal, weil man keine 30 Leute von der Schule werfen kann, aber auch weil wir uns zusammen uns bei Angriffen von Rechten verteidigen können.

Denn es ist der traurige Alltag, dass Unterdrückte angegriffen werden. Angst auf dem Nachhauseweg vor Angriffen von seinen eignen Mitschülis zu haben, ist längst Realität geworden. In den meisten Fällen haben wir nicht mal irgendwas zum Selbstschutz dabei, weil das in unseren Schulen als Waffen gilt und somit verboten ist. Klar ist auch, dass, wenn wir angegriffen werden, das Rufen der Bullen kaum etwas bringen wird. Denn die Bullen sind die, die doch selbst jeden Tag migrantisierten Menschen das Leben zur Hölle machen. Ausrechnet sie werden wohl kaum wen anderes davon abhalten. Wir brauchen also Strukturen, die nicht Teil dieses rassistischen Staates sind, der tagtäglich neu die Saat für den aktuellen Rechtsruck pflanzt. Wir müssen selbst eigene Strukturen an unseren Schulen aufbauen. Die Strukturen müssen die Schülis befähigen, sich selbst gegen Angriffe zu verteidigen, wenn Rennen nichts mehr bringt. Diese Strukturen müssen aber auch, wenn es zu Angriffen kommt, die Opfer unterstützen, und das heißt auch, als Gruppe organisiert Angriffe abzuwehren.

Wir finden es gut, wenn solidarische Lehrkräfte Räume zur Verfügung stellen, aber wir sollten nicht davon ausgehen, dass das passiert. Genauso, wie Orte und Strukturen zur Abwehr von Angriffen aufgebaut werden müssen, braucht es auch Strukturen, die diskriminierende Vorfälle sammeln und Maßnahmen dagegen beschließen können. Diese Stelle muss von den Schülis demokratisch gewählt, aber unabhängig von der Schule organisiert werden. Diese Informationen sollen nicht für die Schulleitung gesammelt werden, sondern die Schülis selbst sollen entscheiden können, wie sie damit umgehen wollen. Wie genau eine solche Antidiskriminierungsstelle aussehen und wie man sie erkämpfen kann, erfahrt ihr in unserem Artikel dazu auf unserer Homepage.

Lasst uns diesen Schock nach der Wahl für mehr nutzen als 2 Insta-Storys. Die Rechten bekämpfen wir nicht im Netz sondern auf der Straße, in der Schule, Uni und im Betrieb!