Rassistische Berichterstattung kann Klimaintifada nicht aufhalten

Im Rahmen der aktuell stattfindenden Hamburger Aktionswoche von Ende Gelände, einem Bündnis aus linken und ökologischen Initiativen, wird auf den Zusammenhang zwischen Umweltzerstörung, Ausbeutungsverhältnissen und dem besonderen Elend des globalen Südens verwiesen. Die Jugendorganisation REVOLUTION begrüßt diese Entwicklung. Die kapitalistischen Zentren Europas verlagern seit Jahren Umweltzerstörung und Abfälle ihrer neoliberalen Konsumgesellschaften zunehmend auf die armen Länder der Welt.

Der Widerstand gegen diese Umstände, die die Lebensgrundlage aktueller und künftiger Generationen weltweit zerstören, verlangt eine grundlegende Veränderung. Diese Veränderung muss die Gesellschaft im Allgemeinen und materiell ergreifen, mit dem Ziel, die globale Produktion und die Nutzung begrenzter Ressourcen rational und demokratisch zu planen. Sie muss aber auch in unserem Denken ihren Anfang finden.

Ein Teil dieses Prozesses muss beinhalten, die Arroganz zu überwinden, die in der offiziellen Ideologie der Metropolen der globalen Ausbeutung und Umweltzerstörung verankert ist. Die Jugendorganisation REVOLUTION bezieht sich daher positiv auf demokratische und revolutionäre Traditionen, die auch außerhalb Deutschlands und Europas existieren. In diesem Sinne rief sie zu einer „Klimaintifada“ auf. Intifada ist ein Wort aus dem Arabischen und bedeutet, sich zu „erheben“, „etwas abzuschütteln“ oder „loszuwerden“. Das Wort blickt auf eine lange Tradition demokratischer und revolutionärer Kämpfe im arabischen Raum zurück. Seit dem 12.08.2022 bemühen sich deutsche Medien, insbesondere die Springerpresse, diesen Begriff antisemitisch umzudeuten.

Es ist wahr, dass der Begriff der Intifada auch durch demokratische Bewegungen der Palästinenser:innen gegen ihre ethnisch und religiös begründete Unterdrückung durch den israelischen Staat geprägt ist. Während diese Zeilen geschrieben werden, führt der militärisch und wirtschaftlich überlegene israelische Staat Krieg gegen die palästinensische Bevölkerung. Auch in der Vergangenheit wurden demokratische Bewegungen durch ihn mit brutaler Gewalt niedergehalten, die sich mit der arabischer Diktaturen bei der Niederschlagung des arabischen Frühlings messen kann. Dieser Umstand wird im Übrigen auch von den Gremien der Vereinten Nationen anerkannt.

Die Jugendorganisation REVOLUTION steht in einer langen und nachweisbaren Tradition, demokratische Bewegungen weltweit zu unterstützen. Eines von vielen Beispielen internationaler Solidarität stellt ihr gemeinsames Engagement mit linken Juden/Jüdinnen und Palästinenser:innen für eine demokratische und sozialistische Einstaatenlösung im Raum Palästina/Israel dar, in dem alle Bürger:innen egal welcher Ethnie oder Religion gleichberechtigt, mit vollen sozialen und demokratischen Staatsbürgerrechten ausgestattet leben können.

In diesem Licht zeigt die aktuelle Berichterstattung vier Dinge:

1. dass die bürgerliche Presse in Deutschland jeden Anlass nutzen möchte, um Klimaproteste, die über symbolischen Protest hinausgehen, zu verunglimpfen, mit welch absurden Mitteln auch immer.

2. Sie wird daher dem Anspruch einer demokratischen Berichterstattung nicht gerecht.

3. Die berichtenden Journalist:innen, die sich verunglimpfend über den Begriff der Klimaintifada äußerten, sind in einem rassistischen und orientalistischen Weltbild verfangen. Ein Begriff steht hier scheinbar prinzipiell unter dem Verdacht, da er ein arabischer ist.

4. Etliche berichtende Journalist:innen und Medien erfüllen nicht die grundlegenden Standards ihrer Profession. Eine ernsthafte Recherche würde ergeben, dass die Jugendorganisation REVOLUTION keine antisemitische Organisation ist, sondern sich für einen demokratischen und sozialistischen Staat auf dem Gebiet Israel/Palästina einsetzt und antisemitische Verschwörungstheorien, wie sie im WELT-Artikel reproduziert werden („ … suggeriert einen Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und dem jüdischen Volk“), klar ablehnt.

Die Positionen der Jugendorganisation REVOLUTION mögen der Springerpresse nicht gefallen oder jenen, die ihr nach dem Mund reden. Sie müssen es auch nicht.

Die Springerpresse ist kaum bekannt dafür, eine Vertreterin für Demokratie oder Wahrheit zu sein. Dass sie der Meinung ist, das Wort Intifada antisemitisch zu deuten, während der israelische Staat erneut Krieg auf palästinensischem Gebiet führt, ist nichts als hetzerische Propaganda. Es ist genauso absurd, als wollte man der berechtigten Verteidigung des Selbstbestimmungsrechtes der ukrainischen Bevölkerung prinzipiell einen gegen Russland gerichteten Rassismus unterstellen. Wir sind der Springerpresse aber dankbar dafür, dass sie uns mit ihrer Hetze, die bereits Rudi Dutschke ins Grab brachte, erneut an einen wichtigen Umstand erinnert: Dieses rechte, antidemokratische und imperialistische Hetzblatt gehört enteignet und unter demokratische gesellschaftliche Kontrolle gebracht. In jedem Fall, wir werden uns ihrer orientalistischen und rassistischen Hetze nicht beugen. Sie wird die Klimaintifada – oder wie es einem (anti)deutschen Kleingeist vielleicht besser schmecken mag, Klimaerhebung – nicht aufhalten.




Kein LNG-Terminal in Brunsbüttel!

Against Gas, Fracking& Colonialism: Revolution unterstützt den Global Action Day am 30.7.21! Auf gehts zu Ende Glände nach Brunsbüttel!

An dieser Stelle spiegeln wir einen Artikel, der zuerst von der Gruppe Arbeiter_innenmacht auf https://arbeiterinnenmacht.de/ veröffentlicht wurde.

Zum Wechsel vom Juli auf den August ruft Ende Gelände (EG) zu
Massenaktionen in Brunsbüttel auf. Der Protest richtet sich gegen ein
LNG-Terminal, welches sich im Planfeststellungsverfahren befindet.
Darüber hinaus richtet sich die Aktion allgemein gegen fossile Gase als
vermeintlich grüne Alternative zu Kohle und Erdöl. Am 31. Juli wird zu
einer Demonstration unter dem Motto  „Sauberes Gas? Dreckige Lüge! LNG
Terminal Brunsbüttel versenken!“ in Brunsbüttel aufgerufen.

Gas und globale Konkurrenz

Mit dem Ort an der Elbmündung und dem westlichen Ende des
Nord-Ostseekanals, den täglich hunderte Schiffe aus aller Welt
passieren, ist nicht nur der Wunschstandort für das LNG-Terminal (LNG =
Liquified Natural Gas; verflüssigtes Naturgas) von der Energiewirtschaft
strategisch günstig ausgesucht, sondern als Ort des Protestes auch für
Ende Gelände eine politisch interessante Wahl. Schließlich macht EG zu
Recht auf die globale Dimension des LNG-Terminals aufmerksam.

Diese wird nicht nur angesichts der Ausbeutung halbkolonialer Länder
zur Förderung von Öl und Gas deutlich, sondern auch, wenn wir unseren
Blick zunächst auf die Ostsee richten. Hier wird mit Nord-Stream 2 eine
weitere Erdgaspipeline die direkten Lieferkapazitäten von Russland nach
Deutschland und Zentraleuropa ausweiten, ganz ohne dabei die aus Sicht
des russischen Imperialismus politisch unliebsamen Gebiete der Ukraine
oder Polens zu passieren. Aber die Dimension ist freilich größer. Der
scharfe Kurs, die Sanktionsdrohungen der Trump-Regierung gegen
Nord-Stream 2 und daran Beteiligte war ein offener Ausdruck der globalen
Konkurrenz der USA gegenüber Russland. Denn: Die USA sind mittlerweile
Weltmeister in der Erdgasförderung dank dem besonders umweltschädlichen
Fracking-Verfahren. Dass rund die Hälfte des Erdgases für Deutschland
aus Russland kommt, störte den Trump-US-Imperialismus. Problem: Von den
USA nach Europa kann Gas nur per Schiff, energieaufwändig und teuer,
transportiert werden, und es braucht einen speziellen Hafen dafür – ein
LNG-Terminal. Der Druck der USA ging  dann letztlich auch so weit, dass
Bundesfinanzminister Scholz gar eine Milliarde Euro Förderung für ein
Terminal zusicherte, solange Nord-Stream 2 weitergebaut werden dürfe.

Die Abwahl Trumps und die Neuausrichtung der US-Außenpolitik unter
Joe Biden sorgte im Mai dann zu einem Absehen von weiteren
Sanktionsdrohungen – aus Interesse an einem besseren Verhältnis zu den
europäischen PartnerInnen, wie es hieß. Trotzdem hat die kleine Krise
bewiesen, dass die deutsche Energieversorgung, die im Falle von Erdöl
und -gas absolut importabhängig ist, zusehends schneller mal zwischen
die Fronten der Weltpolitik und der Konkurrenz zwischen Erdgas
exportierenden Staaten geraten kann. Während andere europäische Staaten,
wie zum Beispiel die Niederlande oder Frankreich, über eigene Kais für
Flüssiggastanker verfügen, fehlen solche in der deutschen
Energielandschaft.

Brückentechnologie?

Der Ausbau der Erdgasinfrastruktur, die im Falle Brunsbüttels
übrigens unter Beteiligung der deutschen Oiltanking GmbH und zweier
niederländischer Energiekonzerne in einem Joint Venture betrieben wird –
die internationalen Wirtschaftsinteressen lassen weiter grüßen – wird
aber nicht nur aus weltpolitischen Interessen heraus vorangetrieben. Vor
allem stellen Energiekonzerne und Politik ihn als unumgänglichen
Meilenstein auf dem Weg zur fossilfreien Energieerzeugung dar. Begründet
wird dies mit derzeit unzureichenden erneuerbaren Energien und der
vermeintlich besseren Umweltbilanz von Erdgas. Im Verbrennungsprozess
mag dies stimmen, da bei dem Hauptbestandteil Methan (CH4) auf vier
Wasserstoffatome nur ein Kohlenstoffatom kommt, ergo weniger
Kohlendioxid emittiert wird. Jedoch weisen Studien auch darauf hin, dass
im Förderungs- und Transportprozess des Erdgases zu einem gewissen
Prozentsatz Methan frei wird und in die Atmosphäre gelangt, wobei dieses
selbst zu den Treibhausgasen gehört und auf kurze Sicht (Stichwort 1,5
Grad-Ziel usw.) bei gleicher Menge um ein Vielfaches schädlicher wirkt
als CO2. Unterm Strich bleibt also, in der Verbrennung wie beim
Transport und im Fracking erst recht: Grünes Erdgas ist eine schmutzige
Lüge.

Völlig richtig weist EG außerdem darauf hin, dass der Erdgasausbau
einen negativen Reboundeffekt auf die eigentliche Energiewende hat. Wo
Kapital erst mal investiert ist, soll es sich  auch lohnen. Bis ein
nagelneuer LNG-Hafen abgeschrieben ist und sich das Kapital so weit
verwertet hat, dass ein Weiterbetrieb nicht mehr lohnt, dauert es
Jahrzehnte, die die Energiewende effektiv ausbremsen.

Das was an Erdgas als wirklicher Brücke hin zu einer echten
schnellstmöglichen Energiewende mit stabiler Energieversorgung aus
erneuerbarer Energie und gelöster Speicherproblematik notwendig wäre
(Pipelines, Gasspeicherkavernen), dafür ist die Infrastruktur längst da
und die Versorgung ausreichend. Der Ausbau geschieht somit aus rein
wirtschaftlichen Interessen der Energielobby heraus.

EG und das Programm

Demgegenüber fällt EG ins andere Extrem und fordert den sofortigen
Gasausstieg (wie auch den aus der Kohle). Nimmt man die Forderung beim
Wort, dann kann es durchaus sein, dass es schnell dunkel wird – und im
Winter auch kalt. Wenn wir EG ernst nehmen – und als zentrale, radikale
Kraft in der Umweltbewegung stellt sich die Bewegung selbst dar – nimmt
sie hier zumindest das Risiko eines Blackouts, der einer
fortschrittlichen Lösung der Klimakrise wohl kaum zuträglich sein
dürfte, in Kauf. Oder aber EG meint „sofort“ nicht im engen Sinn des
Wortes. Dann riecht die Forderung aber doch nach einer populistischen
Note, die in ihrer politischen Rezeptur anscheinend jenen Platz
einnimmt, an dem nach so vielen Jahren der Grubenbesetzung und des
Protests längst ein grundsätzliches, konkretes Programm der
antikapitalistischen Energiewende stehen könnte.

Angekommen, dass „schnellstmöglich“ die richtige und ernstzunehmende
Forderung wäre. Was heißt das? Im antikapitalistischen Verständnis:
alles, was Produktivkräfte und Technik so schnell wie möglich hergeben.
Wer aber bestimmt das? Die Frage danach, wer die Energiewende macht,
beantwortet EG regelmäßig mit „Handarbeit“. Das stimmt nicht mal für die
Tage, an denen Gruben besetzt werden und ein bisschen Leistung in
Kohlemeilern runtergefahren werden muss. An allen anderen Tagen bleibt
die Frage unbeantwortet. Das Feld (auf dem demnächst die Gastanks
stehen) wird Regierung und Konzernen überlassen, bei deren Wirken
vielleicht noch ein bisschen die GewerkschaftsbürokratInnen der IG BCE
mitspielen, die sich über Brunsbüttels neue Arbeitsplätze schon ganz
eifrig freuen.

ArbeiterInnenklasse

Und da treffen sich dann auch alle Genannten: von EG über Scholz und
German LNG bis IG BCE. Sie alle betrachten die, die in der Energiewende
Arbeitsplätze mal gewinnen und mal verlieren, als mehr oder minder
passives Objekt. Dabei wären doch die Beschäftigten des Energiesektors
mit ihrem technischen Know-how tatsächlich die Einzigen, die eine
Energiewende schnellstmöglich verwirklichen könnten, fernab von
Kapitalinteressen. Dabei wäre es auch noch möglich, dass  tausende Jobs
entstehen, weniger gearbeitet wird und trotzdem der Lohn gleich bleibt.
Kurz, die ArbeiterInnen in der Energiebranche müssten für einen
demokratischen, von ihnen kontrollierten Notfallplan zur Energiewende –
nicht zuletzt durch EG – gewonnen werden.

Eckpunkte dessen sollten sein:

  • Für die ökologischen Katastrophen ist die herrschende Klasse
    verantwortlich – daher soll sie für die Schäden aufkommen!
    Entschädigungslose Enteignung der Energie- und Transportindustrie unter
    ArbeiterInnenkontrolle! Nein zum LNG-Terminal – weder in der ökologisch
    sensiblen Marsch noch woanders in der BRD!
  • Für den schnellstmöglichen organisierten Ausstieg aus der
    fossilen Energiegewinnung und Einstieg in klimaneutrale Erzeugung im
    Rahmen eines Energieplans unter ArbeiterInnenkontrolle! Für einen
    solchen Plan auf europäischer und weltweiter Ebene, der Verkehr,
    Industrie, Haushalte, Strom- und Wärmegewinnung integriert!
  • Für eine Aufteilung der Arbeitszeit auf alle – für die
    30-Stundenwoche bei vollem Lohn- und Personalausgleich! Für ein
    öffentliches Programm gesellschaftlich nützlicher Arbeiten und
    dementsprechende Umschulung bei einer Bezahlung, die mindestens dem
    bisherigen Entgelt entspricht!
  • Weg mit dem Emissionsrechtehandel und der Subventionierung von
    „regenerativer Energie“! Den „blind“ wirkenden Marktmechanismen setzen
    wir das bewusste, planmäßige Eingreifen in die Produktion entgegen. Für
    die Förderung von Energie und Ressourcen sparenden Techniken, bezahlt
    vom Kapital!
  • Für ein globales Programm zur Wiederaufforstung von Wäldern, der
    Renaturierung von Mooren und zum Schutz des Bodens und der Meere als
    CO2-Senken! Entschädigungslose Enteignung von LandbesitzerInnen,
    nachhaltige Bewirtschaftung unter Kontrolle der ArbeiterInnen und
    Bauern/Bäuerinnen!
  • Für Forschung nach neuen Energien und zur Lösung der
    Speicherproblematik der erneuerbaren Energien (Power to Gas) unter
    ArbeiterInnenkontrolle und auf Kosten der Energiekonzerne!
  • Gegen die Spaltung zwischen Umweltbewegung und Beschäftigten in
    umweltgefährdenden Betrieben! Umschulung und neue Arbeitsplätze zu
    gleichen Löhnen und Arbeitsbedingungen! Gegen prekäre Beschäftigung in
    der Branche erneuerbarer Energien: gleiche Bedingungen für alle
    Beschäftigten in Windkraft-, Solarbetrieben wie für jene in Bergbau,
    AKWs und bei den Stromkonzernen!
  • Wenn die Energiewende schnellstmöglich passieren soll, braucht
    es eigene Kampfaktionen der Beschäftigten! IG BCE und ver.di: Brecht mit
    den Konzernen, die die Lebensgrundlage der Menschheit zugunsten des
    Profits zerstören! Für den politischen Massenstreik, der ein
    ökologisches Sofortprogramm der ArbeiterInnen selbst durchsetzt!