Jugend gegen Rassismus: Wie weiter nach dem Aktionstag?

JAQUELINE KATHERINA SINGH

Im Januar dieses Jahres kamen jugendliche Aktivist_Innen zusammen, um zu beratschlagen, was es in der aktuellen Situation bedarf, um der rechten Bewegung etwas entgegenzustellen. Aus 7 Städten waren rund 40 AktivistInnen anwesend, die einen Diskussionsbetrag mit Streiktermin veröffentlichen und die Initiative „Jugend gegen Rassismus“ (JGR) gegründet haben.

Ziel war es, mehr Kräfte für die Aktion zu gewinnen. Ende Februar gab es dann eine größere Aktionskonferenz, die die Forderungen und den Koordinierungskreis hervorbrachte. Konkret sind in den drei Monaten aus den 7 Städten 16 geworden, die eine Aktion am 27. April machen.

Nach dem Streik ist vor dem Streik?

Nach dem Streik ist es wichtig, die Bündnisse, die sich gegründet haben, aufrecht zu erhalten. Die Aktionen müssen ausgewertet werden, nicht nur lokal, sondern bundesweit. Für die Auswertung ist es wichtig zu verstehen, dass diese Aktion im Gegensatz zu den vorherigen Streiks einen entschiedenen Unterschied darstellt. Denn statt in zwei oder drei Städten gehen nun in 16 Städten Jugendliche am gleichen Tag auf die Straße. Nicht nur das: Sie tun dies sogar mit einem gemeinsamen Slogan und gemeinsamen Forderungen!

Für viele mag das vielleicht banal klingen. Aber in den letzten Jahren war Berlin die einzige Stadt, in der nach den Bildungsstreikprotesten mit einer gewissen Regelmäßigkeit Schulstreiks organisiert wurden. Erst beim letzten Streik im November 2015 sind Städte wie Bremen und Frankfurt am Main dazugestoßen, später Hamburg und Bonn. Dass sich innerhalb von drei Monaten so eine Dynamik entwickelt und Aktivist_Innen in unterschiedlichen Städten die Initiative ergreifen sich der Aktion anzuschließen, ist ein Zeichen dafür, dass die Aktion in der aktuellen Situation eine notwendige und richtige war.

Klar ist, dass nicht in allen Städten mehrere tausend Jugendliche demonstrieren. Man sollte sich nicht davon demoralisieren lassen, dass bei der ersten Aktion, die man gemacht hat, man nicht gleich die Massen ansprechen konnte. Das hat nämlich mehrere Gründe: Zum einen liegt es daran, dass die Aktion oftmals von kleineren linken Gruppen und Einzelaktivist_Innen getragen wird. Das schränkt die Möglichkeiten für die Mobilisierung ein, vor allem, wenn es wenig Erfahrung gibt auf die man zurückgreifen kann. Würden größere Organisationen wie solid, Jusos, die Gewerkschaftsjugend, die SDAJ oder die SAV die Aktionen nach ihren Kräften unterstützen, würde es ganz anders aussehen. Es gäbe noch mehr Städte, die sich an den Aktionen beteiligen und mehr Organisationen, die die für die Mobilisierung unabdingbare Basisarbeit leisten könnten. Das heiß es gäbe mehr Ressourcen für Mobitouren vor Schulen, Veranstaltungen und Vollversammlungen an Schulen hin zum Streik. Vereinzelt nehmen Ortsgruppen dieser Organisationen an Aktionen teil, wie beispielsweise solid und die SAV in Bremen oder die SDAJ in Kiel. In ihrer Gesamtheit verhalten sich die Organisationen als Gesamtes leider eher passiv und mobilisieren dort, wo sie müssen, ihre Basis.

 

Und wie geht’s weiter?

Am 21./22. Mai soll es eine Perspektivkonferenz in Berlin geben. Auf dieser sollten Vertreter_Innen der lokalen Bündnisse zusammentreffen und auch Organisationen, die Interesse haben, sich JgR anzuschließen oder mit dem Bündnis zusammenarbeiten wollen. Die unterschiedlichen Aktionen sollen ausgewertet werden und wir müssen uns die Frage stellen, wie wir das Loch, das die Sommer- und Semesterferien mit sich bringen, füllen können.

Schwerpunktmäßig sollte jedoch die Frage aufgeworfen werden, wie man die Initiative auf eine größere qualitative Stufe bringt und die positiven Elemente, die wir entwickelt haben, wie den Koordinierungskreis professionalisieren können. In unserem Aufruf haben wir festgehalten, dass wir der bundesweiten rassistischen Bewegung eine linke, antirassistische, antifaschistische entgegenstellen wollen. Dass wir nicht nur die Angriffe auf die Rechte der Geflüchteten abwehren wollen, sondern dass wir für ihre Rechte in Verbindung mit der sozialen und demokratischen Rechten von Jugendlichen und ArbeiterInnen kämpfen wollen.

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Unsere Forderungen wie die Staatsbürger_Innenrechte für alle, die dezentrale Unterbringung von Geflüchteten, sowie der Ausbau vom sozialen Wohnungsbaus und die Enteignung der leerstehenden Immobilien können allerdings nur realisiert werden, wenn wir größere Massenorganisationen (v.a. Gewerkschaften, aber auch Linke und SozialdemokratInnen) für uns gewinnen können. Das wird aber nicht durch bloße Appelle möglich ein, sondern auch, indem wir mit dem Schulstreik und JgR ein kleines Beispiel setzten, welche Bündnis wir bundesweit brauchen.

Ein Teil unsere Arbeit besteht dabei auch darin, Kämpfe von Lohnabhängigen zu unterstützen wie z.B. den LehrerInnenstreik in Berlin oder Warnstreik von ver.di Bremen bei der laufenden Tarifrunde im Öffentlichen Dienst.

Die Aktionen in den 16 Städten haben eine Grundlage geliefert, die gute Aussichten bietet, dass sich weitere Organisationen beteiligen. Denn so einen koordinierten, abgesprochenen Protest hat es in so einer Form in den vergangenen zwei Jahren nicht gegeben, obwohl er dringend notwendig ist. Ziel muss es sein den Protest weiter voranzutreiben, ihn auszuweiten und weitere Teile in Aktivität zu ziehen. Denn wenn wir uns jetzt nicht anfangen zu wehren und unsere Rechte gemeinsam einfordern, werden wir spätestens zur Bundestagswahl im September nächsten Jahres ein Problem haben.

Eine konkrete unmittelbare Aktionsperspektive kann beispielsweise die Teilnahme an einer Großmobilisierung im Herbst 2016 sein. Insbesondere im Hinblick auf die kommenden Landtagswahlen in Mecklenburg Vorpommern und Berlin im September wäre es lohnenswert, aktiv zu werden, zumal in diesem Kontext vermehrt die AfD zu Diskussionen an Schulen geladen wird. Allerdings sollten wir nicht den Fehler begehen, uns nur auf die AfD zu konzentrieren.

Die jahrelange Sparpolitik der Regierung, die Auswirkungen der kapitalistischen Krise und Konkurrenz sowie die Ausbeutung anderer Länder haben uns erst in diese Situation gebracht. Es sind noch immer der Staat und die Bundesregierung, die hauptverantwortlich für die rassistische Flüchtlingspolitik sind, die für zunehmende Abschiebungen, für den schäbigen Deal mit der Türkei und die geplante Abriegelung aller Flüchtlingsströme stehen. So versucht die Regierung das „Problem“ zu lösen, indem es an die EU-Außengrenzen verlagert wird, das Mittelmeer als Todesfalle fungieren soll und das Thema hier aus den Schlagzeilen verschwinden soll.

Das heißt aber auch, dass sich die antirassistische Mobilisierungen – ob nun unter Jugendlichen oder in der gesamten Gesellschaft – verstärkt darauf konzentrieren müssen, auch international zu agieren und die EU-Flüchtlingspolitik zum Thema zu machen. Auch muss man darauf Bezug nehmen, dass die Rechte, aber auch Parteien des bürgerlichen Mainstreams zunehmend das „Flüchtlingsproblem“ als ein „Problem der Muslime“ rassistisch besetzen wollen. Die AfD ist in ihrem antimuslimischen Rassismus dabei oft nur schriller als die „Ordnungspolitiker“ von CDU/CSU, ja selbst aus der SPD.

An der Stelle wird es unbedingt notwendig, den Kampf gegen antimuslimischen Rassismus mit einer aktiven Kampagne an Schulen, Unis, in Betrieben zu verbinden – und zugleich gemeinsame Aktionen gegen Wohnungsnot, Billiglohn, für den Ausbau des öffentlichen Schulsystems, Ausbildungsplätze für alle  zu organisieren.

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Zweifellos werden alle dieser Aktivitäten immer wieder zur Systemfrage führen, ja das sollen sie auch. Konkret: Wer Rassismus effektiv bekämpfen will, der muss ihn auch an seiner Wurzel packen, dem Kapitalismus! Damit das überhaupt zu einer realen Perspektive werden kann, ist es notwendig, dass sich die gesamte Jugend, die Arbeiter_Innenbewegung, die Linke gemeinsam an den Schulen an den Unis, in den Betrieben zu einer antirassistischen Bewegung formieren.

Nehmt teil an der Konferenz von „Jugend gegen Rassismus“ am 21./22. Mai!




EU-Gipfel in Brüssel: Massendemonstration gegen Kapital und Krise organisieren!

EU-KriseZwischen dem 18. bis 24. März findet in Brüssel ein EU-Gipfel statt. Fast eine ganze Woche lang werden sich die Spitzen der EU-Bürokratie und die nationalen Regierungschefs versammeln, um über die Zukunft Europas zu beraten. Denn allen Erwartungen nach wird sich die Krise in Europa erneut verschärfen. Einbrüche, auch in der deutschen Konjunktur, sind anzunehmen, eventuell sogar eine Rezession.

Was das heißt, können wir uns ausmalen. Bereits die letzten fünf Krisenjahre bedeuteten für den Großteil der europäischen Bevölkerung massive Entlassungswellen, die Zerschlagung ganzer Industriesektoren in einigen Ländern, Angriffe auf soziale und demokratische Rechte. Die Regierungen meinen mit „über die Zukunft zu beraten“ vor allem Eines: Wie kann der Kapitalismus auf den Schultern der Jugendlichen und Arbeiter_innen gerettet werden?

Dagegen heißt es Widerstand zu organisieren. Aus den informellen Diskussionen zwischen Gewerkschaftsführern und reformistischen Parteien über mögliche Gegenaktionen müssen konkrete Beschlüsse werden. Es darf nicht nur bei symbolischen, dezentralen Aktionen bleiben. Eine europaweite Mobilisierung, die insbesondere auch die deutschen Gewerkschaften und Arbeiterorganisationen erfasst, ist unbedingt notwendig.

Wir begrüßen jede Initiative für zentrale Großdemonstrationen. Wir sind allerdings der Meinung, dass sie vor allem dazu dienen müssen, die bisher vereinzelten Bewegungen in der Aktion zusammen zu führen. Die inaktiven Teile der europäischen Arbeiterbewegung müssen durch solche Mobilisierungen von der Dynamik der kämpferischsten Aktivist_innen erfasst werden.

Um die Spardiktate und die Verarmung der breiten Masse der Jugendlichen und Arbeiter_innen wirklich zu stoppen, brauchen wir aber mehr. Der unbefristete und europaweite Generalstreik steht auf der Tagesordnung. Alle Revolutionär_innen müssen innerhalb ihrer Länder dafür eintreten. Nur so kann die Vereinzelung der unterschiedlichen Kämpfe überwunden werden, nur so kann das Kapital in die Knie gezwungen werden.

Lasst uns mit dieser Perspektive den EU-Gipfel durch zentrale Massenaktionen verhindern! In allen Gewerkschaften, Jugendorganisationen und der gesamten deutschen Linken muss nach Brüssel mobilisiert werden!

Ein Artikel von Georg Ismael, REVOLUTION-Berlin




Offener Brief an die Bildungsstreikbewegung – Wie weiter nach dem 17. November?

Dieser Text ist ein offener Brief an die Bildungsstreikbewegung sowie alle Aktivist_innen, Organisationen und Basisgruppen, die sich solidarisch mit dieser Bewegung sehen. Wir bitten euch, falls ihr den Inhalt beziehungsweise die wichtigsten Ideen dieses Briefes teilt, ihn weiterzuverbreiten, in Foren oder auf euren Websites zu posten, euch auf die Unterstützer_innenliste zu setzen und mit uns in Kontakt zu treten (über germany@onesolutionrevolution.de oder über Kontakte zu unserer Mitgliedschaft), um gemeinsam mit uns zu diskutieren, wie wir die Ideen des Briefes umsetzen können.

Am 17. November fand im Rahmen der „Global Weeks of Education“, die vom 07.-20. November andauerten, nach zwei Jahren erstmals ein bundesweit angesetzter Streiktag der Bildungsstreikbewegung statt. Es formierten sich Bündnisse und Basisgruppen in etlichen Städten.  In wohl über 35 Städten Deutschlands fanden Aktionen am 17.11. und darüber hinaus dezentrale Aktionen, wie z.B. die Besetzung eines Raumes an der HU sowie an der FU Berlins statt. Insgesamt gelang es der Bewegung mehrere zehntausend Schüler_innen, Studierende und z.T. auch Beschäftigte zu mobilisieren.

Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass die begonnenen Massenentlassungen wie bei Siemens und e-on, sowie die europaweite Verabschiedung von Sparhaushalten sich fortsetzen werden. Die in Deutschland geltende Schuldenbremse tut ihr übriges hinzu. So wurden jetzt in Brandenburg die Ausgaben des Landes für Bildung so drastisch gekürzt, dass sogar einige Schulleiter auf die Straße gingen. Bereits ohne die momentane Krise innerhalb der EU und der Weltwirtschaftskrise wären die Verhältnisse für die Jugend, insbesondere im Bildungssystem, schlecht.

Unsere Bewegung braucht zentren der Diskussion - Konferenzen, die Perspektiven diskutieren und sich auf verbindliche Aktionen einigen!

In der Mobilisierungsphase im September, Oktober und November haben sich in vielen Städten Streikkomitees, Initiativen und Bündnisse gegründet – etliche Organisationen und z.T. Gewerkschaftsjugenden wurden in die Mobilisierung integriert.

Wenn wir nicht nur in der einmaligen Mobilisierung, sondern auch als Bewegung erfolgreich sein wollen, dann müssen wir den Aktivist_innen und Organisationen der Bewegung eine Perspektive geben! Diese muss auf einer bundesweiten Konferenz, die versucht so viele Vertreter_innen wie möglich an einen Tisch zu holen, diskutiert werden. Auch die Fehler und Schwächen, die sich bei den Protesten im Herbst gezeigt haben, sollten wir dort offen ansprechen, um aus ihnen zu lernen. Wir schlagen daher vor, dass eine solche Konferenz Anfang 2012 in Berlin oder in Köln, den Zentren des Bildungsstreiks vom 17.11., stattfinden sollte.

Wenn wir uns entschließen gemeinsam und dauerhaft für den Aufbau einer neuen Jugendbewegung zu kämpfen, es schaffen Jugendgewerkschaften und große Jugendorganisationen, wie SDS, Jusos oder Solid in die Aktion zu integrieren, dann können wir selbst die Erfloge von 2009 überbieten, als bundesweit 270´000 Demonstrant_innen budnesweit auf die Straße gingen.

Wir sehen den 17.11. als Start – und nicht als Höhepunkt einer neu entstehenden Bildungs- und Jugendbewegung, die Proteste und Streiks 2012 organisieren kann. Insbesondere die neu entstehenden Krisenbewegungen in ganz Europa, Initiativen wie Occupy (Education) oder zunehmende Streikaktivitäten unter Arbeiter_innen in anderen Ländern sind Ansätze für eine breite gesellschaftliche Bewegung, die sich entschlossen für die Bedürfnisse der Mehrheit (nach freier und solidarischer Bildung) einsetzen kann. Sie sind eine Chance, die wir nutzen müssen!

Daher fordern wir euch dazu auf, euch uns anzuschließen, den Brief und seine Ideen zu unterstützen, die lokalen Bündnisse nicht aufzugeben, sondern zu halten und auszubauen (speziell an der Basis von Uni, Schule und Ausbildungsplatz) und Anfang des nächsten Jahres gemeinsam mit uns über die Proteste 2012 zu diskutieren.

Unterstützer_innen: Gruppe Arbeitermacht (www.arbeitermacht.de), Bildungspolitische Gruppe Rosenheim (bildungspolitischegruppe.blogsport.de), AK Bildung Potsdam (<a title="akbildungpotsdam.blogsport.de" akbildungpotsdam.blogsport.eu), REVOLUTION-Deutschland




Erneute Kämpfe in Ägypten – gegen die Militärdiktatur, für die Revolution

Nach dem Sturz Hosni Mubaraks am 11. Februar 2011 und der Übernahme der Macht durch das Militär blickt die Welt Ende des Jahres erneut nach Ägypten. Kurz vor dem ersten Wahlgang für ein neues Parlament kam es in der letzten Woche zu neuen Massenprotesten, diesmal gegen die neuen Herrschenden, gegen den Militärrat.

Aufflammen der Proteste…

Lange Zeit schien es für Viele so, als wäre das Militär eine schützende Instanz für die Revolution in Ägypten gegen Husnis Mubarak.

Der Ärger in der Bevölkerung über die Armee und den Vorsitzenden des „Obersten Rats der Streitkräfte“ Mohammed Hussein Tantawi ist groß, denn die Herrschaft des Militärs erweist sich immer mehr als eine Diktatur gegen die Revolution und nicht als eine angeblich neutrale Instanz welche den Übergang zur Demokratie sichern soll. In Wahrheit hat sich nicht all zu viel verändert, der Stil des alten Regimes wurde bisher weiter fortgesetzt, Amnesty International behauptet in einem 62 Seiten Bericht sogar, dass sich die Unterdrückung im Vergleich Mubarak verschärft hätte, immerhin wurden seit dem Sturz des alten Diktators tausende Menschen vors Militärgericht gestellt und der Ausnahmezustand wurde noch immer nicht aufgehoben. Oben drauf präsentierte der Militärrat einen Verfassungsentwurf welcher das Militär von dem Einfluss des Parlaments ausnehmen solle. Das Regime richtet sich also immer noch gegen die Kräfte, die es vorgibt schützen zu wollen. Am Freitag, 18. November, kam es deshalb in Kairo zu einer Großdemonstration mit der Forderung nach einem Ende der Militärregierung und einer Übergabe der Macht an eine zivile Regierung. Samstag Morgen löste die Polizei ein sit-in von ungefähr 200 Angehörigen von Revolutionsopfern brutal auf. Die Empörung war groß und der Funke für spontanere Aktionen und Demonstrationen noch am selben Tag war gestreut. In der folgenden Woche kam es also zu Massenprotesten mit bis zu 100 000 Menschen auf welche die Polizei auf brutalste Weise reagierte. Sie antworteten mit Tränengas, Gummigeschoßen, teilweise sogar mit scharfer Munition, DemonstrantInnen berichteten von Scharfschützen auf den Dächern und Schlägertrupps auf der Straße, was laut Medien bisher dutzende Tote forderte.

Die Gefahr des Islamismus?

Die Muslimbrüder in Ägypten sind momentan gemäßigter als es viele Medien darstellen. Nichts desto trotz stellen sie eine Gefahr für die Revolution dar. Sollte sich die Situation weiter Zuspitzen bzw. die Muslimbruderschaft selbst an der Regierung sein, würde ihre Führung selbst auf die Arbeiterklasse und die revolutionären Massen schießen lassen.

Die Proteste fanden eine Woche vor den ersten Wahlen statt. Die Wahl selbst zieht sich in drei Etappen bis zum Januar 2012, wo dann ein neues Parlament und eine neue Regierung feststehen sollten. Nach allen Erwartungen wird die Muslimbruderschaft die Wahlen gewinnen, dahinter die Salafisten und dann der ägyptische Block (Liberale, SozialdemokratInnen, etc.). Rund um die neu gegründete Freiheits- und Gerechtigkeitspartei (Partei der Muslimbruderschaft) sind sie die einflussreichste Kraft in Ägypten, was auf ihre lange Tradition und Geschichte zurück zu führen ist. Die Muslimbruderschaft wurde nämlich schon 1928 in Ägypten gegründet, ist somit am meisten bekannt, hat gute Strukturen und Vernetzungen, und konnte sich mit jahrzehntelanger Sozialarbeit beliebt machen. Die westlichen Medien sind darüber gar nicht glücklich und malen sich Scharia, Dschihad, Unterdrückung der christlichen Minderheiten und Konflikte mit Israel aus, die Freiheits- und Gerechtigkeitspartei versucht ein anderes Bild von sich zu vermitteln, so meint Mahmoud Ghoslan, ein Sprecher der Muslimbrüder: „Die Ängste sind unbegründet und haben nichts mit der Realität zu tun. Wir stehen für einen gemäßigten Islam der Mitte, wir wollen nichts mit Gewalt erzwingen.“ In der Tat fährt die Muslimbruderschaft seit den frühen 70er Jahren in Ägypten eine friedliche Strategie, und in den letzten Jahren gewinnen bürgerlich-demokratische Kräfte, welche für Parlamentarismus mit islamischen Einflüssen stehen, innerhalb der Organisation vermehrt an Einfluss. Würden sie die Wahlen gewinnen bedeutet das also bestimmt nicht den Ausbruch der islamistischen Konterrevolution. Trotzdem darf die Gefahr des Islamismus für die ArbeiterInnenbewegung nicht unterschätzt werden und die Freitheits- und Gerechtigkeitspartei muss als bürgerliche Partei entlarvt werden, welche an der Spitze des kapitalistischen Staates die Unterdrückung und Ausbeutung der arbeitenden Massen fortführen wird. Die Krise wird die sozialen und politischen Spannung noch verschärfen und zu Radikalisierung und Polarisierung beitragen, in so einer Situation kann nur eine konsequente linke Kraft, welche die Revolution weiterführt vor reaktionären Entwicklungen schützen. Deswegen braucht es eine neue revolutionäre Partei der ArbeiterInnenklasse und an ihrer Seite die unabhängige revolutionäre Jugend!

Neue Herrscher – alte Scheiße!

Die Armee rund um Mohammed Hussein Tantawi übernahm nach Mubarak die Macht unter dem Vorwand die Revolution zu beschützen und den Übergang zu einer parlamentarischen Demokratie zu garantieren. Die Frage inwieweit das Militär wirklich bereit ist die Macht abzugeben drängt sich spätestens seit dem Verfassungsentwurf auf. Offensichtlich interessiert sich das Militär doch nicht so ganz für die Interessen der Bevölkerung sondern viel mehr um den Erhalt der eigenen Macht und Privilegien. Traditionell ist der ägyptische Staatsapparat mit den Streitkräften verwoben seit Ali Muhammad Magib und Gamal Abdel Nasser durch einen Militärputsch an die Macht kamen. Auch Nassers Nachfolger Muhammad Anwar as-Sadat und dessen Nachfolger Hosni Mubarak hatten ihre Wurzeln im Militär. Die Macht in den Händen der Armee zu lassen wäre also ganz in ägyptischer Tradition. Im Laufe der Zeit haben sich die Offiziere diverse Privilegien zugesichert, vor dem Hintergrund des Friedens von Camp-David zwischen Ägypten und Israel 1978 zahlen die USA jährlich 1,3 Milliarden Dollar Militärhilfe. Die Offiziere werden gut bezahlt und gründen Unternehmen, sodass die Armee selbst zum größten Arbeitgeber des Landes wird. Die Armee hat also ihre eigenen bürokratischen Interessen und würde deswegen auch gerne die Macht behalten. Da das jedoch einen Widerspruch zu den Zielen der Revolution und der Bevölkerung ist und die Armee mit einer halben Millionen Soldaten eine enorme Gefahr darstellt, ist es wichtig dem Militär nicht zu vertrauen sondern demokratische Rechte und Kontrolle unter den Streitkräften aufzubauen und die bürokratische Führung abzusetzen. Das ist die Aufgabe der Rekruten, welche überwiegend aus niedrigeren Schichten der Bevölkerung kommen und genau wie ihre Brüder und Schwestern auf den Straßen für den Fortschritt der Revolution kämpfen müssen und gegen die Militärführung und die Militärherrschaft. Doch um tatsächlich das System umzuwälzen braucht es die Kraft der ArbeiterInnenklasse welche durch Streiks die Gesellschaft zum Stillstehen bringen können und gewaltigen Druck auf Politik und Wirtschaft ausüben. An die Stelle des Obersten Rats der Streitkräfte müssen die Massen die wirkliche demokratische Macht von Räten in Stadtteilen und Betrieben stellen und den Sozialismus aufbauen um wahre Freiheit und soziale Gerechtigkeit zu verwirklichen!

Ein Artikel, übernommen von REVOLUTION-Österreich




Bildungsstreik 2011 – Zehntausende gegen Bildungsabbau und Krise

In über 40 Städten gingen Schüler, Studierende, Auszubildende, Eltern und Lehrer, wie hier in Nürnberg auf die Straße.

Vom 7.-20.11. fanden die von der „Internationalen Studenten- und Schülerbewegung“ (ISM) ausgerufenen „Global Weeks of Education“ statt. Auch in Deutschland entschloss sich Mitte September ein Bündnis aus Jugendorganisationen, Schulstreikkomitees und der Gewerkschaftsjugend, zum ersten Mal seit 2009 zu bundesweit koordinierten Protestaktionen aufzurufen.

Allein die Tatsache, dass es im September zu einer Konferenz kam, an der sich Vertreter_innen aus circa 20 Städten versammelten, um über Aktionen gegen Bildungsabbau und Krise zu diskutieren, konnte man als Erfolg verbuchen. Doch recht schnell wurde klar, dass ein wichtiger Teil der Bewegung nicht bereit war, die Fehler der Vergangenheit zu diskutieren und die nötigen Konsequenzen zu ziehen. Politisch gesehen waren die Perspektiven, die die Bewegung in den letzten drei Monaten entwickelte, eher schwach, obwohl sie in weiten Teilen durch linksradikale Gruppen geführt wurde.

In Berlin zogen rund 7000 Demonstranten durch die Innenstadt. Unter ihnen auch Aktivisten aus dem "BSB - Bündnis Streikkomitee Berlin", welches bereits am morgen mehrere hundert Schüler durch Streikposten und Spontandemonstrationen vor Schulen mobilisieren konnte!

Das größte Problem der Bewegung war aber mit Sicherheit die äußerst geringe Beteiligung der großen reformistisch geführten Jugendorganisationen, wie Solid oder den Jusos. Auch die Beteiligung der Autonomen und des Antifamilieus war schwach. Obwohl in über 40 Städten Aktionen stattfanden, war die Zahl der Teilnehmer_innen mit einigen Zehntausend geringer als bei früheren Streiks.

Nichtsdestotrotz war es möglich, einen gewissen Stamm an Aktivist_innen für die Mobilisierungen zu begeistern. Speziell in Berlin und Köln, den Zentren der Proteste, wurde deutlich, dass der Bildungsstreik mittlerweile über eine Schicht an hoch politisierten Jugendlichen verfügt, die nicht nur an ausgerufenen Protesten teilnimmt, sondern selbst dazu in der Lage ist, diese zu organisieren, an Schulen und Universitäten selbst dafür zu mobilisieren und Basisstrukturen aufzubauen.

Eine bundesweite Bildungsstreikkonferenz ist unerlässlich, will man das gewonnene Potential für Proteste 2012 nutzen.

Auch wenn nur die politisierteren, bewussteren Jugendlichen für die Proteste im November gewonnen werden konnten, so waren diese trotzdem ein Erfolg. Sie waren auch wichtig, um das Mobilisierungspotenzial für mögliche Proteste gegen die Krise und den weiteren Bildungsabbau zu überprüfen. Denn es ist davon auszugehen, dass sich die verschärfende Wirtschaftskrise sowie bereits verabschiedete Sparmaßnahmen, wie z.B. die Schuldenbremse auch 2012 weiter in Kürzungen im Jugendbereich ausdrücken werden. Auch die Überbelastung an den Universitäten und der Mangel an Ausbildungsplätzen werden sich im nächsten Jahr kaum ändern.

Deshalb braucht die Bewegung zu Beginn 2012 eine bundesweite Konferenz, die nicht nur die Proteste auswertet und eine notwendigerweise kritische Bilanz der vergangenen zwei Jahre zieht. Es ist außerdem wichtig, längerfristige Perspektiven, sowie konkrete Planungen konkreter Proteste 2012 zu diskutieren. Eine der wichtigsten Aufgaben für Revolutionär_innen und junge Antikapitalist_innen muss in diesem Zusammenhang sein, einerseits die Gewerkschaftsjugend und die reformistischen Massenorganisationen in die Proteste zu integrieren und gleichzeitig für eine klassenkämpferische Politik gegen Krise und Bildungsabbau in der Bewegung einzutreten.

Ein Artikel von Georg Sax, REVOLUTION-Berlin, ebenfalls erschienen in der Neuen Internationale




Bildungsstreikkonferenz in Berlin – Neue Proteste angekündigt!

Vom 9.-11.9. fand in Berlin die erste große Bildungsstreikkonferenz dieses Jahres statt. Schon im Juli gab es eine SchülerInnenkonferenz in Köln, auf deren Initiative sich über 80 Studierende, SchülerInnen sowie VertreterInnen der Gewerkschaftsjugend und politischer Organisationen in Berlin trafen.

In Köln wurden Perspektiven für die kommenden Proteste diskutiert. So einigte man sich auf einen Mobilisierungs- und Kampagnentag am 15. November und einen zentralen Streiktag am 17. November.

Auch eine Resolution, deren Grundlage ein Entwurf von REVOLUTION war, der die vergangene Bewegung analysierte und Schlüsse für die Zukunft zog, wurde angenommen. Neben der Intransparenz, undemokratischen Strukturen und Entscheidungsprozessen kritisierte diese Resolution v.a. das Fehlen einer politischen Perspektive über eintägige Aktionen hinaus, die fehlende Bindung zu Protesten der Arbeiterklasse und die Weigerung von SDS, Jusos oder Solid, ernsthaft zu mobilisieren und Basisstrukturen wie Streikkomitees an Schulen und Universitäten zu schaffen!

Auch wenn die SDAJ, die stärkste Kraft in Köln, viele Teile der Resolution in Kampfabstimmungen blockierte, konnte man sich trotzdem auf einige wichtige Punkte einigen, die eine Grundlage für die Bewegung hätten darstellen können.

Doch wer sich nun von der Berliner Konferenz erwartet hatte, dass sie die Beschlüsse der SchülerInnenkonferenz weiterentwickeln würde, wurde enttäuscht. Gleich zu Beginn brach wieder die bekannte Konsens-Diskussion aus, die schon viele AktivistInnen entnervt aus der Bewegung gedrängt hatte.

Nach zweistündiger Diskussion mussten die Libertären, die anderthalb Jahre lang die Bewegung gelähmt hatten, eine Niederlage in der Abstimmung verzeichnen, in der sich die übergroße Mehrheit für Mehrheitsabstimmungen entschied. Die Reaktion der Libertären war so undemokratisch und elitär, wie ihr Agieren in der Bewegung insgesamt. Kurzerhand drohten einige VertreterInnen des libertär dominierten Asta der TU Berlin der Konferenz die „Solidarität und Gastfreundschaft“ zu kündigen, sollte man nicht das Konsensprinzip akzeptieren. Ironischerweise wurde der praktische Rausschmissversuch jedoch durch mindestens ein Veto in einer anschließende Debatte innerhalb des Asta blockiert, woraufhin der halbe Asta der TU die Konferenz verließ. Auch in den nächsten Tagen sollten Teile der, auf der Konferenz verbliebenen, Libertären durch Störversuche und unproduktives Verhalten auffallen.

Am Samstag, an dem es produktive Workshops und eine Vorstellungsrunde der Beschlüsse aus Köln und Gießen gab, folgte eine Diskussion über die Perspektive des Bildungsstreiks. In der von der SDAJ geleiteten Diskussion wurden jedoch weder die Resolution aus Köln noch die politisch genauere Resolution der Jugendorganisation REVOLUTION behandelt. Stattdessen verfing sich die Debatte in der Frage, ob die Bewegung weiterhin unter dem Slogan „Bildungsstreik“ laufen solle.

Gefasste Beschlüsse

Immerhin konnte man sich aber auf einen Aktionstag am 17. November einigen und beschloss, diesen in die Aktionen der „Global Weeks of Education“ vom 7.-20.11. einzubinden. Die Forderungen und der Aufruf der Konferenz hingegen blieben vage und in ihre Forderungen z.T. hinter dem Stand der Bewegung zurück. Das war v.a. dem Abstimmungsmodus, demzufolge jeder Beschluss eine Zweitdrittelmehrheit erforderte, sowie dem rechten Abstimmungsverhalten der SDAJ geschuldet, die sich gegen Forderungen wie nach der Besteuerung von Reichtum, aber sogar gegen die Neueinstellung von 100.000 LehrerInnen – seit jeher eine Kernforderung der Bewegung – stellte!

Trotzdem war die Konferenz ein Erfolg für die neu entstehende Bewegung. Zwar konnte sie viele Erwartungen nicht erfüllen und etliche Aufgaben blieben offen, aber sie war ein erstes Lebenszeichen nach zwei Jahren der Lethargie! Vor allem die Repräsentanz der Beteiligten war positiv. Es waren mehrere Städte vertreten sowie VertreterInnen vieler Gruppen, die sich engagieren wollen.

Jetzt geht es darum, die beschlossenen Aktionstage auch tatsächlich in die Praxis umzusetzen! Vor allem müssen die DGB-Jugend, der SDS, Jusos und Solid dazu gebracht werden, sich zu beteiligen, um möglichst viele auf die Straße zu bringen. Die Proteste von SchülerInnen, Studierenden und Azubis gegen den Bildungsabbau könnten auch ein wichtiges Zeichen für die Sozialproteste und den Widerstand gegen die Krise sein, die erneut auszubrechen droht.

Um in den Mobilisierungen junge AktivistInnen und Basisgruppen um sich sammeln können, ist es für KommunistInnen unerlässlich, für eine weitergehende Perspektive der Bewegung zu kämpfen. Diese muss u.a. demokratische Entscheidungsprozesse, Streikkomitees und einen entschlossenen Kampf gegen

Bildungsabbau und Krise gemeinsam mit den

Beschäftigten enthalten




Bildungsproteste im Herbst – Für einen kämpferischen Bildungsstreik!

Wir veröffentlichen hier unsere Resolution, die wir auf der bundesweiten Bildungsstreikkonferenz vom 09.-11.09. in Berlin an der technischen Universität einbringen wollten und die unsere Perspektiven und Positionen für die kommenden Wochen und Monate wiederspiegelt. Sie setzt sich mit den vergangenen Protesten und unseren Vorschlägen für die kommenden Aktionen und Mobilisierungen auseinander. Wir bitten alle Jugendlichen, Aktivist_innen, Schüler_innen, Student_innen und Gruppen, die unsere Position in den grundlegendePunkten unterstützen mit uns in Kontakt zu treten beziehungsweise auf der Konferenz gemeinsam mit uns dafür einzutreten! Wenn du/ihr euch unter unsere Resolution als Unterstützer_innen setzen wollt, dann melde/t euch unter germany@onesolutionrevolution.de.

Die Bildungsproteste in den vergangenen Jahren waren eine der größten Jugendbewegungen in den letzten zwei Jahrzehnten in Deutschland. Auch in anderen Ländern, wie zum Beispiel Großbritannien, Spanien, Frankreich, Griechenland, Chile, den U.S.A. oder im arabischen Raum spielten Proteste von Schüler_Innen und Student_Innen eine wichtige Rolle in sozialen Mobilisierungen gegen Kürzungen, gegen die Krise, für demokratische Forderungen und manchmal sogar direkt gegen die bürgerlichen Regierungen. Hierzulande mobilisierten sie Hunderttausende zu Beginn der Krise. Für viele Jugendliche waren diese Bewegungen der Anfang ihrer Politisierung. Hier konnten sie sich kämpferisch – manchmal erfolgreich – für ihre eigenen Interessen einsetzen. Es gab nicht selten verschiedenste Arten der Repressionen gegen die Protestierenden, doch oft fanden die Betroffenen Wege sich zu verteidigen, ihr Bewusstsein wurde geschärft und die Solidarität gestärkt.

So konnte die Bildungsbewegung in Deutschland fast überall die Studiengebühren aufhalten bzw. zurückdrängen. Besonders im universitären Rahmen war es möglich, einige politische Errungenschaften zu erkämpfen. Wir können davon ausgehen, dass viele Kürzungen in der ersten Welle der Krise ausblieben, weil es 2008/2009 eine starke Bildungsbewegung gab, die bereitstand, um sich gegen diese zu wehren!

Trotzdem konnten wir ab 2010 einen Rückgang der Bewegung erleben. Niederlagen in den Mobilisierungen sowie die nicht stattfindende Umsetzung wichtiger Kernforderungen des „Bildungsstreiks“. Der Rückgang ist unserer Meinung nach aber nicht auf eine eventuelle Stärke des politischen Gegners zurückzuführen, sondern vielmehr auf die Fehler der eigenen Bewegung, die in den letzten Jahren gemacht wurden.

Die wichtigsten sind unserer Meinung nach:

  • Die fehlende Initiative großer politischer Organisationen, wie zum Beispiel dem SDS, solid, den Jusos oder von Organen wie Gewerkschaften oder einigen Asten, die Mobilisierungen nach der Bundestagswahl 2009 fortzuführen bzw. auszudehnen. Aufgrund der intransparenten Struktur und der schlechten Vernetzung der Bewegung musste diese ohne die Apparate der großen Organisationen zurückweichen, desorganisierte sich und verlor, speziell auf bundesweiter Ebene, ihre Anziehungskraft.
  • Das Fehlen einer politischen Perspektive für die Bewegung, die über eintägige Aktionen hinausging. Es gab weder eine bundesweite, allgemein akzeptierte Absprache über gemeinsame Forderungen, noch eine Vorstellung, wie diese erkämpft werden könnten. Die Bewegung war oft einen Schritt hinter den aktuellen Ereignissen hinterher, wie sich bei den europaweiten Universitätsbesetzungen 2009 zeigte. Ohne gemeinsame Absprachen, eine breite Basis an Aktivist_Innen und eine zielstrebig aufgebaute Verankerung an Schulen, Universitäten und Betrieben, blieben solch einzigartige Chancen erfolglos, vereinzelt und letztlich zum Scheitern verurteilt.
  • Die Dominanz des intransparenten und undemokratischen Konsensprinzips bei Entscheidungsfindungs-prozessen. Das fehlende Verständnis dafür, dass eine Bewegung möglichst breite Einheit in der Aktion, aber vollste Freiheit in der Diskussion haben sollte, führte zu ergebnislosen Konferenzen und wenig Aktionen. Die Positionen der verschiedenen Gruppen und Organisationen wurden verklärt und die gesamte Bewegung wurde in ihren Handlungen gebremst.

Die Schüler_innenkonferenz in Köln im Juli 2011 diskutierte bereits einige dieser Probleme sehr erfolgreich! Wir als REVOLUTION stehen hinter den Beschlüssen der Kölner Schulstreikkonferenz. Doch sind wir der Meinung, dass sie noch um einige Punkte ergänzt werden sollte.

Für den Aufbau einer neuen Bildungsstreikbewegung schlagen wir daher folgende Punkte vor:

1. Die gesamte Bewegung, insbesondere auf ihren Konferenzen, muss, so wie es in Köln von den Schüler_innen beschlossen wurde, auf der Grundlage von Mehrheitsentscheidungen aufgebaut sein. Wir möchten betonen, dass Minderheiten dabei das Recht eingeräumt wird, ihre politischen Positionen nach außen zu vertreten! Minderheiten sollten jedoch nicht dazu in der Lage sein, ganze Konferenzen ohne Beschlüsse stattfinden zu lassen. Unser Ziel muss es sein, gemeinsame Aktionen und freie Diskussionen für eine erfolgsorientierte Bewegung zu nutzen.

2. Die großen Jugendorganisationen wie Jusos/solid/SDS sowie Gewerkschaften und Gewerkschaftsjugendverbände müssen für Mobilisierungen wie am 15. und 17. November gewonnen werden.

3. Es muss dafür gekämpft werden, dass nicht nur Studenten_Innen und Schüler_Innen in der Bewegung vertreten sind, sondern, dass auch Azubis und Arbeiterinnen, Eltern und Lehrer_innen, mit in den Widerstand einbezogen werden.

4. Es darf nicht nur bei symbolischen Protesttagen bleiben. Unsere Anstrengungen müssen darauf gerichtet werden, die Bildungsbewegung durch Basisarbeit in Schulen/Unis/Betrieben aufzubauen und in einem breiten bundesweiten Bündnis zu organisieren. Aktionen, wie Vollbesetzungen, mehrtägige und unbefristete Streiks müssen eine diskutierte Option der Bewegung werden.

5. Die Proteste im November müssen als Startpunkt, nicht als Ende der Bewegung angesehen werden. Nach dem 17.11. muss es eine nachbereitende ‚Bildungsstreikkonferenz‘ geben, die bemüht ist neue Kräfte, die in den Protesten gewonnen wurden einzubinden. Besonders auf das Jahr 2012, in dem in etlichen Bundesländern Doppeljahrgänge zu erwarten sind und sich das Fehlen von Zivildienst, das Aussetzen der Wehrpflicht und ein mangelndes Angebot an Studien-/ Ausbildungsplätzen voll auswirken wird, müssen wir uns gut vorbereiten!

6. Reformen, wie Bologna oder Sparangriffe im Bildungsbereich haben internationale Ursachen und werden international koordiniert. Unsere Antwort muss internationaler Widerstand sein! Wir müssen uns mit Bewegungen in der EU und anderen Ländern solidarisieren. Darüber hinaus müssen wir uns aber mit diesen Bewegungen koordinieren, gemeinsame Absprachen treffen, letztlich eine tatsächlich internationale Jugendbewegung gegen Bildungs- und Sozialabbau werden.

7. Die Krise ist nicht vorbei! Momentan versuchen die Regierungen, die Kosten der letzten Banken- und Unternehmerrettungen auf uns abzuwälzen. In einer solchen Situation ist es für unsere Bewegung unerlässlich sich mit den Beschäftigten, Arbeitslosen – kurz anderen sozialen Bewegungen – auf Basis einer Anti-Krisen-Bewegung zu organisieren, die unsere sozialen Errungenschaften verteidigt, um sie auf Kosten der Banken und der Krisenprofiteure auszudehnen! Ein erneutes Zusammenbrechen der Märkte könnte auch in Deutschland weitaus schärfere Folgen und demzufolge weitere schärfere Angriffe auch im Bildungsbereich nach sich ziehen, auf die wir uns vorbereiten müssen!

8. In unserer Bewegung sind transparente und demokratische Strukturen
unerlässlich. Wir sprechen uns daher für einen Koordinierungskreis aus, der zwischen den Konferenzen tagt und in dem alle Gruppen, Jugendgewerkschaften, lokale und regionale Bündnisse jederzeit das Recht haben Delegierte zu entsenden. Die Aufgabe eines solchen Gremiums muss es sein, neue Konferenzen vorzubereiten, repräsentative Resolutionen der Bewegung zu beschließen und die bundesweiten Mobilisierungen zu koordinieren. Darüber hinaus sprechen wir uns für einen auf dieser Konferenz gewählten Pressesprecherrat aus, der der Bewegung rechenschaftspflichtig ist und die grundlegenden Positionen der Bewegung nach außen hin verteidigen muss!

Weitergehend schlagen wir folgenden Forderungskatalog als Orientierung für die kommende Bewegung vor:

  • Abschaffung aller Studien-/ Lern-/ Ausbildungsgebühren!
  • Studien- und Ausbildungsplätze für alle! Mindestlohn für Auszubildende, Grundsicherung für Schüler_Innen und Student_Innen ab 16 Jahren!
  • Weg mit dem mehrgliedrigen Schulsystem!
  • Weg mit dem G8-Abitur!
  • Weg mit den BA/MA Studiengängen!
  • Zurücknahme aller Kürzungen und Arbeitszeitverlängerungen im Bildungsbereich!
  • Sofortige Neueinstellung von 100.000 Lehrer_Innen bundesweit!
  • Sofortige Investition von 40 Milliarden € im Bildungsbereich z.B. für Sanierungen der Schulgebäude und der Einrichtung von Erholungsräumen!
  • Wir zahlen nicht für die Krise!
  • Für unsere materiellen Forderungen sollen die Reichen, Banken und Großkonzerne bezahlen, nicht die einfache Bevölkerung!
  • Prinzipielles Verbot des Betretens von Militär und Polizei oder Sicherheitsdiensten in Bildungseinrichtungen!
  • Sicherheit, Transparenz und Organisierung unserer Bewegung durch wähl- und abwählbare Schüler- und Studentenstrukturen!
  • Für volles Aktions- und Streikrecht aller Schüler_Innen, Student_Innen, Azubis und Lehrer_Innen!
  • Die Lehr- und Bildungsinhalte sollen nicht durch staatliche Bürokrat_Innen oder die private Wirtschaft bestimmt werden, sondern durch die Lernenden, Lehrenden und die Organisationen, wie Gewerkschaften, die tatsächlich wissen, welches Wissen man braucht, um in einer Gesellschaft zu leben und zu arbeiten.
  • Regionale, bundesweite und internationale Koordinierung unseres Kampfes auf Grundlage von rechenschaftspflichtigen und ständig wähl- und abwählbaren Gremien und Vertreter_Innen!