Der Abschluss für den Öffentlichen Dienst und die Linke

zuerst veröffentlicht am 21.11 unter: https://arbeiterinnenmacht.de/2020/11/21/der-abschluss-fuer-den-oeffentlichen-dienst-und-die-linke/

Mattis Molde

Die erste große Tarifrunde nach Beginn der Pandemie und der Vertiefung der Wirtschaftskrise ist vorbei. Der öffentliche Dienst hat Maßstäbe auch für die nächsten Runden gesetzt. Aber es ging nicht nur um die ökonomischen Verkaufsbedingungen der Ware Arbeitskraft. Es ging um mehr. Es ging darum, wie sich die Arbeiter_Innenklasse politisch aufstellt in einer entscheidenden historischen Phase, in der sich eine Krise des kapitalistischen Systems entfaltet, die tiefer und länger zu werden verspricht als die vor 10 Jahren, ja jetzt schon mit der von 1931 verglichen wird. Die begleitet ist von Krisen der politischen Systeme nicht nur in Halbkolonien, sondern auch in den Zentren der Macht wie in den USA und der EU. Die dominiert wird von rechten Massenmobilisierungen und Wahlerfolgen, in der es aber auch Gegenbewegungen gibt.

Ausverkauf

Das Kapital und sein Staat haben sich in dieser Tarifrunde von Anfang an klar positioniert. Das war zu erwarten. Die ver.di-Führung ignorierte das anfangs trotzdem und streute ihren Mitgliedern Sand in die Augen, als sie von einer „Politik der ausgestreckten Hand“ schwadronierte. Als diese Vorgangsweise scheiterte, erklärte sie es zum Ziel der Warnstreiks, dass die Arbeit„geber“_Innen „endlich ein Angebot vorlegen“. Die Forderung von 4,8 % mit einer Laufzeit von einem Jahr war damit schon unauffällig ersetzt. Entsprechend haben die Spitzenverhändler_Innen das „respektlose“ erste Angebot der Arbeit„geber“_Innenverbände in der letzten Verhandlung nur durch Umverteilung unter den Beschäftigten modifiziert, im Volumen kaum erhöht und dann zu „respektabel“ umgetauft. Diese Einschätzung macht nur dann einen Sinn, wenn man einen Streik von vorneherein ausschließt, wie es offensichtlich die ver.di-Führung getan hat, und noch nicht einmal eine Streikvorbereitung als Drohpotential aufbaut. Das macht diese Niederlage zur Kapitulation. Das haben wir an anderer Stelle ausführlich dargelegt. Eine Niederlage zu erleiden, ist eine Sache, eine andere, die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen.

Viele linke Gruppen und Personen haben das Ergebnis analysiert und fast alle kommen zum Schluss, dass es ein schwacher Abschluss war, der meilenweit von der Forderung entfernt war. Aber die meisten betonen, dass immerhin weitergehende Angriffe auf die Beschäftigten abgewehrt worden seien. So titelt die SAV: „Angriff abgewehrt, Gegenoffensive verpasst“. Ähnlich sieht das Olaf Harms in der UZ „Licht und Schatten“. Die Sol (Sozialistische Organisation Solidarität) meint: „Kampfkraft nicht genutzt“ und „ernüchterndes Ergebnis“. Auch RIO nennt das Ergebnis „,mager“. Die Rote Fahne schreibt „das Ergebnis: ein fauler Kompromiss, weil die volle gewerkschaftliche Kampfkraft nicht eingesetzt wurde“.

Apparat

Alle diese Einschätzungen sind näher an der Realität als die selbstgefällige Lobhudelei, die ver.di selbst verbreitet. Letztere wird nicht besser dadurch, dass ein Teil der Mitglieder das Einknicken der Verhandlungsführung unterstützte oder keine Alternative dazu sah. Aber sehr viele protestieren auch gegen diesen Abschluss auf Webseiten von ver.di oder in öffentlichen Medien. Aus den Kreisen der vielen Gewerkschaftssekretär_Innen, von denen etliche in linken Organisationen wie DIE LINKE, IL oder marx21 politisch organisiert sind, ist kein Anflug einer Kritik zu hören, alle tragen brav die Entscheidung mit. Sie verwechseln die Disziplin innerhalb einer Arbeiter_Innenorganisation, beschlossene Aktionen auch gemeinsam durchzuführen, mit einer innerhalb eines Apparates gegen diese Organisation: In einer Phase, in der ein Abschluss diskutiert werden soll, vertreten diese „Hauptamtlichen“, wie sie sich selber nennen, die Linie der Spitze und bekämpfen die Kritik, die von der Basis geäußert wird. Das Gleiche gilt für die breite Masse der betrieblichen Spitzenfunktionär_Innen, der sogenannten Ehrenamtlichen, der linken wie der rechten.

Diese Einstellung der „Linken“ in der Struktur von ver.di ist verheerend. Sie führt erstens dazu, dass sich die Kritik aus der Basis nicht wirklich innerhalb der Gewerkschaft ausdrücken kann. Diejenigen, die innerhalb der Strukturen Funktionen innehaben, weigern sich, sich zum Sprachrohr der Kritik zu machen. Sie überlassen die Basis sich selbst und sind hauptverantwortlich dafür, wenn jetzt gerade kritische Kolleg_Innen den Laden verlassen. Zweitens sind damit auch die nächsten Niederlagen vorprogrammiert. Dies wird innerhalb von ver.di vor allem der ÖPNV sein mit den Tarifverträgen Nahverkehr. Für die ganzen schlechter und schwächer organisierten Beschäftigtengruppen ist das Signal, das ver.di gegeben hat, eine wirkliche Entmutigung.

Diese Verweigerung der Linken im ver.di-Apparat, sich zum Sprachrohr der kritischen Teile der Gewerkschaftsbasis zu machen, wird übrigens voll auch von der Partei DIE LINKE getragen. Der Vorstand hat bisher kein einziges Wort der Kritik veröffentlicht und damit gezeigt, dass die Partei in dieser Frage als Wasserträgerin des reformistischen ver.di-Apparates fungiert und null Unterschied zur SPD darstellt. Auf unterer Ebene der Linkspartei gab es kritiklosen Jubel (Niedersachsen), leichte Kritik (z. B. Oberhausen), aber auch kommunale MandatsträgerInnen, die sich von Anfang an mit Blick auf ihre Gemeindefinanzen gegen die Forderungen gestellt hatten.

Zurückbleiben

Aber auch die Gruppen und Organisationen, die Kritik an dem Abschluss üben, müssen sich fragen, ob ihre Antworten ausreichend sind. So ist das Bemühen, dem Abschluss noch etwas Gutes abzugewinnen, mehrfach problematisch: Erstens führt es zu falschen oder unzureichenden Schlussfolgerungen bezüglich der betroffenen Kolleg_Innen. Zweitens zu falschen Perspektiven für die weiteren Tarifrunden und alle Abwehrkämpfe gegen die Krise.

Erstens gehört es zum ABC jeglicher Verhandlung auf jeglichem Gebiet, dass auch weitergehende Forderungen aufgestellt werden, auf die im Laufe der Verhandlungen verzichtet werden kann. Frank Werneke beispielsweise hat ja sehr offen zum Thema Laufzeit erklärt, dass die Forderung nach einem Jahr nie ernst gemeint gewesen sei, „weil da ja dann Bundestagswahl“ wäre. Warum das nicht gehe, ist damit noch nicht erklärt, aber anschaulich dargestellt, wie die Spitzen der Bürokratie zur „demokratischen Beschlüssen“ stehen. Natürlich stellt auch die andere Seite weitergehende Forderungen als Verhandlungsmasse auf. Linke sollten daraus lernen, nicht Scheinerfolge zu preisen oder kleine Lichter im großen Schatten auszumachen.

Zum Zweiten ist es eine sehr gängige Methode bei Tarifabschlüssen, diese möglichst nicht nachrechenbar zu gestalten: Tariferhöhungen, die in die Lohnstruktur eingehen, werden mit Einmalzahlungen vermengt. Gerne können einzelne Positionen in einzelnen Bereichen zeitlich verschoben, manchmal können bestehende Zahlungen angerechnet werden. Das Ganze dann unterschieden nach Einkommenshöhe usw. Das lässt jede Menge Spielraum für Schönrechnerei.

Ver.di hat diesmal vor allem auf den Trick gesetzt, die Minderheit der Beschäftigten in Krankenhäusern besserzustellen gegenüber allen anderen, die Reallohnverlust erleiden werden.
Die Krankenhausbeschäftigten, die noch im öffentlichen Dienst arbeiten und für die der Tarif gilt, stellen übrigens auch nur die Minderheit der Gesamtbeschäftigten in diesem Sektor dar. Ver.di hat also als Preis für diese Abschlusskosmetik mit einer neuen Spaltungslinie bezahlt, mit einem hohen Frust bei der Masse der Beschäftigten im öffentlichen Dienst und besonders bei denen, die an anderer Stelle im Gesundheitswesen arbeiten, zum Beispiel als Rettungssanitäter_Innen oder in den Gesundheitsämtern.

Es ist also ein Fehler für Linke, dies mit dem reinen Geldbeutelblick zu analysieren und als „gut für die einen, schlecht für die anderen“ zu befinden. Die Spaltung schwächt die gesamte Klasse, auch diejenigen, die noch ein paar Rosinen abbekommen. Sie ist vor allem schlecht in einer Zeit, in der die Klasse als Ganzes angegriffen wird und zwar nicht nur ökonomisch, sondern auch politisch, wo dieser Angriff vom bürgerlichen Staat organisiert wird, aber auch von rechten PopulistInnen. Heute, wo es so bitter nötig ist, dass wir die Perspektive „uns als Klasse gemeinsam gegen Kapital und Staat zu wehren“ gegen nationalistische und rassistische Demagogie verbreiten, sind der Reallohnverlust und die Entsolidarisierung durch diesen Tarifabschluss politisch verheerend. Sie stellen genauso eine Spaltung der Klasse dar wie die Standortpolitik der IG Metall, die die Beschäftigten dazu erzieht, ihre Interessen auf Kosten der Leiharbeiter_Innen und der Kolleg_Innen bei der Konkurrenz im eigenen Konzern, in anderen Unternehmen oder in anderen Ländern zu sichern.

Die Halbherzigkeit in der Analyse, das Bemühen, auch da noch Licht zu sehen, wo keines ist, fällt im Grunde auf die Strickmuster der Bürokratie für Tarifabschlüsse und zugleich auf deren ökonomistische, unpolitische Herangehensweise herein. Das wird dann auch bei Schlussfolgerungen deutlich, die von den meisten Linken gezogen werden. Fast alle weigern sich, eine Niederlage zu erkennen, wo sie stattfindet. Aber aus Niederlagen muss man lernen. Das gilt für Linke ebenso wie für gewerkschaftliche AktivistInnen und die große Masse.

Die entscheidende Antwort auf eine Führung, die bewusst Niederlagen organisiert, ist der Kampf für eine neue!

Kritik von links auf halbem Wege

Dies formuliert am klarsten die VKG: „Festzuhalten ist: Zu einem solch umfassenden Kampf war die Gewerkschaftsführung offenbar nicht bereit, einen solchen wagen sie seit langem nicht mehr zu führen. Und von der Basis her gab es die große Druckwelle nicht, die den Apparat in diese Richtung unter Druck gesetzt hätte. Dies hängt auch damit zusammen, dass auf gesamtgewerkschaftlicher Ebene eine sichtbare klassenkämpferische Strömung fehlt, die für Unentschlossene eine Orientierungshilfe oder Ermutigung hätte sein können. Diese gilt es aufzubauen.“ Leider scheut sich auch diese Erklärung, eine Niederlage als das zu bezeichnen, was sie ist. Unsere GenossInnen im Koordinationskreis der VKG sind hier in der Minderheit geblieben.

Auch die Sol, ebenfalls Teil der VKG, fordert in ihrer Erklärung: „Nun geht es darum, eine kämpferische Opposition innerhalb von ver.di aufzubauen, um zukünftig wirkliche Verbesserungen zu erreichen.“

Die SAV, obwohl auch Teil der VKG, kann sich in ihrer eigenen Erklärung nicht dazu entschließen, eine Opposition in den Gewerkschaften als Perspektive anzugeben. Sie beschränkt sich darauf, von der Gewerkschaftsführung den Bruch mit der Großen Koalition und der SPD zu fordern: „Für eine solche politische Kampagne muss sich die Gewerkschaftsführung aber mit den Parteien in der Großen Koalition im Bund anlegen, anstatt der SPD bei den Wahlen weiter die Treue zu halten.“

Ja, sie kritisiert die ver.di-Führung nur dafür, eine „Gelegenheit verpasst“ zu haben, „Kämpfe zusammenzuführen und die nötige gesellschaftliche Antwort in diesen Zeiten zu geben und den Widerstand aufzubauen.“ Ob Werneke für solche guten Ratschläge ein offenes Ohr hat?

Olaf Harms in der UZ beschreibt sehr richtig, was politisch nötig wäre: der Kampf gegen Fallpauschalen und Privatisierung sowie für Arbeitszeitverkürzung (AZV): „Es gilt nun nicht nachzulassen, den gestiegenen Kampfgeist auch angesichts der offensichtlichen Widersprüche in dieser Krise zu nutzen, weiter zu diskutieren und zu kämpfen: Für mehr Personal, kürzere Arbeitszeiten und bessere Arbeitsbedingungen. Eine Erhöhung des Personals in den Krankenhäusern ist entsprechend des tatsächlich vorhandenen Bedarfes mittels einer Personalbemessung notwendig. Mit den bestehenden Fallpauschalen ist das nicht zu machen – sie müssen weg. Nach der überfälligen Angleichung der Arbeitszeiten von Ost an West muss endlich die Forderung über eine grundlegende Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich verhandelt werden – 30 Stunden die Woche sind genug. Und es geht um den Kampf gegen Privatisierungen in der öffentlichen Daseinsvorsorge.“

Aber er verschweigt, dass diese Forderungen und Ziele bewusst von der Führung aus dem Tarifkampf ausgeklammert worden waren: Die AZV war schon ein Beschluss des letzten Gewerkschaftstages. Dass die Privatisierung und die Fallpauschalen angegriffen werden sollten, dafür gab es Beschlüsse vor der Tarifrunde. Die Frage nicht aufzuwerfen, warum die Bürokratie, das verhindern wollte und verhinderte, heißt letztlich, deren Politik abzudecken und den Basisaktivist_Innen zu raten, einfach tapfer weiterzukämpfen, so wie es auch die reformistischen Führer_Innen der Gewerkschaften immer nach Niederlagen tun.

Auch RIO greift in ihrer ersten Stellungnahme einen richtigen Ansatz auf: Sie schlägt vor, von der Basis her die Ablehnung des Tarifergebnisses zu organisieren. „Das Verhandlungsergebnis muss von allen Beschäftigten abgestimmt werden und das Abstimmungsergebnis sollte mit einfacher Mehrheit für die Bundestarifkommission (BTK) und alle Gremien von ver.di bindend sein.“ In einem anderen Artikel wird gefordert: „Es braucht, besonders jetzt nach dem Tarifabschluss, demokratische Online-Versammlungen der Beschäftigten und ein Programm, um gewerkschaftlich Druck für weitere Kämpfe aufzubauen.“ Wie aber eine Bewegung der Basis in einer Organisation organisiert werden soll, deren Organisationsstrukturen von der Bürokratie beherrscht werden, sagt RIO nicht – auch wenn sie generell eine scharfe Kritikerin der Bürokratie ist. Der Aufbau einer klassenkämpferischen Basisbewegung kann aber nicht mit einer spontanen Bewegung von unten gleichgesetzt werden, insbesondere wenn jeder Spontaneismus von Corona gedämpft wird.

Bleiben noch die Stimmen aus dem postautonomen Spektrum. Im AK schrieben Daniel und Lisa (IL) noch vor dem Abschluss zu Recht, dass „es sich bei den aktuellen Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst um eine Schlüsselauseinandersetzung in den heraufziehenden Verteilungskämpfen um die Finanzierung der Krisenkosten handelt. Ihre politische Bedeutung geht jedoch über eine bloße Umverteilung von Geldern hinaus, denn diese Tarifrunde ist auch ein feministischer Kampf: Sie betrifft wichtige Bereiche des öffentlich verwalteten gesellschaftlichen Reproduktionssektors.“ Aber schon da verzichteten sie darauf, die Führung dieser Tarifrunde durch ver.di auch nur mit einem Wort an dieser politischen Erkenntnis zu messen. Vielmehr wird die Unverschämtheit der Arbeit„geber“_Innen beklagt und ver.di noch für den „Gesundheitstisch“ gelobt. Dabei war schon damals klar, dass dieser keineswegs die ursprünglichen, schon fallengelassenen Forderungen nach Privatisierung, Abschaffung der Fallpauschalen, Personalbemessungsschlüssel verfolgen würde, sondern die Spaltung der ÖD-Belegschaften vorbereitete.

So fokussiert der Artikel auf die Bewusstseinserweiterung der Beschäftigten:

„Wir haben es den erfolgreichen Kämpfen der letzten Jahre zu verdanken, dass es überhaupt zu einem Konflikt kommt und ver.di eine Nullrunde – und damit den Einstieg in die nächste Runde Austeritätspolitik – nicht einfach akzeptiert. Auch dass der Widerspruch zwischen Dankbarkeit und materieller Anerkennung so deutlich zutage tritt, ist ein Erfolg der vergangenen Kämpfe von Krankenhausbeschäftigten. Es ist unsere Aufgabe als radikale Linke, genau in diese Widersprüche zu intervenieren und uns mit den Beschäftigten aktiv zu solidarisieren.“ Also ver.di ist irgendwie scheiße und hätte am liebsten ’ne Nullrunde akzeptiert, aber wir haben keine politische Kritik daran, solidarisieren uns mit den Beschäftigten, helfen ihnen aber nicht gegen die Bürokratie. Das ist eine „radikale Linke“ so recht nach dem Geschmack von Frank Werneke.

Ähnlich die RAS aus Stuttgart. Ihre Unterorganisation „Solidarität und Klassenkampf“ benennt in ihrer Analyse viele der Schwachstellen des Ergebnisses und geht von einer starken Ablehnung dessen aus: „Deshalb fordern wir auch alle Beschäftigten auf, bleibt ver.di Mitglieder! Nichts wäre falscher, als auszutreten und unsere Kampfkraft zu schwächen.“ (https://solidaritaet-und-klassenkampf.org/2020/10/ein-respektables-ergebnis-oder/) Aber der Vorwurf der Schwächung wird keineswegs an die Führung gerichtet und es wird auch kein Kampf gegen diese propagiert jenseits dessen, das Ergebnis in Abstimmungen abzulehnen.

Das Fehlen einer expliziten Kritik am Vorgehen des Apparates in Verbindung mit der Perspektive, dass die Beteiligung an den Streiks nur größer werden müsste, um mehr Druck auf die Arbeit„geber“_Innenseite aufzubauen, um ein besseres Ergebnis zu erzielen, bedeutet: Es wird letztlich die Schuld der Gewerkschaftsbasis in die Schuhe geschoben, die halt noch nicht so weit sei.

Stattdessen sollen die Unzufriedenen für den Sozialismus kämpfen: „Wir wollen aber mehr als die Gewerkschaften. Uns geht es nicht nur um ein paar Prozente mehr oder weniger, sondern um ein grundlegend anderes System.“ Der Weg dahin ist natürlich „lang“. Deshalb tut es auch den reformistischen Bürokrat_Innen nicht weh, wenn die Genoss_Innen der RAS ihnen heute brav keine Steine in den Weg legen.

Hoher Aktivismus, wie ihn die RAS und ihr Umfeld an den Tag legen, ist gut. Aber er ist kein Mittel um die rechten, prokapitalistischen Positionen des Gewerkschaftsapparats zu bekämpfen. Einflussnahme der Basis, wie sie RIO propagiert, ist nötig im Kampf gegen die Bürokratie, aber sie braucht noch Organisierung unabhängig von jener und ein entsprechendes politisches Kampfprogramm. Die VKG und die darin aktiven Gruppen haben den Schritt gemacht, die aktuellen Kämpfe mit dem permanenten Eintreten für den Aufbau einer antibürokratischen Opposition in den Gewerkschaften zu verbinden.

Es sind Auseinandersetzungen wie dieser Tarifkampf, die aufzeigen, was das Ziel einer solchen Opposition sein muss: Eine Verankerung in den Betrieben aufzubauen und eine Struktur, die das Monopol der Bürokratie in der Propaganda und der Aktion durchbrechen kann: eine klassenkämpferische Basisbewegung.

Wir wenden uns an alle kritischen und unzufriedenen Kolleg_Innen genauso wie an die Organisationen der radikalen Linken, die diesen Abschluss kritisch bewerten: Zieht die entscheidende Konsequenz aus dieser Niederlage: Bauen wir gemeinsam die VKG auf, bündeln wir unsere Kräfte gegen die Bürokratie und führen wir eine solidarische Debatte, um unsere Differenzen zu klären!




Damals wie heute: der Kampf von Luxemburg, Liebknecht und Lenin gegen den Reformismus

Lenin, Liebknecht und Luexmburg, drei der bedeutendsten Revolutionäre des 20. Jahrhunderts

Vor 95 Jahren, am 15.01.1919, wurden Rosa Luxemburg und Karl-Liebknecht von einem rechtsextremen „Freikorps“ ermordet. Jährlich gedenken tausende Revolutionär_innen, Linke und Internationalist_innen mit der sog. „LL-Demo“ diesen historischen Persönlichkeiten, die sich Zeit ihres Lebens gegen Kapitalismus, den kapitalistischen Staat und imperialistischen Krieg und für eine sozialistische Gesellschaft und eine proletarisch-demokratische Wirtschaft einsetzten. Später wurde diese LL-Gedenkdemonstration durch ein „L“ – das für Lenin steht – ergänzt. Dieser starb 1924 an den Folgen eines Terroranschlags der Sozialrevolutionären Partei.

Aber wer waren diese Personen und unter welchem Hintergrund fand ihr politisches Wirken statt? Diesen Fragen wollen wir in diesem Artikel nachgehen.

Die Degeneration der Sozialdemokratie und der 1. Weltkrieg

Im August 1913 beschloss die Sozialistische (Zweite) Internationale – ein internationaler Zusammenschluss der Sozialdemokratischen Parteien – am Vorabend des drohenden Weltkrieges entschlossen gegen jede Mobilisierung und Kriegsanstrengungen der kapitalistischen Länder vorzugehen. Sie beschlossen, die Umwandlung des imperialistischen Kriegs in einen Bürgerkrieg zu propagieren. Dieser würde die Folge der Eroberung der Macht durch die Arbeiterklasse sein. Der Krieg sollte durch Massenaktionen wie Generalstreik und Besetzungen verhindert werden, welche mit der Reorganisation der Gesellschaft durch Gründung von Streik- und Soldatenräten sowie Produktions- ,Konsum- und Verwaltungsgenossenschaften einhergehen sollten.

Jedoch vollzog sich schleichend eine Verbürgerlichung der praktischen Politik und Führung der einzelnen sozialdemokratischen Parteien, auch wenn auf dem Papier weiterhin der Sozialismus durch soziale Revolution gepredigt worden ist.

In Russland argumentierte der rechte Flügel wie Akimov, Kritschewski und Martynow – um das Propagandaorgan „Rabotscheje Delo“ (Arbeiterbelang)- die Möglichkeit der spontanen Entwicklung des revolutionären Bewusstseins durch legalistische, rein-gewerkschaftliche Praxis, theoretisches Zirkelwesen und lose Parteinetzwerke. Der linke Flügel um Lenin, Plechanow und Axelrod – welche die Zeitschrift „Iskra“ (Funke) publizierten – kämpfte für eine konkrete Praxis, die sich aus legaler wie konspirativer Arbeit zusammensetzte, jedoch immer die konkrete Arbeit mit dem revolutionären Sturz der feudal-kapitalistischen Herrschaft verband. Dafür sei eine zentralisierte Partei und Vorfeldstrukturen notwendig.

Eduard Bernstein – einer der bedeutendsten ideologischen Begründer des Reformismus der SPD und politischer Feind Rosa Luxemburgs, die ihn u.a. in Schrifen wie „Sozialreform oder Revolution“ widerlegte.

In Deutschland griff Bernstein mit seinem 1899 veröffentlichen Artikel „Die Voraussetzungen des Sozialismus und die Aufgaben der Sozialdemokratie“ die Grundlagen des marxistisch-revolutionären Parteiprogramms an und argumentierte, dass die kapitalistische Entwicklung – entgegen der marxschen These von Kapitalkonzentration, Krisen und Kriegen – mit der Verbesserung der sozialen Lage der Gesellschaft, also auch der Arbeiterklasse und einer Entwicklung der demokratischer Rechte einhergehe. Im Bunde mit dem liberal-demokratischen Bürgertum sei für die Arbeiterklasse der Übergang zum Sozialismus durch reine Reformen möglich und Radikalismus deshalb schädlich.

Diese ideologische Richtung des Reformismus fand in den Schriften Bernsteins jedoch nur ihren Ausdruck. Eine reformistische Praxis, zunächst in den Gewerkschaften, schlich sich bereits früher ein. Nachdem die frühkapitalistische Phase abgeschlossen war und die imperialistische Phase begann (siehe hierzu „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“ von Lenin, Anm. d. Red.), wurden durch Ausbeutung anderer Länder Extraprofite freigesetzt, die es erlaubten, gezielten Kreisen der Facharbeiterschaft soziale und politische Zugeständnisse zu machen. Dies traf vor allem auf die intellektuelle Elite der SPD, den Parteiapparat und die Funktionäre der Gewerkschaften zu. Diese Kreise entwickelten sich von einem kämpferisch-avantgardistischen Milieu zu einer bürokratisch-versöhnlerischen Schicht – derArbeiterbürokratie – und sahen ihre Rolle nicht mehr im Kampf für Arbeitermacht und Formierung der neuen proletarischen Staatsgewalt, sondern in erfolgreichen Verhandlungen und der Eroberung von Staatsposten im bürgerlich-aristokratischen Staatsapparat.

Die Strömung innerhalb der Sozialdemokratie, welche auf einen versöhnlerischen, rein reformistischen Kurs drang, wurde bald als reformistisch bzw. revisionistisch bezeichnet. Ihnen gegenüber standen die Revolutionäre. Die beiden Strömungen entwickelten sich immer stärker auseinander. Die Entwicklung eines „Marxistischen Zentrums“ um Karl Kautsky, welches zwischen den beiden Positionen vermitteln wollte, erschwerte nur diesen klaren Lösungsprozess und half den Reformisten schleichend die Partei und damit die Führung der Arbeiterklasse vieler Länder zu übernehmen. Diese arrangierten sich schließlich mit ihren einstigen Feinden. Und dies in einer Situation, wo die kapitalistischen Länder die Welt untereinander aufgeteilt hatten, keine neuen Märkte erobert werden konnten und jede weitere Expansion einen globalen Krieg und Millionen von Toten Arbeitern und Bauern bedeuten musste.

Arbeiter grüßen zum „Burgfrieden“ Kaiser Wilehlm den II. – am Rande der Postkarte steht „Ich kenne keine Parteien mehr“

Mit dem Beginn des 1. Weltkrieges im August 1914 verletzten die Führungen die Prinzipien ihrer Partei und Klasse von internationaler Solidarität und unterstützten ihre nationalen Bourgoisien in ihren imperialistischen Aggressionen. Mit der Verkündung des „Burgfriedens“ und der Bewilligung der Kriegskredite 1914 zerbrach die 2. Internationale und die internationale Klassensolidarität. Der Sturm nationaler Euphorie und die Paralyse der Arbeiterklasse musste erst nach der grausamen Kriegserfahrung und Millionen von Toten aufgebrochen werden.

International lösten die erfolgreiche Russische Revolution im Oktober 1917, der Sieg der Kommunisten und der sofortige Friedenschluss ein Signalfeuer in ganz Europa aus.

Die deutsche Admiralität will dem Gegner nicht die Deutsche Flotte nach der Niederlage überlassen. Matrosen meutern in Wilhelmshafen. Sie weigern sich ihr Leben zu Opfern, um die Flotte ein letztes mal vor Kriegsende gegen die britische Flotte zu schicken, um im Kampf unterzugehen.

Seit August 1918 häuften sich auch in Deutschland Fahnenflucht und Streiks, die im November 1918 in einen Aufstand der Soldaten, Matrosen und Arbeiter_innen gipfelten (Novemberrevolution). Soldaten- und Arbeiterräte und –milizen wurden gebildet. Der Staat und das Militär wurden handlungsunfähig.

Die SPD wurde von den Ereignissen überrollt. Der parteiinterne Widerstand gegen ihren pro-kapitalistischen Kurs wuchs an. Die Jugendverbände hatten sich politisch von ihrer Partei distanziert und organisierten mit der Parteilinken um Luxemburg, Liebknecht, Mehring und Zetkin eine innerparteiliche Opposition.

Der Kaiser wurde abgedankt, um eine Radikalisierung der Bewegung zu bremsen. Scheidemann – der Liebknechts Proklamation der „Freien sozialistischen Republik“ zuvorkommen wollte – rief die „deutsche Republik“ aus.

Friedrich Ebert, Vorsitzender der SPD und Begründer der Kooperation mit der Obersten Heeres Leitung (OHL) um die Rechtsmonarchisten von Hindenburg und Ludendorf, argumentierte:„ Wenn der Kaiser nicht abdankt, dann ist die soziale Revolution unvermeidlich. Ich aber will sie nicht, ja, ich hasse sie wie die Sünde.“

Durch den Pakt der SPD mit der OHL hatten die Kapitalisten und Konservativen noch ein Ass im Ärmel. Während die SPD sich an die Spitze der Arbeiter- und Soldatenräte stellte und die Revolution bremste, nahm sie durch den Rat der Volksbeauftragten die Funktion einer provisorischen Regierung ein und benutzte diverse „politisch zuverlässigen“ Reichswehreinheiten
gegen jede politische Opposition aus ihrer eigenen Basis.

In den Jahren 1918 und 1919 liquidierte die SPD, Polizei, Reichswehr und Freikorps geschätzte 3.000 bis 5.000 Arbeiter_innen durch direktes militärisches Einwirken oder individuellen Mord zur Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung der Ausbeuter.

Der Kampf gegen den Reformismus und Imperialismus

Rosa Luxemburg – vor einer Versammlung des Spartakusbundes redend, eine der Vorgängerorganisationen der „Kommunistischen Partei Deutschlands“, die am 1.Januar 1919 geründet wurde.

Rosa Luxemburg und Wladimir Uljanov Lenin verfassten etliche Beiträge gegen den rechten reformistischen Flügel der Sozialdemokratie. Luxemburg widerlegte Bernsteins ökonomische Analyse und ihre politischen Schlussfolgerungen der systemimmanenten Reformarbeit:

„Und zwar ist die jeweilige gesetzliche Verfassung bloß ein Produkt der Revolution. Während die Revolution der politische Schöpfungsakt der Klassengeschichte ist, ist die Gesetzgebung das politische Fortvegetieren der Gesellschaft. Die gesetzliche Reformarbeit hat eben in sich keine eigene, von der Revolution unabhängige Triebkraft, sie bewegt sich in jeder Geschichtsperiode nur auf der Linie und solange, als in ihr der ihr durch die letzte Umwälzung gegebene Fußtritt nachwirkt, oder, konkret gesprochen, nur im Rahmen der durch die letzte Umwälzung in die Welt gesetzten Gesellschaftsform. Das ist eben der Kernpunkt der Frage.

Es ist grundfalsch und ganz ungeschichtlich, sich die gesetzliche Reformarbeit bloß als die ins Breite gezogene Revolution und die Revolution als die zusammengedrängte Reform vorzustellen. Eine soziale Umwälzung und eine gesetzliche Reform sind nicht durch die Zeitdauer, sondern durch das Wesen verschiedene Momente. (…)

Wer sich daher für den gesetzlichen Reformweg anstatt und im Gegensatz zur Eroberung der politischen Macht und zur Umwälzung der Gesellschaft ausspricht, wählt tatsächlich nicht einen ruhigeren, sicheren, langsameren Weg zum gleichen Ziel, sondern auch ein anderes Ziel, nämlich statt der Herbeiführung einer neuen Gesellschaftsordnung bloß unwesentliche Veränderungen in der alten. So gelangt man von den politischen Ansichten des Revisionismus zu dem selben Schluss, wie von seinen ökonomischen Theorien: dass sie im Grunde genommen nicht auf die Verwirklichung der sozialistischen Ordnung, sondern bloß auf die Reformierung der kapitalistischen, nicht auf die Aufhebung des Lohnsystems, sondern auf das Mehr oder Weniger der Ausbeutung, mit einem Worte auf die Beseitigung der kapitalistischen Auswüchse und nicht des Kapitalismus selbst abzielen.“

(Rosa Luxemburg, „Sozialreform oder Revolution?“, S.86f.)

Die Beseitigung der Auswüchse des kapitalistischen Systems kann jedoch auf der selbigen Grundlage nicht beseitigt werden. Krisen und Kriege gehören ebenso zum Kapitalismus wie Repression und Revolutionen. Hier hat Luxemburgs marxistische Theorie zum Nachweis kapitalistischer Krisetheorie beigetragen. Lenin bekämpfte den reformistischen Flügel in Russland wie auf internationalem Parkett hart. Er steuerte viele Beiträge zu Praxis und Theorie bei, sei es zum marxistischen Staatsverständnis und der Notwendigkeit eines revolutionären Sturzes in seinem berühmten Werk „Staat und Revolution“, zu Aufgaben und Ausrichtung der Arbeiterpartei („Was tun?“), „DerImperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“ oder des Kampfes gegen den Reformismus und Zentrismus („Die proletarische Revolution und der Renegat Kautsky“, Zentrismus bezeichnet eine zwischen Reform und Revolution schwankende Position, Anm. d. Red.).

Karl Liebknecht

Karl Liebknecht gehörte ebenfalls wie Luxemburg zur Parteilinken und war überdies Mitglied der SPD-Parlamentsfraktion. Er verfasste gute Beiträge gegen den Militarismus und Imperialismus („Militarismus und Anti-Militarismus“, „Der Hauptfeind steht im eigenen Land“), war glühender Anhänger einer starken revolutionären, unabhängigen Jugendbewegung und Jugendinternationale und verteidigte den nationalen Befreiungskampf gegenüber imperialistischen Staaten („Nationale Selbstbestimmung und Selbstverteidigung“).

Formierung des politischen Widerstandes und der neuen revolutionären Arbeiterpartei

Liebknecht ruft am 09. November im Tiergarten die Räterepublik aus…

Während Lenin und die russische Sozialdemokratie diese Entwicklung vorhersahen, den parteiinternen Kampf führten und eine revolutionäre, sozialdemokratische Massenpartei vor der Revolution formierten, hielt die deutsche Linke bis 1916 an der SPD als Partei der Arbeiterklasse fest. Obwohl sie bereits 1914 eine innerparteiliche Opposition aufbauten, die sich gegen den imperialistischen Krieg aussprach („Gruppe Internationale“), brachen sie erst 1917 mit der SPD und konstituierten sich als Linker Flügel der „Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands“ (USPD) als „Gruppe Spartakus“, später als „Spartakusbund“.

Als im November 1918 die deutsche Revolution begann und die USPD mit der SPD die provisorische Regierung formierte („Rat der Volksbeauftragten“) erinnerte dies stark an die provisorische Regierung nach der Russischen Revolution im Februar 1917 („Februarrevolution“, im Oktober 1917 folgte die sozialistische „Oktoberrevolution“, Anm. d. Red.). Die USPD schwankte zwischen Revolution und Verteidigung der bestehen Ordnung und sah die neuen Macht- und Staatsstrukturen, welche die Arbeiter- und Soldatenräte waren, lediglich als Kontrollorgane des bürgerlichen Staates. Auch in Wirtschaftsfragen waren sie geprägt von sozialistischen Phrasen und einem Ausgleich zwischen Arbeiter_innen und Kapitalisten, während die SPD und die Reichswehr Rat um Rat und Miliz um Miliz zerschlug und die alte Ordnung wiederherstellte.

Die Gründung der KPD durch den kommunistischen „Spartakusbund“ und den „Internationalen Kommunisten Deutschlands“ (IKD) war eine wichtige und richtige Entscheidung, um in der letzten Phase der Revolution die besten Kräfte zu sammeln und eine politische Alternative zur Unfähigkeit der USPD und Verrat der SPD aufzubauen. Diese Entscheidung war jedoch – im Gegensatz zur russischen Entwicklung – bereits zu spät. Obwohl die Partei schnell wuchs, war die Zeit zu kurz um wichtige zentrale Fragen und Reifungsprozesse zu durchleben, wie das Verhältnis von legaler Arbeit zu Aufstand und Untergrund, Zentralismus zu Parteidemokratie sowie Einheitsfront zu Wahrung des politisch unabhängigen Profils.

…wenige hundert Meter weiter rufen die Verräter der Revolution mittels Scheidemann (SPD) die parlamentarische Republik aus. Wenige Wochen später beginnen sie die Arbeiter- und Soldatenräte zu entmachten und lassen mehrere tausend aufständische Arbeiter erschießen!

Ohne eine revolutionäre Führung und erfolgreicher Aufstände führten der Rätekongress und die Nationalversammlung in Richtung bürgerlichem Parlamentarismus und Kapitalismus. Parallel hetzte die konservative sozialdemokratische Presse gegen die Linken und rief zu Mord bzw. zur „Stunde der Abrechnung“ auf („Vorwärts“, SPD-Parteizeitung). Die sog. „Freikorps“ wurden zur Zerschlagung der Arbeiterräte, Arbeiterrepubliken oder –milizen bewaffnet, finanziert von Reichswehr, SPD, der Wirtschaft (u.a. der Deutschen Bank) und der rechtsextremen „Antibolschewistischen Liga“, die sogar Prämien für Morde an führenden Kommunisten auszahlte. Ermuntert griff die Reaktion erbarmungslos an und ermordete führende Kommunisten wie Levine, Muhsam, Landauer, Jogiches.

Liebknecht und Luxemburg wurden am 15. Januar 1919 von der Garde-Schützen-Kavalleriedivison unter Kommando des Generalmajors W. Papst in „Schutzhaft“ genommen, gefoltert, freigelassen sowie „auf der Flucht“ von Hinten
erschossen und in den Landwehrkanal entsorgt. Dazu notierte Papst in seinem Nachlass:

„Daß ich die Aktion ohne Zustimmung Noskes gar nicht durchführen konnte – mit Ebert im Hintergrund – und auch meine Offiziere schützen musste, ist klar. Aber nur ganz wenige Menschen haben begriffen, warum ich nie vernommen oder unter Anklage gestellt worden bin. Ich habe als Kavalier das Verhalten der damaligen SPD damit quittiert, dass ich 50 Jahre lang das Maul gehalten habe über unsere Zusammenarbeit.“

Nach der Identifizierung der Leichen erfasste ein Sturm der Entrüstung die SPD-Basis, die breite Arbeiterklasse und die gesamte sozialistische Linke. Viele Politiker, u.a. der Parteifreund Leo Jogiches setzten sich energisch für die Aufklärung der Tat ein. Dieser wurde jedoch daraufhin selbst Opfer eines Mordes. Nach bürgerkriegsähnlichen Arbeiteraufständen wurden die Freikorpssoldaten Runge und Souchon vor das Kriegsgericht gestellt, jedoch ihre Anklage gegen geringe Haft- und später Geldstrafen eingestellt bzw. gedeckt und aus Deutschland geschleust. W. Pabst – der Kommandant der Mordeinheit – wurde nicht angeklagt.

Damals und Heute!

Luxemburg-Liebknecht-Lenin Demonstration 2011 in Berlin

Wir von der internationalen kommunistischen Jugendorganisation REVOLUTION gehen nicht auf die LLL-Demontration, weil wir einen traditionalistischen Personenkult pflegen wollen, sondern weil den Leistungen und (Lebens-) Opfer dieser Menschen ehren wollen. In dem Kampf gegen die rechte Degeneration der Sozialdemokratie, die wir bis heute von Hartz 4 über Afghanistaneinsatz bis hin zu Hungerlöhnen spüren, spielten Luxemburg, Liebknecht und Lenin eine herausragende Rolle.

Egal ob die Kritik am Verrat der Sozialdemokratie, der Jugendunterdrückung und Ausbildungsmisere, dem Kampf für demokratische Rechte, gegen Angriffskriege, Nationalchauvinismus oder utopischen Pazifismus – die heutigen Krisen und Kriege, die Führungs- und Selbstführungschwäche der Arbeiterklasse beweisen, dass ihre Analyse, Kritik und Schlussfolgerungen immer noch höchst aktuell und ein wichtiger Bestandteil revolutionären Wirkens heute sind und sein müssen.

Daher gilt damals wie heute:

  • Kampf dem Kapitalismus und Liberalismus!
  • Kampf dem Imperialismus und für nationale Selbstbestimmung und -verteidigung!
  • Kampf für Frauenbefreiung und Freiheit der Sexualität!
  • Kampf für Jugendbefreiung und Jugendinternationale!
  • Kampf dem Reformismus und Stalinismus!
  • Kampf für Marxismus und revolutionäre Internationale!
  • Kampf für Basisbewegung und revolutionäre Gewerkschaften!
  • Kampf für Arbeitermacht, globale Revolution, Rätestaat und sozialistische Weltrepublik!

Ein Artikel von Ernesto, REVOLUTION-Hamburg




Berliner S-Bahn: Krise geht in die nächste Runde

ein Kommentar von Felix Wolkenfuß

Kein November ohne ordendliche S-Bahnkrise. Doch wer nun denkt, dass die sich dieses Mal wieder auf kappute Räder zurückführen ließe, der irrt. Das bleibt vorraussichtlich dem Dezember vorbehalten. Anstelle der üblichen Mängel tritt jetzt ein ganz neues Übel auf den Plan.

Die angebliche Arbeiterpartei SPD und die berliner CDU haben in ihren Koalitionsverhandlungen eine neue Möglichkeit zum Kaputtsparen entdeckt: Die privatisierung der berliner S-Bahn. Beginnen soll der ganze Spaß mit der Ringbahn und den Strecken im Südosten der Stadt. Auf diesen Strecken fahren rund ein viertel der berliner Züge. Diese sollen jetzt europaweit ausgeschrieben werden.

Was soll denn das heißen?

Ganz einfach: Für die Kolleg_innen die dort arbeiten heißt dies erstmal, dass nicht garantiert werden kann, dass sie ihren Job in den nächsten Jahren noch behalten, oder zu welchen Bedingungen sie dort arbeiten müssen.

Für Fahrgäste bedeutet dies in erster Linie noch höhere Fahrpreise und schlechterer Service, ganz zu schweigen von noch schlechterem Chaosmanagement, sowie dem ausbluten der öffentlichen Kassen durch weiteren Subventionszwang.

Wieso machen die das dann?

Dass die CDU scheiße ist, wissen wir alle, und auch bei der SPD hat man nur noch selten Hoffnung, was den politischen Stil angeht. Was jedoch diesmal besonders pikant rüberkommt ist, dass sich der SPD-Landesparteitag 2010 noch gegen eine Zerschlagung der S-Bahn ausgesprochen hatte und den Kolleg_innen versprach es nicht soweit kommen zu lassen. Ein weiteres reformistisches Märchen und ein Schlag ins Gesicht aller Mitarbeiter_innen des öffentlichen Nahverkehrs.

Was tun?

Ausgefuchst wie wir nun mal sind, sammeln wir bereits seit Sommer zusammen mit anderen Gruppen und den Verkehrsgewerkschaften EVG und GDL Unterschriften für ein Volksbegehren. Ziel dessen soll die Erhaltung und Sanierung des Betriebs sein, die nicht auf Kosten des Personals oder der Fahrgäste gehen darf.

Daher unterstütze auch du das Volksbegehren “Berliner S-Bahn-Tisch” und sammle Unterschriften. Noch bis Mitte Dezember haben wir Zeit 20.000 Unterschriften zusammenzukriegen und wir sind mit bisher gesammelten 16.000 auf einem guten Weg. Also ran da!

Website: http://www.s-bahn-tisch.de/




Die Gewerkschaft – vom Sozialpartner zum Klassenkämpfer

Gewerkschaft… Ein starkes Wort! Und da ist auch was dran. Gewerkschaften sind noch immer die mächtigsten Organisationen, die der Arbeiterklasse im Kampf gegen ihre Unterdrücker zur Verfügung stehen, weltweit sind Millionen von Kolleg_innen in ihnen Organisiert. Aber müsste die Gesamtsituation der abhängig Beschäftigten dann nicht eigentlich viel besser aussehen?

Ein Exkurs…

Die kollektive Diskussion über Arbeitsbedingungen und mögliche Verbesserungen ist bereits sehr alt. Bereits am 4. November 1159 vor Chr. legten ca. 40 Arbeiter die Werkzeuge nieder und begannen zu streiken, da sich ihr Arbeitgeber Ramses III. wiederholt geweigert hatte, den Kollegen ihren Lohn zu zahlen. Unter dem Motto „Wir haben Hunger!“ organisierten sie eine Demonstration zum nächsten Tempel. Der Konflikt dauerte zwar einige Zeit, im Endeffekt bekamen die Kollegen jedoch ihr Getreide voll ausbezahlt.

Wie man sich unschwer vorstellen kann, wurden in Europa Arbeitskämpfe erst viel später geführt. Auch die Organisierung von Handwerkern wie Webern, Hafen- und Metallarbeitern fand erst viel später statt und zeigte sich im 14. Jahrhundert zunächst in Form von Gilden, die als Keimform der modernen Gewerkschaft gesehen werden können.

Und dann?

Im Zuge der Industrialisierung und dem Siegeszug der bürgerlichen Gesellschaft, begann die Arbeiterklasse als funktionelle Klasse an Bedeutung zu gewinnen. Immer mehr entwickelte sich die feudale Gesellschaft zu einer kapitalistischen, in der zwei neue gesellschaftliche Klassen in Konflikt standen: Die Arbeiterklasse und die Kapitalisten – heute auch oft Arbeitnehmer und Arbeitgeber genannt.

Die allgemeine Funktionsweise der kapitalistischen Wirtschaft ist die, dass einer (der Kapitalist) eine Fabrik besitzt und viele Leute nichts besitzen. Daher müssen sie bei dem Typ mit der Fabrik arbeiten, um sich Geld für Essen zu verdienen. Und hier wird´s lustig: Während die Arbeiterklasse logischerweise so viel Geld wie möglich für ihre Arbeit haben will, will der Typ mit der Fabrik logischerweise so wenig wie möglich bezahlen, um mehr Profit mit der Arbeitskraft seiner Angestellten zu machen. Dieser “Klassengegensatz” ist der wichtigste, wenn man verstehen will, wieso wir Gewerkschaften brauchen.

Was ist eine Gewerkschaft?

Die Gewerkschaft ist, wie bereits erwähnt eine Kampforganisation der Arbeiterklasse, um für ihre Bedingungen und Anliegen im Betrieb zu kämpfen. Ihre Existenz ist zwingend erforderlich um Mindestlöhne, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaubsgeld und andere grundlegende ökonomische Forderungen der Arbeiter_innen durchzusetzen. Getreu nach dem Motto: “Allein machen sie dich ein – gemeinsam sind wir stark!” Kein Wunder also, dass die gewerkschaftliche Organisation von Arbeiter_innen in Kapitalistenkreisen nicht gerne gesehen wird. Aus diesem Grund mussten im 19. Jahrhundert viele Gewerkschafter in der Illegalität arbeiten, viele wurden verfolgt und umgebracht, in vielen Ländern der Welt ist das heute noch so.

Wir können also Festhalten: Gewerkschaften führen den ökonomischen Kampf der Arbeiterklasse.

Aber wieso kämpfen die Gewerkschaften denn nicht mehr richtig? Wann gab es in der BRD mal einen Generalstreik, um staatliche oder privatwirtschaftliche Angriffe auf unsere Lebensbedingungen abzuwehren? Wieso werden immer mehr Tarifverträge abgeschlossen, deren Lohnerhöhung hinter der Inflationsrate zurückbleibt?

Wem gehört die Gewerkschaft?

Gewerkschaften haben heutzutage einen erheblichen Mangel an innerer Demokratie. Die Politik in ihnen wird heutzutage nicht mehr von der Basis bestimmt, sondern von einer Bürokratenkaste aus Hauptamtlichen, Betriebsratsfürsten und Vorsitzenden. Diese Leute nennen wir “Gewerkschaftsbürokratie” und sie sind – wie es der Zufall so will, fast ausschließlich sozialdemokratische Reformisten, die die Gewerkschaft für ihre eigenen politischen und sozialen Interessen missbrauchen. Ohne Scham machen sie mit ihrer verräterischen Politik die Gewerkschaften zu zahnlosen Vertretungen, die sich weder staatlichen Angriffen auf die Rechte und Errungenschaften der Arbeiterbewegung, wie damals bei der Agenda 2010 oder gegen Lohnkürzungen und Entlassungen im Betrieb nicht bzw. unzureichend in den Weg stellen. Es bleibt bei schmierigen Sonntagsreden von Vorstandsmitgliedern, wie dem SPD-Mitglieds und DGB-Vorsitzenden Michael Sommer.

Auch bei Tarifverhandlungen ist heute die “vertrauensvolle Zusammenarbeit” mit dem Arbeitgeber oberstes Gebot. Anstatt einen Betrieb Mal so richtig lahmzulegen, werden nach 2-3 Verhandlungsrunden faule Kompromisse geschlossen, die oft sogar zu Reallohnverlusten führen, ohne das es überhaupt einen Streik gegeben hätte. Oft kann man die Vorsitzenden der Gewerkschaften nach ihrer Amtszeit auf der Gehaltsliste des Arbeitgebers wiederfinden. Ein Schelm, wer da böses denkt.

Diese Gründe sind es auch, die dafür sorgen, dass immer mehr Kolleg_innen den Gewerkschaften ihren Rücken zukehren. In Deutschland sank der gewerkschaftliche Organisierungsgrad von 34,2% im Jahr 1960 auf 21,6% im Jahr 2000. Tendenz: weiter Sinkend!

Politik machen! Nur, geht das so einfach?

Viele aufrechte Kolleg_innen sind sich im klaren darüber, dass Gewerkschaftsarbeit wichtig ist. Gerade in Zeiten, in denen die wirtschaftliche Situation immer öfter ins Wanken gerät, ist es unabdingbar für Veränderungen einzutreten. Dafür stehen dem aktiven Gewerkschafter diverse Gremien offen. Leider muss man dazu anmerken, dass die diversen Ausschüsse leider allzu oft von der Bürokratie ausgebremst oder kontrolliert werden. Viele junge Aktivist_innen sind daher oft desillusioniert. Sie konzentrieren sich oft mit Leib und Seele auf ein Thema und versuchen diverse Aktionen zu organisieren, bis im Endeffekt von Oben ein „Nein“ oder einfach gar keine Reaktion kommt.

Diese Vorgehensweise ist jedoch kein Zufall! Politisch nicht gewünschte Beschlüsse der Basis werden solange ignoriert oder bleiben auf der To-Do-Liste stehen bis es entweder zu Spät ist oder sich ein höher stehendes Gremium doch dazu durchringt andere Dinge zu priorisieren.

Natürlich gibt es auch positive Beispiele für Gremienarbeit, um wirklich dauerhaft erfolgreiche Arbeit zu leisten, bedarf es jedoch einer weitergehenden Vernetzung und Organisation.

Allein machen sie dich ein…

Viele jugendliche Gewerkschaftsmitglieder sind von dem Opportunismus der Bürokraten angewidert und wollen etwas gegen sie unternehmen. Möglichkeiten dazu gibt es viele. Bereits in deiner Ortsjugendgruppe oder in deiner Betriebsjugendgruppe kannst du eine Menge tun. Viele deiner Kolleg_innen denken sicherlich genauso über die Hauptamtlichen und haben sich vielleicht einfach noch nicht getraut den Mund aufzumachen. Diskutiert eure Kritikpunkte untereinander und macht euch Gedanken, wie ihr eure Gewerkschaft selber gestalten würdet. Was wären die Punkte, die euch wichtig wären? Wenn ihr zum Anfang 2 oder 3 Kolleg_innen seid, ist das schon Mal ein guter Anfang. Vielleicht habt ihr Lust eine Veranstaltung für weitere Interessierte zu organisieren, ein unabhängiges Gewerkschaftsflugblatt herauszubringen oder euch als Gruppe auf Grundlage eines Aktionsprogramms aufzustellen…

Gewerkschaften zurückerobern!

Wie gesagt, du bist nicht der Einzige. Das ist ja das tolle an der Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, es gibt eigentlich überall Leute die genauso denken wie du und nur darauf warten, dass etwas in die Gänge kommt. Doch was? Was uns alle eint, sind die Forderungen, mit denen wir gemeinsam Auftreten können. Diese sind z.B.:

●Klassenkampf statt Sozialpartnerschaft! Für eine kämpferische Gewerkschaft, die die Interessen der Kolleg_innen bis zum bitteren Ende vertritt und keine faulen Kompromisse eingeht!

●Für die jederzeitige Wähl- und Abwählbarkeit aller hauptamtlichen Funktionäre! Für die Anpassung ihrer Gehälter an einen durchschnittlichen Facharbeiterlohn!

●Für die Erkämpfung des Rechts auf politische Streiks, letztlich dem Recht auf Generalstreiks, um zum Beispiel gegen die Rente mit 67, gegen Hartz IV, gegen die Kriege in Afghanistan, Kosovo oder für bessere Bildung kämpfen zu können!

●Eigene Entscheidungsgewalt für alle Jugendgremien, wenn es um Themen geht, die uns was angehen! Für vom Vorstand unabhängige Jugendstrukturen!

Wir müssen versuchen eine innergewerkschaftliche Bewegung von Basisaktivisten aufzubauen, die sich der Politik der sozialdemokratischen DGB-Führung entgegenstellt und diese zwingt Politik für die Mitglieder, und nicht für sich selbst, zu machen. Wir brauchen eine klassenkämpferische Basisopposition, die es sich zur Aufgabe macht, die Gewerkschaften wieder zu Kampforganen der Arbeiterklasse zu machen, die in den Händen der Arbeiter_innen liegt und nicht in den Händen von Bürokrat_innen!

Klar, das wird natürlich nicht einfach. Die DGB- und Einzelgewerkschaftsführung aus SPD, LINKE und zum Teil sogar Grünen wird sich einiges einfallen lassen, um uns das Leben schwer zu machen. Doch zeigt das nur eines – Dass sie Angst vor ihrer eigenen Basis haben. Eine gewerkschaftliche Basisbewegung, die Druck erzeugen kann, kann nämlich auch dazu übergehen die Bürokratie zu entmachten und demokratische Strukturen auf der oben genannten Grundlage aufbauen. Dies wäre der Untergang für die reformistischen Verräter und die Geburtsstunde für eine Zeit, in der Tarifauseinandersetzungen wieder Tarifauseinandersetzungen sind, und der Klassenkampf wieder Einzug in den Fabriken hält.

The workers united will never be defeated!




IGM-Jugendaktionstag in Köln – Gewerkschafter_innen gemeinsam gegen Krise und Kapital

Vor nicht allzu langer Zeit wurden Zehntausende in Deutschland in die Arbeitslosigkeit geschickt. Es wurden Banken gerettet, Unternehmen subventioniert und Sparpakete geschnürt. 2010 kam dann die Nachricht, die alle Medien, Wirtschaftswaisen und Politiker gebetsmühlenartig predigten – die Krise ist vorbei, jetzt kommt der Aufschwung!

Tatsächlich sah es für einige Zeit so aus, als würde sich die Wirtschaft erholen. Die Maschinen wurden wieder angeschmissen, teilweise wurden neue Arbeitskräfte eingestellt. Die deutsche Wirtschaft erreichte Ende 2010 sogar wieder ihr Vorkrisenniveau. Es war eine Zeit, in der sich nicht nur Schwarz-Gelbe Politiker auf die Fahnen schreiben wollten, dass sie „das Land gerettet“ hätten, allen voran schritten die Spitzen von SPD, DGB und der Einzelgewerkschaften! Sie hätten sich als gute Partner in der Krise erwiesen, „arbeitssichernde“ Projekte wie die Kurzarbeit wären nur durch sie zustande gekommen und – seien wir ganz ehrlich – die Bankenrettung und die Sparpakete wären ohne ihr Stillhalten auch nicht möglich gewesen!

Vor der Krise ging es allen besser…

Das scheint ein einleuchtender Satz zu sein. Und die oben genannten Herren und Damen beanspruchten noch vor Kurzem, das Vorkrisenniveau hergestellt zu haben. Sicher ging es vielen besser. Doch kaum einem ging es auch vor der Krise richtig gut. Auch vor der Krise wurden Leiharbeit und Billigjobs massiv ausgeweitet. Auch vor der Krise konnten wir jedes Jahr Reallohnverluste verzeichnen, während die deutschen Konzerne mehr und mehr Profite machten.

Im Bildungsbereich gab es in den letzten Jahren, auch vor der Krise, immer wieder riesige Proteste von Schüler_innen, Azubis und Studierenden. Bereits vor der Krise gingen wir gegen Hartz IV, die Rente mit 67, die Kriege der deutschen Bundeswehr, Faschisten und Niedriglohn auf die Straße. Es ist zwar durch die Krise schlechter geworden. Aber es ging uns nicht gut bevor sie kam!

Sozialpartnerschaft ist sozial?

Quelle: http://www.chemie-sozialpartner.de/Das ist der Slogan der Gewerkschaftsführer_innen. Wo waren sie denn, als wir vor der Krise auf der Straße standen? Wo waren massive Streiks, Arbeitskämpfe und Massenproteste, als die Krise dann da war? Und „nach der Krise“? Nach der Krise betonten Huber, Bsirske, Sommer und Co., wie gut (sozial) sie die Krise gemanagt hätten…

Unsere Gewerkschaften brauchen aber keine Krisenmanager, denn Manager hatten wir während der letzten Krise genug gesehen. Wir brauchen einen kämpferischen Widerstand gegen diejenigen, die für die Krise und ihre Auswirkungen verantwortlich sind. Die Unternehmer_innen, die Spekulanten und die bürgerliche Politik – sie waren und sind verantwortlich für ein Wirtschafts- und Sozialsystem, dass nicht funktioniert, an dem nur die Reichen verdienen!

Dieses System heißt Kapitalismus und anstatt dagegen zu kämpfen, versuchten die Gewerkschaftsspitzen es zu retten und mitzuverwalten. Anstatt gegen die Unternehmer_innen im Interesse der Belegschaften und Erwerbslosen Widerstand zu leisten, wurden die Belegschaften zugunsten der Unternehmer_innen ausverkauft. Und als die Krise vermeintlich vorbei war, die Banken gerettet, die Sparpakete geschnürt, als keiner mehr kämpfen wollte, da fragten die Gewerkschaftsspitzen, ob sie nicht ein Stückchen vom Kuchen des Ausverkaufs abhaben dürften. Und die Unternehmer_innen schrien: „Seid ihr des Wahnsinns! Wollt ihr uns die Konjunktur zerstören?“ Und Bsirske, Huber, Sommer und ihre Bürokraten verneigten sich und sagten: „Nein, Verzeihung, wir würden doch nie eure heilige Konjunktur antasten…“

Krise Reloaded.

Verlauf des DAX, Sommer 2011

Heute, zwei Jahre nach 2009, ist ein Rekordstand von Leiharbeiter_innen in Deutschland erreicht, diejenigen, die in Deutschland von Hartz IV leben oder Aufstocken müssen, zählen rund 10 Millionen. Die Löhne sinken weiter und die nächste Krise steht ins Haus. Und diese wird schlimmer werden, als die Vorige. Wollen wir wetten?

Motto der Anti-Krisenbewegung

Und was tun die Gewerkschaftsfunktionäre? Sie machen einiges, bloß kämpfen wollen sie nicht. Während die Arbeiter_innen in ganz Europa unter dem Diktat des deutsch – französischen Kapitals und ihrer Politik leiden, glänzen die Sozialdemokraten und Gewerkschaftsbürokraten hierzulande mit Standortborniertheit und Sozialpartnerschaft. Dabei wäre es unerlässlich Solidarität mit den griechischen, spanischen, italienischen, französischen etc. Arbeiter_innen zu organisieren. Wir müssten Streiks gegen Entlassungen, schlechte Arbeitsbedingungen, Leiharbeit und Niedriglohn führen. Wir müssten Kämpfe gegen die Sozialangriffe von

Regierungen und Unternehmer_innen europaweit organisieren.

Doch die Gewerkschaftsbürokraten machen es genau so wie 2009. Ihr Motto ist „Wenn es dem Betrieb gut geht, dann geht es auch den Arbeitern gut!“ Übersetzt heißt diese Logik so viel wie „Wenn die Kapitalist_innen fette Profite auf unsere Kosten machen, dann bleibt vielleicht auch was für uns übrig…“ Wie viel übrig geblieben ist, kann jede/r von uns mal abschätzen, wenn er/sie in´s Portemonnaie schaut.

Widerstand leisten – Klassenkampf organisieren!

Wir wollen nicht länger eine Politik der Sozialpartnerschaft – eine Politik, eine Wirtschaft, eine Gesellschaft, in der die Profite der Banken und Konzerne das bestimmende Element sind! Die Politik der momentanen reformistischen Gewerkschaftsfunktionär_innen hat uns nicht weit gebracht. Während selbst bürgerliche Ökonomen sich die Frage stellen, ob der Kapitalismus gescheitert ist, versuchen die Gewerkschaftsführer_innen noch immer ihn zu retten.

Wir, Jugendlichen, Arbeiter_innen und Arbeitslosen hingegen müssen Widerstand gegen Sozial-, Bildungsabbau und Krise organisieren! Im November wird es eine neue Welle von Bildungsprotesten geben, die am 17. November ihren Höhepunkt in einem zentralen Streiktag finden sollen. In den Gewerkschaften wird es Kampagnen gegen die Leiharbeit geben und die Krise wird neue Anti-Krisenbündnisse erfordern, die wir aufbauen müssen.

Insbesondere uns Jugendlichen kommt eine wichtige Rolle darin zu, kämpferische Aktionen zu fordern, zu planen und Druck auf die Spitzen der Gewerkschaften aufzubauen. Doch nur Druck allein wird nicht reichen. Was wir brauchen ist eine neue Politik in den Gewerkschaften. Eine Politik, die den Internationalismus, die Solidarität unter den Beschäftigten und den Kampf gegen die Krise und das Kapital in den Vordergrund rückt! Diese Politik ist mit Huber, Bsirske oder Sommer nicht zu machen. Sie müssen ersetzt werden durch kämpferische, letztlich revolutionäre Gewerkschafter_innen.

Der Weg dorthin ist lang. Aber damit sich das ändert müssen wir gemeinsam eine kämpferische Basisopposition in Betrieb und Gewerkschaften aufbauen. Wir dürfen kein Blatt mehr vor den Mund nehmen, wenn wir mit der Politik der Gewerkschaft unzufrieden sind. Wir müssen etwas daran ändern.

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Warum REVOLUTION?

Wenn auch du etwas an der momentanen Gewerkschaftspolitik ändern willst, dann tritt mit REVOLUTION in Kontakt. Wir sind eine internationale kommunistische Jugendorganisation, die sich in Deutschland vor allem gegen Bildungs-, Sozialabbau, Faschismus, Rassismus, Sexismus, Niedriglohn und Entlassungen einsetzt.

Hinter diesen Problemen steht ein System – der Kapitalismus. Im Gegensatz zu SPD, LINKEN oder den reformistischen Führer_innen der Gewerkschaften glauben wir aber nicht, dass der Kapitalismus reformiert, gezähmt oder „arbeitnehmerfreundlich“ gestaltet werden kann.

Der Kapitalismus, in dem nicht die Bedürfnisse der Mehrheit bestimmend sind, sondern die Interessen der Kapitalist_innen (zum Beispiel Unternehmer_innen, Aktionär_innen, Banker_innen etc.), zerstört tagtäglich unsere Lebensgrundlage. Er schafft Krisen, vernichtet die Umwelt, führt zu Kriegen, Armut und Elend.

Daher sind wir der Meinung, dass der Kapitalismus durch eine Revolution gestürzt werden
muss. Wir wollen ihn ersetzen durch eine Gesellschaft, in der die Mehrheit der Bevölkerung bestimmt, was geschieht, nicht eine kleine Elite von Kapitalist_innen und ihre Politiker_innen. Diese Gesellschaft muss eine auf Räten basierte Gesellschaft sein, in der die Arbeiter_innen über die Produktion entscheiden!

Doch diese Gesellschaft wird uns nicht geschenkt werden. Sie wird erkämpft und zwar gegen den bürgerlichen Staat und das Kapital. Wenn ihr nicht nur gegen die Symptome des Kapitalismus kämpfen wollt, sondern für eine solidarische, kommunistische Gesellschaft eintreten wollt, dann tretet uns bei. Denn auch Widerstand muss organisiert werden!




Bildungsstreikkonferenz in Berlin – Neue Proteste angekündigt!

Vom 9.-11.9. fand in Berlin die erste große Bildungsstreikkonferenz dieses Jahres statt. Schon im Juli gab es eine SchülerInnenkonferenz in Köln, auf deren Initiative sich über 80 Studierende, SchülerInnen sowie VertreterInnen der Gewerkschaftsjugend und politischer Organisationen in Berlin trafen.

In Köln wurden Perspektiven für die kommenden Proteste diskutiert. So einigte man sich auf einen Mobilisierungs- und Kampagnentag am 15. November und einen zentralen Streiktag am 17. November.

Auch eine Resolution, deren Grundlage ein Entwurf von REVOLUTION war, der die vergangene Bewegung analysierte und Schlüsse für die Zukunft zog, wurde angenommen. Neben der Intransparenz, undemokratischen Strukturen und Entscheidungsprozessen kritisierte diese Resolution v.a. das Fehlen einer politischen Perspektive über eintägige Aktionen hinaus, die fehlende Bindung zu Protesten der Arbeiterklasse und die Weigerung von SDS, Jusos oder Solid, ernsthaft zu mobilisieren und Basisstrukturen wie Streikkomitees an Schulen und Universitäten zu schaffen!

Auch wenn die SDAJ, die stärkste Kraft in Köln, viele Teile der Resolution in Kampfabstimmungen blockierte, konnte man sich trotzdem auf einige wichtige Punkte einigen, die eine Grundlage für die Bewegung hätten darstellen können.

Doch wer sich nun von der Berliner Konferenz erwartet hatte, dass sie die Beschlüsse der SchülerInnenkonferenz weiterentwickeln würde, wurde enttäuscht. Gleich zu Beginn brach wieder die bekannte Konsens-Diskussion aus, die schon viele AktivistInnen entnervt aus der Bewegung gedrängt hatte.

Nach zweistündiger Diskussion mussten die Libertären, die anderthalb Jahre lang die Bewegung gelähmt hatten, eine Niederlage in der Abstimmung verzeichnen, in der sich die übergroße Mehrheit für Mehrheitsabstimmungen entschied. Die Reaktion der Libertären war so undemokratisch und elitär, wie ihr Agieren in der Bewegung insgesamt. Kurzerhand drohten einige VertreterInnen des libertär dominierten Asta der TU Berlin der Konferenz die „Solidarität und Gastfreundschaft“ zu kündigen, sollte man nicht das Konsensprinzip akzeptieren. Ironischerweise wurde der praktische Rausschmissversuch jedoch durch mindestens ein Veto in einer anschließende Debatte innerhalb des Asta blockiert, woraufhin der halbe Asta der TU die Konferenz verließ. Auch in den nächsten Tagen sollten Teile der, auf der Konferenz verbliebenen, Libertären durch Störversuche und unproduktives Verhalten auffallen.

Am Samstag, an dem es produktive Workshops und eine Vorstellungsrunde der Beschlüsse aus Köln und Gießen gab, folgte eine Diskussion über die Perspektive des Bildungsstreiks. In der von der SDAJ geleiteten Diskussion wurden jedoch weder die Resolution aus Köln noch die politisch genauere Resolution der Jugendorganisation REVOLUTION behandelt. Stattdessen verfing sich die Debatte in der Frage, ob die Bewegung weiterhin unter dem Slogan „Bildungsstreik“ laufen solle.

Gefasste Beschlüsse

Immerhin konnte man sich aber auf einen Aktionstag am 17. November einigen und beschloss, diesen in die Aktionen der „Global Weeks of Education“ vom 7.-20.11. einzubinden. Die Forderungen und der Aufruf der Konferenz hingegen blieben vage und in ihre Forderungen z.T. hinter dem Stand der Bewegung zurück. Das war v.a. dem Abstimmungsmodus, demzufolge jeder Beschluss eine Zweitdrittelmehrheit erforderte, sowie dem rechten Abstimmungsverhalten der SDAJ geschuldet, die sich gegen Forderungen wie nach der Besteuerung von Reichtum, aber sogar gegen die Neueinstellung von 100.000 LehrerInnen – seit jeher eine Kernforderung der Bewegung – stellte!

Trotzdem war die Konferenz ein Erfolg für die neu entstehende Bewegung. Zwar konnte sie viele Erwartungen nicht erfüllen und etliche Aufgaben blieben offen, aber sie war ein erstes Lebenszeichen nach zwei Jahren der Lethargie! Vor allem die Repräsentanz der Beteiligten war positiv. Es waren mehrere Städte vertreten sowie VertreterInnen vieler Gruppen, die sich engagieren wollen.

Jetzt geht es darum, die beschlossenen Aktionstage auch tatsächlich in die Praxis umzusetzen! Vor allem müssen die DGB-Jugend, der SDS, Jusos und Solid dazu gebracht werden, sich zu beteiligen, um möglichst viele auf die Straße zu bringen. Die Proteste von SchülerInnen, Studierenden und Azubis gegen den Bildungsabbau könnten auch ein wichtiges Zeichen für die Sozialproteste und den Widerstand gegen die Krise sein, die erneut auszubrechen droht.

Um in den Mobilisierungen junge AktivistInnen und Basisgruppen um sich sammeln können, ist es für KommunistInnen unerlässlich, für eine weitergehende Perspektive der Bewegung zu kämpfen. Diese muss u.a. demokratische Entscheidungsprozesse, Streikkomitees und einen entschlossenen Kampf gegen

Bildungsabbau und Krise gemeinsam mit den

Beschäftigten enthalten




Vor einem neuen Finanzcrash?

Wir veröffentlichen hier einen Artikel der Gruppe Arbeitermacht zur aktuellen Finanz- und Schuldenkrise. Er befasst sich mit dem momentanen Sturz der Aktienmärkte, der europäischen Union, den U.S.A. und der momentanen Perspektive für die Arbeiterbewegung – Martin Suchanek, Infomail 572, 12. August 2011

Kapitalistische Widersprüche spitzen sich zu 

Trotz fieberhafter Telefondiplomatie zwischen Berlin, Paris und Washington ging die Talfahrt der weltweiten Aktienmärkte am 8. August 2011 weiter. In Asien purzelten alle Indices an den Hauptfinanzplätzen Tokio, Hongkong, Taiwan und Shanghai erneut zwischen 2 und 4 Prozent herunter. Die europäischen Märkte zogen nach. Nach ernsten Abwärtsbewegungen fand sich der deutsche DAX bei 5%igem Abschlag, die Pariser und Londoner Börse bei 3,7% Minus wieder.

Die US-Märkte konnten sich dieser Welle nicht entziehen, und die Nachricht vom 5. August hat die Krisenentwicklung noch verstärkt. Standard und Poors, eine der 3 in der Welt führenden Ratingagenturen, verkündeten an dem Tag die erstmalige Herabstufung der US-Wirtschaft von einem dreifachen A auf AA+. Trotz US-Präsident Barack Obamas Fernsehansprache, in der er seinen Landsleuten versicherte, dass die USA „immer eine Dreifach A-Nation“ sein werde, gab die Wall Street um 5,6 % nach.

Am selben Tag gerieten Italien und Spanien ins Kreuzfeuer der Finanzmärkte, als die Zinsen für italienische und spanische Staatspapiere auf über 6% stiegen. Italien als drittgrößte Ökonomie der Eurozone ist mit 1,9 Billionen Euro Schulden belastet. Jetzt drohen diese Länder in den Sog von Griechenland und Portugal hineingezogen zu werden, für die dann selbst die ‚Rettungsschirme’ von EU und IWF nicht mehr ausreichend gespannt werden könnten.

Schon jetzt ist klar, dass es nur eine Frage der Zeit sein wird, wann die europäische ‚Finanzstabilität’ sich als nicht mehr haltbar erweisen wird, nicht einmal für die Ökonomien auf seiner Südflanke. Ein Teil der Staatsschulden von Griechenland, Irland, Portugal, ja sogar Spanien und Italien wird wohl in absehbarer Zeit abgeschrieben werden müssen.

Die Märkte geben „der Politik“ die Schuld

Die Finanzpresse schiebt einhellig dem US-Präsidenten, dem US-Kongress, den europäischen SpitzenpolitikerInnen und der EU-Kommission den schwarzen Peter für das Chaos zu. China stimmt ebenfalls in den Kritikerchor ein und greift Politiker wie Obama, Merkel und Sarkozy an, sie würden die Weltwirtschaft durch ‚kleinliches Gezänk’ aufs Spiel setzen und hätten sich einmal mehr als nicht fähig erwiesen, ‚entschlossen’ und ‚verantwortungsbewusst’ zu handeln.

Natürlich gibt es keinen Grund, die Handlungsweise von EU- und US-PolitikerInnen zu rechtfertigen. Aber sie treten nicht ‚den Willen des Marktes’ mit Füßen, sondern ganz im Gegenteil liegt ihre Schuld gerade in der sklavischen Unterwerfung unter die Zwänge des Kapitalismus. All diese Regierungschefs haben nicht nur die Megabanken und Milliardäre gerettet, sie haben Abermillionen Menschen von Athen bis Seattle, von Kairo bis Rejkjavik von Santiago bis Tel Aviv die Kosten für das Wohlergehen dieser privilegierten Parasiten aufgehalst. ArbeiterInnen, Jugendliche, Arme sowie auch Kleinbürgerschichten leiden überall unter den Auswirkungen der kapitalistischen Krise, glücklicherweise verharren sie nicht mehr in Schweigen.

Jetzt bedroht ein weiterer Finanzkrach an den Aktienmärkten die Weltwirtschaft mit einer neuen Rezession. Nicht nur die neuesten Wirtschaftsdaten aus den USA und Frankreich sind alarmierend für die Kapitalisten. Die OECD rechnet damit, dass der Höhepunkt der ‚weltweiten Erholung’ bereits wieder überschritten sein könnte. Dieser Aufschwung fand praktisch ohnedies nur in den BRIC-Staaten (China, Russland, Indien, Brasilien) statt sowie in Deutschland und den damit verbundenen Ökonomien im europäischen Raum.

Seit der Weltrezession 2007 treten große Teile der kapitalistischen Ökonomien (USA, Japan, West- und Südeuropa) auf der Stelle oder bewegen sich kaum. Obwohl Billionen aufgewendet worden sind, zunächst für die Auslösung und Stützung der Finanzeinrichtungen, dann durch Nullzinspolitik für Unternehmen, wie sie die amerikanische Bundesbank betrieb, ist keine Stabilität eingekehrt.

Die Maßnahmen haben zwar den völligen Zusammenbruch des internationalen Finanzsystems verhindern können, die Weltwirtschaft leidet jedoch weiter an den selben Symptomen, die sich schon bei Krisenausbruch gezeigt haben.

Kapitalismus selbst ist Ursache der Krise

Die Ursache für die kapitalistischen Weltkrise liegt eben nicht in ‚verfehlter Politik’ oder in ‚spekulativer Gier’, die letztlich nur die Krise beschleunigt hat, sondern in der Überakkumulation des Kapitals selbst. Der Kapitalismus ist das erste System, dessen Krisen als Resultat von ‚Überfluss’ erscheinen, von zuviel Produktion, zu vielen Arbeitern, zu viel Warenangebot, zu viel Anlagekapital. Inmitten einer Spekulations- und Investitionshysterie platzt plötzlich eine Krisenbombe.

Das ist allerdings kein Zufall. Immer mehr Kapital wird in den Kapitalstock an Maschinerie und Gebäuden gesteckt, um die Profitmasse zu erhöhen. und treibt den Investitionslauf weiter an. Aber der ständige Anstieg dieses Kapitalbestandteils zu Ungunsten des Anteils an menschlicher Arbeit zieht ‚unbeabsichtigte’ doch unvermeidliche Folgen nach sich. Investitionen werden mit immer geringeren Profitaussichten und weniger realisiertem Profit getätigt. Die Rate für den Profit, den Antriebsmotor für Investitionen, sinkt. Was tun Kapitalisten nun? Sie verlagern ihr Kapital immer stärker in vielsprechendere Sphären der Ökonomie; auf der Suche nach kurzfristigeren und besseren Wertmargen ‚investieren’ sie v.a. an den Finanzmärkten.

Das kann für gewisse Zeit funktionieren wie in der Vorkrisenperiode von 2003 – 2007, aber dann muss diese Blase platzen, und eine Krise, eine Lähmung des ganzen Systems tritt ein. Diese Krise lässt sich nur lösen, d h. die Wiederherstellung eines zeitweiligen, dynamischen Gleichgewichts für eine neue Ausdehnung kann nur eintreten, wenn genügend Kapital in der Krise vernichtet worden ist, wenn ein veralteter Maschinenpark und Produktionsmittel ausgemerzt, wenn genug Arbeitskräfte entlassen worden sind und wenn überschüssiges, fiktives Kapital, das scheinbar aus dem Nichts in den Finanzmärkten erzeugt worden ist, vernichtet und abgeschrieben worden ist.

Aber während Millionen ArbeiterInnen ihre Jobs verloren haben und viele Klein- und Mittelbetriebe bankrott gegangen sind, fand immer noch ‚zu wenig’ Vernichtung von Kapital statt, um das kapitalistische System als ganzes neu zu beleben. Die Regierungen der großen imperialistischen Staaten Deutschland, Frankreich und USA retteten ihre global operierenden Riesenkonzerne mit staatlichen Geldern, oder wie im Fall von Autohersteller General Motors in den USA durch vorübergehende Nationalisierung, um die Karre auf Kosten der Steuerzahler wieder flott zu machen. Wie schon Marx sagte, Kapitalisten werden über Nacht zu ‚Sozialisten’, wenn es sich um ihre Verluste dreht.

Aber der eklatanteste Skandal bestand darin, dass die Regierungen nicht nur den größten Banken und Investmenthäusern Goldman Sachs, Deutsche Bank und die britische Honkong Shanghai Banking Corporation usw. die von ihnen selbst ausgelöste Krise überleben ließen, sondern ihnen auch noch die Spekulationsgewinne daraus sicherte. Im Jahrzehnt vor dem Kreditkrach floss das Kapital in den Händen dieser Institute in Immobilienspekulationen und danach in schuldenträchtige Staatsanleihen.

Die Rückzahlung des Geldes, das die Deutsche Bank dem griechischen Staat hochverzinslich lieh, dafür haftet nun der Europäische Finanzstabilitätsfonds. Es ist also nicht die griechische Ökonomie, die ‚gerettet’ wird, sondern vielmehr die deutschen und französischen Finanzkapitalisten und deren Spekulationsgewinne aus den Geschäften mit den Staatsschulden Griechenlands und anderer Länder. Ihnen werden die ‚Investitionen’ mit hohen Zinsen rückerstattet, während die Bedingungen, die an die neuen Kredite geknüpft sind, die Lebensbedingungen von griechischen ArbeiterInnen, BäuerInnen, dem Kleinbürgertum und der arbeitslosen Jugend zerstören. Wenn diese Ausplünderung der Massen in Griechenland funktioniert, warum soll sie nicht in Spanien oder Italien durchzuführen sein, und warum dann nicht auch in den USA oder Britannien, die noch weit mehr verschuldet sind?

Ungleichzeitige Entwicklung und innerimperialistische Konkurrenz

In den Monaten und Jahren seit der weltweiten Rezession hat sich außerdem die Schere der ungleichzeitigen Entwicklung in der Weltwirtschaft weiter geöffnet. Während Länder wie China, Deutschland oder Indien sich verhältnismäßig schnell erholt haben, zumal ihre Kapitalisten auf dem Weltmarkt größere Anteile erwerben konnten, sind andere deutlich zurück gefallen.

Aber all diese scheinbaren Erfolge sind großenteils auf dieselben Mechanismen und Antriebe zurück zu führen, die auch die Aufwärtsspirale, das plötzliche Scheitern und die schwerfällige Stagnation der anderen bewegen. Der Euro belastet bspw. die Konkurrenzfähigkeit der südeuropäischen Ökonomien, zumal er ihre Exporte verteuert; zugleich aber begünstigt er die deutsche Ausfuhrwirtschaft innerhalb und noch mehr außerhalb der Europäischen Union.

Eine rein deutsche Währung, die sich wie die DM in der
Vergangenheit ausschließlich auf die hoch produktive deutsche Wirtschaft stützen würde, wäre den Wechselkursmodalitäten mit einer starken Aufwertung wesentlich schärfer ausgeliefert als der Euro. Dieser Erfahrung unterliegt gerade der Schweizer Franken zum Schaden der eigenen Exporte. Für das deutsche Industriekapital ist also der ‚schwächere’ Euro vergleichsweise vorteilhafter.

Der kurzzeitige Vorsprung für die deutschen Kapitalisten muss vor dem Hintergrund der längerfristigen strategischen Orientierung des deutschen Imperialismus gesehen werden, der sich als führende Macht in der Eurozone und damit in ganz Europa absichern will. Derzeit ist er in seinen politischen und geostrategischen Bestrebungen durch verfassungsmäßige Beschränkungen innerhalb der EU als Bündnis von Nationalstaaten behindert.

Für die deutschen Imperialisten ist die gegenwärtige Schuldenkrise in der EU trotz der Gefahr für das gesamte EU-Projekt und den Euro auch eine Chance, den anderen europäischen Staaten die Anerkennung eines deutlichen und dauerhaften Schrittes zu einer gefestigteren politischen Union mit einer klareren Dominanz Deutschlands abzunötigen. Natürlich soll Frankreich Juniorpartner sein, der Deutschlands wirtschaftliche Überlegenheit eingesehen hat. Für das deutsche Finanzkapital und seine Regierung ist die derzeitige Krise von dem her nicht einfach eine wirtschaftliche Angelegenheit, sondern auch ein Schlachtfeld, auf dem die eigene Macht in der Europäischen Union, deren Charakter grundlegend verändert werden soll, ausgebaut werden kann.

Fast noch bedeutsamer erscheint der Umstand, dass die riesigen Dollarreserven Chinas die USA noch abhängiger von Peking werden lassen. War zur Jahrhundertwende die Anhäufung der US-Währung noch ein Mittel, den US-Markt für chinesische Waren zu öffnen, so nutzt China dies heute immer offener als Druckmittel gegen die USA. Die chinesische Ratingagentur Dagong hat die US-Wirtschaft bereits eine Woche vor Standard & Poors herabgestuft.

Nach dem langen und grotesken Tauziehen in Washington um die US-Schuldenobergrenze, den Wochen des Patts zwischen Obama und der republikanischen Mehrheit im US-Kongress forderte China, dass die USA „verantwortungsbewusst in Hinsicht auf die Weltwirtschaft handeln“ müsse. Der chinesische Staat erwartet von den USA eine „entschlossene Politik“, um ihre chronischen Schulden durch massive Kürzungen bei Sozial- und Rüstungsausgaben loszuwerden.

Die chinesischen Befürchtungen gegenüber der US- und europäischen Politik sind auch die Folge der allzu deutlichen Drohung, dass die Abwertung des US-Dollar und des Euro die Wareninflation weiter anheizen würde, wie das schon mit verheerenden Auswirkungen auf die Ökonomien und Bevölkerungen der ärmeren Länder der Fall war.

China selbst kämpft gegen eine wachsende Inflation und das Gespenst einer Krise in der eigenen kapitalistischen Entwicklung. Das wiederum verheißt eine Zunahme der Instabilität und eine neue Abwärtsspirale der Weltwirtschaft.

Explosiver Charakter…

Diese Beispiele verweisen auf zwei bedeutsame Umstände, die die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftskrise so explosiv machen:

a) Die offenkundige Uneinigkeit und Unentschlossenheit zwischen und innerhalb von Regierungen und Parlamenten sind nicht nur kleinliches Gezänk; sie spiegeln wirkliche Spaltungen zwischen konkurrierenden Kapitalen und Fraktionen der herrschenden Klasse wider.

b) Die gegenwärtige Periode ist gekennzeichnet von tiefer Strukturkrise des Kapitalismus, die die Risse zwischen den kapitalistischen Hauptmächten verbreitert und verschärft. Sie lässt die internationale Konkurrenz anwachsen und geht Hand in Hand mit einem sich anbahnenden Kampf um die Neuaufteilung der Welt zwischen diesen Mächten.

Gemeinsam ist allen Fraktionen der herrschenden Klasse jedoch die Entschlossenheit, die Arbeiter und Armen für die fortschreitende Schuldenkrise zahlen zu lassen. Die USA habe ihr Kürzungsprogramm mit 2,4 Billionen Dollar von Einsparungen an öffentlichen Ausgaben in den nächsten 10 Jahren verkündet. Die Speerspitze der Attacken richtet sich gegen das Gesundheitswesen. In Italien haben die Parlamente einen Burgfrieden mit dem reaktionären Ministerpräsidenten Berlusconi geschlossen und ermöglichen so, dass die ‚Sparprogramme’ vorangetrieben werden, ein verschleiernder Begriff, unter dem zynische Attacken auf die Lebensbedingungen von Arbeitern, Armen und auch Kleinbürgern durchgeführt werden.

Angesichts der Krise, der wachsenden imperialistischen und kapitalistischen Konkurrenz sowie der ungezügelten rücksichtslosen Offensive gegen die Arbeiterklasse werden die Kommentatoren der herrschenden Klasse nervös und unzufrieden mit ihren PolitikerInnen. Sind Obama und der ganze US-Kongress der Situation gewachsen? Nehmen Sarkozy und Merkel, ganz zu schweigen von dubiosen Figuren wie Berlusconi die Krise wirklich wahr? Noch schockierender für die herrschende Klasse ist, dass manche ihrer Kommentatoren sich fragen, ob nicht jeder bürgerliche Politiker, der antritt, das System zu retten, angesichts des historischen Ausmaßes der Weltkrise, sich als inkompetent erweisen wird.

Reformistische Politik und Illusionen:

Doch andererseits kann die herrschende Klasse beruhigt sein, dass die Führungen der Labour und sozialdemokratischen Parteien, der bürokratischen Gewerkschaften, die mit diesen Parteien oder gar den offen kapitalistischen Demokraten verbunden sind, ihnen eilig und eifrig bei der Rettung des Systems helfen wollen. Während Reformisten an der Regierung wie José Luis Zapatero in Spanien selbst die kapitalistischen Attacken tragen, entdecken ihre Gesinnungsgeschwister in der Opposition auf einmal ‚radikalere’ Lösungsvorschläge.

Gordon Brown, der frühere britische Premierminister rät nun zur Rückkehr zum Keynesianismus. Er befürwortet Steuererhöhungen für die reicheren Teile der Gesellschaft und erhöhte Staatsausgaben. Ähnliche Erklärungen kommen vom deutschen SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel, früher Minister in Gerhard Schröders und Angela Merkels Kabinett. Er fordert eine ‚europäisches Konjunkturprogramm’. Ein Brown/Gabriel-New Deal Kurs würde, so meinen sie, die EU, den Euro, die europäische Ökonomie, die Profite und Konkurrenzfähigkeit ihrer Bosse und gleichzeitig den Lebensstandard der ArbeiterInnen, wenigstens der europäischen, retten.

Man muss sich wundern, warum diese Labour und sozialdemokratischen Helden, als sie in der Regierung saßen, ihre keynesianische Politik zur Auslösung von Banken oder den Haushalt zur niedrigen Besteuerung von Reichen benutzt haben wie dies Tony Blair mit seiner Politik des ‚dritten Wegs’ oder Schröder mit seiner Orientierung auf die ‚neue Mitte’ getan haben. Man muss sich wundert, warum Brown das Programm von Kürzungen durchgeführt hat,das so viele seiner ParteianhängerInnen empört hat, oder warum Gabriel die Agenda 2010 vorangetrieben hat, eine strategische Offensive gegen die Nachkriegserrungenschaften der deutschen Arbeiterklasse.

Es ist dieselbe sozialdemokratische Story seit fast 100 Jahren. Einmal an der Regierung, behaupten sie, sie seien ‚gezwungen’ die Gegebenheiten der kapitalistischen Ökonomie zu akzeptieren. Zurück in der Opposition, fühlen sie sich frei, von einer alternativen Regierungspolitik zu träumen, natürlich auf der Grundlage von versöhnlicher Klassenharmonie.

Lenin hat einmal darauf hingewiesen, dass es selbst in der tiefsten Krise des Kapitalismus keine absolut hoffnungslose Lage für die herrschende Klasse gibt, solange sie nicht von der Macht verjagt worden ist. Anscheinend ist bei sozialdemokratischen Führern die Hoffnung auf Partnerschaft und Klassenkompromiss unausrottbar, selbst angesichts einer historischen Krise des Kapitalismus als Weltsystem.

Führungskrise der Arbeiterklasse!

Solange die Arbeiterklasse Führer dieses Schlages von Parteien wie SPD und Labour hat, solange die Gewerkschaften sie unterstützen und ihre reformistischen Ideen die Arbeiterbewegung dominieren, stehen die Aussichten gut für die herrschende Klasse, ihre Herrschaft zu behalten. Es ist die historische Führungskrise des Proletariats, die in Irreführern wie Brown und Gabriel zum Ausdruck kommt und damit entscheidend die herrschende Klasse stärkt.

Sie bilden ein gewaltiges Hindernis, dass der Widerstand erst beseitigen muss, will er erfolgreich die gegenwärtigen Attacken zurückschlagen. Die Arbeiterbürokratie in den reformistischen Parteien und Gewerkschaften verhindert wo sie kann die notwendigen entschlossenen Gegenwehrmaßnahmen. Sie sind entschiedene Gegner von Massenprotesten und Demonstrationen, die über gelegentliches Dampfablassen hinausgehen könnten. Sie hassen den bloßen Gedanken an ‚illegale’ Besetzungen, politische Massenstreiks oder gar an einen Generalstreik. Sie blockieren wo sie können den Aufbau von demokratisch koordinierten Kampforganen, von Massenversammlungen am Arbeitsplatz und in Wohngebieten, von Aktionsausschüssen.

Deshalb müssen wir uns und anderen helfen sich zu organisieren, darum müssen wir von den Massenorganisationen der Arbeiterklasse und ihren Führern diese Art von Aktionen fordern, zugleich aber für Lösungen der Schuldenkrise im Sinne der Arbeiterklasse kämpfen, dass die Bosse, Bänker und Großkapitalisten für ihre Krise zahlen. Wir müssen die Besteuerung der Reichen und Konzerne fordern, die entschädigungslose Verstaatlichung aller Banken und ihre Zusammenfassung in eine Staatsbank. Um die Erwerbslosen in gesellschaftlich sinnvoller Beschäftigung aufzufangen, müssen wir einen Plan zur Schaffung von sozialen Wohnungen, eine Wiederherstellung der Versorgungs- und Bildungssysteme fordern.

Deshalb müssen wir den Kampf um unmittelbare Massenaktion mit dem Eintreten
für eine Arbeiterregierung verbinden, die sich auf Massenorgane, Keimformen von Arbeiterräten, die aus solchen Kämpfen hervorgehen. berufen können.

Um solche Kämpfe bis zum siegreichen Abschluss, dem Sturz des dem Untergang geweihten kapitalistischen Systems selbst, führen zu können, brauchen wir eine politische Alternative an Stelle des in die Sackgasse führenden Labour-, sozialdemokratischen oder irgendeiner anderen Art von Reformismus: neue antikapitalistische und revolutionäre Parteien und eine neue, Fünfte Internationale.




Rechter Terror in Norwegen – Wut zu Widerstand!

Wer in den letzten Tagen die Nachrichten geschaut hat, der war sicher nicht nur schockiert, sondern auch erstaunt darüber, wie zögerlich sich die Medien an den politischen Hintergrund des Täters wagten. Doch stellen wir noch einmal dar, was passierte, bevor wir uns genau dieser Frage widmen…


Was geschah am 22. Juli?

Um 15:26 Uhr explodierte im Osloer Regierungsviertel eine Autobombe, die mindestens sieben Menschen tötete. Die Wucht der Detonation war so gewaltig, dass sie die umliegenden Gebäude im Umkreis von 200 Metern stark beschädigte, noch im 10. Stock des Gebäudes davor zersplitterten die Fensterscheiben. Erste Nachrichtensender berichteten und rätselten, ob Al Quaida wieder zugeschlagen habe.

Doch das Grauen ging weiter. Um 17:30 Uhr eröffnet der als Polizist verkleidete Schütze Andreas Behring Breivik das Feuer auf die jugendlichen Besucher des sozialdemokratischen Sommerlagers auf der Insel Utøya. Die jungen Sozialdemokrat_innen erwarteten an diesem Abend noch Besuch vom ebenfalls sozialdemokratischen Regierungschef Norwegens. Breivik verschaffte sich unter dem Vorwand, die Sicherheit auf dem Gelände überprüfen zu wollen, Zugang zur Insel, rief die Jugendlichen vor einem Bungalow zusammen und fing dann an zu schießen. Dabei tötete er mindestens 84 weitere Menschen.

Die sozialdemokratische Jugend hatte dem nichts entgegenzusetzen, es gab keine eigene Schutztruppe, mit der sie sich hätten verteidigen können, keine Möglichkeit den Angreifer zurückzuschlagen oder wenigstens aufzuhalten! So hatte Breivik nach Augenzeugenberichten wohl eine Stunde Zeit, um auf der Insel nach Opfern zu suchen und diese kaltblütig zu ermorden, bevor die Polizei ihn schließlich stellte.

Gegen Mitternacht berichteten die ersten Medien, dass es sich bei dem Attentäter wohl um einen jungen norwegischen Mann handele – Al Quaida war aus dem Schneider – erste Vermutungen gingen in Richtung Naziszene, doch genaueres erfuhr man nicht.

Wer ist Breivik und was war sein Motiv?

Wie mittlerweile klargeworden ist, handelt es sich bei dem 32-Jährigem Breivik um einen Faschisten. Doch was heißt das genau? Die Frage ist nicht leicht zu beantworten, da neben seiner offen rechten Gesinnung noch eine andere Variable in das Anschlagsmotiv hineinspielt. Breivik ist ein geistig verrohter Fanatiker, der dazu bereit war über alle Maßen kaltblütig zu Morden, ohne Rücksicht zu nehmen auf die Frage, wie  sein weiteres Leben dadurch beeinflusst würde.

So bereitete sich der als Bio-Bauer Tätige nach eigener Aussage neun Jahre auf diesen Anschlag vor. Im Internet verbreitete Breivik sein seltsames Weltbild, dass aus einer Mischung von Antikommunismus, Antiislamismus und (west-europäischem) Nationalismus besteht. Gepaart wird dies mit einer guten Portion lächerlicher Verschwörungstheorie – „Marxisten“ hätten seit dem 2. Weltkrieg angeblich sämtliche Fernsehsender und sowieso alle Institutionen, wie z.B. Universitäten und Ministerien unterwandert um „Multikulturalismus zu propagieren, um so die europäische Rasse zu vernichten“. Gemeinsam mit den „kapitalistischen Globalisierern“hätten sie zusammengearbeitet, um die Vereinten Nationen gemeinsam mit den „Moslems“ zu unterwandern.


Diese Art von geistigen Niedrigleistungen, wie man sie nicht einmal von der NPD kennt, zieht sich durch sein gesamtes Video, auch sein Buch, welches den Titel „2083 – Eine europäische Unabhängigkeitserklärung“ trägt und 1516 Seiten umfasst, ist in genau diesem Stil gehalten. Ein gesamtes Kapitel dient der Erklärung, warum es so wichtig sei, Frauen zu töten um politischen Druck aufzubauen – eine seiner Aussagen ist daher auch: Patriarchat statt Matriarchat.

Breivik – ein faschistischer Einzeltäter?

Doch wie ist das alles einzuordnen? Handelt es sich bei Breivik nur um einen irren Einzeltäter, der auf die bösen „kommunistisch-kapitalistisch-muslimischen Verschwörer“ aufmerksam machen will?

Nein, dieser Fehl-Analyse dürfen wir nicht verfallen! Die Anschläge von Norwegen reihen sich in eine ganze Angriffsserie ein, die es in den letzten Monaten in Europa gab. Beispielhaft hierfür sind zum Beispiel die andauernden Brandanschläge auf linke Strukturen und Moscheen in Berlin, die ihre ideologische Vorbereitung in einem Erstarken der rechtspopulistischen, sowie faschistischen Parteien in weiten Teilen Europas finden.

Neben rechtspopulistischen Parteien, wie der „Freiheitspartei“ in Norwegen, den „Wahren Finnen“ in Finnland, „Flaams Belang“ in den Niederlanden, der „FPÖ“ in Österreich und anderen Ländern, ist vor allem das Erstarken von Faschisten in Europa besonders bedrohlich. Diese können vor allem in Ost- und Südeuropa auf immer mehr Anhänger_innen zählen. So kam vor paar Tagen in Ungarn ein weiterer faschistischer Bürgermeister in „Amt und Ehren“, der der faschistischen Partei „Jobbik“ angehört.


Und genau bei dieser politischen Strömung kreuzen sich die Aussagen von Breivik und die Praxis dieses Packs. Denn die Wahlerfolge der Faschisten und auch der Rechtspopulisten sind vor allem auf folgende Themen zurückzuführen: „Anti-Islamismus“ und eine chauvinistische, nationalistische „Kapitalismuskritik“.

Gerade die Faschisten machen sich das, in der Wirtschaftskrise verarmte, Kleinbürgertum zur Gefolgschaft und versuchen die Leute aufzufangen, die von der Sozialdemokratie bitter enttäuscht worden sind. Sie propagieren eine „starke Nation“ mit „volkszugehörigen“ Einwohnern, die keinem „die Arbeitsplätze klauen und die Kultur kaputt machen“, einer „nationalen Volkswirtschaft“, die unabhängig von den „gierigen imperialistischen amerikanischen Konzernen“ ist und somit Wohlstand für alle bietet. Insbesondere die Unfähigkeit der Sozialdemokratie, nicht nur die Faschisten zu bekämpfen, sondern die Ursachen ihrer Existenz zu beseitigen, nämlich den Kapitalismus und seine Krisen, bereitet also den Nährboden für die Ideologie der Rechten, für die Ideologie Breiviks.

Wut zu Widerstand – gemeinsam gegen die Faschisten kämpfen!

Es ist genau diese Unfähigkeit der Führung von Sozialdemokratie, sowie von Linksreformisten, die wissentlich und vorsätzlich nichts tun, um einen effektiven antifaschistischen Kampf zu führen, der wir entgegentreten müssen. Was wir brauchen sind Selbstverteidigungskomitees in unseren Bezirken und Dörfern, die gegen Faschisten und Leute wie Breivik vorgehen können.Diese dürfen sich nicht nur aus selbst ernannten „radikalen Antifaschist_innen“ zusammensetzen, sondern vor allem aus
Arbeiter_innen und einfachen Lohnabhängigen und Jugendlichen, die bereit dazu sind sich den Faschisten in den Weg zu stellen. Auf die Polizei, auf den bürgerlichen S
taat können wir uns dabei nicht verlassen. Er wird lieber sein Gewaltmonopol, im Notfall auch die Faschisten schützen, anstatt Selbstorganisation von Arbeiter_innen und Jugendlichen zuzulassen!

In diesem Kampf ist es wichtig eine möglichst hohe Einheit in der Aktion zu gewährleisten!

Sei es in einem Bezirk, wo regelmäßig Faschisten die Straßen unsicher machen oder zum Beispiel bei Aufmärschen der Faschisten – alle Organisationen der Arbeiterklasse, einschließlich der reformistischen, linker Jugendverbände, Migrant_innenorganisationen und weiterer Bedrohter müssen Seite an Seite in der Aktion gegen die Faschisten Kämpfen.

Revolutionärer Antifaschismus – die einzig konsequente Antwort!

Eines ist jedoch für uns als Revolutionäre klar. Auch wenn wir die Sozialdemokratie zur gemeinsamen Aktion aufrufen, sind wir uns klar, dass ihre Führung uns und ihre eigene Basis im Kampf verraten wird. Letztlich kann nur eine revolutionäre Partei, gemeinsam mit einer revolutionären Jugendorganisation, den bürgerlichen Staat zerschlagen und den Faschisten, wie den Kapitalisten ein für alle Mal den Boden entziehen, auf dem sie stehen.

Wir trauern um die gestorbenen Jugendlichen, Freunde, Genoss_innen Doch nur zu trauern, wird ihnen nicht die Gerechtigkeit verschaffen, die sie verdienen. Lasst uns gemeinsam die Faschisten bekämpfen!

REVOLUTION blockierte in Dresden

Smash Fascism – Fight Capitalism!

Wenn ihr euch für unsere Faschismusanalyse interessiert und mehr Info´s wollt, wie man gegen ihn kämpfen kann, dann geht doch einfach mal auf:


http://www.onesolutionrevolution.de/?p=396

Informationen über Breiviks eigene Position könnt ihr finden unter:

http://www.disclose.tv/action/viewvideo/75977/Video_Made_by_Norway_Suspect__Knights_Templar_2083/




Gegen Reformismus und Pazifismus! – Für revolutionären Internationalismus!

REVOLUTION und Antiimperialismus

März 2009

Für uns, als kommunistische Jugendorganisation ist der Antiimperialismus ein wesentliches Merkmal jeder „linken“ Gruppe oder Partei. Im folgenden wollen wir erklären was für uns die „Antiimperialistische Einheitsfront“ bedeutet und wie sich für uns revolutionärer Widerstand gegen den globalen Krieg definiert.

Als Imperialismus bezeichnen wir die aktuelle Epoche der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaftsordnung. Diese Epoche zeichnet sich durch eine verschärfte Konkurrenz innerhalb der kapitalistischen Staaten und Blöcke aus – Konkurrenz um den Zugang zu Rohstoffen, zu Märkten und zu billigen Arbeitskräften. In der imperialistischen Epoche treten globale Großkonzerne der stärksten kapitalistischen Staaten weltweit zueinander in Konkurrenz, ebenso tun dies auch die bürgerlichen Staaten – in Konkurrenz um die politische Herrschaft über Märkte, Halbkolonien und Kontinente. Der Imperialismus ist gekennzeichnet vom ökonomischen Niedergang der kapitalistischen Produktionsweise, welche die imperialistischen Staaten in immer schärfere Konflikte und Krisen treibt – diese führten bislang zu zwei Weltkriegen während der imperialistischen Epoche.

Internationalismus vs. Imperialismus

Was meinen wir, wenn wir von Internationalismus schreiben und sprechen? Der Internationalismus ist die fortschrittliche revolutionäre Antwort aller ausgebeuteten Klassen weltweit auf das imperialistische System von Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung. Als InternationalistInnen vollzieht sich für uns keine Grenze zwischen uns und den Jugendlichen in Polen, der Türkei, Palästinas oder sonstwo – als InternationalistInnen stehen wir gemeinsam gegen Krieg, Hunger und Unterdrückung mit allen unterdrückten und ausgebeuteten Völkern weltweit. Lange Zeit prägte dieses Ideal die internationale Arbeiterbewegung, bis zum Ausbruch des 1.Weltkriegs. Damals stellte sich die deutsche SPD offen auf die Seite des deutschen Kapitals und Kaisers und der revolutionäre Internationalismus erlitt eine schwere Niederlage.

Vom dem deutschen Internationalist und Revolutionär Karl Liebknecht ist der Ausspruch „Der Hauptfeind steht im eigenen Land“ bis heute prägend für das Verständnis des revolutionären Internationalismus. Für Liebknecht stand außer Frage das die Arbeiterklasse und die Jugend im Falle des Krieges entschlossen gegen die eigene Bourgeoisie vorgehen muss – wie tut sie das? Von zahlreichen Antikriegsdemos ist vielleicht auch der Slogan „Stell dir vor es ist Krieg und keiner geht hin“bekannt, in der Tat ist ein Krieg ohne Soldaten und ohne ArbeiterInnen in der Industrie oder öffentlichen Dienst schwer vorstellbar. Wenn wir heute den Kampf gegen Krieg und Imperialismus führen wollen, dann müssen wir den Kampf gegen die kapitalistische Gesellschaftsordnung aufnehmen, müssen dem Krieg die ökonomische und politische Grundlage entziehen.

Leider ist der Internationalismus heute nicht prägend für die sog. „Anti-Kriegsbewegung“ – anstelle eines kämpferischen antikapitalistischen Programms, verliert sich ein Großteil der „Friedensbewegung“ in abstrakten Friedenswünschen, in die Hoffnung einer „friedlichen Konfliktlösung“ usw. Besonders dieser reformistische Teil der Anti Kriegs AktivistInnen, welcher sich aus Linkspartei, Gewerkschaften, DKP, SDAJ u.a. speist, ist ein objektives Hindernis für eine internationalistische Bewegung, die sich offen gegen Krieg und Kapital stellt und den gemeinsamen Kampf aller Unterdrückten weltweit zum Programm hat. Als InternationalistInnen müssen wir aktiv für die Niederlage des imperialistischen Kriegs eintreten, müssen solidarisch mit den angegriffenen Völkern sein und ihren Widerstand gegen die imperialistischen Besatzer unterstützen.

Von rassistischen sog. „Anti-deutschen“ Gruppierungen wie dem BAK Shalom in der Linksjugend solid werden AntiimperialistInnen oft mit Antisemiten gleichgesetzt – jegliche Solidarität z.B. mit dem palästinensischem, irakischen oder afghanischen Volk wird mit Antisemitismus gleichgesetzt. In einem anderen Artikel werden wir uns diesen offen rassistischen kleinbürgerlichen Gruppierungen näher widmen – hier ist es wichtig den Charakter der „Antiimperialistischen Einheitsfront“ für revolutionäre InternationalistInnen zu klären. Wir sind solidarisch mit jedem Widerstand gegen den Imperialismus – dieser stellt heute das reaktionärste Hindernis der Menschheit dar, jeder Widerstand gegen Krieg und Besatzung muss von uns aktiv unterstützt und begleitet werden. Allerdings teilen wir deshalb nicht jede Meinung von anderen Teilen des Widerstands, wir teilen nicht das politische Programm der Hamas, der Hizbollah oder der Taliban. So wie wir hier auf einer Antinazidemo bspw. gemeinsam mit Gewerkschaften und Linkspartei, SPD und Grünen gegen die Faschisten auf die Straße gehen, so sagen wir auch klar das deren Konzept des Antifaschismus ungenügend ist und wir sie als Reformisten bezeichnen. Ebenso müssen es revolutionäre InternationalistInnen in der Antiimp. Einheitsfront machen, geschlossen nach außen gegen den imperialistischer Besatzer und Angreifer und nach innen vollster politischer Kampf gegen bürgerliche, nationale und reaktionäre Organisationen und deren Programm.

Konkret am Beispiel des Gaza Kriegs : Natürlich haben wir das Recht der Palästinenser auf Selbstverteidigung gegen die Militärschläge Israels verteidigt, haben dazu aufgerufen die Bevölkerung zu unterstützen – aber genauso klar haben wir die Hamas politisch kritisiert, haben festgestellt, das das nationalistische religiöse Programm kein Schritt zur Befreiung des palästinensischen Volkes darstellt. Ebenso war uns klar das die Hamas jede Möglichkeit nutzen wird, sich wieder als international anerkannter (d.h. vom Imperialismus anerkannter) Verhandlungspartner anzubieten, so wie derzeit auch geschieht bei den Verhandlungen in Ägypten zwischen Hamas und der Fatah unter „Autonomiepräsident“ Abbas.

Diese Kräfte bezeichnen sich so lange als „antiimperialistisch“ bis sie vom Imperialismus als politische Führung anerkannt werden, dann vollstrecken sie ebenso die Herrschaft des globalen Imperialismus, deswegen sind es bürgerlich-nationalistische Kräfte und deswegen müssen wir sie politisch bekämpfen, müssen versuchen eine internationalistische sozialistische Opposition in der moslemischen Welt aufzubauen. Internationalismus bedeutet nicht „pace“, sondern der gemeinsame entschlossene Kampf aller unterdrückten Klassen weltweit gegen den Imperialismus, Internationalismus bedeutet „Krieg dem Krieg“.

  • Kommt mit uns nach Straßbourg und Baden-Baden zu den antiimperialistischen Protesten gegen die NATO
  • beteiligt euch am REVOLUTION Block bei der Großdemo am 4.4 in Straßbourg!
  • Gegen NATO und gegen Krieg! – Für revolutionären Internationalismus!
  • Für eine kämpferische antimperialistische Anti Kriegsbewegung!
  • Solidarität mit allen besetzten Völkern und ihrem Widerstand!
  • Gegen die Spaltung des internationalen Widerstands und „linke“ Rassisten bei den Protesten!

One Solution – REVOLUTION!