Für ein revolutionäres Corona-Schulprogramm!

Von Clara Roth

Wie von der
Wissenschaft vorhergesagt, ist seit Anfang Oktober eine zweite
Pandemiewelle in vollem Gange, welche nun in der kalten Winterzeit
mit aller Härte zuschlägt und die erste Märzwelle nicht nur
hinsichtlich der Zahl täglicher Neuinfektionen, sondern inzwischen
leider auch im Hinblick auf Hospitalisierungs- und Todeszahlen weit
in den Schatten stellt. Vielerorts droht das überlastete
Gesundheitssystem zu kollabieren. Die zögerliche Antwort der Politik
erschöpft sich indes in einem halbherzigen Lockdown.

Lockdown
light: So tun, als würde man die Pandemie effektiv bekämpfen

Anders als beim
ersten Lockdown, wo nicht nur Schulen, sondern auch die meisten
Geschäfte, Einrichtungen und Betriebe geschlossen wurden und somit
die Mehrheit automatisch zu Hause blieb, beschränkte sich der
Lockdown light lediglich auf Bereiche wie Kultur, Gastronomie und
Gemeinschaftssport. Dazu werden Kontaktverbote ausgehängt, was
unsere Freizeit massiv einschränkt, während in der Arbeitswelt die
Pandemie weitgehend ignoriert wird. Scheinbar gilt das
Infektionsrisiko nur in Freizeiteinrichtungen und Restaurants, denn
während all jene Einrichtungen rigoros geschlossen werden, blieben
Schulen viel zu lange uneingeschränkt offen, die Menschen müssen
weiterhin in allen übrigen Sektoren zur Arbeit gehen und der
Einzelhandel durfte das ersehnte Weihnachtsgeschäft wochenlang
ungestört abwickeln. Dementsprechend sind die öffentlichen
Verkehrsmittel weiterhin überfüllt und in Innenstädten sammeln
sich enorme Menschenmassen an. Es ist eine dreiste Zumutung, dass in
Zeiten einer tödlichen Viruspandemie 30 und mehr Schüler_Innen samt
Lehrer_In täglich mehrere Stunden in Klassenzimmern verbringen
müssen.

Derzeit haben wir
es also mit einseitigen und teils radikalen Einschnitten ins
Privatleben der Menschen zu tun, während für Schulen und Betriebe
viel zu lange business as usual galt. Ein derartiger
Freizeit-Lockdown ist nicht nur augenscheinlich absurd, sondern
verfehlt auch erwartungsgemäß das vorgegebene Ziel der effektiven
Pandemie-Eindämmung, wie die besorgniserregenden Zahlen der letzten
Wochen unter Beweis stellen. Warum wählt die Politik dennoch einen
solchen Weg?

Dass die Schulen
offen blieben, hatte nicht etwa den Grund, sozial schwächeren unter
die Arme zu greifen, wie oft von den
Politiker_Innen behauptet wird. Vielmehr steckt in
der Hauptsache folgende Verwertungslogik dahinter: Blieben
Schüler_Innen zu Hause, könnten viele Eltern nicht zur Arbeit gehen
und so auch nicht für den Profit der Unternehmer_Innen schuften.
Zudem darf der Zufluss qualifizierter Arbeiter_Innen nicht abreißen,
weswegen wir weiterhin brav zur Schule gehen und Prüfungen schreiben
sollen, um schneller auf dem Markt verfügbar zu sein. Der Lockdown,
in dem wir uns befinden, richtet sich in erster Linie nach den
Interessen der Wirtschaft. Für sie ist bei der Pandemiebekämpfung
die Verlagerung der Verantwortung auf die Menschen und insbesondere
auf Jugendliche schlicht und einfach viel kostengünstiger.
Jugendliche und ihr Freizeitverhalten für die Pandemiewelle
verantwortlich zu machen, kostet die Wirtschaft nichts und lenkt
gleichzeitig von Betrieben als entscheidenden Quellen der
Virusausbreitung ab. So müssen wir als Sündenböcke für steigende
Infektionszahlen geradestehen, während die
eigentlichen Ursachen der weiteren Ausbreitung verkannt werden und
einige Konzernchef_Innen sogar profitieren von der Krise. Das
ist ein weiterer Ausdruck massiver
Jugendunterdrückung. Um die Öffnung der Schulen zu rechtfertigen,
werden die Infektionsrisiken in Kitas und Schulen systematisch
kleingeredet und die außerordentliche Gefahr für Schüler_Innen,
Lehrer_Innen und deren Familien in gewissenloser Weise ignoriert.

Welches
Programm brauchen wir nun für die Schulen?

Wie der erste Lockdown verdeutlicht hat, liefert die alleinige Schulschließung keine befriedigende Lösung. So traf die erste flächendeckende Schulschließung sozial Benachteiligte wesentlich härter als alle anderen, die Häufigkeit häuslicher Gewalt stieg enorm an und besonders Jugendliche aus materiell schlechter gestellten Haushalten wurden von der Politik links liegen gelassen. Darüber hinaus versäumte die Politik, die Atempause der warmen Monate zur Ausarbeitung effektiver und einheitlicher Hygienekonzepte für Schulen zu nutzen, sodass sich Lehrer_Innen und Schüler_Innen nun in derselben desolaten Lage wiederfinden wie zu Beginn der Pandemie.

Wenn
wir eine menschliche Schulpolitik wollen, dürfen wir nicht die
Profite der Wirtschaft über unsere Gesundheit ordnen lassen.
Die Entscheidung, ob eine Schule geschlossen wird, muss sich vor
allem nach den Bedürfnissen derjenigen
richten, die sich täglich dort aufhalten, und nicht nach den
Interessen der Wirtschaft. Über unsere Gesundheit müssen wir selbst
entscheiden dürfen, anstelle von
Bildungsausschüssen und Lobbygruppen, deren Entscheidungen vorrangig
von wirtschaftlichen Überlegungen geleitet sind. Es werden folglich
demokratische Krisenkomitees aus Schüler_Innen, Lehrer_Innen, Eltern
und Virolog_Innen benötigt, die gemeinsam die Entscheidung über
eine Schulschließung fällen und gemeinsam über Hygienebestimmungen
entscheiden und deren Einhaltung selbst kontrollieren. In diesem
Zusammenhang stehen wir für folgende konkrete Forderungen ein und
rufen dazu auf, mit vereinten Kräften dafür zu kämpfen:

  • Mehr Unterrichtsräume! Wenn nötig durch Neubau oder Beschlagnahmung von leerstehenden Gebäuden, es war auch schon vor der Pandemie nicht ausreichend Platz vorhanden.
  • Mehr Personal! Sowohl neue Lehrer_Innen, Sozialarbeiter_Innen, pädagogische Assistenzkräfte und Sonderpädagog_Innen als auch Personal in der Verwaltung und Instandhaltung müssen neu eingestellt werden.
  • Deutlich kleinere Klassen! Nicht mehr als 12 Schüler_Innen sollen gleichzeitig unterrichtet werden. Alles andere ist aus gesundheitlicher Sicht unverantwortlich und aus pädagogischer Sicht beschämend in einer Gesellschaft mit derartigem Reichtum.
  • Freistellung ohne Diskussion! Es muss in allen Bundesländern die Möglichkeit gegeben sein, sich ohne Attest vom Unterricht freizustellen und am Fernunterricht teilzunehmen, damit Schüler_Innen und Angehörige ausreichend geschützt sind.
  • Kostenlose Schnelltests, FFP3-Masken und Desinfektionsmittel! Einem Land, das genug Geld für hochentwickelte Tötungsmaschinen wie Drohnen hat, muss es gelingen, alle Bürger_Innen mit FFP3-Masken zu versorgen.
  • Kostenlose Lernmittel und Endgeräte! Allen, die von zu Hause am Unterricht teilnehmen wollen, muss dies ermöglicht werden. Zudem müssen Ausweichräumlichkeiten und betreuende Pädagog_Innen bereitgestellt werden.
  • Aussetzung aller Prüfungen für dieses Schulhalbjahr! Lernen in der Pandemie darf für niemanden einen langfristigen Nachteil in der Schullaufbahn bedeuten.
  • Reduzierung des Rahmenlehrplans! Krisenzeiten sind außerordentliche Zeiten und erfordern außerordentliche Lehrpläne, die gemeinsam durch Lehrer_Innen, Schüler_Innen und Eltern entworfen und kontrolliert werden.

Es ist aber auch wichtig, uns klarzumachen, dass wir unseren Kampf für die Verbesserung der Situation an Schulen nicht isoliert von Eltern und Lehrer_Innen führen können. Die Gewerkschaft der Lehrer_Innen, die GEW, hat viel berechtigte Kritik an der aktuellen Situation geübt und zum Teil auch zielführende Forderungen formuliert. Bis jetzt fehlt es ihr jedoch an den nötigen Strategien, um ihren progressiven Forderungen den nötigen Nachdruck zu verleihen, d.h. sie umzusetzen. Eine Gewerkschaft muss ihre Mitglieder mobilisieren, Personalversammlungen einberufen, über die Forderungen demokratisch diskutieren und streiken, wenn sie etwas

erreichen will. Es ist unsere Aufgabe, mit der GEW zusammenzuarbeiten, um den nötigen Druck auf die Politik auszuüben, damit sich endlich etwas ändert. Auch Arbeiter_Innen und Auszubildende in Betrieben binden wir in unseren Kampf mit ein, deren Lebensgrundlage aufgrund der Krise noch mehr ins Schwanken gerät, und ermutigen sie zur Fortsetzung aller Tarifkämpfe auch und gerade in der Krise. Wir fordern substantielle staatliche Investitionen in Bildungs-, Gesundheits- und Sozialwesen, die Verpflichtung der Unternehmen zur Übernahme aller Auszubildenden, die Schaffung neuer Ausbildungsplätze, sowie die Streichung aller Mietschulden und die Bereitstellung von Wohnraum zum Selbstkostenpreis.

Die
Kosten der Krise und des Kapitalismus
:

Diese Forderungen
sind selbstverständlich mit enormen Kosten verbunden. Wer soll das
alles bezahlen? Wäre es nicht logisch und gerecht, dass zumindest in
Krisenzeiten vorwiegend diejenigen zur Kasse gebeten würden, die
Abgaben am leichtesten verschmerzen können? Während die
Viruspandemie je nach Land und Region erhebliche Unterschiede im
Verlauf aufweist, gibt es eine Gemeinsamkeit aller kapitalistischen
Länder: Die Pandemie hat die Schere zwischen Arm
und Reich tatsächlich noch weiter aufgestoßen. Wer aber nun
damit rechnet, dass die Regierungen die Superreichen und
Wirtschaftsgiganten als Profiteure dieser weltweiten Krise stärker
an den Kosten derselben beteiligen, wird vermutlich schwer enttäuscht
sein.

Die Viruspandemie
wird mitverantwortet durch die
kapitalistische Ausbeutung der Natur und dem fortschreitenden
Eindringen der Zivilisation in wilde Ökosysteme, was die Übertragung
tierischer Viren auf Menschen begünstigt. Aber nicht nur der
Ursprung, sondern auch die verheerenden Folgen der Pandemie sind vor
allem dem kapitalistischen System geschuldet. Jede Covid-Maßnahme im
kapitalistischem Rahmen gleicht dem Versuch der Quadratur des
Kreises: Einerseits muss man Menschen voneinander fernhalten und
gleichzeitig für die Kosten ihrer Versorgung aufkommen, andererseits
muss man die Wirtschaft am Laufen halten, wofür man genau diese
Menschen in Betrieben, Schulen, Geschäften etc. zusammenführen
muss. Dieser unlösbare Widerspruch entsteht, weil der Kapitalismus
nur ein einziges Allheilmittel kennt: Gewinnmaximierung der Konzerne
mit dem Versprechen, dass dadurch auch ein Plus für den Rest der
Gesellschaft übrigbleibt. In der gegenwärtigen Krise stehen sich
jedoch Gewinnmaximierung der Unternehmen und effektive Maßnahmen zur
Pandemieeindämmung unversöhnlich
entgegen, was die Regierungen vor schier unlösbare Aufgaben stellt.
Die Absurdität des derzeitigen leichten Lockdowns ist daher kein
Zufall, sondern bei einer solchen Konstellation programmiert und in
vielen anderen kapitalistischen Ländern in ähnlicher Weise
anzutreffen.

Die
Covid-19-Pandemie ist nicht die erste und wird mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit nicht die letzte Viruspandemie sein.
Doch auch die nächste Pandemie wird den Kapitalismus in eine
(vermutlich noch stärkere) Krise stürzen. Nicht weil die Politik
lernresistent wäre, sondern weil eine Lösung innerhalb des
kapitalistischen Systems schlicht und einfach nicht existiert. Es ist
also unsere Aufgabe, eine sozialistische Perspektive aufzuwerfen, um
sowohl das Virus, als auch das weitaus mörderischere kapitalistische
System zu überwinden!




Warum der nächste Lockdown das Corona-Problem an unseren Schulen nicht löst und was wir dagegen tun können

Der neue Lockdown kam plötzlich. Von heute auf morgen sitzen wir wieder auf einem Stapel von Online-Aufgaben und fragen uns, wer das eigentlich alles schaffen soll. Noch kurz vor dem Lockdown haben die Landesregierungen und allen voran die Kultusministerkonferenz (=Absprachegremium der Länder für Bildungs- und Erziehungsfragen) immer wieder behauptet, dass die Schulen sicher seien. Infektionen fänden dort überhaupt nicht statt, sondern würden allein von außen in die Schulen hineingetragen. Doch die Infektions- und Quarantänezahlen sprechen eine andere Sprache: So waren kurz vor dem Lockdown über 3.000 Lehrkräfte und mehr als 20.000 Schüler_Innen in Deutschland infiziert. Am 17.12. ist ein Berliner Lehrer an den Folgen einer Corona-Infektion auf tragische Weise verstorben. Über 11.600 Lehrer_Innen und 200.000 Schüler_Innen sitzen in Quarantäne, über 200 Schulen wurden komplett geschlossen. Doch anstatt Geld in die Hand zu nehmen, um Luftfilteranlagen, Masken, mehr Personal und mehr Räume zur Verfügung zu stellen, wurde das Geld in die Privatwirtschaft gepumpt und die Infektionszahlen in unseren Schulen systematisch relativiert (mitunter auch durch sehr fragwürdige Studien). Außerdem wurde das Problem versucht „wegzudefinieren“; indem die Inzidenzzahl, ab derer eine Schule als Corona-Hotspot mit dementsprechenden Notfallmaßnahmen gelten würde, einfach von 50 auf 200 hochgeschraubt wurde.

Alte Probleme-
drastische Konsequenzen

Robert-Koch-Institut
und Leopoldina sind sich dagegen einig, dass „Schülerinnen
und Schüler ein wesentlicher Teil des Infektionsgeschehens“ sind.
Doch warum sind wir eigentlich so stark betroffen? Das liegt zum
einen daran, dass unser Kontaktkreis durch die ohnehin zu großen
Klassen sehr groß ist. Der chronische Raummangel an unseren Schulen
ist nicht erst seit Corona ein Problem, und so müssen sich viele
Schüler_innen in wenig Räume quetschen, sodass die Einhaltung des
Mindestabstands kaum möglich ist. Diese Probleme waren bereits
während der ersten Welle im Frühjahr 2020 bekannt, doch die Politik
hat über den Sommer verschlafen, etwas dagegen zu tun. Momentan
sieht es danach aus, als ob der sommerliche Tiefschlaf fließend in
den Winterschlaf übergeht. Im Interesse der Wirtschaft, die auf
jeden Fall verhindern möchte, dass die Arbeiter_Innen zu Hause
bleiben müssen, um sich um ihre Kinder zu kümmern, wollten sie die
Schulen um jeden Preis offen halten. Die Strategie war, sich dabei
irgendwie durchzuwurschteln und zu hoffen, dass ein Impfstoff alle
Probleme bis zum 10.01.21 lösen wird.

Es ist bereits
absehbar, dass die Zahlen bis zum 10.01.21 nicht zurückgehen werden.
Aber wie soll es weitergehen? Wann, und vor allem unter welchen
Bedingungen, werden die Schulen wieder geöffnet? Wenn wir nicht
weiterhin zulassen wollen, dass auf der Gesundheit von uns, von
unseren Lehrer_Innen, von unseren Eltern, Freund_Innen und
Angehörigen im Interesse der Wirtschaft herumgetrampelt wird, müssen
wir anfangen, zu kämpfen! Wir müssen sichtbar werden, eine Stimme
bekommen und laut sein.

Was wir fordern:

Es kann nicht sein,
dass wir mit Online-Aufgaben zugespamt werden, während die meisten
von uns nicht einmal einen eigenen Laptop haben. Einige haben nicht
einmal eine gute Internetverbindung. Wir fordern kostenlose
digitale Endgeräte und einen kostenlosen Internetzugang für alle!

Auch nicht jede_r
von uns hat ein eigenes Zimmer und zu Hause die nötige Ruhe zum
Lernen. Während einige von uns Eltern haben, die selbst studiert
haben, fließend Deutsch sprechen und ihre Kinder während des
Homeoffice gut bei den Aufgaben unterstützen können, haben andere
von uns Eltern, die vielleicht eine andere Muttersprache oder eine
andere Schulbildung erfahren haben und alleinerziehend sind oder
täglich für wenig Geld im Supermarkt oder Krankenhaus arbeiten
müssen. Das ist ungerecht! Deshalb fordern wir die Aussetzung der
Noten und verpflichtenden Prüfungen solange kein zufriedenstellender
Lehrbetrieb gewährleistet werden kann! Niemand soll benachteiligt
werden, denn unsere Gesundheit ist wichtiger als eure
Verwertungslogik!

Wer kein
„Happy-Family-Life“ hat, für den ist das zu Hause eingesperrt
Sein der blanke Horror. Im Lockdown sind wir der völligen Kontrolle
und manchmal auch Gewalt unserer Eltern ausgesetzt und können dieser
nicht durch die Schule oder Freund_Innen entkommen. Wir fordern
deshalb das Recht auf elternunabhängige Notbetreuung! Wer nicht zu
Hause lernen kann oder sein will, soll selber entscheiden können, ob
er oder sie in der Schule von pädagogischen Fachkräften betreut
werden möchte. Dabei müssen die Hygienestandards ausgeweitet
werden.

Für viele Elternteile ist es auch gar nicht möglich zu Hause zu bleiben, da sie um ihren Job fürchten müssen. Deshalb fordern wir, dass die Wirtschaft bis auf die systemrelevanten Sektoren heruntergefahren wird. Wir finden außerdem, dass statt einem kleinen Kurzarbeitergeld seitens des Staats, lieber die Konzerne 100% des ursprünglichen Lohns fortzahlen sollten und auch alle, die ihren Job bereits verloren haben, vollen Gehaltsausgleich erhalten. Viele konnten sich nicht nur keine Weihnachtsgeschenke leisten, sondern haben schon Probleme beim Geld für den Schnelltest oder bei der Miete. Wir fordern deshalb, dass die öffentliche Versorgung (also nicht nur Wohnraum, sondern auch Gesundheit, Strom, Wasser und Heizung) nicht privatwirtschaftlich organisiert wird, sondern in die Hand des Staates kommt und von den Produzent_Innen und Konsument_Innen demokratisch kontrolliert wird.

Let’s strike
again!

Lasst uns nicht
weiter tatenlos zusehen! Lasst uns gemeinsam laut sein und kämpfen!
Jede_r von uns kann an seiner_ihrer Schule beginnen, mit
Mitschüler_Innen über die Probleme quatschen und lokale Aktionen
organisieren. So wie es bereits Schüler_Innen in verschiedenen
Bundesländern gemacht haben, die beispielsweise aus Protest gegen
die unzureichenden Hygienebedingungen kollektiv verweigert haben, den
Klassenraum zu betreten. Die Probleme in unseren Schulen sind jedoch
ähnlich und sie sind flächendeckend. Neben lokalen Aktionen müssen
wir uns deshalb auch bundesweit zusammenschließen und einen
gemeinsamen Aktionstag oder sogar einen Schulstreik im neuen Jahr
organisieren! Dafür sollten wir ein Online-Treffen oder eine
Telefonkonferenz einberufen sowie auch linke FFF-Ortsgruppen und
größere linke Jugendorganisationen wie die Linksjugend [‘solid],
die SDAJ, die Jusos oder Young Struggle auffordern, sich daran zu
beteiligen. So können wir uns wirklich eine Stimme verschaffen und
Druck auf die Politik ausüben, unsere Forderungen zu erfüllen. Mit
Fridays for Future haben wir bereits bewiesen, dass wir das können!

Ihr findet die
Forderungen richtig und wollt etwas bei euch lokal organisieren
und/oder euch bei der Orga für einen bundesweiten Streik beteiligen?
Dann schreibt uns bei Instagram, Facebook oder unserer Homepage.




Bildung und Schule im Kapitalismus

Langweilige Lerninhalte, die keine:r braucht, vergammelte Schulgebäude, Notenterror, Schulstart mitten in der Nacht, Konkurrenzdruck, Diskriminierung, Ungerechtigkeit und Berge aus Hausaufgaben: Warum wundert sich eigentlich noch jemand, dass so viele von uns keinen Bock mehr auf Schule haben? Das Heft in deinen Händen will dir helfen zu verstehen, warum die Situation in unseren Schulen so scheiße ist, wie sie ist und gleichzeitig Möglichkeiten aufzeigen, was wir dagegen machen können! Wir, das sind Jugendliche von REVOLUTION, gehen teilweise selber zur Schule und haben uns gefragt, was hier eigentlich konkret schiefläuft. An unseren Schulen haben wir bereits viele Erfahrungen damit gemacht, Widerstand gegen dieses beschissene Bildungssystem zu leisten, die wir hier mit euch teilen möchten.

1. Schule wie sie sein könnte

Die Schule ist kein Ort, an dem wir gerne sind. Wir werden dort miteinander verglichen, unter Druck gesetzt, ausgepowert und oft sogar diskriminiert, erniedrigt, vorgeführt und aussortiert. „Das war halt schon immer so, da muss man durch, das wird auch immer so sein“, kriegen wir dann oft zu hören, wenn wir uns über diese Zustände beschweren. Damit soll uns suggeriert werden, dass die Schule so, wie sie heute aussieht, alternativlos ist und wir das zu akzeptieren haben. Dabei ist es überhaupt nicht selbstverständlich, dass wir nicht gerne zur Schule gehen. Eigentlich entwickelt nämlich jeder Mensch kurz nach seiner Geburt einen angeborenen Lerntrieb und eine natürliche Neugier, um seine Umwelt zu entdecken und zu verstehen. Das aktuelle Schulsystem schafft es jedoch erstaunlicherweise jeden Tag aufs Neue, uns diesen angeborenen Lerndrang abzutrainieren.Dabei teilt es uns in „dumme“ und „schlaue“, „gute“ und „schlechte“  Schüler:innen ein. Diese Trennung hat so gut wie nichts mit unseren tatsächlichen Eigenschaften und Fähigkeiten zu tun, sondern wird vom Charakter des Unterrichts und dem mehrgliedrigen, aussortierenden Schulsystem produziert. Aber gibt es denn wirklich keine Alternative? Kann Schule auch anders sein? Wie sieht eine Schule aus, in der wir gerne sind?

Bildung für Alle!

Zunächst sollten erst einmal alle Menschen Zugang zu dieser Schule haben, egal ob sie geflüchtet sind, oder schon immer hier wohnen, wie viel Geld sie haben, ob sie einen festen Wohnsitz besitzen oder nicht, welches Geschlecht sie haben usw. Bildung muss für Jede_n gleichermaßen zugänglich sein! Dabei wollen wir nicht in Schulen mit „abgestuften Bildungsniveaus“ abgeschoben werden. Das mehrgliedrige Schulsystem mit seiner Trennung in Hauptschule, Realschule und Gymnasium bietet uns nämlich alles andere als eine bessere Lernumgebung. Vielmehr will es einige von uns zur zukünftigen Elite ausbilden, während die anderen für diese arbeiten sollen. Wir wollen keine Trennung von Hand- und Kopfarbeit, sondern eine Schule, die uns allen die gleichen Entwicklungsmöglichkeiten bietet und in der wir unsere Stärken und Talente selber entdecken können.

Unterricht zusammen gestalten!

Aber auch im Unterricht selbst darf es keine Benachteiligungen geben: Wir wollen eine Schule, die sich unseren Bedürfnissen anpasst und sich nach uns ausrichtet und nicht ihre eigenen Fehler auf uns abwälzt und unsere schlechten Noten damit erklärt, dass wir Frauen sind, Deutsch nicht unsere Muttersprache ist, unsere Eltern wenig Geld haben, wir in einem bestimmten Stadtteil wohnen oder irgendein_e Mediziner:in sagt, dass wir eine Behinderung haben. Wenn unsere Mitschüler:innen eine andere Sprache sprechen, anders aussehen, sich anders verhalten oder äußern, erkennt das unsere Schule nicht als ein Defizit, sondern eine Bereicherung für uns alle an. Im Unterricht gibt es keinen Leistungsterror und Notendruck, sondern er ist so aufgebaut, dass wir uns dabei am besten und frei entwickeln können. Die Bedürfnisse an Lerninhalten sollen dabei von uns Schüler:innen, den Lehrer:innen und den anderen Beschäftigten an der Schule gleichermaßen zusammen ermittelt werden. Auch durch frei zugängliche Materialien und selbstregulierte Lern- und Pausenphasen kann uns die Schule dabei helfen zu entdecken, was wir wirklich gut können. Dabei wollen wir nicht alleine dastehen, individuell bewertet werden und für uns selber kämpfen müssen. Vielmehr wollen wir lernen, Aufgaben kollektiv zu bearbeiten. Und das nicht in einer blöden Teamarbeit, in der wir zu viert ein Arbeitsblatt ausfüllen dürfen, sondern durch bewusste Gruppenbildungsprozesse, in denen wir unsere eigenen Stärken und die der anderen kennenlernen und uns so aneignen, wie wir gemeinsam Probleme und Aufgaben lösen können. Kein stupides Auswendiglernen, Wiedergeben und Auskotzen, sondern kollektive, demokratische und kreative Lernprozesse, die uns zu kritischem und emanzipatorischem Denken befähigen. Die Lehrer:innen sind dabei keine allwissenden Autoritäten, die uns sagen, was wir zu tun und zu lassen haben, sondern wirken als Unterstützer:innen für unsere Lernprozesse. Unsere Schule soll ebenso nicht nur aus trockener Theorie bestehen und ein, vom gesellschaftlichen Leben abgekapselter, Elfenbeinturm sein. Warum sollten wir uns die ersten 20 Jahre unseres Lebens ausschließlich mit Input vollpumpen lassen, um die folgenden 50 Jahre nichts mehr zu lernen und nur noch zu arbeiten? Wir wollen keine Trennung zwischen Lernen und Arbeiten, sondern eine Schule, die ein lebenslanges Lernen ermöglicht und in der geistig-schöpferisches Denken und Lernen, praktische Arbeit und gesellschaftlich-nützliche Tätigkeit miteinander verknüpft werden. 

Neue Schule, neue Gesellschaft

Klingt cool? Funktioniert aber alles nicht in einer Gesellschaft, die auf der kapitalistischen* Verwertungslogik aufbaut und kein Interesse daran hat, demokratisch und kollektiv erzogene und kritisch denkende Menschen herauszubilden! Genauso wie die Schule, so ätzend wie sie heute ist, ein wichtiger Bestandteil der kapitalistischen Gesellschaftsordnung ist, kann unsere Schule, wie wir sie gerne hätten, nur Bestandteil einer anderen Gesellschaftsordnung sein. Eine von Grund auf demokratische Gesellschaft, in der über die Politik und die Wirtschaft in Räten in der Schule, im Betrieb oder im Stadtteil entschieden wird. Auch die Entscheidungen über Schule, Lerninhalte, Finanzmittel usw. werden dann nicht mehr von unfähigen Politiker:innen und kommerziellen Unternehmen gefällt, sondern von der gesamten Gesellschaft geplant. Eine solche Gesellschaft kann auch eine Schule schaffen, in der wir gerne sind. Deshalb lasst uns die Schule als Ausgangspunkt nehmen, um für eine solche sozialistische Gesellschaft zu kämpfen!

2. Bildung und Schule im Kapitalismus

Was ist Bildung?

Wenn wir den gesellschaftlichen Zweck von Bildung betrachten, dann hören wir viele hohle Worte. Während die einen sagen, dass Bildung immer neutral sein muss, sagen die anderen, dass mit nur genügend Bildung und Aufklärung eine bessere Gesellschaft erschaffen werden kann. Wir Marxist:innen* lassen uns von diesem Palaver nicht täuschen und wissen, dass die Aufgabe von Bildung und Erziehung im Allgemeinen in jeder Form von Klassengesellschaft* eine Klassenerziehung unter Kontrolle der herrschenden Klasse zur Rechtfertigung ihrer Herrschaft und zur Aufrechterhaltung der bestehenden Ordnung ist. Was das genau bedeutet, wollen wir im Nachfolgenden verdeutlichen. Natürlich existierte Bildung schon vor der Entstehung des Kapitalismus*, jedoch erhielten sie in den vorhergehenden Klassengesellschaften vor allem die Herrschenden, um ihre Stellung wahrnehmen zu können. Die unterdrückten Massen in der Antike und im feudalen Mittelalter wurden meist nur im Zuge der familiären Erziehung für ihre gesellschaftliche Funktion ausgebildet. Beginnen müssen wir jedoch mit der Frühgeschichte des kapitalistischen Wirtschaftssystems:Nachdem die feudale, ständische Gesellschaftsordnung des Mittelalters auf- gebrochen wurde, waren die meisten Menschen Besitzlose, die zum Überleben nur ihre eigene Arbeitskraft verkaufen konnten. Jedoch hatten sie auch keinen Herren mehr über sich, der ihnen eine spezifische Arbeit aufzwingen konnte. Vorher war die Familie der Dreh- und Angelpunkt ihres Lebens. Jetzt wurden sie vereinzelt und in die Arbeitsstätten gedrängt. Diese Ausdünnung der Familien führte zunehmend zur sozialen Verwahrlosung der Kinder aus Arbeiter:innenfamilien, die schon früh in die Fabriken mussten, um ihren Beitrag zur Familie zu leisten. Die Ideologie der Familie als Mittelpunkt des Lebens brach zusammen. Dadurch, dass Frauen und Kinder nun nicht mehr unter der Aufsicht des Mannes auf dem Feld arbeiten mussten, sondern selber in der Fabrik ihr eigenes Gehalt bekamen, wurde die Autorität des Mannes innerhalb der Familie immer mehr infrage gestellt. Im Allgemeinen führte die zunehmende Vereinzelung und das ins Wanken geratene Bild der altertümlichen Familie zu zunehmenden Depressionen, häuslicher Gewalt bis hin zum (Selbst-)Mord. Dieses Verhalten begründet sich vor allem dadurch, dass den Menschen immer wieder das Ideal der alten Familienordnung eingebläut wurde, welches sich in der neuen wirtschaftlichen Ordnung gar nicht mehr aufrechterhalten ließ. Ein Gegensatz zwischen Idealbild und tatsächlichen Gegebenheiten. Dies führte ebenfalls zur Zuspitzung des Klassenkampfes* rund um Forderungen wie höhere Löhne, sichere Arbeitsbedingungen und (gewerkschaftliche) Organisationsfreiheit. Eine Reihe von Streiks richtete sich damals aber auch gegen Frauen- und Kinderarbeit. Diese hatten einen zwiespältigen Charakter, da sie zum einen das Ziel hatten die bürgerliche Familie unter patriarchaler* Ordnung erneut zu stärken und zum anderen sich gegen die Verrohung der Klasse und für ihre soziale Absicherung zu kämpfen. Auch für den Kapitalismus ergaben sich daraus schwerwiegende Probleme, denn er ist darauf angewiesen, dass sich die Arbeiter:innen* selber darum kümmern, genug neue Arbeiter:innen zu „produzieren“ und am nächsten Tag wieder auf der Matte stehen zu können. Wie sollte die Produktion aufrechterhalten werden, wenn immer mehr Frauen und Kinder arbeiten müssen, die sich dann nicht mehr um Haushalt und Erziehung kümmern können? Hierbei offenbart sich ein gesellschaftliches Problem innerhalb der Kapitalist:innenklasse*. Als einzelne Unternehmer:innen wollten sie immer mehr Profite einfahren, wenn möglich auch über die Grenzen der körperlichen Erschöpfung ihrer Arbeiter:innen hinaus, egal ob jung, alt, weiblich oder männlich. Das müssen sie auch, denn wer keine Profite mehr einfährt, geht in der freien Konkurrenz unter. Als Gesamtklasse der Kapitalist:innen* wollten sie aber auch die herrschende Ordnung aufrechterhalten. Dafür brauchten sie etwas, das die Interessen ihrer gesamten Klasse mit Gewalt und Zwang umsetzen kann. Dies erweiterte den Rahmen des Staates massiv. Zuvor vor allem eine Institution zur gewaltsamen Durchsetzung der herrschenden Interessen gegenüber den Armen und Unterdrückten, nun eine scheinbar neutrale Instanz, die zwischen den Klassen  vermittelt Da der Staat für die Bildung verantwortlich ist, erscheint es uns oft so, als sei sie  neutral und stehe über den Klassen. Tatsächlich wurde der Staat aber von der Kapitalist:innenklasse erschaffen und hat immer nur dem Zweck gedient, die Interessen ihrer Klasse durchzusetzen. Das Beispiel der Einführung der allgemeinen Schulpflicht zeigt, wie das in Bezug auf die Bildung funktioniert. So gingen vorher nur Kinder aus der herrschenden Klasse zur Schule, um später selber in der Lage zu sein, herrschen zu können. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts sollten aber immer mehr Kinder zur Schule gehen und auch die Schulzeit selber wurde stetig länger. Das lag daran, dass sich die Produktion weiterentwickelte und höhere Ansprüche an die neuen Generationen von Arbeiter:innenjugendlichen gestellt wurden. Damit der Bedarf der Kapitalist:innen an besser ausgebildeten Arbeiter:innen gestillt und mehr Kinder in die Schule geschickt werden konnten, sorgte der Staat dafür, dass die Familien nicht mehr auf die finanzielle Unterstützung durch die Löhne ihrer Kinder angewiesen waren. So wurde dieser Wegfall durch höhere Löhne für die arbeitstätigen Teile der Familie und durch Kindergeld ausgeglichen. Kinder und Jugendliche mussten also, um in die Schule gehen zu können, aus dem Produktionsprozess ausgegliedert werden. Die Kapitalist:innen konnten sich dieses kostspielige Abenteuer aber nur leisten, indem sie andere Länder auf der Welt stärker ausbeuteten und sich so ihre verloren gegangenen Profite zurückholten.Heute leben wir in einer Zeit, in der Konzerne nicht nur auf nationaler Ebene produzieren, sondern sich multinationale Riesenkonzerne herausgebildet haben. Getrieben durch die internationale Konkurrenz erleben wir hier ein verstärktes Jagen nach Extraprofiten. Dieses macht auch vor den Reproduktionskosten* nicht halt und zwingt gigantische Menschenmassen tagtäglich in die Subsistenzwirtschaft* oder die Halblegalität, produziert damit auch erneut Kinderarbeit. Bildung ist hierbei oftmals ein stärker klassenspezifisches Gut, internationale Zahlungen der ausbeutenden Nationen eher symbolisch. Das kann in Form von Konzernspenden oder staatlicher „Entwicklungshilfe“ passieren. Ein bisschen was reicht aber auch schon, denn die meiste Kopfarbeit soll ja schließlich in anderen Teilen der Welt geleistet werden. In Afrika, Asien, Südamerika oder Osteuropa steckt der Westen also ein bisschen Kohle in die Bildung, aber würde nicht auf die Idee kommen, die Löhne der Arbeiter:innen zu erhöhen, um auch hier Kinder vom Zwang zur Arbeit zu befreien. Aus dieser Ausbildungszeit entsteht v.a. in den ausbeutenden Nationen eine allgemein-menschliche Entwicklungsphase, die in einem zeitlich so langen und umfassenden Maß historisch nicht zuvor existierte, die Jugend.Hierbei wollen wir die Jugend nicht romantisieren, da mit dieser auch eine spezifische Unterdrückung einhergeht, jedoch ist es auch ein historisch neues Phänomen, dass Jugendkulturen enormen Einfluss auch auf ältere Generationen gewonnen haben und sogar teilweise zum (kulturellen) Leitbild werden. Aber zurück zu den Schattenseiten: Jugendunterdrückung bedeutet Bevormundung. Sie bedeutet wirtschaftliche Abhängigkeit von Erziehungsberechtigten, politische Entmündigung in Wahlen und im Alltag, fehlende Selbstbestimmung über den eigenen Körper und die eigene Sexualität. Sie rechtfertigt Unterbezahlung, wie wir in Deutschland mit der Einführung des „flächendeckenden Mindestlohns“ sehen können, von dem beispielsweise Jugendliche ausgeschlossen sind. Jugendunterdrückung bedeutet noch vieles mehr, wir wollen hiermit nur deutlich machen, dass sie System hat, sie dient der Unterordnung und Gefügigmachung in Schule und Familie, eine ideale Vorbereitung auf die Arbeitswelt als lohnabhängiger Mensch.

Ideologische Erziehung in der Schule

Schule hat im Kapitalismus* jedoch nicht nur eine Gesellschaftsstabilisierende Funktion, sondern auch einen ideologischen, sich auf das allgemeine Bewusstsein auswirkenden Faktor. Die herrschenden Ideen einer Zeit waren stets nur die Ideen der herrschenden Klasse (Marx/Engels – Das Manifest der kommunistischen Partei). Bildung hat also in jeder Gesellschaftsform die Aufgabe, nicht nur zur wirtschaftlichen Aufrechterhaltung des Systems beizutragen, sondern dieses System auch in die Köpfe der Gesellschaftsmitglieder zu pflanzen. Hierbei tut der Kapitalismus so, als sei er ein System, indem alle Menschen dieselben Rechte und somit die gleichen Voraussetzungen hätten. Mal abgesehen davon, dass zum Beispiel Geflüchtete vom Kapitalismus stark entrechtet werden, braucht der Kapitalismus einfach weniger rechtliche Einschränkungen, da das seine inneren ökonomischen Gesetze schon von alleine regeln. Sind doch jene, die sich eine dauerhafte Ausbildung für „ihre“ Kinder nicht leisten können, irgendwann dazu gezwungen, die Schüler:innen aus der relativ isolierten Bildungswelt in die „Arbeitswelt“ zu stecken. Das Gleiche gilt für die, die sich die Nachhilfe nicht leisten können oder nicht genügend freie Zeit oder spezifisches Wissen besitzen, um den Kindern bei den Schulaufgaben zu helfen. Der Ausschluss von Arbeiter:innenjugendlichen aus der höheren Bildung passiert somit meistens automatisch, ohne dass der Staat noch groß nachhelfen muss. Doch nicht nur die Länge des Aufenthaltes in Bildungseinrichtungen, sondern auch ihr Inhalt bestimmt die Bewusstseinsentwicklung. Dies basiert darauf, dass der Staat eine Monopolstellung* über die Bildung hat. Davon sind nur diejenigen befreit, die es sich leisten können, auf Privatschulen zu gehen oder zu Hause unterrichtet zu werden. Aus dieser Alleinherrschaftsstellung folgt auch, dass der Staat alleine entscheiden kann, welcher Lehrstoff auf welche Weise unterrichtet werden soll. Das bedeutet u. a. die Darstellungsweise von historischen Ereignissen, die Selbstkritik des Staates und des Kapitalismus, es bedeutet aber auch die bewusste Überlastung von Schüler:innen durch Dinge wie Bulimie-lernen, durch das zwanghafte Einhalten von Lehrplänen, die Unmöglichkeit der Selbstbestimmung und -entfaltung. Diese diktatorische Form des Lernens – die anfangs aus still sein und ruhig sitzen besteht, bis dies zur Selbstverständlichkeit wird – tötet weite Teile von Kreativität ab und presst die Schüler:innen in eine vorgegossene Form. Hierbei wird Lehrer:innen eine zentralisierte, weitgehend „Arbeitswelt“-fremde Ausbildung auf sachlicher und pädagogischer Ebene erteilt. Der Frontalunterricht ist hierbei ein stark hierarchisch geprägtes Mittel, welches  sehr an militärische Disziplin erinnert. Lehrer:innen müssen außerdem, um ihren Beruf ausüben zu dürfen, die freiheitlich demokratische Grundordnung unterzeichnen, diese umfasst auch das Recht auf Privatbesitz an Produktionsmitteln*, ein Recht also, welches diese Klassengesellschaft* aufrechterhält. 

Jugendunterdrückung: Ergebnis der Trennung von Öffentlichkeit und Privatheit

Ein elementares Problem der Bildung in jedweder Klassengesellschaft * ist die scheinbare Trennung von Bildungs- und Arbeitswelt. Diese isoliert die Schüler:innen von den konkreten Problemen und Prozessen der Außenwelt und schafft eine rein künstliche Konkurrenzsituation rund um das Notensystem und Zukunftsangst bzw. Perspektivlosigkeit. Hierbei tut der Kapitalismus* wieder so, als hätten wir alle die gleichen Chancen und leugnet dabei strukturelle Unterdrückung wie beispielsweise Rassismus, Sexismus oder die Existenz von Klassen. Wenn die Unterschiede dann doch zu sehr auffallen, führt er sie auf angeblich zu geringe Aufklärung und Intelligenz zurück. Denn im Vordergrund steht: Machst du was, dann wirst du was. Dabei ist der Kapitalismus ein System, dass nicht in der Lage ist Menschen vor Krieg und Armut zu beschützen, vollkommen egal wie intelligent diese sind. Dies führt zum einen zur Demoralisierung und Verlust des Interesses am Lernen an sich für einen großen Teil der Schüler:innen. Und zum anderen dazu, dass die Ausbildung neuer Generationen von Arbeiter:innen* nicht als gesellschaftlich notwendige und für alle Mitglieder wichtige Aufgabe wahrgenommen wird. Dies reproduziert und legitimiert wiederum die Jugendunterdrückung. Hieraus werden unbezahlte Praktika, Benachteiligung im Beruf, Unterbezahlung in der Ausbildung und vieles weiteres gerechtfertigt.  Denn die (Aus-)Bildung wird als individuelle Karrierechance und nicht als gesellschaftlich notwendiges Produkt begriffen.

Die Schüler:innenvertretung: Mittel zur Mitbestimmung?

Doch gibt es nicht auch in der Schule Möglichkeiten der Mitbestimmung? Die jährlichen Schüler:innensprecher:innenwahlen und die Schüler:innenvertretung klingen super, sind aber eine ziemliche Mogelpackung. Erst einmal wird Schüler:innen in jungen Jahren vollständig die Interessenvertretung untersagt. Erst in den mittleren und höheren Schuljahren dürfen sie ihre eigenen Schüler:innenvertretungen wählen. Diese ähnelt in vielen Punkten dem parlamentarischen System der Bundesrepublik Deutschland. So können die Schüler:innen in regelmäßigen Abständen wählen. Eine Überprüfung, ob die Gewählten auch wirklich im Interesse der Schüler:innen handeln, geschweige denn eine mögliche Abwahl sind dabei wie auch im politischen System der BRD nicht vorgesehen. Auch die Einflussmöglichkeiten der Schüler:innenvertretungen sind winzig, obwohl sie die Mehrheit der Menschen, die sich in der Schule aufhalten, vertritt. So haben sie keinerlei Einfluss auf Unterrichtsinhalte, Bildungsetats oder rechtliche Mittel um Schüler:innen vor Willkür und Repression* zu beschützen. Es handelt sich vielmehr um eine Art Vorschlagsrecht. Vor allem schließen sie aber einen Großteil der Schüler:innenschaft aus der aktiven Beteiligung aus. Sie gewöhnen sie somit an das politische System in Deutschland und an die kommenden Jahre der realen Stimmlosigkeit und beschränkten Selbstorganisierung. So kommt es, dass die meisten Schüler:innenvertretungswahlen zu Beliebtheitswahlen verkommen. Sollte es mal vorkommen, dass einzelne Schüler:innen richtig viel Kraft und Energie in die Schüler:innenvertretungen stecken, wird das nicht als schulische Leistung anerkannt. Mit Glück wird es vielleicht auf dem Zeugnis irgendwo am Rand erwähnt. Somit steht das ehrenamtliche Engagement scheinbar im Gegensatz zum schulischen Erfolg, da wir uns entscheiden müssen, ob wir die Zeit lieber zum Lernen oder zum Politikmachen verwenden. Dies ist kein zufälliges Phänomen. Hier sieht man deutlich, wie uns die Struktur der Schüler:innenvertretung an das parlamentarische System gewöhnen soll. Jede Gesellschaft benötigt die Bildung, um ihre Mitglieder im Sinne ihres politischen Systems zu erziehen, auch eine befreite Gesellschaft*. Diese würde den Schüler:innen jedoch vollste Mitbestimmungsrechte garantieren. Doch was sind das für Formen, die nicht nur beschränkte Mitbestimmung, sondern volle Selbstbestimmung ermöglichen? Darauf wollen wir im späteren Verlauf eingehen.

Bildung & Krise

In Zeiten verschärfter wirtschaftlicher Krisen versucht das Kapital die Schulzeit zu verringern und auch die Kosten für Bildung auf die arbeitende Bevölkerung abzuwälzen. Steigende Lehrmittelkosten für Schulbücher, Druckkosten, Exkursionen, Taschenrechner und vieles mehr sind gute Beispiele dafür (Studiengebühren im Hochschulbereich). Eine gesamte Schulklasse freut sich auf die Klassenfahrt, aber für Einige ist dieses soziale Event unbezahlbar. Während für die Armen Bildung immer teurer wird, schicken immer mehr Eltern aus der Kapitalist:innenklasse*, der Mittelschicht oder den oberen Schichten der Arbeiter:innenklasse* ihre Kinder auf Privatschulen. Wer eine gleichberechtigte Gesellschaft aufbauen will, muss diese abgeschotteten Inseln der guten Bildung für die Reichen scharf kritisieren! Ein anderer Ausdruck der sozialen Auseinanderentwicklung ist das mehrgliedrige Schulsystem. Hier wird selektiert, bevor die Entwicklung des menschlichen Gehirns überhaupt abgeschlossen ist und ohne soziale Ungleichheiten innerhalb der Schule zu berücksichtigen. In Zeiten der Wirtschaftskrise heuchelt die jeweilige Schulgliederung die soziale Perspektive vor und tut so, als gäbe es höher- und minderwertige Aufgaben in der Gesellschaft. Diese Hierarchisierung ist Blödsinn, denn es sollte einzig und allein darauf ankommen, ob eine Tätigkeit gesellschaftlich notwendig ist. In Deutschland, aber auch darüber hinaus, sehen wir in den letzten Jahrzehnten einen zunehmenden Rückgang der Vollbeschäftigung. Das Bild von der schönen sozialen Marktwirtschaft, in der niemand arbeitslos ist, fängt an zu bröckeln. Spätestens seit der Agenda 2010** (u.a. „Hartz IV-Reform“) wurde ein großer Teil der Arbeiter:innenklasse, selbst mit Job, in die Armut gedrängt. Durch die wirtschaftspolitischen Reformen haben viele Unternehmen keine Festanstellungen mehr vergeben, um flexibler auf die Wirtschaftskrisen reagieren zu können und Geld zu sparen. So müssen sehr viele Arbeiter:innen beim Arbeitsamt aufstocken oder schlagen sich mit mehreren „Minijobs“, befristeten Verträgen, Leih- und Zeitarbeit, Praktika usw. durchs soziale Elend. Während die Bildung in Krisenzeiten teurer wird, haben also viele Menschen aus der Arbeiter:innenklasse weniger Geld, um sie zu bezahlen. Viele Lohnabhängige erkennen jedoch nicht, dass dieses Problem nicht nur sie, sondern ihre ganze Klasse betrifft. Das liegt unter anderem daran, dass es vielen Leuten hier in Deutschland, aber auch in anderen „westlichen“ Ländern, durch die Globalisierung und die internationale Arbeitsteilung so vorkommt, als gebe es hier gar keine richtige Arbeiter:innenklasse mehr. Das ist natürlich Quatsch, denn auf internationale Ebene sieht man sogar, dass die Arbeiter:innenklasse weltweit mehr und mehr wächst. Insbesondere in Asien.

Exkurs: Einflussversuche des Kapitals in Bildung

Während jede Form von demokratischer Kontrolle der Schüler:innen und Arbeiter:innen* über die Bildung massiv bekämpft wird, erleben wir regelmäßig unterschiedliche Formen von Privatisierungen der Bildung. Der Staat gibt also ein bisschen was von seiner Hoheit über die Bildung ab. Das kann teilweise durch die Kooperation mit privaten Unternehmen in Form von Public-Private-Partnerships passieren, aber auch, indem Kinder wieder stärker in die Familie zurückgedrängt werden. Dies ergibt sich aus dem bereits geschilderten Widerspruch zwischen den Interessen der Kapitalist:innenklasse* als Ganzes und den Interessen ihrer Einzelteile, also den einzelnen Unternehmer:innen. Ein Beispiel hierfür ist die Verkürzung des Abiturs in Deutschland von 13 auf 12 Jahre. Diese Verkürzung der Lernzeit steht eigentlich den stetig steigenden Anforderungen an die neuen Arbeiter:innen entgegen, während es gleichzeitig die Zeit der Jugend verkürzt und die Schüler:innen schneller zur Arbeit zwingt. Auch wenn diese Veränderung mittlerweile als gescheiterte Reform erklärt und in einzelnen Ländern wieder zurückgenommen wird. Ebenfalls sind Maßnahmen, wie die Pisa-Studie aber auch die Bologna-Reform (Studierendenbeispiel: Einführung des Bachelor-Master-Systems) Ausdruck der internationalen Arbeitsteilung, die zunehmend versucht, gleiche Standards zu schaffen. Darüber hinaus versuchen die Kapitalist:innen* die Kosten für die Ausbildung ihrer zukünftigen Arbeiter:innen noch stärker auf den Staat abzuladen. Dafür versuchen sie Einfluss auf die Lehrpläne zu nehmen, welche „marktkonformer“ gestaltet werden sollen. Inhalte, die für sie weniger relevant sind, sollen so gekürzt und durch andere ersetzt oder gänzlich gestrichen werden. Vor allem kreative, soziale und sportliche Unterrichtsfächer sollen Schritt für Schritt verdrängt werden. Vertreter:innen des Kapitals argumentieren oft, dass die Wirtschaft noch mehr Einfluss auf die Bildung nehmen müsse, um zu verhindern, dass es in bestimmten Fächern einen Überschuss an Expert:innen gebe, während in anderen Fächern Fachkräftemangel herrsche. Damit machen sie auf ein wirkliches Problem aufmerksam, dass aber vielmehr ein Ergebnis der kapitalistischen* Wirtschaft ist. Da es hier nur um Profit geht und Konkurrenz das bestimmende Prinzip des Wirtschaftens ist, kann es keine demokratische und an den Bedürfnissen orientierte Planung geben, sodass sich Bildung immer den ständigen Krisen, Aufschwüngen und Stagnationen unterwerfen muss. Das Bildungswesen im Kapitalismus schafft so riesige ungenutzte oder verschwendete Potentiale: Wer kennt sie nicht, die Legende der taxifahrenden Soziologiestudentin?

Selektion

Bildung ist jedoch eine teure Angelegenheit für das Kapital (bzw. den Staat), weshalb nur so viel Bildung zur Verfügung gestellt wird, wie dringend nötig ist. Das sieht man daran, dass in Deutschland im Schnitt nur 26% der Jugendlichen eine „hohe Qualifikation“ (=Hochschulabschluss oder Meisterbrief) erreichen. Eine ganzheitliche, ausführliche und allgemeine Bildung der gesamten Arbeiter:innenklasse* ist daher im Kapitalismus* nicht zu gewährleisten. Stattdessen werden Kosten und Ausbildungszeit durch frühe und ständige Selektion* reduziert und damit gleichzeitig dafür gesorgt, dass dem Kapital stets eine große Menge an weniger ausgebildeten Arbeitskräften zur Verfügung steht, die für schlechter bezahlte Arbeit eingesetzt werden können. Was hätten die profitorientierten Unternehmen in Deutschland davon, wenn wir alle Doktortitel hätten und ein fünfstelliges Gehalt im Monat verlangten? Über Noten, ein mehrgliedriges Schulsystem, Numerus Clausus usw. wird eine permanente Konkurrenzsituation unter Jugendlichen geschaffen und im Hinblick auf die spätere Stellung im Produktionsprozess selektiert. Dieser Prozess findet vor allem anhand von Klassenlinien statt, wie im Folgenden gezeigt wird. Insbesondere in Krisenzeiten wird der Selektionsdruck zusätzlich verschärft, da der Staat durch die zunehmende internationale Konkurrenz und die schwindenden Einnahmen dazu gezwungen ist, im Bildungs- und Sozialwesen massive Kürzungen vorzunehmen, um nicht die Profite der Konzerne antasten zu müssen. Dann wird zum Beispiel die Lernzeit für das Abitur von 13 auf 12 Jahre gekürzt und durch die gestiegene Stoffdichte noch weiter selektiert. Die kapitalistische Ideologie behauptet dennoch, dass mit genügend Fleiß und Durchhaltevermögen jede:r Jugendliche alles schaffen kann. Wir sehen aber, dass das deutsche Bildungssystem mit seinen Selektionsmechanismen gar nicht vorsieht, dass uns allen das größte Maß an Bildung zukommt und wir alle unsere  Träume erfüllen können. Die Verantwortung wird dafür aber nicht im System, sondern individuell bei uns gesucht. Dies führt zu selbstauferlegtem Leistungswahn, Druck, Depressionen, Suizid, Unsicherheit und mangelndem Selbstbewusstsein bei vielen von uns.

Bildung & soziale Ungleichheit

Wie wir bereits erklärt haben, hat das Bildungssystem vor allem die Aufgabe, die bestehende gesellschaftliche Ordnung aufrechtzuerhalten. Das bedeutet also auch, dass es die bestehende soziale Ungleichheit und Benachteiligung bestimmter Gruppen von Menschen aufrechterhält. Gleichzeitig wird uns dabei aber erzählt, dass unsere Erfolge und Misserfolge in der Schule einzig und allein mit unserer persönlichen Leistung zu tun haben. Im Folgenden wollen wir diesen Mist an den vier Komponenten Klassenherkunft, Geschlecht, Migration und Behinderung veranschaulichen.

Klassenherkunft

Die Pisa-Studie hat aufgezeigt, dass die Chance für Kinder steigt, einen guten Schulabschluss zu kriegen, je mehr ihre Eltern verdienen, je sozial anerkannter der Beruf der Eltern ist und je höher der eigene Bildungsabschluss der Eltern ist. Nur 24% der Kinder, deren Eltern nicht studiert haben, erlangen selber einen Hochschulabschluss. Je weniger Kohle unsere Eltern haben, desto schlechter unsere Chancen in der Schule. Auch wenn es um Nachhilfe und Förderung geht: Wessen Eltern keine gute Schulbildung bekommen haben oder den ganzen Tag arbeiten müssen, haben auch kaum die Möglichkeit beim Lernen zu helfen. Dabei verlagert das deutsche Bildungssystem immer mehr Inhalte in die Privatsphäre: seien es Hausaufgaben, die Prüfungsvorbereitung oder das Nachholen von Lernstoff, der in der kurzen Zeit nicht nachvollziehbar war. Dabei sollen dann die Eltern oder teure Nachhilfelehrer:innen helfen. Ganztägige Schulmodelle, bei all ihren Schwächen, hätten hierbei die Aufgabe, dies auf gleichberechtigter Ebene anzubieten.

Geschlecht

Schülerinnen haben im Durchschnitt bessere Noten als Schüler. So haben nach einer Statistik zu Schulnoten des Landes Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 2007 40% der Jungen eine Abiturnote die schlechter als 3,0 war, während es bei den Mädchen nur 33,4% waren. Auch der Anteil an Schülerinnen, die Abitur machen, hat massiv zugenommen. Waren 1950 noch 32,8% der Schüler:innen weiblich, so sind es im Jahr 2013 54,6% gewesen, so das statistische Bundesamt. Doch immer noch haben Lehrer:innen starke Geschlechterstereotype – wie auch in der gesamten Gesellschaft präsent – im Bezug auf spezifische Fächer. So sind Jungen angeblich besser veranlagt für Naturwissenschaften, während Mädchen eine tendenzielle Begabung für Sprachen haben. Dies ergibt sich aus der erzwungenen Rolle der Frau in der Familie, die ein Schwerpunkt des weiblichen Lebens in der Rolle der Mutter sein soll. Noch immer werden 2/3 der Hausarbeit in der BRD von Frauen erledigt. Gleichzeitig verdienen Frauen in der BRD im Durchschnitt 23% weniger als Männer. Auch mit besseren Noten werden Frauen also massiv im Beruf und im gesellschaftlichen Leben benachteiligt.

Migration

Dadurch, dass unser Staat Menschen mit Migrationshintergrund systematisch in der Arbeitswelt benachteiligt, treffen auch auf viele migrantische Jugendliche dieselben Probleme zu, die wir schon im Punkt „Klassenherkunft“ erläutert haben. Das deutsche Bildungssystem hält aber noch einige zusätzliche Hindernisse und Diskriminierungsstrukturen bereit. So basiert die Bildung hier darauf, nur in einer Sprache unterrichtet zu werden. Anstatt Mehrsprachigkeit für den Unterricht zu nutzen, macht es das Bildungssystem Schüler:innen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, somit erheblich schwerer, alles in derselben Zeit zu verstehen. Noch schwieriger wird es, wenn es um Fachsprache geht. Der Staat würde aber nicht auf die Idee kommen, selber massiv in Sprachkurse und Förderangebote zu investieren. Stattdessen macht er einfach die Erziehung in den Familien dafür verantwortlich. Da aber die meisten migrantischen Familien selber nicht genügend Sprachförderungsangebote vom Staat bekommen haben, ist es vielen unmöglich, „ihren“ Kindern die deutsche Sprache perfekt beizubringen. Rassistische Stereotype und Einstellungen bei Lehrer:innen tun dann noch ihr Übriges. So kommt es, dass Kinder, deren Eltern nicht in Deutschland geboren sind, nur 4 % der Schüler:innen in Gymnasien darstellen, aber 20% der Schüler:innen in Hauptschulen. Während uns Rassist:innen von der AfD erzählen wollen, dass schlechte Noten an mangelnder Intelligenz liegen, ist der Grund vor allem die systematische Benachteiligung.

„Behinderung“

Niemand von uns ist „behindert“. Stattdessen werden wir zu „Behinderten“ gemacht, wenn wir aufgrund irgendwelcher Eigenschaften, Erfahrungen etc. nicht den Anforderungen, die die kapitalistische* Konkurrenzlogik an uns stellt, gerecht werden können. In der Schule ist dafür der Begriff „sonderpädagogischer Förderbedarf“ in Mode gekommen. Einmal damit gelabelt, werden wir meistens auf sogenannte Förderschulen abgeschoben und dürfen mit diesem Schulabschluss für den Rest unseres Lebens eine Vielzahl von Jobs nicht machen und werden immer eine viel schlechtere Bezahlung akzeptieren müssen, so verdienen beispielsweise Werkstattbeschäftigte im Schnitt 180€ pro Monat. Menschen zu „Behinderten“ zu machen ist also ein wichtiger Selektionsmechanismus im Bildungssystem. Dabei sind eigentlich nicht wir das Problem, sondern die Lernumgebung, die nicht in der Lage ist, sich auf unsere Bedürfnisse einzustellen. Wenn ein Kind in der Grundschule nicht still im Frontalunterricht sitzen kann, sollte vielmehr die Lernform überdacht werden, anstatt das Kind mit ADHS zu labeln und es mit Medikamenten vollzustopfen. Besonders betroffen sind auch hier wieder Kinder aus Arbeiter:innenfamilien, da laut Studien die Wahrscheinlichkeit der Diagnostizierung eines „sonderpädagogischen Förderbedarfs“ in dem Maße steigt, in dem das Einkommen der Eltern sinkt. „Behinderung“ ist also keine medizinische, sondern eine soziale Frage!

Erziehung & Konkurrenz

Dass man im Kapitalismus* am besten überlebt, wenn man die Ellenbogen ausfährt, nach unten tritt und sich nach oben streckt, soll uns schon in der Schule beigebracht werden. Für diese Erziehung zur Konkurrenz spielt das Notensystem eine große Rolle. Die Noten geben dabei nicht an, wie gut wir den Stoff wirklich verstanden haben, oder ob wir persönliche Lernerfolge erzielt haben. Vielmehr zeigen sie nur, wie gut wir im Verhältnis zu unseren Mitschüler:innen abgeschnitten haben. So sollen wir lernen, unsere Leistung nicht nach unseren persönlichen Maßstäben zu beurteilen, sondern uns immer an den Anderen zu messen und zu versuchen, sie zu übertreffen. Noch dazu wird Lernen so zur absoluten Drucksituation, was die schulischen Leistungen vielen wissenschaftlichen Studien gemäß sehr negativ beeinflusst. Dabei erwartet die Schulleitung von einer guten Lehrkraft, dass die Klassenarbeit einen „ausgeglichenen Notenspiegel“ hervorbringt: also nicht zu viele 1en, ein breites Mittelfeld und ein paar 4en, eine 5 und eine 6. Wenn alle Schüler:innen gut oder sehr gut abschneiden würden, wäre die Arbeit in der Logik unseres Bildungssystems definitiv zu leicht gewesen. Wer also etwas schneller verstanden hat und den anderen Schüler:innen dabei helfen will, schwächt in diesem System eher seine eigenen Chancen. Ziel einer befreiten Gesellschaft ist es, dass das Handeln für das eigene Wohl mit dem Handeln für das Wohl der Allgemeinheit einhergeht. Deshalb sind wir für die Abschaffung aller Noten und für eine Ausbildung und gegebenenfalls Überprüfung nach Fähigkeiten und gesellschaftlichen Bedürfnissen. 

Kommandoprinzip

Die ersten Schuljahre sollen uns vor allem disziplinieren, ob über pädagogische oder offener repressive Maßnahmen. Ziel ist es hierbei stillschweigende Kinder zu formen, die die Masse an Stoff unhinterfragt aufnehmen und sich nicht beschweren. Wer das schon in der Schule verinnerlicht hat, soll sich auch später im Betrieb so verhalten. Extrovertierte Jugendliche werden mit Nachsitzen, Klassenbuch- und Hausaufgabenhefteinträgen, schlechten Noten, Tadeln oder Sonstigem bestraft. Wenn das nicht hilft, wird uns AD(H)S attestiert und wir werden mit Medikamenten ruhig gehalten. Viele Eltern übernehmen dieses Prinzip in die eigene Erziehung, da sie sich ja wünschen, dass ihre Kinder erfolgreich in der Schule sind. Die Faustregel lautet dabei: Mach was dir gesagt wird, dann hast du weniger Probleme. Diese Form von Erziehung steht im krassen Gegensatz zum Idealbild der Aufklärung von Bildung, die durch Wissensvermittlung eine befreite Form von Mensch schaffen möchte, der die Gesellschaft stets kritisch hinterfragt.

Warum eigentlich noch zur Schule gehen?

Auch wenn hier sehr viel blöd läuft, ist das allgemeine Bildungswesen eine historische Errungenschaft. Neben der Tatsache, dass wir zu guten Arbeitskräften ausgebildet werden sollen, ermöglicht es uns auch, uns Wissen über den Produktionsprozess hinaus anzueignen. Es vermindert zum Beispiel auch die Rate von Analphabetismus, was wiederum auch die Verbreitung revolutionärer Gedanken erleichtert. Da wir für eine Gesellschaft kämpfen, in der wir alle – die gesamte Arbeiter:innenklasse* – die Politik und die Produktion demokratisch leiten, ist es für uns auch notwendig, schon jetzt die nötige Bildung zu erhalten, die dafür gebraucht wird. Bildung ist und bleibt dabei eine Aufgabe des Staates. Wird Bildung in die Familie zurückgedrängt, leiden darunter insbesondere Jugendliche aus Arbeiter:innenfamilien, besonders wenn sie Frauen sind. Wir fordern also nicht die Auflösung des staatlichen Bildungsmonopols*. Wir wollen aber, dass es jemand anderes kontrolliert: nämlich die, die Bildung bekommen und die, die sie machen. Wir fordern eine Kontrolle des Bildungssystems durch demokratische Gremien von Lernenden und Lehrenden, so wie jeder Bereich der Gesellschaft von denen kontrolliert werden soll, die ihn ausmachen. Darauf ist dieser Staat, der nur die Interessen der Kapitalist:innenklasse* repräsentiert, jedoch nicht ausgelegt. Deswegen muss die Arbeiter:innenklasse im Schulterschluss mit der Jugend und anderen unterdrückten Teilen der Gesellschaft den bürgerlichen Staat zerschlagen und durch die eigenen, wirklich demokratischen Strukturen ersetzen, um damit nach und nach jegliche Form von Staatsgewalt überflüssig zu machen. So können die Klassengegensätze überwunden und eine Gesellschaft aufgebaut werden, in der jeder Mensch nach seinen Fähigkeiten und Bedürfnissen frei leben kann, der Kommunismus*. Trotzdem unterstützen wir auch jeden Kampf um Reformen des Bildungswesens zur Verbesserung der Bildung im Interesse für uns alle. Auch kleine Schritte können die Bedingungen in unseren Schulen verbessern. Wenn wir jedoch immer weiter für unser Recht auf Mitbestimmung kämpfen, werden dem Staat und Kapitalist:innenklasse einen Riegel vorschieben. Uns muss immer bewusst sein: eine befreite Schule ist nur in einer befreiten Gesellschaft möglich. Einen Weg zu dieser Perspektive wollen wir bereits im Kleinen aufzeigen. 

3. Für eine kämpferische Gewerkschaft!

Als Sozialist:innen besteht unsere politische Arbeit nicht nur darin uns selbst, sondern auch andere Menschen für revolutionäre Politik zu begeistern. Neben den Inhalten unserer Politik müssen deshalb auch unmittelbare Erfolge für uns sprechen können. Erfolge sind in diesem Zusammenhang auch die Verbesserung der Lebens-, bzw. Arbeitsbedingungen im Hier und Jetzt, im Kapitalismus*. Für solche Erfolge müssen wir kämpfen, nicht nur mit lokalen (Schüler-)Gruppen. In der Geschichte der Arbeiter:innenbewegung stellte sich die Gewerkschaft als Ort des Zusammentragens der verschiedenen Kämpfe um Forderungen nach höherem Lohn, nach Krankengeld usw. als eins der besten Mittel heraus, diese umzusetzen. Denn wo sich viele Arbeiter:innen* oder Schüler:innen organisieren, können ihre Kämpfe auch erfolgreich sein. Ein kleiner Streik macht keinem:r Bourgeois, keinem:r Fabrikbesitzer:in Angst, wenn wir aber nicht nur eine Schule unter vielen, nur einen Zulieferer unter vielen bestreiken, sondern alle, dann geht es an die Substanz, dann finden auch unsere Forderungen Gehör. Praktisch jede:r weiß grundlegend, was eine Gewerkschaft ist, oder hat zumindest schon von einer gehört. Spätestens wenn wieder ein Fußballgroßereignis á la WM auf der Tagesordnung steht und die Lokführer:innengewerkschaft es wagt sich auch nur über die Möglichkeit von Streiks zu unterhalten, können und dürfen es die Medien nicht verpassen sich über die scheinbar radikalen Gewerkschafter:innen auszulassen. Schnell wird dann aus dem ganz normalen Arbeitskampf, dem Kampf um bessere Löhne und Arbeitsbedingungen, ein Angriff auf die Zivilgesellschaft durch die sowieso schon besser gestellten Arbeiter:innen. Denn diejenigen Arbeiter:innen mit wirklich kampfstarken Gewerkschaften wie in der Chemie oder Metallindustrie, bei den Lokführer:innen oder bei den Pilot:innen sind meist auch die besser gestellten Arbeiter:innen. Warum? Ganz einfach gesagt, weil ein Streik mehr weh tut, wenn er zentrale industrielle Bereiche oder das Transportwesen lahmlegt.Hetze gegen Gewerkschaften ist ein wenig vielschichtiger, als sie auf den ersten Blick scheinen mag. Nicht nur gegen die kampf- bzw. streikerprobten Arbeiter:innen die auch unsere Kämpfe vorantreiben können, wird gehetzt, sondern gegen gewerkschaftliche Organisierung an sich, welche sich doch in der Geschichte als starke Waffe der Arbeiter:innen gegen die Kapitalist:innen* herausgestellt hat. Erfolge von Kämpfen, die unmittelbar aus der Organisierung von Arbeiter:innen erfolgten und nur über Streiks umgesetzt werden konnten, sind zum Beispiel das allgemeine einkommensunabhängige Wahlrecht, die Krankheits- und Altersversorgung oder aber die Verteidigung der demokratischen Republik gegen adelstreue rechte Putschisten (Deutschland 1920), um nur einige, unzusammenhängende Bespiele zu nennen. Gewerkschaften sind also offensichtlich zu mehr in der Lage als „nur“ die Kämpfe um bessere Arbeits- und Lebensbedingungen zu führen. Sie können politische Interessen der Arbeiter:innen umsetzen, indem sie die Kapitalist:innen zu Kompromissen zwingen. Unabhängig vom politischen Programm ist eine Gewerkschaft also ein Kampfbund aller Arbeiter:innen, die Einheitsfront der Ausgebeuteten gegen die Ausbeuter:innen. Warum sollten wir Schüler:innen solche Strukturen nicht auch haben? 

Organisierung von Oben

Anfang 2016 rief die FIDL, die unabhängige demokratische Schüler:innengewerkschaft, gemeinsam mit den großen französischen Gewerkschaften zu Streiks und Demonstrationen auf. Diese richteten sich unmittelbar gegen die Politik der PS, der französischen sozialdemokratischen Partei. Konkret ging es um die sogenannte Khomri-Reform. Eine „Neuerung“ auf dem Arbeitsmarkt, die die 35 Stunden Woche faktisch aufheben und diverse Rechte am Arbeitsplatz wie zum Beispiel den Kündigungsschutz verwässern soll. Dazu aufzurufen war richtig. Dieser Angriff stellt natürlich einen Angriff auf ältere Schüler:innen, also angehende Arbeiter:innen* dar, welche es als Jugendliche ohnehin schwer genug haben, einen sicheren Job zu bekommen. Dass die FIDL sich mit ins Boot der aufrufenden Gewerkschaften setzte, kam trotzdem unerwartet. Lange schon gab es Proteste gegen die Reformen ohne die Beteiligung der Schüler:innen. Die Führung der Gewerkschaft musste auf den Druck ihrer eigenen Mitglieder reagieren, welche von sich aus demonstrieren wollten. Mit oder ohne „ihre“ Gewerkschaftsführung. Wieder einmal rannte die Führung der Bewegung hinterher erst, als die Bewegung an sich schon zu groß war, um sich vor ihr zu verschließen, anstatt selbst initiativ zu werden und solche Kämpfe mit eigenen Forderungen zu unterfüttern, gar anzuführen. Wieder einmal zeigt sich, dass die Gewerkschaftssbürokrat:innen Probleme lieber aussitzen und nur in der größten Not zur Tat, zum Streik, greifen. Als Schnittstelle zwischen den organisierten Arbeiter:innen und den Interessensgruppen der Kapitalist:innen*, den Arbeitgeberverbänden, welche nicht unmittelbar von uns Arbeiter:innen kontrolliert werden kann, ist die Bürokratie von der widerlich rassistischen und sexistischen Ideologie der Kapitalist:innen durchdrungen. Sie scheut sich in der Regel Position für die Rechte, seien es auch nur Arbeitsrechte, von Geflüchteten, von Migrant:innen oder von Frauen zu beziehen und begnügt sich damit das bürgerliche Märchen der Chancengleichheit unzerkaut zu schlucken. Trotzdem kann auch eine korrumpierte Bürokratie fortschrittliche, antirassistische Kämpfe führen. So führte 2013  unter anderem die FIDL eine spontane Bewegung mit landesweiten Streik- und Protestaktionen gegen die Abschiebung einzelner Schülerinnen und Schüler an französischen Schulen an. Wieder als Reaktion auf eine existierende Bewegung, denn unabhängig von der eigenen Gesinnung ist jede Bürokratie von der von ihr verwalteten Masse abhängig. Obwohl sich die FIDL, so wie auch andere Gewerkschaften, als frei und unabhängig bezeichnet, ist sie doch politisch und finanziell abhängig von der PS, der sozialdemokratischen Regierungspartei. Wie auch in Deutschland und sonstwo, wo es sozialdemokratische Parteien wie die SPD oder PS gibt, ist deren Kurs gegenüber den Kapitalist:innen ein sozialpartnerschaftlicher. Ähnlich verhält es sich mit den meist auch von ihnen dominierten Gewerkschaften. Grob gesagt äußert sich dieser Kurs darin, dass die Kapitalist:innen den Bürokrat:innen Brotkrumen für die von ihnen vertretenen Arbeiter:innen anbieten. Selbst genießen sie aufgrund ihrer hohen Funktion in der Gewerkschaft besondere Privilegien, einen hohen Lohn und einen sicheren Arbeitsplatz, wenn man sich an die allgemeinen, opportunistischen Spielregeln hält. Von sich aus kommen die Gewerkschaftsbürokrat:innen selten auf die Idee Kämpfe einzuleiten, eher reagieren sie notgedrungen auf Angriffe. Sicherlich nicht zuletzt, weil sie selbst zu der Schicht besser gestellter Arbeiterinnen und Arbeiter gehören. Damit einhergehen nicht nur versäumte Kämpfe für die Arbeiter:innen. Letztlich sind die Privilegien, die sich aus der besonderen Bedeutung der höher gestellten Arbeiter:innenschaft für die Kapitalist:innen ergeben, auch eine Grundlage für arbeiter:innenfeindliche Ideologie innerhalb der Arbeiter:innenklasse. Besonders stark wird diese pro-kapitalistische Ideologie bei den Bürokrat:innen* der Gewerkschaften deutlich. Sehen sie sich doch als (Sozial-)Partner:innen des Kapitals, mit dem sie verhandeln, anstatt ihm den Kampf anzusagen. So kommt es nicht von ungefähr, dass zentrale Punkte fortschrittlichen, proletarischen Bewusstseins kaum Widerhall in den Reihen der Arbeiter:innen finden. So positioniert sich der DGB, der Dachverband deutscher Gewerkschaften, selten zu international koordinierten Streikversuchen. Außer Grußbotschaften an die tatsächlich kämpfenden Arbeiter:innen regt sich in den Reihen der deutschen Gewerkschaftsbürokrat:innen wenig. So bei den letzten europaweiten Streiks gegen die Sparpolitik, die den am stärksten von der Krise betroffenen Ländern der EU, zum Beispiel Griechenland oder Spanien, diktiert wird. Auch die historischen Angriffe der Agenda 2010*, welche den Weg für die sich immer stärkende Ausweitung der Leih- und Zeitarbeit oder der Hartz-Reformen. Auch das jüngst beschlossene Tarifeinheitsgesetz, welches nur noch der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern innerhalb eines Betriebes erlaubt Tarifverhandlungen in diesem Betrieb zu führen, wurde vom DGB sogar unterstützt! Dass keine dieser Reformen im Interesse der Arbeiter:innen als Klasse ist, sondern nur der Beschneidung ihrer Rechte dient, ist mehr als offensichtlich. Der soziale Frieden wird dabei gewahrt, indem den Stammbelegschaften der einzelnen Betriebe zugesichert wird, dass sie ihre Plätze bis zur Rente sicher haben. Dass die Stelle danach eben keine Vollzeitstelle mehr ist, sondern z. B. an Leiharbeiter:innen vergeben wird, welche sich mit weit schlechteren Löhnen zufrieden geben müssen, wird billigend in Kauf genommen. Die Privilegien der einen werden so zum Leid der anderen und auch das trägt dazu bei, die Klasse zu spalten und ein ideologisches Gefälle zwischen Facharbeiter:innen und den angeblich minder qualifizierten Aushilfskräften zu schaffen. 

Organisierung von Unten

Wenn auch nicht im Aufbau der Gewerkschaft so, aber doch in der Schlagkraft und in der Militanz der Aktionen fortschrittlicher und konsequenter waren die Schüler:innen in Brasilien. Im Herbst 2016 brach eine Welle von Besetzungen über die großen Städte herein. Weder waren es radikale Linke, die sich für die Besetzung von Häusern entschieden haben, noch waren es die Studentinnen und Studenten, die ihre Hörsäle einnahmen. Es waren die Schüler:innen, die von sich aus anfingen Schulen zu besetzen. Hunderte von Schulen waren verschlossen für Rektor:innen und rückschrittliche Lehrer:innen, verschlossen für diejenigen, die sich mit Brasiliens Bildungssystem der zwei Klassen abgefunden haben. In den Schulen wurden interessante Seminare, beispielsweise zur Russischen Revolution oder dem Arabischen Frühling gegeben. Es wurde sich mit Antisexismus und Antirassismus auseinandergesetzt. Es wurde sich selbst organisiert. Vom Essen über die Lehrinhalte bis zum notwendigen Wachschutz nahmen die Schüler:innen alles selbst in die Hand. Gerade die Rolle von jungen Frauen, welche vermehrt im Mittelpunkt der Aktivitäten standen und die Bewegung nach außen hin vertraten, ist besonders hervorzuheben. Die Bildung in Brasilien ist gnadenlos unterfinanziert. Einsturzgefährdete Schulgebäude, teilweise ohne Strom, großteils ohne Klimaanlage sind die Regel. Die Klassen an den öffentlichen Schulen platzen aus allen Nähten und die Lehrinhalte richten sich nahezu ausschließlich nach den Inhalten der zentralen Abschlussprüfungen. Immer mehr Schulen wurden geschlossen und im Gegenzug immer mehr Stadien und Arenen aufgebaut. Nachdem für die WM 2014 und die olympischen Spiele 2016 genug Geld vorhanden gewesen war, neue Prunkbauten und Viertel aus dem Boden zu stampfen (und dafür ärmere Viertel einzustampfen), war den meisten Schüler:innen klar: Für sie tut keine:r was, sie müssen sich selbst organisieren, um für ihre Belange zu kämpfen. Im Zuge dessen wurden immer mehr Schulen besetzt und die Bewegung vernetzte sich mit anderen. Die Angriffe seitens der Medien und der Regierung wurden erfolgreich abgewehrt. Hiermit sind weniger die praktischen Angriffe, die auf der Tagesordnung standen, wie gewalttätige Räumungsversuche und Denunziation der Organisator:innen gemeint. Wie immer versuchte die Regierung, den Protest zu spalten, die Medien den Protest zu isolieren. So wurden Verhandlungsangebote seitens der zuständigen Minister:innen mit einzelnen Schulen zu deren Forderungen abgelehnt. Auch fiel man nicht auf den Trick der Medien herein, die Proteste „erfolgreich“ abzuschließen, da ja schon Versprechungen der Regierung in diesem Jahr keine weiteren Schulen zu schließen gemacht wurden und nun die Zeit der Mäßigung gekommen sei. Für Angriffe dieser Art war die Bewegung zu stark. Sie hatte sich Gedanken gemacht. Nicht nur jede Schule organisierte sich selbst in Form von täglichen Plena und Kommissionen, auf denen alles demokratisch entschieden und umgesetzt wurde. Auch die nächsthöhere Instanz, welche die Bewegung nach außen hin vertrat und befugt war zu verhandeln, war demokratisch gewählt und von der Basis, von den kämpfenden Schüler:innen kontrolliert. Über das Rotationsprinzip, demnach politische Funktionen immer nur auf einen kurzen Zeitraum vergeben werden, um keine klassische, korrupte Bürokratie, sondern einen lebendigen Apparat zu erzeugen, konnte eine solche Kontrolle durch die Basis gewährleistet werden. Diese Erfahrungen sollten uns ein positives Beispiel sein, wie eine unabhängige Gewerkschaft von Schüler:innen aufgebaut sein kann, auch wenn neben der Form maßgeblich der Inhalt über den Erfolg entscheidet.

Warum Schulstreik?

Uns muss klar sein, dass der Schulstreik kein Streik im herkömmlichen Sinne ist. Streiken z.B. die Arbeiter:innen* bei Siemens, die durch ihre Ausbeutung Milliarden an Mehrwert produzieren, dann tut das den Boss:innen von Siemens ziemlich weh und sie sehen sich einem starken Druck ausgesetzt, entweder den Forderungen der Arbeiter:innen irgendwie entgegenzukommen oder den Streik mit Propaganda und roher Gewalt zu brechen. Da wir in der Schule nicht direkt Mehrwert für eine_n konkrete_n Kapitalist:in* produzieren, fehlt uns auch dieses konkrete Druckmittel. Wie oben schon ausgeführt liegt unsere Bildung weniger im direkten Interesse von einzelnen konkreten Kapitalist:innen und mehr im Interesse der Kapitalist:innenklasse als ganze. Gegen diese richtet sich also unser Streik und ist vielmehr ein politischer Streik, das also, was bei uns in Deutschland den Arbeiter:innen eigentlich verboten ist. Wir wollen damit neben den Forderungen, die wir eh schon auf die Straße tragen, wie zum Beispiel Themen des Antirassismus, der Kampf gegen das 12 Jahre Turbo Abi oder aber den Kampf gegen die Aufteilung in verschiedene Schultypen, auch gegen die Trennung von Produktions- und Reproduktionsarbeit* vorgehen. Denn natürlich hat auch jede:r spätere „Arbeitgeber:in“ was davon, wenn wir lesen, schreiben und rechnen können, insofern ist auch das zur Schule Gehen Teil gesellschaftlicher Arbeit und kann dementsprechend bestreikt werden. Auch können wir so gegen die vermeintliche Unselbstständigkeit von Jugendlichen vorgehen, indem wir uns und andere organisieren, nicht zuletzt, um eigene Erfahrungen in der Organisierung und politischen Bildung zu sammeln. Allein können wir aber keinen Kampf für eine wirklich gerechte Bildung führen, da wir Jugendliche nicht die Masse noch die gesellschaftlichen Druckmittel, wie zum Beispiel Schlüsselposten in Industrie oder Transportwesen, in der Hand haben. Der Streik gibt uns jedoch ein eigenes Podium im Klassenkampf* und kann uns so helfen, gegen die vorherrschende Jugendunterdrückung vorzugehen.

Was fehlt?

Der Kampf um bessere Existenzbedingungen ist wichtig, genauso wie die Organisierung aller möglichen Kräfte gegen den Kapitalismus*. Dass diese Kämpfe überhaupt getrennt werden, ist nicht das Ergebnis einer Entscheidung von Streikenden oder aber von kämpfenden Arbeiter:innen*. Diese Trennung ist Ergebnis eines Kampfes zweier bürokratischer Bollwerke. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts kämpften SPD und Gewerkschaften Hand in Hand für bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen, für demokratische Forderungen und für Verstaatlichungen. In dieser Zeit entwickelte sich in den Reihen der Gewerkschaft eine Bürokratie, die engeren Kontakt zu den Arbeitgebern suchte, für „Verhandlungen auf Augenhöhe“. Die Positionen in der Führungsriege waren keine sozialistischen mehr. Man ging davon aus, im System durch den Kampf für ein besseres Leben Gerechtigkeit schaffen zu können, ohne den parlamentarischen Überbau, ohne seine Grundlage, den Kapitalismus an sich, infrage zu stellen. Diese Positionen kollidierten unmittelbar mit den noch sozialistischen Positionen der SPD, welche den Anspruch hatte politische und wirtschaftliche Kämpfe anzuführen. Der Konflikt der beiden Positionen spitzte sich an der Losung des politischen Generalstreiks als Mittel im Kampf gegen den Kapitalismus so weit zu, dass als Ergebnis des Streits Gewerkschaften und Arbeiterparteien sich als gleichrangige Organisationen der Klasse betrachtend jede mit den eigenen Mitteln unter der den eigenen Forderungen Kämpfe ausruft und anführt (festgehalten 1906 im Mannheimer Abkommen). Das Ergebnis dieses politischen Streits war letzten Endes nicht weniger als der bewusste Verzicht auf die mächtigsten Kampforgane der Arbeiter:innenklasse für politische Auseinandersetzungen. Die Kämpfe in Brasilien schafften es sogar, einen Schritt weiter zu gehen als viele Arbeiter:innen hier, denn neben der eigenen Organisierung ihrer Kämpfe aus den kämpfenden Massen heraus positionierten sie sich politisch. Die Ablehnung von Sexismus und von Rassismus, sowie die Ablehnung der rein weißen, männlichen Regierung in Brasilien ist sicherlich eine wichtige Voraussetzung, um das Bewusstsein der Schüler:innen gegen die Angriffe und Spaltungsversuche des Kapitals zu schärfen. Weiter wird man jedoch mit der politischen Arbeit in Gewerkschaften allein nicht kommen. Als Revolutionär:innen stellen wir in allen Kämpfen den Pol dar, der neben den unmittelbar aufgestellten Forderungen auch immer das System des Kapitalismus’ als Ursache für die angeprangerten Probleme begreift. Deshalb darf eine Gewerkschaft als Kampfstruktur nicht die revolutionäre Organisierung ersetzen. Vielmehr stellen sie eine ausgezeichnete Plattform dar, die eigene Politik vor den Massen der Organisierten Arbeiter:innen, Schüler:innen und Student:innen zu vertreten und durchzuführen. An sich werden die, mit denen wir gemeinsam streiken, nicht automatisch auch ein revolutionäres Bewusstsein erlangen. Ein Streik begnügt sich meist damit, Forderungen um kleine unmittelbare Verbesserungen aufzustellen und spätestens, wenn diese umgesetzt sind, setzt oder stellt sich jede:r wieder an die Schulbank oder den Arbeitsplatz. Ein zentrales Element wird hier meist ausgeklammert: der politische Charakter von Streiks und der politische Charakter von Gewerkschaften, welcher beiden durch die Ideologie des Reformismus abgesprochen wurde. Gegen diese Ideologie gilt es zu kämpfen und zwar über Losungen wie die des unbefristeten politischen Generalstreiks. Denn zu glauben, dass Politik nicht unmittelbar etwas mit den Lebensbedingungen der Arbeiter:innen zu tun hat, wäre fatal. So können zentrale Angriffe auf die Rechte der Arbeiter:innen abgewehrt werden. Würde beispielsweise ein Freihandelsabkommen á la TTIP, ein Kriegseinsatz in Afghanistan oder aber die Grundlage für das System der Leih- und Zeitarbeit, die Agenda 2010*, umgesetzt werden, wenn sich die Arbeiter:innen mit Massenstreiks dagegen wehren? Nein! Mit Sicherheit würden keine Regierung und keine Partei, die ja trotz des bürgerlichen Charakters, von den Massen abhängig sind Gesetze gegen die mehrheitlichen Proteste der Arbeiter:innen durchsetzen. Diese unbefristeten politischen Streiks stellen unmittelbar die Frage nach der Macht im Staat, also die Frage nach der Herrschaft der einen Klasse über die andere. Gleichzeitig bringt ein solcher Streik den Kapitalismus ins Wanken, da ja jeder Betrieb, um Wert zu schöpfen, Arbeitskraft ausbeuten muss. Wenn diese Wertschöpfung zum Erliegen kommt, bangen also nicht nur der bürgerliche Staat, sondern auch die Klasse der Kapitalist:innen* um ihre eigene Existenz. Solche Kämpfe erhöben die Gewerkschaft als Organisierung der Arbeiterklasse gegen Armut und Verelendung zu einer Organisation mit politischen Zielen, zu einer Organisation, die die Interessen der Klasse tatsächlich vertreten und durchsetzen kann, um sich der eigenen Stellung und der eigenen Macht bewusst zu werden.

Kämpfe verbinden!

Tatsächlich kann eine solche Gewerkschaft im bürgerlichen Staat, welcher Streiks außerhalb von Tarifverhandlungen illegalisiert und Strafen wie Entlassung oder sogar Entschädigungszahlungen für „wilde Streiks“ verhängt, kaum existieren. In Indien zum Beispiel ging es soweit, dass die Initiator:innen eines Streiks, welcher Ausschreitungen zur Folge hatte, zum Tode bzw. zu lebenslänglichen Haftstrafen verurteilt wurden. Auch werden wohl die wenigsten Gewerkschaften dazu die Bereitschaft aufweisen, auf einmal für politische Forderungen zu kämpfen, auf einmal selbst initiativ zu werden. Denn die Gewerkschaft hat kein Programm, sie organisiert Arbeitende eines Bereiches um ihre eigenen Forderungen. Um alle Gewerkschaften tatsächlich an einem Strang ziehen zu lassen, braucht es eine revolutionäre Partei, die dazu in der Lage ist, von sich aus Massen zu mobilisieren, um der Gewerkschaftsführung gar keine andere Wahl zu lassen, als mitzuziehen und die politischen Forderungen zu unterstützen. Gleichzeitig wirft die Entscheidung, sich einem revolutionären Programm anzuschließen, die Frage auf, welcher Organisation man angehören will. Einer Organisation mit verknöcherter bürokratischer Spitze oder aber der revolutionären Organisation der kämpfenden Massen. Letzteres macht die Gewerkschaft durch die Aufhebung der Trennung politischer und wirtschaftlicher Kämpfe als „unpolitische“ Koordinatorin überflüssig. Sie kämpft nur noch in Form einer basisdemokratischen Gewerkschaftsopposition mit einem eigenen Aktionsprogramm um die Führung unmittelbarer ökonomischer Kämpfe. Ein revolutionäres Bewusstsein kann nur unter großen Teilen der Gesellschaft verbreitet werden, indem Revolutionär:innen nicht nur Forderungen wie eine bessere Finanzierung des Bildungswesens oder aber das Recht auf Mitbestimmung der Lehrpläne auf die Tagesordnung setzen. Wir wollen nicht einfach nur, dass alles besser und netter wird, wir als Lehrende und Lernende wollen selbst bestimmen wie wir das Geld ausgeben und was wir lernen. Wir wollen eine Grundsicherung für Schüler:innen und Studierende unabhängig vom Verdienst und der Situation ihrer Eltern und wir wollen nichts für Bildung und Kultur und öffentlichen Nahverkehr bezahlen müssen. Solche Forderungen sind es, die nachvollziehbar anhand der Bedürfnisse von uns Jugendlichen jeder_m die Grenzen des kapitalistischen Systems aufzeigen, welches uns diese Privilegien mit absoluter Sicherheit nicht zugestehen wird. Solche Forderungen sind es, welche als Katalog, zusammen mit den Forderungen die von den Gewerkschaften bzw. ihren Mitgliedern, aufgestellt werden und Forderungen nach dem Umsturz des Kapitalismus, der Arbeiter:innenbewegung vorgeschlagen, zusammen mit ihr diskutiert und umgesetzt werden müssen. Wir müssen jedes Podium und jede Struktur nutzen, um unsere Forderungen unter die Leute zu bringen. Deshalb wollen wir eine kämpferische Gewerkschaft, in der sich Jugendliche, egal ob Schüler:innen oder Studierende gemeinsam, basisdemokratisch organisieren, um für ihre Forderungen erfolgreich kämpfen zu können. Dabei sollten wir auch versuchen die Schüler:innenvertretungen und die Studierendenparlamente für unsere Forderungen zu begeistern, jedoch darf sich unser Kampf nicht auf den Kampf in diesen light Versionen von Parlamenten beschränken. Diese Gremien haben kaum Möglichkeiten den Schulalltag mitzugestalten. Außerdem haben Lehrer:innen und Schuldirektor:innen meist einen zu starken Einfluss auf diese, weshalb der Kampf auch immer außerhalb der unmittelbaren schulischen Gremien geführt werden muss. In einer Gewerkschaft wollen wir Sozialist:innen für ein revolutionäres Programm der Jugend einstehen, diese also als Podium nutzen, um unsere Ideen vor einer großen Masse zu verbreiten und zu verteidigen. Gleichzeitig müssen wir uns aber den Rahmen vor Augen halten, in dem eine Gewerkschaft agieren kann. So kann die Organisierung in dieser nie die Organisierung in einer revolutionären, antikapitalistischen, internationalistischen Organisation ersetzen, da nur sie die Kämpfe verbinden, die Mittel im Kampf frei wählen und ein revolutionäres Programm vertreten kann.

Fremdwörterlexikon

Agenda 2010: Reform des sozialen und Arbeitsmarktsystems auf Kosten der Arbeiter:innen. Geplant und umgesetzt wurde es 2003 bis 2005 unter der Regierung der SPD und Bündnis90/Die Grünen. Diese Reform stürzte große Teile der arbeitenden Massen in die Zeit- und Leiharbeit. So konnten die Lohnstückkosten in Deutschland im Schnitt massiv reduziert und Deutschland wieder Exportweltmeister werden. Ebenso wurde Hartz IV eingeführt, eine massive Verschlechterung der Existenzsicherung für Arbeitslose, die diese wiederum rigoroser in die Arbeitswelt drängt und dazu bringt, Jobs zu den miesesten Bedingungen anzunehmen.

Produktionsmittel: Alles das, was zur Produktion von Gütern benötigt wird. Also zum Beispiel Fabriken, Grundstücke, Rohstoffe und Maschinen

.Kapitalismus, kapitalistisch: Dieses Wirtschaftssystem hat im 18. Jahrhundert in Europa die Feudalordnung abgelöst. Heute hat sich der Kapitalismus nahezu auf der gesamten Welt ausgebreitet. Die konkurrenzorientierte kapitalistische Wirtschaft ist nicht darauf ausgerichtet, menschliche Bedürfnisse zu befriedigen, sondern hat nur zum Ziel, Profite zu maximieren. Die Produktionsmittel befinden sich im Privatbesitz einiger weniger Menschen, sodass der Großteil der Menschheit nur ihre Arbeitskraft verkaufen kann, um sich ihr Leben durch den Lohn zu finanzieren.

Befreite Gesellschaft, Kommunismus, kommunistisch: Eine Gesellschaftsordnung, in der niemand mehr geknechtet wird, sich jeder Mensch frei entfalten kann und in der keine Ausbeutung, keine Armut, kein Krieg, kein Sexismus, kein Rassismus und keine LGBTIA+-Feindlichkeit existiert. Grundvoraussetzung dafür ist, dass das Privateigentum an Produktionsmitteln abgeschafft wird und die Wirtschaft unter demokratischer Planung aller auf die Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse ausgerichtet ist. Diese Gesellschaft bezeichnen wir als befreite, klassenlose Gesellschaft oder Kommunismus.

Produktionsverhältnis: Die Frage, wer in Besitz der Produktionsmittel ist, bestimmt das Produktionsverhältnis und die Art und Weise, wie die Produktion, der Verbrauch, der Austausch und die Verteilung von Produkten in einer Gesellschaft geregelt sind. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Wirtschaft, sondern auf jegliche zwischenmenschlichen Beziehungen.

Klassengesellschaft: Sobald sich die Produktionsmittel innerhalb einer Gesellschaft nur im Besitz einer bestimmten Gruppe befinden, entsteht ökonomische, soziale und politische Ungleichheit und es bilden sich Klassen heraus. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass eine Klasse die andere ausbeutet und sie somit in einem unversöhnlichen Gegensatz zueinander stehen. So ist nicht nur der Kapitalismus eine Klassengesellschaft, sondern auch der mittelalterliche Feudalismus oder die antike Sklavenhaltergesellschaft.

Klassenkampf: Jede Klasse muss um ihre eigene ökonomische Existenz kämpfen. Da in einer Klassengesellschaft immer ein unversöhnlicher Gegensatz zwischen zwei Klassen besteht, steht der Kampf um die eigene Existenz einer Klasse immer im Widerspruch zu den Interessen der anderen Klasse. Indem in der Geschichte der Menschheit immer eine Klasse die Herrschaft einer anderen abgelöst hat, haben wir uns von der Sklavenhaltergesellschaft zum Feudalismus und schließlich hin zum Kapitalismus entwickelt. Auch hier kämpfen zwei Klassen gegeneinander, auch wenn das nicht immer mit Waffengewalt passiert und uns das nicht immer direkt wie ein Kampf vorkommen mag. Aber jede Forderung nach höheren Löhnen oder mehr Freizeit, jeder Streik und auch jede Kürzung von Sozialleistungen, jede Kündigung und jede unbezahlte Überstunde sind Ausdrücke des ökonomischen Klassenkampfes. Im Kapitalismus bedeutet der Klassenkampf der Arbeiter:innenklasse, der auf den Sturz der unterdrückerischen Kapitalist:innenklasse gerichtet ist, letztendlich auch den Kampf für den Sozialismus und die befreite Gesellschaft.

Bourgeoisie/ Kapitalist:innenklasse: Im Kapitalismus gehören die Produktionsmittel nur einigen wenigen Menschen. Diese bezeichnen wir als Kapitalist:innen oder Bourgeoisie. Wer selber keine Produktionsmittel besitzt, ist darauf angewiesen, seine oder ihre Arbeitskraft gegen einen Lohn an die Bourgeoisie zu verkaufen. Diese Abhängigkeit erlaubt es der Bourgeoisie ihre Profite zu maximieren, indem sie den Lohn nach unten drückt und somit die Arbeitskraft anderer ausbeutet.

Proletariat/ Arbeiter:innenklasse: Wer selber keine Produktionsmittel besitzt, muss irgendwo arbeiten gehen, um sich seinen Lebensunterhalt vom Lohn zu finanzieren. Diese Klasse bildet die große Mehrheit aller Menschen auf der Welt und wird als Proletariat oder Arbeiter:innenklasse bezeichnet. Dabei ist es egal, ob man in einer Fabrik arbeitet, als Supermarktkassierer:in, als Bankangestellte:r, als Pilot:in oder als Fahrradkurier:in. Bürgertum, bürgerlich: Bürgertum ist eine weitere Bezeichnung für die Klasse der Kapitalist:innen. Wenn etwas bürgerlich ist, dann unterstützt es in irgendeiner Weise die gesellschaftliche Ordnung, in der die wirtschaftliche und politische Macht in den Händen der Kapitalist:innen ist.

Marxist:in, Marxismus, marxistisch: Die Schriften von Karl Marx legten im 19. Jahrhundert den Grundstein für die Analyse des Kapitalismus und gaben Antworten, wie dieser überwunden werden kann. Marx entwickelte eine eigene Philosophie und eine eigene Wissenschaft die wir als Marxismus und ihre Anhänger:innen als Marxist:innen bezeichnen. Der Marxismus wurde von vielen Menschen in vielen Ländern im Kampf erprobt und theoretisch weiterentwickelt. Wir beziehen uns hier vor allem auf Karl Marx, Friedrich Engels, Wladimir Iljitsch Lenin, Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht und Leo Trotzki.

Monopol: Wer ein Monopol innehat, besitzt in diesem Bereich das absolute Vorrecht oder die Alleinherrschaft. Privatisierung: Staatlicher Besitz oder Verantwortungen und Befugnisse werden in privaten Besitz oder an nicht-staatliche Akteure überführt. Privater Besitz kann einem Konzern gehören, aber auch zum Beispiel der bürgerlichen Familie.

Gewerkschaftsbürokratie: Hiermit sind die Chefs und Vorsitzenden der Gewerkschaften gemeint. Sie verdienen das Zehnfache der anderen Gewerkschaftsmitglieder und handeln nicht im Interesse der organisierten Arbeiter:innen. Anstatt zusammen mit ihnen Streiks gegen die Ausbeutung zu organisieren, sitzen sie mit den Kapitalist:innen am Verhandlungstisch und versuchen schlechte Kompromisse zu finden.

Reaktionär: Reaktionär bedeutet rückschrittlich. Wenn sich also bereits bestimmte Errungenschaften erkämpft wurden und diese dann wieder erneut in Frage gestellt werden, ist das reaktionär. Beispiele für reaktionäre Ideologien sind Rassismus und Faschismus.

Patriarchal: Soziale Ordnung in der Männer, im speziellen Väter (lat.: pater), die führende Position in sozialen Gruppen wie Familien, Stämmen o. ä. einnehmen.

Reproduktionsarbeit: Zur Aufrechterhaltung der Arbeitskraft nötige Arbeit. Reproduktionsarbeit wird in unserer Gesellschaft in das Privatleben gedrängt und verschleiert damit ihren Charakter als gesellschaftlich notwendige Arbeit. In Familien übernehmen diese oft die so doppelt (durch Lohnarbeit und Reproduktionsarbeit) ausgebeuteten Frauen.

Repression: Gewaltsame Unterdrückung oder Niederschlagung von gesellschaftlichem Widerstand.

Subsistenzwirtschaft: Entspricht einer teilweisen Selbstversorgung. In vielen Ländern der Welt reicht der Lohn von ausgebeuteten Arbeiter:innen nicht aus, um eine Versorgung zu gewährleisten. Deshalb sind viele Menschen in stark ausgebeuteten Ländern (z. B. Polen, Ukraine) darauf angewiesen, eigene Produkte auf ihrem Land anzubauen und sich so zum Teil selbst zu versorgen.

Selektion: Bewusste Ausgrenzung sozial benachteiligter Glieder der Gesellschaft.




Was wirklich zählt, aber auf Bundeswehrplakaten nicht steht

Janneck Peschel

Karriere
machen bei der Bundeswehr und richtig gut Geld verdienen: Für manche
Jugendliche ein Traum, für die Bundeswehr eine gute Chance, die
junge Generation an sich zu binden und für Nachwuchs zu sorgen. Auf
Jobmessen, Werbeplakaten, im Internet, der Gamescom oder mit dem
direkten Besuch in der Schule wirbt sie, um vermehrt Jugendliche zu
erreichen und sie durch vorteilhafte Konditionen zu sich zu geleiten.
So lockt die Bundeswehr mit vielversprechenden Aufstiegsmöglichkeiten
und saftigen Gehältern, wodurch sie auf das Interesse von
Schüler_Innen trifft, die um ihre Zukunft im Konkurrenzkampf des
Proletariats ungewiss sind.

Aufrüstung
und deutscher Militarismus

Zur
Zeit des Kalten Krieges und der bipolaren Welt war Deutschland,
hauptsächlich bedingt durch die Teilung, vorwiegend anderen
imperialistischen Mächten untergeordnet. Nach dem Ende des Kalten
Kriegs und der deutschen Wiedervereinigung entwickelte sich
Deutschland allerdings in einem jahrelangen Prozess wieder zu einer
führenden imperialistischen Macht – vor allem wirtschaftlicher
Stärke. Und obwohl Deutschland auf Platz 8 (mit 51 Mrd. €) im
internationalen Vergleich der jährlichen Militärausgaben sind,
hinkt die Ausrüstung der Bundeswehr weit hinterher.

Massive
Werbung und Agitation von Jugendlichen

Noch
bis 2011 gab es in Deutschland mehr oder weniger eine Wehrpflicht.
Aufgrund eines hohen Verschleißes an personellen und finanziellen
Ressourcen wurde sie ausgesetzt (nicht abgeschafft!). In einer
modernen, hochtechnisierten Armee haben sich die Anforderungen
verschoben, sodass man jetzt weniger die Millionen von Menschen
braucht, die eine Grundausbildung an der Waffe erfahren haben, dafür
mehr und festangestellte Berufssoldat_Innen, die beispielsweise in
der Lage sind, Drohnen, Bomber und Panzer zu steuern oder zu
reparieren oder als „Militärberater_In“ Einfluss auf fremde
Streitkräfte in Krisengebiete zu nehmen. So wurde die Bundeswehr zu
einer Berufsarmee, auch wenn sich das im Fall eines großen Krieges,
bei der die BRD auch tatsächlich in Gefahr ist, sehr schnell ändern
dürfte und die Wehrpflicht wieder in Kraft gesetzt wird. Aber
dadurch, dass momentan die Massen nicht mehr gezwungen werden, bei
der Bundeswehr schießen zu lernen, sowie Deutschland eine größere
Rolle in der NATO einnehmen will, fehlt es an Rekrut_Innen. Folglich
wird verstärkt auf ein anderes Mittel mit dem Zweck gesetzt, neue
junge Kräfte für den Militärdienst zu gewinnen und den Machthunger
Deutschlands zu stillen: Die altbekannte Werbung!

So
präsentiert sich die Bundeswehr auf Werbeplakaten, baut ihre
Internetpräsenz aus, öffnet über Jobangebote ihre Tür für
Erwerbslose und gibt sich den Schüler_Innen über die Schule oder
Jobmessen als zweiter „Freund und Helfer“. Das direkte Werben für
die kriegerischen Absichten des deutschen Militärs, welches sich
wenig von anderen Armeen unterscheidet, wird allerdings teilweise
entschärft und durch die Blume mitgeteilt, um sich mehr
Sympathiepunkte in weniger positiv eingestellten Kreisen einzufangen.
Trotzdem ist nicht zu vergessen, dass gerade in Zeiten der Krise auch
die Radikalisierung in der Bevölkerung zunimmt und mehr Menschen von
einem aggressiveren, militärischen Auftreten des deutschen
Imperialismus angesprochen werden.

Im
Klartext heißt das, man versucht über Werbung neue Militärkader
für die Streitkraft des deutschen Kapitals herauszubilden, um den
Einfluss auf die internationale Politik zu vergrößern. Dass die
Bundeswehr als Parlamentsarmee demokratisch legitimiert erscheint,
ändert hierbei nicht das Geringste an dem Fakt, dass die
ökonomischen und geopolitischen Interessen der Bourgeoisie im
Vordergrund stehen.

Die
Darstellung in den Medien

Ein nicht zu ignorierendes Problem für die Außenwirkung der Bundeswehr ist ihre Durchsetzung mit Rechtsextremen, dessen Tendenz sich parallel zum Rechtsruck in der allgemeinen Bevölkerung auch in der Bundeswehr feststellen lässt, aber in einem verschärften Ausmaß. So gibt es mehrere Verbindungen zu verfassungsfeindlichen Organisationen, dem faschistischen Untergrund und rechtsextremen Chatgruppen. Nach außen erzeugt dies keine gute Wirkung, wenn man bedenkt, dass die Bundeswehr für die Bundesrepublik Deutschland und für angebliche Verteidigung der Menschenrechte und Demokratie steht. Medial erfährt die Bundeswehr durch faschistische Infiltrierung wie auch das Gerücht, die Bundeswehr besäße rückständige und teilweise kaputte Ausrüstung somit meist eine negative Darstellung; z. B. durch die vermeintlich nicht funktionierenden Kampfhubschrauber oder die überalterten Schiffe. Folglich wird hier ebenfalls versucht, das schlechte Bild der Bundeswehr durch Werbung und vermeintliche Aufklärung in Schulen über die Arbeit der Bundeswehr aufzupolieren. Auf Social Media lässt sich ähnliches feststellen: Die schlechte mediale Aufbereitung der Bundeswehr wird mit einem Leitfaden für das Verhalten von Mitarbeiter_Innen zur Stärkung des Rufs durch positives Auftreten übertüncht – wohlgemerkt damit auch die Missstände und Kontroversen.

Soziale
Arbeit im Namen der Bundeswehr

Als
einer der größten Arbeitgeber Deutschlands kann man im Namen der
Bundeswehr auch zivildienstliche Arbeit verrichten, in welcher sich
der Versuch der Bundeswehr zeigt, sich als Humanitäre Instanz zu
präsentieren. Dabei trägt dies indirekt zu einer stärkeren Bindung
des Militärs an die deutsche Gesellschaft bei und lässt den
deutschen Militarismus in der öffentlichen Darstellung in den
Hintergrund fallen. Zuletzt wurden die Soldat_Innen im Land
eingesetzt entweder als Unterstützung im Bau von Notkrankenhäusern
oder als medizinisches Personal während der Corona-Pandemie.
Seltener kommt sie auch zum Einsatz bei Naturkatastrophen wie beim
Elbehochwasser 2013. Dabei gibt es, wenn man Wohltätigkeitsarbeit
leisten will, zahlreiche Alternativen wie die Durchführung eines
Freiwilligen Sozialen Jahres oder dem Einsatz beim Katastrophenschutz
wie dem THW und somit in Institutionen, die auf diese Arbeit
vorbereitet und geschult sind, aber im Gegensatz zur Bundeswehr meist
stark unterfinanziert sind.

Des Weiteren ist die Bundeswehr kein Arbeitgeber wie jeder andere, obwohl sie sich gerne so darstellen möchte. Sie bietet den Arbeitnehmer_Innen enorme finanzielle Vorteile wie ein hohes Gehalt plus eine feste Anstellung und anderweitiger Vorteile wie auch ein besseres Ansehen in einigen Kreisen der Gesellschaft. In Zeiten von weiteren verschärften Angriffen auf die Rechte des Proletariats ist dies ein guter Köder, um vermehrt Jugendliche zu gewinnen. Das wird alles aus den Kassen des Staates bezahlt, der es sich gerne einiges kosten lässt, dass er seinen Stand in der Welt ausbaut und dafür die Notlage junger Menschen ausnutzt. Im Endeffekt sorgt die Bundeswehr für viel Leid und gewaltsame Unterdrückung in der Welt. Und zwar nicht nur durch die eigene Waffe, sondern auch indem die Bundeswehr dadurch die imperialistische Weltordnung verteidigt, in der arme Länder ausgebeutet gehören und bei Widerstand mit politischen bis hin zu militärischen Konsequenzen zu rechnen haben. Und das steht auf keinem Plakat und wird auch keiner Soldatin und keinem Soldaten je erklärt.

Wir
als Revolutionär_Innen stehen gegen den deutschen Imperialismus und
allen Formen der Werbung für ihn. Der proletarische Kampf muss immer
den Kampf gegen das Kapital und dessen Beschützer_Innen wie das
Militär beinhalten, um eine klassenlose Gesellschaft zu ermöglichen.
Schlussendlich bleibt es auch bei der Bundeswehr als Parlamentsarmee
dabei, dass sie im Sinne der deutschen Bourgeoisie agiert und hinter
dem „Kampf für Menschenrechte“ ökonomische Interessen
versteckt. Wie bereits erwähnt gibt es viele Möglichkeiten sich
sozial zu engagieren, ohne sich vom deutschen Imperialismus
einspannen zu lassen. Die Bundeswehr ist und bleibt eine bürgerliche
Armee!




There is no school without racism!?

Rassismus
hat viele Gesichter. Ob an den Außengrenzen der EU, bei Polizeikontrollen oder
der Jobvergabe. In diesem System gibt es keinen Ort, der vollkommen frei von
Ausbeutung und Unterdrückung ist. Somit ist rassistische Diskriminierung im
Alltag für viele uns nichts Neues. Auch nicht unseren Schulen, denn unser
Bildungssystem soll uns für „die Zukunft“ vorbereiten und das klappt an sich
ganz gut: der Mix aus Leistungsdruck, mangelnde individuelle Förderung und
Lernen nach Plan soll uns auf 40-Stunden Wochen ohne sich zu beschweren
vorbereiten, also auf das Funktionieren in der kapitalistischen Arbeitswelt.
Deswegen gibt es auch keine großartigen Auseinandersetzungen
mit Unterdrückungen wie Rassismus, Sexismus oder LGBTIA+ Feindlichkeit.
Stattdessen sind dumme Sprüche von Lehrer_Innen oder Mitschüler_Innen Alltag
und auch sonst läuft ‘ne Menge schief:

Rassismus
im Lehrplan

Aufarbeitung
deutscher Kolonialvergangenheit? Gibt’s so gut wie nie. Stattdessen können wir,
wenn wir Geographiebücher aufschlagen viele dumme, rassistische Stereotype über
„Afrika“ lernen. Die Bilder von hungernden Kindern vor Strohhütten lassen
unbewusst das Kolonialherz höher schlagen und ermutigen Alexander und Elisabeth
dazu, nach dem Abi unbedingt mal was Gutes zu tun und sich in der sogenannten
Entwicklungshilfe zu engagieren. Welches Bild wird hier vermittelt? Alle
Menschen auf diesem Kontinent sind arm, rückständig und sowieso ist’s zu
anstrengend, sich mit den 52 Ländern Afrikas genauer auseinanderzusetzen. Neben
dieser viel zu vereinfachten Darstellung wird die jahrhundertelange
Gewaltherrschaft und Versklavung sowie die bis heute andauernde Ausbeutung
durch reichere Länder verschwiegen. Aber das ist nicht alles. In Geschichte und
anderen Fächern wird alles so dargestellt, als ob die Europäer_Innen das Rad
der Zeit erfunden und beispielsweise Amerika „entdeckt“ hätten, während andere
Hochkulturen, Befreiungsbewegung und PoCs selbst nie existierten.
Kolonialist_Innen wie Kolumbus oder Bismarck werden als schillernde Figuren der
Geschichte dargestellt, auf die wir stolz sein könnten. Die Abwertung anderer
Kulturen und das Auslöschen unserer vielfältigen kulturellen Identitäten zieht
sich weiter durch: Obwohl zum Beispiel in deutschen Großstädten wesentlich mehr
Menschen Türkisch als Französisch sprechen, zählen die Sprachen der alten
Kolonialmächte Frankreich, Spanien, Deutschland und England nach wie vor zu den
„Weltsprachen“, die alle lernen müssen, während der Rest unwichtig ist.

Rassismus
auf dem Schulflur

Daneben
kommen noch rassistische Beleidigungen und Sprüche dazu. Ob nun von
Lehrer_Innen oder Mitschüler_Innen, sie sind das, was mehr hängen bleibt. „Du
darfst erst hier sitzen, wenn du einen deutschen Pass hast“, „Der Pole hat wieder
mein Pausenbrot geklaut“, „Wasch dich solange du weiß bist“, „Ihr Migranten
habt doch immer so große Familien“, „Darf ich mal deine tollen Kraushaare
anfassen?“ rahmen den Schulalltag neben den Vor- und Nachnamen, bei denen sich
niemand auch nur die Mühe macht, sie richtig auszusprechen. Auch wenn einige
das nur „witzig“ meinen, der Kern bleibt rassistisch und zeigt uns auf, dass
wir anders sind, nicht erwünscht sind und vor allem: dass es auch in der Schule
ein Machtgefälle gibt, das sich zu unserem Nachteil auswirkt. Dabei findet die
rassistische Spaltung nicht nur zwischen nicht-weißen und weißen Schüler_innen
statt. Auch untereinander reproduzieren wir rassistische Gedanken. So gibt es
sehr häufig Ausgrenzungen und Konflikte, die zum Beispiel kurdische Jugendliche
erdulden müssen, während das Lehrpersonal oftmals unwissend daneben steht und
sagt „Löst das mal außerhalb der Schule“ (Ja. Herr M. Der Konflikt, der älter
als sie ist, den lösen wir einfach mal nach dem Deutschunterricht. Danke für
den Tipp). Besonders schwer haben es aber unsere schwarzen* Freund_Innen, die
oftmals von allen Seiten rassistische Witze und Beleidigungen ertragen müssen.
Entweder wird man, insbesondere wenn man ein Mädchen ist, exotisiert also dass
bspw. das sogenannte Fremde (dunklere Haut- und Haarfarbe) als was besonderes
angesehen wird oder man bekommt abfällige „Sklavenwitze“ an den Kopf geworfen.

Rassismus
als Ordnungssystem

Doch das ist
nicht das einzige, wo wir mit Rassismus in der Schule konfrontiert werden.
Viele kennen das vielleicht, dieses Gefühl ungleich behandelt zu werden. Doch
wirklich was dagegen machen, kann man nicht. Schließlich ist’s nur ein Gefühl,
oder? Falsch. Das subjektive Empfinden von Lehrer_Innen sorgt teilweise für
Ausgrenzung und schlechtere Noten. So ist 2018 eine Studie der Universität
Mannheim raus gekommen mit dem Namen „Max vs Murat“. Dort wurden zwei Gruppen
von Lehramtsstudierenden Diktate mit gleicher Fehleranzahl gegeben. Nur hieß
der eine Schüler Max, der andere Murat. Das Ergebnis: Obwohl alles identisch
war, wurde Murat schlechter benotet. Das ist nur ein Beispiel dafür, dass so
was keine reine Einbildung ist. Auch, wenn nicht alle Lehrende dies mit Absicht
machen, so haben sie doch Stereotype – schließlich sind sie in dieser Gesellschaft
aufgewachsen – und bedienen sie mal bewusster, mal unbewusster. Insgesamt sorgt
gerade die schlechtere Bewertung dafür, dass wir PoCs oder Menschen mit
sogenannten „Migrationshintergrund“ seltener Bildungsempfehlungen für höhere
Schulabschlüsse bekommen. Dann arbeiten wir in beschissenen Jobs, unterstützen
parallel unsere Familie und haben später selber weniger Zeit, uns um unsere
Kinder zu kümmern – so vererbt sich Armut und wir bleiben dort, wo uns das
kapitalistische System gerne hat. Unten.

Was tun?

Der Kampf
gegen Rassismus an der Schule ist nicht leicht. Konfrontiert man Lehrer_Innen
oder Mitschüler_Innen mit ihren Äußerungen, wird einem nicht geglaubt oder man
wird als die nervige Person abgestempelt, die „immer diskutieren will“. Auch
riskiert man, noch schlechtere Noten zu kriegen und im Unterricht ignoriert zu
werden, weil der_die Lehrer_in Angst vor kritischen Äußerungen hat. Initiativen
wie „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage sind für uns dabei ein Tropfen
auf den heißen Stein, die oftmals nur reine Imagekampagnen sind, mit denen sich
die Schule schmücken kann. Also was tun? Um Rassismus in die Geschichtsbücher
zu verbannen, müssen wir ihn an seiner Wurzel packen: dem Kapitalismus. Als
Sozialist_Innen wollen wir die Produktionsmittel vergesellschaften, sodass
weder Reiche, noch Konzerne oder Kapitalist_Innen darüber bestimmen können, wie
produziert wird. Das soll stattdessen die Mehrheit der Bevölkerung in Räten
machen. Damit wollen wir materielle Ungleichheit verhindern, die eine wichtige
Grundlage für Rassismus ist – also die systematische Ausbeutung anderer Länder
und die Spaltung von weißer* und nicht-weißer* Arbeiter_Innenklasse, die zu
Konflikten und Abstiegsängsten führt. ­

Doch das
allein reicht nicht aus! Der Kampf gegen Rassismus kann nur erfolgreich sein,
wenn wir im Hier und Jetzt für konkrete Verbesserungen einsetzen. Deswegen
fordern wir beispielsweise:

  • Wir wollen nicht nur die Rücknahme von allen
    rassistischen Asylgesetzen, sondern offene Grenzen und Staatsbürger_Innenrechte
    für alle!
  • Aufmerksamkeit gegen Polizeigewalt reicht nicht! Für
    die Organisation von antirassistischen Sellbstschutzkomitees in Verbindung mit
    der Arbeiter_Innenklasse!
  • Gegen die Unterbringung in Lagern & überhöhten
    Mieten: Enteignung & Nutzung von leerstehenden Wohnraum und
    Spekulationsobjekten!
  • Schluss mit Spaltung! Gleicher Lohn für gleiche Arbeit
    und einen höheren Mindestlohn für alle! Für den Aufbau einer antirassistischen
    Bewegung auf Basis der Organisationen der Arbeiter_Innenklasse, die das durchsetzt
    mit Komitees an Schulen, Unis und Betrieben!

Damit es für
rassistisch Unterdrückte auch möglich ist, sich zu organisieren, treten wir für
ein Caucusrecht ein, dass unserer Meinung allen sozial Unterdrückten zu steht.
Das ist ein Schutzraum, in denen Unterdrückte die Möglichkeit haben, sich bspw.
in unserer Organisation separat zu treffen, um über konkrete Vorfälle von
Unterdrückung sich auszutauschen und gemeinsam Forderungen in die Organisation
hineinzutragen. So was sollte es in allen Organisationen der
Arbeiter_Innenklasse geben (wie bspw. den Gewerkschaften) und damit kombiniert
werden, dass sich jene, die die Unterdrückung nicht erfahren, sich in der Zeit
ebenfalls mit der Thematik auseinandersetzen.

Und an
der Schule?

Auch wenn
das da oben sich alles sehr abstrakt anhört, verknüpfen wir unsere Inhalte mit
unserer Praxis. Denn wir wollen gleichzeitig Politik an die Orte tragen, an
denen wir uns tagtäglich bewegen, um dort eine Debatte zu starten und so auch
Menschen für unsere Ideen zu gewinnen, die noch nicht auf linke Demos gehen.
Deswegen gehört es zu unserer Organisationspraxis dazu, dass wir uns an unseren
Schulen organisieren und dort Komitees aufbauen. Denn im Gegensatz zu den
normalen Schüler_Innenvertretungen können alle mitmachen, die möchten. Zudem
sind wir in diesem Rahmen nicht von dem autoritären Schulgesetz abhängig und
können uns deswegen politisch positionieren. Im Rahmen von so einem Komitee ist
es dann auch leichter Aktionen zu starten: ob Plakataktionen, wo die eigenen
Schulbücher ausgestellt und kritisiert oder rassistische Stereotype
auseinandergenommen werden. Auch ist es sinnvoll Veranstaltungen zu
organisieren, wo man gemeinsam mit Mitschüler_Innen über aktuelle Themen wie
Black Lives Matter, rassistische Polizeigewalt und rechten Terror oder die
Situation von Geflüchteten diskutiert, da diese im Unterricht oftmals zu kurz
kommen oder erst gar nicht thematisiert werden. Gibt’s Stress oder geht es
darum sich gegen rassistische Lehrer_Innen oder Schulstrukturen zu wehren, ist
es auch besser gemeinsam aktiv zu sein: Ob offene Briefe an
Schüler_Innenvertretung oder die Öffentlichkeit, gemeinsame Protestkundgebungen
oder gar Vollversammlungen zu dem Thema – zusammen organisiert’s sich leichter.
Auch Mobilisierungen sind immer ein guter Ansatz, um Aufmerksamkeit zu
bekommen. Hat man es geschafft eine Diskussion zu starten oder weiß nicht, wie
man konkret anfangen soll, kann man auch Themen miteinander verknüpfen: am
25.9. gibt’s den nächsten internationalen Klimastreik von Fridays for Future.
Auch das kann und muss ein Anknüpfungspunkt sein, um in der Schule über
Rassismus zu sprechen, schließlich finden viele der Umweltkatastrophen
andernorts statt, weil imperialistische Länder wie Deutschland ihre Produktion
in andere, ärmere Länder verlagern. Das kann man im Zuge der Mobilisierung
thematisieren, gemeinsam auf den Streik gehen und sich danach weiter
tiefgehender mit Rassismus an der eigenen Schule beschäftigen.

Also, lasst
uns loslegen und gemeinsam gegen Rassismus an unseren Schulen kämpfen! ­

  • Lernen für’s Leben? Nur mit uns! Für Rahmenlehrpläne
    und Lehrmaterial organisiert von Schüler_Innen, Lehrer_Innen in Verbindung mit
    der Arbeiter_Innenbewegung! ­
  • Schluss mit Leistungsdruck & Spaltung: Gegen das
    3-teilige Schulsystem und Privatschulen stattdessen eine Gesamtschule für Alle!
    Für massive Investitionen in das Bildungssystem, bezahlt aus der Besteuerung
    von Vermögen und Profiten! ­
  • Gemeinsam gegen Diskriminierung: Für unabhängige
    Meldemöglichkeiten bei Diskriminierungsfällen an der Schule organisiert durch
    Schüler_Innen! ­
  • Für den Aufbau einer Schüler_Innengewerkschaft, die
    gegen Sparmaßnahmen, Leistungsdruck und Diskriminierung kämpft!

Du findest diesen
Artikel gut? Du hast Bock aktiv zu werden? Dann schreib’ uns an!

Uns gibst’s in
den unterschiedlichsten Städten im Bundesgebiet! Wir freuen uns !




Wie kann ich den #Schulboykott an meiner Schule organisieren?

Das Virus ist lange nicht
besiegt, aber die Schulen werden wieder geöffnet, damit die Eltern wieder
Mehrwert für das Kapital erwirtschaften können. Du findest das unverantwortlich
und scheiße? Wir auch. Du weißt aber, dass es Stress gibt, wenn du einfach so zu
Hause bleibst und das allein auch kaum etwas bringt? Wir auch. Du fragst dich,
was du tun musst, damit du einen erfolgreichen Boykott an deine Schule tragen
kannst? Das wollen wir hier beantworten.

Schritt 0: Erstmal in
die Schule gehen.

Klingt paradox, ist auch
nicht immer notwendig, aber: Wenn du noch alleine bist, höchstens ein, zwei
Freund_Innen hast, die dabei wären, dann solltet ihr vielleicht doch in den
ersten Tagen noch einmal in die Schule gehen. Denn ihr müsst Leute um euch
sammeln! Führt in den Pausen Diskussionen, findet raus was die anderen ankotzt,
überzeugt sie mitzumachen.

Schritt 1: Kompliz_innen
finden, Aufmerksamkeit erregen.

Individuell und
vereinzelt ist kaum jemand weit gekommen. Um euch zu vernetzen und kollektiv zu
organisieren, solltet ihr ein Streikkomitee an eurer Schule gründen. Darin
könnt ihr eure weiteren Aktivitäten demokratisch planen. Aktivitätsformen gibt
es dann viele: Ihr könnt ein Transpi dropen, Plakate kleben, Flyer fliegen
lassen, ihr könnt mit Sprühkreide o.ä. auf euch aufmerksam machen. Ihr könnt
einen offenen Brief an den Senat oder an die Schüler_Innenvertretung schicken.
Es kann ebenso lohnen, sich an die Presse zu wenden. Man kann eine
Presseerklärung schreiben oder Interviews führen, es gibt auch linkere Tageszeitungen
wie die „Junge Welt“ oder „Neues Deutschland“, die sich vielleicht schneller
interessieren lassen. Checkt auch aus, was es online für Möglichkeiten gibt:
Welche Telegram-Gruppen existieren an der Schule? Sind alle auf Instagram
unterwegs? Gibt es eine Schulseite, an die man etwas posten kann und alle
kriegen es mit? Beschränkt euch aber nicht nur auf das Internet, denn die Leute
müssen auch wissen, dass es euch um praktische Maßnahmen geht.

Schritt 2: Vernetzen!

Erst einmal: Ihr seid
nicht die einzige Schule in eurem Ort, wahrscheinlich gibt’s hunderte mehr, an
denen überall das gleiche Problem besteht. Nehmt Kontakt auf, streikt
gemeinsam, dann seid ihr auch hundertmal mehr auf der Straße.

Als Schüler_Innen sind
wir aber auch nicht die einzigen, die von der verfrühten Schulöffnung betroffen
sind. Insbesondere die Gesundheit der Lehrer_Innen, aber auch von Eltern,
Großeltern, generell von allen wird aufs Spiel gesetzt, wenn sich das Virus
wieder schneller ausbreitet. Holen wir sie also in den Kampf dazu. In der GEW
(Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft) sind viele Lehrer_Innen
gewerkschaftlich organisiert, auf diese Weise kann man sie also kollektiv
ansprechen. Auch andere Gewerkschaften wie ver.di oder der DGB sind gute
Adressatinnen wie auch die politischen Parteien, die darin dominieren, also SPD
und Linkspartei. Vergesst aber nicht, dass alle davon einer verräterischen Leitung
unterstehen, die schon oft genug unsere Interessen und die ihrer eigenen Basis
in den Wind geworfen haben. Immerhin haben wir die Schulöffnung selbst zu einem
großen Teil der SPD-Führung zu verdanken.

Schritt 3: Streik!

Es ist wichtig, dass ihr
dem Streik ein Programm gebt und eure Aktion um konkrete Forderungen herum
mobilisiert. Was genau sind die Verbesserungen, die ihr wollt? Und wie könnte
man diese umsetzen?

Dabei wird auch eine
andere Sache immer notwendiger in dieser Zeit: Klare Kante gegen Rechts!
Organisiert euch um einen antirassistischen und antisexistischen Konsens!

Sobald ihr eine kritische
Masse habt, heißt es Streik! Bedenkt, dass der Streik selbst auch eine Zugkraft
entwickeln kann. Vielleicht fangt ihr also auch schon mit einer kleineren Zahl
an und begeistert die anderen, indem ihr ihnen beweist, dass es euch ernst ist,
und dass so ein Boykott tatsächlich machbar ist. Zwar sind Massendemonstrationen
derzeit schwierig, kleinere Kundgebungen kann man aber in den meisten
Bundesländern anmelden, wenn ihr genug seid, dann macht halt mehrere.

Klingt anstrengend?

Kann es auch sein. Aber
es ist schaffbar und man kann damit gewinnen, das hat die Geschichte schon oft
genug bewiesen. Falls ihr Unterstützung oder noch weitere Tipps braucht, dann
meldet euch bei uns. Wir werden auch in einigen Städten wie Berlin oder Dresden
selbst etwas an den Schulen organisieren.




Wie der Verfassungsschutz Einfluss auf unsere Bildung nehmen will

Im November 2019 veröffentlichte das hessische
Innenministerium eine neue Kampagne zur „Prävention gegen Linksextremismus“
namens „aufgeklärt statt autonom“. Im Zuge dessen wurden an alle hessischen
Schulen, die eine 9. und 10. Klasse haben, eine Reihe von Plakaten und
dazugehörigen Unterrichtsmaterialien geschickt. Wir haben uns das sogenannte
Bildungsmaterial mal genauer angeschaut, damit ihr das nicht machen müsst.

Auf den ersten Blick fällt schon einmal auf, dass auf jedem
Plakat kleine Bombensymbole verteilt sind. Text gibt es zwar nicht viel, aber eine
Bild von einer Bombe mit Zündschnur reicht eigentlich schon aus, um zu
erkennen, was das Innenministerium hier ausdrücken wollte. Auf den in
apokalyptischen Farben gestalteten Plakaten sind auch ab und zu reale Menschen
abgebildet, die zeigen, wie sich das Innenministerium seine „Linksextremisten“
vorstellt (oder gerne hätte): grimmig schauend, vermummt und mit
Molotowcocktail in der Hand. Neben viel dramatischer Symbolpolitik gibt es auf
einigen Plakaten sogar ein bisschen Schrift. An diesen Stellen wird es
allerdings noch finsterer: So wird zum Beispiel eine Statistik angeführt, auf
der die „Linksextremisten“ mit „Rechtsextremisten“ und „“Islamisten/Salafisten“
vergleichen werden. Natürlich kommt das Plakat zu dem Schluss, dass
„Linksextremisten“ die größte Gefahr für die Demokratie darstellen. Als Grund
dafür wird ihre zahlenmäßige Überlegenheit gegenüber den anderen
Extremistengruppen angeführt. Die Plakate konstruieren hier also drei
verschiedene, gewaltbereite, gefährliche Horden, von denen die
„Linksextremisten“ die schlimmsten seien. Das ist eine dreiste Verhöhnung der
seit 1990 in Deutschland ermordeten 200 Todesopfer rechter Gewalt

Hier liegt eigentlich die Kernaussage der Plakate: Links-
und Rechtsextremismus sollen miteinander gleichgesetzt, wenn nicht sogar die
Gefahren rechter Ideologie und Gewalt relativiert werden. Für das hessische
Innenministerium scheint es also keinen Unterschied zu machen, ob Menschen vor
einer Geflüchtetenunterkunft stehen, um diese abzubrennen oder ob sie davor
stehen, um die darin eingesperrten Menschen zu beschützen. Diesem
Extremismusbegriff liegt die sogenannte „Hufeisen-Theorie“ zugrunde. Sie geht davon
aus, dass es eine gute demokratische Mitte gebe, die von rechts und links durch
extremistische Ränder bekämpft wird. Damit wird nicht nur rechte Gewalt durch
die Gleichsetzung relativiert sondern auch suggeriert, dass es soetwas wie eine
„demokratische Mitte“ gäbe. Wenn wir uns allerdings mal anschauen, wie die
„Parteien der Mitte“ gerade Demokratieabbau vom Feinsten betreiben und wie sehr
rassistische und antisemitische Einstellungen in dieser sogenannten Mitte in
den letzten Jahren gewachsen sind, gerät dieses Bild schnell ins Wanken.
Zugrunde liegt diesem Extremismusbegriff die „freiheitlich-demokratische
Grundordnung“ (FDGO). Diese gilt als Synonym für Demokratie. Komisch nur, dass
der Begriff in der Verfassung gar nicht näher definiert ist. Definiert wurde er
erst in Gerichtsverfahren zu Parteiverboten in den fünfziger Jahren. Zur FDGO
wurden 8 Prinzipien erklärt, die angeblich das „Wesen der Demokratie“
beschreiben. Auffällig ist dabei, dass die Menschenrechte zum Beispiel nur sehr
vage erwähnt werden und sich die Prinzipien hauptsächlich auf Institutionen und
den Aufbau des Staates beziehen. Demokratie als eine Lebensweise sowie als
sozialer und politischer Kampf, der oftmals auch gegen den Staat stattfinden
musste und muss taucht hier nicht auf. Die „Hufeisen-Theorie“ und der mit ihr
einhergehende Extremismusbegriff wurden bereits in zahllosen Publikationen
wissenschaftlich eindeutig widerlegt und stellen nichts anderes als Kampfmittel
gegen Linke und die Arbeiter_innenbewegung dar.

Einer sozialistischen Gesellschaft wird auf den Plakaten
jegliche Vielfalt und Demokratie aberkannt. Freiheit, Antirassismus,
Umweltschutz, Gleichheit, Antisexismus und Solidarität werden als Beweggründe
für Menschen, die für Sozialismus kämpfen, mit den rassistischen Vernichtungsfantasien
von Nazigruppen gleichgesetzt. Auf dem Plakat zum Thema Antifaschismus wird
„Linksextremisten“ dagegen vorgeworfen, dass sie einen Zusammenhang zwischen
Faschismus und Kapitalismus herstellen würden. Abgesehen davon, dass dieser
Zusammenhang selbst für die CDU nicht von der Hand zu weisen ist, wird mit
seiner Leugnung auch die Unterstützung von Hitler durch das deutsche
Großkapital und dessen direkte Beteiligung am Holocaust verschwiegen. Auf einem
anderen Plakat wird den „Linksextremisten“ kurz zugestanden, dass es zwischen
Anarchismus und Maoismus schon gewisse Unterschiede gibt. Gleichzeitig wird
aber wieder betont, dass alle „Linksextremisten“ nur dasselbe Ziel haben: Die
gewaltsame Abschaffung der Demokratie, Massenmord und Staatsterror. Als Beweis
werden dafür ganz im Kalter-Krieg-Style die DDR oder die Volksrepublik China
angeführt, deren stalinistische Bürokratenherrschaft als Sinnbild des
Sozialismus herhalten muss. Zu jedem Plakat gibt es dann noch Arbeitsblätter,
in denen die Schüler_innen jedoch nicht nach ihrer Meinung gefragt werden,
sondern nur überprüft wird, ob sie die ideologischen Botschaften der Plakate
auch richtig verstanden haben.

Die Materialien des hessischen Innenministeriums stellen
einen klaren Verstoß gegen das Kontroversitätsprinzip des Beutelsbacher Konsens
dar. Ihr einziger Zweck ist es, Linke zu diskreditieren und zu kriminalisieren.
Offensichtlich ist auch die Handschrift des Verfassungsschutzes, die in den
Plakattexten auftaucht. Teilweise werden sogar genau dieselben Formulierungen
wie im Verfassungsschutzbericht verwendet. So beschreibt die Gewerkschaft GEW
die Plakatserie in einem wissenschaftlichen Gutachten auch als „didaktisierter
und illustrierter Verfassungsschnutzbereicht“ (vgl. GEW: Gutachten zur
Plakatserie „autonom statt aufgelärt“. Frankfurt 2020. URL:
https://www.gew-hessen.de/fileadmin/user_upload/bildung/themen/pol_bildung/200204_gutachten_aufgeklaert_statt_autonom_web.pdf).
Dort wird ebenfalls dazu geraten, die Unterrichtsmaterialien „unverzüglich aus
den Schulen zu entfernen“. Ferner warnt die GEW-Hessen davor, dass der
Verfassungsschutz immer häufiger als vermeintlich neutraler Akteur an Schulen
und auf Bildungsveranstaltungen auftritt. Neben Polizei und Bundeswehr will nun
also auch der Verfassungsschutz im Bildungswesen mitmischen. Dagegen müssen wir
uns wehren! Der Verfassungsschutz ist eine Institution mit großen
Machtbefugnissen, die sich jedweder demokratischer Kontrolle entzieht.
Insbesondere in Hessen war der Verfassungsschutz tief in die rassistische
Mordserie des NSU verstrickt. Es sagt schon sehr viel, über die politische
Ausrichtung des hessischen Innenministeriums, wenn es kurz nach dem von
Faschisten verübten Mord am hessischen Regionalpolitiker Walter Lübke erst
einmal „Bildungsmaterialien“ zur Prävention von „Linksextremismus“ in Auftrag
gibt. Linke Tendenzen bei Schüler_innen, verursacht durch Desillusionierung oder
Jugendbewegungen wie Fridays for Future scheinen die größere Gefahr für das
System darzustellen als rechte Mordanschläge.

Vom Innenministerium mit der Materialerstellung beauftragt
wurde die Arbeitsgemeinschaft „Jugend und Bildung e.V.“. Diese gehört zur „Eduversum
GmbH“, welche wiederum aus dem FDP-nahen „Universum-Verlag“ stammt. Dieser ist
bereits bekannt dafür Schulen, Lehrkräfte und Schüler_innen mit kostenlosen
Unterrichtsmaterialien vollzuspamen, die voll von neoliberalen und
unternehmensfreundlichen Positionen sind. Immer häufiger erstellen nicht nur
staatliche Repressionsbehörden sondern auch Unternehmen eigene
„Bildungsmaterialien“. So gibt es beispielsweise auch Arbeitsblätter der
Autofirma BMW, die Grundschüler dazu auffordert, kleine BMWs zu zeichnen. Hier
spielt nicht nur Marketing sondern auch Ideologie eine Rolle. Lehrer_innen
greifen leider angesichts Zeitmangels, wachsender Aufgaben und mangelhafter
Ausbildung immer häufiger auf die kostenlosen Angebote der Bourgeoisie zurück. Letztlich
verfolgt Schule im Kapitalismus ohnehin den Zweck Schüler_innen zu
funktionstüchtigen Mitgliedern der kapitalistischen Verwertungsgesellschaft zu
erziehen. Dennoch sollten wir uns gegen die Eingriffe von Verfassungsschutz,
Bundeswehr und Unternehmen in unsere Schulen wehren! Solche Plakate und
Arbeitsblätter gehören in den Müll und die Diskussion darüber in den Unterricht.
Unser Widerstand kann so auch zum Ausgangspunkt für eine neue Schule in einer
neuen Gesellschaft sein. Als sogenannte „Linksextremisten“ sind wir schließlich
keine Gefahr für die Demokratie, sondern die Bewegung für umfassende,
gesamtgesellschaftliche Demokratisierung. Eine Gefahr sind wir i lediglich für
ein Wirtschaftssystem- und Nationalstaatssystem, das sich uns dabei in den Weg
stellt!




Mobbing in der Schule – Aus Langeweile?

Von Maggy Rehfeld

Beleidigungen, Schubsen, Ausgrenzen: Laut einer PISA Studie¹ ist jede sechste Schüler_In Opfer von Mobbing oder hat, wie es der Psychologe Dan Olweus beschreibt, erlebt, dass „ein oder mehrere Individuen, wiederholte Male und über einen längeren Zeitraum negativen Handlungen von einem oder mehreren Individuen ausgesetzt sind“². Depressionen, unkontrollierte Aggressionen bis hin zu selbstverletzendem Verhalten und suizidalen Tendenzen, sind nur einige der drastische Folgen für die Opfer. Wer die betroffenen sind, wird in Deutschland nur sehr grob erfasst. Klar geht aus den Untersuchungen hervor, 8te bis 10te Klassen, also die Pubertät, sind die Brennpunkte und Jungs sind öfter Opfer und auch Täter als Mädchen. Soziale Hintergründe werden, wenn überhaupt, nur als Randnotizen erwähnt. Doch decken sich diese in einem Punkt. Soziale Schwäche und Minderheitspositionen, also z.B. Kinder aus einkommensschwachen oder migrantischen Familien, sind eindeutige Risikofaktoren dafür, von Mobbing betroffen zu sein.

Schulsituation

Generell ist es so, dass das kapitalistische System, welches auf Konkurrenz und Ausbeutung beruht, Abscheulichkeiten wie Mobbing hervorbringen muss. Die Erziehung, sei es im Elternhaus, Kindergarten und Schule ist absolut geprägt von diesem Gesellschaftssystem. Werfen wir dabei einen Blick auf die Schulen: Marode Gebäude, ein straffer Lehrplan, der durch permanenten Lehrermangel noch komprimierter wird, andauernde Tests, wie Klausuren,  PISA oder unangekündigte Leistungsabfragen erzeugen hier ein Klima permanenten Stresses. „Hauptgrund für Mobbing ist Langeweile in der Schule“ behauptet Manuela Richter-Werling im Interview mit der SZ³. Der Unterricht mag langweilig gestaltet sein, doch reichen schon wenige  Momente der Unaufmerksamkeit oder ein versauter Test und schon erwachen sie wieder, die Ängste vom sozialen Abstieg. „Kind lern fleißig, sonst wird nichts aus dir!“  heißt es da. Und scheinbar stimmt das, angemessen bezahlte Berufe werden immer weniger, mehr als die Hälfte der Jugendlichen sind als arbeitslos  gemeldet⁴ oder prekär beschäftigt ⁵, ganz analog zur allgemeinen Entwicklung in Deutschland. So entsteht zum Klima des Stresses zusätzlich ein Klima der Konkurrenz, denn anscheinend haben nur die Besten eine Chance auf Aufstieg und ein gutes Leben. Weiterhin zu beachten sind die Mitsprache und Mitbestimmungsrechte der Schüler_Innen. Klassen- und Schulsprecher_Innen dürfen dem Lehrkörper unverbindliche Empfehlungen aussprechen und Vollversammlungen einberufen. Doch weit darüber hinaus geht es nicht. Einfluss auf die Unterrichtsgestaltung und den vermittelten Stoff sucht man vergebens. Den Schüler_Innen wird die Unmündigkeit anerzogen, jeden Tag ab Punkt 8, immer schön im Takt, mit drögem Unterricht und doch gilt es immer bereit zu sein, um Bestleistungen abzurufen, die eine Chance auf eine vielleicht bessere, aber weit entfernte Zukunft versprechen. Doch Jugendliche leben im Hier und Jetzt, wollen sich frei entfalten, mitbestimmen und die Welt um sich herum erforschen. Diese krassen Gegensätze prallen im Schulalltag aufeinander und der entstehende Frust sucht sich ein Ventil. Und dort wo sich zu Hause kein ausgewogenes Umfeld befindet, weil beide Eltern arbeiten müssen, selbst seelische Probleme haben, geschieden sind oder anders verhindert sind, findet sich dieses Ventil in denjenigen, die noch unmündiger sind. Wer bereits nicht fest im Alltag der Schule steht, sei es wegen schlechter Noten, Integrationsschwierigkeiten, soziale oder kultureller Art, hat dann kaum noch eine Chance, sich gegen Mobbing zu wehren.

Hilfe

Die angebotene Hilfe fällt dagegen eher schwach aus. Oft sind Lehrer_Innen selbst (Mit-)täter_Innen oder das Vorgehen richtet sich ausschließlich gegen die Täter_Innen, wodurch die Opfer nur noch weiter ausgegrenzt werden. Das bringt nichts im Kampf gegen Mobbing! Den Opfern müssen Schutzmaßnahmen wie Caucusse, Selbstverteidigungskurse und kostenfreie psychologische Beratung angeboten werden. Um Mobbing präventiv zu verhindern, müssen die Ursachen bekämpft werden. Schüler_Innen müssen den Schulalltag aktiv mitgestalten dürfen und last but not least muss die Ursache für Stress Druck und Konkurrenz in der Schule, muss die Herrschaft des Kapitalismus zerschlagen werden.

 

1 PISA 2015 Results (Volume III): Students‘ Well-Being

2 Dan Olweus: Mobbning – Vad vi vet och vad vi kan göra. Liber, Stockholm 1986

3 Paul Munzinger „Hauptgrund für Mobbing ist Langeweile in der Schule“ SZ online 05.02.19

3 statista Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland

4 DGB Index gute Arbeit für junge Beschäftigte




Schämt euch, ihr (geistigen) Brandstifter_Innen!

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Verfassungsschutz gegen Jugend gegen Rassismus Sachsen – Verfassungsschutz ruft zum Boykott antirassistischer Aktionen auf und verschickt Hetzbriefe an sächsische Schulen


Mit diesem Fax versucht der sächsische Verfassungsschutz Jugendliche weiter in die Arme
ihrer braunen Geldempfänger_Innen zu treiben:

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Während Häuser brennen, Menschen pogromartig durch die Straßen gehetzt werden wie in Bautzen, ganze Stadtviertel mit Terror überzogen werden und antirassistische Aktivist_Innen auf offener Straße niedergestochen werden, fällt dem sächsischen Verfassungsschutz nichts besseres ein, als diejenigen zu kriminalisieren und öffentlich zu brandmarken, die sich gegen die rassistischen und faschistischen Gewalttaten und Massenmobilisierungen zu organisieren versuchen um dagegen Widerstand zu leisten!So gibt der Verfassungsschutzbericht für Sachsen 2015 bekannt, dass sie PEgIdA und die AfD nicht überwachen müssen, weil sie keine “extremistischen” Bestrebungen feststellen konnten. Die Realität zeigt, dass Pegida und auch die AfD in Sachsen und Thüringen regelmäßige Massendemonstrationen organisiert hat, von denen fast jedes Mal Gewalt ausging. Ständige Angriffe auf Journalist_Innen, der Großangriff auf Connewitz am 11.01.16 sind nur zwei Beispiele für das Gefahrenpotenzial dieser Bewegungen. Teilweise werden diese Bündnisse sogar von Faschisten angeführt. So sitzen Bekannte Nazikader wie Enrico Böhm (NPD) oder Marcus Johnke (Legida) in den Orga-Kreisen der Demonstrationen. NPD, Die Rechte und der III. Weg, sowie einige rechtsradikale Hooligan-Vereinigungen stellen die ersten Reihen bei den Gida-Demonstrationen in Sachsen und Thüringen. Die AfD forderte währenddessen den Schießbefehl gegen Geflüchtete an den Grenzen und beflügelte die braune Pest in ihrem Tatendrang Andersdenkende offen anzugreifen! Ein weiteres Zeichen dafür, dass wir uns im Kampf gegen die neue Qualität der rassistischen Bewegung nicht auf den Staat verlassen dürfen.

Auf der anderen Seite stehen einige wenige Jugendliche, die sich zusammengeschlossen haben, um genau dagegen etwas zu unternehmen. Jugendliche die gemeinsam mit Geflüchteten kämpfen, um mit klaren Forderungen ihre Lebenssituation zu verbessern und entschiedene Gegenwehr zu organisieren. “Jugend gegen Rassismus” ist ein Bündnis aus Schüler_Innen und unabhängigen Jugendorganisationen, die begriffen haben, dass Forderungen wie das Recht auf freie Wohnungswahl für Geflüchtete, die Abschaffung der Residenzpflicht oder die Aufnahme der Geflüchteten in Gewerkschaften mit der Organisierung der Jugendlichen und Arbeiter_Innen im Betrieb, der Uni und vor allem in der Schule miteinander verbunden werden müssen. Dafür hat das Bündnis “Jugend Gegen Rassismus” Ende Mai verkündet, dass es am 29. September einen weiteren bundesweiten Aktionstag gegen Rassismus geben wird. Mit Streiks, Demonstrationen, Kundgebungen, Soli-Aktionen und Veranstaltungen haben wir versucht Jugendlichen eine Kampfperspektive gegen die rassistische Welle, dort wo sie sich tagtäglich bewegen, zu geben. Deshalb wurde öffentlich angekündigt dafür an den Schulen aktiv zu werben.

Dies ist dem Verfassungsschutz in Sachsen sauer aufgestoßen und so verfasste dieser besagtes Fax, welches über die sächsische Bildungszentrale an nahezu alle Leipziger und Dresdner Schulen geschickt wurde. Die Reaktionen fielen dann auch ähnlich aus. JgR- Aktivist_Innen wurden von Lehrkräften beiseite genommen und “verhört”, Tadel und Schulverweise wurden teilweise allein für die Entgegennahme eines Flyers angedroht und an mehreren Schulen fanden Sonderkurse zum Thema “Linksextremismus” statt. JgR-Kontakte an manchen Schulen berichteten dass es selten Infoveranstaltungen zu Rassismus gegeben hat, sich die zentrale Bildungsstelle aber massiv für den Kampf gegen die ´fiesen´ Linksextremisten eingesetzt habe. Auch in Dresden wurde die Hetzpropaganda des sächsischen Verfassungsschutz an Schulen geschickt

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An diesem Beispiel sehen wir deutlich, dass der Staat kein Interesse am Kampf gegen Rechts hat. Vielmehr profitiert der Staat vom Rassismus, also der Spaltung unserer Klasse in Staatsbürger_Innen und entrechtete nicht – Staatsbürger_Innen, wobei antirassistische und antikapitalistische Losungen dazu dienen, diese vom Staat geschaffenen Trennlinien zu überwinden und damit den Weg in eine neue – eine bessere – Gesellschaft zu ebnen. Für uns ist dies nur durch den bewussten Bruch mit der nationalstaatlichen Spaltung möglich. Dem stellen wir unsere internationale Solidarität und die Forderung nach vollen Staatsbürger_Innenrechten für alle entgegen!

Dies versteht der Staat als Widerspruch zur sogenannten “Freiheitlich demokratischen Grundordnung”, während Hitler-Grüße und Hetzjagden auf Geflüchtete vom VS heruntergespielt werden, um den Widerstand gegen die faschistische Bedrohung zu verunglimpfen und als verfassungsfeindlich darstellen zu können. Wir und auch die Genoss_Innen von Jugend gegen Rassismus Sachsen werden uns von dieser braunen Schmierkampagne nicht abhalten lassen gegen Rassismus auf die Straße zu gehen. Das zu tun ist es was im Angesicht der dauernden Gefahrenlage die Pflicht aller fortschrittlichen und linken Kräfte ist. Den Kampf gegen jede Form von Chauvinismus in jeden Winkel der Gesellschaft zu tragen!

Wir werden auch weiterhin an Schulen und Universitäten Für den Kampf gegen diese braune Suppe werben!

Daher lauten unsere Forderungen:
– Zerschlagt den Verfassungsschutz und alle Geheimdienste!
– Schluss mit der Isolation der Bewegung! Für eine Solidarisierung mit den Geflüchteten und einen gemeinsamen Kampf aller Jugendlichen, Gewerkschaften, radikaler Linker, antirassistischer Arbeiter_innen, der LINKEN und SPD.
– Leistet Widerstand! Bildet antirassistische Aktionskomitees an der Schule, dem Betrieb, im eigenen Viertel oder Dorf, die auch Informationen über Naziaktivitäten sammeln, um im Falle von
Naziangriffen oder Abschiebungen nicht allein zu sein – Nur so können wir konsequenten Widerstand gegen die täglichen rassistischen Angriffe leisten
– Kämpft gegen die 80 Cent Jobs für Geflüchtete – Für den gemeinsamen Kampf um einen flächendeckenden Mindestlohn! Für die Rücknahme aller rassistischen Asylgesetze, wie dem Integrationsgesetz!

Kampf dem Rassismus, bedeutet Kampf dem Staat – wir dürfen uns nicht spalten lassen! Wenn du in Sachsen lebst, etwas gegen die Scheiße hier unternehmen willst, dir aber die Leute oder der Plan dafür fehlen, dann schreib uns an! Wir sind in Leipzig und Dresden vertreten und dort finden wöchentlich offene Treffen statt. Auch in anderen Orten Sachsens sind wir um den Aufbau antirassistischer Strukturen bemüht, also melde dich. Du bist nicht allein!

Ein Artikel von Revolution Leipzig.




Rock your School – Aktiv werden, Aktionsgruppen aufbauen

Das neue Schuljahr 2012 geht jetzt – von Bundesland zu Bundesland etwas unterschiedlich – schon seit einigen Wochen. Fast sechs Jahre ist es nun her, das von Berlin aus die Schulstreikbewegung begann, die 2009 in den damaligen Bildungsstreik-Aktionswochen ihren Höhepunkt fand, an denen sich mehr als 270´000 Jugendliche beteiligten. Wie können sich Jugendliche nach der Bewegung heute an ihrer Schule organisieren?

Militante Proteste vor der Tory-Zentrale, organisiert von der britischen Studentengewerkschaft, dieBewegung dauerte mehrere Monate an. Dafür war der Organisationsgrad und eine allgemeine politische Perspektive in der breite jedoch nie in Deutschland gegeben.

Seit 2009 ging es mit zeitweiligen Erfolgen, die jedoch nur von begrenzter Dauer waren und ohne eine gemeinsame Perspektive der Bewegung waren, bergab. Wir von REVOLUTION versuchten bis zum Ende eine solche Perspektive aufzuweisen. Wir wollten eine Bewegung, die zu mehrtägigen Streiks und Besetzungen aufrufen würde, entschlossene und weitreichende Forderungen aufstellen sollte, die Bildungsstreikbewegung mit anderen sozialen Kämpfen verbinden müsste und letztlich eine Schüler-und Studierendengewerkschaft (gestützt auf lokale Streikkomitees und Aktionsgruppen) aufbauen müsste, um eine unabhängige Interessenvertretung der Jugendlichen zu gewährleisten. Nur so hätten wir eine Kraft werden können, die weitgehende Forderungen umsetzen kann.

Der Grund dafür, dass diese Vorschläge nicht angenommen wurden war jedoch kein Zufall. Es war die Dominanz von reformistischen Organisationen wie dem SDS (Studierendenverband der Linkspartei), Solid und den Jusos, später insbesondere von einem Flügel der Anarchisten.

Um über berechtigte, aber nur symbolische Proteste hinauszukommen, braucht es eine bundesweite Perspektive, die sich auf Streik – und Aktionskomitees stützen kann, die nicht nur einige Reformforderungen stellt, sondern sich gegen das kapitalistische Bildungssystem stemmt.

Aus diesen Gründen existiert die bundesweite Bewegung nun seit mehr als einem Jahr nicht mehr. Die Probleme allerdings sind geblieben und mancherorts gibt es auch lokale Proteste dagegen. Diese Proteste müssen organisiert und erneut auf bundesweiter Ebene gebündelt werden. Gerade unter der zunehmenden Krise in Europa wäre es naiv anzunehmen, dass unsere Bildung von weiteren Kürzungen verschont bleiben könnte.

Doch die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass es mehr als nur Bündnisse in Bewegungen braucht. Insbesondere, wenn man das kapitalistische Bildungssystem – letztlich immer den Profitinteressen der Unternehmer und Banken untergeordnet – nicht nur reformieren sondern zugunsten einer freien, kommunistischen Bildung überwinden will!

Wir glauben daher, dass es neben Streikkomitees und breiten Bündnissen der Bewegung zu denen wir alle aufrufen sich zu beteiligen auch eine revolutionäre Organisierung braucht – REVOLUTION an deiner Schule!

Die aktivsten und kämpferischsten Jugendlichen brauchen Strukturen, in denen sie sich dauerhaft organisieren können. Ihr eigenes Engagement sollte nicht von den Aufs und Abs von Bewegungen abhängen. Viele von ihnen wollen nicht nur Aktionen für den Bildungsstreik diskutieren, sondern ihre Anschauungen über Politik im Allgemeinen, Aktionen, die über die Schultore hinaus gehen und andere Themen, wie den Kampf gegen Faschisten, Sozialabbau bis hin zu revolutionärer Politik ungehindert besprechen.

Das bedeutet allerdings nicht, dass sich diese Gruppen deshalb nicht an Streikkomitees oder der Politik an ihrer Schule heraushalten sollten. Ganz im Gegenteil – sie sollten die entschlossensten Aktivist_innen sein, die ihre Ideen einbringen und mit Tatkraft einbringen.

REVOLUTION ist diese Organisation – unabhängig, international und kommunistisch!

Gemeinsam wollen wir uns mit euch an eure Schulen organisieren:

  • Um Aktionen zu planen. Sei es für einen Freiraum an eurer Schule, gegen Faschisten, die den Schulweg unsicher machen, weil euch euer Rektor den Mund verbietet oder weil ihr gegen den generellen Verfall eures Bildungssystems kämpfen wollt.
  • Um den Schüler_innen endlich eine unabhängige Stimme zu geben. Egal, ob es darum geht die verstaubten GSV´s aufzumischen oder eigenständige Strukturen,wie Streikkomitees aufzubauen.
  • Um dem System, dass hinter der Krise in Bildung und Gesellschaft steht den Kampf anzusagen, für eine befreite, selbstbestimmte, kommunistische Gesellschaft einzutreten.

Es ist Zeit, dass wir Jugendlichen uns organisieren, eine eigene Stimme bekommen: REVOLUTION an deiner Schule!

Rock your School – werde gemeinsam mit REVOLUTION an deiner Schule aktiv, argumentiere mit uns in der Schülervertretung und lass uns unabhängige Aktionskomitees aufbauen!

Mit REVOLUTION eine Schulgruppe aufbauen!

Wenn du Lust bekommen hast aktiv zu werden, eine Gruppe an deiner Schule mit uns aufzubauen, dann melde dich per Mail (germany[ät]onesolutionrevolution.de) oder komm einfach zu unserem nächsten Ortsgruppentreffen in deiner Stadt. Denn du sollst natürlich nicht ganz alleine eine solche Aufgabe stemmen müssen!

REVOLUTION hilft dir mit Rat und Tat. Gemeinsam wollen wir mit dir Aktionen besprechen, Materialien erstellen und weitere Aktivist_innen an deiner Schule für unsere gemeinsamen Ideen gewinnen. Doch nicht alles muss neu gemacht werden. Du kannst unsere aktuellen Zeitungen, Programme, Flyer und Fahnen von unserer Gruppe bekommen – und natürlich selbst über die Aktionen der gesamten Organisation mitentscheiden!

Wenn erst einmal neue Mitsreiter_innen gefunden sind, dann geht’s los. Wir können Flyer oder Schülerzeitungen direkt für deine Schule drucken, Veranstaltungen zu spannenden Themen an oder in der Nähe deiner Schule organisieren oder direkte Aktionen planen!

Ein Artikel von Georg Ismael, REVOLUTION-Berlin