Abschlussprüfungen trotz Pandemie? Schluss mit dem Notensystem!

Von
Clara Roth

Seit
einem Jahr hält die Pandemie die ganze Welt in Atem. Doch als
ob nichts gewesen wäre, finden die Abschlussprüfungen dieses Jahr
wie gewohnt statt und zwar mit denselben hohen Anforderungen wie vor
der Pandemie. Die Abiturient_Innen sollen schließlich „auch in
diesem Jahr ein anerkanntes Abitur machen“, so Berlins
Bildungssenatorin Scheeres. Eine hohle Ausrede zur Verteidigung einer
diskriminierenden Schulpolitik:

Denn
auch und gerade
für Schüler_Innen stellt die Pandemie in Anbetracht einer auf allen
Ebenen verfehlten Schulpolitik eine enorme Belastung dar. Der
Online-Unterricht an deutschen Schulen bleibt bis heute eine einzige
Katastrophe. Das sträfliche staatliche Versäumnis, rechtzeitig ein
einheitliches und adäquates Home-Schooling-Konzept zu entwickeln,
mündete in einem willkürlichen Mix aus schlecht funktionierendem
Fernunterricht und chaotischem Präsenzunterricht. Angesichts
fehlender Endgeräte, langsamer Internetverbindungen mit ständigem
Ausfall, mangelhaft geschulten Lehrpersonals, fehlender psychischer
und sozialer Betreuung und fehlender finanzieller Unterstützung der
Schüler_Innen, steht der deutsche Fernunterricht ziemlich mies da.
Dass
jedes vierte Kind kein funktionierendes Endgerät und/oder keine
Internetverbindung hat und, dass jedem siebten Kind ein ruhiger Ort
zum Lernen fehlt, dass demzufolge das Benotungssystem in diesem Jahr
Kinder aus einkommensschwachen Familien unfairer behandelt als je
zuvor, scheint kein ausreichender Grund für eine Aussetzung der
diesjährigen Prüfungen zu sein.

Noch
schlimmer sieht es allerdings bei der unverantwortlichen Rückkehr
zum Präsenzunterricht aus, auf den Schulen weder personell noch
technisch und hygienisch vorbereitet sind. So handelt die Politik
seit einem Jahr entgegen aller Vernunft und setzt mutwillig das Leben
der Schüler_Innen, Lehrer_Innen und deren Umfelder aufs Spiel. Aber
ungeachtet all dessen, werden die Prüfungen als „alternativlos“
dargestellt und durchgezogen, zumal
es durchaus eine Alternative in Form des Durchschnittsabiturs gäbe,
der dieselbe Glaubwürdigkeit zukommen dürfte. Wieso wird selbst in
einer Jahrhundertkrise weiterhin stur am gewohnten Abitur
festgehalten? Woher kommt diese Notenbesessenheit?

Die
Schule als Fabrik für Arbeitskräfte

Schauen
wir uns einmal genauer an, nach welchen Kriterien wir in der Schule
benotet werden. Es kommt einem zwar unmittelbar so vor, als würden
wir danach bewertet, wie schnell wir lernen oder wie „schlau“ wir
sind, doch wenn wir genauer hinsehen, stehen eigentlich Gehorsam und
Fleiß an oberster Stelle. Wer zu spät kommt, sich den schulischen
„Spielregeln“ widersetzt und nicht willens oder imstande ist,
stundenlang ruhig zu sitzen, sich auf langweilige Inhalte zu
konzentrieren und den Anordnungen der Lehrerkraft brav Folge zu
leisten, hat von vorneherein keine Chance, eine gute Note zu
erzielen. So versichern gute Noten den späteren Arbeitgeber_Innen,
dass die Person sich ohne wenn und aber unterordnen und die ihr
auferlegte Aufgabe erledigen kann. Doch das ist nur die Vorbedingung:
Es kommt zusätzlich darauf an, sich in direkter Konkurrenz zu
Mitschüler_Innen durchzusetzen und besser zu sein als andere.
Lehrer_Innen sind dazu angehalten, zu verhindern, dass zu viele
Schüler_Innen gleichzeitig gute Noten erzielen. Wenn das bei der
Vorbereitung mal falsch eingeschätzt wurde, kommt es auch mal vor,
dass bei Prüfungen Benotungskriterien absurderweise im Nachhinein
verschoben werden, damit der Notenspiegel nicht zu gut ausfällt. Ein
derartiges Benotungssystem definiert den eigenen Erfolg unmittelbar
über den Misserfolg der Mitmenschen. Von Kindesbeinen an lautet das
Motto: Du bist auf dich gestellt, du musst dich durchsetzen und wenn
es bedeutet, auch mal die Ellbogen auszufahren. Anderen zu helfen
bringt einem höchstens was, wenn man mal als Gruppe bewertet wird
und sich dabei wiederum mit anderen Gruppen misst. Ansonsten ist in
der Konkurrenz Nachsicht mit anderen eher kontraproduktiv. Und jedem
Individuum, das sich gegen diese zutiefst antisoziale und das
Gemeinschaftsglück zerstörende Schulrealität aufzulehnen wagt,
oder sich nicht an die Verhältnisse anpassen kann oder will, drohen
schlechte Noten. Unterdurchschnittliche oder gar fehlende Abschlüsse
verbauen den Weg des sozialen Aufstiegs und resultieren in mies
bezahlter, harter Arbeit und lebenslangen prekären Verhältnissen.
Die Angst vor schlechten Noten ist somit keine Eitelkeit, sondern
berechtigte Existenzangst und als solche ein effektives repressives
Druckmittel der Herrschenden, um gesellschaftliche Machthörigkeit zu
schaffen und aufrechtzuerhalten.

Im
Endeffekt ist, wie das gesamte Bildungssystem, auch das Notensystem
auf den Kapitalismus ausgerichtet. Dem Staat und dem Kapital geht es
selbstverständlich nicht um persönliche Entfaltung und Bereicherung
des Lebens von Schüler_Innen. Da es die höchste Priorität
darstellt, die Wirtschaft am Laufen zu halten und Profite zu
maximieren, ist die Schule als Ort entworfen, an dem massenhaft
Arbeitskräfte ausgebildet werden. Und weil alles im Kapitalismus
einen Geldwert haben muss, dienen schulische Noten gewissermaßen als
individuelle Preisschilder der Lohnabhängigen und liefern den
Kapitalist_Innen eine „objektive“ Orientierungshilfe, wer sich
eher für die Führungsetage eignet und wer zum/zur einfachen
Arbeiter_In taugt. Ähnlich wie bei Preisschildern für normale
Produkte hängen Noten und Abschlüsse damit zusammen, wie viel
Aufwand und Lebenszeit es durchschnittlich gekostet haben dürfte,
diese zu erreichen und je mehr das ist, desto höher dürfte auch der
Preis (in Form des Lohns) für deine Arbeitskraft liegen, um diesen
Aufwand zu entschädigen. Und damit sind wir dann beim Kern des
Problems angelangt: Falls es in diesem Jahr gerechterweise
Erleichterungen für die Abschlussjahrgänge gäbe, wäre auf einmal
nicht mehr klar, wie hoch diese Entschädigung tatsächlich ausfallen
sollte, weil die Kapitalist_Innen sich nicht mehr darauf verlassen
können, wie viel der Abschluss und damit die Arbeitskraft eigentlich
„wert“ ist, wenn man diesen mit anderen Abschlüssen vergleicht.
Das würde zum einen für Chaos am Arbeitsmarkt sorgen und damit die
Verwertung stören, zum anderen gäbe es dann aber auch für die
Kapitalist_Innen die „Gefahr“, dass manche Arbeiter_Innen „zu
hoch“ bezahlt werden. Deswegen ist es auch für die Herrschenden
das allerwichtigste, dass trotz aller Widrigkeiten für die
Schüler_Innen die Abschlüsse „allgemein anerkannt“ sind und
damit wird klar, dass auch diese Vergleichbarkeit bloß vorgetäuscht
ist. Und mit den verschiedenen Startbedingungen, die jeder_jede aus
den sozialen Hintergründen mitbringt, war diese Vergleichbarkeit
auch noch nie gerecht!

Befreit
die Bildung!

Wie
kann aber eine mögliche Alternative zum täglichen Noten- und
Leistungsdruck konkret aussehen? Wie können wir die Schule in einen
Ort verwandeln, an dem Schüler_Innen ohne Angst und Druck gemeinsam
lernen, neben Fachwissen auch soziale Kompetenz erlangen, ihre
Talente entdecken und entfalten können, anstatt sie ins Korsett der
Verwertung zwängen zu müssen? Es gibt bereits jetzt schon
alternative Lernmodelle (Beispielsweise Montessori oder Waldorf), die
sich in Hinblick auf das Notensystem durchaus bewährt haben. An
diesen Schulen erhalten die Schüler_Innen von der ersten bis zur
achten Klasse sogenannte individualisierte Leistungsbeurteilungen und
Noten kommen erst ab der neunten Klasse ins Spiel. Sie widerlegen die
kapitalistische Grundannahme, dass Kinder ohne Notendruck und aus
freien Stücken nichts Produktives zustande bringen würden.
Schüler_Innen fühlen sich dort oftmals wohler und die
schlussendlichen Leistungen ab der Benotung können sich meist auch
sehen lassen. Brecht scheint wohl recht damit zu haben, dass der
Mensch, weil er ein Mensch ist, Stiefel im Gesicht nicht gern hat-
auch nicht beim Lernen.

Diese
alternativen Inseln können aber für sich nicht der Misere des
kapitalistischen Bildungssystems beikommen. Zum einen sind sie
vielerorts für breite Bevölkerungsschichten kaum zugänglich, da es
sich um Privatschulen handelt. Bei mangelnder Ausstattung der Schulen
oder zu hohen Klassengrößen helfen dann nur hohe Gebühren. Zum
anderen müssen sie sich letzten Endes dem Diktat des vorherrschenden
Bildungswesens beugen, spätestens wenn es um Abschlüsse wie das
Abitur geht. Der Kapitalismus in der Gestalt liberaler Demokratie
kann eine begrenzte Menge harmloser Spielerei durchaus dulden, gar
begrüßen, wenn es aber ernst wird, sind Ziffernzeugnisse unbedingt
notwendig und nicht verhandelbar. Noten sind nun einmal integrale
Bestandteile eines Bildungssystems, das vor allem auf die Bedürfnisse
der Kapitalist_Innen zugeschnitten ist.

Daher
ist unsere Perspektive eine gänzlich andere: Wir wollen Komitees aus
Schüler_Innen, Lehrer_Innen und Eltern erkämpfen, damit wir uns
wirklich von der Macht des Staates und Kapitals entkoppeln können
und die Schule so gestalten, wie wir sie uns wünschen. Das
Schulsystem muss dahingehend demokratisiert werden, dass Eltern,
Schüler_Innen und Lehrer_Innen gemeinsam sowohl über die
Lerninhalte, als auch über die Art und Weise der Bildung und
Erziehung bestimmen können. Die Lernenden und Lehrenden sollten
selbst entscheiden können, welche Inhalte sie interessieren und
wirklich auf das Leben vorbereiten. Dazu sollte sich der Unterricht
an der Lebensrealität der Schüler_Innen orientieren und nicht bloß
an den Anforderungen der Herrschenden. Weiterhin muss Bildung für
jede/n zugänglich sein: Privatschulen müssen verstaatlicht werden,
Lernmittel wie Bücher oder Tablets müssen kostenlos verfügbar sein
und Schüler_Innen, die zuhause nicht lernen können, müssen Zugang
zu öffentlichen Lernräumen bekommen. Jedoch reicht es nicht nur das
Bildungssystem zu revolutionieren: Bildung kann ihren wahren Wert
erst dann erlangen, wenn auch die Arbeit ihren erlangt hat. Erst wenn
das kapitalistische Ausbeutungssystem überwunden ist und unsere
Arbeit vom Zwang, verwertet zu werden, befreit wird, wird auch die
Bildung vom Notenzwang und Konkurrenzdruck befreit werden können.




Warum der nächste Lockdown das Corona-Problem an unseren Schulen nicht löst und was wir dagegen tun können

Der neue Lockdown kam plötzlich. Von heute auf morgen sitzen wir wieder auf einem Stapel von Online-Aufgaben und fragen uns, wer das eigentlich alles schaffen soll. Noch kurz vor dem Lockdown haben die Landesregierungen und allen voran die Kultusministerkonferenz (=Absprachegremium der Länder für Bildungs- und Erziehungsfragen) immer wieder behauptet, dass die Schulen sicher seien. Infektionen fänden dort überhaupt nicht statt, sondern würden allein von außen in die Schulen hineingetragen. Doch die Infektions- und Quarantänezahlen sprechen eine andere Sprache: So waren kurz vor dem Lockdown über 3.000 Lehrkräfte und mehr als 20.000 Schüler_Innen in Deutschland infiziert. Am 17.12. ist ein Berliner Lehrer an den Folgen einer Corona-Infektion auf tragische Weise verstorben. Über 11.600 Lehrer_Innen und 200.000 Schüler_Innen sitzen in Quarantäne, über 200 Schulen wurden komplett geschlossen. Doch anstatt Geld in die Hand zu nehmen, um Luftfilteranlagen, Masken, mehr Personal und mehr Räume zur Verfügung zu stellen, wurde das Geld in die Privatwirtschaft gepumpt und die Infektionszahlen in unseren Schulen systematisch relativiert (mitunter auch durch sehr fragwürdige Studien). Außerdem wurde das Problem versucht „wegzudefinieren“; indem die Inzidenzzahl, ab derer eine Schule als Corona-Hotspot mit dementsprechenden Notfallmaßnahmen gelten würde, einfach von 50 auf 200 hochgeschraubt wurde.

Alte Probleme-
drastische Konsequenzen

Robert-Koch-Institut
und Leopoldina sind sich dagegen einig, dass „Schülerinnen
und Schüler ein wesentlicher Teil des Infektionsgeschehens“ sind.
Doch warum sind wir eigentlich so stark betroffen? Das liegt zum
einen daran, dass unser Kontaktkreis durch die ohnehin zu großen
Klassen sehr groß ist. Der chronische Raummangel an unseren Schulen
ist nicht erst seit Corona ein Problem, und so müssen sich viele
Schüler_innen in wenig Räume quetschen, sodass die Einhaltung des
Mindestabstands kaum möglich ist. Diese Probleme waren bereits
während der ersten Welle im Frühjahr 2020 bekannt, doch die Politik
hat über den Sommer verschlafen, etwas dagegen zu tun. Momentan
sieht es danach aus, als ob der sommerliche Tiefschlaf fließend in
den Winterschlaf übergeht. Im Interesse der Wirtschaft, die auf
jeden Fall verhindern möchte, dass die Arbeiter_Innen zu Hause
bleiben müssen, um sich um ihre Kinder zu kümmern, wollten sie die
Schulen um jeden Preis offen halten. Die Strategie war, sich dabei
irgendwie durchzuwurschteln und zu hoffen, dass ein Impfstoff alle
Probleme bis zum 10.01.21 lösen wird.

Es ist bereits
absehbar, dass die Zahlen bis zum 10.01.21 nicht zurückgehen werden.
Aber wie soll es weitergehen? Wann, und vor allem unter welchen
Bedingungen, werden die Schulen wieder geöffnet? Wenn wir nicht
weiterhin zulassen wollen, dass auf der Gesundheit von uns, von
unseren Lehrer_Innen, von unseren Eltern, Freund_Innen und
Angehörigen im Interesse der Wirtschaft herumgetrampelt wird, müssen
wir anfangen, zu kämpfen! Wir müssen sichtbar werden, eine Stimme
bekommen und laut sein.

Was wir fordern:

Es kann nicht sein,
dass wir mit Online-Aufgaben zugespamt werden, während die meisten
von uns nicht einmal einen eigenen Laptop haben. Einige haben nicht
einmal eine gute Internetverbindung. Wir fordern kostenlose
digitale Endgeräte und einen kostenlosen Internetzugang für alle!

Auch nicht jede_r
von uns hat ein eigenes Zimmer und zu Hause die nötige Ruhe zum
Lernen. Während einige von uns Eltern haben, die selbst studiert
haben, fließend Deutsch sprechen und ihre Kinder während des
Homeoffice gut bei den Aufgaben unterstützen können, haben andere
von uns Eltern, die vielleicht eine andere Muttersprache oder eine
andere Schulbildung erfahren haben und alleinerziehend sind oder
täglich für wenig Geld im Supermarkt oder Krankenhaus arbeiten
müssen. Das ist ungerecht! Deshalb fordern wir die Aussetzung der
Noten und verpflichtenden Prüfungen solange kein zufriedenstellender
Lehrbetrieb gewährleistet werden kann! Niemand soll benachteiligt
werden, denn unsere Gesundheit ist wichtiger als eure
Verwertungslogik!

Wer kein
„Happy-Family-Life“ hat, für den ist das zu Hause eingesperrt
Sein der blanke Horror. Im Lockdown sind wir der völligen Kontrolle
und manchmal auch Gewalt unserer Eltern ausgesetzt und können dieser
nicht durch die Schule oder Freund_Innen entkommen. Wir fordern
deshalb das Recht auf elternunabhängige Notbetreuung! Wer nicht zu
Hause lernen kann oder sein will, soll selber entscheiden können, ob
er oder sie in der Schule von pädagogischen Fachkräften betreut
werden möchte. Dabei müssen die Hygienestandards ausgeweitet
werden.

Für viele Elternteile ist es auch gar nicht möglich zu Hause zu bleiben, da sie um ihren Job fürchten müssen. Deshalb fordern wir, dass die Wirtschaft bis auf die systemrelevanten Sektoren heruntergefahren wird. Wir finden außerdem, dass statt einem kleinen Kurzarbeitergeld seitens des Staats, lieber die Konzerne 100% des ursprünglichen Lohns fortzahlen sollten und auch alle, die ihren Job bereits verloren haben, vollen Gehaltsausgleich erhalten. Viele konnten sich nicht nur keine Weihnachtsgeschenke leisten, sondern haben schon Probleme beim Geld für den Schnelltest oder bei der Miete. Wir fordern deshalb, dass die öffentliche Versorgung (also nicht nur Wohnraum, sondern auch Gesundheit, Strom, Wasser und Heizung) nicht privatwirtschaftlich organisiert wird, sondern in die Hand des Staates kommt und von den Produzent_Innen und Konsument_Innen demokratisch kontrolliert wird.

Let’s strike
again!

Lasst uns nicht
weiter tatenlos zusehen! Lasst uns gemeinsam laut sein und kämpfen!
Jede_r von uns kann an seiner_ihrer Schule beginnen, mit
Mitschüler_Innen über die Probleme quatschen und lokale Aktionen
organisieren. So wie es bereits Schüler_Innen in verschiedenen
Bundesländern gemacht haben, die beispielsweise aus Protest gegen
die unzureichenden Hygienebedingungen kollektiv verweigert haben, den
Klassenraum zu betreten. Die Probleme in unseren Schulen sind jedoch
ähnlich und sie sind flächendeckend. Neben lokalen Aktionen müssen
wir uns deshalb auch bundesweit zusammenschließen und einen
gemeinsamen Aktionstag oder sogar einen Schulstreik im neuen Jahr
organisieren! Dafür sollten wir ein Online-Treffen oder eine
Telefonkonferenz einberufen sowie auch linke FFF-Ortsgruppen und
größere linke Jugendorganisationen wie die Linksjugend [‘solid],
die SDAJ, die Jusos oder Young Struggle auffordern, sich daran zu
beteiligen. So können wir uns wirklich eine Stimme verschaffen und
Druck auf die Politik ausüben, unsere Forderungen zu erfüllen. Mit
Fridays for Future haben wir bereits bewiesen, dass wir das können!

Ihr findet die
Forderungen richtig und wollt etwas bei euch lokal organisieren
und/oder euch bei der Orga für einen bundesweiten Streik beteiligen?
Dann schreibt uns bei Instagram, Facebook oder unserer Homepage.




Schulen sicher oder Schulen zu!

+++ Demo am Sonntag, den 22.11. in Berlin, 14 Uhr Alexanderplatz (an der Weltzeituhr) !!!! +++

Alles, was ihr über die beschissene Corona-Situation an unseren Schulen wissen müsst und was wir zusammen dagegen tun können:

Mit der vielfach höheren Zahl an Neuinfektionen, als noch im Frühling (3-Fach am 21.10.) ist eingetreten, was von den meisten erwartet wurde: Die Zweite Welle der Pandemie schlägt ein und das deutlich härter als die Erste. Die Notwendigkeit erneuter Schutzmaßnahmen ist unbestreitbar. Doch anders als beim ersten Mal, wird jetzt vor allem unsere Freizeit eingeschränkt. Betriebe werden nur dort geschlossen, wo Menschen ihre Freizeit verbringen und Schulen sollen ganz offen bleiben. Dafür gibt es Kontaktbeschränkungen und die Streichung aller Veranstaltungen, Kulturangebote und des gemeinsamen Sports. Die Lage ist absurd, besonders wenn man sich vor Augen hält, dass es nun völlig ok ist mit bis zu 30 Leuten in einem Klassenraum zu sitzen, aber ein schwerer Verstoß, wenn man sich zu dritt vor dem Schultor trifft. Ebenso paradox ist, dass die Partys „feierwütiger“ Jugendlicher als massiver Ansteckungsherd gebrandmarkt werden und gleichzeitig der gemeinsame Aufenthalt im Klassenraum für dieselben Leute nur eine minimale Infektionsgefahr haben soll. Der Lockdown-„light“ enttarnt sich so als reiner Freizeit-Lockdown, in welchem wir durch den Verzicht auf soziale Interaktion, sowohl Corona bekämpfen, als auch den Verwertungsdrang von Wirtschaft und Schulsystem befriedigen sollen.

Der erste Lockdown hat jedoch deutlich gezeigt, dass eine Schulschließung allein keine Antwort ist. Soziale Ungleichheiten trafen Schüler_Innen mehr denn je und es gab einen massiven Anstieg häuslicher Gewalt. Viele Schüler_Innen verfügen nicht über Endgeräte, eine ausreichende Internetverbindung oder die Möglichkeit zu Hause in Ruhe zu lernen. Dieser Missstand wurde höchstens durch die Vergabe einzelner Tabletts angegangen, aber das ist kaum ein Tropfen auf dem heißen Stein. Auch die eigentliche Notwendigkeit, die Schulen auf einen Unterricht unter Wahrung von ausreichenden Hygienemaßnahmen vorzubereiten, wurde weder während der Schulschließung, noch danach erfüllt. So war bereits der erste Lockdown ein Einschreiten gegen das unmittelbare Problem, doch völlig blind für die Aufgaben der Zukunft und diejenigen, die dabei auf der Strecke blieben.

Ob unsere Schulen geschlossen werden oder nicht ist eine Entscheidung, die sich nach unseren Bedürfnissen richten muss und nicht den Interessen der Wirtschaft. Die Unternehmer_innen wollen jedoch, dass wir aus dem Haus sind, damit unsere Eltern für ihre Profite schuften können. Gleichzeitig wollen sie, dass wir schön brav unsere Prüfungen schreiben, damit es viele neue qualifizierte Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt gibt. Die Gefährdung in Schulen und Kitas wird deshalb systematisch kleingeredet. Aber wir sagen: Unsere Gesundheit geht vor ihre Profite! Es darf deshalb nicht in Lobbygruppen und Bildungsausschüssen entschieden werden, welche Schule geschlossen werden. Wir selber können darüber am besten entscheiden. Wir fordern demokratische Krisenkomitees aus Schüler_innen, Eltern, Lehrer_innen und Virolog_innen, die zusammen entscheiden, ob eine Schule geschlossen wird, die zusammen Hygienebestimmungen festlegen und diese kontrollieren!

Zusammen mit den Lehrer_innen? Ja, genau das. Mit kranken Lehrer_innen gibt’s auch keine Bildung. Gerade unsere Lehrer_innen sind einem zusätzlichen Infektionsrisiko ausgesetzt, da sie mit viel mehr Personen in der Schule Kontakt haben. Sie werden dabei allein gelassen, die Bildungsangebote an die neue Situation anzupassen und müssen das auch noch unbezahlt in ihrer Freizeit tun. Ihre demokratisch gewählten Interessenvertretungen, die Personalräte, wurden außerdem bei den Beschlüssen zu Krisenmaßnahmen einfach übergangen. Die Gewerkschaft der Lehrer_innen, die GEW, hat viel richtige Kritik an der aktuellen Situation und zum Teil auch gute Forderungen. Leider macht sie nur nichts dafür, um diese auch umzusetzen. Eine Gewerkschaft muss ihre Mitglieder mobilisieren, Personalversammlungen einberufen, über die Forderungen demokratisch diskutieren und streiken, wenn sie was erreichen will. Wir müssen deshalb zusammen mit unseren Lehrer_innen der GEW in den Arsch treten, damit endlich was passiert.

Wir müssen gemeinsam einen Weg durch die Pandemie finden, der es allen ermöglicht, sinnvoll am Unterricht teilzunehmen, ohne dabei benachteiligt zu werden und ohne die eigene Gesundheit oder die Nahestehender zu gefährden. Auch wollen wir nicht die Sündenböcke einer Politik sein, die es nicht schafft, einen angemessenen Umgang mit der Pandemie zu finden. Weder werden wir als Grund für die Verbreitung des Virus herhalten noch hinnehmen, dass das Bildungssystem weiter todgespart wird. Deswegen stehen wir ein für:

# Mehr Unterrichtsräume! Sei es durch Neubau oder die Beschlagnahmung von leerstehenden Gebäuden! Es war auch schon vor der Pandemie nicht ausreichend Platz vorhanden.

# Mehr Personal! Sowohl neue Lehrer_Innen, Sozialarbeiter_Innen, pädagogische Assistenzkräfte, Sonderpädagogog_Innen, als auch Personal in der Verwaltung und Instandhaltung müssen neu eingestellt werden!

# Deutlich kleinere Klassen! Nicht mehr als 12 Schüler_innen sollen gleichzeitig unterrichtet werden! Alles andere ist aus pädagogischer und gesundheitlicher Sicht zu viel! – Freistellung ohne Diskussion! Es muss in allen Bundesländern die Möglichkeit geben, sich ohne Attest freizustellen!

# Kostenlose Schnelltest, FFP3-Masken und Desinfektionsmittel! Niemand soll Angst haben müssen, sich selbst, Verwandte oder geliebte Personen anzustecken! – Kostenlose Lernmittel und Endgeräte für alle, die von zuhause am Unterricht teilnehmen. Ebenso müssen Ausweich-Räumlichkeiten und betreuende Pädagog_Innen bereitgestellt werden!

# Aussetzung aller Prüfungen für dieses Schulhalbjahr! Lernen in der Pandemie darf für niemanden einen langfristigen Nachteil in der Schullaufbahn bedeuten! – Die Reduzierung des Rahmenlehrplans!, gemeinsam kontrolliert durch Leher_Innen, Schüler_Innen und Eltern.

Wir betrachten unseren Kampf in der Schule nicht isoliert von anderen Kämpfen. Wir stehen ebenso ein, für die Tarifkämpfe und Rechte der Arbeiter_Innen. So wie wir das Versagen der Politik in der Schule zu spüren bekommen, müssen es unsere Eltern von Politik und Gewerkschaften ertragen. Genauso wollen wir gemeinsam mit den Auszubildenden in den Betrieben kämpfen und stehen daher außerdem ein für:

– die massive Investition in Bildungs- Gesundheit- und Sozialwesen. Statt Konzernen müssen Menschen und ihre Zukunft gerettet werden!

– die Fortsetzung aller Tarifkämpfe, wenn nötig durch Streiks, bis ein angemessenes Ergebnis erkämpft wurde, mit dem nicht nur Gewerkschaftsführung und Konzerne zufrieden sind!

– die Übernahme aller Auszubildendeb und die Schaffung neuer Ausbildungsplätze! – die Streichung aller Mietschulden und die Bereitstellung von Wohnraum zum Selbstkostenpreis!

Alle diese Maßnahmen werden nicht vom Himmel fallen, sie kosten natürlich erst einmal Geld. Dieses sollte von denen genommen werden, die Verantwortlich für die Krise sind oder sogar davon profitieren. So konnten Softwarefirmen, Biotech-Unternehmen oder Amazon dank der Pandemie Rekordumsätze machen. Neben denen, die sich mit der Krise die Taschen voll machen, sollen auch die zahlen, die für den Ausbruch der Pandemie verantwortlich sind. Zum Beispiel begünstigt die industrielle Massentierhaltung die Entwicklung von Krankheiten durch die Lebensbedingungen der Tiere enorm. Nahrung muss dagegen entsprechend den Bedürfnissen von Mensch und Natur produziert werden, nicht für Profit. Statt in private Taschen zu fließen, müssen Gewinne verwendet werden, um allen einen sicheren Weg durch Pandemie und Wirtschaftskrise zu ermöglichen. Der Kampf gegen die Pandemie muss auch ein Kampf für ein gerechtes Gesundheitssystem sein. Pharmakonzerne und Krankenhäuser gehören in die öffentliche Hand gestellt. Die Kontrolle über diese Maßnahmen dürfen nicht die Chefs und Firmeninhaber_Innen ausüben, deren einziges Interesse die Profitmaximierung ist. Die Beschäftigten vor Ort müssen bestimmen, was wie und unter welchen Sicherheitsmaßnahmen produziert wird.  Lasst uns gemeinsam für eine linke Antwort auf die Pandemie kämpfen und das nicht den Rechten überlassen! Auch durch Demonstrationen und Streiks, denn solange wir noch in der Schule sein können, solange können wir auch noch demonstrieren!