Wie Pflegeazubis das Recht auf Streik genommen wird

Von Paul Fuchs, Juni 2023

Die Ausbildung in der Pflege umfasst 3 Jahre. 3 Jahre, in denen man den Beruf lernen sollte, in schulischen Phasen die Theorie und in praktischen die Praxis. Während bei anderen Ausbildungen häufig davon geredet wird, dass Azubis zum Lernen im Betrieb sind, spricht im Gesundheitssektor so gut wie niemand mehr von sowas. Pflegeazubis sind Arbeitskräfte und werden dementsprechend in die Arbeit eingeplant. Der Schichtplan wird so gestaltet, dass Azubis nicht zusätzlich auf Station sind, sondern z.B. eine Pflegeassistenz ersetzen. Dass dennoch gerade mal der halbe Mindestlohn gezahlt wird, ist ein Problem, welches alle Auszubildenden kennen. In diesem Artikel geht es deshalb speziell um unser Streikrecht. Das Streikrecht, so kümmerlich es in der BRD durch Jahre des schwachen Klassenkampfes und der Sozialpartner_Innenschaft geworden sein mag, ist ein Recht, was es um jeden Millimeter zu verteidigen gilt.

Arbeitgeber_Innen und sogar manchmal Dozent_Innen machen hier Druck und sprechen Azubis teilweise das Streikrecht völlig ab. Gerade die Charité übt sehr bewusst Druck auf ihre Auszubildenen aus. Bereits bei einer geringen Anzahl von (entschuldigten) Fehltagen gibt es, wenn Streiktage bevorstehen, Gespräche darüber, dass sich kein weiterer Fehltag mehr erlaubt werden könne. Das Streikrecht ist eigentlich für alle Menschen durch das Grundgesetz gedeckt, doch wird zur Profitsicherung immer wieder untergraben.

Was ist die aktuelle Situation?

Um zum Examen, also Abschlussprüfung, zugelassen zu werden, darf man nur eine gewisse Anzahl an Fehltagen haben. In diese zählen Streiktage mit rein. Wer streikt, muss sich also zwei oder dreimal überlegen, ob man es sich dann leisten kann, bei Krankheit zu Hause zu bleiben. Und das in einem so körperlich und emotional anstrengenden Beruf wie der Pflege. Streiktage werden zwar gesondert notiert, zählen jedoch als Fehltage. Sollten die Noten einen Antritt zum Examen erlauben, die Fehltage aber eigentlich nicht, ist es möglich, gegen Ende der Ausbildung einen sogenannten Härtefallantrag zu stellen. Der Antrag kostet 60 €, ob dieser angenommen oder abgelehnt wird, bleibt aber offen. Wenn man also an Streiks teilnimmt, gibt es keine Gewissheit, die Ausbildung auch abschließen zu können. In einem Beruf, der die Arbeiter_Innen mit miserablen Arbeitsbedingungen so kaputt macht, dass er sich praktisch selbst abschafft.

Wie begründet der Staat das?

Verantwortlich ist offiziel hier aktuell die Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung. Im Zuge der TVöD Runde gab es Diskussionen zwischen der damaligen Senatorin Ulrike Gote (Grüne) Diese hatte mit ihrem Team vor einigen Monaten ein Schreiben aufgesetzt, in welchem den Azubis selbstverständlich ein Streikrecht zugesprochen wurde. Ein Recht bringt aber ziemlich wenig, wenn du in einem prekären Arbeitsfeld psychologisch unter Druck gesetzt wirst, es nicht wahrzunehmen. Die gleichen Menschen, die durch Streiks Profite einbüßen, entscheiden, ob du am Ende einen Job kriegst oder nicht. Aufgrund mehrerer offener Fragen wurde von der Ver.di (Gewerkschaft der Dienstleistungen) eine Zoomkonferenz organisiert, auf der es bei einem der letzten Arbeitsstreik eine kleine Diskussion gab. Es wurde sich hinter Bürokratie und konfusen, juristischen Winkelzügen versteckt. Auszubildene wurden ignoriert und es wurde mantra-artig herunter gerattert, was auch schon im Schreiben zu lesen war. So auch der Vorwurf, dass durch Wahrnehmung des Streikrechts eine Patient_Innengefährdung vorliege. Die Realität ist, dass selbst bei Normalbetrieb jeden Tag in unserem Gesundheitssystem eine Gefährdung für Patient_Innen und Arbeiter_Innen vorliegt, durch Unterbesetzung und Stress. Auf wichtigen Stationen gibt es bei einem Streik eine Notfallbesetzung, sodass die Patient_Innen zumindest grundlegend versorgt werden können. Soweit die Idee, in der Realität unterscheidet sich aber auf vielen Stationen die Notfallbesetzung gar nicht von der Normalbesetzung oder liegt sogar über darüber.

Neben dem Fantasieren über ein „festes Kontingent an Streiktagen für Auszubildene“ wird immer wieder auf den Härtefallantrag als Ausweg gepocht. Darauf, dass dieser jedoch keine Sicherheit darstellt und genauso gut abgelehnt werden kann, war die Antwort: „Wir werden diese wohlwollend bearbeiten“. Toll, vielen Dank! Aussagen wie diese stellen innerhalb eines halb öffentlichen Zoommeetings keinerlei Verbindlichkeit, geschweige denn Sicherheit dar.
Frau Gote nimmt damit einfach hin, was für einem Druck und Stress Auszubildende in der Pflege ausgesetzt sind. Zahlreiche Beispiele für psychologischen Druck bei Personalgesprächen über Fehlzeiten wurden einfach ignoriert. In der Realität verzichten Auszubildene eher auf Streik oder gehen krank zur Arbeit, anstatt ihre ökonomische Grundlage aufzugeben. Laut Gote sei das Ganze ja gar kein Eingriff ins Streikrecht, weil die Streiktage würden zwar als Fehlzeiten gezählt und ergeben dadurch einen direkten Nachteil, aber, Zitat: „Das Problem sei nicht der Streik, sondern das Fehlen“.
Mittlerweile wird der Posten von Dr. Ina Czyborra (SPD) bekleidet, im Zuge des Koalitionsvertrages wurde viel versprochen, erfahrungsgemäß sollten wir uns keine Hoffnungen in einen Personellen Wechsel bei Vertreter*innen des Kapitals machen.

Und die Gewerkschaft?

Der Bürokratische Charakter der Gewerkschaften hat sich in diesem Tarifkampf wieder einmal zur schau gestellt. Die Führung versucht, statt die Interessen des Proletariats durchzusetzen wird versucht ein Kompromiss zu finden. Sozialpartnerschaft nennt sich der Spaß dann in dem wir immer als Verlierer raus gehen. Die Gewerkschaftsführung gibt sich im Wortlaut radikal, beweist, gerade zu anfang der Tariffrunden, sogar eine klare Klassenanalyse. Doch das gesagte wird schnell vergessen und es wird auf die Verhandlungen und die individuelle schwäche einzelner geschoben, dass es kein besseres Ergebnis bleibt. Linke Teile des Apparats lassen sich auch gerne hin reißen zu Aussagen wie „es wäre mehr drinn gewesen“, jedoch verbleiben sie stehts bei einer ökonomistischen Kritik. Die Frage um die Führung, bzw die demokratisierung der Gewerkschaften darf nicht gestellt werden.
Was diese Tarifrunde getötet war das sogenannte Schlichtungsabkommen, ein Deal zwischen der Verdi und den Arbeitgebern, der beiden Seiten während einer Tarifverhandlung jederzeit ermöglicht eine Schlichtung einzuberufen. Also eine erneute Verhandlung hinter verschlossenen Türen, es herrscht absolutes Informationsverbot. Vermeidlich neutrale Schlichter*innen werden von jeder Seite gewählt und es herrscht Friedenspflicht, ergo es darf nicht gestreikt werden. Dieses Schlichtungsverfahren ist nicht nur absolut lächerlich, es hat auch ein gigantisches Demobilisierungspotenzial. Darüber hinaus gibt es keine einzige realistische Situation in der es in unserem Interesse wäre so eine Schlichtung einzuberufen, Anträge auf Kündigung gibt es seit Jahren, werden vom Apparat aber stehts abgewehrt. Die Gewerkschaftsbürokratie hat erfolgreich den Erzwingungsstreik abwenden können, aber warum ist das in ihrem Interesse?
Ähnlich wie die politische Bürokratie fungiert sie als kapitalistcher Agent in den Reihen des Proletariats. Sie stehen jedoch zwischen den Stühlen, ebendso wie ihnen das Kapital gefährlich werden kann, kann ihnen auch die Basis gefährlich werden da eine demokratische und kämpferische Gewerkschaft ihre Abschaffung bedeutet. Der Erzwinungsstreik stellt einen wichtigen Moment der kollektiven Selbstermächtigung dar, das Proletariat sieht welche Macht es hat und durch die viele Zeit die mit Kolleg*innen verbracht wird ohne den Druck der Lohnarbeit, können Diskussionen darüber instehen wozu man die Gewerkschaftsführung überhaupt braucht oder warum diese das 10 Fache unserer Gehälter bekommen.

Zum Schlichtungsergebnis, es ist schlecht, sehr schlecht. Sie reichen nicht aus um altes Personal zu halten, geschweige denn neues zu Gewinnen. Das fortführen des Kollaps der Pflege ist die Folge.

Wenn euch die Rolle der Gewerkschaftsführung weiter gehend interessiert empfehelen wir diesen Artikel der Gruppe ArbeiterInnenmacht: https://arbeiterinnenmacht.de/2023/05/20/tvoed-bund-und-kommunen-buerokratie-redet-sich-auch-die-mitgliederbefragung-schoen/

Was braucht es stattdessen?

Organisation statt Entpolitisierung. Die Ausbildung beschreibt einen Übergang von der Jugend zum Proletariat. Dies ist eine hochpolitische Zeit, in der sich im Individuum viel verändert, aber auch der Grundstein für zukünftige Klassenkämpfe gelegt wird. Die permanente Unterdrückung der Auszubildenden durch Berufsschule und Arbeitgeber_Innen, heißt es entschlossen zu bekämpfen. Die bürokratische Ver.di Jugend bietet hierbei gute erste Anlaufstellen, jedoch keine Lösung. Was es braucht, ist einen Verbund von Auszubildenen im engen Austausch mit den Arbeiter_Innen im Betrieb. Die künstliche Spaltung in „Kämpfe der Auszubildenen“ und „Kämpfe der Beschäftigten“ durch Ver.di und Arbeitgeber_Innen muss mit gemeinsamen Streiks und gemeinsamen Kämpfen beantwortet werden. Nicht nur betreffen uns nach spätestens drei Jahren die Realitäten der Beschäftigten, auch sind diese auf gute zukünftige Kolleg_Innen angewiesen. Letzteres kann es im momentanen Gesundheitssystem nicht geben, da der Kapitalismus auf Profite angewiesen ist und diese immer auf Kosten der Arbeiter_Innen gesichert werden. Es braucht also vor allem eine antikapitalistische Perspektive für die Arbeitskämpfe in der Pflege.

Trotzdem sollte man bestehende Strukturen wie die Jugend- und Auszubildendenvertretungen (JAV) in Betriebsräten nutzen, sie sind jedoch kein Ersatz für basisdemokratische Verbunde von Auszubildenen. Die Berufsschulen haben nicht zu entscheiden, ob und welche Flyer in den Berufsschulen verteilt werden, das Recht auf freie Propaganda gilt es auch zu erkämpfen! Es sind unsere Kämpfe und wir haben zu entscheiden, welche Schwerpunkte wir legen. Dabei gilt es auch zu erkämpfen dass die Auszubildenden, zum Beispiel im Zuge des Kurssprecher*innentreffen die Möglichkeit haben miteinander zu diskustieren ohne das Lehrer*innen und Schulleitung mit am Tisch sitzen wie derzeit. Diskussionen die auch nur leicht über den Berufsschulalltag hinaus gehen werden strickt unterbunden, politischer Diskurs verunmöglicht. Ein wichtiger Moment des Austausches verkommt zu einem technisches Punkte abhacken, ohne Diskurs.
Gegen die Entpolitisierung durch die Ver.di. Arbeitskampf ist Klassenkampf und sollte als dieser benannt werden. Malle-Hits und zwei Demosprüche, die keinerlei Forderung aufwerfen, sind nicht genug. Es muss die Möglichkeit für Auszubildene bestehen, ihre Perspektive darzulegen.

Dafür benötigt es Komitees von Auszubildenen, die weder durch Ver.di, Berufsschule noch Arbeitgeber bevormundet werden!

  • Enteignung der Pflege und Verstaatlichung unter Arbeiter_Innenkontrolle!
  • Arbeitszeitverkürzung bei voller Lohnfortzahlung!
  • Uneingeschränktes Streikrecht für alle Azubis und Beschäftigte!
  • Raum für politische Diskussionen unter Azubis ohne bevormundung durch die Schulleitung!
  • Basisdemokratische Gewerkschaften statt bürokratischem Verrat!
  • Für gläserne Verhandlungen, jede Verhandlung mit dem Arbeitgeber muss via Internet livegestreamt werden! Keine Hinterzimmerverhandlungen



TVöD: der 8. März als Streiktag?

von Anne Moll/Resa Ludivien, Artikel aus der FIGHT 2023, unserer Zeitung gemeinsam mit der Gruppe Arbeiter:innenmacht (und anderen Sektionen der LFI) zum 8. März 2023

Abgesehen von Berlin ist in keinem anderen Bundesland der Frauenkampftag ein Feiertag. Und zu feiern gibt’s auch nicht viel, schaut man sich die derzeitige TVöD-Runde an. Ein prädestinierter Streiktag also?

Was aus Clara Zetkins Frauentag wurde

Historisch gesehen ging es beim Kampf um die Gleichberechtigung der Frauen zuerst um das Wahlrecht, um das gleiche Recht, sich zu organisieren und Gewerkschafts- wie Parteimitglied zu werden, um Zugang zur Universität, Gesundheitsschutz der arbeitenden Frauen und um das Recht, über den eigenen Körper zu bestimmen. Doch der Versuch seiner Vereinnahmung und Entpolitisierung ist auch nichts Neues. Immer wieder wird deutlich, dass die bürgerlichen Frauen, aber auch die Gewerkschaftsführung andere Forderungen im Sinn haben als Frauen aus der Arbeiter:innenklasse.

So versuchten 1994 Frauen in Stuttgart, den DGB von einem Frauenstreiktag zu überzeugen, bei dem auf die ungleiche Bezahlung und Doppelbelastung aufmerksam gemacht werden sollte. Trotz der Versuche des Vorstandes, die Aktionen als „Streittag“ zu verharmlosen, kam es zur Besetzung einer Kreuzung sowie zum Teil einer Teilnahme während der Arbeitszeit, sprich zu einem Streik. Anhand dieses Beispiels wird deutlich, wie viel Mitverantwortung die Entschlossenheit der Basis trägt. Auch 29 Jahre später hat sich an der Situation von Frauen nur wenig geändert.

TVöD-Runde Bund und Kommunen: Wer streikt und was ist bis jetzt passiert?

Der 8. März 2023 fällt in Deutschland in eine spannende Zeit: Tarifauseinandersetzungen bei öffentlichen Betrieben, der Post, kommunalen Busunternehmen, im öffentlichen Dienst (TVöD-Runde), Streiks bei den Lehrer:innen in Berlin sind einige Beispiele dafür. Wir leben in Zeiten der Inflation. Sollten die geforderten 10,5 % durchgesetzt werden können, dann würden sie die aktuelle Preissteigerung wenigstens ausgleichen. Mindestens 500 Euro würden, vor allem für die Niedriglohngruppen, tatsächlich eine große Änderung bewirken und eine wichtige Signalwirkung ausstrahlen.

Das betrifft 1,6 Millionen Menschen, die nach TVöD bezahlt werden, d. h. diejenigen, die im öffentlichen Dienst bei Bund und Gemeinden tätig sind. Das sind beispielsweise Arbeiter:innen in kommunalen Kitas, in Altenpflegeeinrichtungen oder Krankenhäusern. Es gab viel Applaus, dass sie während der Pandemie weitergearbeitet haben, viele schöne Worte von Politiker:innen, dass sich die Arbeitssituation für Pflege- und Erziehungsberufe verbessern muss. Passiert ist bisher wenig. Gleichzeitig existiert ein Vorbild, wie erfolgreiche Streiks aussehen können: 2021 und 2022 erkämpfte die nordrhein-westfälische Krankenhausbewegung in wochenlangen Streiks den Tarifvertrag Entlastung.

Federführend für die derzeitige Verhandlungsrunde innerhalb des DGB ist ver.di. Die Mobilisierung läuft bereits seit letztem Jahr in Form von Mitgliederversammlungen und Vorbereitungen in den Betrieben. In Gewerkschaftskreisen hatte man zeitweise den 8. März ins Auge gefasst, um zu streiken. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass es sich um Bereiche handelt, in denen sehr viele Frauen arbeiten. Neben einer dauerhaften Überlastung und Unterfinanzierung dieser Sektoren sind Frauen und Migrant:innen strukturell schlechter bezahlt oder gar ohne Tarifverträge outgesourct – in Zeiten der Inflation ein tägliches Spiel mit dem Feuer.

Schaut man sich die Bereiche, zu denen auch Reinigung oder Behörden zählen, nochmal genauer an, so verwundert es nicht, dass zu den ursprünglichen Forderungen der Beschäftigten auch die Verbesserung der Arbeitsbedingungen gehörte. Dazu zählen „utopische“ Wünsche wie Arbeitszeitverkürzung oder mehr Urlaub bei Dauerschichtdienst. Doch das war den Gewerkschaften zu heiß. Der 8. März als Streiktag ist auch weg vom Fenster und man konnte sich im Oktober lediglich auf einen versöhnlichen Forderungskatalog einigen, welcher sich lediglich auf die Löhne bezieht. Ebenso offensichtlich ist die gezielte Schwächung des Streikes durch eine Teilmobilisierung. Warum alle zusammen mobilisieren, wenn man auch nur einzelne Sektoren wie die BSR (Stadtreinigung) in Berlin aufrufen kann? Und das mit dem Wissen, dass die Kolleg:innen am Limit sind, alles immer teurer wird, sodass sogar Butter, geschweige denn Gas- oder Mietpreise ein Luxusprodukt darstellen. Und das, nachdem nach Corona vor allem im Krankenhaus viele mit dem Gedanken spielen, ganz auszusteigen, und die Arbeit„geber“:innenseite auch diese niedlichen Forderungen noch herunterhandeln wird. Das ist Politik gegen die Arbeiter:innenklasse!

Frage dich mal, was deine Gewerkschaft für dich tun kann

Am 24.01.2023 fand die erste Verhandlungsrunde zum TVöD statt. Eine der Teilnehmer:innen aufseiten der Arbeit„geber“:innen war Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Diese hat wieder einmal gezeigt, dass diese sich zwar auf ihre „guten alten Zeiten“ als Arbeiter:innenpartei stützt, aber keineswegs Politik für die Arbeiter:innenklasse betreibt. Ergebnis: nächste Runde, denn es gab nichts zu „verhandeln“. Dafür hätten die Gemeinden und Kommunen ein Angebot unterbreiten müssen. Besonders interessant ist, dass die minimalen Forderungen der Gewerkschaften zu hoch und unrealistisch angesichts leerer Kassen ausfallen sollen. Doch wo bleiben dann Forderungen nach einem höheren Spitzensteuersatz, sodass endlich mal die Reichen für die Krise bezahlen?

Diese Argumentation hat nicht nur etwas mit der aktuellen Situation zu tun: Sie hat System. Es gibt nur eine Möglichkeit, diesem zu entrinnen, nämlich, indem die Warn- in unbefristete Erzwingungsstreiks überführt werden. Daneben müssen Demonstrationen organisiert und Solidaritätsbündnisse geschlossen werden. Unsere Aufgabe als klassenkämpferische Gewerkschafter:innen und Revolutionär:innen liegt darin, dies voranzutreiben, Druck auf die Gewerkschaftsführung auszuüben, die Kämpfe zusammenzuführen und unter Kontrolle demokratisch gewählter, den Mitgliedern verantwortlicher Streikkomitees zu stellen.

Frauenkampftag, Streiktag – gemeinsam auf die Straße!

Es wird knapp in der Kasse. Schon allein, wenn wir nach dem Einkauf in unser Portemonnaie sehen. Die nächste Gasrechnung bereitet uns schlaflose Nächte. Wir sind es leid, dass alle die Krisen von Corona über Klima- und Energiekrise auf unseren Rücken ausgetragen werden! Lasst uns unseren Anteil zur Tilgung der Kosten und Ermöglichung eines anständigen Lebens erstreiken! Der Internationale Frauentag ist dafür wie geschaffen und ursprünglich als Kampftag gedacht. Diese Bedeutung müssen wir ihm zurückgeben. Bremen geht hier mit gutem Beispiel voran: Hier ist der Streik durch die ver.di-Mitglieder beschlossene Sache.

Dass er in Berlin zu einem Feiertag geriet, kann nur unter Berücksichtigung der wenigen Feiertage dort allgemein positiv bewertet werden. Es trägt parallel zur Entpolitisierung des Tages bei und das ist gewollt. Man mag es als Form der Transformation sehen, wenn sich die Regierenden eine zunächst kämpferische Thematik zu eigen machen und nach ihrem Gusto interpretieren. Dass es gerade von einer rot-rot-grünen Politik befürwortet wird, zeigt die tief verwurzelte Sozialpartnerschaft, die kein Interesse aufkommen lässt, tatsächlich an diesem Tag die Belange von Frauen wie schlechte Bezahlung, Sexismus am Arbeitsplatz oder geringere Aufstiegschancen zu thematisieren. Der Frauenkampftag ist kein Feiertag, kein Streittag, sondern Streiktag!

Es ist daher Aufgabe der Basis, die Gewerkschaftsführungen daran zu erinnern, wessen Interessen sie ursprünglich vertreten sollten, und dies zu erzwingen. Doch ein Streiktag reicht nicht. Die nordrhein-westfälische Krankenhausbewegung hat es vorgemacht. Es darf nicht nur um Geld, sondern muss auch um Entlastung und bessere Arbeitsbedingungen gehen. Dafür brauchen wir Streikkomitees in allen Betrieben.

  • Hinaus zum Frauenkampftag! Frauenkampftag ist Frauenstreiktag!
  • Regelmäßige Vollversammlungen, Wahl und Abwählbarkeit der Streikkomitees!
  • Volle Kampfkraft für 10,5 % jetzt und mindestens 500 Euro für alle!
  • Früheren Renteneintritt ermöglichen, Altersteilzeitregelung verlängern! Mehr Urlaub bei Dauerschichtdienst!
  • Für eine Arbeitszeitverkürzung mit paralleler Einstellungsoffensive unter Kontrolle der Beschäftigten!
  • Finanzierung der Maßnahmen durch massive Besteuerung der Unternehmensgewinne und Vermögen!