Warum Ziviler Ungehorsam nicht radikal ist.

Nahezu alle, die sich für die Radikalisierung der Umweltbewegung einsetzen, von XR über Ende Gelände zu einer Großzahl der Aktivist_Innen in der antikapitalistischen Plattform Changeforfuture (CFF), haben eins gemeinsam: die Berufung auf das Konzept “Ziviler Ungehorsam“. Wir als Revolutionäre freuen uns natürlich über jede_n, die angesichts der faulen Kompromissvorschläge seitens der Regierung den Widerstand verstärken wollen, anstatt sich mit bloßer Aufmerksamkeit zu begnügen. Mit Zivilem Ungehorsam befinden sich jene Verbündete unseres Erachtens allerdings in einer Sackgasse, weshalb wir unter diesem ein wenig provokanten Titel hier eine politische Kritik formulieren wollen und einen Vorschlag, wie wir tatsächlich gewinnen können.

Was ist Ziviler Ungehorsam und woher kommt er?
Ideengeschichtlich wird der Ursprung des Begriffs dem Liberalisten und Selbstverwirklicher Henry D. Thoreau zugeordnet, der im 19. Jahrhundert eine (!) Nacht im Gefängnis verbrachte, da er sich geweigert hatte Steuern zu bezahlen und daraufhin seinen Akt des „zivilen Ungehorsams“ zum politischen Prinzip erklärte. Dazu schrieb er seinen berühmten Essay „Civil Disobedience“ (auf deutsch „Über die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat“). Später wurde das Konzept noch von anderen Theoretiker_innen wie Hannah Arendt und Jürgen Habermas aufgegriffen.

In der Theorie handelt es sich bei Zivilen Ungehorsam um einen angekündigten Regelübertritt, mit dem man auf einen gesellschaftlichen Missstand aufmerksam machen will. Sobald diese Aufmerksamkeit erzeugt ist, kümmern sich die gesellschaftlichen Mechanismen dann darum, den Missstand zu beheben. Plakatives Beispiel: Ein Mensch kettet sich an einen Kohlebagger, wird zwar sofort davon losgeschnitten und verhaftet, die Medien und die „Politik“ bemerken allerdings wie wichtig dieser Person das Thema mit der Kohle war, kommen darüber ins Grübeln, dass das mit der Kohleverstromung doch nicht so die beste Idee war und schwuppdiwupp – Climate Justice. Da es hauptsächlich um die erzeugte Aufmerksamkeit geht, ist es auch nicht notwendig Gewalt dabei einzusetzen, im Gegenteil erscheint es sogar oft als vorteilhaft sich mit „gewaltfrei“ zu labeln, um die Öffentlichkeit leichter auf der eigenen Seite zu halten. In jedem Fall aber ist es nicht vorgesehen, den Staat anzugreifen, da man ja nur durch diesen symbolischen Regelübertritt eine Öffentlichkeit schaffen will und die dafür vorgesehen Strafe sogar akzeptiert. „Im Gegensatz zum Revolutionär“, schreibt dazu der bürgerliche Theoretiker Carl Cohen, „akzeptiert der zivile Gehorsamsverweigerer den Rahmen der bestehenden Autorität und die generelle Rechtmäßigkeit der Rechtsordnung.“

Zu Grunde liegt der ganzen Theorie ein sehr idealistisches Verständnis vom bürgerlichen Staat. Demnach sei dieser eine Art Kompromiss der Interessen seiner „Bürger“, der jedoch nur dann zufriedenstellend gelinge, wenn jedes Individuum den Staat nach seinen eigenen moralischen Vorstellungen zu gestalten versuche. Der Zivile Ungehorsam bezeichnet dabei den Ausgleich zwischen dem Individuum als Staatsbürger und als moralisches Subjekt: Der_die einzelne Bürger_In soll durch ggf. ungehorsames Verhalten den Staat im Sinne der eigenen moralischen Überzeugungen beeinflussen. Somit soll die Staatsgewalt zu einem wahrhaft ausgeglichenen System ergänzt werden.

Was ist daran problematisch?
Es ist wichtig zu verstehen, dass im Kapitalismus die Dinge nicht einfach passieren, weil sie „sinnvoll“ sind. Es wäre sinnvoll niemanden hungern zu lassen, statt 2/3 der Lebensmittel wegzuschmeißen. Es wäre sinnvoll niemanden im Mittelmeer ertrinken zu lassen oder in Lager zu sperren. Es wäre sinnvoll den Planeten nicht zu zerstören. Die Dinge passieren im Kapitalismus aus genau zwei Gründen: Entweder es bringt Profit oder wir haben es erkämpft. Entweder es liegt im Interesse der herrschenden Klasse oder die Unterdrückten haben es ihnen abgerungen. Warum reden wir jetzt schon wieder davon? Weil es nicht ausreicht, darauf aufmerksam zu machen, dass etwas nicht sinnvoll ist. RWE kennt doch selbst die eigenen Bilanzen am besten, weiß doch ganz genau, dass ihr Geschäft die Erde zu Grunde richtet, aber ihr Geschäft ist ihnen alles, deswegen ist es egal.

Es ist auch eine falsche Vorstellung, dass der Staat schon macht was er soll, wenn man es ihm nur sagt. Der Staat steht im Kapitalismus nämlich nicht über den Klasseninteressen, im Gegenteil ist genau er dafür verantwortlich, dass die Herrschaft des Kapitals mit Gewalt aufrecht erhalten und der Widerstand dagegen unterdrückt wird. Wenn wir Freiheit und Klimagerechtigkeit wollen, müssen wir diesen Staat also kaputt machen und dürfen uns nicht mit Bitten an ihn begnügen.

Was wäre eigentlich radikal?
Radikal heißt die Dinge an der Wurzel packen. Die Wurzel des Klimawandels liegt unserer Meinung nach im Kapitalismus und insbesondere im Privateigentum an den Produktionsmitteln. Zur Überwindung dessen, müssen wir die Lohnabhängigen dafür gewinnen, die Kapitalist_Innen zu enteignen und die Produktion gemeinsam nach unseren Bedürfnissen und im Sinne des Planeten zu gestalten. Das würde mehr bedeuten als nur einen Missstand im System beheben, der Staat würde sich gegen uns stellen, wir müssten mit allen Mitteln für unsere Freiheit kämpfen.

Statt nur Aufmerksamkeit zu erzeugen und uns darauf zu verlassen, dass die Herrschenden handeln werden, müssen wir unsere Ziele erzwingen, durch Streiks, Besetzungen, Enteignungen. Uns fehlt nicht eine Sitzblockade vor dem Supermarkt, uns fehlen koordinierte Streiks der Beschäftigten in der Lebensmittelindustrie. Uns fehlt nicht eine Menschenkette vor dem Flughafen, uns fehlt die durch die Gewerkschaften getragene Forderung nach kostenlosem Schienenverkehr für alle. Uns fehlt nicht der halbjährliche Ausflug in die Kohlegrube, uns fehlt ein Generalstreik, der die demokratische Kontrolle über die Strom- und die gesamte Produktion erkämpft.

Der Streik trifft dieses System in seinem Herzen, dem Profit. Wo gestreikt wird, kann kein Profit mehr fürs Kapital produziert werden, es wird gezwungen, den Streik zu zerschlagen oder auf unsere Forderungen einzugehen. Gleichzeitig werden wir in die Lage versetzt die Betriebe zu besetzen und auf eine wirklich nachhaltige Art und Weise für uns selbst zu produzieren.

Militant oder gewaltfrei? Kollektiv oder individuell?
So schön es andernfalls auch wäre: Dass der Staat bereit ist, sich regenden Widerstand mit aller Kraft zu zerbrechen, hat er uns oft genug bewiesen. Dabei ist es nicht ausschlaggebend wie der Protest selbst agiert, auch Sitzblockierer_Innen werden mit Schmerzgriffen abtransportiert und im Sichtschutz von Bullenwagen zusammengeschlagen. Wir müssen uns also verteidigen, selbst wenn wir nur grundlegende Rechte wie unsere Versammlungsfreiheit wahrnehmen wollen. Wichtig dabei ist es kollektiv vorzugehen, denn durch Aktionen kollektiver Selbstermächtigung gelangen wir sogar in die Situation, dass große gesellschaftliche Veränderungen wie Enteignungen usw. auf einmal möglich werden. In dieser Hinsicht muss man auch zwischen verschiedenen Akteur_Innen Zivilen Ungehorsams unterscheiden, da Massenaktionen wie Ende Gelände viel mehr Potential haben als individuelle Steuerverweigerung.

Führungskrise der Arbeiter_Innenbewegung
Dass Ziviler Ungehorsam für viele so attraktiv ist, hat auch damit zu tun, dass die eigentliche Arbeiter_Innenbewegung hier sehr schwach geworden ist und planlos umherirrt. Schlimmer noch, die Führung der Lohnabhängigen, also die Spitzenposten von SPD, Linkspartei und den Gewerkschaften, haben sich mit ihren Privilegien und hohen Gehältern ganz gut eingerichtet mit diesem Schweinesystem und verraten mit ihrer „Sozialpartnerschaft“ ihre Klasse. Das hat aber auch dazu geführt, dass Streiks und andere ursprünglich revolutionäre Kampfformen der Arbeiter_Innenklasse neuen Aktivist_Innen gar nicht mehr so radikal vorkommen und sie sich dem modern wirkenden Zivilen Ungehorsam anschließen. Unser Ziel muss es aber sein, diese Führungskrise mit einem revolutionären Programm aufzuheben, denn die Macht einer organisierten Arbeiter_Innenklasse wäre heute größer als je zuvor.

Warum wir trotzdem alle zu Ende Gelände müssen
Große Mobilisierungen sind oft stärkende Momente der dahinterstehenden Bewegung. Die Entschlossenheit, mit der wir bei Ende Gelände vorgehen, gibt uns auch die Erfahrung, dass wir Erfolge auch gegen den Staat prinzipiell erreichen können. In der gemeinsamen Tat können wir dabei über unsere verschiedenen Ansätze diskutieren und sie an der Praxis überprüfen. Fahrt also alle mit uns nach dem Global Strike am 29.11. in die Lausitz und lasst uns dieses Zeichen setzen, auch wenn wir nicht dabei stehen bleiben!

 




Was ist eigentlich Greenwashing?

Was das eigentlich genau ist, lässt sich vereinfacht so beantworten: beim Greenwashing versuchen Unternehmen oder auch Regierung sich als umweltfreundlicher darzustellen, als sie es tatsächlich sind. Mit einem Ökolabel wollen sie von Verbrechen gegen die Natur und schlechten Arbeitsbedingungen ablenken und sich ein besseres Image geben. Seit, in relativ großen Teilen der Gesellschaft, der Ruf nach mehr Umweltschutz wie z.B. Ausstieg aus Kern -und Kohlenenergie, verbrauchsarme Autos, usw. laut wurde , wird Greenwashing verstärkt zu Werbezwecken oder zum Wähler_innenstimmenfang genutzt. Wer dieses alles andere als grüne Spiel betreibt, und wie, das wollen wir jetzt anhand einiger Beispiele zeigen.

Autoland Deutschland

Wer sich mit Autos ein bisschen auskennt, weiß dass viele davon von deutschen Konzernen hergestellt werden: VW, BMW, Mercedes, Audi, Porsche… die Liste ließe sich noch länger fortsetzen -alleine zum VW Konzern gehören über zehn LKW und Automarken. Diese Industriemacht hat ein hohes Stimmgewicht in politischen Entscheidungen, denn im Kapitalismus vertreten Nationalstaaten und ihre Regierungen meistens nicht die Interessen der Bevölkerung, sondern der stärksten Unternehmen – in diesem Fall der großen Autohersteller. So wundert es uns dann auch nicht, dass der ehemalige Verkehrsminister (richtiger wäre Autominister) Alexander Dobrindt sich darum hinter die Autokonzerne stellte, als bekannt wurde, dass bei den Abgasen von Dieselmotoren kräftig manipuliert wurde, um die Autos als „grün“ zu verkaufen. Dobrindt sagte dazu: „Ein Imageschaden für deutsche Autos droht und das empfinde ich als furchtbar.“ Es geht ihm also nicht um uns, die die verpestete Luft atmen müssen, sondern um die Profite der Autokonzerne. Ein umweltfreundlicheres Verkehrsmittel wäre die Eisenbahn. 2016 gaben über 80% der Befragten in einer Umfrage an, dass viel mehr Güter auf die Schienen statt auf die Straßen gehören. Einer der Hauptgründe dafür war laut den Befragten der Umweltschutz. Doch der Anteil der Schiene am Güterverkehr liegt seit über 10 Jahren bei höchstens 18%. Auf den verstopften Autobahn verpesten dafür umso mehr Diesel – LKWs die Luft, wobei sie auch noch von der vor einigen Jahren reduzierten Maut profitieren.

BP und RWE

Die zwei bekanntesten Fälle von Greenwashing verdanken wir dem Ölkonzern British Petroleum und dem deutschen Energiekonzern RWE. Mitte der 2000er Jahre versuchte sich der britische Ölkonzern BP daran, dem schwarzen Brennstoff ein grünes Image zu geben. Anstatt „British Petroleum“ nannte sich das Unternehmen nun „Beyond Petroleum“, was so viel wie „jenseits des Erdöls“ heißt. Dazu noch ein passendes grünes Logo und schon ist das grüne Image fertig. Groß angekündigt wurden Investitionen in erneuerbare Energien, eigens dafür wurde die Unternehmenssparte „Alternative Energy“ gegründet. In der Tat wurden von BP auch erneuerbare Energien aufgebaut, doch der Versuch einen Ölkonzern als grün zu verkaufen, scheiterte als sich der Golf von Mexiko (Meer südlich der USA) im Jahre 2010 schwarz färbte. Eine Ölbohrplattform von BP war in Brand geraten und gesunken, was blieb war ein wochenlang anhaltender Öl-Strom aus dem Meeresboden. Um den Imageschaden für BP klein zu halten wurden Schweigegelder bezahlt und Fotos gefälscht. Das Öl wurde übrigens auf besonders „grüne“ Weise auf der Wasseroberfläche verbrannt oder mit Chemikalien im Meer gelöst.

Das Unternehmen RWE versuchte sich 2009 mit Werbung als „grüner Riese“ zu etablieren: der Energiekonzern drehte eine Spot dazu mit Windkraftanlagen und grünen Landschaften. Zur selben Zeit war RWE einer der Hauptverantwortlichen für den deutschen CO2– Ausstoß und gerade mal 2% des RWE Stroms wurden damals durch erneuerbare Energien gewonnen. Übrigens verbrennt RWE auch heute weiterhin jährlich tausende Tonnen von Kohle.

Grüne Revolution statt grünes Werbe-Image

Im Kapitalismus werden Konzerne die von der Zerstörung der Umwelt profitieren, niemals über schein-grüne Manipulation und Gelaber hinaus kommen. Dazu gehören Energieunternehmen genauso wie die Autoindustrie oder auch politische Gruppen und Parteien. Sie betreiben Greenwashing, weil es ein bestimmtes Interesse an Umweltschutz gibt, dass ich auf den Markt und an in der Wahlurne nieder schlägt. Beim Greenwashing geht es nie um den Schutz der Umwelt, sondern um Profite und Stimmen. Das alles bestimmende Moment in unserer Gesellschaft ist weder Nachhaltigkeit noch der Schutz unserer lebensnotwendigen Umwelt. Über allem steht die Profitlogik des Kapitalismus, dessen Konkurrenzdruck alle Unternehmen dazu zwingt mehr und mehr Profit zu erwirtschaften. Wer mit den Ressourcen nachhaltiger umgeht und echten Umweltschutz betreibt, hat automatisch eine Konkurrenz-Nachteil, weil das teurer ist und geringere Profite erwirtschaftet werden. Langfristig führt dass ein Unternehmen in die Pleite. Sicher gibt es einige Momente, wo eine umweltschützende Maßnahme mit Profitinteressen einhergeht, aber unterm Strich ist es viel profitabler z.B. weiter auf Braunkohle zu setzen oder Müll einfach irgendwo abzukippen. Den Lebensraum von uns Menschen langfristig zu erhalten, kann im Kapitalismus nie verwirklicht werden. Es braucht eine sozialistische Revolution, die eine demokratische Planwirtschaft erkämpft, die einen tatsächlichen Umweltschutz umsetzen kann und durch gezielten Ausbau erneuerbaren Energien, durch den Vorzug einer Verkehrswende und durch einen nachhaltigen Umgang mit Naturressourcen. Erst ein demokratisches Wirtschaftssystem, was sich an den Bedürfnissen der Menschen und nicht am Profit orientiert, kann die fortwährende Zerstörung unseres Planeten aufhalten. Für uns ist Umweltschutz aber dennoch nichts, was wir irgendwann im Sozialismus umsetzen wollen.

Wir fordern:

  • Lasst uns gemeinsam den Kampf für den Umweltschutz und die Entlarvung des Greenwashing als profitable Lüge der Kapitalist_Innen aufnehmen!
  • Enteignung der Verkehrsunternehmen und Autoindustrie! Stellt sie unter Arbeiter_Innenkontrolle!
  • Kostenlose und flächendeckend ausgebaute öffentliche Verkehrsmittel für alle!
  • Für den Ausstieg aus der fossilen Energiegewinnung und den Einstieg in regenerative, grüne Energien durch die Kontrolle der Lohnabhängigen!



Umweltzerstörung & Klimawandel: Wer ist schuld daran?

Redaktion, Mai 2019

Der Klimwandel ist ein globales Problem und macht nicht an den Grenzen irgendeines Nationalstaates stopp. Soweit waren wir schon. Ausgenommen vielleicht der AfD, die denkt, dass CO2 gut für die Umwelt ist, oder Trump der glaubt, dass der Klimawandel nicht existiert, da es letztes Jahr in den USA geschneit hat. Aber mal abgesehen von diesen Spinnern haben das die meisten Regierungen heute schon erkannt. Was viele noch nicht erkannt haben ist, wer denn eigentlich die Schuld daran trägt. Bürgerliche Parteien und NGOs wie die CDU, die SPD, die Grünen, der BUND oder Greenpeace erzählen uns, dass jede_r Mensch auf der Welt eine Mitschuld am Klimawandel hat und wir einfach mal bei uns selbst anfangen müssen, etwas für die Umwelt zu tun. Das ist an sich auch erst einmal nicht verkehrt, jedoch tun diese selbsternannten Umweltschützer_innen so, als ob alle Menschen gleich viel zum Klimawandel beitragen würden.
Dass das absoluter Schwachsinn ist, hat zuletzt eine Studie aus dem Climate Accountability Institute im US-Bundesstaat Colorado bewiesen. Demnach werden 63 Prozent der durch den Menschen verursachten Kohlendioxid- und Methan-Emissionen von allein 90 großen Unternehmen ausgestoßen. Die Chefs dieser Monopolkonzerne würden wahrscheinlich alle in ein einziges großes Flugzeug passen aber sind für den Großteil der globalen Klimakatastrophe verantwortlich. Mit von der Partie sind alte Bekannte wie BP, ChervronTexaco, Total, Gazprom, Exxon Mobil oder RWE, also vor allem die Energie-, Kohle- und Ölbranche. Und diese Unternehmen haben ihren Sitz auch zufällig nicht gleichmäßig verteilt in allen möglichen Ländern der Welt sondern ausschließlich in den reichsten Nationen. Doch das ganze Spiel wird noch abstruser: Nicht nur, dass der Großteil des Klimawandels auf das Konto einiger weniger Nationen geht, die auch noch Milliardengewinne damit einfahren, die Kosten und Folgen dieser Katastrophe müssen vor allem die Länder tragen, die nichts von den Gewinnen abkriegen. Überschwemmungen, Artensterben und Dürreperioden sind da erst der Anfang. Es ist nicht nur der durch Treibhausgase verursache Klimawandel, mit dem die imperialistischen Monopolkonzerne die Lebensgrundlage des Restes der Welt untergraben. Durch die wirtschaftliche Abhängigkeit, in der die ehemaligen Kolonialmächte ihre Ex-Kolonien bis heute halten, spielt in diesen häufig die Landwirtschaft eine große Rolle. Vor allem zur Selbstversorgung, aber auch für den Export von sogenannten Cash-Crops, also landwirtschaftliche Anbauprodukte, die nicht direkt als Nahrungsmittel für Menschen verwendet sondern in imperialistische Nationen exportiert werden, wie z.B. Soja als Futtermittel für Rinder oder Mais zur Erzeugung von Biogas. Diese Art der Ausbeutung führt zu Wirtschaftskrisen, Hungersnöten und Wüstenbildung. Möglich macht’s das massive Aufkaufen von Land durch riesige Agrarkonzerne (auch „landgrabbing“ genannt). Die somit entstehenden Monokulturen und die damit einhergehende Überbeanspruchung der Böden führen nicht nur zu massivem Artensterben sondern auch zu Bodendegradation und Desertifikation. Das meint die langfristige Verschlechterung des Zustandes des Bodens und somit auch seiner Nutzbarkeit. Die Monokulturen entziehen dem Boden Jahr für Jahr dieselben Stoffe, bis dieser völlig ausgelaugt ist und vergiften ihn zusätzlich durch Dünger und Pestizide.
Laut UNO-Statistiken müssen bereits jährlich rund 26 Millionen Menschen aufgrund des Klimawandels fliehen. Für das Jahr 2050 wird davon ausgegangen, dass diese Zahl auf mindestens 200 Millionen Menschen ansteigen wird. Diese Menschen versuchen meistens in die Länder zu fliehen, die mit ihrer schädlichen Klimapolitik der Grund sind, warum diese Menschen fliehen mussten. Nur wird ihre Fluchtursache auch nicht rechtlich anerkannt, sodass sie häufig als sogenannte „Wirtschaftsflüchtlinge“ wieder abgeschoben werden.
Während die wirtschaftlich führenden imperialistischen Nationen einen Großteil der weltweiten Treibhausgasemissionen produzieren, halten sie andere Länder, die sie ehemals kolonialisiert haben, in Abhängigkeit, als Reservoir für billige Arbeitskräfte, als Rohstofflager und als Mülldeponie. Noch dazu blockieren sie Wissenschaft und technischen Fortschritt zu umweltfreundlichen Energie- und Transporttechniken, um die wirtschaftliche Monopolstellung ihrer Energie- und Automobilkonzerne nicht zu gefährden.
Im Folgenden wollen wir uns nur 3 halbkoloniale Länder anschauen, in denen die Klimapolitik der imperialistischen Nationen bereits heute zu katastrophalen Folgen führt, anschauen:

1. Bangladesch liegt geographisch in einer Region die jährlich von Starkregenereignissen heimgesucht wird, den Monsunen. Diese bringen Massen an Niederschlag vom indischen Ozean und regnen vor dem Himalaya-Gebirge wieder ab. Hinzu kommt jetzt noch, dass Bangladesch von einem Flussdelta beherrscht wird. Das Zusammenspiel dieser beiden Faktoren führt dazu, dass jährlich mit riesigen Überschwemmungen zu rechnen ist, die auch weitreichende Folgen haben, da das Land in den meisten Regionen auch relativ flach ist. Steigt nun der Meeresspiegel durch die abschmelzenden Polkappen, steigen einerseits die Flüsse weiter an und andererseits verstärken sich die Monsune, da mehr Wasser in der Atmosphäre kondensiert und so auch wieder abregnen kann. Diese Umweltkatastrophen zwingen jährlich rund 250.000 Menschen zur Flucht, da entweder keine Landwirtschaft mehr betrieben werden kann oder sie ihre Häuser in der Flut verlieren. Es sind vor allem die ärmsten Menschen, die in den Küstenregionen wohnen, kein Geld für feste Häuser haben oder die von der Landwirtschaft leben und deren Existenz damit zerstört wird. In Bangladesch leben insgesamt über 160 Millionen Menschen, die bis zum Ende des Jahrhunderts wahrscheinlich alle ihre Heimat verloren haben werden. Einige Prognosen gehen sogar davon aus, dass bis 2030 das Land fast komplett verschwunden sein wird. Zurzeit werden erste Schutzmaßnahmen in Form von Deichen vorgenommen, aber wer sich eine Karte des Landes anschaut, wird schnell zu der Schlussfolgerung kommen, dass diese Prävention eher wenig ausrichten kann.

2. Ein anderes Problem findet sich beispielhaft in Ägypten und betrifft ebenfalls Wasser als Komponente. Der Nil ist schon seit Jahrtausenden von Interesse für die Menschen und war immer Bestandteil der Landwirtschaft in Ägypten und den anderen Staaten, die der Nil durchfließt. Vor allem dient er der Bewässerung. Dafür muss der Fluss durch die anhaltende Bodenzerstörung nun immer stärker ausgebeutet werden. Dafür wurden nun viele Kanäle gebaut, mit denen das Wasser zur Bewässerung von monokulturellen Plantagen durch das Land geleitet wird. Ähnliches geschah schon einmal am Aralsee, der bis heute fast 90% seiner Fläche verlor. Um ein ähnliches Schicksal mit dem Nil zu verhindern, baute man daraufhin Staudämme. Allerdings werden für die Dämme wiederum immer mehr Flächen überschwemmt und dort lebende Menschen werden zwangsumgesiedelt oder müssen fliehen.

3. Für das letzte Beispiel bleiben wir in Afrika: Im Kongo wird seit der Kolonialisierung durch Belgien die Bevölkerung und der Regenwald ausgebeutet, insbesondere für seine Bodenschätze, wie Kupfer, Gold, Coltan und Kobalt. Zwar sind die Belgier seit fast 60 Jahren nicht mehr die Kolonialherren, allerdings blieb der Bedarf an Rohstoffen in den imperialistischen Ländern und somit übernahmen nur die großen Monopolkonzerne das Ruder. Die direkte Herrschaft der Kolonialtruppen wurde wie in den meisten ehemaligen Kolonien nur in die indirekte Herrschaft der Handelsverträge, Kredite und Staatsschulden umgewandelt. Besonders Coltan und Kobalt sind heutzutage in der High-Tech Produktion sehr relevant, z.B. für Akkus. Da die Monopolkonzerne möglichst hohe Profite erzielen müssen, sparen sie wo es nur geht. Die Rohstoffe werden deshalb nicht von großen Baggern ausgebuddelt, sondern von meist sehr jungen Arbeiter_innen in engen Minen, die dafür Hungerlöhne bekommen und keinerlei Arbeitsschutz erhalten. Wieder an der Oberfläche angekommen wird das Erz mit hochgiftigem Quecksilber gewaschen und anschließend im nächsten Fluss entsorgt. Die ganzen Schadstoffe gelangen so in das Grundwasser. Damit werden nicht nur Pflanzen und Tiere verseucht, sondern auch die Menschen, die sowohl ihr Trinkwasser aus den Flüssen oder Brunnen beziehen oder deren Nahrungsmittel in den Regionen angebaut wurden. Letztendlich gelangen die Schadstoffe auch in die Meere und Ozeane, in denen die Flüsse münden. Der Kongo ist da nur eins von sehr vielen Beispielen. Auch in imperialistischen Kriegseinsätzen kommt es zur massiven Umweltzerstörung wie beispielsweise im Vietnamkrieg oder durch den Einsatz von uranbeschichteter Munition im Irak-Krieg seitens der USA.

Solange NGOs und Parteien also nicht klar sagen, wer hauptsächlich für Klimawandel und Umweltzerstörung verantwortlich ist, unterstützen sie dieses System der globalen Ausbeutung von Mensch und Natur. Das ist nicht nur ignorant und kurzsichtig sondern auch rassistisch! Wer hinnimmt, dass ein anderer Teil der Welt für die Profite der Monopolkonzerne ausgebeutet, abgeholzt, verseucht, überschwemmt oder in einer Wüste verwandelt wird und damit die Lebensgrundlage der dort lebenden Menschen zerstört wird, der oder die muss irgendwie davon ausgehen, dass das Leben der Menschen dort weniger wert ist. Wir nehmen das nicht an und fordern, dass vor allem diejenigen für den Klimawandel zahlen, die ihn auch verursacht haben! Warum sollen wir für den unnötigen Müll zahlen, den die Kapitalist_innen tagtäglich produzieren? Das Kapital ist leider nicht zu faul, zu dumm oder nicht weitsichtig genug, um klimaneutral zu produzieren, sodass wir sie nur darauf aufmerksam machen müssten. Vielmehr bewegt sich der Klimawandel komplett im Rahmen der Verwertungslogik des Kapitals. Der Kapitalismus lässt den Monopolkonzernen auch keine andere Alternative, denn ein System, was darauf ausgerichtet ist, immer nur mehr und mehr Profit zu generieren, kann nicht gleichzeitig an den Grenzen der Umweltbelastung stopp machen. Voll im Trend sind gerade Scheinlösungen, wie Bio-Treibstoff, Schadstoffzertifikate oder E-Autos. Doch das sind alles nur neue Absatzmärkte für profitorientierte Konzerne, die auf der Suche nach neuen Geldquellen sind. Noch dazu werden diese scheinbaren „Lösungen“ wieder auf dem Rücken der Halbkolonien ausgetragen, denn zB. für den Bio-Treibstoff für deutsche Autos wird in Brasilien Regenwald abgeholzt. Es gibt also keinen grünen Kapitalismus und „der Markt“ wird den Klimawandel nicht stoppen. Das müssen wir schon selber tun! Der Kampf gegen den Klimawandel ist deshalb untrennbar mit kollektiver Selbstorganisationen der Betroffenen und demokratischer Planung der Wirtschaft auf internationaler Ebene verbunden. Um die globale Ungerechtigkeit aufzuheben, müssen wir uns international organisieren und dafür kämpfen, dass die riesigen Agrarkonzerne enteignet und alle Schulden der ehemaligen Kolonien gestrichen werden. Die Monopolkonzerne sollen selber für ihre Schäden zahlen! Auch in FridaysforFuture müssen wir diese globalen Zusammenhänge aufzeigen und nicht den Phrasen der Grünen auf den Leim gehen. Gleichzeitig müssen wir für offene Grenzen eintreten, sodass alle Menschen, die vor Krieg, Armut oder Naturkatastrophen fliehen müssen, auch sicher nach Europa kommen können. Die riesigen Energiemonopole müssen enteignet und unter die Kontrolle der Beschäftigten gestellt werden, nur so können wir komplett aus fossilen Energien aussteigen. Statt E-Autos brauchen wir außerdem den flächendeckenden Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes, welches für alle kostenlos zugänglich sein muss.




Planwirtschaft vs. Ökokommune

 von Marcel Möbius & Felix Ruga

Das globale System des Kapitalismus muss trotz einer begrenzten Erde ständig für Wirtschaftswachstum sorgen. Dessen Ursache liegt in der allgemeinen Konkurrenz, in der jedes Unternehmen sowie auch jede Volkswirtschaft wachsen muss, um im Rennen um die Märkte und Profite einen Vorteil zu erhaschen oder zumindest nicht hinten runterzufallen. Dabei dient die Natur in Verbindung mit menschlicher Arbeit als eine Quelle des ausbeuterischen Wachstums. Die daraus folgende Zerstörung der Umwelt und Verknappung der Ressourcen stellt uns heute vor eine entscheidende Frage: Wie können wir mit der Erde in Einklang leben?

Die ökologische Kommune und ihre Probleme

Innerhalb der ökologischen Bewegung, wie Beispielsweise Fridays For Future werden dabei Konzepte diskutiert, die darauf setzen, eine eigene, nachhaltige Produktion aufzubauen. Die Organisation ist höchst unterschiedlich und reicht von lockeren Konzepten solidarischer Ökonomie (Umsonstläden, Demeter-Landwirtschaft,…) bis zur Gründung einer gemeinsamen ökologischen Kommune. Das sind kleine Lebensgemeinschaften, in denen versucht wird, möglichst unabhängig vom Kapitalismus gemeinsam nachhaltig Lebensmittel und andere Gebrauchsgüter zu produzieren und zu konsumieren. Auch wird dort versucht, die Hausarbeit im kleinen Rahmen unter allen Mitgliedern der Kommune aufzuteilen.Die Ökokommune hat eine lobenswerte Absicht, aber auch sehr enge Grenzen. Deswegen wollen wir hier Kritik daran üben:

– Die Ökokommune stellt einen Rückzug in die ländliche Abgeschiedenheit dar.  Im Endeffekt hat die Kommune einen individualistischen Ansatz und keinen revolutionären, global verändernden. Sie stellt eine Zuflucht aus der kapitalistischen Produktionsweise für Einzelne dar. Dies ist vergleichbar mit alternativen Wohnprojekten im Kiez. In beiden Fällen versuchen sich Menschen im individuellen Rahmen an der Suche nach alternativen Formen des Zusammenlebens. Allerdings bricht das weder den global herrschenden Kapitalismus, noch bietet es die Lösung für die großen Fragen, vor denen die Menschheit in der modernen Zeit steht. Hierzu gehört die Versorgung der gesamten Menschheit mit Nahrungsmitteln, die Lösung der ökologischen Katastrophen und auch die Schaffung von Wohnraum für alle Menschen. So wird dann schließlich auch die Ökokommune doch noch von den Folgen des Klimawandels eingeholt. Ähnlich wie die städtischen Kiezprojekte sind die Ökokommunen Ausdruck einer privilegierten Gesellschaftsstellung. Für arme Bauern und Bäuer_Innen in den Halbkolonien, die nicht mal ihr eigenes Land besitzen, vom Großgrundbesitz abhängen und permanent am Rande der Existenz stehen, ist die Ökokommune nicht zu verwirklichen. Wenn in Ostafrika eine Dürre einbricht, verlieren arme Landwirt_Innen oft zu Tausenden ihre Lebensgrundlage, während Mitglieder hießiger Ökokommunen bei Ernteverlust einfach in den Markt gehen und Lebensmittel kaufen könnten.

– Die Ökokommune ist nur auf reaktionäre Art verallgemeinerbar. Eine Versorgung der gesamten Menschheit ist ohne Industrie und technisierte Landwirtschaft nicht möglich. Auch die Ökokommune ist auf die Erzeugnisse der Industrie angewiesen, will sie nicht das Rad der Zeit zurückdrehen. Ohne Rohstoffe wie Eisen, ohne die öffentlichen Verkehrsmittel, ohne medizinische Versorgung, ohne die Straßen, Maschinen und digitale Netze würde man zugegebenermaßen auf einen kleinen ökologischen Fußabdruck kommen, aber man würde auch früher oder später ein Leben wie in der Steinzeit führen, was harte Arbeit und permanenter Mangel bedeutet. Man würde nicht mit der Natur in Einklang leben, sondern man wäre wieder ihr Knecht wie in der Zeit vor jeder Zivilisation.

– Es ist zudem fragwürdig, ob Ökokommunen den kleinst möglichen ökologischen Fußabdruck haben. Das Produktionskonzept in Ökokommunen kann teilweise mit dem Manufakturwesen verglichen werden, was im Vergleich zur Industrieproduktion extrem ineffizient ist, da die Arbeitsteilung und die Verwertbarkeit großer Maschinen in kleinen Betrieben deutlich schlechter funktioniert. Das wirkt sich auch auf den ökologischen Fußabdruck negativ aus. Im Grunde geht es für die Menschheit auch gar nicht um einen kleinst möglichen Fußabdruck, sondern um ein ausgeglichenes Mensch-Natur-Verhältnis. Das kann nur eine demokratische Planwirtschaft bewerkstelligen, was wir kurz skizzieren wollen.

Demokratische und weltweite Planwirtschaft

In der demokratischen Planwirtschaft wird die Wirtschaft so geplant, dass die Bedürfnisse der gesamten Menschheit im Einklang mit der Natur befriedigt werden. Das ist gerade erst durch die demokratische Planung möglich, denn nur eine Planwirtschaft kann überhaupt die vorhandenen Bedürfnisse und vorhandenen Ressourcen erfassen und sinnvoll verteilen. Nebenbei meinen wir damit auch nicht die bürokratische Variante der Planwirtschaft der UdSSR, bei der ein paar Apparatischiks in miefigen Büros über die Arbeiter_Innenklasse bestimmte, sondern wir meinen, dass die Arbeiter_Innen selbst demokratische Ausschüsse zur Planung der Produktion bestimmen. Was könnte man dabei dann konkret umsetzen?

Im modernen Kapitalismus wird die sogenannte geplante Obsoleszenz angewandt, also dass Produkte ein künstlich eingebautes Ablaufdatum haben, an dem sie kaputt gehen und der Verbraucher dann sein Geld wieder für ein neues Produkt ausgibt und somit neue Umsätze generiert werden können. Da es in der Planwirtschaft jedoch um Bedürfnisse und nicht Profite geht, macht das dort keinen Sinn. Man kann dann qualitativ hochwertig produzieren und dies mit einer maximal möglichen Nutzungsdauer. Dies würde extrem viel Ressourcen und Energie sparen. Dazu kommt noch eine Effektivierung der Transportwege und Rationalisierung zur notwendigen Produktion. Dadurch würden nicht nur Ressourcen, sondern auch die Zeit der Menschen gespart, wenn nur noch die Arbeit ausgeführt wird, die für die Bedürfnisbefriedigung der Menschheit notwendig sind. Somit wäre z.B. die Werbebranche und ein Gros der Bürokratie unnötig. Dazu kommt, dass durch die Übersicht in den Bedürfnissen und der Zusammenarbeit innerhalb der Produktion man dafür sorgen könnte, dass möglichst wenig weggeschmissen wird. Unnötiges Verpackungsmaterial und Werbung müsste nicht mehr produziert werden. So könnte man sehr viel Plastik sparen. Und zu guter Letzt könnte all den Menschen eine neue Perspektive geboten werden, die dazu gezwungen sind, die Umwelt und ihre eigene Gesundheit und Zukunft zu missachten, weil sie Berufe als Sojabäuer_In im Regenwald, Arbeiter_In in Braunkohlegruben oder Pilot_In bei Ryanair ausüben.

Diese Perspektive ist für uns nichts, was irgendwann in der Zukunft stattfindet. Schon heute fordern und kämpfen wir für einen Ausstieg aus der Braunkohleverstromung, der demokratisch von der Arbeiter_Innenklasse und vor allem den Arbeiter_Innen des Energiesektors gestaltet wird. Auch die sogenannte Verkehrswende geht für uns nur durch Enteignung der Automobil- und Transportindustrie unter Arbeiter_Innenkontrolle. So schlagen wir die Brücke zu einer sozialistischen Gesellschaft, die die Umweltfrage global löst – und das nicht auf dem Kleinacker einer Kommune versucht.




Landgrabbing in Lateinamerika – Raub der Lebensgrundlage

In Entwicklungs- und Schwellenländern – wir sagen dazu Halbkolonien, da sie ökonomisch meist von einem imperialistischen Land beherrscht werden – findet sehr starke Ausbeutung und Unterdrückung an der dortigen Bevölkerung statt. Häufig ist es sehr schwer einen Arbeitsplatz zu finden, oder von diesem zu überleben. Viele Menschen sind daher auf die Landwirtschaft angewiesen. Meist um sich selbst zu ernähren, seltener um noch einen geringen Teil ihrer Waren an andere zu verkaufen. Alles, was diese Menschen besitzen, ist ein Stück Land, doch auch diese existenzielle Lebensgrundlage wird ihnen vielerorts genommen. Meist passiert dies durch ausländische Investor_Innen oder gar ganze Staaten. Viele Kapitalist_Innen aus Industriestaaten besitzen in Halbkolonien riesige Landflächen die einzig und allein dafür genutzt werden, um Waren zu produzieren und diese zurück in die Industrieländer zu exportieren.

Natürlich geben die Bauern/Bäuerinnen die Fläche nicht freiwillig her. Manche bekommen tatsächlich auch Pacht bezahlt, allerdings meist in sehr kleinen Summen, wie z. B. drei Dollar pro Monat, von denen keinesfalls eine ganze Familie leben kann. Oft wird ihnen auch versprochen, dass ihr Dorf ein Krankenhaus oder eine Schule bekommt, im Gegenzug dafür, dass sie ihr Land hergeben. Doch dies bleiben meist nur Versprechungen und die Menschen haben nicht nur ihr Land verloren, sondern auch ihre Beschäftigung sowie die Lebensgrundlage ihrer Familien.

Manchmal kommt es jedoch noch schlimmer. An manchen Orten werden nicht einmal leere Versprechungen gemacht. Bauern und Bäuerinnen werden regelrecht von ihren Ländereien vertrieben, um Platz für internationale Investor_Innen zu machen. Kommt es hierbei zu Gegenwehr, wird kurzerhand die Ernte beschädigt oder man brennt die ganze Landfläche inklusive Wohnhaus nieder. Ist dies nicht genug, kann es auch zu körperlicher Gewalt bis hin zu Mord kommen, entscheiden sich die Bauern/Bäuerinnen nicht zur „Korporation“. All das fällt unter den Begriff „Landgrabbing“.

Soja – einer der vielen Gründe für arbeitslose Bauern/Bäuerinnen

Besonders gut lässt sich „Landgrabbing“ am Beispiel der Sojabohne erklären. Die Sojabohne ist zurzeit ein Lebensmittel, das weltweit nachgefragt wird. Für viele ist es nicht nur gesund, sondern der Lebensmittelersatz schlecht hin. Zusätzlich wird Soja in der Fleischindustrie zu Tausenden Tonnen als Tierfutter verwendet. Doch an ihrem Vertrieb verdienen viele große Kapitale: z. B. Monsato, hinsichtlich des internationalen Handels, Bayer, hinsichtlich der Pestizide und Dünger, sowie Volvo, hinsichtlich der Produktion der landwirtschaftlich erforderlichen Geräte. Nicht zu vergessen sind Investmentbanken wie Goldman Sachs, die das „Landgrabbing“ finanzieren oder durch Spekulationen auf Lebensmittel ihren Beitrag zur miserablen Lage leisten.

Alleine in der Savanne Cerrado in Brasilien lebten Mitte des 20. Jahrhunderts bis zu 50 indigene Völker, die heute der Produktion von Sojabohnen weichen mussten. Diese Savanne ist ungefähr 6-mal so groß wie Deutschland und besitzt das größte Ökosystem der Erde. Doch wenn so weiter gewirtschaftet wird wie bisher, wird 2030 von dieser Fläche nichts mehr übrig bleiben.
2007 haben in Brasilien durch Landraub 2,9 Millionen Menschen ihr Zuhause und ihre Existenz verloren, in Argentinien und Paraguay betraf es 150.000 bis 300.000 Familien. Diese blieben logischerweise nicht auf dem Land, sondern gingen in Hoffnung auf Arbeit in die Städte, um dort enttäuscht zu werden und in Armenvierteln zu leben.
Der deutsche Staat ist direkt involviert in diesen Landraub für Sojaproduktion, denn der Agrarfond der Deutschen Bank ist am argentinischen Konzern Cresud beteiligt, welcher viel Land in Südamerika zur Sojaproduktion besitzt.

Nicht alle geben auf – der Kampf um die Ackerfläche

Doch nicht alle Menschen in Südamerika lassen sich ihres rechtmäßigen Landes berauben. Sie geben nicht auf und wehren sich gegen diese meist illegale Enteignung ihrer Wirtschaftsflächen. Es gibt einige Initiativen wie zum Beispiel die brasilianische Landlosenbewegung MST, eine Massenorganisation, welche radikal für selbstbestimmte Wiederaneignung kämpft und unter anderem Felder besetzt und Großkundgebungen durchführt. Ihre Anfänge sind in der späten Industrialisierung Brasiliens 1970 zu finden. Damals kämpfte man dafür, dass die Felder keinen Fabriken weichen mussten. Die MST hatte vor allem Anfang des 21. Jahrhunderts mit starken und gewaltsamen Repressionen seitens des Militärs und der Polizei zu kämpfen. Sie werden mittlerweile jedoch von der Regierung anerkannt. An der Durchsetzung ihrer Forderungen zur Rückgabe des Landes an sie hat das nicht viel geändert. Höchstens ein Drittel wurde zurückgegeben.

Doch nicht nur gewaltsame Niederschlagungen von Protesten sind in Südamerika gang und gäbe, viele der Aktivist_Innen werden wie zum Beispiel in Kolumbien auch einfach in überfüllte Gefängnisse gesperrt und warten dann unter unmenschlichen Zuständen auf ihre Entlassung. Mit bis zu 70 Menschen müssen sie sich die wenigen Quadratmeter für Monate teilen. Viele der Insassen werden nicht nur körperlich, sondern auch geistig krank. Einige leiden an Schizophrenie und Depressionen. Medizinische wie auch psychologische Hilfe wird ihnen nicht bereitgestellt.

Jeglicher Kampf gegen Landraub ist unserer Meinung nach legitim und unterstützenswert. Jedoch muss diesem Kampf auch eine Perspektive gegeben werden, welche nur im Bündnis mit der Arbeiter_innenklasse zu finden ist. Auch in halbkolonialen Ländern ist die Arbeiter_innenklasse durch ihre gesellschaftliche Stellung in der Lage die demokratischen wie auch sozialen Probleme der jeweiligen Länder zu lösen. Die Erfahrung der MST in Brasilien zeigt jedoch, dass ein solches Bündnis zwischen Bauern/Bäuerinnen und der Arbeiter_innenklasse auf revolutionäre Füße gestellt werden muss. Hat die Zusammenarbeit der MST mit der reformistischen Regierungspartei Partido dos Trabalhadores (PT), nicht zur Durchsetzung ihrer Ziele geführt. Eine solche Zusammenarbeit muss ein revolutionäres Programm zum Inhalt haben und nur in Verbindung mit der Theorie der „Permanenten Revolution“ erfolgreich sein. Eine Theorie, welche die demokratischen Fragen und Probleme der Halbkolonien mit den sozialen Fragen und Probleme des Kapitalismus national wie auch international verknüpft und Antworten dafür bereithält.

VON LEONIE SCHMIDT

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