Solidarität mit dem Neupack-Streik!
Seit dem 1. November 2012 streiken die Beschäftigten beim Verpackungshersteller Neupack in Hamburg-Stellingen und Rotenburg (Wümme). Damit ist das einer der längsten Arbeitskämpfe in der Geschichte der BRD und auch ein bemerkenswerter, der unsere Solidarität verdient und braucht.
Was wollen die Streikenden?
Die Forderung der Beschäftigten ist einfach. Sie wollen einen Haustarifvertrag, der die Löhne der ArbeiterInnen und Angestellten einheitlich regelt, also das, was für die meisten Lohnabhängigen heute noch selbstverständlich ist. Bei Neupack war und ist das anders. Das Unternehmen ist ein Familienbetrieb, in dem der Eigentümer, die Familie Krüger, seit Jahrzehnten die Beschäftigten nach Gutsherrenart behandelt. Die Belegschaft war nie gewerkschaftlich organisiert, es gibt keinen Tarifvertrag. Einige wenige ArbeiterInnen (besonders Maschinenführer u.ä.) und Angestellte werden besser bezahlt. Die meisten allerdings erhalten nur Niedriglöhne. Viele haben seit über 10 Jahren keine Gehaltserhöhung bekommen und verdienen nur 8,50 Euro pro Stunde. Seit 2012 hat sich aus dem Betriebsrat heraus Widerstand entwickelt. Mehr und mehr Kolleg_innen begannen, sich gewerkschaftlich zu organisieren und einen Haustarifvertrag zu fordern. Schließlich kam es zum Streik.
Klassenkampf statt Sozialpartnerschaft
Die Eigentümer gingen mit allen Mitteln gegen die Beschäftigen vor: mit Klagen vor Gericht, Einschüchterung und Anheuern von Streikbrecher_innen. Dennoch haben die Beschäftigten bis jetzt durchgehalten. Aber ihre Lage ist sehr schwierig geworden. Immer wieder konnte die Produktion aufrecht erhalten werden. Das Problem wurde durch die verfehlte Streiktaktik der Gewerkschaft IG BCE, in der die Kämpfenden organisiert sind, verschärft. Die IG BCE-Führung hatte von Beginn an auf einen „Ausgleich“ mit den Krügers gesetzt und dementsprechend den Streik mit angezogener Handbremse organisiert. Die Beschäftigten wurden über Verhandlungen und Taktik erst spät in Kenntnis gesetzt. Als Anfang 2013 klar wurde, dass der Streik entweder zu einem unbefristeten Besetzungsstreik gemacht werden müsste, oder nur schwer weiter aufrecht zu erhalten war, entschied sich die IG BCE für den „Flexistreik“. Seither wird nicht mehr dauerhaft gestreikt, sondern an einzelnen Tagen werden die Kolleg_innen „rausgeholt“. Diese Taktik hat kaum Auswirkungen auf die Produktion – die Lager sind voll. Aber sie hat eine frustrierende Wirkung auf viele Streikende, die nach Monaten ohnedies ausgepowert sind.
Der Kampf steht daher an einem Wendepunkt. Um ihm neuen Elan zu verleihen, wären zwei Dinge nötig: Einerseits muss eine offene Diskussion über den Stand der Auseinandersetzung geführt werden, wo die KollegInnen über das weitere Vorgehen entscheiden – nicht die Bürokrat_innen der IG BCE. Andererseits ist auch klar, dass der Kampf auf betrieblicher Ebene allein kaum zu gewinnen ist. Es braucht unbedingt die Solidarität der gesamten Gewerkschaftsbewegung, welche Streikposten unterstützt, massenhaft UnterstützerInnen mobilisierten müsste, um z.B. die Lieferung von Rohstoffen oder den Abtransport von Waren zu blockieren, sowie Solidaritätsaktionen organisiert. In Berlin und Hamburg gibt es Solidaritätskomitees, die den Streik bekanntmachen und unterstützen. Doch das reicht nicht. Wir müssen auch für eine andere Politik in den DGB-Gewerkschaften eintreten – aus der verbal bekundeten Solidarität muss eine praktische werden. Dann können die Streikenden Schluss machen mit der Gutsherrenart der Krügers.
Ein Gastartikel von Martin Suchanek, Arbeitermacht