Wie können wir Antisemitismus beenden?

Von Felix Ruga, November 2023

Heute ist der 9.11. und damit der Tag, an dem man sich an die mörderischen antisemitischen Pogrome in Deutschland vor 85 Jahre erinnert. Die Hoffnung, dass die Gesellschaft aus der Shoah gelernt hat und der Antisemitismus überwunden ist, hat sich mitnichten erfüllt: Davidsterne an Hauswänden jüdischer Bewohner_Innen, Brandanschläge auf Synagogen, der antisemitische Angriff in Dagestan, rechtsextreme Angriffe auf KZ-Gedenkstätten, ein weltweiter Aufstieg der extremen bis faschistischen Rechten, Rekordzahlen für die Freien Wähler nach dem Aiwanger-Skandal, blinde Flecken des Staates auf Nazi-Strukturen in und um ihn herum, die Schuldzuweisung und Attacken auf jüdische Menschen für die Taten Israels, das Silencen jüdischer Menschen, die gegen das Unrecht des Israelsischen Staates eintreten.

In diesem Artikel wollen wir runterbrechen, wie wir uns den Antisemitismus und die Möglichkeit dessen Überwindung erklären. Wegen der Komplexität wird das nicht vollständig möglich sein, aber wir können euch noch weitere Texte empfehlen.

Was ist Antisemitismus?

Antisemitismus ist zunächst erst einmal Rassismus gegen Jüd_Innen und trägt damit auch viele Eigenschaften, die auch sonstige Formen rassistischer Unterdrückung haben: Ausschluss aus der Mehrheitsgesellschaft als „die Anderen“, konstruierte Vorurteile, systemische Unterdrückung durch Entrechtung, Unsichtbarmachung oder Mystifizierung der Geschichte und kultureller Eigenheiten, um nur einige Aspekte zu nennen. Aber gleichzeitig ist der Antisemitismus auch eine besondere Form des Rassismus. Während beispielsweise der Rassismus meist von einer Art kulturellen Überlegenheit der „weißen Herrenrasse“ ausgeht, um Überausbeutung und Versklavung zu rechtfertigen, wird im Antisemitismus von einer Bedrohung der „weißen Herrenrasse“ durch angebliche „Weltherrschaftspläne der Juden“ ausgegangen. Anti-jüdische Pogrome, Massenmord und Verschwörungstheorien waren und sind die schrecklichen Konsequenzen dieser Ideologie. Die Geschichte des Antisemitismus ist mit der von Vertreibung und Unterdrückung geprägten, vielfältigen jüdischen Geschichte verbunden, auf die an dieser Stelle jedoch nicht tiefer eingegangen werden kann.

Rolle im Kapitalismus

Es gab auch schon lange vor der Entstehung des Kapitalismus antijüdischen Hass, aber wir wollen uns hier besonders auf die Funktion des Antisemitismus im Kapitalismus beziehen. Er versucht nämlich, der abstrakten Gewalt des Kapitalismus ein konkretes und angreifbares Ziel zu geben. Denn das Besondere am Kapitalismus ist, dass sich seine Logik durch eine stumme Rationalität durchsetzt. Konkurrenz und Krisen existieren ohne den Willen von irgendwem. Die herrschende Klasse lenkt die Gesellschaft zwar, muss sich aber selbst an die Gesetze der Warenproduktion halten und kann sich im Zweifelsfall auch auf diese „Alternativlosigkeiten“ zurückziehen. Alle anderen spüren diese Gewalt an der eigenen Haut und es ist nur schwer auszuhalten, wenn man den eigenen Frust nicht wirklich adressieren kann, weil man entweder den Kapitalismus als unveränderlich akzeptiert, Klassenkampf verunmöglicht wird oder weil man selbst vom eigenen, wenn auch meist kleinen, Kapital lebt.

Deswegen ist der Drang nach einer antisemitischen Auflösung dieser Frustration, vor allem innerhalb des Kleinbürgertums, in Krisenzeiten und nach großen Niederlagen der Arbeiter_Innenbewegung besonders groß. Der Antisemitismus gibt der kapitalistischen Gewalt ein Gesicht, indem das mittelalterliche Zerrbild des „wuchernden Juden“ mit allem identifiziert wird, was man für „schlecht“ am Kapitalismus erklärt. Dabei wird jedoch der Kapitalismus nicht als Ganzes kritisiert, denn man muss nur den „guten, deutschen“ Kapitalismus vom „Schlechten“ befreien. Damit wird ein Aufstand auf ein Ersatzobjekt gerichtet. In der Shoah hat sich gezeigt, dass die Gesellschaft von einem Volk zu „befreien“, im Endeffekt bedeutet, dieses auszulöschen.

Es gibt Ideologien, die nicht konkret Jüd_Innen angreifen, aber ebenfalls imaginieren, dass eine kleine Gruppe die eigentlich gesunde kapitalistische Gesellschaft verdirbt. Diesen Mechanismus findet man in Verschwörungsideologien wieder. Das muss nicht automatisch Antisemitismus sein, ist aber dennoch gefährlich und hat fast immer eine offene Flanke dazu.

Und was ist mit Israel?

Reden wir also nun über den Elefanten im Raum. Denn schaut man sich die „Debatte“ in Deutschland an, scheint der israelbezogene Antisemitismus zu dominieren. Der häufigste Vorwurf ist wohl, dass Palästinenser_Innen und Antiimps mit ihrer Kritik am Staate Israel getarnt ihrem Antisemitismus Luft verschaffen würden, weil das weniger sozial geächtet ist. Diese „Kritik“ ist bloße Unterstellung und wird in der Regel komplett entkoppelt von den tatsächlichen Verhältnissen im Nahen Osten, von der Siedlungspolitik Israels und der Unterdrückung der Palästinenser_Innen. Solcherlei Vorwürfe weisen wir entschieden zurück.

Israelbezogener Antisemitismus existiert jedoch sehr wohl. Zum Beispiel dann, wenn die Brutalität Israels als etwas „jüdisches“ oder Israel als Zentrum einer Weltverschwörung dargestellt wird, aber auch dann, wenn „die Jüd_Innen“ mit Israel identifiziert werden, zum Beispiel indem sich Jüd_Innen für israelische Politik rechtfertigen sollen oder, in den schlimmsten Fällen, angegriffen oder ermordet werden.

Aber auch wenn der imperialistische deutsche Staat denkt, er könne sich von der historischen Schuld gegenüber den Jüd_Innen befreien, indem er kritikloser Verfechter Israels ist, trägt das etwas Antisemitisches in sich, denn das setzt den Zionismus mit den Jüd_Innen gleich und macht all jene von ihnen unsichtbar, die sich nicht mit der zionistischen Ideologie identifizieren können. Werden dann auch noch linke Jüd_Innen für ihre Positionen als antisemitisch kriminalisiert, kann es wirklich absurd werden.

Wie wollen wir dagegen kämpfen?

Das offensichtlichste zuerst: Wir dürfen nicht auf den rassistischen Versuch reinfallen, den Antisemitismus als „importiert“ darzustellen. Antisemitische Position werden zwar in manchen islamistisch geprägten Ländern offen verbreitet, aber auch in Deutschland hat es eine tiefgreifende und kollektive Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus nie gegeben, denn das würde eine Kritik des Kapitalismus, des Mitläufertums, der Schuldabwehr und so weiter voraussetzen.

Viele Beispiele und Statistiken zeigen: Der Antisemitismus blieb immer integraler Bestandteil der deutschen Gesellschaft und kommt meist von rechts. Antisemitismus ist aber nicht ausschließlich ein Problem des „falschen Weltbildes“, sondern ein Produkt von sozialen Strukturen und damit heute der kapitalistischen Produktionsweise. Radikal gegen Antisemitismus zu sein, bedeutet auch radikal antikapitalistisch zu sein, denn radikal heißt, das Problem an der Wurzel anzupacken. Antisemitismus zu bekämpfen, bedeutet auch, dem Nationalismus seine Grundlage zu entziehen und das deutsche Kapital als unseren größten Feind zu betrachten. Dafür brauchen wir ein antikapitalistisches Programm, das uns Jugendlichen einen Weg aufzeigt, wie wir unseren Kampf gegen Rassismus, Rechtsruck und Nationalismus zu einem Kampf für eine befreite Gesellschaft ausweiten können. Um die kapitalistische Produktionsweise durch eine neue ersetzen zu können, gilt es dabei, die Arbeiter_Innenklasse für unsere Ziele zu gewinnen. Antisemitischen Vorurteilen müssen wir dabei auf schärfste kritisieren und bekämpfen.

Wenn wir uns nicht gegen Antisemitismus organisieren, werden wir den Kapitalismus nicht abschaffen können und andersherum wird Antisemitismus immer weiter existieren, solange ihn die kapitalistische Produktionsweise anfeuert. Im Rahmen dessen müssen wir im Hier und Jetzt Forderungen aufstellen, die Antisemitismus entgegenwirken und die Widersprüche mit dem Kapitalismus zuspitzen. Dazu gehört die Verteidigung des Rechts auf die freie Ausübung von Religion und Kultur. Ebenso müssen wir das Recht auf Schutz gegenüber Angriffen auf jüdische Einrichtungen und Menschen einfordern und antirassistische Selbstverteidigungsstrukturen organisieren. Auch kann kein kapitalistischer Nationalstaat vollständigen Schutz gegenüber Antisemitismus gewähren. In Israel müssen wir deshalb für die Beendigung der Besatzung und eine sozialistische Lösung des israelisch-palästinensischen Konfliktes eintreten, damit die dort ansässige Bevölkerung Ruhe und Frieden finden kann. Lasst uns den rechten Pseudokämpfen gegen Antisemitismus eine revolutionäre antikapitalistische Perspektive auf der Grundlage einer marxistischen Analyse entgegensetzen, damit sich die Shoah niemals wiederholt!




Solidarität mit der Jugend in Sheikh Jarrah! Solidarität mit dem palästinensischen Widerstand!

Zuerst veröffentlicht unter: https://arbeiterinnenmacht.de/2021/05/11/solidaritaet-mit-der-jugend-in-sheikh-jarrah-solidaritaet-mit-dem-palaestinensischen-widerstand/

Dilara Lorin, Martin Suchanek, Infomail 1149, 11. April 2021

Seit Montag, den 10. Mai, bombardiert die israelische Luftwaffe
Gaza. Mindestens 24 Menschen, darunter 9 Kinder, wurden nach Angaben
des palästinensischen Gesundheitsministeriums bis zum Morgen des 11.
Mai getötet, 109 wurden verletzt. Insgesamt flogen die israelischen
Streitkräfte 150 Angriffe.

Die Regierung Netanjahu und die Armeeführung präsentieren und
rechtfertigen die Bombardierungen einmal mehr als Akt der
Selbstverteidigung – und in ihrem Gefolge auch die westlichen
imperialistischen Schutzmächte und Verbündeten Israels. Die Aktion
wird als Reaktion auf den Abschuss von über 100 Raketen aus Gaza
dargestellt, als Vergeltung auf eine vorhergehende Aktion der Hamas
und des palästinensischen Widerstandes, die als „Terrorist_Innen“,
„Islamist_Innen“ oder blutrünstige „Antisemit_Innen“
diffamiert werden.

Kurzum, der ideologischen Rechtfertigung der zionistischen
Regierung wie ihrer westlichen Unterstützer_Innen gelten die
Palästinenser_Innen als Aggressor_Innen. Die Vergeltungsschläge
sollen bloß „verhältnismäßig“ bleiben und, so das
stillschweigende Kalkül, nach einigen Tagen verebben.

Verschwiegen wird, worum es im „Konflikt“ eigentlich geht,
worin seine Ursachen eigentlich bestehen. Dabei verdeutlicht der
Kampf gegen die Räumung palästinensischer Wohnungen und Häuser im
Ostjerusalemer Stadtteil Sheikh Jarrah exemplarisch, worum es sich
dreht: um die fortgesetzte, systematische Vertreibung und nationale
Unterdrückung der palästinensischen Bevölkerung. Ostjerusalem soll
die nächste Etappe der Vertreibung und Annexion durch den
zionistischen Staat darstellen – eine fortdauernde, die mit der
Gründung Israels und dessen Expansion untrennbar verbunden ist.

Sheikh Jarrah

Auch wenn mittlerweile die internationalen Medien voll sind mit
Berichten über Sheikh Jarrah, die Zusammenstöße von Polizei,
zionistischen, rechten Siedler_Innen und palästinensischen
Jugendlichen, so dienen diese wohl eher dem Einschwören auf die
israelische und westliche politische Linie denn der Information.

Es wird nicht erwähnt, dass der zionistische Staat seit seiner
Gründung unablässig fortfährt, Palästinenser_Innen aus ihren
Wohnungen und Häusern zu vertreiben und dadurch in die Flucht zu
zwingen. Es werden die ultraorthodoxen und rechten Gruppierungen
nicht erwähnt, die friedlich Fasten brechende oder protestierende
Palästinenser_Innen angreifen, sie aus ihren Häusern werfen und
tatkräftig von den staatstragenden Parteien hofiert und unterstützt
werden. Es wird beim Lob für Israels  Impfkampagne nicht
erwähnt, dass in den vom Staat besetzten israelischen Gebieten die
Bevölkerung nicht nur keinen Zugang zum Impfstoff erlangt, sondern
auch das gesamte Gesundheitssystem permanent vor dem Zusammenbruch
steht. Palästinenser_Innen sind faktisch Menschen zweiter Klasse.
Ihnen werden gleiche bürgerliche Rechte vorenthalten, Westbank und
Gaza werden immer mehr von der Außenwelt abgeschottet.

Die rechte Regierung Netanjahu setzt seit Jahren auf einen
aggressiveren Kurs der Vertreibung und der Annexion von Land in der
Westbank infolge des Siedlungsbaus. Unter der Administration Trump
und deren „The Deal of the Century“ wurde Jerusalem offiziell als
Hauptstadt Israels anerkannt, eine Einladung an die zionistische
Regierung, an Behörden und Gerichte sowie an rechte Siedler_Innen,
die Annexion Ostjerusalems voranzutreiben.

Was hat all dies mit Sheikh Jarrah zu tun?

Sheikh Jarrah ist ein Viertel in Ostjerusalem, welches auch nach 
1948, der Gründung des israelischen Staates, mehrheitlich von
Palästinenser_Innen bewohnt war, während im Westen mehrheitlich
israelische Staatsbürger_Innen wohnen und Palästinenser_Innen
diesen Teil der Stadt nicht einfach so betreten dürfen. Diese
Aufteilung und das Verbot für die palästinensische Bevölkerung
sind Teil einer bewussten Politik, die immer mehr versucht, den
Wohnraum und die Existenz von Palästinenser_Innen einzuschränken.
Zwischen 2004 bis 2016 wurden 685 palästinensische Häuser in
Jerusalem zerstört. 2513 Menschen wurden obdachlos.

Heute leben mehr als 700.000 israelische Siedler_Innen in
illegalen Siedlungen in Palästina und Ostjerusalem. Aber damit
leider nicht genug, denn die Situation um Sheikh Jarrah hat 
kein Alleinstellungsmerkmal. Diese Zwangsräumungen der dort seit
Jahrhunderten ansässigen Palästinenser_Innen hat israelische
Tradition und ist tragische Geschichte von mehr als 538 Städten und
Dörfern. Den Bewohner_Innen dieses Stadtteils droht Vertreibung und
die damit einhergehende Flucht – entweder auf „legalem“ Weg,
indem israelische Gerichte Ansprüche von Siedler_Innen auf Häuser
legitimieren, die seit Jahrzehnten von Palästinenser_Innen bewohnt
wurden, oder auf „illegalem“, indem der Bau von Häusern und
Wohnungen durch Siedler_Innen nachträglich anerkannt wird. Die
Besatzungsbehörden planen außerdem den Bau von 200
Siedlungseinheiten auf dem Land und in den Häusern der Bevölkerung
von Sheikh Jarrah. Diese Vertreibung ist seit mehr als 40 Jahren ein
Teil des israelischen Siedlungsplans, um auf diesen Flächen
Siedlungen zu errichten, so wie es im Westjordanland tagtäglich
geschieht.

Al-Aqsa, Jerusalem und der Widerstand

Gegen die Räumung palästinensischer Häuser und Wohnungen wehren
sich seit Tagen vor allem Jugendliche in Ostjerusalem. Dagegen ging
die Polizei mit äußerster Brutalität, mit Blendgranaten und
Wasserwerfern vor. Hunderte wurden zum Teil schwer verletzt, um
Unrecht und die Ordnung der Herrschenden aufrechtzuerhalten.

Anlässlich des „Jerusalem-Tages“, an dem in Israel die
Annexion Ostjerusalems im Zuge des 6-Tage-Krieges von 1967 gefeiert
wird, eskalierten rechte Siedler_Innen am 10. Mai bewusst die Lage,
indem sie trotz der Spannungen ihren jährlichen reaktionären
Fahnenmarsch durchführten. Diesmal wurde aus der gezielten
Provokation faktisch ein Angriff auf die Al-Aqsa-Moschee. Diese
befindet sich auf der Westseite Jerusalems in der Altstadt und bildet
für die Muslime/a eines der 3 wichtigsten Heiligtümer. Tage zuvor
schon hingen Plakate an den Wänden der Stadt, welche diese Angriffe
seitens rechter Siedler_Innen propagierten und dazu aufriefen, sich
daran zu beteiligen.

Während sich ein Teil der Palästinenser_Innen noch im
Fastenmonat Ramadan befindet, kämpfen diese und andere gegen die
Angriffe und Attacken. Es verbreiteten sich Bilder wo in der
Al-Aqsa-Moschee Jugendliche Steine sammeln, Barrikaden bauen, um dem
angekündigten Angriff entgegenzuwirken, und ein wütender Mob
Siedler_Innen an den Türen und Toren der Altstadt rüttelt. Die
Situation dauert schon seit mehreren Tagen an und es wurden mehr als
300 Palästinenser_Innen verletzt.

Der Angriff auf die Al-Aqsa-Moschee stellt dabei eine gezielte
Provokation nicht nur der Palästinenser_Innen, sondern aller
Muslime/a, ja aller Unterdrückten im Nahen Osten dar.

Dabei wurden bewusst und provokant religiöse Gefühle verletzt.
Im Kern geht es aber um keine Glaubensfrage, sondern darum, den
national und rassistisch Unterdrückten ihre Ohnmacht, ihre
Chancenlosigkeit vorzuführen.

Der Widerstand gegen die Räumungen bildet daher nur einen Aspekt
eines größeren Kampfes gegen ein System der Unterdrückung, der
Vertreibung, der fortgesetzten Kolonisierung und imperialistischen
Ausbeutung. An vorderster Front bei den Demonstrationen und Kämpfen
steht dabei oft die palästinensische Jugend.

Flächenbrand

Der Kampf um Sheikh Jarrah und um Al-Aqsa wirkt wie der berühmte Funken, der das Pulverfass zu entzünden droht. In zahlreichen Städten in der Westbank gingen Jugendliche, Arbeiter_Innen, Bauern/Bäuerinnen und die verarmten Massen auf die Straße. In Nazareth, Kafr Kana oder Schefar’am brachen in der Nacht vom Montag zum Dienstag lokale Aufstände aus. In Gaza marschieren Hunderte, wenn nicht Tausende, an die von der israelischen Armee hermetisch abgeriegelte und hochmilitarisierte Grenze.

Hamas und verschiedene Gruppen des palästinensischen Widerstandes
feuern Raketen auf Israel, wohl wissend um die blutige Antwort von
dessen Luftstreitkräften. Doch diese verzweifelten Aktionen in einem
asymmetrischen Krieg verdeutlichen auch die Entschlossenheit des
palästinensischen Volkes, dessen Würde und Existenz untrennbar mit
dem Widerstand gegen die Besatzung verbunden ist.

Dieser Widerstand gegen die Besatzung ist in all seinen Formen
legitim. Auch wenn die taktische und strategische Nützlichkeit von
Raketenangriffen auf Israel fraglich ist, so unterscheiden wir als
Revolutionär_Innen klar zwischen der Gewalt der Unterdrücker_Innen,
des israelischen Staates und seiner Armee, und der Unterdrückten und
solidarisieren uns mit dem Widerstand.

Eine neue Intifada liegt in der Luft. Die entscheidende politische
Frage ist jedoch, wie sich diese ausweiten, wie sie siegen kann. Die
zionistische Vertreibung und Expansion und die offene Unterstützung
durch Trump haben schon in den letzten Jahren die Palästinenser_Innen
in eine immer verzweifeltere Lage gebracht und auch die politische
Führungskrise in der Linken und Arbeiter_Innenklasse massiv
verschärft. Auch wenn die Palästinensische Autonomiebehörde und
die Hamas die Bewegung in Ostjerusalem unterstützen, so kollaboriert
erstere nach wie vor mit dem zionistischen Staat und jagt einer
Verhandlungslösung nach. Auch die Hamas verfügt über keine
Strategie zum Sieg und bietet eine reaktionäre, religiöse und keine
fortschrittliche, demokratische oder gar sozialistische Perspektive
im Interesse der Arbeiter_Innenklasse.

Die zentrale Frage besteht daher darin, wie die fortgesetzten
Bombardements Israels gestoppt und die lokalen Aufstände der Jugend
verbreitert werden können und in diesem Zug auch eine neue,
revolutionäre Kraft in Palästina aufgebaut werden kann. Dies ist
nicht so sehr eine organisatorische, sondern vor allem eine
programmatische Frage.

Um den Widerstand gegen die zionistische Aggression
voranzutreiben, braucht es eine neue Intifada, die die Form eines
Generalstreiks in den Werkstätten und auf den Feldern sowie der
Einstellung jeder Kooperation mit den Institutionen der
Besatzungsmacht annimmt. Die Möglichkeiten des rein ökonomischen
Drucks in Palästina sind aufgrund der Ersetzung palästinensischer
Arbeitskraft in vielen israelischen Unternehmen erschwert, wenn auch
nicht unmöglich.

Von entscheidender Bedeutung könnte und müsste die Solidarität
der Arbeiter_Innenklasse und Unterdrückten in den Ländern des Nahen
Ostens sein, indem sie Israel und seine militärische Maschinerie
durch Streiks und Weigerung, Waren zu transportieren oder
Finanztransaktionen durchzuführen, unter Druck setzt. Dies könnte
in Verbindung mit massenhaften Solidaritätsdemonstrationen auch die
reaktionären arabischen Regime in Ägypten und Saudi-Arabien oder
die vorgeblichen Freund_Innen der Palästinenser_Innen wie Erdogan
oder Chamenei entlarven und die Arbeiter_Innenklasse zur führenden
Kraft im Kampf gegen den Zionismus machen.

Dieser Druck kann auch die klassenübergreifende Einheit zwischen
Kapital und jüdischer Arbeiter_Innenklasse in Israel unterminieren
und damit die Perspektive eines gemeinsamen Kampfes von
palästinensischer Arbeiter_Innenklasse und Bauern-/Bäuer_Innenschaft
mit der jüdischen Arbeiter_Innenklasse gegen Zionismus und für
einen gemeinsamen, multinationalen Staat unter Anerkennung des
Rückkehrrechts aller Palästinenser_Innen eröffnen.

Schließlich müssen die Arbeiter_Innenklasse und die Linke in den
imperialistischen Ländern selbst in Solidarität mit dem
palästinensischen Volk auf die Straße gehen und mit Streik und
Boykott von Transporten den Druck auf Israel erhöhen, die
Luftangriffe auf Gaza und die Repression in Ostjerusalem
einzustellen. Solidaritätskundgebungen und die Unterstützung von
Demonstrationen zum Nakba-Tag wären dazu ein erster Schritt.

Die Bombardements seitens Israel, die Belagerung Gazas und die
Siedlungsbauten in der Westbank haben auch jede Hoffnung auf die
Zwei-Staaten-Lösung begraben. Angesichts der Vertreibung, der
Aggression und Unnachgiebigkeit der israelischen Regierungen erweist
sie sich nicht nur als reaktionär, sondern schlichtweg auch als
komplett illusorisch, als diplomatische Farce. Die einzig mögliche
demokratische Lösung besteht in der Zerschlagung des Systems der
Apartheid und der rassistischen Grundlage des zionistischen Staates,
im Recht auf Rückkehr für alle Palästinenser_Innen und in der
Errichtung eines binationalen Staates auf der Basis vollständiger
rechtlicher Gleichheit aller. Die imperialistischen Staaten wie die
USA, Deutschland, Britannien und die EU müssen dazu gezwungen
werden, die Kosten für diese Rückkehr und den Aufbau der nötigen
Infrastruktur und Wohnungen zu tragen. Damit diese ohne
nationalistische Gegensätze erfolgen kann, muss diese demokratische
Umwälzung mit einer sozialistischen, mit der Enteignung des
Großkapitals und Großgrundbesitzes verbunden werden.

  • Schluss mit der Besatzung! Keine Bomben auf Palästina!
  • Solidarität mit dem palästinensischen Widerstand!
  • Für einen binationalen Staat, in dem alle Staatsbürger_Innen
    gleiche Rechte haben unabhängig von ethnischer Herkunft und
    Religion!
  • Für ein sozialistisches Palästina als Teil Vereinigter
    Sozialistische Staaten des Nahen und Mittleren Ostens!



Antideutsche Hetze gegen Palästina-Soli in Kassel

IMG_7480

IMG_7480Stellungnahme von REVOLUTION und Gruppe Arbeitermacht Kassel zu den Ereignissen im Vorfeld und nach den Palästina-Soli-Demonstrationen im Juli 2014 und zu Drohungen gegen unsere AktivistInnen

Situation:
Am 15.07.14 fand in Kassel eine Demonstration in Solidarität mit der Bevölkerung Palästinas und
gegen Krieg und Zionismus statt. Von Anfang an machten die OrganisatorInnen über ihre
Veranstaltungsseite klar, dass Rassismus und Antisemitismus nicht Charakter der Demo seien und
solche Äußerungen auch nicht toleriert werden. Um dies zu garantieren, wurde im Vorfeld
beschlossen, jedwede Fahnen außer der palästinensischen Flagge zu verbieten. Es wurde immer
wieder betont, dass sich die TeilnehmerInnen nicht von der angekündigten Gegenkundgebung
provozieren lassen sollen. Natürlich war uns klar, dass nicht nur progressive Kräfte an der
Veranstaltung teilnehmen werden. Aber diese, in Kassel offenkundig recht wenigen Reaktionären,
sollten SozialistInnen nicht davon abhalten, sich auch öffentlich als KriegsgegnerInnen und
Palästina-solidarisch zu zeigen.

Anzumerken:
Im Vorfeld hatten dem sogenannten „antideutschen“ Spektrum zuzuordnende Gruppen wie T.A.S.K.
und ak:racoons die Polizei massiv zum Eingreifen gegen ihnen nicht genehme Transparente und
Schilder aufgefordert und ein Bedrohungsszenario gegen die jüdische Gemeinde in Kassel
herbeigeredet. Den beiden Demoaufruferinnen wurde Gewalt angedroht, sollten diese ihr Vorhaben,
gemeinsam mit der jüdischen Gemeinde ein Gespräch zu führen, umsetzen wollen. So wurde im
Vornherein ein Klima der Angst und der Bedrohung gegen jüdische MitbürgerInnen inszeniert,
welches in keinem Falle das Anliegen, noch den Charakter der Demonstration widerspiegelte.
Auf der Demo selber waren für uns weder Hamas- noch Hisbollahfahnen unter den weit über 1500
Menschen ausfindig zu machen. Nur eine orangene Fahne mit einem Wappen, zwei Gewehren und
einem patriotischem Spruch machten uns stutzig, wurde aber erst im Nachhinein identifiziert.
Später mussten wir dann leider erfahren, dass die Fahne in Verbindung mit dem spanischen Franco-
Faschismus steht. Hätten wir das gewusst, wären wir selbstverständlich auf die OrdnerInnen
zugekommen und hätten dafür gesorgt, dass die Fahne und am besten auch deren Besitzer sofort
von der Demo verschwinden muss.

Ablauf:
Auf Höhe des Friedrichsplatzes erreichten wir die ca. 50 Pro-Israel und Pro-Deutschland
DemonstrantInnen. Als die Stimmung sich aufheizte, was ja auch das unausgesprochene Ziel der
IsraelfreudInnen war, bildeten die Demo-OrdnerInnen eine zweite Kette vor den Bullen, um so
beruhigend auf die Menge ein zu wirken. Zu dem drängten sie darauf, dass die Menge sich wieder
in Bewegung setzen und sich nicht von den anwesenden KriegsbefürworterInnen provozieren lassen
sollte. Es kam zu keinen körperlichen Zwischenfällen, ein Mann schrie „Scheiß Juden!“ und wurde
sofort von mehreren OrdnerInnen angegangen.

Stimmungsmache:
Die Darstellungen des Bündnisses gegen Antisemitismus, dass die Bullen gewalttätige
DemonstrantInnen zurückhalten mussten, da die IsraelfreundInnen ansonsten „dem rasenden Mob
hilflos ausgeliefert gewesen wären“, sind ebenso lächerlich wie auch gezielte Panikmache,
vergleichbar mit dem im Vorfeld erfolgten Ratschlag, Minderjährige sollten aus Sicherheitsgründen
der Kundgebung fernbleiben. Ähnlichem Tenor folgt die Ankündigung der jüdischen Gemeinde,
den Gottesdienst während der Folgedemo am Freitag dem 18.07.14 aus Angst vor Übergriffen auf
die Synagoge absagen zu müssen. Aussagen von Jonas Dörge vom Bündnis gegen Antisemitismus,
die Dienstagsdemo sei die größte Ansammlung von Antisemiten seit 1945 gewesen, sind genauso
unverschämt wie geschichtsrevisionistisch. Geschichtsrevisionistisch, weil verschwiegen wird, dass
es sehr wohl in Kassel ab den Jahren 1968 massive Nazi-Ansammlungen gegeben hat, unverschämt
dabei der plumpe Versuch, Antizionismus zu Antisemitismus umzudeuten. Wer Antizionismus mit
Antisemitismus gleichsetzt, bekämpft nicht den Antisemitismus, sondern benutzt diesen Vorwurf
allein zur Rechtfertigung der rassistischen Vertreibungspolitik Israels und des aktuellen Massakers
der israelischen Armee in Gaza.

Fotos:
Einer unserer Genossen fotografierte auf der Kundgebung um diese zu dokumentieren und
veröffentlichte einige Fotos. Besonders bezeichnend waren die Bilder der „antideutschen“
ZionistInnen, die offensichtlich überhaupt kein Problem damit hatten, neben und unter der
Deutschlandfahne ihrer BündnispartnerInnen zu stehen. Dass sogenannte „Antideutsche“ in allen
entscheidenden außenpolitischen Fragen konform mit den Interessen des deutschen Imperialismus
gehen, ist nichts Neues, dass sie dies nun auch offen und unverhohlen zeigen, schon.
Das Bild wurde vielfach auf facebook geteilt und kommentiert, was die IsraelfreundInnen sehr
erzürnte. Auf der REVOLUTION Seite ging ein regelrechter Shitstorm nieder, inklusive
Drohungen, Bilder von uns seien bald im Archiv und wir dann „dran“. Dass jede Menge Fotos in
Portraitqualität von TeilnehmerInnen der Kundgebung auf allen möglichen ihrer „befreundeten“
Portale unverpixelt veröffentlicht werden, scheint T.A.S.K. und ak:racoons dabei weit weniger zu
stören.

Grundsätzlich:
Natürlich verpixeln wir alle Fotos von linken AktivistInnen, die wir bei linken Kundgebungen,
Veranstaltungen oder bei Antifademos aufnehmen. Dies dient dem Schutz der GenossInnen vor
staatlicher Repression und auch vor Angriffen von rechts. Leider konnten wie bei der
nationalistischen KriegsbefürworterInnen-Kundgebung keinen „linken Charakter“ erkennen, noch
macht eine kaum sichtbare Antifaflagge aus einer mit Deutschland- und Israelfahnen bestückten
Kundgebung schon eine Antifaveranstaltung.

Nein, es ist ein für alle Male klarzustellen: ak:racoons und T.A.S.K. gehen Hand in Hand mit dem
BgA und der Staatsräson des deutschen und US-Imperialismus. Sie fordern unverhohlen die
deutsche Exekutive zur Verstärkung ihrer Anliegen auf; sehr weit entfernt von „still not loving the
police“. Dass ak:racoons sich dabei quasi selbstverständlich das Recht herausnimmt,
palästinensische Aktivistinnen auf ihren Seiten unverpixelt zu posten, bestätigt eine durchweg
antimuslimische um nicht zu sagen, rassistische Sicht der Dinge. Zwar gab es in der Vergangenheit
punktuelle Einheitsfronten mit genannten Gruppen im Kampf gegen Faschisten. Doch z.B. schon in
der „Ukraine-Frage“ überwog die Bündnistreue zum westlichen Imperialismus und unser Anliegen,
eine gemeinsame Aktion gegen das Massaker in Odessa zu machen, wurde schlichtweg abgelehnt.
Es gab keinerlei sonstigen gemeinsamen Kampf mit diesen Gruppierungen im antikapitalistischen
Kampf, da dieser von den Gruppen nicht geführt wird.

Drohungen
Zwei Tage nach der erstem Palästina-Soli-Demo wurde einer unserer Genossen zu Hause
„besucht“ . Er selber war gerade nicht anwesend, sondern nur eine Familienangehörige, die sich
sehr wundern mussten. Die „Anti-Deutschen“ redeten von Bildern, die unser Genosse von ihnen im
Internet veröffentlicht habe und verlangten mit Nachdruck ein Gespräch darüber. Wir werten diesen
Hausbesuch als Einschüchterungsversuch, auch wenn es kein offen aggressives Auftreten gab. Wir
verwahren uns entschieden gegen diese faschistoiden Methoden. Am 05.08. 14 kam dann wieder
eine Mail an die Adresse von REVOLUTION Kassel. Hierin wurde die Gruppe als „Anti-Antifa“
denunziert.

Fazit:
Wir stellen hiermit nochmals heraus, dass wir weder T.A.S.K. noch den ak:racoons oder andere
Israel-solidarische Gruppen und Einzelpersonen als Teil einer progressiven Bewegung ansehen und
uns von diesen auch in keinster Weise Vorschriften über einen linken Konsens über die
Verfahrensweise mit Fotos machen lassen. Noch tolerieren wir ihre Methoden, sich unseren
GenossInnen über Hausbesuche zu näheren.
Forderungen nach weiteren Waffen für Israel und weiterem Siedlungsbau lehnen wir entschieden
ab.Wir stellen uns in Solidarität mit der israelischen Linken, die unter Lebensgefahr in einer hoch
militarisierten und von rassistischer Ideologie geprägten Gesellschaft gegen den Krieg und für
Solidarität mit den berechtigten Forderungen der palästinensischen Bevölkerung eintritt.
Wir rufen daher zu weiteren Demonstrationen auf.

REVOLUTION und Gruppe Arbeitermacht Kassel – 14. August 2014

Die Stellungsnahme als PDF herunterladen




Erster Mai in Israel – Ein Land ohne Arbeiterbewegung?

Zu den nationalen Festlichkeiten, die ich während meines einjährigen Aufenthalts in Israel als Freiwilliger erleben durfte zählte, neben dem HaJom Shoa (dem Holokaustgedenktag), dem Memorialday und dem Independenceday, auch der Tag der Arbeit, an dem ich mich anfang diesen Monats beteiligte.

Israel#2Das Demonstrationsangebot war eher mager und beschränkte sich, ausgenommen einiger unbedeutender Minidemos, auf eine Großdemonstration durch das Zentrum Tel Avivs. Das erste, was meinen Blick kurz nach meiner Ankunft am Startpunkt der Demonstration, dem Kikar Rabin, fesselte, waren die aus dem bunten Haufen aus Arabern, Hippies und FDJ-ähnlich gekleideten Jugendgruppen herausstechenden Nordkoreaflaggen. Nachdem deren Träger anfangs mit lautem Gegröle und wildem Fahnenschwenken nach Aufmerksamkeit zu suchen schienen, waren diese mit dem Start des Demonstrationszuges jedoch vorläufig verschwunden und tauchten erst zur Abschlusskundgebung wieder auf.

Mir wurde später erzählt, dass es sich um die Provokation einer neoliberalen Studentengruppe gehandelt habe. Sich aufstellen durfte dem äußeren Anschein nach also jede Gruppe, in deren Name oder Programm irgendwie die Begriffe Sozialismus, Kommunismus oder Arbeiterklasse fallen.

So machten einen Großteil der Demonstration die Ultras des Fußballclubs Hapoel Tel Aviv (= Arbeiter Tel Avivs) aus, welche den Ursprung ihres Vereins in der israelischen Gewerkschaft Histadrut sehen und unter denen sich den Che Guevara Fahnen zu Folge auch einige versteckte Antiimperialisten zu tummeln scheinen. Gleich dahinter stellte sich die zahlenmäßig gut vertretene Hadaschpartei auf. Die 1977 gegründete jüdisch-arabische Partei bezeichnet sich selbst als kommunistisch und setzt sich für Arbeiterrechte, als auch die Beendigung der Besatzung von Gaza und Westbank, inklusive der Räumung aller jüdischen Siedlungen ein. Daneben war zwischen vielen kleinen schwer zu überblickenden und sich ziemlich ähnlich sehenden kleinen Gruppierungen und nicht organisierten Teilnehmern, noch ein anarcho-synikalistischer Block vorzufinden, dessen Teilnehmer klassisch Schwarz gekleidet und mit rotem Halstuch vermummt waren.

Israel#1Angeführt und organisiert wurde die 1. Mai-Demo von einer uniformiert marschierenden, trommelnden, singenden, tanzenden Jugendbewegung mit dem Namen Hanoar Haoved Vehalomed, was so viel wie “Nationale Organisation der lernenden und arbeitenden Jugend” bedeutet. Ihr großes Aufgebot und auch die Tatsache, dass sie die einzige Jugendbewegung zu sein schienen interessierten mich, weshalb ich einem Mitglied mit dem Namen Scharon ein paar Fragen stellte. Zuerst wollte ich etwas von ihr über ihre Organisation wissen.

Ihre auf mich teilweise ein wenig konfus wirkenden Antworten lassen sich folgender Massen zusammen fassen: Hanoar Haoved Vehalomed ist eine vor 90 Jahren gegründete zionistisch-sozialistische Jugendbewegung, in welcher man bis zum Eintritt in die Armee Mitglied sein und sich dort sozial aber auch in Diskussionsrunden und Seminaren organisieren könne.

Auf meine Frage hin, was die Ziele seien, für die ihre Bewegung kämpfe, antwortete sie selbstbewusst mit: “Für eine gerechte Gesellschaft! Das Ideal unserer Bewegung ist die Gleichheit.” . Ich fragte sie, wie sie dieses Ideal mit der rassistischen Ideologie des Zionismus in Einklang bringen würde und sie räumte ein, dass das ein Dilemma wäre, in dem sie persönlich stecke. Jedoch beziehe sich der Zionismus ihrer Bewegung nicht auf den rassistischen und kapitalistischen Status Quo, sondern auf die “guten alten sozialistischen” Theoretiker wie zum Beispiel Theodor Herzl oder Ben Gurion. Beide verfolgten ihrer Meinung ebenso wie die Hanoar Haoved Vehalomed das Ziel einer friedlichen Koexistenz der Völker, wobei Israel lediglich ein sicherer Zufluchtsort für Juden aus aller Welt sein solle.

Israelischer Geschichtsunterricht scheint also ziemlich einseitig zu sein, denn die kolonialistischen Ideen Herzls und Gurions fanden in ihren Ausführungen keine Erwähnung. Das zionistische Prinzip der “Eroberung durch Arbeit” zum Beispiel, welches von Herzl einst formuliert und von Gurion praktisch realisiert wurde. Herzl schrieb dazu in seinem Tagebuch: “Den Privatbesitz der angewiesenen Ländereien müssen wir sachte exportieren. Die arme Bevölkerung trachten wir unbemerkt über die Grenze zu schaffen, indem wir ihr in den Durchzugsländern Arbeit verschaffen, aber in unserem Lande jederlei Arbeit verweigern.”(1) Ein Ausspruch, welcher eine Ideenwelt vermuten lässt, die ich nicht unbedingt einem Kommunisten zuordnen würde.

Das gleiche gilt für Gurion, dem ersten Premierminister Israels. Er war zwar innerhalb der Arbeiterbewegung aktiv und einer der Gründer der israelischen Arbeiterpartei. Allerdings war er wohl so sehr Sozialist, wie es Helmut Schmidt oder Gerhard Schröder waren. Anstatt mit der internationalen Arbierklasse für die Revolution zu kämpfen, arbeitete er immer wieder offen mit unterschiedlichen imperialistischen Mächten – erst mit dem osmanischen Reich, später mit dem Britischen Empire – zusammen, um seine zionistischen Ideen um jeden Preis umzusetzen. Ausdruck genug ist ein Auszug aus einem Brief von 1938 an die Jewish Agency, in der er schrieb:„Ich bin für Zwangsumsiedlung (der Palästinenser); darin sehe ich nichts Unmoralisches.“

Ich fragte sie daraufhin, ob sie Leo Trotzki kenne, worauf sie antwortete “Ja, der Name sagt mir was. Ich glaube ich habe mal in einem Seminar was zu ihm gehört und es hat mir gefallen, wenn ich mich richtig erinnere.”

Zum Schluss wollte ich von ihr als Mitveranstalterin der Demo wissen, was der 1. Mai eigentlich für eine Bedeutung in Israel habe, ob er in irgendeiner Weise Bezug zur internationalen Arbeiterbewegung nehme und was die israelische Arbeiterklasse für zentrale Forderungen stelle. Ihrer Meinung nach handle es sich hier ganz schlicht um die “Israeli version” des 1. Mais. Es gäbe keine Verbindung zu anderen Arbeiterbewegungen oder Ähnlichem, vielmehr sei es ein Datum an dem die linken Kräfte der israelischen Gesellschaft lautstark und fröhlich auf die Straße gingen.

Diese Antwort überrascht kaum, wenn man sich einmal die israelische Klassensituation anguckt. Die großen Arbeiterparteien halten immer noch an derselben Ideologie fest, der sie im frühen 20. Jahrhundert entsprungen sind. Ihr zionistisches Erbe führt zur täglichen Verneinung der proletarischen Klasseninteressen im Namen der nationalen Einheit, wie auch israelische Historiker wie Zeev Sternhell eingestehen (2). So ist es nicht verwunderlich, dass die Arbeiterbewegung vielen als “Ad-hoc Erfindung zur Erreichung der Unabhängigkeit” (3) erscheint.

Klar ist aber, dass die zionistische und reformistische Politik in der Arbeiterbewegung keine Alternative zur starken israelischen Rechten, geschweige denn im Kampf für eine sozialistische Gesellschaft, darstellt. Eine Tatsache, die sich auch in den vergangenen Wahlen zeigte. Das Problem wird noch dadurch verstärkt, dass die Arbeiterklasse in der Region durch die chauvinistische Migrationspolitik der israelischen Kapitalist_innen stark gespalten ist. Jüdische Arbeiter_innen werden durch billigere palästinensische Arbeiter_innen; palästinensische Arbeiter_innen durch billigere und politisch besser unter Kontrolle zu haltende afrikanische oder thailändische Arbeiter_innen ersetzt.

Der Bruch mit der zionistischen Ideologie ist also eine gurndlegende Voraussetzung für eine revolutionäre und internationalistische Arbeiterbewegung in der Region. Und nur durch eine gemeinsame Bewegung der arabischen und jüdischen Arbeiterklasse gegen die Ausbeutung durch die israelischen Kapitalist_innen, gegen die rassistische Siedlungspolitik und den Krieg in den besetzten Gebieten, kann dem anhaltenden Leid ein Ende bereitet werden. Natürlich haben auch die politischen Ideen der palästinensischen Bourgeoisie unter Fatah und Hamas nichts zu suchen. Das (antideutscher) Argument vieler Linker in Europa, dass die Voraussetzung für Widerstand gegen den Zionismus sei, dass es keine reaktionären Ideen in den palästinensischen Gebieten mehr gäbe, ist falsch. Das gleiche Argument würde ja auch bedeuten, dass man so lange für einen Krieg in Afghanistan oder dem Irak sein müsste, nur weil der Widerstand gegen die Besatzer nicht revolutionär ist.

Natürlich ist es aber richtig, dass die Positionen von Fatah und Hamas einem politischen Klassenkampfs der Arbeiter_innen absolut feindlich gegenüberstehen und bekämpft werden müssen. Denn der Kapitalismus beweist immer mehr, dass er nicht einmal die grundlegendsten demokratischen Rechte, geschweige denn eine wirtschaftliche Grundlage bieten kann, auf der ein friedliches Zusammenleben im Nahen Osten möglich ist. Das Interesse der Arbeiter_innen kann daher nur eine revolutionäre Bewegung sein, deren Ziel ein multiethnisches sozialistisches Palästina und eine sozialistische Revolution im Nahen Osten ist,
in dem ethnische Minderheiten geschützt, der Staat sekulär, aber das Recht auf Religionsfreiheit durchgesetzt ist.

Bericht von Marvin Schutt, REVOLUTION

#(1) Schnieper, Marlene: Nakba. Die offene Wunde. Die Vertreibung der Palaestinenser 1948 und die Folgen, 2012 Rotpunktverlag, Zuerich

(2) Sternhell, Zeev: Le Monde diplomatique Nr. 9062 vom 11.12.2009

(3)# Schnieper, Marlene: Nakba. Die offene Wunde. Die Vertreibung der Palaestinenser 1948 und die Folgen, 2012 Rotpunktverlag, Zuerich




100 Tage unter Zionisten – Augenzeugenbericht aus Israel

Israels Präsident Netanjahu und Politiker des Likud-Blocks feiert seinen Sieg für die Knesset. Er ist ein besonders harter Verfechter einer agressiven Kriegspolitik.

Israels Präsident Netanjahu,  ein besonders harter Verfechter einer agressiven Kriegspolitik, feiert gerade seinen Sieg für die Knesset.

Ein wenig mehr als 3 Monate meines einjährigen Freiwilligendienstes in Israel sind bereits verstrichen. Ein relativ kleiner Zeitraum, der jedoch bereits dazu ausreichte, um dieses Land und vor allem dessen Bewohner genauer kennenzulernen:

Entgegen meiner anfänglichen Vorstellung, Israels Aggressionen würden sich hauptsächlich auf die rassistische Besatzung der Westbank und des Gazastreifens beziehen – und entgegen der antideutschen Darstellung eines „Kibbuzkommunismus“ im Innern Israels – wurde mir schnell deutlich, dass die israelische Bourgeoisie nicht nur durch den sich erneut formierenden palästinensischen Widerstand mehr und mehr bedroht wird, sondern dass sich Erez Israel auch von innen selbst aufzufressen scheint.

Zeichen der immer stärker werdenden Wut der israelischen Bevölkerung gegenüber der zionistischen Bourgeoisie und insbesondere gegenüber der ultrarechten Regierung Netanjahus waren die Massenproteste im Sommer des vergangenen Jahres, in welchen tagtäglich bis zu 500 000 Menschen die politische Führung Israels offen kritisierten. Inhalte der Proteste waren in erster Linie Wohnraumknappheit, Mieterhöhungen und Gentrifizierung, stetig steigende Lebenshaltungskosten (ein Faktor, den auch ich als Volontär in voller Härte zu spüren bekomme), sinkende Reallöhne, privatisierte Sozialeinrichtungen, Sonderrechte der ultra-Orthodoxen, und auch Kritik am Ausbau der jüdischen Siedlungen und deren Subventionierung (billigere öffentliche Verkehrsmittel, Steuervergünstigungen,…) innerhalb der Westbank, an den Aggressionen gegenüber dem Iran, an den massiven Militärausgaben und an der Abriegelung Gazas. Die Protestbewegung ist heute auf Grund innerer Ungeschlossenheit und weit auseinanderdividierenden Ansichten kaum noch präsent – aber die Umstände die sie auslösten und die Wut der Israelis darüber. Es scheint nur noch eine letzte Mieterhöhung fehlen, die das Fass zum überlaufen bringt. Die israelische Bourgeoisie hat jedoch aus der Vergangenheit gelernt und beantwortet Krisen im Innern stets mit militärischer Aggression nach außen. In diesem Kontext muss auch die Bombardierung Gazas im vergangenen Monat betrachtet werden. Denn nichts hat die Israelis je mehr zusammengeschweißt und von inneren Problemen abgelenkt als eine Bedrohung von außen. Nicht zu vergessen sind auch die anstehenden Wahlen, welche die Regierung ähnlich wie im letzten Gazakrieg 2008 dazu veranlassen, sich militärisch zu profilieren.

Schleichend bewegt sich das ohnehin verfassungslose und mit Hilfe von Notstandsgesetzen regierte Israel währenddessen durch immer mehr autoritäre Gesetzte in Richtung Diktatur. Beispiele dafür sind das Nakbagesetz, das es verbietet der Vertreibung der Palästinenser öffentlich zu gedenken oder das Anti-Boykott-Gesetz, das den Aufruf zum Boykott von Produkten, Universitäten und Betrieben jüdischer Siedlungen im Westjordanland unter umgerechnet 10 000 € Strafe stellt. Dies ist zudem auch als besonders harter Schlag gegen die arabische Bevölkerung Israels zu sehen, welche als Opfer der Besatzung nun auch noch Schadensersatz an die Besatzer zahlen sollen, sobald sie diese nicht unterstützen. Ein weiteres Gesetz soll es NGOs verbieten, Spenden von anderen Staaten oder staatsähnlichen Institutionen wie der EU oder der UN anzunehmen. Ein cleverer Schachzug der zionistischen Rechten, die selber hauptsächlich von ausländischen Bourgeois, also Firmen und Privatpersonen, finanziell unterstützt werden. Mithilfe eines weiteren neuen Gesetztes ist es der Polizei erlaubt, eine „Zusammenrottung“ von mehr als 3 Personen als illegale Versammlung abzustempeln, was sie dazu befugt diese sofort aufzulösen.

palästina#8

Israels Staatsapparat ist nicht nur für die Unterdrückung der Palästinenser, sondern auch der israelischen Arbeiterklasse, da.

Der Oberste Gerichtshof, welcher eigentlich als politisches Gegengewicht zur Knesset vorgesehen war, wird von der Likudregierung nach und nach personell „gleichgeschaltet“. Es bleibt die Frage, ob das überhaupt notwendig ist, wenn dessen Beschlüsse ohnehin ignoriert werden. Beispielsweise wie auf die Anordnung des Obersten Gerichtshofes, alle Siedlungsaußenposten außerhalb der „Grünen Linie“ zu evakuieren, jede Reaktion der Regierung ausblieb.

Neben dem stark ausgeprägten Überwachungsapparat, der E-Mail- und Postverkehr, Handygespräche und Chatunterhaltungen überwacht und einem gut ausgebauten Netz aus Überwachungskameras, wird der Umweltschutz in Israel komplett vernachlässigt.

Dass der Zionismus mit seiner kennzeichnenden antiarabischen Haltung einen rassistischen Charakter innehat, wusste ich bereits bevor ich dieses Land kennenlernte. Dass sich dieser Rassismus aber keinesfalls nur gegen Araber richtet wurde mir erst bewusst, als ich zum ersten Mal in Tel Aviv war. Gleich nach meiner Ankunft an der Central Bus Station erwartete mich im angrenzenden Levinski Park das traurige Bild von geschätzten 200 obdachlosen unter unmenschlichen Bedingungen lebenden Afrikanern. Allein in Tel Aviv halten sich momentan 40 000 von ihnen, meistens Flüchtlinge aus dem Sudan, Eritrea oder Äthiopien, auf. So gut wie alle von ihnen sind obdachlos und haben nur eine Bleibeberechtigung, dürfen als politische Flüchtlinge also lediglich nicht abgeschoben werden. Auf Grund dieses rechtlichen Status haben sie keinen Anspruch auf den israelischen Mindestlohn (umgerechnet stolze 5,45€) und kämpfen sich mit Gelegenheitsjobs zu Hungerlöhnen durchs Leben. Ein Umstand, welcher die Ärmsten Israelis Tel Avivs jedoch um ihre ökonomische Existenz fürchten lässt. Diese Angst entlädt sich seit diesem Jahr immer öfter in blutiger Gewalt. So gehört es in der rechten Szene bereits zum guten Ton nach einer Kundgebung als pöbelnder Mob durch das afrikanische Viertel zu ziehen und dort Scheiben einzuschlagen und Afrikaner zusammenzutreten. Selbst im religiösen Jerusalem brannte im Juni dieses Jahres ein Haus, welches ausschließlich von afrikanischen Flüchtlingen bewohnt war, komplett nieder. Ein Eingreifen der Regierung ist nicht zu erwarten. Sie sieht in den Immigranten hingegen ein „Krebsgeschwür in unserem Körper“(Likud-Abgeordnete Miri Regev). Israels Innenminister erklärt ferner, dass die Afrikaner nicht verstünden, dass „dieses Land uns gehört, dem weißen Mann“.

Dem ausschweifenden Nachtleben und der wunderschönen Natur Israels, die meinen Freiwilligendienst hier recht angenehm machen, steht natürlich die politische Realität gegenüber. Nie hätte ich es vorher für möglich gehalten, dass ich es mal als normal empfinden würde, neben einem israelischen Soldaten im Bus zu sitzen, dessen Maschinengewehr auch noch halb auf meinen Knien liegt. Nie hätte ich erwartet, dass ich nach der Arbeit mit einem Worker meiner Arbeitsstelle noch ein Bier trinken gehe, der stolzer Bewohner der illegalen Siedlung Gilo im Süden Jerusalems ist. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass das Mädchen mit dem man gestern noch in einer der gemütlichen Jerusalemer Bars was trinken war, einen am nächsten Tag am Checkpoint bustet oder an der Straßensperre steht, welcher man einen 1,5 stündigen Umweg zu verdanken hat. Natürlich habe ich auch schon einige echt entspannte linke Israelis kennengelernt, jedoch muss ich mich bei den meisten neuen Bekanntschaften stets bemühen allein den Mensch vor mir zu sehen.

Das ganze fiel noch schwerer als der Gazakonflikt eskalierte. Als Deutscher wurde ich ständig nach meiner Meinung dazu gefragt und in die Diskussion gedrängt. In vielen Leuten denen ich eher eine Gleichgültigkeit in Bezug auf Politik unterstellt hätte, erwachte spätestens zu diesem Zeitpunkt der zionistische Patriotismus. Die Schuld dafür sehe ich vor allem bei den israelischen Medien, die ein sehr einseitiges Bild zeichnen. Fast ausschließlich werden Bilder der Zerstörung auf israelischer Seite gezeigt, währenddessen, falls überhaupt Bilder aus Gaza zu sehen sind, nur von der Brutalität der Hamas gegenüber der Bevölkerung Gazas die Rede ist. Es wird der Glaube erzeugt, Israel würde Gaza bombardieren, um die Menschen in Gaza von der Hamas zu befreien. Dieses Medienbild sollte einen jedoch kaum wundern, wenn man sich vor Augen führt, dass Israels Medienlandschaft von nicht mehr als 20 regierungsnahen Familien kontrolliert und finanziert wird. Beispielsweise wird Israels meistgelesene Zeitung von einem Likud-nahen nationalistischen Milliardär finanziert, dessen Investitionen viele vergleichsweise linke Zeitungen vom Markt verdrängen. Durch einige Unterhaltungen habe ich allerdings mitbekommen, dass selbst die Israelis ihren Medien kaum vertrauen. Jedoch immer noch mehr als arabischen oder allgemein ausländischen.

Trotz der
starken Hegemonie der zionistischen Rechten gibt es aber doch linke Bewegungen, in denen Israelis und Palästinenser sich vereinen.

So gab es eine Friedensdemonstration in der arabischen Stadt Nazareth, einen Tag nach dem die ersten Raketen auf Tel Aviv geflogen waren. Die Demonstration wurde von der sich selbst als kommunistisch bezeichnenden Chadasch-Partei unangemeldet organisiert und wurde von ca. 500 mehrheitlichen Chadasch Anhängern besucht.

Zum Anderen besuchte ich den „Human Rights March“ in Tel Aviv Anfang Dezember. Es beteiligten sich ca. 2000 Menschen und die verschiedensten Organisationen und Parteien. Die Spannbreite ging von Antisexisten, Homophobiegegnern, Arabern, Christen, Menschenrechtsgruppen, Amnesty International über Flüchtlingsorganisationen bis hin zur mehrheitlich und lautstark überwiegenden Chadasch.

palästina#10Diese Art von gemeinsamen palästinensisch-israelischen Protesten sind unbedingt notwendig. Das israelische Proletariat und auch die Jugendlichen müssen den Zusammenhang zwischen ihrer eigenen ökonomischen Situation und der Besatzung der Westbank und Gazas erkennen und begreifen, dass die israelische Bourgeoisie und der Imperialismus die Hauptschuldigen dafür sind. Ihnen muss deutlich werden, dass die massive Ausbeutung der Palästinenser als Billig-Arbeiter für die sinkenden Reallöhne verantwortlich ist. Sie müssen erkennen, dass die israelischen Kapitalisten das fehlende Geld im sozialen Bereich in das Militär und die Besatzung stecken.

Genauso muss auch das palästinensische Proletariat mit der reaktionären, korrupten und antisemitischen Fatah- und Hamasführung brechen. Der nationale Befreiungskampf der Palästinenser muss sich von jeglicher religiöser Bindung an den Islam loslösen, da dessen reaktionären und utopischen Schlachtrufe zum einen Frauen, als auch nationale und religiöse Minderheiten verschrecken. Die Palästinenser müssen begreifen, dass sie nicht nur von den Zionisten, sondern auch von ihrer eigenen Bourgeoisie unterdrückt werden.

palästina#7.php

Jüd_innen und Palästinenser_innen können gemeinsam Palästina befreien und ihre Bourgeoisien stürzen!

Ganz im Sinne von Marx Aufruf „Proletarier aller Länder vereinigt euch!“ ist die einzig sinnvolle Perspektive zur Befreiung der Palästinenser vom israelischen Apartheidsregime, als auch zur Befreiung der israelischen Bevölkerung von ihrer faschistoiden Bourgeoisie, ein gemeinsamer Kampf der israelischen und palästinensischen Jugend und der Arbeiterklasse. Ziel dabei muss die Errichtung eines multiethischen demokratischen Arbeiterstaates mit völliger Gleichstellung aller Bevölkerungsteile sein. Nur der Bruch des Proletariats mit ihren jeweiligen Bourgeoisien und der gemeinsame Kampf gegen diese, kann diesen Jahrzentelangen Krieg beenden. Dass die allseits hochgelobte 2-Staaten-Lösung keine Perspektive bietet, liegt daran, dass der entstehende palästinensische Ministaat keinesfalls eine eigene ökonomische Existenzbasis hätte und damit von Israel abhängig bliebe. Die fruchtbaren Gebiete der Region befinden sich alle auf israelischem Territorium und auch die gesamte Wasser-und Stromversorgung liegt in israelischer Hand. Ebenso der Arbeitsmarkt, da es Palästinensern momentan nur in seltensten Fällen erlaubt ist, eigene Unternehmen zu gründen. Ein Palästina auf dem Gebiet des Westjordanlandes lässt vielmehr die Erinnerung an das südafrikanische Bantustan zur Zeit der Apartheid wach werden: ein Territorium, in das man die „überschüssige“ Minderheit abschieben und weiterhin als billige Arbeitskräfte nutzen kann.

REVOLUTION tritt deshalb ein für:

  • Die Vereinigung der palästinensischen und israelischen Jugend und Arbeiterklasse zur Bekämpfung der zionistischen Besatzung Palästinas, mit dem Ziel der Errichtung eines multiethischen demokratischen Arbeiterstaates!
  • Den Schulterschluss mit anderen fortschrittlichen Kräften der umliegenden Länder, als auch international!
  • Die Schaffung der Vereinigten sozialistischen Staaten des Nahen Ostens!

Ein Artikel von Marvin Schutt, REVOLUTION




Palästina-Tage Freiburg


Die Veranstaltung findet statt im
Bürgerhaus Zährigen
Lameystraße 2, 79198 Freiburg

Alle Infos zum Programm hier!