Wahlen der Niederlande – Rassismus als Programm
von Mate Granate, Januar 2024
In den Niederlanden war bei den vergangenen Wahlen die Rechtspopulistische Partij voor de Vrijheid (Partei für die Freiheit), kurz PVV, die stärkste Kraft mit 23,6%. Inhalte dieser Partei sind unter anderem die Begrenzung von Einwanderung und ein härteres Vorgehen gegen „Kriminelle“, außerdem warnen sie vor der „Islamisierung der Niederlande”. Parteiführer und einziges offizielles Mitglied ist Geert Wilders, welcher unter anderem wegen Diskriminierung bereits verurteilt wurde. Seit der Gründung 2006 fiel die Partei immer wieder durch rechtsradikale Forderungen auf, 2009 forderten sie beispielsweise eine „kopvoddentaks“, also eine Kopftuchsteuer, wobei angemerkt werden sollte das natürlich jenes Wort die herablassende Variante des eigentlichen Wortes ist. Bei dieser soll jede Frau, die ein Hijab trägt, eine Lizenz erwerben müssen welche jährlich 1000€ kosten soll. Andere Forderungen der Partei sind beispielsweise ein 5–Jähriger Einwanderungsstop für Muslime, ein Verbot des Qur‘An oder auch eine ethnische Registrierung aller Einwohner:innen und somit eine rassistische Einteilung von Menschen unabhängig von ihrer Staatsbürger:innenschaft.
Parteigründung und Geert Wilders
Vor der Gründung war Geert Wilders Mitglied der rechtsliberalen Volkspartij voor Vrijheid en Democratie (Volkspartei für Freiheit und Demokratie), kurz VVD. Auch bevor er die deutlich rechtere PVV gründete, gab es schon rechtspopulistische und migrationsfeindliche Parteien welche sich aber alle wieder nach einiger Zeit auflösten. Bei der Wahl 2002, also der vor der Gründung der PVV, erhielt die rechtspopulistische Lijst Pim Fortuyn aus dem Stand die zweitmeisten Stimmen. Die Liste zerfiel aber nach kurzer Zeit da Fortuyn kurz vor den Wahlen ermordet wurde und sich die Führung dadurch häufig änderte. Nachdem Wilders 2004 die VVD verließ blieb er als Groep Wilders, eine Einmannfraktion, Abgeordneter. Bei den ersten Wahlen der PVV 2006 erhielt die Partei dann 5,9%, also neun Sitze im Parlament.
Doch warum gewinnt die Partei so stark an Zulauf?
Auch in den Niederlanden wächst die Unzufriedenheit der Bevölkerung in Folge von Inflation, niedrigen Löhne und erschwerten Arbeitsbedingungen. Zudem kommt auch ein traditionalistischer Konservativismus wie er am Fest Sinter Klaas besonders deutlich wird. Dieses beinhaltete früher standartmäßig das massenhaft Menschen Blackfacing begingen, was jedoch geändert werden sollte. Dies führte zu einem großen Aufschrei in der niederländischen Bevölkerung. Sehr vielen fehlt das Verständnis weshalb dieses traditionelle Begehen des Festes, was ähnlich zu Weihnachten in Deutschland ist, rassistisch ist und so fühlten sich so als wolle man es ihnen generell wegnehmen, was natürlich nicht der Fall war. Trotzdem konnten gerade dieses sowie ähnliche Themen von den Rechten zur Polarisierung genutzt werden. Dazu werden wie in Deutschland auch Menschen mit Migrationshintergrund, Geflüchtete und Muslime zum Sündenbock der durch den Kapitalismus verursachten Probleme gemacht, um die berechtigte Wut der Massen von den eigentlichen Verursacher:innen der Krise, den Manager:innen und Aktionär:innen, wegzulenken.
Bisherige Regierung
Die Niederlande ist eine Konstitutionelle Monarchie, das heißt, dass es zwar einen König gibt doch dessen Amt im Grunde nur representativ ist. Er muss jedoch den Niederländischen Ministerpräsidenten ernennen, dieses Amt ist zu vergleichen mit dem eines Präsidenten wie in anderen Staaten. Die Bisherige Regierung bildete das Kabinett Rutte IV, bei dem Mark Rutte aus der VVD, den Ministerpräsidenten stellte. Neben der rechtsliberal-konservativen VVD waren auch die linksliberalen Democraten 66 (D66), die Christdemokraten CDA und die calvinistische ChristenUnie Teil der Regierung. Die Regierung zerbrach nach einer Diskussion über den Nachzug der Familien von in den Niederlanden lebenden Geflüchteten und am 07.07.23 wurde der vollständige Rücktritt des Kabinetts beim König eingereicht. Auch schon vorab erhielt Rutte viel Kritik dafür dass er der niederländischen Arbeiter:Innenklasse viele Versprechungen machte, diese aber nie einhielt, außerdem wurde er kritisiert er kümmere sich nicht genug um die arme Bevölkerung. Dies sind Kritikpunkte die absolut berechtigt sind, die jedoch ein Rechtspopulist wie Wilders genauso wenig lösen kann oder auch nur will wie die AfD die Probleme der armen ostdeutschen Bevölkerung, ganz im Gegenteil, wie wir es zur Zeit in Italien sehen sind es gerade Rechtspopulist:innen die Arbeiter:innen und Arme massiv angreifen.
Ein weiterer Punkt weshalb die niederländische Bevölkerung Misstrauen gegenüber Rutte hatte war die “Toeslagenaffaire” (Zuschlagsaffäre). Bei diesem Skandal Ende 2020 ging es darum, dass der Staat zu Unrecht Beihilfen zur Kinderbetreuung zurückforderte. Die Familien die hierbei fälschlicherweise des Sozialbetrugs beschuldigt wurden, waren hauptsächlich Familien mit Migrationshintergrund. Durch diesen Skandal trat Anfang 2021 das Kabinett Rutte III zurück.
Zusammengefasst kann also gesagt werden, dass Rutte in der Niederländischen Bevölkerung vor allem wegen seiner Lügen sowie für seine generelle liberale Politik, die einzig und alleine den Reichsten der Niederlande diente, immer unbeliebter wurde.
Doch warum gewann dann Wilders der genau die selbe wenn nicht gar eine noch schlimmere Politik im Interesse der Reichen und gegen die Armen betreiben will, nur dazu noch ummantelt mit Rassismus und Rechtspopulismus, die Wahl und kein progressiver Kandidat?
Und die niederländische Linke?
Die ist, wie auch in den meisten anderen Ländern stark am Schwächeln. Den Menschen ist durchaus klar dass auch eine “Linke” Regierung ihnen keine wirkliche Alternative bieten kann und nichts weiter ändern wird als hier und da die eine oder andere marginale Kleinreform zu machen, den Mindestlohn etwas zu erhöhen, ein paar mehr Sozialwohnungen zu bauen. Doch sie kann und will das Problem nicht bei der Wurzel packen und den Kapitalismus substantiell angreifen. Im Gegenteil steht zu befürchten dass sich in der derzeitigen Krise auch eine „linke“ Regierung, aus „realpolitischer Notwendigkeit“, zu einem neoliberalen Sparkurs, und somit einer weiteren Verschlechterung der Lebensbedingungen der Massen, bewegen lassen würde.
Die stärkste linke Partei, GroenLinks (GrünLinks), ist linksliberal und steht somit auch ideologisch klar hinter dem Kapitalismus und wird sicher nicht die nötigen Mittel zur Lösung der Krise ergreifen und eben diesen bekämpfen. Doch das ist es, was es auch für einen konsequenten Kampf gegen Diskriminierung braucht, für einen Kampf gegen Rechtspopulist:innen wie Wilders!
Denn nur so, in dem sie den Kapitalismus überwindet, kann sich die Welt aus der andauernden Krise befreien und so auch die Menschen mit ihr, Kapitalismus ohne Unterdrückung kann nicht funktionieren! Das kapitalistische System ist darauf ausgelegt so viel Profit wie nur möglich zu erwirtschaften und das ist nur möglich auf dem Rücken anderer, auf dem Rücken von Arbeiter:innen. Darum müssen sich diese in den Niederlanden so wie in Deutschland, unabhängig von Herkunft, ethnischer Zugehörigkeit oder Religion, zusammenschließen um gemeinsam die Krise zu lösen und dabei Rechtspopulist:innen wie Wilders, Weidel oder Le Pen davon zu jagen, die ihnen nichts als Lügen und Hetze anzubieten haben! In den Niederlande wie in Deutschland – Kampf dem Rechtsruck, für eine revolutionäre Partei des Proletariats!
Wir fordern:
- Offene Grenzen und Staatsbürger:innenrechte für alle!
- Eine antirassistische Massenbewegung mit Verankerung an den Schule, Unis und Betrieben!
- Konsequente Aufarbeitung der Kolonialgeschichte der Niederlande, für die Abschaffung des Königreichs.
- Kampf der PVV, heißt Kampf dem Kapital! Für ein revolutionäres Programm der Jugend und Arbeiter:innenklasse!