Interview zu Klimaaktivismus mit Cosmo, Aktivistin bei „End Fossil“ Göttingen und der „Letzten Generation“

Von Clay Ikarus, Juli 2023

Spätestens nach der letzten Razzia bei der „Letzten Generation“ und Beschlagnahmung der Spendenkonten sowie dem drohenden Organisationsverbot durch den §129 sollte uns bewusst sein, dass der Angriff gegen Klimaaktivismus in die nächste Runde geht. Gleichzeitig werden auch Besetzungen durch „End Fossil Occupy“ oder „Wuhlheide bleibt“ mit Gewalt aufgelöst und mit massiven Versammlungsverboten verbunden.

Doch wie entsteht eigentlich eine Besetzung und wie können wir gemeinsam gegen die Repressionen ankämpfen?

Hey Cosmo, Wer bist du und wie bist du zur Umweltaktivistin geworden ?

Ich studiere in Göttingen Politikwissenschaft, Soziologie und Ethnologie. Politisiert habe ich mich durch die Initiative „O-Platz ist überall“, einer Berliner Bewegung für eine menschenwürdige Geflüchtetenpolitik. Mit einem anfangs stets naiven Blick auf die Welt begann ich kurz darauf mit überparteilicher, politischer Bildungsarbeit innerhalb und außerhalb von Schulen, ich organisierte Podiumsdiskussionen, Demos und Kampagnen in ganz Europa und nahm auch an klassischen Hinterzimmergesprächen mit Minister*innen und anderen Entscheidungsträger*innen teil. Bald merkte ich, dass ich in der liberal geprägten Europabubble mit meinen antikapitalistischen Forderungen nur wenig Gehör fand und schloss mich zunächst einer linken, proeuropäischen Bewegung an, bevor ich mich entschied, in die Kommunalpolitik zu wechseln.

Überrascht hat mich im Stadtrat besonders die starke Einflussnahme von Lobbygruppen und das Ausmaß fehlender Handlungsbereitschaft der Politik bei gleichzeitiger kontinuierlicher Erhöhung der Fraktionsmittel und Sitzungsgelder. Auch den Rechtsruck im Stadtrat hielt ich auf Dauer nicht aus und wechselte auf die Seite der Klimagerechtigkeitsaktivist*innen. Mit „End Fossil“ habe ich seit vergangenem Herbst mehrere Schulen und Universitäten im In- und Ausland besetzt. Wir sind eine junge, antikapitalistische Klimagerechtigkeitsbewegung, die sich für soziale Gerechtigkeit, klimagerechte Lehre und mehr Demokratisierung in Bildungseinrichtungen und gesamtgesellschaftlich einsetzt.

Gerade von der Besetzung in Göttingen haben wir viel Positives gehört. Wie habt ihr es geschafft, vor Ort viele Menschen dafür zu mobilisieren und was kann man aus der Besetzung lernen?

In Göttingen haben wir mit der europaweit ersten Besetzung von „End Fossil“ den Sprung ins kalte Wasser gewagt. Von uns hatte niemand besondere Vorerfahrungen in zivilem Ungehorsam und der Kern der Gruppe bestand neben mir nur aus zwei weiteren Menschen. Nicht selten hatten wir starke Zweifel, ob wir das überhaupt stemmen können. Geholfen haben uns dankenswerterweise auch viele Schüler*innen, die in Göttingen eigene Besetzungen planten und zahlenmäßig stärker aufgestellt sind. 

Schließlich wurden wir auch Dank der guten Verhandlungen durch den AStA an der Uni geduldet und zum ersten Plenum waren wir schon über 100 Leute. Wir hatten einen Nerv getroffen und konnten den größten Hörsaal drei volle Tage mit einem bunten, antikapitalistischen und dekolonialem Programm bespielen und vielen verschiedenen Perspektiven auf Klimagerechtigkeit den Raum öffnen. Gemeinsam haben wir Forderungen an die Universität formuliert und bekamen dafür auch die Unterstützung der Senatsmitglieder. 

Das Präsidium der Universität verweigert jedoch bis heute jede Anstrengung im Hinblick auf  Klimagerechtigkeit am Campus. Deshalb gab es im vergangenen Monat eine erneute Besetzung. Wichtig für den Erfolg einer Hörsaalbesetzung ist in der Vorbereitung vor allem eine breite Bündnisarbeit und Kommunikation nach außen, aber auch eine intensive Auseinandersetzung mit möglichen Repressionen.

Du bist ja selbst auch durch Repression des Staates betroffen, magst du nochmal erläutern, was dir vorgeworfen wird ? 

Ja, seitdem ich mich als aktiven Teil der Klimabewegung verstehe, bin ich mit deutlich heftigeren Repressionen konfrontiert als je zuvor. Kürzlich musste ich in den Gerichtssaal, weil mir Nötigung vorgeworfen wurde. Das Urteil in Höhe von 20 Tagessätzen ist aber noch nicht rechtskräftig. Ich habe mich im vergangene Sommer friedlich mit etwa 65 weiteren Personen an einer Sitzblockade der „Letzten Generation“ in Berlin beteiligt, um gegen neue Ölbohrungen in der Nordsee öffentlichkeitswirksam zu protestieren. Auch die Bezirksbürgermeisterin solidarisierte sich damals vor Ort mit uns. Die Gerichte argumentieren dann meistens mit der Länge und Dauer des Rückstaus. Es ist nicht meine erste Sitzblockade und die Polizei hätte mich jederzeit ohne weiteres auch wegtragen können.

Die Mitglieder der Bundesregierung wurden trotz des bewussten Missachtens weltweiter Abkommen noch nie für ihr Handeln gerichtlich verurteilt. Auch große Konzerne werden nicht ansatzweise so stark bestraft wie Menschen, die sich für unsere Lebensgrundlagen einsetzen. Stattdessen werden neokoloniale Großprojekte, Landraub und die Täuschung der Öffentlichkeit mit riesigen Profiten belohnt und treiben unsere Lebenshaltungskosten in die Höhe.  Gegen das Urteil am Amtsgericht habe ich nun Rechtsmittel eingelegt. Es ist ein politischer Prozess. Das zeigen nicht zuletzt die unterschiedlichen Strafmaße in den verschiedenen Bundesländern, die von einfachen Ordnungswidrigkeiten bis hin zu Hausdurchsuchungen und monatelanger Haft reichen.

Was denkst du braucht es, damit die Forderungen der Umweltbewegung auch umgesetzt werden und wie sollten wir gegen die Repression vorgehen?

Ein unendliches Wachstum und ein Festhalten am kapitalistischen Mantra ist eine direkte Gefahr für unsere Demokratie und den Zusammenhalt und das Überleben von Gesellschaften weltweit. Als Klimagerechtigkeitsbewegung fordern wir, dass Grundbedürfnisse wie Wohnen, Energieversorgung, Nahrung, Gesundheitsversorgung usw. unter demokratische Kontrolle und nicht in die Hände profitorientierter Unternehmen gehören. Die Antwort auf das derzeitige Machtungleichgewicht befindet sich im Grundgesetz Artikel 15 und heißt Vergesellschaftung.

Mit unseren vielfältigen Aktionsformen, immer breiteren Bündnissen und globaler Solidarität lassen sich die Repressionen von Staaten und multinationalen Großkonzernen am besten bekämpfen. Wir kämpfen um unser aller Überleben. Deshalb sollten wir aufhören bei der Politik betteln zu gehen und uns stattdessen stärker mit Arbeitskämpfen und anderen sozialen Bewegungen solidarisch zusammentun. Durch großen gesellschaftlichen und ökonomischen Druck können wir letztendlich auch die Politik bewegen.

Was hältst du von der „Letzten Generation“ und den derzeitigen Angriffen durch den Staat auf die Organisation?

Die „Letzte Generation“ hat sich in den vergangenen eineinhalb Jahren zu einem wichtigen Akteur der Klimagerechtigkeitsbewegung entwickelt. Sie hat auch gezeigt, dass egal wie vielfältig Aktionsformen sein können, sie nur Aufmerksamkeit erreichen, wenn die Öffentlichkeit ganz unmittelbar adressiert ist. Auch die „Letzte Generation“ hat schon Unis besetzt, Pipelines abgedreht, Sportevents gestört, das Regierungsviertel lahmgelegt, eigene Kunstaktionen gemacht und Zufahrtsstraßen fossiler Konzerne blockiert. Große öffentliche Aufmerksamkeit gibt es jedoch nur für Straßenblockaden an Autobahnen oder in den Innenstädten, Blockaden von Passagierflughäfen oder Aktionen in Museen. Die „Letzte Generation“ ist mit ihrer Strategie sehr erfolgreich, doch eine Teilnahme an Aktionen muss auch aus finanziellen Gründen und im Hinblick auf Folgen für den Schul- oder Berufsalltag gut abgewogen werden muss. Nur wenige in der Gesellschaft können sich das leisten und ein nur kleiner Bruchteil derer, die die hohen Repressionen in Kauf nehmen für ihren Protest mit der „Letzten Generation“, werden in demokratische Entscheidungsprozesse mit einbezogen. Straßenblockaden und Gefängnisaufenthalten als letzte Möglichkeit der Selbstwirksamkeit anzupreisen und damit alle anderen Arten des Einsatzes für Klimagerechtigkeit abzuwerten, finde ich falsch. Mir ist wichtig, dass alle verstehen: Es gibt nicht nur die eine Aktionsform, die Handlungsfähigkeit verspricht. Für einen kollektiven Machtaufbau gegen Staat und Kapital sind wir alle gefragt – im Betrieb, in der Schule und auch an der Universität!

Wenn ihr wissen wollt, was unsere Antwort auf die Umweltkrise ist schaut in diese Artikel:
Wer ist eigentlich Schuld an der Umweltkrise?
https://onesolutionrevolution.de/umweltzerstoerung-klimawandel-wer-ist-schuld-daran/
Hier unsere Perspektive auf Landwirtschaft und Ernährung
https://onesolutionrevolution.de/resolution-zur-landwirtschaft-und-ernaehrungsfrage/

Zur internationalen Frage
https://onesolutionrevolution.de/warum-muss-die-umweltbewegung-international-sein/




Welche Strategie gegen die Klimakrise?

Auf der ganzen Welt sind die Folgen der Klimakrise, des Artensterbens, der Überbenutzung der Ressourcen (Raubbau an Böden, Wasser, Wald, etc.) und Überlastung der Senken (Verschmutzung von Wasser, Böden, Atmosphäre, etc.), zu spüren.

In Europa in Form von zunehmenden Wetterextremen, die zum Beispiel die Flutkatastrophe im Rheinland verursachten, sowie dem zeitweiligen Austrocknen von Flüssen wie dem Po in Italien und der Loire in Frankreich. Doch vor allem der Globale Süden, der sowieso schon massiv unter zuerst kolonialer und nun imperialistischer Ausbeutung leidet, ist nun auch von den Folgen der Klimakrise besonders stark betroffen.

In Pakistan stand letztes Jahr ein Drittel des Landes unter Wasser, Tausende starben, viele Millionen verloren ihre Lebensgrundlagen. In Afrika kam es zu schweren Dürren, die die Hungerkrise in manchen Regionen extrem verschärften.

Diese Entwicklung hat ihren Ursprung in der kapitalistischen Wirtschaft, die auf Profit und Wachstum basiert und diesen zwangsläufig alles andere unterordnet. Entsprechend ist es notwendig, dass diese Art zu Wirtschaften endet, damit die Klimakrise überhaupt eingedämmt werden kann.

Da die Politik der bürgerlichen Staaten jedoch in erster Linie dem kapitalistischen System verpflichtet ist, agiert sie auch entsprechend: Die nötigen radikalen Maßnahmen, die es braucht, um die Krise in den Griff zu bekommen, werden nicht getroffen, da sie den Profit und die Wettbewerbsfähigkeit des landeseigenen Kapitals schmälern würden.

Unsere einzige Hoffnung bleibt deshalb die globale Klimabewegung.

Wie ist die Lage der Bewegung?

Nach Lützerath steht die Klimabewegung trotz der Niederlage stärker und geschlossener da als zuvor. Dies liegt vor allem daran, dass hier die gemeinsame Erfahrung gemacht wurde, dass der bürgerliche Staat im Zweifel immer Kapitalinteressen mit Gewalt durchsetzt, dass die Polizei diese Gewalt bereitwillig ausübt und auch die Grünen trotz ihrer Wahlversprechen keine Ausnahme unter den bürgerlichen Parteien bilden, sondern im Gegenteil für die Rodung des Danni und die Zerstörung von Lützi aktiv verantwortlich sind. Doch auch wenn in den Ketten vor Lützerath bei FFF organisierte Jugendliche, BUND-Mitglieder und militante Autonome Seite an Seite standen, sind viele der alten Probleme noch nicht überwunden.

Zwar hat sich inzwischen, zumindest formell, der Großteil der Klimabewegung von den Grünen und ihrem Märchen vom „Grünen Kapitalismus“ verabschiedet, jedoch ist es nicht ausgeschlossen, dass linkere Kräfte der Grünen es schaffen, Teile der Klimabewegung wieder auf ihre Seite zu ziehen. Deshalb müssen wir weiterhin jeglichen Einfluss der Grünen auf die Bewegung scharf bekämpfen. Ebenso müssen wir weiterhin betonen, dass der Kapitalismus nicht in der Lage ist, die Krise zu lösen, auch nicht in etwas anderer Form, sondern gänzlich überwunden werden muss.

In Lützerath haben sich die Massen der Klimabewegung, unabhängig von der konkreten Strategie und Praxis, die sie verfolgen, zusammengeschlossen, um gemeinsam gegen das fossile Kapital in Form von RWE und den bürgerlichen Staat in Form der Polizei, Widerstand zu leisten.

Es ist wichtig, dass diese gewonnene Einheit, diese kollektive Stärke, jetzt nicht verloren geht und dass die Klimabewegung weiterhin geschlossen steht und gemeinsam kämpft.

Damit das funktionieren kann, ist es jedoch auch nötig, offen Kritik innerhalb der Klimabewegung zu äußern und mit verschiedenen Akteur_Innen darüber in die Debatte zu treten, welche Strategie und Praxis die effektivste ist, um Klimagerechtigkeit zu erreichen.

Welche neue Strategie bringt die Bewegung voran?

In den letzten Jahren haben wir erlebt, dass Massen sich den Demonstrationen und Aktionen der Klimabewegung angeschlossen haben und dorthin gekommen sind, wo diese gekämpft hat, so zum Beispiel nach Lützerath. Nun ist es jedoch nötig, dass diese Massen ihre Kämpfe zurücktragen an die Orte ihres Alltags, an ihre Schulen, ihre Unis, die Betriebe in denen sie Lohnarbeit verrichten.

Denn die Demonstrationen und Aktionen, die wir in den letzten Jahren durchgeführt haben, haben uns viel Aufmerksamkeit gebracht. Wir konnten zeigen, dass wir viele sind und dass wir entschlossen sind. Die Politik hat sich jedoch dadurch nicht geändert: Lützerath wurde zerstört, Autobahnen werden gebaut, Kapitalinteressen regieren weiter.

Besetzungen, Blockaden, Massendemos, all das sind gute Mittel, wir brauchen allerdings noch mehr als das, um die Regierung wirklich unter Druck zu setzen.

Der Kampf für Klimagerechtigkeit muss in den Alltag der Menschen getragen werden, muss den kapitalistischen Alltag unmöglich machen.

Klimastreiks dürfen nicht mehr nur daraus bestehen, einen Freitag alle paar Wochen die letzten beiden Unterrichtsstunden oder eine Vorlesung zu schwänzen, um irgendwo in der Innenstadt zu demonstrieren: Sie müssen in der Schule, in der Uni, im Betrieb selber stattfinden!

Die noch recht junge Bewegung „End Fossil: Occupy!“ hat mit Besetzungen an Unis in zahlreichen Städten und Schulen in Göttingen und Bremerhaven einen guten Schritt in diese Richtung gemacht und an der Sophie-Scholl-Schule in Schöneberg haben Schüler_Innen eine Vollversammlung zum Thema Klimagerechtigkeit abgehalten und Forderungen dazu beschlossen!

Diese Aktionen gilt es auszuweiten, auf noch viel mehr Unis, viel mehr Schulen und vor allem: in die Betriebe. Denn dort wird der Profit der Kapitalist_Innen produziert und wenn dort die Arbeiter_Innen in den Streik treten, keine Züge rollen, keine Pakettransporter fahren, die Fließbänder bei Daimler und Siemens stillstehen, dann können wir nicht mehr einfach ignoriert werden!

Was müssen wir dafür tun?

Um echte Klimastreiks zu erreichen, müssen wir unsere Kämpfe an die Orte bringen, an denen wir uns täglich aufhalten und die Menschen dort von unserer Strategie überzeugen.

Wenn wir bereits Lohnarbeit verrichten, müssen wir mit unseren Kolleg_Innen ins Gespräch darüber kommen, wie wir Klimagerechtigkeit erreichen können. Besonders wichtig sind bereits organisierte Arbeiter_Innen in Gewerkschaften: Gemeinsam müssen wir die Spitzenfunktionär_Innen der Gewerkschaften unter Druck setzen, da diese häufig sehr zögerlich gegenüber Arbeitskämpfen geschweige denn dem Kampf für Klimagerechtigkeit eingestellt sind!

Sie müssen Streiks unterstützen und sich solidarisch zeigen mit den Arbeiter_Innen, so zum Beispiel im öffentlichen Verkehr, der Pflege oder der Logistik!

Die Klimabewegung und die Arbeiter_Innen verfolgen nämlich letztendlich das selbe Interesse: Die Überwindung der kapitalistischen Wirtschaftsweise, die das Klima zerstört und Arbeiter_Innen niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen aufzwingt, damit Manager_Innen und Aktionär_Innen profitieren können.

Die Arbeiter_Innen sind es jedoch, die in der Lage sind, dieses System aus den Angeln zu heben, die Produktionsmittel der Kapitalist_Innen, die Energie-, Verkehrs- und Agrarkonzerne, zu enteignen und unter ihre Kontrolle zu stellen, diese dann demokratisch zu verwalten und so die nötige Transformation hin zu einer klimagerechten Wirtschaft einzuleiten! Gemeinsam mit ihnen müssen wir Jugendliche, Schüler_Innen, Studierende und alle Unterdrückten dieses Systems eine Einheit bilden, die von der Regierung nicht länger ignoriert werden kann, weil wir Unis, Schulen und Betriebe lahmlegen.

Neben der Verbindung zwischen Klimakampf und Arbeitskampf dürfen wir auch nicht vergessen, dass Klimagerechtigkeit nur international möglich ist! Es muss für uns stets klar sein, dass wir den Kampf dafür nicht bloß in Deutschland und in Europa führen, sondern dass unsere Bewegung die ganze Welt umspannen muss und wir hier im Globalen Norden ebenfalls gegen die Unterdrückung der Menschen im Globalen Süden kämpfen müssen, indem wir zum Beispiel für eine Streichung der Schulden der Länder des Globalen Südens eintreten!




End Fossil: Occupy your School!

Die neue aufkommende Klimabewegung End fossil Occupy bereitet sich immer weiter aus. Schon in Frankreich, England, Schottland, der USA, Mexiko, Kanada, Dänemark, Spanien, Deutschland und Portugal gibt es Ortsgruppen von End Fossil. Die Bewegung setzt sich zum Ziel, „die fossile Wirtschaft zu beenden“ und macht dies, indem sie, wie der Name schon sagt, Schulen und Unis besetzt.

In Deutschland hat es schon an mehreren Unis und Schulen Besetzungen und Aktionen gegeben, so wie in Göttingen, wo zwei Schulen und eine Uni momentan besetzt sind. Bei den Besetzungen nehmen sich die Aktivist:innen einen Raum, wie zum Beispiel einen Hörsaal und benutzen ihn um den normalen Ablauf zu stören, so wie Workshops rund um das Thema Klimawandel und was man dagegen tun kann, zu veranstalten. Die Aktionen werden von bundesweiten Forderungen begleitet, so wie von lokalen Forderungen, die konkret an die besetzten Orte angepasst werden. Also so was wie „Solarzellen für das Uni-Dach!“. Einer der wichtigsten Forderungen der Bewegung ist aber “eine Übergewinnsteuer für alle Energieträger“, kombiniert mit der langfristigen Forderung der Vergesellschaftung der Energieproduktion unter demokratische Hand, die nicht profitorientiert sein darf. Außerdem beinhalten die Forderungen noch die Notwendigkeit des Ausbaus von ÖPNV und die sofortige Wieder-Bereitstellung des 9-Euro-Tickets. Langfristig fordern die Aktivist_innen einen kostenlosen ÖPNV. Dazu schließt sich End fossil Occupy auch den Forderungen von Lützi bleibt! ,Debt for Climate und Genug ist Genug an. Daran sieht man, dass End fossil occupy anerkennt, dass ihre Kämpfe nicht isoliert passieren können und aktiv mit anderen Kämpfen gegen den menschengemachten Klimawandel und für die Rechte von Lohnabhängigen verbunden werden müssen.

End Fossil gebührt unsere volle Solidarität! Keine Hetze von Schulleitungen, Dekan, Stadtregierung oder Springer-Presse kann diese brechen. Als Jugendorganisation unterstützen wir die Besetzungen, insbesondere von Schulen, und wollen diese Aktionen voranbringen. Wir unterstützen die 3 Prinzipien „Besetzen bis zum Erfolg!“, „Klimagerechtigkeit“ und „Jugend geführt“ voll und ganz. Wir glauben jedoch, dass wir sie nicht ganz erreichen werden, wenn End Fossil so weiter macht wie bisher. Da wir schon lange sowohl in der Bildungs- als auch in der Klimabewegung aktiv sind, konnten wir dort bereits wertvolle Erfahrungen sammeln. Im Folgenden wollen wir End Fossil deshalb einige Vorschläge machen, wie wir glauben, dass die Besetzungen langfristig Erfolg haben und ihre Ziele auch tatsächlich erreichen können. Uns ist dabei wichtig zu betonen, dass diese Vorschläge nicht von Besserwisser:innen abseits der Barrikade kommen, sondern solidarische Vorschläge von Aktivist:innen sind, die sich selbst aktiv an den Kämpfen beteiligen.

  1. Besetzen bis zum Erfolg

Zum einen halten wir es für wichtig, dass sich die Besetzungen nicht nur auf einen kleinen Kreis von Aktiven stützen, sondern von einem Großteil der Schüler_innen oder Studierenden getragen werden. Dafür müssen wir das Mittel der Vollversammlung nutzen, um mit möglichst vielen Leuten ins Gespräch zu kommen, und die kommenden Aktionen zu planen. So können wir erreichen, dass unsere Besetzungen nicht nur symbolisch bleiben, sondern tatsächlich eine Basis und Unterstützung haben, mit deren Hilfe wir länger bestehen bleiben können. Dabei ist wichtig, dass sich an Schulen und Unis aus den besetzenden heraus Demokratische Streikkomitees gründen, die die Besetzungen koordinieren, sich mit anderen Besetzungen vernetzen und vielleicht auch eigene Flyer erstellen, die andere an Schule und Uni von der Besetzung überzeugen können. Der Zweck davon ist es, damit die Besetzung länger am Laufenden zu halten, so wie die Bewegung so auszuweiten, dass die Besetzungen nicht isoliert bleiben, sondern von anderen Unis und Schulen unterstützt werden. Apropos Unterstützung: Auch die Lehrer_innen und Unibeschäftigten sollten wir für die Ideen unserer Besetzungen gewinnen. Auch sie geht die Klimafrage etwas an und außerdem kritisieren sie immer wieder, zu wenig Mitspracherechte zu haben. Hier bietet sich ihnen mal eine Gelegenheit, ihrem Unmut Luft zu verschaffen. Die Mitglieder der Bildungsgewerkschaft GEW müssen wir aufrufen, die Besetzungen zu unterstützen und diese sollten wiederum ihre Kolleg_innen überzeugen. So können wir unserer Besetzung mehr Rückhalt verschaffen und außerdem auch mögliche Repressionen abwenden.

2. Klimagerechtigkeit

Im Gegensatz zu vielen anderen Climate-Justice-Strukturen und Organisationen traut sich End Fossil die wichtige Forderung aufzuwerfen, dass die Energieproduktion demokratisch und nicht profitorientiert vergesellschaftet werden soll. Da fragen wir uns aber unter wessen demokratischer Hand? Die der Arbeiter:innen? Oder die der Politiker:innen? Deswegen schlagen wir vor, die Forderungen zu spezifizieren. Wir schlagen vor, die Energieproduktion unter der Kontrolle der Arbeiter:innen zu enteignen. Aber wie kann das End Fossil hinkriegen, wenn sie sich als Bewegung an Schulen und an Unis aufbaut?

End fossil muss aktiv in ihren Aktionen die Gewerkschaften und die Arbeiter:innen dazu aufrufen, sich ihnen anzuschießen und ihre Arbeitsplätze zu besetzen und unter eigene demokratische Kontrolle zu bringen. Dies kann sie durch die Aktionen und Besetzungen klarmachen, indem End fossil die Arbeiter:innenklasse aktiv in ihren Forderungen aufruft und darum auch mobilisiert. Die besetzten Räume müssen genutzt werden, um diese Forderungen klar an die Außenwelt zu tragen. Allein das Stören der Normalität und das Besetzen von Unis baut noch nicht den ökonomischen Druck auf das fossile Kapital auf, den es braucht, um damit endlich Schluss zu machen. Bleiben die Besetzungen der Unis isoliert, erzeugt dies zwar Aufmerksamkeit, aber um dem fossilen Kapital tatsächlich den Hahn abzudrehen, müssen wir es durch Streiks und Fabrikbesetzungen dazu zwingen. Eine Solidarisierung mit den aktuellen Tarifrunden in der Metallindustrie und dem öffentlichen Dienst wären erster Schritt, hin zu einem Schulterschluss zwischen Klima- und Arbeiter_innenbewegung. Streikende Arbeiter:innen, Beschäftigte aus der Energieproduktion und Gewerkschafter:innen müssen auf die Vollversammlungen eingeladen werden. Aber auch das Einladen und die Diskussion mit Lehrer_innen oder Renigungspersonal kann gewinnbringend sein. Gemeinsam können wir dann diskutieren und Aktionen planen, denn der Kampf fürs Klima ist letztlich ein Klassenkampf, für unsere Fortexistenz auf diesem Planeten. Die Forderung nach der Enteignung der Energiekonzerne unter Arbeiter:innenkontrolle kann eine wichtige Brücke werden zwischen Klimabewegung und denjenigen, die schon jetzt ihre Nebenkostenabrechnung nicht mehr bezahlen können.

3. Jugend geführt?

End fossil hat es jetzt schon geschafft viele Jugendliche an sich zu ziehen, welche es auch selbst geschafft haben, verschiedene Unis und Schulen überall in der Welt zu besetzen. In ihren Prinzipien versteht sich die Kampagne explizit als „Jugendbewegung“. Als Jugendorganisation teilen wir natürlich die Idee, dass sich Jugendliche selbstständig und unabhängig organisieren sollten. Wir halten es aber deshalb auch für zentral, dass auch Forderungen für die Jugend aufgestellt werden. Das glauben wir, weil Jugendliche in ihrem täglichen Leben und an der Schule nahezu kein Mitbestimmungsrecht haben und von Autoritäten wie Eltern oder Lehrer:innen abhängig sind. Warum sonst müssen wir unsere Schule erst einmal besetzen, um überhaupt gehört zu werden? Eine Jugendbewegung muss dies anerkennen, auf die autoritäre Fremdbestimmung eingehen und Vorschläge machen, wie wir das ändern können. Es braucht Forderungen, mit den man Jugendliche besser erreichen und sie aktiv in einen Kampf gegen den Klimawandel einbinden kann. Es gilt unsere Lebenssituation zu verbessern und uns mehr gesellschaftliche Macht zu erkämpfen. Deshalb fordern wir:

  • Kostenloseses und ökologisches Mensaessen! Selbstverwaltete Speisepläne von uns Schüler_innen!
  • Von Schüler_Innen selbstorganisierte Freiräume, die in den Pausen für alle frei zugänglich sind, an jeder Schule!
  • Weg mit dem Leistungsterror Schüler:innen Kontrolle über den Lehrplan!
  • Demokratische Kontrolle der Schüler:innen und Beschäftigten über die Schulen/Unis, bildet Räte!
  • Für eine flächendeckende Modernisierung und energetische Sanierung aller Schulgebäude sowie ihrer Heizungs-, Wasser- und Belüftungssysteme. Bezahlt werden soll das von denen, die vom Krieg und den steigenden Energiepreisen profitieren!
  • Solidarität mit den Tarifrunden in Metallindustrie und öffentlichem Dienst!
  • Sofortige Enteignung aller Energiekonzerne unter Arbeiter:innenkontrolle!