Resolution zur Landwirtschaft und Ernährungsfrage der kommunistischen Jugendorganisation REVOLUTION, Juni 2023
Inhalt
2. Die Ernährungslage weltweit 3
3. Symptombekämpfung in Kapitalismus. 4
3.2 Das UN-Welternährungsprogramm.. 4
4. Gründe für die Ernährungskrise und Lösungsansätze. 5
4.2 Nahrungsmittelverschwendung. 6
4.3 Spekulation mit Nahrungsmittel 6
4.4 Kriege als Grund für Hunger 7
4.5 Die kapitalistische Nahrungsmittelindustrie. 7
4.6. EU-Subventionen als Teil des Problems. 8
4.6.1 Flächensubventionen und ihre Auswirkungen. 8
4.6.2 Subventionen als imperialistische Machtmittel 8
4.7. Grüne Gentechnik – mehr flopp als topp. 9
4.7.1 Probleme der grünen Gentechnik. 9
4.7.3 Vorteile der Gentechnik?. 10
4.7.4 Forschung zur grünen Gentechnik. 11
4.7.5 Brauchen wir grüne Gentechnik?. 11
4.8 Fleischkonsum: Umweltkiller und Nahrungsmittelvernichtung. 11
4.8.2 Wasser- und Futterbedarf 12
4.8.3 Ausstoß von Treibhausgasen. 12
4.8.4. Gesundheitliche Risiken des Fleischkonsums. 12
4.8.5 Fischfang und Fischwirtschaft – gleiche und spezielle Probleme. 13
4.8.6 Biologische Fleischwirtschaft ist keine Lösung. 13
4.8.7 Kampf der Fleischindustrie. 13
4.9 Die Krise der konventionellen Land- und Forstwirtschaft 15
5. Klassenkampf der Landwirt:Innen und permanente Revolution. 21
5.1 Klassenlage der Farmer:innen. 21
5.2 Kampf dem Großgrundbesitz. 23
5.3 Permanente Revolution und sozialistische Landwirtschaft 24
Wir leben im 21 Jhd.: Flugzeuge fliegen durch den Himmel, Organe werden transplantiert und irgendein Elektrokonzern hat gerade sein neues Handy angekündigt. Doch der Fortschritt trügt. Ein absolut grundlegendes Problem der Menschheit, die Versorgung mit ausreichend Nahrungsmitteln, ist für 830 Millionen Menschen[1] nicht sichergestellt. Betroffen ist also 1/10 der gesamten Menschheit. Tatsächlich handelt es sich jedoch um eine der größten Krisen unserer Zeit und das, obwohl wir global genügend Kapazitäten hätten, um jeden Menschen auf der Erde mehr als satt zu machen. Dennoch scheinen viele uns diese fatale Krise als Normalzustand akzeptiert zu haben.
Der folgende Text geht deshalb den Ursachen auf den Grund, wieso viele Menschen nicht genug Nahrung haben und für welche Forderungen wir kämpfen müssen, um diese permanente Krise zu lösen. Dafür wird zunächst ein einleitender Überblick über die Ernährungslage auf unserem Planeten gegeben. Zudem wird das UN-Ernährungsprogramm, quasi die Antwort der bürgerlichen Staaten auf die Hungerkrise, einer Kritik unterzogen.
Den Hauptteil des vorliegenden Aufsatzes bildet ein Kapitel über die Faktoren, die den Welthunger verursachen und welche Lösungsansätze es für die verschiedenen Faktoren gibt. Dabei wird der Hauptfokus auf die Landwirtschaft gelegt. Der Klimawandel wird in einem eigenen kleinen Kapitel erwähnt, jedoch sind die Auswirkungen dessen so weitläufig, dass diese vor allem in den einzelnen Kapitel eingearbeitet wurden, um Wiederholungen zu vermeiden.
Den Abschluss bildet ein Kapitel über die Klassenzugehörigkeit der Menschen, die in der Landwirtschaft arbeiten und welche Forderungen wir vorschlagen, um den Kampf der unterdrückten Landbevölkerung zum Erfolg zu führen und als Teil einer internationalen kommunistischen Revolution zu organisieren.
2. Die Ernährungslage weltweit
Im Jahre 2023 leiden 830 Millionen Menschen, also 1/10 der Weltbevölkerung, an Unterernährung, haben also keine ausreichende Kalorienzufuhr. 45 Millionen[2] sind sogar akut vom Hungertot bedroht. Jede Minute sterben 6 Kinder[3] an Unterernährung. Jedes siebte Kind auf der Welt hungert, jedes vierte ist chronisch mangelernährt (ihnen fehlen also bestimmte Nährstoffe). Die Folgen sind vor allem für Heranwachsende enorm. Haben sie zu wenig Nährstoffe in ihrer Nahrung, dann ist ihre Entwicklung verzögert oder es entstehen irreparable Schäden. Auch der Zusammenhang von Kindersterblichkeit und Unterernährung ist sehr hoch. Insgesamt sterben an den Folgen von Hunger jedes Jahr mehr Menschen als an HIV/AIDS, Malaria und Tuberkulose zusammen.
Während sich die Ernährungslage von 2003 bis 2015 durchschnittlich verbessert hat, verschlechterte sie sich in der Zeit danach wieder[4]. Seit 2020, also mit der Corona-Pandemie, den stärkeren Auswirkungen des Klimawandels und dem Ukrainekrieg wurde dieser Prozess weiter beschleunigt. Erhöht haben sich sowohl die Anzahl der hungernden Menschen insgesamt, also auch ihr Anteil an der Weltbevölkerung.
Besonders betroffen sind Südasien und die Sahelzone in Afrika. Die Situation ist am schlimmsten in der Zentralafrikanischen Republik, Tschad, Demokratische Republik Kongo, Madagaskar, Jemen, Burundi, Somalia, Südsudan und Syrien[5]. Nicht zufällig sind das fast ausnahmslos Länder, die von jahrelangen Bürgerkriegen völlig zerrüttet sind. Gefährdet sind darüber hinaus Länder, die ein schnelles Bevölkerungswachstum aufweisen, deren Ressourcen und Wirtschaft diese zusätzlichen Menschen in der Geschwindigkeit aber nicht versorgen und aufnehmen können.
Ungleiche Einkommensverteilung und eine hohe Arbeitslosigkeit sind die entscheidenden Faktoren, die Hunger verursachen. Dies gilt nicht nur für Halbkolonien, sondern auch für Industrienationen. Astronomisch hohe Mieten und eine weltweite Inflation haben Ernährungsunsicherheit in den imperialistischen Zentren für einen nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung zur Normalität werden lassen. Selbst in den USA haben ca. 10 % der Menschen nicht immer genug Essen.[6]
50 % der unterernährten Menschen sind kleinbäuerliche Selbstversorger:innen, 20 % sind Landarbeiter:innen, 20 % leben in städtischen Elendsvierteln, 10 % sind Fischer:innen und Viehzüchter:innen[7]. Alter, Geschlecht und Herkunft sind Risikofaktoren für Unterernährung. Frauen, Kinder und rassistisch Unterdrückte sind deutlich häufiger von Hunger betroffen als Menschen, die zu keiner dieser Gruppen gehören. Doch selbst für Menschen, die nicht von Hunger bedroht sind, ist die Versorgung mit Lebensmitteln ein Problem. Besonders in Halbkolonien ist es nichts Ungewöhnliches, dass die Menschen 70 % ihres Einkommens für Essen ausgeben müssen.
Einfache soziale Reformen würden schon eine große Auswirkung im Kampf gegen Hunger haben. Dazu gehört z.B., dass die Löhne an die Inflation angepasst werden, dass jede Person einen lebenswerten Mindestlohn erhält und, dass die Mieten sinken, damit sich die Menschen nicht zwischen einer Wohnung und genug Essen entscheiden müssen. Zudem fordern wir die kostenlose und ausreichende Lebensmittelsoforthilfe, medizinische Versorgung und andere notwendige Güter, um den drohenden Hungertod zu verhindern, bezahlt von den imperialistischen Staaten! Für die Bildung gemeinsamer Preiskontrollausschüsse für Agrarerzeugnisse aus Landarbeiter_innen, Bäuer_innen und Konsument_innen!
3. Symptombekämpfung in Kapitalismus
In vielen Teilen der Welt haben sich Organisationen entwickelt, die Essen kostenlos an Bedürftige abgeben. Sie basieren zumeist auf privaten Spenden und ehrenamtlicher Arbeit. Natürlich ist es gut, dass Bedürftigen geholfen wird. Allerdings sind die Spenden nur eine Symptombekämpfungsstrategie und werden deshalb die Ursache für die Ernährungsproblematik nicht lösen, sondern nur ihre Auswirkungen etwas abschwächen können.
Als Instrument im Kampf gegen den Hunger hat die UN das Welternährungsprogramm ins Leben gerufen. Das Budget betrug 2021 8,4 Mrd. US‑Dollar[8], wovon allein 2.5 Mrd. aus den USA kamen. Das Geld reichte aus, um 97 Millionen Menschen in 88 Ländern Hilfe zu leisten ohne die zweifellos viele von ihnen schwere Schäden bis zum Tod erleidet hätten.
Das Budget klingt zunächst hoch, wird aber im Vergleich mit den Militärausgaben der USA von 858 Mrd. US-Dollar für das Jahr 2023[9] zur Lachnummer. Allein die neue US-Flugzeugträger-Klasse Gerald-R-Ford kostet ca. 13 Mrd. US-Dollar pro Stück![10] Das gibt uns eine Idee davon, wie wenig Geld für den Bekämpfung des Welthungers eigentlich notwendig wäre und wie verhältnismäßig wenig die Staaten darin investieren.
Welche Interessen die Mitgliedsstaaten der UN wirklich verfolgen, wird im Jemenkrieg deutlich. Die G20 Staaten haben zwischen 2015 und 2019 Waffen und Munition im Wert von 17 Mrd. US-Dollar an Saudi-Arabien verkauft[11] und den Krieg so überhaupt erst möglich gemacht. Die USA beteiligt sich zudem auch an der See-Blockade des Jemen, welche der Hauptgrund für die Hungersnot ist. 2020 waren mehr als die Hälfte der Bevölkerung des Jemens (16,2 Millionen Menschen)[12] auf Nahrungsmittellieferungen der UN angewiesen. Diese hat bisher glücklicherweise ein Massensterben verhindert.
Allerdings haben die Staaten in Folge der Coronakrise ihre Beiträge für das Welternährungsprogramm für den Jemen um über 50 % reduziert.[13] Die geleistet Hilfe der G20 Staaten von gerade mal 6.3 Mrd. US-Dollar Hilfen haben, bzw. hatten auch hier nur den Zweck am Ende nicht ein Land erobert zu haben in dem ein Großteil der Menschen verhungert sind. Humanität sucht man in ihrer Politik vergebens.
Die in der UN vertretenen Staaten haben also faktisch die finanziellen Mittel, um den Welthunger effektiv zu bekämpfen. Sie haben jedoch schlicht kein Interesse daran, ihr Geld dafür auszugeben. Auf ihre Hilfe dürfen wir deshalb nicht warten. Außerdem sorgen Nahrungsmittellieferungen aus dem Ausland auch dafür, dass sich keine einheimische Landwirtschaft aufbauen kann, da somit die lokale Konkurrenz vom Markt verdrängt wird. Die Länder entwickeln sich also nicht und blieben dauerhaft von dem Gutdünken der imperialistischen Länder abhängig. Wenn denen jedoch eine halbkoloniale Regierung nicht mehr passt, dann stellen sie die Essenslieferungen ein und verursachen in dem importabhängigen Land so eine Hungerskrise, wie das Beispiel Afghanistans nach dem Abzug der Nato-Truppen im Jahr 2021 zeigt.
4. Gründe für die Ernährungskrise und Lösungsansätze
Im Pariser Klimaabkommen einigten sich die UN-Mitgliedsstaaten darauf, die Erderwärmung bis 2050 auf 1,5 °C und bis 2100 auf 2 °C zu begrenzen. Als Referenzpunkt fungiert dabei das Temperaturmittel der Jahre 1850-1900. Der Temperaturanstieg seitdem beträgt bereits fast 1,3 °C. Das Erreichen des 1,5 °C Ziels ist schon jetzt extrem unwahrscheinlich, da die Treibhausgasemission nahezu kontinuierlich steigt. Die Staaten haben auch bisher kaum etwas dafür getan dies zu verhindern. Letztlich war und ist das 1,5 °C-Ziel leider nie mehr als eine Beruhigungspille für die Weltöffentlichkeit gewesen.
Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Nahrungsmittelproduktion sind bisher stark unterschätzt worden. Bisher wurden nur die Folgen des schleichenden Temperaturanstiegs und die Veränderungen der Niederschlagsmengen untersucht. Mittlerweile ist aber deutlich geworden, dass Extremwetterereignisse und Naturkatastrophen zunehmen und diese zuversichtlichen Modelle ernsthaft in Frage stellen.
Für eine auch in Zukunft produktive Landwirtschaft muss also die Klimaerwärmung aufgehalten und umgekehrt werden. Eine Senkung der Treibhausgase in der Atmosphäre und ein Senken der Erdtemperatur auf das vorindustrielle Niveau sollte das Ziel unserer Klimapolitik sein.
Das Absurde bei der Ernährungsfrage ist nicht nur, dass wir auf der Erde theoretisch Essen für alle Menschen produzieren könnten, sondern dass wir es bereits tun. Ein wichtiger Punkt ist deshalb neben der Produktion auch die Verteilung von Nahrungsmitteln. Besonderes Augenmerkt sollte man auch auf die Verschwendung von Lebensmitteln legen. Jedes Jahr werden 1,3 Mrd. Tonnen Lebensmittel weggeworfen[14], was über 30 % der weltweiten Nahrungsmittelproduktion entspricht[15]. Theoretisch ist das viermal so viel, wie man bräuchte, um den Welthunger zu bekämpfen. Diese sinnlos produzierten Nahrungsmittel belasten die Umwelt und das Klima zudem unnötig.
In Deutschland teilen sich die Verluste auf die Sektoren wie folgt auf: 2 % fallen in der Primärproduktion an, 15 % in der Verarbeitung, 7 % im Handel, 17 % bei der Außer-Haus-Verpflegung (Restaurants und Kantinen) und 59 % in privaten Haushalten.[16] Der Grund für die Entsorgung sind zu 59 % Haltbarkeitsprobleme und zu 21 % zu groß bemessene Mengen.
Natürlich kann der Nahrungsmittelverlust nicht vollständig verhindert werden. Allerdings gibt es Strategien den Verlust erheblich zu begrenzen. Ein wichtiger Ansatz dafür wäre es, preisgünstige öffentliche Kantinen einzuführen. Dort ist der Lebensmittelverlust nämlich um ein Vielfaches niedriger als in privaten Haushalten. Eine weiterer Teil der Lösung ist das Food-Sharing, welches in Deutschland bereits eine gewisse Bedeutung hat. Dabei werden Produkte, die von Restaurants oder Supermärkten nicht mehr verkauft werden können, kostenlos abgegeben, statt sie zu vernichten. Eine sinnvoller Ansatz wäre es das Food-Sharing zur Pflicht für Restaurants oder Supermarkt ketten zu machen. Aber auch ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Was es tatsächlich braucht, um die globale Nahrungsmittelverschwendung zu stoppen ist die internationale demokratische Planung der Nahrungsmittelproduktion, – und verarbeitung. Im Rahmen einer demokratischen Planwirtschaft hätten wir selbst als Produzent_innen und Konsument_innen die Kontrolle über die Nahrungsmittelproduktion und könnten sie, statt auf kurzfristige Profitinteressen, auf die langfristigen Bedürfnisse von Mensch und Natur ausrichten.
Vor allem seit der Wirtschaftskrise 2008 wird an den Finanzmärkten verstärkt versucht, mit der Spekulation mit Rohstoffen und Nahrungsmitteln Gewinne zu machen. Da die produktive Wirtschaft im Zuge der Krise immer weniger Profite abgeworfen hat und eine Blase nach der anderen geplatzt ist, hat sich das Kapital in neue Sphären ausgebreitet, denn Nahrung wird immer benötigt werden. Dafür werden sogenannte „Futures“ genutzt, also Verträge über zukünftige Nahrungsmittel- oder Rohstoffkäufe. Ist der Preis zwischen Abschluss des Vertrages und dem Zustandekommen des Handels gestiegen, ergibt sich ein Gewinn für den Käufer des Futures. Finanzakteure können damit also auf den Kursstieg oder Kursverlust von Rohstoffen oder Nahrungsmittel wetten, indem sie Futures kaufen oder verkaufen.[17]
Durch diese Spekulation verändern sich die Preise, ohne wirklich einen gestiegenen oder gesunkenen Bedarf auszudrücken. Im Jahr 2009 ist so z.B. der Preis von Zucker auf dem Weltmarkt um 79 % gestiegen. Als in den Jahren 2007/8 Getreidespekulationen die Preise für Getreide in die Höhe schnellen ließ (Anstiege von 50 – 300 %), stieg die Zahl der Hungernden sprunghaft um 100 Millionen. Dies löste Hungerproteste in 61 Ländern aus. Ähnliches passierte noch einmal 2011. Die Spekulation mit Rohstoffen und Nahrungsmitteln muss also sofort verboten werden, damit sich solche Ereignisse in Zukunft nicht wiederholen.[18] Nicht die Börse, sondern demokratische wähl- und abwählbare Preiskontrollausschüsse aus Landarbeiter_innen, Bäuer_innen und Konsument_innen, sollten die Priese von Agrarerzeugnissen regulieren!
Ein Grund wichtiger Grund für die Hungerskrisen sind bewaffnete Konflikte. Besonders prominent ist das Beispiel der Ukraine. Die schwarzen fruchtbaren Böden vor allem im Süden und Osten des Landes sind verantwortlich für ca. 44 % des weltweiten Export von Sonnenblumenöl, 40 % des weltweiten Roggenexports, 20 % des Rapsölexports sowie über 10 % des weltweiten Mais-, Gerste- und Weizenexports.[19] Beliefert werden damit besonders Länder in Afrika und dem Nahen Osten. Durch den Krieg jedoch mussten Millionen Menschen fliehen und ihre Felder und Höfe verlassen. Vielfach wurden diese in Schutt und Asche gelegt. Außerdem waren zunächst die Häfen durch die russische Marine blockiert. Die weltweiten Preise für Getreideerzeugnisse schossen deshalb in die Höhe und es stellten sich schnell Versorgungsengpässe ein. Ein anderes aktuelles Beispiel ist der Äthiopienkrieg. Hier wurde die nördliche Region Tigray umzingelt und belagert und auch Hilfsgüter wurden nicht in die Provinz gelassen. Die Folge waren der teilweise Zusammenbruch der Landwirtschaft und eine Hungerskrise.
Im Kampf gegen Krieg stellen wir folgende Forderungen auf:
Wie jedes kapitalistische Unternehmen haben auch die Nahrungsmittelkonzerne nicht das Ziel, die Bevölkerung möglichst gesund zu ernähren, sondern so viel Profit wie möglich zu machen. Deshalb versuchen sie in der Produktion so viel wie möglich zu sparen. Unmenschliche Arbeitsbedingungen z.B. auf Plantagen werden so sehenden Auges in Kauf genommen. Gleiches gilt für umweltschädigende Praktiken.
Viele Konservierungsstoffe, Farbstoffe, Aromen, Füllmittel usw. sind unzureichend erforscht und befinden sich dennoch in unserer Nahrung. Eine Bewertung durch den Endverbraucher ist also völlig unmöglich. Vielfach werden unserer Nahrung übermäßige Mengen an Zucker oder Salz zugesetzt, die in diesen Mengen ungesund für den Menschen sind. Eine Studie aus dem Jahr 2013 belegt, dass die Nahrungsmittelindustrie systematisch die staatliche Gesundheitspolitik untergräbt.[20] Dies verursacht große Schäden an der Gesundheit der Menschen und hohe Kosten für den Gesundheitssektor. Darüber hinaus werden diese Produkte oft fälschlicherweise als gesund oder umweltschonend dargestellt, was eine bewusste Irreführung darstellt.
Wie für alle Produktionsmitteln schlagen wir für die Nahrungsmittelindustrie eine Vergesellschaftung unter Arbeiter:Innenkontrolle vor, um dem Treiben der Nahrungsmittelindustrie ein Ende zu setzen und sie im Interesse der Ernährung der Weltbevölkerung neu zu organisieren. Außerdem braucht es gewerkschaftliche Rechte und massive Lohnerhöhungen entlang der gesamten Produktionskette. In kaum einer anderen Industrie sind die Arbeitsbedingungen weltweit so schlecht wie in der arbeitsintensiven Landwirtschaft.
Die EU schüttet jedes Jahr 50 Mrd. Subvention an die Landwirtschaft aus[21], was die Hälfte ihres Budges ausmacht. Weltweit sind es jährlich über US-$ 540 Mrd.[22] Das ist eine gewaltige Summe und könnte einen wichtigen Beitrag für den Umbau der Landwirtschaft liefern. Allerdings sind in Europa drei Viertel davon Flächensubventionen, d.h., dass das Geld an die landwirtschaftliche Nutzfläche gebunden ist. Ob ökologisch nachhaltig gewirtschaftet wird, ist kein Kriterium für die Auszahlung.
Die Betriebe werden also nicht motiviert, auf ökologische Landwirtschaft umzustellen. Im Gegenteil: Durch die Subventionen werden zum Teil Agrarprojekte auf Basis von begrenztem Grundwasser umgesetzt, die auf Dauer keine Überlebenschancen haben, wie z.B. Mandelplantagen im extrem trockenen Süden Spaniens.
Wenn Bauern z.B. sinnvollerweise Bäume pflanzen, um ihre Felder vor Wind zu schützen, bekommen sie für diese Flächen keine Subventionen mehr. Außerdem werden 70 % der landwirtschaftlich genutzten Flächen in der EU für die Produktion von Futtermitteln genutzt.[23] Die Subventionen für Agrarflächen verwandeln sich deshalb zu weit über 50 % in die Subvention von Fleisch. Dadurch wird der Konsum von Fleisch künstlich verbilligt und so massiv angeregt. Das hat weitere katastrophale Auswirkungen auf das Klima und die Menschheit (siehe Kapitel 4.8: Fleischkonsum: Umweltkiller und Nahrungsmittelvernichtung). Damit Landwirt:innen ihre Produktion umstellen, müssen Subventionen deshalb an Bedingungen gebunden werden, die der Umstellung auf nachhaltige Landwirtschaft nutzen.
Noch dazu sorgen die Subventionen dafür, dass landwirtschaftliche Produkte aus Europa zu Dumpingpreisen in Halbkolonien exportiert werden können. Dies wird durch umfangreiche Freihandelsabkommen, wie den EPAs (Economic Partnership Agreements, Freihandelsverträge zwischen der EU und knapp 90 ehemaligen Kolonien) unterstützt.[24] Das bekannteste Beispiel ist wohl der Export von Schlachtabfällen nach Ghana. Diese Exporte machen die lokale Landwirtschaft kaputt, weil deren Produkte preislich nicht mit den industriell angebauten und subventionierten Erzeugnissen mithalten können. Ihr Land verödet dann oder wird von großen Agrarkonzernen aufgekauft. In der Folge sterben lokale Züchtungen aus, die auf die speziellen Gegebenheiten vor Ort bestens angepasst sind. Vor allem aber verarmen lokale Farmer:innen, was wiederum den Staat aufgrund von ausfallenden Steuern schadet und den heimischen Konsumgütermarkt schwächt. Das Land verarmt so und wird vom Ausland abhängig. Ernteausfälle in Europa (z.B. durch Dürren, Kriege usw.) gefährden somit die Ernährungssicherheit in vielen Halbkolonien. Subventionen auf Exportprodukte sollten deshalb stückweise abgebaut werden.
Somit spielen die EU-Agrarsubvention eine wichtige Rolle in der Aufrechterhaltung kolonialer Strukturen, welche die halbkoloniale Agrarproduktion auf die Bedürfnisse imperialistischer Staaten zuschneidet (Anbau von Kaffee, Kakao, Bananen, Avocados, Plamöl etc. anstatt lokaler Pflanzen für die Ernährung wie Hirse, Linsen etc.) und ihre Abhängigkeit vom Import westlicher Agrargüter (Weizen, Soja, Fleisch) verstetigt. Aus diesem Grund lehnen wir das System der EU-Agrarsubventionen ab. Sie sind lediglich ein teures Mittel (fast die Hälfte des gesamten EU-Haushalts), mit dem die EU-Agrarmonopole vor ausländischer Konkurrenz geschützt werden sollen. Durch den Export überschüssiger Produkte versuchen sie, ein Kollabieren des hochproduktiven europäischen Agrarmarktes durch die Externalisierung des starken Preisdrucks zu verhindern. Statt imperialistischem Preisdruck brauchen wir demokratische wähl- und abwählbare Preiskontrollausschüsse für Agrarerzeugnisse aus Landarbeiter_innen, Bäuer_innen und Konsument_innen!
Als grüne Gentechnik werden alle Verfahren bezeichnet, indem nicht mittels Züchtung, sondern im Labor die DNA und damit die Eigenschaften einer Pflanzen schlagartig verändert werden. So können in kurzer Zeit völlig neue Pflanzentypen designt werden, die entweder gar nicht oder nur über eine jahrzehntelange Züchtung hergestellt werden könnten. Weltweit werden auf über 190 Millionen Hektar gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut. Das entspricht der 16-fachen Ackerfläche Deutschlands. Die Hälfte von dieser Fläche befindet sich in der USA.[25] 2/3 aller Sojabohnen und aller Baumwolle kommen von Genfeldern. Seit in den 1980er Jahren des erste Mal ein fremdes Gen in die DNA einer Pflanzen eingeschleust wurde, gibt es Diskussionen über den Nutzen und den Schaden dieser Technologie. Das folgende Kapitel soll eine kurze Einschätzung über die Probleme und Möglichkeiten der Gentechnik geben.
Problematisch bei dem Verfahren ist, dass die veränderten Pflanzen unweigerlich Einzug in unsere Ökosysteme nehmen werden und dort möglicherweise große Schäden anrichten, wenn sie sich z.B. eine schädlingsresistente Art unkontrolliert vermehrt. Außerdem haben die gentechnisch veränderten Proteine das Potential Allergien auszulösen, was sich leider sehr schwer erforschen lässt. Um gentechnisch veränderte Pflanzen zu produzieren, werden diese antibiotikaresistent gemacht. Diese Eigenschaft kann sich möglicherweise auf Bakterien übertragen und somit die Antibiotika-Krise verschärfen, auch wenn eine Genübertragung von Pflanzen auf Bakterien (horizontaler Gentransfer) bisher nur im Labor beobachtet wurde.
Der gentechnisch veränderte Mais MON 810 ist ein sehr bekanntes Beispiel für die grüne Gentechnik da er bis 2009 auch in Deutschland angebaut werden konnte. Er wurde von der Firma Monsanto gentechnisch so verändert, dass er ein Gift gegen den Maiszünsler, der der bedeutendste Maisschädling ist, produziert. Das Problem dabei ist, dass dieses Gift auch für andere Tiere schädlich ist. Die Boden lebende Mikroorganismen sind davon betroffen, was die Fruchtbarkeit des Bodens auf Dauer reduziert. Das Gift kann auch in Bäche und Flüsse gelangen und dort weiteren Schaden anrichten.[26],[27]
Durch das massenweise Vorkommen des Giftes in der gesamten Pflanze entwickeln sich resistente Insekten, die dann nicht mehr gezielt mit dem Gift behandelt werden können. Die Bedrohung durch den Schädling kann in Zukunft also wieder zunehmen. Die Pollen des Mais können sich über 4,5 Kilometer weit verteilen und sich so auch auf Feldern verbreiten, auf denen kein gentechnisch veränderter Mais wachsen soll. Sie schaden auch anderen Insekten die direkt mit den vergifteten Pollen in Kontakt kommen, sowie unzähligen anderen Tierarten, die kontaminierte Tiere als Nahrung aufnehmen. Landwirt:innen, die keine Genpflanzen einsetzen, müssen deshalb ihre Produkte zum Teil billiger und als gentechnisch verunreinigt verkaufen. Die Verhinderung dieser Verunreinigung kann zudem hohe Kosten verursachen. Durch Mischkulturen (z.B. von Mais und Bohnen) sowie eine andere Bodenbearbeitung könnte das Aufkommen des Schädlings ebenfalls und nachhaltiger reduziert werden.
Das Tochterunternehmen Monsanto des deutschen Chemieriesen Bayer ist mit einem Marktanteil von 90% das wichtigste Unternehmen auf dem Mark für gentechnisch verändertes Saatgut. Die weltweit am häufigsten eingesetzte gentechnisch gestützte Strategie nennt sich „Roundup Ready“. Dafür hat Monsanto Saatgut für Weizen, Reis, Soja und Mais so verändert, dass sie das Besprühen mit Glyphosat überleben. So kann kostengünstig Unkraut entfernt werden, was wiederum den Ertrag erhöht. Glyphosat verkauft Monsanto natürlich auch selbst. Wenn sich die Bauern für die Glyphosat gentechnisch veränderte Pflanzen entschieden haben, müssen sie eine Technologiegebühr zahlen, wenn sie ihre eigene Ernte als Saatgut nutzen.[28] Außerdem ist das Glyphosat so aggressiv im Boden, dass zum Teil über mehrere Jahre keine anderen Pflanzen mehr in dem verseuchten Boden wachsen würden.[29] Ähnlich wie Bakterien können auch Unkräuter auf natürlichem Weg eine Resistenz gegenüber Glyphosat entwickeln.[30] So wird irgendwann ein größerer Einsatz von Glyphosat notwendig und es entwickelt sich eine Teufelsspirale aus Abhängigkeit von Glyphosat und dem Saatgut und damit von der Firma Monsanto, bzw. Bayer. Obwohl die Produktivität hoch und die Anbaukosten niedrig sind, kann hier von einem positiven Nutzen der Gentechnik kaum gesprochen werden. Zu wenig nachhaltig ist die Technik, zu groß sind die Schäden an der Umwelt. Tatsächlich kann konstatiert werden, dass der Hauptnutzen der Gentechnik momentan ist, dass Monsanto tonnenweise Glyphosat verkaufen kann.
Bayer dagegen argumentiert, dass z.B. die gentechnikgestützte Herstellung von Auberginen, die ein Gift gegen den Auberginenfruchtbohrers produzieren, die Anwendung von Pestiziden reduziert hat. So treffe das Gift nur die Insekten, die tatsächlich an der Pflanze fressen und nicht alle Tiere, die sich auf den besprühten Feldern befinden. So reduziere sich auch die Insektizidbelastung der Auberginen. Das Gift in der Pflanze kann selbst gefährlich für den Menschen werden.[31]
Ein vielfach bemühtes positives Beispiel von grüner Gentechnik ist der sogenannte goldene Reis. Es ist eine spezielle Reissorte, die gentechnisch so verändert ist, dass sie größere Mengen an ß-Carotin produziert, aus welchem der Körper das überlebenswichtige Vitamin A synthetisiert. So kann dem Mangel Vitamin-A, der vor allem in Afrika und Südasien weitverbreitet ist, entgegengewirkt werden. Allerdings sind auch viel einfachere Verfahren möglich, wie z.B. Vitamin A in Grundnahrungsmittel wie Zucker und Mehl beizumischen. Zudem wäre eine fettreicher und abwechslungsreichere Ernährung der eigentliche Weg, um Unterernährung wie den Vitamin-A-Mangel zu bekämpfen. Durch die imperiale Unterdrückung dieser Länder ist das aber nicht möglich.
Gegen die Probleme des Klimawandels könnte die grüne Gentechnik vielleicht helfen. In Deutschland werden z.B. Kartoffeln entwickelt, die selbst bei großer Trockenheit noch dicke Knollen ausbilden (normalerweise würden sie den Knollenwachstum dann stark einschränken).
Die grüne Gentechnik könnte in Zukunft einige nützliche Errungenschaften bringen und so zur Sicherung der Ernährung der Menschheit beitragen. Allerdings ist sie mit großen, kaum kalkulierbaren und schwierig erforschbaren Risiken verbunden. Wie bei allen hier diskutierten Fragen ist die objektive Untersuchung der verschiedenen Verfahren entscheidend bei der Abwägung von Nutzen und Gefahren. Die Forschung ist allerdings sehr teuer, weshalb es oftmals nicht genügend belastbare Studien gibt. Das Geld für die Kosten von breit und lang angelegten Studien haben oftmals nur die großen Chemie- und Agrarkonzerne, die die Sicherheit ihrer Produkte in der Regel selbst testen. Deren Ergebnissen kann man aber natürlich nicht trauen, weil sie Studien meistens nur zur Rechtfertigung ihrer Unternehmenspraxis einsetzen. Studien, die ihnen nicht nutzen, werden entweder manipuliert, missverständlich ausgelegt oder einfach nicht veröffentlicht.
Aufgrund der seit 1995 gemachten Erfahrungen mit gentechnisch veränderten Pflanzen lässt sich schließen, dass die Risiken sehr groß und die Nutzen bisher eher gering sind. Deshalb sollte die grüne Gentechnik nur punktuell bei besonders aussichtsreichen Verfahren weiter erforscht werden. Der Einsatz des so produzierten Saatgutes sollte, wenn überhaupt, nur als letztes Mittel eingesetzt werden. Es gibt bereits weitaus sicherere Verfahren, um den Ertrag der Landwirtschaft zu erhöhen. Darüber hinaus ist es sinnvoller vorhandene Gelder vorzüglich in die Erforschung in nachhaltige und nicht gentechnik-basierte Strategien zu investieren. Gemeinsam mit den Beschäftigen in den betreffenden Laboren müssen wir als Klimabewegung volle Einsicht in die Geschäftsbücher und Forschungsberichte der betreffenden Konzerne erkämpfen. Erst dann können wir in staatlich voll ausfinanzierten und demokratisch von unserer Klasse kontrollierten Forschungseinrichtungen sinnvoll Chancen und Grenzen der Gentechnik abwägen.
Fleischkonsum ist ungesund und hat katastrophale Folgen für Tier, Mensch und die gesamte Umwelt, inklusive das Klima. Weltweit steigt der Fleischkonsum jedoch konstant an. Seit 1990 hat er sich verdoppelt[32]. Das hat mit dem Wachsen der Weltbevölkerung zu tun, aber auch damit, dass der Fleischkonsum in Asien, besonders in China, zunimmt.
Obwohl Tiere eine stark eingeschränkte Intelligenz haben, können sie Schmerz spüren, haben ein gewisses Selbstbewusstsein und können Emotionen wie Angst und Stress empfinden. Gerade die zumeist konsumierten hohen Säugetiere, wie Schweine und Rinder sind sogar für ihre besonders hohe Intelligenz bekannt. Im Kapitalismus werden die Tiere nicht wie Lebewesen, sondern wie Waren behandelt. Die Praxis der Zucht und Schlachtung ist deshalb barbarisch. Das Leid, was diese Tiere im Laufe ihres Lebens ertragen müssen, ist unvorstellbar. Sie können ihrer natürlichen Lebensweise in keiner Weise nachgehen. Die Tiere sind eng gedrängt, verletzen sich gegenseitig und leiden unter ihren eigenen Ausscheidungen. Um dem gegenseitigen Verletzen entgegenzuwirken, werden die Schnäbel von Hühnern und die Schwänze von Schweinen abgeschnitten (letztere Praxis ist mittlerweile in Deutschland theoretisch verboten).
In vielen Ländern gibt es zwar Mindeststandards für die Haltung von Tieren, diese sind aber viel zu gering. Für ein Schwein gibt es in Deutschland z.B. eine Mindestfläche von 0,75 m².[33] Für Hühner gilt je noch Mastart, dass auf einem Quadratmeter 16-22 Tiere gehalten werden dürfen.[34] Faktisch ist also die Grenze des physisch möglichen in der konventionellen Haltung der Mindeststandard. Die Mindeststandards werden aber sowieso kaum geprüft und oftmals missachtet, wie Tierrechtsorganisationen vielfach nachgeprüft haben (z.B. der Höchstabstand der Gitterstäbe auf dem Boden).
Als Kommunist:innen ist unser Ziel die Befreiung der Menschheit. Dennoch sollte uns vermeidbares Leiden anderer Lebewesen, wenn es direkt durch den Menschen verursacht wird, nicht egal sein. Deshalb müssen die Haltungs- und Schlachtungsbedingungen in der Fleisch-, Ei-, und Milchproduktion verbessern und deren Einhaltung streng kontrollieren.
Für ein Kilogramm Rindfleisch werden ca. 15.000 Liter Wasser benutzt. Bei Schweinefleisch sind es knapp 6.000 L bei Hähnchenfleisch 4.300 L. Besonders brisant ist der Nahrungsmittelverbrauch.[35] In der Fleischproduktion werden aus 3-10 Kalorien Futtermittel gerade mal 1 Kalorien Fleisch (je nach Tierart, Rind ist am wenigsten produktiv).[36] Die Fleischindustrie ist also weniger eine Nahrungsmittelindustrie und mehr Nahrungsmittelvernichtungsindustrie. Das hat zur Folge, dass der Getreidepreis in die Höhe steigt, was wiederum die Ernährungssicherheit von hunderten Millionen Menschen bedroht. Für den Anbau dieser Pflanzen wird über die Hälfte der weltweiten Ackerfläche genutzt (!). Oft werden dafür Wälder gerodet, wodurch CO2 in die Atmosphäre freigesetzt wird. Außerdem ist der Einsatz von Dünger und Pestiziden gerechnet auf die Nährwerte des Fleisches astronomisch.
Tiere stoßen jede Menge Methangas aus, welches als Klimagas 25-mal schädlicher als CO2 ist. Deshalb ist die Tierindustrie schädlicher für das Klima als der gesamte weltweite Transportsektor. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) schätzt, dass 18% der weltweiten Treibhausgasemissionen auf die Fleischproduktion zurückgehen.[37] Zusätzlich scheiden die Tiere massenweise Exkremente aus, die, wenn sie im Übermaß auf Äcker ausgebracht werden, das ökologische Gleichgewicht aus der Bahn werfen. Sie erhöhen nämlich den Nitratgehalt der Böden, Flüsse und Meere (siehe Kapitel 4.9.2 Dünger).
Durch das enge Beisammensein der Tiere in der Massentierhaltung sind diese sehr anfällig für Krankheiten. Die Folge ist der massive Einsatz von Antibiotika. Genauso wie in Krankenhäusern werden so multiresistente Keime gezüchtet, die durch den Mist auf den Feldern und dort wachsenden Pflanzen, das Personal oder durch das rohe Fleisch selbst auf den Menschen übertragen werden.[38] Daraus ergeben sich jährlich tausende vermeidbare Tode.
Darüber hinaus ist Fleisch für den Menschen aufgrund des hohen Anteils an gesättigten Fettsäuren ungesund. Diese können nämlich bei übermäßigen Konsum zu Herz-Kreislauf‑Erkrankungen führen. Im Fleisch können sich zudem Gifte ansammeln, wie z.B. Dioxin, ein hochgiftiger Stoff, den Nutztiere in ihrem Fettgewebe einlagern.[39]
Ebenso wie der Konsum von Landtieren ist auch der Konsum von Meerestieren (Fische, Krebse, Garnelen, Muscheln, Tintenfisch usw.) in den letzten 50 Jahren massiv angestiegen (ungefähr um 100%).[40] Und genauso wie der Fleischkonsum hinterlässt auch der Fischkonsum erhebliche Schäden an unserer Umwelt. 35 % aller Fische werden vom Menschen so stark bejagt, dass ihre Bestände gefährdet sind.[41] Beifang tötet viele Tiere unnötigerweise und bestimmte Fangtechniken schaden den Unterwasserökosystemen, wie z.B. Schleppnetze oder die senkrecht verlaufenden Seile zwischen Krebsreusen und Bojen, in denen sich Wale verfangen.
Alte Fischernetze machen ca. 30 % des Plastiks in den Meeren aus und töten z.B. Haifische, Wale, Tauchvögel oder Schildkröten, da sich diese in den sogenannten Geisternetzen verheddern. Über die Jahre lösen sie sich auf und reichern die Weltmeere so mit Mikroplastik an.[42]
Mehr als 50% aller vom Menschen konsumierter Fische kommen mittlerweile aus Aquakulturen. Dies führt zu einer massiven Verschmutzung von Flüssen und Meeren. Die Fütterung der Zuchtfische erfolgt zumeist mit Wildfang oder Beifang. Auch hier breiten sich wegen der engen Haltung schnell Krankheiten aus, auch hier wird in großen Mengen Antibiotika eingesetzt (welches zudem über das Wasser noch besser in die Umwelt gelangt). Im Meer werden für den Bau von Fischfarmen auch Natur, wie z.B. Mangrovenwälder, zerstört. Und auch im Fisch gibt es giftige Stoffe, die sich anreichern. Das sind z.B. Schwermetalle wie Blei und Cadmium, die Fische über die Nahrung aufnehmen oder der Futterzusatz Ethoxiquin, für den es auch in Deutschland bisher keinen Grenzwert im Fischfutter gibt. [43]
Biologische und artgerechte Haltung sind leider keine Lösungen. Zwar verbessern sie das Tierwohl, gleichzeitig leben die Tiere aber noch länger und auf noch größeren Flächen, was wiederum dafür sorgt, dass sie mehr Nahrung brauchen und mehr Methan ausstoßen.
Nicht nur das Züchten von Tieren, auch die Verarbeitung von Fleisch ist ein riesiges Geschäft für das Kapital. Deutschland ist dabei eines der führenden Länder. Das Schlachten und Verarbeiten von Fleisch sorgt in Deutschland jährlich für einen Umsatz von 40 Mrd. €. Obwohl 1400 Betriebe in dem Gewerbe tätig sind, hat allein der größte Betrieb Tönnis einen Umsatz von 16 Mrd. € im Jahr.[44] Es steht also ein großes Kapital hinter der Fleischproduktion, welches seine Interessen verteidigt. Von den hohen Profiten bekommen die über 150.000 Beschäftigten jedoch nichts ab. Seit Jahren ist die Schlacht- und Fleischverarbeitungsindustrie für ihre miserablen Arbeitsbedingungen, insbesondere für Saisonarbeiter_innen aus dem EU-Ausland, bekannt.
Trotz kleiner Verbesserungen findet eine starke Ausbeutung in den Betrieben statt. Deshalb müssen wir auch in diesen Betrieben den Schulterschluss mit den Kolleg:innen suchen. Gewerkschaftliche Organisierung ist für den Kampf um mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen essenziell. In Deutschland ist die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) die zuständige Branchengewerkschaft.
Doch nicht nur die Fleischindustrie in Deutschland ist ein Problem. Weltweit gibt es unzählige riesige Firmen, die Fleisch verkaufen. Sie alle sind nicht an der Ernährung der Bevölkerung, sondern nur an ihrem Profit interessiert. Dafür produzieren sie 330 Millionen Tonnen Fleisch[45] dessen Konsum ungesund für den Menschen ist und zudem Wasserknappheit, Artensterben und Hunger erzeugt, sowie den Klimawandel beschleunigt.
Wir müssen alle Beschäftigten der Fleischindustrie auch im Kampf für eine andere landwirtschaftliche Produktion und eine andere Ernährung gewinnen. Sie müssen das Kapital nicht nur als Feind im Tarifkampf, sondern auch als Feind für eine nachhaltige Ernährungs- und Umweltpolitik sehen. Dort darf der Kampf aber nicht stehenbleiben. Die Beschäftigten müssen auch für eine revolutionäre Perspektive gewonnen werden.
Um den Fleischkonsum zu senken und die Ernährungsfrage in die Hand der Beschäftigten zu legen schlagen wir folgende Punkte vor:
Bis heute ist der Ertrag an Agrarprodukten im Verhältnis zur Fläche immer weiter angestiegen. Grund dafür ist, dass sich die industrielle Landwirtschaft immer weiter ausbreitet. Die heute praktizierte Form der konventionellen industriellen Landwirtschaft (aber nicht nur diese) befindet sich jedoch in einer wachsenden Krise. Ihre Anbaumethoden richten immer größere Schäden auf dem Planeten an und ihre Produktion wird auch selbst anfälliger für Verluste. Der Klimawandel verstärkt und beschleunigt diese Entwicklung. Dabei sind die Dürren und Unfruchtbarkeit des Bodens in einem Maße menschengemacht, das weit über den menschengemachten Klimawandel hinausgehen. Mit den konventionellen Anbaumethoden manövriert sich die Landwirtschaft so zunehmend in eine Sackgasse.
Die Probleme dafür sind vielfältig, basieren jedoch größtenteils auf der Unfähigkeit der kapitalistischen Produktionsweise eine nachhaltige Produktion zu organisieren. Obwohl viele Lösungsstrategien bekannt sind und ihre Umsetzung schon im Kapitalismus theoretisch möglich wäre, sind die bürgerlichen Regierungen unwillig genug, etwas für einen ökologischen Umbau zu tun. Sie gehen sehenden Auges dem Abgrund entgegen. Die Lobby der Großgrundbesitzer, Agrar- und Düngemittel- bzw. Pestizidkonzerne weisen dafür die Richtung. Verbesserungen müssen deshalb gegen den Widerstand der Chemie- und Lebensmittelindustrie, den Großgrundbesitz und ihren Regierungen durchgesetzt werden.
Fakt ist, dass eine ökologisch nachhaltige Landwirtschaft dafür sorgt, dass die Böden fruchtbarer werden und die Landwirtschaft resistenter gegenüber dem Klimawandel wird. Wenn die Landwirtschaft auf biologische Produktion umgestellt ist, werden die ökologisch nachhaltigen Produkte sogar unterm Strich günstiger sein, weil die externen Kosten erheblich sinken werden. Noch sind die Erträge der konventionellen Landwirtschaft jedoch deutlich höher. Die Wirtschaftlichkeit der Biobetriebe, die in Deutschland ca. 10 %[46] ausmachen, ist laut Agrarbericht aber sogar höher als die der konventionellen Betriebe. [47]
Jetzt mit dem Umbau zu beginnen ist entscheidend, da eine solche Transformation einige Jahrzehnte in Anspruch nehmen wird. Das Geld dafür muss aus den Aktionsfonds und Sparkonten der monopolitischen Agrarkonzerne kommen. Da der Markt aus sich heraus diesen Umbau nicht leisten wird, da die kurzfristigen Interessen der Agarkonzerne mehr wiegen als die langfristigen Interessen der Menschheit, braucht es die Enteignung der Großgrundbesitzer und Agrarkonzerne, sodass die der ökologische Umbau der Landwirtschaft unter demokratischer Kontrolle der Arbeiter_innen abseits der profitbasierten Marktlogik vollzogen werden kann.
Als Monokultur wird der Anbau einer einzigen Pflanze über eine Abfolge von mehreren Jahren bezeichnet. Es kann damit aber auch der Anbau einer einzigen Pflanzen auf einem (gigantischen) Feld gemeint sein. Kaffee- oder Palmölplantagen mit ausschließlich diesen Nutzpflanzen sind eindrückliche Beispiele für diese Anbaustrategie. Solche Plantagen sind sehr anfällig für Unkraut, Krankheiten und Schädlinge. Folglich muss der Einsatz von Pestiziden und Dünger erhöht werden, was wiederum zu Resistenzen und einer Überdüngung führt.[48]
In Deutschland sind Monokulturen über mehrere Jahre hinweg zwar selten (und sogar per Gesetz verboten), allerdings hat sich hierzulande die Fruchtfolge verengt. Außerdem ist der Anblick von Feldern der gleichen Pflanzen bis zum Horizont (z.B. Raps) auch hierzulande nichts Ungewöhnliches.
Ein Wechsel der Pflanzen ist im Kapitalismus aber gar nicht immer und überall möglich, da es zum Teil feste Abnehmer:innen gibt, die z.B. für ihre Biogasanlage immer nur eine bestimmte Pflanze brauchen. Außerdem ist das Saatgut so gezüchtet, dass es am besten in Monokulturen gedeiht. Eine Umstellung würde ihren vollen Effekt also erst entfalten, wenn auch entsprechendes Saatgut gezüchtet ist. Außerdem müssten neue Maschinen für die Ernte konstruiert werden, bzw. massenhaft und damit kostengünstig hergestellt werden. Zum Teil gibt es schon Geräte, die aber aufgrund der geringen Nachfrage sehr teuer sind.
In Spanien und der Schweiz wurde auf Versuchsfeldern bereits bewiesen, dass Mischkulturen (z.B. Linsen und Lupinen) ertragreicher als Monokulturen sind. In Spanien waren die Erträge 3% in der Schweiz 20 % höher, wenn zwei Arten gleichzeitig gepflanzt wurden. Die Zahlen stiegen auf 13 % bzw. 44% bei einer Mischkultur aus vier Pflanzen. Die Gründe dafür sind wahrscheinlich die bessere Ressourcennutzung durch die Pflanzen so wie eine bessere Schädlingskontrolle. So kann auch die Artenvielfalt erhöht werden, die auf den gigantischen Monokulturen sehr gering ist. [49]
Das Problem der Monokulturen bezieht sich natürlich nicht nur auf die Landwirtschaft, sondern auch auf die Forstwirtschaft. Eine Studie der Universität München stellt fest, dass Artenmischung den Wald ertragreicher macht, weil sich die Kronen und Wurzelsysteme besser gegenseitig mit Nährstoffen versorgen. Zudem ist der Wald so widerstandsfähiger[50] (für mehr Informationen siehe Kapitel 4.9.7 Forstwirtschaft). Monokulturen müssen der Vergangenheit angehören. Stattdessen braucht es Mischwälder in der Forstwirtschaft, jährliche Mischkulturen und eine sich abwechselnde Fruchtfolge in der Landwirtschaft. Alle paar Jahre sollten zudem gezielt stickstoffhaltige Pflanzen angebaut werden, die dem Boden guttun, indem sie dafür sorgen, dass sich die Mikroorganismen im Boden ausbreiten können. In der Folge sickert das Wasser nicht einfach durch sandigen Boden, sondern wird gespeichert und steht so den Pflanzen zur Verfügung. Außerdem sorgen sie dafür, dass das Wasser nach einem Starkregen nicht einfach oberflächlich abläuft, sondern in den Boden eindringt (z.B. durch kleine Gänge von Regenwürmern usw.). Mikroorganismen reinigen zudem das versickernde Wasser und machen z.B. durch Stickstoffproduktion die Böden fruchtbarer.[51] Bis dieser Prozess wieder fruchtbare Böden erzeugt, dauert es allerdings mindestens 10-20 Jahre.
Alle Staaten (besonders die mit einer industriellen Landwirtschaft) müssen sofort in die Forschung für alternative Anbaumethoden investieren. Denn auch die Forschung auf Versuchsfeldern dauert lange. Die Kosten für diese Maßnahmen müssen vom Profit der Kapitalist:innen bezahlt werden. Dabei muss international kooperiert und nicht konkurriert werden. Wir sind für die Abschaffung des Patentrechts für Saatgut oder Anbaumethoden, denn es hemmt die Forschung und dient nur dazu, postkoloniale Abhängigkeiten aufrechtzuerhalten und die Profite bei einer kleinen Gruppe von Monopolunternehmen zu belassen.
Chemischer Dünger kann zwar ausgleichen, dass der Boden mit der Zeit durch die Art der Bewirtschaftung unfruchtbarer wird, allerdings funktioniert das nur bis zu einem bestimmten Punkt. Letztlich sterben die Mikroorganismen im Boden ab[52], die essenziell für die Speicherung von Wasser sind. In der Folge sind die Böden anfälliger für Dürren. Zudem richtet der künstliche und tierische Dünger auch anderswo ökologische Katastrophen an. Der Stickstoffdünger wird von Bakterien in Nitrat umgewandelt, welches in die Flüsse und so in die Meere gelangt. Dort regt es das Algenwachstum an. Wenn diese Algen dann absterben und von aeroben (sauerstoffverbrauchenden) Bakterien zersetzt werden, entstehen tote Zonen im Meer, die bereits 15 % der Meeresböden ausmachen. In den letzten 100 Jahren hat sich diese Fläche verzehnfacht.[53] In solchen Zonen ist kein Sauerstoff mehr vorhanden, weshalb kein Tier mehr überleben kann. Noch dazu verseucht das Nitrat unser Grundwasser. Die Reinigung unseres Grundwassers für unser Trinkwasser wird so unnötig teuer und aufwändig. Mineralische Dünger, vor allem Phosphordünger, enthalten neben dem gewünschten Mineral zum Teil giftige Schwermetalle, die über die Düngung in der Landwirtschaft in unseren Körper kommen.[54] Metalle wie Zink und Kupfer sind zwar als Spurenelementen wichtig für Pflanzen, allerdings können sie bei zu großzügigen Einsatz Mikroorganismen im Boden schaden. Das Problem bei der Herstellung von synthetischen Düngemittel ist wiederrum, dass sie sehr energieaufwendig ist (z.B. die Aktivierung von Stickstoff durch die Herstellung von Ammoniak).[55]
Der Einsatz von mineralischen und synthetischen Düngemitteln muss deshalb so weit wie möglich reduziert werden. Pflanzliche natürliche Dünger wie Kompost oder Vinasse sind dagegen unproblmeatisch.
Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (Pestiziden, also Herbizide, Insektizide und Fungizide) ist das vorsätzliche Verteilen von für Lebewesen tödlicher Gifte auf einem nicht unerheblichen Anteil der Erdoberfläche. Sie haben dramatische Auswirkungen auf die Ökosysteme und können durch direkte Exposition oder durch die Nahrung auch dem Menschen schaden. Pestizide werden in der industriellen Landwirtschaft meistens von Traktoren, zum Teil aber auch von Flugzeugen versprüht. So kann sich der Stoff als Sprühnebel über die Felder hinaus verteilen.
Pflanzenschutzmittel unterscheiden nicht zwischen Nützling und Schädling. Viele nützliche Tiere werden durch den Einsatz von Insektiziden abgetötet, wodurch sich wieder Schädlinge vermehren und der Einsatz von Pestiziden erhöht werden muss. Herbizide schaden der Umwelt, indem z.B. Pflanzen abgetötet werden, die Insekten als Nahrung dienen, was wiederrum einen negativen Einfluss z.B. auf Vogelpopulationen nehmen kann. Die hohe Konzentration auf den Feldern schadet auch den Mikroorganismen im Boden. Diese Effekte führen zu einem Artensterben, welches daran demonstriert wird, dass auf biologisch nachhaltig bewirtschafteten Betreiben die Artenvielfalt sechsmal höher ist als auf konventionellen Höfen.[56]
Das wichtigste Herbizid ist Glyphosat, welches in 60 % aller Unkrautvernichtungsmitteln vorkommt. Die internationale Krebsforschungsagentur IARC, welche eine Teilorganisation der WHO und damit der UN ist, hat Glyphosat als wahrscheinlich krebserregend eingestuft. Dieses Ergebnis basiert auf Studien an Ratten, Mäusen und menschlichen Zellen. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) geht jedoch davon aus, dass die Mengen in denen Glyphosat über die Nahrung aufgenommen wird, keine schädliche Wirkung hat.[57] Fakt ist jedoch, dass Glyphosat seinen Weg in den menschlichen Körper findet. Unsere Nahrung ist nachweislich damit belastet und auch in einer Menge von 0,5 Mikrogramm im Urin von 75% der getesteten Probanden einer Studie der Heinrich Böll Stiftung ließ sich eine hohe Konzentration Glyphosat feststellen.[58]
Der massenweise Einsatz von Herbiziden hat in den USA schon dazu geführt, dass sich resistente Pflanzen entwickelt haben[59], infolgedessen der Einsatz des Glyphosats weiter erhöht wurde, was wiederum dessen negative Effekte verstärkt.
Es ist klar, dass auf den Einsatz von Pestiziden nicht vollständig verzichtet werden kann. Es muss jedoch genau untersucht werden, welchen Schaden und welche Nutzen ein Mittel oder eine Kombination von Mitteln hat. Die Prämisse sollte es sein, Anbaumethoden zu verwenden, die es ermöglichen den Einsatz von Pestiziden zu reduzieren. Biologische Schädlingsbekämpfung (also den Einsatz von Lebewesen gegen Schädlinge) kann einen Beitrag dazu leisten, Pestizide zu ersetzen. Allerdings birgt biologische Schädlingsbekämpfung auch die Gefahr der Verbreitung invasiver Arten, deshalb muss damit sehr vorsichtig umgegangen werden. Auch Mischkulturen und wechselnde Fruchtfolgen reduzieren das Auftreten von Schädlingen.
Konzerne, die Düngemittel, Saatgut und Pestizide herstellen, wie Bayer und seine Tochter Monsanto, müssen entschädigungslos und unter Arbeiter:Innenkontrolle enteignet werden, damit ihr schmutziges Geschäft ein Ende hat. Auch für die Düngemittelproduktion gilt es, dass wir memeinsam mit den dortigen Beschäftigten volle Einsicht in die Geschäftsbücher und Forschungsberichte erkämpfen müssen. Erst dann können wir in staatlich voll ausfinanzierten und demokratisch von unserer Klasse kontrollierten Forschungseinrichtungen sinnvoll Chancen und Grenzen bestimmter Düngerverfahren abwägen und neue entwickeln.
Als Bodenerosion wird das Abtragen des Bodens verstanden. Im Falle von fruchtbarem Ackerland führt das zu Bodendegradation, also zu irreversiblen Schäden in der Funktion und Struktur des Bodens. Dadurch sinkt die Bodenqualität und damit dessen Fruchtbarkeit. Die direkten Auslöser sind Winde und Wasser (Regen und Überschwemmungen). Welche Ausmaße die Bodenerosion durch den Menschen hat bezeugt, dass 60-80 % der Bodenerosionen auf die menschliche Landwirtschaft zurück geht. Dies ist kein Wunder, wenn man bedenkt, dass 50% des Planeten landwirtschaftlich genutzt wird. 23 % der bewachsenen Fläche gelten dabei als nachhaltig geschädigt.[60] International liegt das Mittel der Bodenerosion bei 2,4 Tonnen pro Jahr und pro Hektar (100m x 100m) Ackerland.[61]
Das Problem ist also ein Internationales, auch wenn es sehr große Unterschiede zwischen den Ländern gibt, was hauptsächlich auf die Anbaumethoden zurückzuführen ist. In Brasilien, einem Land mit sehr hoher Bodenerosion, werden beispielsweise Regenwälder gefällt, um die Fläche dann landwirtschaftlich zu nutzen. Die starken Regenfälle tragen die dünne Schicht fruchtbaren Bodens ab. Wenn irgendwann auch der Einsatz von künstlichen Düngemitteln die verringerte Fruchtbarkeit nicht mehr ausgleichen kann, muss neuer Regenwald gerodet werden und der Prozess beginnt von neuem. Aus dem artenreichen Regenwald wird so eine nahezu ausgestorbene Steppe.
Bleibt die Natur unberührt, dann sind die Böden in den meisten Regionen der Erde von Pflanzen bedeckt. Durch den Ackerbau wird der Boden jedoch freigelegt und die Erosion so massiv begünstigt. Verschärfend kommt hinzu, dass meistens große Flächen bewirtschaftet werden, die nicht durch kleine Strukturen wie Hecken, Bäume usw. geschützt sind. Außerdem gibt es Pflanzen, die in weiten Abständen gesät werden (Mais, Zuckerrüben), was dafür sorgt, dass der Boden über lange Zeit unbedeckt ist. Wird der Boden immer wieder tief durchgepflügt und Reste der vorherigen Nutzpflanzen entfernt, wird dem Boden seine Stabilität und sein Schutz genommen, den er gegen Regen und starken Wind braucht.[62] Auch durch das übermäßige Weiden von Nutztieren auf Wiesenflächen wird die Erosion begünstigt.[63] Besonders an den oberen Teilen der Hänge, sowie auf Bergkuppen geht durch die Erosion fruchtbarer Boden verloren.
Neben der Fruchtbarkeit wird auch die Funktion des Bodens als Wasser und Nährstoffspeicher eingeschränkt. Die Ablagerungen durch die Bodenerosion können wiederum durch Verschlammung anderen Flächen schaden. Außerdem können die Bodenpartikel Gewässer vergiften, indem sie dort Schadstoffe (wie z.B. Pestizide) anreichern oder die Gewässer versauern. Die Ablagerungen können auch an vom Menschen geformten Strukturen Schaden anrichten.[64]
Der Klimawandel sorgt mit lokal auftretendem Starkregen, höheren mittleren Windgeschwindigkeiten und längeren Trockenphasen für eine höhere Erosion. Die historische Überschwemmung in Pakistan 2022, bei der ca. 1/3 der Landfläche überschwemmt wurde, hat der Landwirtschaft durch die Erosion einen erheblichen Schaden zugefügt. Durch das Waldsterben beispielsweise durch Schädlinge oder Feuer entstehen ebenfalls Flächen, die nicht vor Erosion geschützt sind. Den Erosionsprozess rückgängig zu machen, dauert sehr lange. Es dauert mindestens 100 Jahre, bis ein Zentimeter humoser Boden entsteht.[65] Bei einem starken Gewitter kann dieser hundertjährige Prozess an einem Tag zunichte gemacht werden.
Eine Schonende Bodenbearbeitung (z.B. ein weniger tiefes Pflügen und pflügen quer zum Hang, um Wasserabfluss zu verringern) kann Erosion entgegenwirken. Das Pflanzen von Bäumen neben und auf den Feldern schützt diese vor Wind. Terrassierung kann dagegen vor Wassererosion schützen.[66] Auch die Gefahr der Bodenerosion zeigt auf, dass die kapitalistische profitorientierte Bewirtschaftung von Agrar- und Forstflächen nicht einmal in der Lage ist, ihre dauerhafte Existenz zu gewährleisten. Wenn wir die Böden erhalten wollen, müssen wir sie ihren bürgerlichen Besitzer_innen entreißen. Was wir brauchen ist die entschädigungslose Enteignung der Großgrundbesitzer und eine Bodenreform in den halbkolonialen Ländern. Demokratisch gewählte und rechenschaftspflichtige Komitees aus Produzent_innen und Konsument_innen sollten für alle Äcker das Risiko von Erosion bewerten und entsprechende Maßnahmen treffen.
6 % der Landfläche unseres Planeten ist von Wüsten bedeckt in denen Ackerbau oder Viehzucht unmöglich sind.[67] 40 % der Landmasse sind Trockengebiete.[68] Jedes Jahr kommt eine Fläche von ca. der Größe Bayerns hinzu. Dieser Umstand bedroht heutzutage 1 Mrd. Menschen. Das Problem ist menschengemacht. Besonders in der Sahel-Zone südlich der Sahara ist das gut nachweisbar. Hier wurden Äcker angelegt und diese künstlich mit Grundwasser oder Wasser aus Seen und Flüssen bewässert. So wurden die Grundwasserspeicher verbraucht und das übrige Wasser wurde immer salziger. Infolge von Ackerbau und Überweidung von Grasflächen wurde das Land von Erosion zerstört. Ganze Landstriche verödeten so.[69]
Doch auch in Europa ist dies bereits ein Problem, vor allem in Spanien, wo 20 % des Landes von Wüstenbildung betroffen sind[70]. Der Grund ist hier die Bewässerung von Obst- und Gemüseplantagen, aber auch der Wasserverbrauch der Tourismusindustrie. Ein weiteres europäisches Beispiel ist die Ausbreitung einer Wüste in Rumänien nahe der Hauptstadt Bukarest. Sand und Staub auf bereits zur Wüste gewordenen Flächen werden durch den Wind verweht. So breiten sich die Wüsten aus. Aber auch Ackerflächen fallen der Dürre zum Opfer. Weil keine Wälder mehr existieren, kann der Wind ungehindert über das Land streichen.[71] Der aufgewirbelte Staub sorgt bei den Menschen für gefährliche Atemwegserkrankungen. In Brandenburg sind Sandstürme heute schon keine Seltenheit mehr.[72]
In China wurde die Ausbreitung der Wüsten schon vor Jahrzehnten als Problem erkannt, vor allem, weil die Hauptstadt Peking von jährlich wiederkehrenden Sandstürmen heimgesucht wird. Dagegen wurde die Great Green Wall errichtet. Dabei handelt es sich um ein Wiederaufforstungsprojekt historischen Ausmaßes. 23 % Hälfte der chinesischen Landfläche ist heute wieder bewaldet, weitere Teile wurden mit Büschen oder Gräsern stabilisiert.[73] Bis 2050 sollen weitere 13,6 Mrd. $ investiert werden und so ein Schutzwall von 4500 km Länge und 100 km Breite entstehen. Bereits heute gibt es kaum Sandstrürme mehr in Peking, die Biodiversität ist gestiegen und die Bäume dienen als CO2 Speicher. Dieser Ansatz kann als Vorbild für andere Länder dienen.
Grund für den Wassermangel ist neben dem Klimawandel die Verschwendung von Wasser in der Land- und besonders der Fleischwirtschaft. Endliche (Grund-)wasservorkommen werden angezapft und damit in Trockengebieten Landwirtschaft betrieben. Nach einigen Jahren liegt die Landwirtschaft dann am Boden. Wo Wassermangel akut wird, sterben Pflanzen ab, was für Erosion sorgt und so zur Wüstenbildung führt.
Besonders betroffen sind Nordafrika, der „Nahe Osten“, sowie Westasien.[74] Hunger, die Verbreitung von Krankheiten, Flucht und bewaffnete Konflikte sind die Folge. Laut der UN werden 2030 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitären Anlagen haben[75]. Besonders in den Städten wird das Problem durch eine ungerechte Verteilung verstärkt. In Mexiko-Stadt muss die arme Bevölkerung ewig für ihr Wasser anstehen, während die reiche Bevölkerung ihren Rasen im Vorgarten mit Trinkwasser besprenkelt. 1,6 Mrd. Menschen haben heute keine Zugang zu sicherem Trinkwasser zuhause. 2,8 Mrd. Menschen haben keinen Zugang zu sicheren Sanitären Anlagen.[76]
Es braucht eine nachhaltige Wasserwirtschaft, sodass endliches Grundwasser nicht einfach verbraucht wird und so Wasserquellen versiegen oder versalzen. Es sollte z.B. Regenwasser für die Landwirtschaft aufgefangen werden. Die Reduktion des Fleischkonsums, solargetriebene Wasserentsalzung, aber vor allem eine nachhaltige Landwirtschaft müssen Teil der Problemlösungsstrategie sein.
Der Zustand der Wälder ist historisch schlecht. Dürre, Krankheiten, Schädlinge und nicht nachhaltiges Abholzen sind die Gründe für das Verschwinden der Wälder weltweit. Im Harz, einer der größten Wälder Deutschlands, sind bereits 80 % (!) der Fichten abgestorben, bei den Buchen sieht es nicht viel besser aus.[77] Das Problem dabei sind unter anderem die angepflanzten Monokulturen, welche anfälliger für Schädlinge und Wetterextreme sind. Zudem führen die vielfach nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland gepflanzten Nadelwaldmonokulturen durch die vielen Nadeln am Boden zu einer Versauerung der Böden. Zum Teil muss das mit einer Behandlung von Kalk ausgeglichen werden. Diese Probleme erstrecken sich über den gesamten europäischen Kontinent. Die extreme Hitze und das Absterben der Bäume sorgen zudem dafür, dass es jedes Jahr gewaltige Waldbrände in Europa gibt. Neben den direkten wirtschaftlichen und ökologischen Schäden geben die Wälder so auch tonnenweise CO2 ab, welches wiederum den Klimawandel beschleunigt. Ein klassischer Teufelskreis.
Der Raubbau an den Wäldern in Südasien, Südamerika, aber auch in der nördlichen Taiga (Kanada und Russland) ohne jegliche Wiederaufforstungsperspektive verschärfen das Problem drastisch.
Es muss weltweit massiv aufgeforstet werden. Abholzung darf es nur in einem Maß geben, wie die Bäumer ersetzt werden können. Nur so lässt sich die Artenvielfalt schützen, der Wüstenbildung entgegengewirkt werden und dauerhaft CO2 als Maßnahme gegen den Klimawandel speichern. Auch für die Aufforstung liegt der Schlüssel in der Eigentumsfrage und der damit einhergehenden Kontrolle über die Waldböden und -flächen.
5. Klassenkampf der Landwirt:Innen und permanente Revolution
Zur Klassenlage der Bäuer:innenschaft schreibt Trotzki im Übergangsprogramm Folgendes:
„Der Landarbeiter ist der Waffenbruder und Gefährte des Industriearbeiters auf dem Dorf. Sie bilden zwei Teile ein und derselben Klasse. Ihre Interessen sind nicht zu trennen. Das Programm der Übergangsforderungen der Industriearbeiter ist (mit) Modifikationen) auch das Programm des Landproletariats.
Die Bauern (Farmer) repräsentieren eine andere Klasse: das ist das Kleinbürgertum des Dorfes. Das Kleinbürgertum setzt sich aus verschiedenen Schichten zusammen, von den Halbproletariern bis hin zu den Ausbeutern. Deshalb besteht die politische Aufgabe des Industrieproletariats darin, den Klassenkampf in das Dorf zu tragen: nur so kann es seine Verbündeten von seinen Feinden trennen.“[78]
Sofern den Bäuer:innen ihre Produktionsmittel (Land, Maschinen, Werkzeuge) selbst gehören betrachten wir sie also als Teil des Kleinbürger:innentums, auch wenn es große Abstufung in ihrem Landbesitzt gibt. Dieser Umstand sowie ihr gesellschaftlich eher isoliertes Leben auf dem Land führt dazu, dass sie aus sich heraus kein revolutionäres Bewusstsein herausbilden können. Auch wenn viele von ihnen in bitterer Armut leben, treten Sie dem Klassenfeind nicht in gleichem Maße gegenüber wie die Arbeiter_innenklasse, außerdem sind die aufgrund ihrer Isoliertheit wesentlich schwerer zu organisieren.
Doch auch wenn sie allein keine revolutionäre Klasse für sich werden können, war es in vielen historisch-revolutionären Situationen die Aufgabe der organisierten Arbeiter_innenklasse, den Schulterschluss mit der Bauernklasse zu üben und diese für ihr revolutionäres Programm zu begeistern. Die russische Oktoberrevolution ist ein gutes Beispiel dafür, wie im unterentwickelten Russland eine zahlenmäßig weit unterlegene industrielle Arbeiter_innenklasse die Mehrheit der verarmten Bauern für ihr Programm und eine gemeinsame Revolution gewinnen konnte. Auch die Bauernklasse wird weltweit von Monopolkonzernen und Großgrundbesitz ausgebeutet und ist abhängig von günstigen Krediten, hohen Abnahmepreisen, niedrigen Preisen für Maschinen und Dünger sowie praktischen Transportbedingungen. Die organisierte Arbeiter_innenklasse muss ihr aufzeigen, dass ein Programm der Vergesellschaftung der Banken und Monopolkonzerne und die Einrichtung gemeinsamer Preiskontrollausschüsse die bessere Alternative ist, als das ewige Hoffen, von den Herrschenden ein wenig mehr verschont zu bleiben.
Auch wenn die Weltwirtschaft nach wie vor von der kapitalistischen Produktionsweise dominiert wird, ist die Ausgangslage der Bauern heute 2023 eine andere als zur Zeit der Oktoberrevolution 1918. Die Bauern im revolutionären Russland stellten eigentlich ein Überbleibsel aus der dem Kapitalismus vorangegangenen Epoche des Feudalismus dar. So wie sie damals in Russland nicht vollends dem Kapitalismus einverleibt wurden, führten 100 Jahre Kolonialismus und imperialistischer Terror dazu, dass weltweit auch heute immer noch viele verarmte Bauern nach vorkapitalistischer Art Subsistenzwirtschaft betreiben, das heißt die Bauern und Bäuerinnen bauen ihre Erzeugnisse zum großen Teil für den eigenen Konsum an und verkaufen ihn nur teilweise.
Doch der Expansionsdrang des Kapitals kennt keine Grenzen und verwandelt durch Verarmung Vertreibung, Krieg und Klimawandel Tag für Tag mehr Bauern in Proletarier_innen, die ihr Land verlassen oder verkaufen müssen und ihr Glück in den Metropolen, auf der Flucht in ein anderes Land oder auf den großen Baumwoll-, Kaffee- und Zuckerrohrplantagen suchen. Auch wenn trotz der formalen Dekolonialisierung viele Agrarflächen weiterhin in der Hand der ehemaligen Kolonialist_innen verblieben, wird die Landflucht der Kleinbauern durch einen weiteren Trend verstärkt, der sich Land Grabbing nennt. Dabei kaufen Monopolkonzerne und Kapitalgesellschaften in großem Stil Land in halbkolonialen Ländern auf, welches die dort ansässigen Kleinbauern seit hunderten von Jahren nur nach Gewohnheitsrecht genutzt haben.[79] Indem sie ihr Land und ihre Arbeitsmittel verloren haben, besitzen sie nur noch ihre Arbeitskraft, die sie verkaufen werden und werden somit zu Landarbeiter_innen, Industriearbeiter_innen oder verarmtem Subproletariat.
Auch wenn verlässliche Zahlen über die tatsächlichen globalen Besitzverhältnisse von Agrarflächen schwer zu gewinnen sind, schätzte Oxfam bereits vor 10 Jahren schon, dass zu diesem Zeitpunkt eine Fläche Westeuropas aus dem Besitz von Kleinbauern in den Besitz von Kapitalgesellschaften gewechselt ist. Laut der Heinrich-Böll-Stiftung kontrollieren die 4 Monopolkonzerngruppen Cargill, ADM, Dreyfus und Bunge zusammen 70 % des Weltmarktes an Agrarrohstoffen.[80] Aber auch deutsche Kapitalgesellschaften wie die Versicherung Münchner Rück[81], die Entwicklungsbank DEG[82] und die westfälische Ärztepensionskasse[83] sind zentrale Akteure im Land Grabbing.
Die Kapitalflucht in Agrarflächen ist dabei ein Resultat der schwindenden Anlageoptionen in der produktiven Sphäre und verspricht aufgrund der Tatsache, dass sich Boden nicht vermehren lässt, sichere Renditeerwartungen. Die erbeuteten Agrarflächen fehlen wiederum den lokalen Ökonomien um Nahrungsmittel anzubauen, stattdessen werden sie darauf ausrichtet um Exportprodukte für die westlichen Ökonomien wie Kaffee, Tee, Tabak, Baumwolle, Zuckerrohr, Bananen, Palmöl, Soja etc. zu produzieren aber auch Tierfutter und Biotreibstoff. Zur Bewässerung der Plantagen pumpen die Agrarkonzerne meistens die ohnehin knappen Grundwasserressourcen kostenlos aus den lokalen Böden. Die halbkolonialen Länder sind deshalb wiederum auf Nahrungsmittelimporte aus den imperialistischen Ländern angewiesen. Der systematische Landkauf ist jedoch nur ein Element aus einem größeren System aus der Kontrolle des Saatgutmarktes, Verschuldung, Spardiktaten etc., mit dem die imperialistischen Staaten die Abhängigkeit der ehemaligen Kolonien aufrechterhalten.
Die Konzentration von Agrarfläche in den Händen von Monopolkonzernen findet jedoch nicht nur in den Halbkolonien, sondern auch in imperialistischen Ländern wie Deutschland statt. Dies findet zum einen auf der Ebene des Firmenkaufs, zum anderen auf der Ebene des Bodenkaufs statt. So werden mittelständische Familienunternehmen in immer stärkerem Maße von den Agrarriesen aufgekauft. Laut der Landwirtschaftszählung 2020 des zuständigen Bundesministeriums ist ein Großteil der deutschen Agrarfläche nicht im Besitz der Bauern, sondern lediglich gepachtet. Die weiterhin steigenden Bodenpreise sorgen dabei für zusätzlichen Druck. In Ostdeutschland besitzen Unternehmensgesellschaften und Aktienfonds bereits über 30 Prozent des Bodens, während es in Westdeutschland bei steigender Tendenz noch 10 Prozent sind. In der EU wird 6,1 % der Landfläche von 2/3 aller landwirtschaftlichen Betrieben kontrolliert, während die größten 3,3 % über die Hälfte der Landfläche besitzen.[84]
Wir wollen den Großgrundbesitz restlos unter Kontrolle der Landarbeiter:innen vergesellschaften. Die Landarbeiter:innen und Landpächter:innen werden der Hebel bei der Umsetzung dieser Politik sein. Allerdings wird es wahrscheinlich nur partiell möglich sein, den ehemaligen Großgrundbesitz sofort kollektiv zu bewirtschaften. Um die armen Landarbeiter:innen und landlosen Bäuer:innen für unsere Politik zu gewinnen, müssen wir ihnen vor allem Land versprechen. Landaneignung durch arme Bäuer:innen, wie sie z.B. momentan (2023) in Kolumbien stattfinden, verdienen deshalb unsere bedingungslose Solidarität. Außerdem muss ihnen zugesichert werden, ihre Produkte profitabel verkaufen zu können, um ihr Überleben zu sichern. Deshalb haben wir uns solidarisch mit den Farmer:innenprotesten 2021 in Indien erklärt. Dort haben hunderttausende Farmer:innen gegen eine weiter Neoliberalisierung des Agrarsektors und für staatlich garantierte Mindestabnahmepreise gekämpft.
Natürlich ist die Zersplitterung von Großgrundbesitz noch keine sozialistische Politik, sie ist aber ein notwendiger Schritt, um die Großgrundbesitzer:innen zu entmachten und die Bäuer:innen für unsere Politik zu gewinnen. Revolutionäre Erhebungen in der Vergangenheit (z.B. die Russische Revolution im Oktober 1917) haben gezeigt, dass für landwirtschaftliche geprägte Gesellschaften die Landfrage von großer Bedeutung ist. Besonders in Halbkolonien ist ihre Lösung ein wichtiger Teil jeder sozialistischen Revolution.
Bei der Landverteilung darf die Bewegung jedoch nicht stehen bleiben. Sie muss die Revolution permanent machen, also die Verteilung von Land mit sozialistischen Maßnahmen in der Stadt und auf dem Land verbinden. Überall dort, wo das Land zum großen Teil schon im Besitz der Menschen ist, die es bewirtschaften (z.B. in Nordamerika oder Europa), muss es deshalb das Ziel sein, die Farmer:innen zu motivieren das Land kollektiv zu bewirtschaften. Wir müssen sie darüber hinaus für eine nachhaltige Landwirtschaft gewinnen, die auf die Ernährungssicherheit und nicht auf kurzfristigen Profit ausgerichtet ist. Sie müssen begreifen, dass die Kollektivierung ihres Besitzen auch für sie selbst von Vorteil ist, da individuelle Risiken verschwinden und die Landwirtschaft so effizienter werden wird. Steuerliche Anreize und Subventionen können diesen Prozess beschleunigen.
Die Perspektive in der Agrar- und Ernährungsfrage muss also eine sozialistische sein. Denn auch ökologisch nachhaltige Landwirtschaft muss profitabel sein und ist daher den Marktzwängen unterworfen. Zum Beispiel können auch Bioprodukte aus den imperialistischen Staaten exportiert werden und so lokale Landwirtschaften in Halbkolonien bedrohen. Zudem ist eine nachhaltige Landwirtschaftspolitik nur im Kampf gegen die Macht der großen Agrar- und Chemiekonzerne durchzusetzen. Außerdem kann nur durch eine sozialistische Umgestaltung der Landwirtschaft sichergestellt werden, dass keine Farmer:innen bankrott gehen und so ihren Lebensunterhalt verlieren.
Eine sozialistische Landwirtschaft ist immer effizienter und ertragreicher, da Maschinen optimal verteilt werden und die Landfläche sinnvoller eingeteilt werden kann. Wo es einen Mangel an Wasser und Landfläche gibt, können diese Ressourcen sinnvoll verteilt werden, ohne dass es blutige Verteilungskämpfe gibt, wie sie im subsaharischen Afrika durch die Dürren heute schon alltäglich sind. Darüber hinaus kann nur der Sozialismus die Investitionen in die Landwirtschaft tätigen, die es für eine Umgestaltung braucht. Nur er kann den Klimawandel noch aufhalten und die unzähligen sinnlosen Kriege beenden, die den weltweiten Hunger verschärfen.
Es braucht eine solche sozialistische, d.h. bedarfsgerechte Landwirtschaft, die umweltverträglich ist und nur die Ziele hat den Farmer:innen ein würdevolles Leben zu sichern und vor allem die Menschheit mit Nahrung zu versorgen.
[1] https://de.wfp.org/hungerkatastrophe
[2] https://www.zeit.de/zustimmung?url=https%3A%2F%2Fwww.zeit.de%2Fgesellschaft%2Fzeitgeschehen%2F2022-02%2Fhunger-un-welternaehrungsprogramm-bedrohung-pandemie
[3] https://www.careelite.de/welthunger-statistiken-fakten/#hungernde
[4] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/38187/umfrage/anzahl-der-hungernden-weltweit/
[5] https://www.welthungerhilfe.de/hunger#c8250
[6] https://www.theguardian.com/us-news/2022/sep/07/us-food-insecure-families-poverty-study
[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Welthunger#cite_note-10
[8] https://www.bundesrechnungshof.de/DE/3_internationales/1_internationales_wfp/wfp_node.html
[9] https://www.nd-aktuell.de/artikel/1169479.usa-rekord-budget-fuer-das-pentagon-beschlossen.html
[10] https://www.spiegel.de/politik/ausland/uss-gerald-r-ford-das-ist-das-teuerste-kriegsschiff-der-welt-a-1159275.html
[11] https://www.oxfam.de/presse/pressemitteilungen/2020-11-17-jemen-krieg-wert-waffenexporten-g20-um-vielfaches-hoeher
[12] https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/presse/2020/jemen-hunger-auf-rekordhoehe/232672
[13] https://www.bbc.com/news/world-middle-east-56242610
[14] https://www.wwf.de/themen-projekte/landwirtschaft/ernaehrung-konsum/lebensmittelverschwendung/das-grosse-wegschmeissen
[15] https://www.umweltbundesamt.de/themen/ein-drittel-der-lebensmittel-wird-verschwendet
[16] https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/lebensmittelverschwendung/studie-lebensmittelabfaelle-deutschland.html
[17] https://www.oxfam.de/system/files/factsheet_nahrungsmittelspekulation_pb.pdf
[18] https://www.oxfam.de/unsere-arbeit/themen/nahrungsmittelspekulation
[19] https://www.destatis.de/DE/Themen/Laender-Regionen/Internationales/Thema/landwirtschaft-fischerei/Ukraine-Landwirtschaft.html
[20] https://www.spiegel.de/wirtschaft/service/studie-lebensmittelkonzerne-nutzen-methoden-wie-die-tabakindustrie-a-882971.html
[21] https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/eu-agrarsubventionen-unternehmen-101.html
[22] https://www.tagesschau.de/investigativ/swr/landwirtschaft-un-bericht-101.html
[23] https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/landwirtschaft/oekologische-landwirtschaft/weggefuttert
[24] https://policy.trade.ec.europa.eu/development-and-sustainability/economic-partnerships_en
[25] https://www.keine-gentechnik.de/dossiers/anbaustatistiken#c194
[26] https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/landwirtschaft/landwirtschaft_gentechnik_laesst_sich_mon810_verbieten.pdf
[27] https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/landwirtschaft/oekologische-landwirtschaft/weniger-schmetterlinge-gen-mais
[28] https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/landwirtschaft/oekologische-landwirtschaft/monsanto-patent-roundup-ready-pflanzen
[29] https://albert-schweitzer-stiftung.de/aktuell/glyphosat-auswirkungen
[30] https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/umweltgifte/glyphosatresistente_pflanzen_vortrag.pdf
[31] https://www.derstandard.at/story/1254312048459/anbau-von-gentechnik-auberginen-verhindert
[32] https://de.statista.com/infografik/20391/produktion-von-fleisch-weltweit/
[33] https://www.bmel.de/DE/themen/tiere/nutztiere/schweine/schweine.html
[34] 38 kg/m², was bei einem durchschnittlichen Schlachtgewicht von 1,7 kg im Jahr 2021 22 Tieren entspricht. https://www.bundestag.de/resource/blob/658256/5b211b3b95ed73db4e6acaca6ce67c91/WD-5-069-19-pdf-data.pdf
[35] https://interaktiv.tagesspiegel.de/lab/15000-liter-wasser-fuer-ein-kilo-rindfleisch/
[36] https://www.weltagrarbericht.de/fileadmin/files/weltagrarbericht/Weltagrarbericht/04Fleisch/Futtermittelblues_Heft_05.pdf
[37] https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/Landwirtschaft/Klimaerwaermung-durch-Fleischkonsum.pdf
[38] https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/krankenhauskeime-im-tierstall-gesundheitsforschung-in-der-landwirtschaft-2819.php
[39] https://www.umweltbundesamt.de/daten/chemikalien/dioxine-polychlorierte-biphenyle-pcb-in#dioxinefurane-und-polychlorierte-biphenyle-pcb
[40] https://www.zeit.de/wissen/2020-06/fischereibericht-2020-un-fischkonsum-rekordwert?utm_referrer=https%3A%2F%2F
[41] https://www.wwf.de/themen-projekte/meere-kuesten/fischerei/ueberfischung
[42] https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/plastik-meer-geisternetze-100.html
[43] https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Wie-oekologisch-ist-Fisch-aus-Aquakultur,aquakultur164.html
[44] https://de.statista.com/themen/4069/fleischverarbeitung-in-deutschland/#topicOverview
[45] https://www.destatis.de/DE/Themen/Laender-Regionen/Internationales/Thema/landwirtschaft-fischerei/tierhaltung-fleischkonsum/_inhalt.html
[46] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2021/07/PD21_N046_41.html
[47] https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/Agrarbericht2019.pdf?__blob=publicationFile&v=4 (S. 87)
[48] https://www.quarks.de/umwelt/landwirtschaft/darum-schaden-uns-monokulturen/
[49] https://www.mdr.de/wissen/umwelt/mischanbau-artenvielfalt-landwirtschaft-ertrag100.html
[50] https://www.wissenschaft.de/erde-umwelt/mischwaelder-sind-widerstandsfaehiger/
[51] https://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-landwirtschaft/bodenbelastungen/verlust-der-biodiversitaet-im-boden#funktion-der-bodenorganismen
[52] https://www.pflanzenforschung.de/de/pflanzenwissen/journal/zu-viel-des-guten-duengung-senkt-die-widerstandskraft-g-10956
[53] https://www.bund.net/meere/belastungen/ueberduengung-der-meere/
[54] https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/landwirtschaft/anbau/phosphatduenger-agrarchemie-toedlichen-nebenwirkungen
[55] https://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-landwirtschaft/umweltbelastungen-der-landwirtschaft/duengemittel
[56] https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/landwirtschaft/anbau/pestizide-zerstoeren-umwelt
[57] https://www.boell.de/de/glyphosat
[58] https://www.boell.de/de/2016/03/04/glyphosat-untersuchung-75-prozent-der-deutschen-deutlich-belastet
[59] https://www.deutschlandfunk.de/herbizid-studie-unkraeuter-entwickeln-immunitaet-gegen-100.html
[60] https://www.welthungerhilfe.de/informieren/themen/klimawandel/bodenerosion
[61] https://www.faz.net/aktuell/wissen/erde-klima/bodenerosion-wachsende-sorge-um-fruchtbare-boeden-16539315.html
[62] https://www.landwirtschaft.de/landwirtschaft-verstehen/wie-funktioniert-landwirtschaft-heute/boden-in-gefahr-erosion-in-der-landwirtschaft
[63] https://www.welthungerhilfe.de/informieren/themen/klimawandel/bodenerosion
[64] https://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-landwirtschaft/bodenbelastungen/erosion-jede-krume-zaehlt#was-sind-die-folgen-von-bodenerosion
[65] https://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-landwirtschaft/kleine-bodenkunde/entwicklung-des-bodens
[66] https://www.faz.net/aktuell/wissen/erde-klima/bodenerosion-die-landwirtschaft-ist-in-gefahr-18303767.html#ist-der-boden-noch-zu-retten}
[67] https://www.planet-wissen.de/natur/landschaften/trockenwuesten/wuesten-desertifikation-100.html
[68] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1180900/umfrage/anteil-von-trockengebiete-an-der-gesamtflaeche-der-weltregionen/
[69] https://www.planet-wissen.de/natur/landschaften/trockenwuesten/wuesten-desertifikation-100.html
[70] https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/292601/welttag-fuer-die-bekaempfung-von-wuestenbildung-und-duerre/
[71] https://www.dw.com/de/wo-die-w%C3%BCste-w%C3%A4chst-klimawandel-in-rum%C3%A4nien/av-56634405
[72] https://www.t-online.de/nachrichten/panorama/id_85636884/sahara-nein-das-ist-brandenburg.html
[73] https://www.destatis.de/DE/Themen/Laender-Regionen/Internationales/Thema/Tabellen/Basistabelle_WaldFlaeche.html
[74] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1178578/umfrage/laender-mit-dem-hoechsten-risiko-fuer-grundwassermangel/
[75] https://unric.org/de/020721-wasser/
[76] https://unric.org/de/020721-wasser/
[77] https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/magdeburg/harz/waldsterben-aufforstung-trockenheit-borkenkaefer-krisenstab-100.html
[78] https://www.marxists.org/deutsch/archiv/trotzki/1938/uebergang/ueberg1.htm#bab
[79] https://www.weltagrarbericht.de/themen-des-weltagrarberichts/landgrabbing.html
[80] https://www.boell.de/de/2017/01/10/fuenf-agrarkonzerne-beherrschen-den-weltmarkt
[81] https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/kampf-um-aecker-wie-die-munich-re-land-wegkauft-1.3273634
[82] https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&ved=2ahUKEwi62Ofy9rj9AhXjg_0HHeT7AdkQFnoECBAQAQ&url=https%3A%2F%2Fafrique-europe-interact.net%2F1253-0-Kurzinfo-DEG-Dezember-2014.html%3Farticle_id%3D214%26aid%3D1253%26clang%3D0&usg=AOvVaw3fIzleuB7fcZM74n6_2gqx
[83] https://www.fian.de/aktuelles/aerztepensionen-in-landgrabbing-verwickelt/
[84] https://www.weltagrarbericht.de/fileadmin/files/weltagrarbericht/Weltagrarbericht/08LandGrabbing/2016OxfamCommonGround.pdf