Vorwort zur Weltlage und ihrer multiplen Krisen (Programm)

Vorwort, 2023

Das Programm der internationalistischen Jugendorganisation Revolution, welches du in deinen Händen hältst ist bereits 2018 veröffentlicht worden. Deshalb sind einige der genannten Beispiele nicht mehr brandaktuell. Allerdings hat sich deshalb an den programmatischen Schlussfolgerungen nichts grundlegend geändert. Deshalb haben wir uns entschieden das folgende Vorwort zu verfassen, welches der neuen Auflage des Programms vorangestellt wird und es in den Kontext der politisch-ökonomischen Weltlage 2023 stellt.

Wir leben in einer Epoche multipler Krisen. Wie viele das genau sind, darüber lässt sich streiten. Fakt ist jedoch, dass Hunger, Kriegsgefahr, Klimawandel, Umweltzerstörung, das Coronavirus, Inflation und wirtschaftliche Krisen das Leben auf der Erde für einen großen Teil der Menschheit zur Hölle machen.

Die Inflation betrug 2022 weltweit durchschnittlich 8,75 %, womit 2022 das Jahr mit der höchsten Inflation seit 1996 ist. Die Inflation ist jedoch sehr unterschiedlich verteilt. Halbkolonien wie Türkei, Sri Lanka oder Libanon erreichen Inflationswerte von über 80 %. Doch auch die Länder Europas und die USA, also imperialistische Kerngebiete, haben eine Inflation von ca. 10 %. Um der Inflation entgegenzuwirken, erhöhen die Zentralbanken vieler Ländern nun den Leitzins. Viele sogenannten Zombieunternehmen, die durch niedrigen Zinsen seit der Weltwirtschaftskrise 2007/8 am Leben erhalten wurden, werden deshalb in den nächsten Jahren bankrott gehen. Durch weitere neoliberale Politik werden die Kosten für diese Probleme auf die Arbeiter_Innenklasse abgewälzt werden. Der Verfall des Lebensstandards ist deshalb heute schon für die arbeitende Bevölkerung enorm. Investitionen, die mehr produktives Kapital und damit auch ein Ende der Inflation, sowie eine gründe Wende schaffen könnten sind dagegen nicht im Sicht.

Doch nicht nur die Inflation hat sich erhöht, auch das Wirtschaftswachstum international hat sich verlangsamt. 2022 hat es nur 3,6 % betragen. Für 2023 sind nur noch 3 % vorausgesagt. Diese Prognosen sind sehr optimistisch. Sie gehen beispielsweise davon aus, dass sich der Ukrainekrieg nicht ausweitet, es keine Coronalockdowns mehr oder neuen Handelskriege oder Sanktionen gibt. So oder so steuern wir wahrscheinlich auf eine Kombination aus wirtschaftlicher Stagnation und eine anhaltende Inflation zu: Eine sogenannte Stagflation.

Die Coronakrise hat einen großen Anteil daran die Krisen zu verschärfen. Hunderttausende sind gestorben, Millionen haben mit den Spätfolgen der Erkrankung zu kämpfen. Auch psychische Folgen der Lockdowns und der damit verbundenen Leiden wirken sich bis heute aus. In der auf die Pandemie folgenden Wirtschaftskrise, die durch Corona verstärkt und synchronisiert, jedoch nicht ursächlich bedingt wurde, verloren Millionen ihren Job. Viele davon, vor allem Frauen, konnten bis heute nicht zu ihrer Arbeit zurückkehren. Durch das weitere Vordringen des Menschen in die Natur und das nicht vorhandene internationale Gesundheitskrisenmanagement während der Pandemie ist klar, dass ähnliche Szenarien in Zukunft wahrscheinlich sind.

Eine Antwort der herrschenden Politik auf die wirtschaftlichen Probleme ist nicht zu erwarten. Im Gegenteil: Die immer stärker werdenden Konflikte zwischen den Staaten werden mit Wirtschaftssanktionen, Handelskriegen oder realen militärischen Mitteln ausgetragen und verschärfen die Probleme der Menschheit unweigerlich. Der Ukrainekrieg hat die Bereitschaft der imperialistischen Mächte bewiesen, dass sie für ihre Interessen bereit sind Kriege anzufangen und anzuheizen und so ganze Länder zu zerstören. Dabei kann auch die NATO verbrecherische Angriffskriege anfangen, wie uns der Angriff der Türkei auf die kurdisch-arabischen Autonomiegebiete (Rojava) im Norden Syriens beweist.

Die Sanktionen im Zuge des Ukrainekrieges haben die Inflation weiter angeheizt und lassen die eigene Bevölkerung für die Ziele der Regierungen bluten. Dies konnte nur erreicht werden, indem die Bevölkerung in einen nationalistischen Kriegstaumel versetzt wurde. Antikriegsproteste waren bisher sehr klein (wie in Westeuropa) oder wurden schnell unterdrückt (wie in Russland). Auch wenn der Ukrainekrieg momentan die Titelbilder der internationalen Presse dominiert, steht im Fokus unserer Periode der Konflikt zwischen USA und China. Sie ringen weltweit um militärischen und wirtschaftlichen Einfluss. Stellvertretend dafür ist das Race-of-Space, der Kampf um die Vorherrschaft im Weltraum, der an die Zeiten des Kalten Krieges erinnert.

Auch die UN-Klimagipfel entpuppen sich ein ums andere Mal als vollkommen überflüssig. Die CO2 Emissionen sind seit 1980 sogar kontinuierlich gestiegen. An eine Treibhausgasneutrale Zukunft 2050 glaubt eh niemand ernsthaft mehr. Währenddessen haben Artensterben, eine Störung des Nitratkreislaufes und Umweltverschmutzung (zu Meer und zu Lande) zugenommen und zum Teil irreversible Kipppunkte erreicht. Umweltkatastrophen gigantischen Ausmaßes häufen sich. Die neuen Dimensionen von Umweltkatastrophen führte uns 2022 die Überschwemmung 1/3 der Landfläche Pakistans vor Augen, währenddessen 33 Millionen Menschen vertrieben wurden und ein großer Teil der Landwirtschaft und der Wirtschaft allgemein zum Erliegen kam. Bis 2050 könnten sogar bis zu eine Milliarden Menschen zu Klimaflüchtlingen werden. Doch nicht nur das. Über 800 Millionen Menschen auf der Welt hungern. Das bedeutet, dass jeder 10. Mensch nicht genug Nahrung hat. Mit dem Steigern der Weltbevölkerung und dem Ausweiten der Krisen wird diese Zahl wahrscheinlich zunehmen, denn Bevölkerungswachstum, Krieg und der Klimawandel sind die hauptsächlichen Gründe für diese unverstellbare Zahl.

Weltweit sind die Menschen bereits gegen die Krisen und den Weg der Regierung mit ihnen umzugehen auf die Straße gegangen und waren vielfach bereit dafür alles zu riskieren. Momentan lehnen sich die Menschen z.B. im Iran gegen ihre klerikale und diktatorische Regierung auf. Diese Kämpfe haben uns zwar den heroischen Kampfgeist dieser Menschen vor Augen geführt, jedoch haben sie nie zu bahnbrechenden Erfolgen geführt. Der Hauptgrund dafür war, dass alle diese Bewegungen reformistische und kleinbürgerliche Führungen hatten. Sie strebten immer nur begrenzte demokratische Reformen an, vielfach in Zusammenarbeit mit der herrschenden Kapitalist_Innenklasse, der alten Militärführung oder bürgerlichen Parteien. Die Ergebnisse waren immer ein Patt und damit die Zementierung des Status quo oder die blutige Konterrevolution. In vielen Ländern haben die reformistischen Parteien und Gewerkschaften die Arbeiter_Innenklasse längst an den Staat und seine Interessen gebunden. Eine der multiplen Krisen ist also auch eine Führungskrise der Arbeiter_Innenklasse. Das Scheitern der Arbeiter_Innenklasse seit der Krise 2007/8 bis heute hat viele Unterdrückte demoralisiert und so den Aufstieg rechtspopulistischer Bewegungen und Regierungen ermöglicht, in deren Windschatten auch der Faschismus erstarkt. Solche Bewegungen und Regime machen den Kampf für eine bessere Welt noch schwieriger und bedrohen unsere Lebenslage ganz besonders. Sie sorgen auch für einen rassistischen und sexistischen Rollback, die das Leben von Frauen, queeren Menschen und POC´s bedrohen.

Vor diesem Hintergrund dieser globalen Krisen wollen wir jedoch nicht resignieren. Wir sind überzeugt, dass es einen Weg vorwärts gibt. Die objektiven Bedingungen für eine Revolution, wie ein hoher Grad der Industrialisierung und ein offensichtliches Scheitern des Kapitalismus die Probleme der Menschheit zu lösen, sind bereits gegeben. Auch sind die Menschen weltweit bereit für eine bessere Welt zu kämpfen. Wir müssen die verschiedenen Kämpfe koordinieren, zuspitzen und mit einer sozialistischen Perspektive verbinden.

Diesen Kampf können wir aber nicht alleine führen. Nicht in einem Land, nicht als lokale Gruppe in einer Stadt oder Region und schon gar nicht als einzelne Personen. Nur mit den Bekannten politisch zu diskutieren und hin und wieder auf eine Demo zu sein ist zwar lobenswert, wird aber nicht dazu führen, dass eine alternative Macht gegen die herrschenden Regierungen entsteht. Wenn wir unsere Forderungen und Positionen publik machen und auch tatsächlich gegen den Widerstand der bürgerlichen Regierungen und rechten Organisationen durchsetzen wollen, dann müssen wir uns organisieren. Nur eine politische Organisation hat die Möglichkeit verschiedene Kämpfe zusammenzuführen, international zu koordinieren und zuzuspitzen. Eine solche Organisation muss sich natürlich auf eine gemeinsame Politik einigen deren Umsetzung die Organisation anstrebt.

Die Grundlage dieser Politik sollte irgendwo zusammenfassend niedergeschrieben werden. Eine solche Schrift wird politisches Programm genannt. Unser Programm hältst du gerade in den Händen. Es konserviert die Erfahrungen unser Organisation, aber auch der gesamten Arbeiter:innenbewegung in deren Tradition wir stehen. Das Programm ist aber nicht in Stein gemeißelt. Alle Mitglieder haben das Recht Änderungen einzubringen und innerhalb der Organisation für deren Akzeptanz zu kämpfen. Das Programm gibt eine grobe Handlungsanweisung für alle Aktivist:innen unserer Organisation. Es bietet auch die Möglichkeit die Mitglieder, insbesondere die Führung auf die Rechtmäßigkeit ihrer Handlungen zu überprüfen.

Jede Person, die die grundlegende Richtung unseres Programmes gut findet, kann uns beitreten und mit uns zusammen gegen Unterdrückung und die multiplen Krisen des Kapitalismus kämpfen. Zusammen werden wir stark genug sein die Aufgaben zu bewältigen, die wir uns gestellt haben. Also tritt uns bei und werde Teil einer fortschrittlichen Bewegung, die Schluss mit Krieg, Krise und Ausbeutung macht. Es ist noch nicht zu spät!

Für diesen Kampf schlagen wir folgendes Programm vor.

image_pdfimage_print

Related Posts

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

14 − 10 =

Besuch uns auch auf

Unser Programm

Neueste Zeitung

Zeitung Februar 2024

Archiv