Trumps Zölle: Krise, Krieg – Klassenkampf!

Von Lia Malinowski

Die massiven Veränderungen auf dem Weltmarkt haben großen Einfluss auf uns Jugendliche hier in Deutschland und international. Während noch vor ein paar Monaten ein relativ geschlossener Block zwischen den USA und der EU geherrscht hat, bricht dieser langsam auseinander. Wir wollen mit diesem Artikel versuchen, diese Veränderungen zu verstehen und daraus eine Perspektive für Revolutionär:innen entwickeln.

Was war die Lage?

Der „westliche Block“ war schon immer von Widersprüchen geplagt. Logischerweise, denn die EU (die in sich auch Widersprüche trägt) hat ein eigenes imperialistisches Interesse und Machtansprüche, ebenso wie die USA. Diese Interessen waren oft miteinander verbunden und man hat sich unter die USA untergeordnet, um von den deren Erfolgen zu profitieren, ob im Kampf gegen den Realsozialismus oder im „Krieg gegen den Terror“. Gleichzeitig hat sie die EU aber immer wieder Optionen offengehalten, um mit dem russischen oder chinesischen Imperialismus zu kooperieren. Im Zuge des Ukrainekriegs und einer verstärkten Blockkonfrontation musste sich die EU stärker unter die USA unterordnen und hat die Verbindungen zu Russland weitestgehend gekappt. Während für die EU der Ukrainekrieg Hauptschauplatz der Neuaufteilung der Welt ist, ist es für die USA jedoch der Konflikt mit China und die Ukraine nur Nebenschauplatz, zur Schwächung des russisch-chinesischen Blocks.

Was hat sich geändert?

Daraus erklärt sich auch das vermeintliche Umlenken und Fallenlassen der Ukraine seitens der USA. Während Biden noch daran festgehalten hat, über die Ukraine den russisch-chinesischen Block zu schwächen, versucht Trump das auf einen anderen Weg und konzentriert sich mehr auf den direkten Konflikt mit China. Die Ukraine soll befriedet werden, Russland von China gelöst und dem eigenen Imperialismus untergeordnet, anstatt militärisch Handlungsunfähig werden. Das sorgt natürlich für Konflikte mit der EU, für die es kein Zurück mehr gibt von der Position, Russland zu schwächen.

Gleichzeitig dazu hat Trump in klassisch rechter Manier wirtschaftlich einen protektionistischen Kurs eingelenkt. Um aus der Krise zu kommen und die eigene Wirtschaft insbesondere gegenüber der chinesischen zu stärken, will er die Produktion im Land stärken und weniger importorientiert arbeiten, wie es bisher der Fall war. Mit seiner zugegeben wirtschaftlich irrationalen Zollpolitik, die mehr auf Gefühlen als auf Verstand zu bauen scheint, versucht er den Export in die USA so unrentabel zu machen, dass die Unternehmen ihre Produktion in die USA verlegen, um den US-Markt trotzdem bedienen zu können. Der chinesische Imperialismus gewinnt seine Stärke vor allem aus seiner wirtschaftlichen Überlegenheit und stellt so den ehemaligen Welthegemon USA vor Herausforderungen. Militärisch sind die USA noch weit überlegen, wirtschaftlich ist jedoch China zu einer ernsten Gefahr geworden, mit der die USA umgehen müssen. Daher der stärker protektionistische Kurs. Die Abkehr vom Freihandel schwächt gleichzeitig aber auch die „westlichen“ Institutionen wie der IWF, weshalb der Kurs Trumps nicht unumstritten ist.

Die EU als schwächstes Glied der imperialistischen Kette

Die neuen Zölle treffen die EU hart, das sie vom Freihandel profitiert und die meisten ihrer Länder eine exportorientierte Wirtschaft haben, also mehr produzieren und ins Ausland verkaufen, als sie aus dem Ausland einkaufen. Die USA sind beispielsweise für die deutsche Autoindustrie ein besonders wichtiger Markt – 13% aller exportierten Fahrzeuge aus Deutschland gehen in die USA. Neben dem Umlenken auf eine Befriedung in der Ukraine, vertieft die Trump’sche Wirtschaftspolitik die vorhandenen Widersprüche innerhalb des westlichen imperialistischen Blocks und stellt diesen zunehmend Infrage.

Nebenher stellt Trump auch noch die NATO auf die Probe, indem er, bzw. seine Regierung, faktisch der Beistandspflicht eine Absage erteilt. Die Beistandspflicht ist integraler Bestandteil der NATO, ohne den sie nicht existieren würde. Wird ein NATO-Mitgliedsstaat angegriffen, helfen die anderen Staaten dort militärisch und es wird als Angriff auf die gesamte NATO gesehen. Viele bürgerliche Politker:innen sehen damit das Ende der NATO eingeleitet – was durchaus eine Möglichkeit ist – und begründen damit immer lautere Rufe nach mehr Unabhängigkeit der EU von den USA und eine eigene europäische Armee. Auch in Deutschland werden die Rufe nach mehr Aufrüstung lauter, so fordert Merz beispielsweise, dass die Bundeswehr die stärkste Armee Europas werden müsse. Es bleibt aber nicht nur bei Forderungen: Die EU will beispiellos viel Geld in die eigene Hochrüstung stecken und in Deutschland haben alter Bundestag und Bundesrat ein 500 Milliarden Paket und eine Grundgesetzänderung zur nahezu unendlichen Aufrüstung verabschiedet – mit Linker Beteiligung.

Die EU als schwächstes Glied der imperialistischen Kette verliert Stück für Stück die USA als Partnerin und damit den eigenen Einfluss in der Welt. Sie ist gezwungen, andere Wege zu finden. Doch wenn sich die Frage der Strategie stellt, werden auch die inneren Widersprüche der EU noch stärker zu Tage treten. Sie ist eben ein Verbund verschiedener imperialistischer Staaten, die ihre eigene imperialistische Strategie durchboxen wollen, allen voran Deutschland und Frankreich. So stellt sich aktuell neben der Frage, wie die Ukraine weiter unterstützt und die EU dort weiter Einfluss behalten kann, auch die Frage wie mit Israels Genozid in Gaza umgegangen wird. Zwar sind sich die meisten und die einflussreichsten Länder einig, dass Israel weiter unterstützt werden muss, aber die Stimmen für ein Ende des Genozids und für ein Anerkennen von Palästina als Staat werden lauter. Die einen wollen ihren Einfluss in Israel vergrößern und sich als starke Partner:innen hinstellen, die anderen ihre Beziehungen in den „globalen Süden“ nicht weiter zerstören und passen sich teilweise der Kritik an Israel an. Es sind sich jedoch alle einig darin, dass die Rechte der Arbeiter:innen und Jugend beschnitten werden müssen, was zu sozialen Kämpfen führt, in die wir als Kommunist:innen eingreifen müssen.

Und was ist mit Deutschland?

Der deutsche Imperialismus ist ebenso dazu gezwungen, unabhängiger von den USA zu werden. Schon vor der Politik Trumps steckte Deutschland in einer fetten Wirtschaftskrise, die sich weiter verschärft hat. Jahre der Stagnation, die Gefahr der Rezession – Auswirkungen der Überproduktionskrise, weil Märkte während dem Ukrainekrieg und der Coronapandemie weggefallen sind. Als sich im November 2024 angebahnt hat, dass mit Trump ein Fokus auf Protektionismus und ein Ausverkauf der Ukraine kommen wird, ist die Ampel-Koalition endgültig zerbrochen. Schon vorher unfähig, mit der Krise und den vielen Brandherden umzugehen, wurde ihr nun ein endgültiger Schlag gegeben. Nach einem langen und harten Kampf zwischen Neoliberalismus und sozialer Marktwirtschaft, zwischen Konsumstärkung und Lohndrückerei, hat die Veränderung der Blockkonfrontation die eh fragile Koalition und fragile Wirtschaft hart getroffen. Die vorherige Unsicherheit wurde weiter verstärkt. Doch auch Merz und seine Regierung haben keinen Plan, wie sie damit umgehen sollen. Man will die EU stärken unter eigener Regie und vor allem weiter aufrüsten und irgendwie mit Trump über die Zölle verhandeln, gleichzeitig vorschnelle Freihandelsabkommen auf Kosten der Arbeiter:innen und Jugend in den Halbkolonien abschließen.

Daneben will er der Wirtschaftskrise vor allem mit Investitionsboostern begegnen. Unternehmenssteuern senken, verlängerte Arbeitstage, günstigere Arbeitskraft, Subventionen in Unternehmen und massive Aufrüstung. Dass – wie oben kurz beschrieben – die Krise nicht eine Krise der fehlenden Investition, sondern eine Krise der Überproduktion ist, verkennt er. Die Folgen seiner Politik, die wohl ohne die Verschiebungen in der Blockbildung nicht so extrem wären, sind eine massive Verarmung der Bevölkerung, steigende Arbeitslosigkeit, Reallohnverluste und fehlende Mittel für Klimaschutz, Schulen, Krankenhäuser und Freizeitaktivitäten für die Jugend.

Kampf der neuen Regierung!

Die neue GroKo (oder auch kleine Koalition) bedeutet massive Angriffe auf uns. Abschottung an den Grenzen, Arbeitslosigkeit weiter verelenden, Verlängerung des Arbeitstages, Geld für Krieg, keines für die Bildung und die Jugend, … Die Liste ist unendlich weiterzuführen. Was aber vollkommen klar ist, ist, dass wir massive Abwehrkämpfe führen müssen. Denn die GroKo wird überall da sparen, wo sie kann, um die Aufrüstung zu finanzieren und ihr kaputtes Wirtschaftssystem irgendwie zu retten. Dabei wird sich der scheinbar unaufhaltsame Rechtsruck weiter verschlimmern. Die CDU gibt alles, um sich der AfD inhaltlich anzupassen und trotzdem geht es ihr und ihren Anhänger:innen nicht weit genug. Gleichzeitig bildet sich von Links kein Widerstand gegen die Angriffe, bloß die AfD schafft es, ihrer Rolle als Opposition gerecht zu werden.

Die Linke, vor der Wahl noch mit scheinbar radikalen Antworten und sich ihrer Rolle als Opposition bewusst, will nun mit der CDU zusammenarbeiten, stimmt im Bundesrat für die Aufrüstung und von dem angekündigten Widerstand gegen Merz ist nichts zu sehen. Es zeigt sich einmal mehr, dass es als Antwort auf den Rechtsruck und die Krisen eine revolutionäre Organisation mit klarem Programm braucht, die den kapitalistischen Wahnsinn in seiner Totalität bekämpft!

           •          Für eine Einheitsfront aus Schulstreiks und politischen Streiks gegen den Rechtsruck, die massive Aufrüstung und die Angriffe der Regierung auf uns! Mindestlohn von 15€ und eine gleitende Lohnskala, kontrolliert durch die Gewerkschaften und Organisationen der Arbeiter:innenklasse!

           •          Nein zu ihren imperialistischen Kriegen! Massive Investitionen in die Bildung und Krankenhäuser statt für Waffen – nehmt das Geld von den Reichen! Bundeswehr, AfD und Co raus aus unseren Schulen!

           •          Wir kämpfen als Klasse und als Jugend gemeinsam! Nein zu allen Abschiebungen, offene Grenzen und Staatsbürger:innenrechte für alle!




10 Forderungen für ein Aktionsprogramm gegen den Rechtsruck

von Flo Weitling und Lia Malinovski, November 2024

Die Ampel-Koalition ist zerbrochen, Donald Trump wieder zum US-Präsident gewählt, das 1,5 Grad Ziel überschritten, der Genozid in Palästina hält an und das Abschieberegime der EU und BRD schreitet voran: kurzum, die Situation ist scheiße. Wie wir am Erfolg der AfD beobachten können, profitieren davon Rechte und Konservative. Wir sind konfrontiert mit einem gesamtgesellschaftlichen, internationalen Rechtsruck.

Mit diesen 10 Forderungen wollen wir eine Auseinandersetzung darüber starten, wie das Aktionsprogramm einer Bewegung aussehen muss, die einen erfolgreichen Kampf gegen den Rechtsruck führt. Wir laden alle ein, gemeinsam in Diskussion zu treten und dem Aufbau einer solchen Bewegung näher zu kommen.

1. Holen wir uns unsere Zukunft zurück: Gegen Kürzungen und Sozialabbau!

In Deutschland ist das wirtschaftliche Wachstum nahe 0. Der Staat pumpt massig Geld in Unternehmen, um diese zu retten. Wenn das nicht reicht, antworten die Bosse mit Massenentlassungen wie bei VW, und Sparplänen im sozialen Bereich – besonders bei Schulen und Jugendzentren.

Das ist nicht erst seit gestern so. Seit 2008/2009 hat sich die Wirtschaft weltweit kaum erholt, und diese Krise hat den Rechtsruck angeheizt. Viele von uns haben Angst vor dem sozialen Abstieg. Hier setzt der Sozialchauvinismus von Regierung und Medien an. Uns soll weisgemacht werden, dass die Krise kein Resultat unseres Wirtschaftssystems sei, sondern die Konsequenz von arbeitsunwilligen Bürgergeldempfänger:innen. Derselben Logik folgen Rechtspopulist:innen, die „leichte“ Antworten auf die Misere geben: Ausländer:innen, Arbeitslose und Linke seien schuld.

Um eine erfolgreiche Bewegung aufzubauen, müssen wir auf die sozialen Probleme der Menschen eingehen und den Kampf gegen rechts mit dem Kampf gegen Sozialabbau, Massenentlassungen und Privatisierung führen, kurz gesagt: gegen die soziale Krise! Das bedeutet, keine Illusionen in Kompromisse zu haben, um „den Wirtschaftsstandort Deutschland“ zu fördern. Diese Art der Politik heißt Sozialpartner:innenschaft und hat die letzten Jahre große Proteste bei Kürzungen und Sparmaßnahmen verhindert.

Deshalb sagen wir:

  • Gegen jede Entlassung: Produktion umstellen für eine nachhaltige Verkehrswende und Arbeitsplätze erhalten – unter Kontrolle der Beschäftigten, Expert:innen und der Umweltbewegung! Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich statt Stellenabbau!
  • Schluss mit Armut: Weg mit Bürgergeld, Mindesteinkommen für alle, gekoppelt an die Inflation!
  • Schuldenbremse? Abschaffen! Wir zahlen eure Krise nicht: Massive Investitionen in die soziale Infrastruktur, unter Besteuerung der Reichen!

2. Massenhaft und militant: Gemeinsam gegen den Rechtsruck!

Wenn wir uns dem Rechtsruck erfolgreich entgegenstellen wollen, müssen wir eine andere Politik als die der letzten 10 Jahre fahren, denn die hat die AfD nicht aufgehalten. Das Bundesverfassungsgericht anzubetteln, die AfD zu verbieten, bringt nichts. Nicht nur, dass solche Verbote auch gegen linke Kräfte eingesetzt werden: Wir sind es, die was ändern müssen, nicht irgendwelche Verfassungsrichter:innen. Wenn wir erfolgreich gegen die AfD kämpfen wollen, müssen wir die Gründe beseitigen, aufgrund derer sie so stark geworden ist!

Vereinzelt werden wir nicht gegen eine rassistische Regierung, eine wachsende AfD und vermehrte Straßengewalt wehren können. Es wird nicht reichen, im Sumpf der “radikalen” Linken alle paar Wochen eine Antifa-Kundgebung oder Demo zu organisieren.

Es braucht Einheit unter den Organisationen der Arbeiter:innenklasse, seien es Parteien oder Gewerkschaften und Organisationen der Unterdrückten, ob migrantische Personen, queere Personen oder Frauen. Das nennen wir die Einheitsfront. Uns ist bewusst, dass z.B. Die Linke, die SPD und Migrantifa nicht die gleichen Ziele haben, aber alle müssen sich gegen den Rechtsruck wehren, denn sie sind direkt von dessen Auswirkungen betroffen. Wir dürfen nicht auf unseren Unterschieden verharren. Ein solches Bündnis ist vor allem ein Aktionsbündnis um konkrete Forderungen. Dabei ist zentral, dass man andere Partner:innen offen für ihre Positionen und ihr Verhalten kritisieren darf! Wir verstehen das Unbehagen, das viele spüren, mit Kräften zusammenzuarbeiten, die für ihr Elend mitverantwortlich sind, wie die SPD in der Regierung. Gleichzeitig zeigte die Mobilisierung gegen den AfD-Parteitag in Essen, dass die Mobilisierung von Gewerkschaften und reformistischen Parteien die Massen auf die Straße bringen kann, die es braucht, um effektiven Widerstand zu leisten. Wir müssen diese Kräfte in Bewegung zwingen und den Kampf für soziale Forderungen offen mit antirassistischen Forderungen verbinden, um klar zu machen: Wir lassen uns nicht spalten, Rassismus nützt nur Reichen!

Dabei dürfen wir keine Kompromisse mit bürgerlichen Kräften eingehen. Lose Floskeln von Vielfalt, Toleranz und „Demokratie verteidigen“ bringen uns nicht weiter. Der Kampf gegen die AfD wird zum Scheitern verurteilt sein, wenn er sich nur gegen diese eine Partei richtet. Wir lehnen die „Einheit der Demokrat:innen“ ab, denn mit FDP und CDU gegen die AfD zu „kämpfen“ bedeutet, dass soziale Verbesserungen auf der Strecke bleiben.

3. Gegen jede Abschiebung: Staatsbürger:innenrechte für alle, dort wo sie leben!

Ohne Zweifel ist die Hetze gegen Migrant:innen und Geflüchtete der stärkste Ausdruck des Rechtsrucks. Die Diskriminierung gegenüber Menschen steigt, denen muslimischer Glaube zugeschrieben wird. Der 7. Oktober und die Attacke in Solingen werden genutzt, um den politischen Diskurs rassistisch zu vereinnahmen. Die Forderung, „kriminelle Ausländer:innen” abschieben, gehört mittlerweile zum guten Ton der Politik. Die Ampel setzt um, was die AfD fordert und errichtete letztes Jahr ein härteres Abschieberegime, sodass wir dieses Jahr 30% mehr Abschiebungen erleben mussten. Der Antisemitismus und die rassistische Hetze von aufschäumenden Rechten und Faschist:innen steigen an. Zugleich wird der Antisemitismus-Begriff verwässert, um diesen als politische Waffe gegen Palästina-Solidarität zu nutzen.

Das führt dazu, dass nicht die Unternehmer:innen und Politiker:innen als Verursacher:innen unserer Misere gesehen werden, sondern ein alternatives Feindbild in Gestalt von Geflüchteten und Migrant:innen erschaffen wird. Durch diese Spaltung und Verschleierung der Verhältnisse können sich die Arbeiter:innen nicht zusammentun, um sich gegen Massenentlassungen, niedrige Löhne, Krise und Co. zu verbünden, da sie zu beschäftigt sind, sich gegeneinander die Schuld für ihre Lage zuzuschieben.

Deswegen müssen wir dafür kämpfen, dass für alle Menschen, die hier leben oder hierherkommen, die Grundrechte gelten. Wir sagen: Kein Mensch ist illegal! Offene Grenzen und Staatsbürger:innenrechte für alle!

4. Frauen- und Queerunterdrückung entgegentreten: Gleiche Rechte für alle!

Femizide nehmen zu, queere Personen werden auf offener Straße angegriffen und hunderte Faschist:innen mobilisieren gegen CSDs. Queere Personen sind ein Feindbild der „natürlichen Ordnung“ der bürgerlichen Kleinfamilie, welche die Rechten als Ideal hochhalten, womit sie die Frauenunterdrückung zementieren.

Gleichzeitig wird die rassistische Hetze von AfD und Co. als Einsatz für Frauenrechte dargestellt. Dabei interessiert sie sexistische Gewalt nur, wenn sie von Migrant:innen ausgeübt wird, wobei sie alle anderen Teile der Frauenunterdrückung leugnen und in ihrer Politik verschärfen. Weder gehen sie die Doppelbelastung durch Care-Arbeit an, noch den Gender Pay Gap. Dadurch werden Frauen brutaler von der Krise getroffen: Entweder werden sie in die Hausarbeit geschoben oder in prekäre Beschäftigungen. Ein Kampf gegen den Rechtsruck muss ein Kampf für gleiche Rechte und gleiche Bezahlung für alle sein!

5. Antidiskriminierungsstellen und Selbstschutz

Um uns vor Alltagsdiskriminierung und rechten Angriffen zu schützen, müssen wir dafür eintreten, Organe des Selbstschutz aufzubauen! Zu oft haben Staat und Polizei bewiesen, dass sie keine Angriffe der Rassist:innen, Sexist:innen und Queerfeind:innen verhindern werden: durch die Ermordung von Oury Jalloh, die Verdeckung der Taten des NSU oder das Niederschlagen von antifaschistischen Mobilisierungen.

Daher braucht es Strukturen für Betroffene von sozialer Unterdrückung, an den Orten, wo wir uns täglich aufhalten, den Schulen, Unis und Betrieben! Damit diese im Interesse der Unterdrückten handeln, müssen sie demokratisch gewählt und unabhängig von Staat, Schul- und Unileitung oder Bossen sein. Sie müssen praktische Organe sein, welche z.B. Lehrkräfte aus dem Unterricht schmeißen, Kommiliton:innen zur Aufarbeitung ihres Verhaltens zwingen oder Präventionsworkshops in Betrieben abhalten. So setzen wir der individuellen Demütigung einen kollektiven Kampf entgegen.

Darüber hinaus haben uns die Mobilisierungen gegen CSDs, die Angriffe auf Migrant:innen oder unsere Demos gezeigt, dass das nicht reicht. Wir müssen uns gegen die Gewalt der Rechten, die bald in neuen Baseballschlägerjahren münden könnte, gemeinsam wehren! Dafür braucht es Selbstverteidigungsstrukturen, die es unseren Geschwistern ermöglichen, nicht wehrlos solchen Angriffen ausgesetzt zu sein.

6. Unsere Schulen, Unis und Betriebe gehören uns!

Bei denen, die zurzeit das Sagen haben, wird das auf Widerstand stoßen. Um gegen rassistische Lehrinhalte anzukommen und gegen übergriffige Profs vorzugehen, müssen wir die Kontrolle über unsere Schulen, Unis und Betriebe erkämpfen!

Warum sollten wir nicht selbst bestimmen, was an den Orten passiert, an denen wir einen so großen Teil unseres Lebens verbringen? Warum sollten wir nicht entscheiden, wer zu Podiumsdiskussionen an unseren Schulen eingeladen wird, welche Vorträge an unseren Unis abgehalten werden und welche Rassist:innen sich von unserem Campus fernzuhalten haben? Warum sollten wir auf irgendwelche Manager:innen hören, wenn wir am besten wissen, was zu tun ist?

Um dahin zu kommen, müssen Aktionskomitees aufgebaut werden, welche sich vor Ort gegen Ungerechtigkeiten auflehnen und dafür streiten, dass wir selbst Entscheidungen treffen dürfen über die Probleme, die uns in unserem Alltag betreffen.

7. Klimaschutz auf dem Nacken der Reichen!

Da die Politik der Ampelregierung auf dem Rücken der Armen ausgetragen wird und keine effektiven Maßnahmen gegen die Klimakrise durchführt, befeuert sie den Rechtsruck und bringt uns keinen Schritt voran, unsere Umwelt zu retten. Letztlich ist sie nicht mehr als eine Interessenvertretung von RWE und Co. Gegenüber der Klimakrise, welche unsere Lebensgrundlage bedroht, antworten die Rechten mit Leugnung und Hetze gegen die Klimabewegung. Die zu Recht kritisierbaren Initiativen wie das Heizungsgesetz werden ausgenutzt, um jegliche Anstrengungen gegen die Katastrophe als Teufelswerk zu bezeichnen.

Unter einer AfD-geführten Regierung wird der Kampf für Klimagerechtigkeit noch schwieriger sein. Deshalb müssen die verbleibenden Kräfte der Klimabewegung sich dem Kampf gegen den Rechtsruck anschließen, um zu einer geeinten, starken Kraft zu werden. Somit muss ein Kampf gegen rechts einer für eine soziale Umweltpolitik sein, welche sich die notwendigen Mittel für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen von den Reichen holt und nicht weiter die Arbeiter:innen belastet. Wir müssen Forderungen gegen die Umweltkrise aufwerfen, das heißt: Verbesserungen statt Verbote! Wir wollen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr, finanziert durch die Besteuerung der Reichen!

8. Kein Cent, keinen Menschen dem Militär!

Das Fehlen von Geldern für Schulen und Rente erklären die Rechten durch die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen. Tatsächlich wird dieses fehlende Budget in Aufrüstung und Militarisierung gesteckt: Wir erinnern uns alle an das Sondervermögen von 100 Milliarden.

Begleitet wird das dadurch, dass die Trommel des Nationalismus gerührt wird. Versteckt hinter Floskeln wie „Verteidigung der Demokratie“ wird auf die Vaterlandsverteidigung der deutschen Nation gesetzt, was den Rechten in die Hände spielt.

Dafür wird direkt bei der Jugend angesetzt: In Bayern werden vermehrt Jugendoffiziere an Schulen geschickt, um fürs Sterben zu werben. Unter dem Ziel, Deutschland kriegstüchtig zu machen, werden demnächst verpflichtende Fragebögen an 18-Jährige verschickt. Unter einer noch rechteren Regierung wird die Wehrpflicht nicht auf sich warten lassen. Wir sagen: Bundeswehr raus aus den Schulen! Schluss mit Waffenlieferungen nach Israel! 100 Milliarden für Bildung und Soziales!

9. Gegen die Einschränkung demokratischer Rechte!

Auch im Inland wird aufgerüstet. In den letzten Jahren wurden unsere demokratischen Rechte eingeschränkt, z.B. durch Demonstrationsverbote beim Antifa-Ost-Verfahren, die Auflösung des Palästina-Kongresses und die Einschränkung des Streikrechts beim Kitastreik in Berlin. Zur Durchsetzung dessen werden die Befugnisse und die Militarisierung der Polizei ausgeweitet.

Wir müssen uns gegen den Trend zum Autoritarismus und gegen die Angriffe auf unsere Freiheit wehren. Zudem müssen wir die Ausweitung demokratischer Rechte erkämpfen und für das volle Recht auf politischen Streik eintreten.

10. Für bundesweite Schul- und Unistreiks, begleitet von politischen Streiks!

Um diese Forderungen durchzusetzen, reicht es nicht, sie auf Banner zu schreiben, auf eine Demo zu gehen oder einen Parteitag zu blockieren. Zunächst müssen wir die Menschen dort erreichen, wo sie sich täglich aufhalten, beim Job, im Vorlesungssaal oder auf dem Schulhof. Wenn wir es schaffen, an diesen Orten Komitees aufzubauen, die unseren Widerstand koordinieren und eine Verankerung schaffen, können wir durch Streiks Druck aufbauen, stark genug, um unsere Ziele zu verwirklichen!

Wenn wir unsere Anstrengungen koordinieren, werden wir es schaffen Sozialkürzungen, Massenentlassungen und Abschiebungen zu verhindern, sowie Klimaschutz durchzusetzen. Dann haben wir die Kraft, um unsere Geschwister kollektiv vor Angriffen zu verteidigen und dem Rechtsruck den Gar aus zu machen. Darüber hinaus müssen wir gemeinsam international Widerstand organisieren, indem wir den Schulterschluss mit jenen finden, die an anderen Orten der Welt von den Auswirkungen des Rechtsrucks und der Krise getroffen werden.

Wenn ihr das auch so seht oder mit uns darüber diskutieren wollt, schreibt uns und lasst uns gemeinsam den Schritt angehen, eine Bewegung der Jugend und der Arbeiter:innen gegen Rechtsruck und Krise aufzubauen!




Aufgaben der GJ-Spitze: „Zeit für was Revolutionäres!“

Von Jona Everdeen, September 2024

Am Mittwochabend verkündete der Bundesvorstand der Grünen Jugend, die Jugendorganisation der Grünen Partei, geschlossen sowohl seinen Rücktritt als auch den Parteiaustritt. Unter „Zeit für was Neues“ wollen sie nun eine neue „dezidiert linke“ Jugendorganisation schaffen. Die Gründe? Man könne sich mit der Politik der Partei nicht mehr identifizieren. Für uns als Kommunist:innen ist natürlich völlig klar, dass die Partei von Habeck und Baerbock ständig mit bauchlinken Werten in der Widerspruch geraten. Doch während diese normalerweise, mit viel vorherigen Bauchschmerzen, zu Gunsten von Parteikarrieren aufgegeben werden, lief es dieses Mal andersherum. Doch wie kam es dazu? Und welche Perspektive gibt es für ehemalige GJler:innen?

Rüstung, Abschiebungen, Lützerath

Die Ursache für die Entscheidung benannten die ehemaligen Vorsitzenden der Grünen Jugend darin, dass ihnen immer mehr klar geworden sei, dass es nicht möglich sei, gleichzeitig Teil einer Partei zu sein und für eine völlig andere Politik zu werben, als diese vertritt. Vor allem drei Beispiele nannten sie dafür: Das Sondervermögen der Bundeswehr, die Asylrechtsverschärfungen sowie die Zerstörung von Lützerath für RWEs Profitinteressen. Letztendlich kommt hier ein Widerspruch zum Ausdruck, der sich schon länger abgezeichnet hat: So galt die Grüne Partei in den Köpfen vieler, auch und gerade junger Menschen, lange Zeit als Partei für Frieden, für Menschenrechte und insbesondere eben für die Umwelt, das vor allem in Zuge von FFF. All dies tritt die Partei jedoch in der Ampelregierung mit Füßen. Sie wird zur schärfsten Verfechterin der „Zeitenwende“ und somit der Aufrüstung Deutschlands zur militärischen Großmacht, die zusammen mit der NATO gegen Russland (militärische) Stärke zeigen müsse. Sie trug sämtliche Asylrechtsverschärfungen nicht nur der EU mit, sondern setzte sich auch aktiv für weitere in Deutschland ein, teilweise „mit Bauchschmerzen“, in letzter Zeit aber immer mehr auch ganz ohne und dafür mit unverhohlenem Rassismus und Forderungen nach „Grenzen dicht machen“ und „mehr abschieben“, wie sie vor 15 Jahren nur die NPD gehabt hätte. Und einen ganz besonderen Verrat, gerade für die Grüne Jugend, stellte Lützerath dar. Während dort vermutlich hunderte Mitglieder der Grünen Jugend gegen die Zerstörung des Dorfes für Braunkohle protestierten, war es ihre eigene Partei, die für RWEs Profite die Zerstörung des Dorfes durchgewunken hatte und nun die Polizei auf die Klimabewegung hetzten.

Aus all dem folgert die Spitze der Grünen Jugend, dass sie glauben dass es bei den Grünen „mittelfristig keine Mehrheiten für eine klassenorientierte Politik gibt, die soziale Fragen in den Mittelpunkt rückt und Perspektiven für ein grundsätzlich anderes Wirtschaftssystem aufzeigt“. Das glauben wir allerdings auch nicht! Wobei uns das freilich schon vorher klar war und sich auch ganz logisch aus dem Charakter der Grünen Partei erklärt. Trotzdem finden wir, dass ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, den der Vorstand gemacht hat. 

Die Grünen: Partei des Kapitals!

Die Grünen stellen politisch insofern eine gewisse Sonderrolle dar, als dass sie sich anders als die anderen bürgerlichen Parteien wie CDU, FDP und AfD, eine progressive Fassade geschaffen haben. Diese geht stark zurück auf die Geschichte dieser Partei, welche aus den letzten Ausläufern der 68er-Bewegung hervorgegangen ist und ursprünglich als radikale Konkurrenz zu dem verknöcherten Gefüge aus bürgerlich-konservativer (CDU), bürgerlich-liberaler (FDP) und sozialpartnerschaftlich-reformistischer (SPD) Partei auftrat. Diese Radikalität kam jedoch zu keinem Zeitpunkt aus einem proletarischen Klassenstandpunkt, auch wenn im Gründungsprozess der Partei viele subjektive Kommunist:innen beteiligt waren. Sie entstanden als eine Partei des radikalisierten urbanen Kleinbürger:innentums, bzw der urbanen Mittelschichten. Einer Subklasse die im Zuge des langen Nachkriegsbooms entstanden war und zunächst ihren Platz im traditionellen Klassengefüge finden musste. Dies ließ viel Raum führ revolutionäre Träume, auch wenn diese eben nur Träume bleiben sollte. Die Generation „Wer mit 20 kein Sozialist ist, hat kein Herz, wer mit 40 noch einer ist, keinen Verstand“ war auf der politischen Bildfläche erschienen, und bildete den Kern der Grünen Partei. Inzwischen ist das urbane Kleinbürger:innentum als eine feste, überhaupt nicht mehr rebellische Subklasse fest konstituiert. Andere Teile der ehemaligen urbanen Mittelschichten hingegen sind ins Proletariat abgerutscht und stellen heute nennenswerte Teile der Basis der Linkspartei. Heute bildet das urbane Kleinbürger:innentum einen Block mit den Teilen der deutschen Großbourgeoisie, die vor allem auf Export ausgerichtet sind und von einer Transformation der kapitalistischen Produktion im Sinne des Green New Deal profitieren würden, so wie als gesellschaftspolitisch fortschrittlich und tolerant auftreten, da sie das als vielversprechendste Strategie betrachten, ein Unterdrückungssystem möglichst reibungsfrei laufen zu lassen. Aus dem schnuckeligen Bioladen an der Straßenecke ist dabei die Bio Company geworden, der ehemalige Einwohner der Freien Republik Wendland wohnt jetzt im Loft im Prenzlauer Berg. 

Die Politik leistet dabei das Spiegelbild: Aus Pazifismus wurde der Kosovokrieg, aus sozialer Gerechtigkeit wurde die Agenda2010. Die aktuelle Entwicklung, die die Grüne Jugend Spitze zum Bruch mit der Partei brachte, ist also keineswegs ein qualitativer Bruch, sondern die Fortführung einer jahrzehntelangen Entwicklung, jüngst beschleunigt durch die kapitalistische Krise.

Wir begrüßen es daher, dass Teile der Grünen Jugend endlich erkannt haben, dass hinter der sozialen und ökologischen Fassade der Grünen, inzwischen mit Einschusslöchern übersäht und mit Kohlestaub bedeckt, nur eine weitere bürgerliche Partei steht, für die Kapitalinteressen und nicht die soziale Frage und ein „grundsätzlich anderes Wirtschaftssystem“ im Mittelpunkt stehen! 

Welche Perspektive für eine breite, aber kämpferische Jugendbewegung?

Am Ende ihres Schreibens verkünden die Unterzeichner:innen, dass sie gemeinsam mit anderen Mitgliedern und ehemaligen Mitgliedern der Grünen Jugend eine neue linke Jugendorganisation gründen wollen, sie verkünden: „Wir wollen dazu beitragen, dass es bald wieder eine starke linke Partei in Deutschland geben kann“. In dieser Partei, schreiben sie etwas zuvor, wollen sie arbeiten mit und für Mieter:innen, Arbeiter:innen, arme Studierende und abgehängte Jugendliche auf dem Land. Das ist sicherlich ein richtiges Ziel und eines, das wir grundsätzlich unterstützen! Letztendlich muss es jedoch darauf hinauslaufen, eine Bewegung zur revolutionären Überwindung des kapitalistischen Systems zu schmieden. Allerdings denken wir, dass es wichtig ist, jetzt Antworten auf die aktuellen Probleme zu finden. Dazu denken wir sind zwei Schritte notwendig:

  1. Eine Jugendkonferenz: Dies bietet eine erste Möglichkeit, alle linken Jugendlichen und Jugendorganisationen dazu aufzurufen. Wir glauben, dass dieser Bruch, wenn er mit einer solchen Perspektive verfolgt wird, zu einem Moment der Umgruppierung für die gesamte deutsche Linke werden kann. Derzeit kursiert auch innerhalb der Jusos ein Brief, in dem Juso-Mitglieder Unterschriften sammeln und sich über die aktuelle Politik ihrer Mutterpartei empören. Dies bietet eine gute Perspektive, um in eine Debatte um eine kämpferische unabhängige Jugend zu führen. Auch sollte an die Jugendgewerkschaften herangetreten werden, um auch diejenigen ins Boot zu holen, die von den kommenden sozialen Angriffen direkt betroffen sind. Die letzten FFF-Ortsgruppen, aus denen ein Großteil der GJ hervorgegangen ist, sollten ebenfalls in diesen Prozess einbezogen werden. Auf der Konferenz kann dann gemeinsam entschieden werden, wie der Rechtsruck zurückgedrängt werden kann, wie die Krise des Kapitalismus inklusive der Angriffe auf Soziales und Bildung sowie die Umweltkrise gelöst werden können.
  2. Ein auf der Konferenz gemeinsam abgestimmtes Aktionsprogramm: Ein Aktionsprogramm hat die Hauptfunktion, auf aktuelle Krisen und Fragestellungen gemeinsame Forderungen festzuhalten. Dies ist wichtig, um gemeinsam mit geballter Kraft gegen die Krisen zu kämpfen, die auch die Unterzeichner:innen des Schreibens gut aufgelistet haben. 

Diese Schritte sind notwendig, um auch große Teile der Linken im weiteren Sinne, vor allem die Unzufriedenen, für das Aktionsprogramm zu gewinnen. Wir sollten es jedoch nicht dabei belassen, sondern die praktische Intervention an all den Orten, wo sich die Arbeiter:innen und Jugendlichen täglich aufhalten, in die Schulen, Unis und Betriebe tragen! 

Wir reichen jedem ehemaligen Mitglied die Hand, die über Organisationsgrenzen hinaus gemeinsam kämpfen wollen. Lasst uns gemeinsam Abschiebungen verhindern, die Bundeswehr aus unseren Schulen vertreiben und eine Perspektive aufzeigen, für die ökologische Transformation des Mobilitätsektors unter Kontrolle der Arbeiter:innen! Lasst uns gemeinsam Schulstreiks organisieren und für eine unabhängige Jugendorganisation, die aus einer breiten Masse kämpferisch vorangeht. Es ist höchste Zeit dafür! 




EU-Wahl 2024: Wählt links, aber organisiert den Kampf für ein sozialistisches Europa!

Gemeinsame internationale Resolution von REVOLUTION, Juni 2024

Auch wenn es für die meisten von uns kaum im Alltag präsent ist: Die vielen Wahlplakate erinnern uns daran, dass alle fünf Jahre mal wieder ein neues EU-Parlament gewählt werden muss. Dieses Jahr dürfen auch wir Jugendliche über 16 ran, aber die Zeichen stehen auf Rechtsruck. Laut den aktuellen Prognosen werden die größten Stimmengewinne in fast allen Ländern an rechtspopulistische Parteien gehen. Gleichzeitig hat die EU auch ohne rechtspopulistische Mehrheit erst kürzlich durch die sogenannte GEAS-Reform das Asylrecht für Einzelpersonen faktisch abgeschafft, Abschiebungen erleichtert und wochenlange Inhaftierungen von Geflüchteten legalisiert. Während jede:r vierte Jugendliche in der EU in Armut lebt, nutzt sie den Krieg in der Ukraine, um allen Schein vom angeblichen „Friedensprojekt Europa“ endlich in die Tonne zu treten und fleißig aufzurüsten. Es geht schnell in so einer Situation die Hoffnung zu verlieren. Warum sollten wir als Kommunist:innen also überhaupt wählen gehen? Und wo sollten wir unser Kreuzchen machen?

Wahlboykott ist Unsinn!

Zuallererst müssen wir uns klar machen, dass Wahlen nur selten wirklich Veränderung bringen und ganz sicher nicht den Kapitalismus stürzen können. Die Hoffnung, dass wir den Kommunismus herbeiwählen können, wird immer enttäuscht werden. Da der bürgerliche Nationalstaat als Organisationsstruktur entstanden ist, um die Herrschaft des Bürgertums abzusichern, wird sich die herrschende Klasse auch nicht mit ihren eigenen Mitteln entwaffnen lassen. Wenn politische Mehrheiten entstehen, die es dem Kapital zu brenzlich werden lassen, kann es immer noch auf Militärputsche, faschistische Mobs oder Spardiktate zurückgreifen, um parlamentarisch gewählte unliebsame Akteure oder Reformen in die Knie zu zwingen. Unser Verhältnis zu bürgerlichen Wahlen ist deshalb ein taktisches.

Im Falle des EU-Parlamentes ist die Situation noch absurder, da dieses im politischen System der EU nur eine sehr begrenzte Macht hat. So ist es nicht mit einem normalen gesetzgebenden Parlament wie dem Bundestag oder dem Nationalrat zu verwechseln, da es weder eigene Gesetze initiieren kann noch die EU-Kommission direkt wählt. Doch auch wenn das EU Parlament keine wirkliche Macht hat, können Linke es als Bühne nutzen, um auf Missstände aufmerksam zu machen oder um Korruption und Lobbyarbeit zu bekämpfen. Ebenso gilt es, den Massen, die Illusionen in dieses Parlament haben, aufzuzeigen, dass sie eine wirkliche Verbesserung ihrer Lebenssituation schon selbst erkämpfen müssen. Wir nutzen das Parlament als eine historische Errungenschaft für uns und zeigen gleichzeitig durch den praktischen Kampf auf, dass die Möglichkeiten zu parlamentarischen Reformen, die die herrschende Klasse einschränken, sehr gering sind. Es bleibt unsere Aufgabe praktisch zu zeigen, wo die Grenzen der bürgerlichen Demokratie liegen und dass nur eine sozialistische Revolution der Arbeiter:innen in der Lage ist, den Kapitalismus zu stürzen und seinen Krisen ein Ende zu setzen. Deshalb nutzt die politisierte Stimmung rund um die EU-Wahl in euren Schulen, die Podiumsdiskussionen, Jugendwahlen, Politikstunden etc. aber auch eure Wahlstimme, um die Illusionen einer „Friedens-EU“ zu zerstören und den Kampf gegen Asylrechtsverschärfungen, Rechtspopulismus, Umweltverschmutzung, Massenarmut und Militarisierung zu organisieren.

Die EU wird von der eigenständigen imperialistischen Macht zur Juniorpartnerin der USA!

Die EU ist mit dem Versprechen angetreten, das vom Weltkrieg zerrüttete Europa friedlich und sozial zu vereinigen und genoss deshalb lange eine große Popularität in weiten Teilen Europas. Doch davon ist angesichts von Krieg, Spardiktaten, Brexit, Rassismus, Umweltzerstörung und Inflation kaum noch was übriggeblieben. Uns überrascht dies nicht, denn eine Einigung Europas ist auf kapitalistischer Grundlage unmöglich. Als Marxist:innen ist uns klar, dass eine politische Einigung Europas nicht ohne ökonomische Grundlage erfolgen kann. Doch eine gemeinsame ökonomische Grundlage konnte sich aufgrund der verschärften Konkurrenz zwischen den einzelnen Nationalstaaten angesichts ihrer widersprüchlichen Interessen nicht herausbilden. Lange hat die Idee eines immer enger zusammenwachsenden Europas, das sich als eigene imperialistische Macht neben den USA, Russland, China etabliert, die verschiedenen Staaten der EU zusammengeschweißt und bei der Stange gehalten. Es fehlt der EU an einem integrierenden strategischen Projekt, das die auseinanderdriftenden Fliehkräfte der Einzelstaaten zusammenhalten kann. Dafür hat die EU-Kommissionspräsidentin Von der Leyen bei der letzten EU-Wahl einen Green New Deal versprochen, der mithilfe massiver Subventionen die Kapitale der führenden EU-Staaten auf dem Weltmarkt konkurrenzfähiger machen sollte (mit „green“ hatte das leider nicht so viel zu tun). Doch der Krieg in der Ukraine und die Wirtschaftskrise haben diesem Projekt einen Strich durch die Rechnung gemacht und die Widersprüche zwischen den einzelnen EU-Staaten verstärkt.

So sind die exportorientierten Kernstaaten der EU – Deutschland und Frankreich – durch den Zusammenbruch der weltweiten Lieferketten im Zuge der Corona-Pandemie aber auch durch die Sanktionspolitik im Zuge des Ukraine-Krieges stark angeschlagen. Die relative Unabhängigkeit der EU gegenüber den USA hat nur so lange funktioniert, wie ihre Produktionsketten nach China ausgedehnt werden konnten und billige Rohstoffe aus Russland flossen. Durch die verschärfte Blockbildung und die Sanktionen musste die EU ihre relative Unabhängigkeit aufgeben und sich den USA als „Juniorpartner“ unterordnen. Das von deutschem und französischem Kapital vorangetriebene Projekt einer eigenständigen imperialistischen EU-Macht wurde damit weitestgehend beerdigt. Ähnliche Interessen in geringerem Maße verfolgt der erweiterte Kern der EU aus Italien, Spanien, den BeNeLux-Staaten und Österreich. Südeuropa (Griechenland, Malta, Zypern, Portugal) hat dagegen auf der EU-Bühne kaum was zu sagen. Allen voran das deutsche Kapital hat seinen Arsch aus der Wirtschaftskrise 2007/2008 gerettet, indem es die Kosten der Krise Südeuropa durch brutale Sparprogramme und die Entmachtung ihrer gewählten Regierungen aufgedrückt hat. Südeuropa wurde damit vollständig und gewaltvoll untergeordnet und gefügig gemacht. Bekannt für ihre EU-kritische Haltung sind vor allem die Staaten Osteuropas wie zB. Polen oder Ungarn. Osteuropa aber insbesondere das Baltikum versucht seine Stellung in der EU dadurch auszubauen, dass sie als Partner der USA und enger NATO-Verbündeter ihre Interessen durchsetzen.

Wenn wir uns die aktuellen Wahlplakate anschauen, wird ganz deutlich: Der EU, und allen voran den Staaten, die die EU dominieren, fehlt es an einem integrativen Projekt, dass diese auseinanderdriftenden Tendenzen zusammenhalten kann. Die Folge dessen ist eine Zersplitterung im bürgerlichen Parteienlage, da die verschiedenen nationalen Kapitalfraktionen nach strategischer Orientierung suchen. Außerdem bedeutet dies, dass die Mitgliedsstaaten nun verstärkt auf ihre eigene Aufrüstung setzen, um eine eigenständigere Rolle zu spielen. Für uns in Deutschland und Österreich bedeutet das Kürzungswellen in unseren Schulen und Unis, um die massiven Aufrüstungsprogramme zu finanzieren und Debatten um die Wiedereinführung der Wehrpflicht.

Der Rechtsruck in der EU ist nicht die Ursache der Krise, sondern ist ein Ausdruck dessen!

In den Sonntagsreden vieler EU-Abgeordnete hören wir, dass sich Europa gegen die wachsende Macht der Rechtspopulist:innen verteidigen müsse. So weit so richtig. Allerdings tun diese Reden häufig so, als ob in der EU eigentlich alles tutti wäre, nur die Rechtspopulist:innen versuchen in die paradiesische EU einzudringen und wollen alles kaputt machen. Für uns Jugendliche ist die EU jedoch kein Dreamland, sondern bedeutet Militarisierung, Rassismus und Neoliberalismus. Außerdem sind die Rechtspopulist:innen nicht vom Himmel gefallen, sondern sie sind ein Produkt ebendieser Krise der EU und der zunehmenden Unzufriedenheit mit ihr in Teilen des Kapitals und des Kleinbürger:innentums. Wie wir eben aufgezeigt haben, hat die Krise der EU ihre Ursache in der kapitalistischen Krise selbst und nicht im wachsenden Rechtspopulismus. Dieser macht sich die Krise jedoch zunutze, um die Unzufriedenen und Abgehängten angesichts eines Mangels an einer linken Alternative hinter sich zu versammeln.

In Österreich haben wir die Situation, dass die rechtsextreme FPÖ in allen Umfragen auf Platz 1 liegt. Zwar kommen die Stimmen zu großen Teilen von der ÖVP, trotzdem bedeutet das weiterhin eine rechte parlamentarische Mehrheit und eine Stärkung der organisierten Rechten. Die AfD erreicht selbst in der U-16-Wahl in Brandenburg Spitzenwerte von 38 Prozent! Laut aktuellen Prognosen wird vermutlich jede vierte Stimme in Europa an rechtspopulistische Parteien gehen. Diese massiven Stimmenzuwächse verteilen sich jedoch auf die „Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer“ (zu deren stärkster Kraft die Partei von Italiens Ministerpräsidentin Meloni gehört) und „Identität und Demokratie“ (zu der auch AfD und FPÖ gehören). Wo sich beide Fraktionen in ihrem Rassismus einig sind, so uneinig sind sie sich in der Positionierung gegenüber dem Krieg in der Ukraine. Die „Konservativen und Reformer“ scheinen dabei die meisten Stimmenzuwächse zu erwarten und unterscheiden sich außenpolitisch nicht wesentlich von der herrschenden EU-Linie.

Doch auch die anderen europäischen Fraktionen sind von einem Rechtsruck geprägt. So versuchen die Europäische Volkspartei (CDU/CSU, ÖVP) und die Liberalen ihre Stimmenverluste an die Rechtspopulist:innen dadurch auszugleichen, in dem sie sich als stärkere Verfechter:innen der Festung Europa zu präsentieren versuchen. Doch auch die Grünen und Sozialdemokraten (SPD, SPÖ) stimmen in den Chor aus Abschottung, Krieg, Militarisierung und Aufrüstung ein. Einig sind sie sich ohnehin alle darin, dass man im Falle des genozidalen Kriegs in Gaza an der Seite Israels stehen müsse. Dabei hat die österreichische SPÖ doch dieses Jahr das erste mal seit langem wieder einen Parteiobmann, der sich positiv auf den Marxismus und die Arbeiter:innenbewegung bezieht? Der Linksruck, den manche damit herbeigesehnt haben, blieb leider aus. Vielmehr gehen die abgehobenen Streitigkeiten weiter. Die um einiges rechteren Landeshauptläute schießen regelmäßig gegen Babler, damit er ja nicht vergisst, dass die Sozialdemokratie schon lange nicht mehr auf die kleinen Leute schaut. In Deutschland hat sich der Rechtsruck auch in der Linkspartei ausgedrückt. So hat sich das „Bündnis Sarah Wagenknecht“ von der Partei abgespalten und hofft mit rechteren Positionen zur Migration und gegen den angeblichen „Genderwahn“ Wähler:innen von der AfD zurückzuholen. Ihr wirtschaftspolitisches Programm wird in den Medien häufig als links bezeichnet, steht jedoch in erster Linie nur für eine ein wenig sozialere Marktwirtschaft, welche angesichts der aktuellen Krise ein utopisches Modell zu sein scheint.

Wählt die Europäische Linke, aber organisiert den Widerstand!

Wir rufen euch zur Wahl der Europäischen Linken (Linkspartei, KPÖ) auf. So finden wir mit ihren Forderungen nach einem Stopp der Privatisierungen und Kürzungswellen an unseren Schulen und Unis, einem EU-weiten Mindetslohn, einem Stopp der Aufrüstungsspirale und legalen und sicheren Fluchtwege in die EU noch die größte Übereinstimmung. Während die Linkspartei in Deutschland überhaupt darum kämpfen muss, ins Parlament einzuziehen zu dürfen, hat die KPÖ in Österreich dieses Jahr mehrere Erfolge einfahren können. Allen voran die Wahl in Salzburg, wo sie über 20% geschafft haben, aber auch für die EU-Wahlen stehen ihre Chancen gut. Die Parteien der Europäischen Linken eint die Idee von einem sozialeren Europa. Doch wie diese Forderungen genau umgesetzt werden sollen, insbesondere wenn sie auf den erbitterten Widerstand der herrschende Klasse stoßen werden – darüber schweigt die Fraktion. Doch dennoch vereint sie die Illusionen und Hoffnungen der fortschrittlichsten Teile der europäischen Arbeiter:innenklasse, der Gewerkschaften, der Klimabewegung auf sich. Mit diesen müssen wir brechen und den Massen aufzeigen, dass – wie oben schon näher erläutert – nur auf revolutionärem antikapitalistischen Wege eine soziale, friedliche, antirassistische und ökologische Vereinigung Europas unter kooperativer sozialistischer Planung der Produktion möglich ist.

Doch dafür dürfen wir nicht die kommunistischen Besserwisser:innen am Gartenzaun sein. Unsere Aufgabe ist es die richtigen Forderungen der Europäischen Linken zu unterstützen und im gemeinsamen Kampf aufzuzeigen, dass diese nicht auf parlamentarischem Wege und nur eingebettet in ein revolutionäres Programm durchgesetzt und verteidigt werden können. Die Basis und Wähler:innen dieser reformistischen Parteien müssen wir dazu auffordern, ihre Führung auf die Probe zu stellen und von ihnen einen tatsächlichen Kampf für ihre Forderungen einzufordern. Unsere Aufgabe ist es, Teil dieses Kampfes zu sein, das reformistische Bewusstsein in der Klasse zu brechen und ihn anhand unseres Programms auch zum Erfolg zu führen.

Die Wahl von irgendwelchen „linken Kleinstparteien“ wie DKP, MLPD, MERA25, SGP oder auch der Letzten Generation lehnen wir ab. Während DKP und MLPD versuchen aus dem Friedhof der Untoten des Steinzeitstalinismus auszubrechen, versucht sich die vom ehemaligen griechischen Finanzminister Varoufakis gegründete MERA25 als einzige palästinasolidarische Partei zu präsentieren. Sie alle eint jedoch, dass sie keinerlei Rückhalt in irgendwelchen Teilen der Arbeiter:innenklasse besitzen. Ihre Wahl hat keinerlei Einfluss auf das Bewusstsein der Klasse, sodass wir die Klasse auch nicht erreichen, wenn wir unser Kreuz für ihre zusammengekleisterten, reformistischen und sektiererischen Wahlprogramme machen.

In einer Zeit in der Wirtschaftskrisen und Genozide zu unserem Alltag gehören, braucht es massenhaften und organisierten Widerstand in unseren Schulen und Unis. Einen Zettel in eine Box werfen kann dabei maximal eine Nebenbeschäftigung sein.




Warum die Klimakrise auch ein Rassismusproblem ist

Von Jona Everdeen, März 2024

„Die Klimakrise, als ultimative Naturkatastrophe, betrifft uns alle gleich, egal, welches Geschlecht, welche Herkunft, ob arm oder reich.“ Dieser Mythos ist in der bürgerlichen Gesellschaft sehr verbreitet, bis hinein in die bürgerliche Klimabewegung. Allerdings ist er falsch.

Nicht nur, dass ausschließlich die Bourgeoisie in der Lage ist, sich mittels ihrem Geldbeutel vor den meisten Folgen der Umweltkrise zu schützen. Auch muss die Klimakrise im Kontext der jahrhundertealten rassistischen Weltordnung betrachtet werden, die ihren Ausdruck zunächst im Kolonialismus fand und heute im postkolonialen Imperialismus findet.

Umweltimperialismus: Warum nicht alle gleich betroffen sind

Von weiten Teilen der Klimabewegung wird erkannt, dass die „most affected areas“ der Folgen der Klimakrise im Globalen Süden liegen. Der Grund dafür ist jedoch weniger geläufig. Dieser ist nicht in erster Linie geographisches „Pech“, sondern das imperialistische System.

Den verschuldeten, ökonomisch abhängigen, halbkolonialen Ländern Afrikas, Lateinamerikas, etc. ist es nicht möglich, effektive Maßnahmen zum Schutz vor Umweltkatastrophen zu ergreifen. Länder wie Deutschland oder die Niederlande können sich z.B. mit Deichen einigermaßen gegen das Steigen des Meeresspiegels schützen, Länder wie Bangladesch oder die Philippinen können das nicht.

Hinzu kommt, dass die schmutzigsten Industrien, die große Schäden an Ökosystemen verursachen, gezielt in diese halbkolonialen Länder ausgelagert werden. So findet fast der gesamte umweltschädliche Bergbau, der für die moderne Industrie essentiell ist, außerhalb der imperialistischen Zentren statt, wie die Goldminen in Südafrika oder Mali, der Kobaltabbau im Kongo oder der von Kupfer in Peru.

Auch die Steinkohle, die in deutschen Kohlekraftwerken verfeuert wird, kommt nicht mehr aus den Zechen im Ruhrgebiet, sondern aus riesigen Tagebauen vor allem in Kolumbien. In diesen Minen sind die Arbeitsbedingungen katastrophal und häufig werden für ihre Errichtung Indigene und andere ländliche Communities vertrieben. Zudem werden die regionalen Ökosysteme massiv zerstört.

An Gold aus Südafrika und Kohle aus Kolumbien profitieren hauptsächlich Konzerne aus den USA oder Deutschland. Die halbkolonialen Länder sehen von dem enormen Wert ihrer Ressourcen herzlich wenig, abgesehen von einer sehr kleinen aber dafür sehr korrupten nationalen Bourgeoisie.

Das funktioniert durch die ökonomische Abhängigkeit dieser Länder, welche sie dazu zwingt, die wirtschaftliche Forderungen umzusetzen, die von imperialistischen Ländern und ihren Organen wie dem IWF (Internationaler Währungsfonds) gestellt werden.

Dazu gehört der Zwang, zu akzeptieren, dass die eigene Umwelt für die Profitinteressen von deutschen, US-amerikanischen und chinesischen Konzernen zerstört wird, und dass das Land seine Bevölkerung nicht effektiv vor Umweltkatastrophen schützen kann, weil das dafür nötige Geld gebraucht wird, um Banken aus London und New York Schulden zurückzuzahlen.

Das System der Überausbeutung großer Teile der Welt, endete nicht mit dem Kolonialismus, sondern ging nahtlos in neuer Form weiter. Damals wie heute soll es durch Rassismus legitimiert werden, wie den Mythos der „Unterentwicklung“ dieser Teile der Welt gegenüber den imperialistischen Zentren Europas, Nordamerikas und Ostasiens.

Dabei hat die reale ökonomische Unterlegenheit der Länder Afrikas, Lateinamerikas und weiter Teile Asiens eine ganz andere Ursache: Dass die imperialistischen Staaten ihre Wirtschaft gezielt unterentwickelt haben, um sie weiter auspressen zu können.

Rassismus gegen Klimaflüchtende

Durch die Umweltzerstörung im Globalen Süden sowie die fehlenden Möglichkeiten, sich effektiv vor den Folgen der Klimakrise zu schützen, müssen zahlreiche Menschen ihre Heimat verlassen. Bereits jetzt wird geschätzt, dass der Wegfall der ökologischen Lebensgrundlagen die häufigste Fluchtursache ist, noch vor Krieg.

Bislang drückt sich dies vor allem in einer Binnenflucht aus: von ländlichen Regionen, die aufgrund von Dürren und Überschwemmungen nicht mehr genug Ernte bringen in stetig anwachsende Großstädte.

Spätestens, wenn sich die Menge der Gebiete dramatisch ausweitet, die mindestens saisonal nicht mehr bewohnbar sind, werden Menschen ihre Heimat ganz verlassen. Sie werden sich in Regionen und Länder aufmachen, die bessere Bedingungen bieten, also die imperialistischen Zentren, die in der Lage sind, die Folgen von Umweltkatastrophen verhältnismäßig klein zu halten.

Bereits jetzt führen vor allem die EU und die USA eine brutale Migrationspolitik. Für imperialistische Staaten ist dies nötig, da ihre imperialistische Herrschaft untergraben werden würde, wenn überdurchschnittlich stark ausgebeutete Menschen einfach aus den Halbkolonien wegziehen könnten. Mit Klimaflüchtenden wird es nicht anders sein.

Die imperialistischen Staaten sind für die übermäßige Umweltzerstörung in ihrer Heimat verantwortlich, so wie für die übermäßige Ausbeutung ihrer Arbeitskraft zu miesen Löhnen. Damit diese Ausbeutung weitergeführt werden kann, müssen Deutschland, die USA und Co. mit eiserner Hand und eisernem Stacheldraht verhindern, dass diese Menschen ihre Grenzen überqueren.

Eine solche brutale Migrationspolitik ist nur möglich durch das zunehmende Propagieren von Rassismus, den wir nicht nur von Seiten der Rechten beobachten können, sondern auch von liberalen bürgerlichen Kräften wie den Grünen.

Nur auf diese Art können sie begründen, warum sie die Menschen, deren Heimat durch die von Konzernen aus dem eigenen Land verursachte Krise zerstört wurde, an den eigenen Grenzen abweisen oder mit Gewalt an deren Überquerung hindern.

Rassismus und die Klimabewegung

Der Kampf gegen die Klimakrise ist ein Kampf gegen das imperialistische Weltsystem und gegen den Rassismus, der ihm dient.  Während seit Jahrzehnten viele Kämpfe gegen die Umweltzerstörung in Halbkolonien von Indigenen und anderen besonders stark vom Umweltimperialismus Betroffenen ausgefochten werden, kommt dieses Bewusstsein in den weiß dominierten Klimabewegungen des Globalen Nordens nur verspätet an.

In einigen imperialistischen Ländern wie Frankreich, den USA oder Britannien positioniert sich die Klimabewegen inzwischen recht deutlich gegen den Imperialismus, doch in Deutschland sieht es besonders schwierig aus.

Das liegt vor allem daran, dass Fridays for Future Deutschland durch seine starke Bindung zu der fest in den deutschen Imperialismus integrierten Grünen Partei häufig die außenpolitischen Interessen dieses Staates verteidigt. Dazu gehört die Aufrechterhaltung der imperialistischen Überausbeutung und des Umweltimperialismus.

Das drückt sich in der Unterstützung der deutschen „Staatsräson“ aus. Die koloniale Politik Israels, die auch mit massiver Umweltzerstörung verbunden ist, sowie dessen Menschrechtsverbrechen, werden von großen Teilen der Bewegung ohne Kritik akzeptiert oder aktiv unterstützt.

Diese rassistische, pro-imperialistische Position ist nicht nur bei Luisa Neubauer und Co. vertreten, sondern auch bei der sich selbst als „antikolonial“ verstehenden Gruppe Ende Gelände, die Positionen der Unterstützung des israelischen Kolonialismus toleriert und Antizionismus sowie die Unterstützung des palästinensischen Widerstands mit bewegungsinternen Repressionen überzieht.

Was es stattdessen braucht, ist eine Klimabewegung, die versteht, dass der Kampf für Klimagerechtigkeit nur internationalistisch geführt werden, kann, in Solidarität mit allen Unterdrückten auf der Welt. Es ist die Verantwortung von Aktivist:innen in den imperialistischen Ländern, ihre Genoss:innen in den Halbkolonien aktiv zu unterstützen.

Die Klimabewegung im Globalen Norden braucht Organe, in denen von Rassismus Betroffene ihre Anliegen und Perspektiven diskutieren können, damit rassistische Ideologien in der mehrheitlich weißen Bewegung bekämpft werden.

Rassismus wird durch die Umweltkrise verstärkt und die Umweltkrise ist in ihrer Form Folge des rassistischen Weltsystems. Umweltkrise wie (moderner) Rassismus sind Produkte einer Gesellschaftsform, die auf der Ausbeutung von Mensch und Natur basiert: dem Kapitalismus.

Nur wenn dieser überwunden wird, wenn Arbeiter:innen, Jugendliche und die unterdrückte Landbevölkerung sich global zusammenschließen, eine neue Internationale aufbauen und in den Kampf gegen den Imperialismus ziehen, für die Errichtung einer neuen sozialistischen Weltordnung, kann Klimagerechtigkeit erreicht werden.

Nur dann können die Folgen der Umweltkrise bestmöglich reduziert werden, die Überausbeutung von Menschen beendet und somit auch die Wurzel des Rassismus abgesägt werden!

Wir als Kommunist:innen fordern:

  • Offene Grenzen sowie Staatsbürger:innenrechte für alle, an dem Ort, wo sie leben!
  • Die sofortige Streichung der Schulden für alle halbkolonialen Länder und die Enteignung der Konzerne aus den imperialistischen Zentren unter Kontrolle der Arbeiter:innen!
  • Unterstützung der Länder des Globalen Südens, damit sie sich so effizient wie möglich gegen Umweltkatastrophen schützen können. Für globale Einrichtungen zum Katastrophenschutz und den Wiederaufbau von Ökosystemen unter der Kontrolle der Arbeiter:innen und der Landbevölkerung!
  • Das Ende der imperialistischen Überausbeutung, das Ende des Umweltimperialismus sowie das Ende des Kapitalismus, der die Wurzel der Ausbeutung von Mensch und Natur darstellt!



Aufruf an alle Linken in FFF

von Jona Everdeen, Februar 2024

Bei FFF, der mit Abstand größten Gruppe der deutschen Klimabewegung, läuft wenig. Statt gegen die miserable Klimapolitik der Ampel auf die Straße zu gehen stellen sich Luisa und Co. meist faktisch hinter diese, mit Verweis darauf dass die Alternative ja noch schlimmer ist. Dass diese Politik des „kleineren Übels“ uns keinen Schritt nach vorne bringt sollte klar sein. Was jedoch jüngst das größte Aufsehen erregte ist der offene Bruch zwischen FFF DE und der internationalen Bewegung, da FFF DE lieber hinter dem deutschen Staat als hinter Fridays for Future steht. Darum kommt hier unser Vorschlag was linke Aktivist:innen innerhalb von FFF DE jetzt tun um der Bewegung neuen Elan zu geben und den Kampf für Klimagerechtigkeit wieder aufzunehmen:

Klimagerechtigkeit geht nur internationalistisch!

Die Führung von FFF DE distanzierte sich in letzter Zeit immer offener von Greta Thunberg, die die Bewegung einst ins Leben rief. Weil sie auf Demonstrationen eine Keffiyeh trägt und sich aktiv dafür ausspricht, dass der Kampf für Klimagerechtigkeit Freiheit für Palästina einschließen muss. Dabei steht Greta nicht alleine, sie hat die komplette internationale Klimabewegung auf ihrer Seite! Einzige Ausnahme: Deutschland (und teilweise Österreich). Während in anderen Ländern wie Schweden, Frankreich oder Britannien die Klimabewegung ein selbstverständlicher Teil der massiven pro-palästinensischen Proteste ist, steht ihre Führung in Deutschland hinter der „Staatsräson“, also Solidarität mit Israel. Wie bereits bei den Protesten gegen den Ukrainekrieg, wo es kaum Kritik an NATO und Aufrüstung gab, stehen auch hier Luisa Nebauer, Carla Reemtsma, Annika Rittmann und Co. auf der Seite des deutschen Staates. Auch dessen miserable Klimapolitik wird immer weniger kritisiert, so lobte Luisa Neubauer gar Scholz‘ Auftreten auf der jünsten Farce einer Klimakonferenz in Dubai!

Statt hinter der Außenpolitik des deutschen Staates muss die Klimabewegung hinter den Unterdrückten stehen! Der Kampf um Klimagerechtigkeit muss international geführt werden! Das bedeutet zum Beispiel, dass wir die Kämpfe, die in den halbkolonialen Ländern des Globalen Südens gegen den Umweltimperialismus geführt werden auch hier in Deutschland als Teil unseres Kampfes sehen. Solange das deutsche Kapital seine Produktion auf den räuberischen und zerstörerischen Ressourcenabbau anderswo stützt, solange internationale Energiekonzerne global fossile Brennstoffe extrahieren, solange die IDF mit deutschen Waffen die Lebensgundlage der Palästineser:innen zerstört, wird auch ein neuer Radweg in Berlin keine Kipppunkte aufhalten. Wir brauchen auch in Deutschland Solidaritätsstreiks mit internationalen Kämpfen und wir müssen die Verwicklungen der Bundesregierung aufdecken und beenden!

Klimagerechtigkeit heißt Klassenkampf

Die letzten Jahre haben uns gelehrt, dass bloße Appele an „die Politik“ nichts bewirken. Um wirklich Druck aufzubauen, müssen wir uns an der Basis organisieren: in Schule, Uni und vor allem im Betrieb. Nur ein Generalstreik ist in der Lage Klimagerechtigkeit gegen die Interessen der Lobbys und Konzerne, gegen den bürgerlichen Staat, der in ihrem Interesse handelt, durchzusetzen!

Die Kampagne „Wir fahren zusammen“, die versucht die Brücke zwischen ÖPNV-Arbeiter:innen und der Klimabewegung zu schlagen, ist dabei ein guter erster Schritt, darf aber nicht der letzte bleiben! Damit die „Allianz“ nicht nur am Schreibtisch geschmiedet wird, sondern auch wirklich mit Leben gefüllt wird, ist es einerseits sehr richtig, dass FFF aktiv dazu aufruft, mit den streikenden Beschäftigten auf die Straße zu gehen. Andererseits könnte dies noch viel weitergehen, indem sich auch die Basisorgane einander zuwenden. Aktivistis könnten vor Betriebsversammlungen oder bei Betriebsgruppen sprechen, um Forderungen fürs Klima zu erklären, die in den Arbeitskampf einbezogen werden sollten. Und umgekehrt könnten streikende Arbeiter:innen an Schulen eingeladen werden, um über ihren Kampf zu berichten und die Schüler:innen zur Solidarität aufrufen. Das funktioniert natürlich am besten, wenn auch tatsächlich schon Basisgruppen existieren, kann aber ebenso gut als Mittel genutzt werden, diese aufzubauen.

Ein weiterer sehr wichtiger Schritt wäre, nicht nur zu den Beschäftigten im Nahverkehr, sondern auch und gerade Brücken zu schlagen zu den Arbeiter:innen, die in klimaschädlichen Bereichen lohnabhängig sind! Es muss gezeigt werden, dass anders als Konzernchefs und häufig auch Gewerkschaftsführungen behaupten, das Interesse an einer intakten Umwelt sowie am Erhalt von Arbeitsplätzen kein Widerspruch sind, sondern Hand in Hand gehen! Nur wenn die Arbeiter:innen die Produktion in ihren Betrieben selber in die Hand nehmen, so wie es die Arbeiter:innen bei GKN in Florenz taten, können sie ihre Arbeitsplätze sichern, indem sie die Produktion auf Produkte umstellen, die in einer nachhaltigen Wirtschaft benötigt werden! Nur eine demokratisch geplante Wirtschaft unter Kontrolle der Beschäftigten ist in der Lage die nötige Transformation durchzuführen! Solange die Betriebe in Unternehmer:innenhand sind, müssen die Arbeiter:innen bei jeder Konjunkturkrise um ihre Anstellung fürchten. Organisieren wir unsere Mitschüler:innen, Kommiliton:innen und Arbeitskolleg:innen für Klimagerechtigkeit, für soziale Gerechtigkeit, für eine bessere Gesellschaft!

Für die Durchsetzung bewegungsinterner Demokratie!

Ein weitere Punkt, der FFF DE prägt und viele Aktivist:innen demoralisiert hat, ist die nicht vorhandene interne Demokratie. Von dem, was sich FFF auf die Fahne schreibt, eine basisdemokratische Graswurzelbewegung zu sein, war bereits nach wenigen Monaten nicht mehr viel übrig. Öffentlich für die Bewegung sprach nicht, wer dafür von der Bewegung bestimmt worden wäre, sondern wer sich, wie Luisa Neubauer, erfolgreich in den medialen Mittelpunkt stellen konnte. AGs die über zentrale Aspekte der politischen Arbeit und Ausrichtung von FFF ohne Rücksprache mit der Bewegung entscheiden konnten basierten meist auf informellen Beziehungen und waren häufig sehr stark nach außen abgegrenzt, rein kam nur, wer die Leute kannte. Diese Strukturen festigten sich über die Jahre nur noch weiter. Wer intern diese Strukturen kritisierte und für eine andere Politik eintrat wurde zuerst belächelt und wenn er dann weiter machte irgendwann aktiv bekämpft so wie Hasan Özbay und unser Mitglied Jona Everdeen. Ausführendes Organ der FFF internen Repression ist dabei die sogenannte „Sicherheits AG“, die in FFF, die Aufgaben von VS, Polizei und Justiz in einem zu übernehmen scheint, und unliebsame Stimmen auf Basis von willkürlicher, nicht für die Mehrheit einsehbarer Gründe gerne mal aus Gruppen wirft. Diese AG die ähnlich intransparent ist wie viele andere, war auch für den Unvereinbarkeitsantrag gegen uns verantwortlich der zum größten Teil auf offenen Lügen basierte die ohne weiteres hätten widerlegt werden können.

Wir schlagen vor, diesem undemokratischen und intransparenten Apparat eine demokratische Bewegung entgegenzusetzen, in der zentrale Positionen nicht nur gewählt, sondern auch jederzeit abwählbar sind und Verantwortliche somit jederzeit rechenschaftspflichtig sind! Eine Bewegung, in der die demokratischen Mehrheitsbeschlüsse umgesetzt werden aber gleichzeitig auch oppositionelle Gruppen jederzeit das Recht haben ihre Meinung und ihre Positionen frei zu vertreten und auf Aktionen in Form von Flyern, Fahnen, Transparenten etc. zum Ausdruck zu bringen!

Für eine Strategiekonferenz der gesamten Klimabewegung!

Wir haben jetzt Punkte genannt die unserer Meinung nach zentrale Rollen in der derzeitigen Krise der Klimabewegung spielen, jedoch können nicht wir als kleine Jugendgruppe der deutschen Klimabewegung eine neue Strategie geben. Das kann sie nur selber! Darum rufen wir dazu auf eine Strategiekonferenz abzuhalten an der alle Teile der Klimabewegung teilnehmen! Um dafür einen ersten Grundstein zu legen organisieren wir am 24.Februar ein Vernetzungstreffen linker und internationalistischer Klimagruppen und -aktivist:innen! Dazu wollen wir euch alle herzlich einladen! Wenn ihr als Ortsgruppe Interesse an einer Veränderung von FFF und der Klimabewegung in Deutschland habt rufen wir euch auf Deligierte zu diesem Treffen zu schicken und auch wenn ihr als einzelne Aktivist:innen aus einer grünennahen Ortsgruppe in linker Opposition steht seid ihr ebenfalls aufgerufen zu kommen und euch mit anderen linken Aktivist:innen zu vernetzen! Auch Mitglieder anderen Klimaorganisationen wie Letzte Generation, End Fossil Occupy und Ende Gelände laden wir ein, an dem Treffen teilzunehmen!




Offener Brief an die Klimabewegung in Deutschland

Erstunterzeichnende/First signatories

Organisationen/Organisations:

REVOLUTION Germany, palestine speaks, pa_allies, MigrAntifa Braunschweig, Jüdische stimme für gerechten Frieden im nahen Osten, Ende Gelände Düsseldorf, FightforFalastin, Gruppe ArbeiterInnenmacht

Einzelpersonen/Persons:

Betül Çınar, Hasan Özbay(@migrantischewut), Georg Ismael, Ela Sommer 

Hier könnt ihr auch unterzeichnen:

https://docs.google.com/document/d/1OLa9YQBTulQA-AdZz8QPC7QaxaLKqkbVmUgTxcQzU54/

-english below-

Offener Brief an die Klimabewegung in Deutschland

Liebe deutsche Klimabewegung,

hiermit distanzieren wir uns von Fridays for Future Deutschland. Unter dem Deckmantel einer Stellungnahme gegen Antisemitismus hat FFF-Deutschland in den vergangenen Wochen mehrmalsdie Sache eines gemeinsamen, globalen Kampfes gegen die Klimakrise und für Gerechtigkeit & Freiheit verraten. Sie brechen dadurch nicht nur das Vertrauen der anderen FFF-Sektionen, die sich seit dessen Beginn gegen einen genozidalen Krieg in Gaza gestellt haben. Sie lassen auch herzlos die Menschen Palästinas im Stich und damit nicht nur von Krieg und Besatzung, sondern auch von der Klimakrise „most affected people and areas“. Wir sind der Meinung, dass Klima-Aktivismus ohne Internationalismus nicht funktionieren kann! Imperialistische Länder wie Deutschland oder USA exportieren Klimaschäden in die Länder des Globalen Südens, die in künstlicher Abhängigkeit gehalten werden. Dies geschieht z.B. indem besonders umweltschädigende Abschnitte von Produktionsketten in diese Länder verlegt werden oder indem direkt Müll und giftige Abfälle dort abgeladen werden. Es sind auch diejenigen, die am härtesten durch Dürren und Überschwemmungen, das Artensterben oder den steigenden Meeresspiegel bedroht sind, während ihnen die Mittel, sich dagegen zu schützen, verwehrt bleiben. Die Antwort darauf kann nur in einer internationalen Bewegung bestehen. Wir dürfen nicht auf die Taschenspielertricks der deutschen Regierung reinfallen, wenn sie uns ihren Green New Deal verkaufen wollen. Und genauso wenig, wenn sie über das „Selbstverteidigungsrechts Israels“ reden, es in Wirklichkeit jedoch nur um geopolitische und wirtschaftliche Interessen geht. FFF International veröffentlichte schon im Oktober ein Statement, in welchem sie sich solidarisch mit dem palästinensischen Kampf, dem Widerstand, der Befreiung und der Selbstverteidigung erklären. Sie schreiben sehr deutlich, dass sie im Angesicht von Aggression, Genozid und Faschismus nicht neutral bleiben können. Sie benennen die Besatzung als Resultat eines kolonialen Prozesses, angestoßen durch die westlichen Imperialmächte, damit diese ihre geopolitischen Interessen umzusetzen. FFF international schreibt deutlich, dass sie nicht schweigen werden, während die westlichen Mächte den Genozid in Palästina beklatschen. Wir unterstützen dieses klare Statement der internationalen Strukturen und lehnen die Position des deutschen Verbands und die unfundierte und politisch nicht begründete Abgrenzung von den internationalen Strukturen ganz klar ab. Außerdem solidarisieren wir uns mit dem Aktivisten Hasan, der für die Internationalen Statements verantwortlich gemacht wurde und dann von diesen Medien angegriffen wurde. Diese Hetzkampagne unterstützt Fridays for Future Deutschland. Wir sehen, wie FFF Deutschland Hand in Hand mit dem Deutschen Staat für Israel kämpft.

Nachdem FFF Deutschland schon seit Jahren linke oder antikapitalistische Kräfte systematisch aus der Bewegung drängt, zeigen sie mit diesen Statements erneut, dass antikapitalistische und antiimperialistische Positionen in dieser Bewegung nicht zur Diskussion stehen. Die Nutzlosigkeit von fünf Jahren Appellen an die Politik und das Nachlassen der Mobilisierungen in Folge dessen führen offenbar nicht zu einem radikalen Bruch mit dem deutschen Klimaimperialismus, sondern zu fortgesetzter Anbiederung an Grüne &Co.

Wir rufen alle linken Kräfte in der Klimabewegung, die dieser Kritik zustimmen, auf, den offenen Brief

zu unterstützen und zu teilen. Tretet mit uns in Kontakt und lasst uns gemeinsam in Diskussion treten, wie die Klimabewegung mit antikolonialen Kämpfen weltweit verbunden werden kann und wie wir vom Kuschelkurs mit dem Grünen Kapitalismus hin zu einem vereinten Kampf für Klimagerechtigkeit und Befreiung international kommen.

Dafür wollen wir uns schon am 24.02.24 um 10 Uhr in Berlin treffen, um darüber gemeinsam zu diskutieren und uns zu vernetzen! Wenn ihr kommen wollt, gebt uns Bescheid. 

Wann: 24.02.24 // 10 Uhr 

Wo: Rungestr. 20, 10179 Berlin

Brief unterschreiben?! Hier.

Open letter to the climate movement in Germany

Dear German climate movement,

We hereby distance ourselves from Fridays for Future Germany. Under the guise of a statement against antisemitism FFF Germany has repeatedly betrayed the cause of a common, global fight against the climate crisis and for justice & freedom. In doing so, they are not only breaking the trust of the other FFF sections, which have fought against a genocidal war in Gaza since its inception. They also heartlessly abandon the Palestinian people and thus not only the people most affected by war and occupation, but also the people most affected by the climate crisis.

We are of the opinion that climate activism cannot work without internationalism!

Imperialist countries like Germany or the USA export climate damage to the countries of the Global South, which are kept in artificial dependency. This happens, for example, by transferring particularly environmentally damaging sections of production to these countries or by dumping waste and toxic waste there directly. It is also these countries which are hit hardest by droughts and floods, the extinction of species or rising sea sea levels, while at the same time they are denied the means to protect themselves against these catastrophes. The answer to this can only be an international movement. We must not fall for the not fall for the sleight of hand of the German government when they try to sell us their Green New Deal. And just as little when they talk about Israel’s „right to self-defense“, while in reality it’s all about geopolitical and economic interests. FFF International published a statement back in October in which it expressed its solidarity with the Palestinian struggle, resistance, liberation and self-defense. They write very clearly that they cannot remain neutral in the face of aggression, genocide and fascism. They name the occupation as the result of a colonial process, initiated by the Western imperial powers to realize their geopolitical interests. FFF international writes clearly that they will not remain silent while the Western powers applaud the genocide in Palestine.

We support this clear statement by the international structures and reject the position and the politically unfounded distancing from the international structures by FFF Germany. We also show our solidarity with the activist Hasan, who was made responsible for the international statements by the German media and was then attacked by this same media. A smear campaign is supported by Fridays for Future Germany. We see how FFF Germany fights hand in hand with the German state for Israel.

FFF Germany has been systematically pushing left-wing or anti-capitalist forces out of the movement for years. They show once again with these statements that anti-capitalist and anti-imperialist positions are not up for discussion in this movement. The uselessness of five years of appeals to politicians and the decline in mobilizations as a result of this are obviously not leading to a radical break with German climate imperialism, but to continued pandering to the Greens etc.

We call on all left forces in the climate movement who agree with this criticism to support and share the open letter. Get in touch with us and let’s get together to discuss how the climate movement can be linked to anti-colonial struggles worldwide and how we can move from cuddling up to green capitalism to a united struggle for climate justice and liberation internationally.

For this we want to meet on February 24th at 10am in Berlin to discuss this together and to network! If you want to come, let us know. 

When: 24.02.24 // 10:00

Where: Rungestr. 20, 10179 Berlin

Wanna sign the letter? Here.




Solidarität in Stürmischen Zeiten: Der Klimawandel betrifft uns alle!

von Night Ophelia, Januar 2024

Kurz vor Weihnachten löste das Tiefdruckgebiet Zoltan in Deutschland das sogenannte Weihnachtshochwasser 2023 aus.

Über dem Meer von Island hatte sich Mitte Dezember das Tiefdruckgebiet gebildet und eine Warmfront mit kräftigem Wind nach Deutschland gebracht. In Folge dessen schmolz der Schnee in vielen Regionen und trug so dazu bei, dass die Flüsse, die bereits durch starken Regen gefühlt waren, an ihre Grenzen kamen und teilweise auch drüber traten. Die Weihnachtsfeiertage über war kein Ende in Sicht da sich der Regen immer weiter fortsetzte.

Aufgrund des drohenden Hochwassers mussten zunächst im südlichen Harz ca. 500 Menschen präventiv ihre Wohnung verlassen, da die Gemeinde Windehausen fürchtete dass die extremen Niederschlagsmengen zu Überflutung führen könnten. In der gesamten Harzregion wurden Talsperren abgelassen um ihr Brechen zu verhindern.

In Ostfriesland sowie Oldenburg drohten Deiche zu kollabieren, in Hamburg stand der Fischmarkt unter Wasser. In Sachsen-Anhalt und Niedersachsen waren weitere Evakuierungen nötig da es hier zu schweren Überschwemmungen kam und weitere befürchtet wurden.

Alle Schutzgebiete schlugen durch den Hochwasserpegel Alarm, was es seit über 20 Jahren in der Form nicht mehr gab. Zwischen Hannover und Berlin war der Bahnverkehr eingeschränkt.

Experten betonten dabei, dass das Weihnachtshochwasser keine Wiederholung der Ahrtal-Katastrophe 2021 war, bei der mehr als 100 Menschen starben. Dafür betraf das extreme Wetter dieses mal große Teile von Deutschland. Anders als beim Ahrtal-Hochwasser sind nämlich auch die großen Flüsse wie der Rhein, die Elbe und die Weser vom Hochwasser übergelaufen während bei der Ahrtal-Katastrophe die kleinen Bäche innerhalb kurzer Zeit durch den heftigen Regen zu reißenden Flüssen wurden.

Jedoch blieb auch Anfang Januar die Hochwasserlage weiterhin angespannt. In Niedersachsen blieben die Flüsse weiterhin überlaufen da die Niederschlagsmengen kontinuierlich hoch blieb. Die Pegelstände sanken in den meisten Regionen zwar um ein paar Zentimeter, sind jedoch weiterhin deutlich über dem Normalpegel. Erst Mitte Januar fängt das Hochwasser langsam an zurück zu gehen. Die Helfer:innen des Technischen Hilfswerks sowie die Soldat:innen der Bundeswehr konnten sich hingegen etwas früher zurückziehen, nachdem sie insgesamt 2,5 Millionen Sandsäcke verbaut hatten.

Welche Auswirkungen treffen uns?

 Auch wenn es bisher gelungen ist, die Auswirkungen des Hochwassers einzugrenzen, müssen wir mit langfristigen Folgen rechnen. Die Ernteausfälle durch den nicht nutzbaren Boden werden wir schon im Frühling 2024 zu spüren bekommen. Teile der Böden und Felder werden durch die niedrigen Temperaturen zu Eisflächen. Das Absterben vieler Pflanzen und die eingeschränkte Nahrungsversorgung betrifft jedoch auch die Wildtiere in ihrem eh schon verkleinerten Lebensraum. Als gesellschaftliche Folge gibt es wieder einmal den Verlust von Wohnraum zu verzeichnen durch von der Flut unbewohnbar gemachte Gebäude, viele der dort Lebenden dürften keine teure Elementarversicherung haben und müssen jetzt sehen wie sie zurecht kommen.

Beim Weihnachtshochwasser 2023 können wir von Glück sprechen, dass es anders als im Ahrtal keine Toten oder Schwerverletzten gab. Doch von allen Seiten ist zu hören, dass wir in Zukunft mit weiteren Katastrophen durch Extremwetter rechnen müssen. Der Klimawandel macht Wetterextreme das ganze Jahr über zu einer neuen Normalität. Die Hochwasserschutzmaßnahmen müssen überarbeitet und die Überflutungsräume ausgebaut werden um Zerstörung oder gar Tote, wie die über 100 Menschen in und um das Ahrtal 2021, zu verhindern. Es braucht einen Katastrophenschutzplan der einerseits präventiv arbeitet und andererseits sofort und ohne Verzögerung reagiert sobald ein Extremwetterereignis begonnen hat. Auch wenn es dieses Mal recht gut gelang das schlimmste zu verhindern, muss der Katastrophenschutz in Deutschland definitiv ausgebaut und im Angesicht der Klimakrise verstärkt werden. Die Ampelregierung plant jedoch das Gegenteil: Während 100 Milliarden dafür ausgegeben werden das Deutschland wieder besser Krieg führen kann, soll auch beim Katastrophenschutz gespart werden.   

Wie können wir Betroffene unterstützen?

Das Psychiatrienetz hat auf seiner Internetseite eine Liste mit Angeboten der seelischen Unterstützung für Betroffene, Angehörige und Helfer:innen der Hochwasserkatastrophen, falls ihr psychische Unterstützung braucht könnt ihr euch dort melden.

Ansonsten kann wer Kapazitäten hat, in betroffene Gebiete fahren und Menschen beim Wiederaufbau helfen. Dafür gibt es organisierte Gruppen denen Menschen sich anschließen können. Es gibt auch immer die Möglichkeit solche Gruppen selbst zu organisieren oder wenn, man aus einer Region kommt in der Hilfe benötigt wird, anzufragen. Die Aktion-Deutschland-hilft unterstützt betroffene Regionen neben dem Sammeln von Spenden mit einem drei Phasen Plan.

Als akute Nothilfe helfen Bündnisorganisationen bei Bedarf mit Trinkwasserversorgung, Erster Hilfe, Notunterkünften, Suppenküchen und Hygienekits. Als mittelfristige Hilfe helfen Bündnisorganisationen mit Übergangsmaßnahmen wie Finanzierung mobiler Übergangshäuser, Behelfsapotheken und mit der psychologischen Betreuung betroffener Menschen. Als langfristige Hilfe helfen sie Menschen vor Ort, beim Wiederaufbau von Häusern und sozialen Einrichtungen. Das sagt die Aktion-Deutschland-hilft zumindest auf ihrer Website. Möglich machen können sie diese Hilfsangebote vor allem durch ehrenamtliche Helfer:innen, die bereit sind in Hochwassergebiete zu fahren, sowie durch Spenden.

Solche Hilfsstrukturen sind dabei, zumindest wenn sie ihren Selbstansprüchen entsprechend handeln, ein Positivbeispiel dafür wie Solidarität untereinander aussehen kann auch in einer Welt die auf Konkurrenz gegeneinander ausgerichtet ist. In einer sozialistischen Gesellschaft wäre eine solche Eigeninitiative nicht mehr von Nöten, da es eine selbstverständliche Aufgabe der Gesellschaft wäre Betroffenen von Katastrophen beizustehen und die nötigen  Ressourcen und Arbeitskraft zu organisieren die es für die Behebung der Folgen braucht.

Doch was hat das Hochwasser eigentlich mit dem Klimawandel zutun?

Die Wahrscheinlichkeit für Starkregen und Überschwemmungen durch den Klimawandel in Deutschland steigt! Durch die ansteigenden Temperaturen verschieben sich die Niederschläge vom Sommer in den Winter und treten häufiger in Form von Regen als von Schnee auf. Jedoch werden Extremwetterereignisse weltweit grundsätzlich häufiger und intensiver wie auch die Flutkatastrophe von Pakistan gezeigt hat, die alles in den Schatten stellte was wir in jüngerer Vergangenheit  in Deutschland erlebt haben. Das Jahr 2023 zeigt uns hierbei erneut die Folgen des menschengemachten Klimawandels auf. Allein in Europa gab es im Mai in Italien, im August in Österreich und Slowenien, sowie im September in Griechenland Überschwemmungen. Seit März 2023 bewegen sich die Meeresoberflächentemperaturen auf beständig höherem Niveau als bisher gemessen. Das warme Wasser in den Meeren verdunstet schneller, der Wasserdampfgehalt in der wärmeren Luft nimmt zu, aus der wärmeren Luft kann mehr flüssiges Wasser kondensieren und es gibt somit mehr Regen. Auch die dabei entstehende Kondensationswärme ist nicht außer acht zu lassen.

Was können wir gegen den Klimawandel tun das die Wetterextreme verursacht?

Wir sagen immer wieder: Klimaschutz ist Klassenkampf! Doch was heißt das eigentlich?

Nicht alle Menschen tragen die gleiche Schuld am Klimawandel. Das reichste Prozent der Welt verursacht so viel CO₂ wie 5 Milliarden Menschen zusammen. In einfacher Form: ein Mensch der Arbeiter:innenklasse bräuchte 1500 Jahre um so viel CO₂ zu verbrauchen wie ein Mensch der Bourgeoise (Kapitalist:innenklasse) in nur einem Jahr. Die Gleichung hierbei lautet: exzessiver Reichtum = exzessiver CO₂-Ausstoß. Gerade einmal einhundert Konzerne sind für 70% der weltweiten CO₂ Emissionen verantwortlich. Ihre Eigentümer:innen haben politische Macht und ihr Interesse natürlich nicht darin, gegen ihre eigene Klasse zu kämpfen und ihren Reichtum zu verlieren, sondern weiterhin an ihren fossilen Industrien zu verdienen.

Auch wenn viele Bonzen ganz individuell auf die Umwelt scheißen, ist es jedoch nicht bloß ein individuelles Problem sondern ein schwer zu durchbrechender Kreislauf, der aus den Mechanismen des Kapitalismus heraus entstanden ist. So sorgt, sehr vereinfacht gesagt, die Konkurrenz zwischen den Konzernen auf dem Markt einerseits, und den Staaten in der imperialistischen Weltordnung andererseits, dafür das es nicht möglich ist einen grünen, ökologisch nachhaltigen, Kapitalismus zu schaffen, da Anpassung zur Reduzierung des CO2-Ausstosses zu einem Wettbewerbsnachteil führen und entsprechend außerhalb von Nischenproduktionen keine Option sind.

Wer Klimaschutz betreiben, und somit das Risiko von Extremwetterkatastrophen reduzieren, will, muss den Kapitalismus als System bekämpfen und durch ein neues ersetzen in dem die Produzent:innen nach einem demokratischen Plan entscheiden wie produziert wird, und dabei selbstverständlich dem Erhalt ihrer eigenen Lebensgrundlagen einen zentralen Stellenwert einräumen werden.

Um dahinzukommen braucht es jedoch eine organisierten Bewegung der Arbeiter:innenklasse die den Kampf um Klimagerechtigkeit als den Klassenkampf führt der er ist! 




Bauernproteste: Subventionen erhalten auf Kosten der Reichen!

von Susanne Kühn, Januar 2024, zuerst erschienen in der Infomail der Gruppe Arbeiter:innenmacht

Vom 8. – 12. Januar werden Tausende Bauern und Bäuerinnen mit Fahrtkolonnen, Sternfahrten zu größeren Städten und Blockaden von Autobahnzufahrten und zentralen Verkehrsknoten immer wieder Teile des Landes lahmlegen. Am 15. Januar schließt die Aktionswoche mit einer zentralen Kundgebung in Berlin, um der Ampel den Marsch zu blasen.

Den unmittelbaren Auslöser für die Proteste bildete die geplante Streichung der Subventionen beim Agrardiesel und der KfZ-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft. Diese belaufen sich für das Jahr 2024 auf insgesamt ca. 440 bzw. 485 Millionen Euro. Für einen durchschnittlichen Betrieb würde sich die Streichung der Vergünstigungen auf 4.000 – 5.000 Euro pro Jahr belaufen bei einem durchschnittlichen Jahresgewinn von 82.000 Euro im Wirtschaftsjahr 2021/22 bzw. 115.400 Euro im Jahr 2022/23.

Damit steht sicherlich nicht „die Landwirtschaft“ auf der Kippe, wohl aber würden die Streichungen vor allem die kleineren und mittleren Betriebe treffen, da diese natürlich weniger Gewinn machen, weniger Reserven haben und auch mehr Sprit im Verhältnis zur ihrer Agrarfläche verbrauchen. Für diese landwirtschaftlichen Unternehmen stellt die Streichung der Subventionen eine erhebliche Einkommenseinsbuße dar – zumal die Steigerung der Durchschnittsgewinne landwirtschaftlicher Unternehmen in den letzten Jahren selbst Resultat eines dauerhaften Zentralisations- und Konzentrationsprozesses ist. Gab es im Jahr 2020 noch 440.000 Unternehmen im Agrarsektor, so waren es 2020 noch 260.000.

Zweifellos ist die Empörung und Wut der kleineren und mittleren Landwirt:innen über die Streichungen und die dazukommende schrittweise Abschaffung der Subventionen für den KfZ-Diesel nachvollziehbar und berechtigt. Diese kleinbürgerliche Schicht wird längst ökonomisch von einem immer unhaltbareren Agrarsystem an den Rand gedrückt, da vor allem die Interessen der großen Betriebe, vor allem aber der Agrarindustrie und Handelskonzerne im globalen Wettbewerb bedient werden. Zugleich sollte auch niemand die Protestaktionen als Proteste der „Kleinbäuer:innen“ idealisieren. Geführt werden sie von den großen Wirtschaften, die auch den Bauernverband dominieren, politisch eng an CDU/CSU hängen und an einem auf Subventionen basierenden aberwitzigen Agrarsystem. Diese sind eng verbunden mit direkten Kapitalinteressen und einer über Jahrzehnte etablierten Agrarpolitik, die die Konkurrenzfähigkeit der deutschen und europäischen Agrarproduktion sichert und für relativ günstige Preise in Supermärkten sorgt, die letztlich wiederum durch Massensteuern finanziert werden.

In den letzten Wochen ging der Bauernverband zudem ein enges Bündnis mit dem Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), der einen großen Teil des Transportgewerbes vertritt, ein. Die Aktionswoche vom 8. – 12. Januar wird von beiden Verbänden durchgeführt. Während der Bauernverband weiter die Rücknahme der Streichung aller Subventionen will, fordern die Transportunternehmen „Geld für intakte Straßen und Brücken, Lkw-Stellplätze und verlässliche Förderprogramme für einen klimafreundlichen Straßengüterverkehr“.

Am rechten Rand der Proteste machen sich zudem Verbände wie die sog. „Freien Bauern“ und andere reaktionäre kleinbürgerliche Standesvereinigungen breit. Die AfD und auch Nazi-Organisationen wie die Freien Sachsen suchen die Verbindung zu diesem „Volkswiderstand“ und mischen den Ruf nach billigem Diesel mit dem nach noch billigerem Blut und Boden.

Aktionen gehen weiter

Angesichts der Aktionen des Bauernverbandes im Dezember nahm die Ampel-Koalition die Kürzung der KfZ-Steuerbefreiung vollständig zurück. Die Begünstigung für den KfZ-Diesel soll 2024 nur zu 40 % gekürzt und dann schrittweise bis 2026 abgeschafft werden. Das lehnt der Bauernverband ab, der an der Spitze der Proteste steht und bundesweit die weitaus größte Interessenvertretung bildet. Auch wenn die Bundesregierung jammert, dass die geplanten Blockaden und Sternfahrten „unverhältnismäßig“ seien, so sieht der Bauernverband zu Recht die Chance, sämtliche Forderungen durchzusetzen.

Gemeinsam mit BGL und unterstützt von CDU, CSU und Freien Wählern wollen sie die Ampel-Koalition weiter vor sich hertreiben. Auch wenn der Bauernverband gebetsmühlenartig betont, dass die Proteste „unpolitisch“ wären, so befindet er sich faktisch im Bündnis mit den konservativen Oppositionsparteien.

Diese Kräfte haben (noch) kein Interesse an einem Bündnis mit den rechten Bauernverbänden wie den sog. Freien Bauern oder Teilen von „Landwirtschaft schafft Verbindung“. Daher distanzieren sich der Bauernverband und seine konservativen Verbündeten auch von den rechten Protestaktionen wie der Blockade von Habeck in Schleswig-Holstein, denn schließlich wollen CDU und CSU nicht das System „stürzen“, sondern übernehmen.

Der Bauernverband hofft so, außerdem seine eigene Vormachtstellung unter der Bäuer:innenschaft wieder zu festigen, die in den letzten Jahrzehnten eigentlich schwächer wurde. Phasenweise hatten die Grünen Einfluss gewonnen; die können zurückgedrängt werden. Zugleich machen sich immer wieder auch die inneren Gegensätze unter „der“ Bäuer:innenschaft bemerkbar. Diese reicht schließlich von großen Agrarunternehmen bis hin zu noch relativ kleinen Landwirt:innen, ist also klassenmäßig durchaus heterogen. Darüber hinaus unterminieren auch Interessengegensätze wie z. B. zwischen konventionellen und Öko-Landwirtschaften die „Einheit“ des Verbandes.

Der Angriff auf die Agrarsubventionen dient daher auch als Mittel, eine Einheit herzustellen, die es bei früheren Protesten, z. B. gegen die EU-Glyphosat-Verordnung nicht gab, als Bäuer:innen auf unterschiedlichen Seiten der Barrikaden standen. Indirekte Steuern und Agrarsubventionen stellen hingegen traditionell ein Mittel dar, eine Einheit zwischen klassenmäßig heterogenen Kräften wie Kleinunternehmen und Agrarkonzernen herzustellen. Höhere Steuern und Belastungen seien schließlich ein Angriff auf alle Unternehmen. Wie die Subventionen finanziert werden, wird dabei bewusst außen vorgelassen. Dabei liegt gerade hier der Hase im Pfeffer, denn unter den aktuellen Bedingungen müssen diese natürlich aus Steuermitteln finanziert werden – und diese kommen nach Jahrzehnten der Umverteilung der Steuerlast auf die Lohnabhängigen natürlich vor allem von diesen.

Daher müsste eine linke Haltung zu den Forderungen der Landwirt:innen folgendermaßen aussehen: Nein zu den Subventionsstreichungen, da diese tatsächlich die Existenz der kleineren Betriebe bedrohen und massive Einkommenseinbußen bedeuten. Diese Maßnahmen müssten aber durch eine progressive Besteuerung der Unternehmensgewinne – auch im Agrarsektor – finanziert werden. So wäre es möglich, einen Keil zwischen die verschiedenen Schichten der Landwirt:innen zu treiben und die Vormachtstellung der Großbäuerinnen/-bauern und des Agrarkapitals anzugreifen.

Die Grenzen der kapitalistischen Agrarbranche

Die aktuelle Protestbewegung reflektiert auch eine tiefe Krise des bestehenden landwirtschaftlichen Systems in Deutschland und der EU, der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Die Subventionen oder Vergünstigungen in diesem Sektor bilden mittlerweile einen zentralen Bestandteil der Einkommen landwirtschaftlicher Betriebe in Deutschland (und der gesamten EU). So zogen die landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe in Deutschland ungefähr die Hälfte ihres Einkommens aus Direktzahlungen und anderen Zuschüssen.

Auch wenn in bestimmten Sektoren kleiner Landwirt:innen, z. B. bei einzelnen Nebenerwerbsbauern/-bäuerinnen das sogar 90 % ausmachen kann, so werden die Großbetriebe (z. B. in Ostdeutschland) sowie Agrarholdings (also große Investor:innen) von diesem System überdurchschnittlich begünstigt.

Dieses Subventionssystem ist selbst ein Resultat der inneren Tendenzen der kapitalistischen Landwirtschaft. Die Preise für zentrale Produkte (z. B. Getreide, Futtermittel, Rinder- und Schweinefleisch, Milchprodukte) werden auf dem Weltmarkt bestimmt. Die Agrarproduktion selbst ist natürlich auch auf ihn ausgerichtet.

Um die Wettbewerbsfähigkeit deutscher oder europäischer Produzent:innen zu sichern, pumpen die EU und Deutschland seit Jahren Milliarden an Subventionen in diesen Bereich. Solcherart (und aufgrund der höheren Produktivität einer industrialisierten Landwirtschaft) kann der europäische Agrarexport halbkoloniale Konkurrenz verdrängen und sogar deren Inlandsmärkte erobern.

Einen eng damit verbunden Bestimmungsfaktor der gesamten landwirtschaftlichen Produktion bilden die Lieferant:innen von Maschinen, Saatgut, Düngemitteln etc. sowie die Abnehmer:innen (große Agrarkonzerne und Handelsunternehmen). Im Unterschied zur Bäuerinnen-/Bauernschaft sind diese hochgradig konzentriert, bestimmen wenige Konzernen nationale und internationale Märkte, können also den landwirtschaftlichen Produzent:innen Preise diktieren.

Ohne Subventionen würden die Bauern und Bäuerinnen entweder nicht mehr erhalten als diese Preise, viele Betriebe wären längst pleite, die Zentralisation in der Landwirtschaft noch viel weiter fortgeschritten. Oder sie wären in der Lage, höhere Preise zu verlangen, was massiv steigende Nahrungsmittelpreise zur Folge hätte, die von der Masse der lohnabhängigen Konsument:innen zu bezahlen wären. Um beides zu verhindern, wirken die Agrarsubventionen wie ein Reparaturbetrieb, der ständig nach mehr Subventionen, mehr Stützen schreit, weil für ein im Grunde aberwitziges System eigentlich immer mehr Subventionen nötig werden. Hinzu kommt, dass relativ geringe Lebensmittelpreise auch den Wert der Ware Arbeitskraft senken, so dass sich auch Lohnabhängige in prekären Verhältnisse noch über Wasser halten können. Das heißt, das bestehende Agrarsystem erleichtert auch die Umsetzung und Durchsetzung neoliberaler Arbeitsmarktreformen.

Die aktuellen Proteste bringen auch einen Unmut breiter Schichten der Landbevölkerung mit diesem System zum Ausdruck, das immer schwerer zu finanzieren ist und den Konzentrationsprozess in der Landwirtschaft zwar bremst, keinesfalls aber aufhält. Zweitens steht dieses System jeder einigermaßen vernünftigen Reorganisation der Landwirtschaft im Sinne ökologischer Nachhaltigkeit direkt entgegen.

Es ist daher eine gewisse Paradoxie, dass bei den aktuellen Protesten gerade solche Kräfte an der Spitze stehen – CDU/CSU, aber auch der Deutsche Bauernverband –, die über Jahrzehnte dieses milliardenschwere System auf- und ausgebaut und gegen jede Kritik verteidigt haben; ein System, das vor allem dem Agrarkapital sowie den großen Konzernen im Handel Milliardenprofite sichert.

Innerhalb der Bauern-/Bäuerinnenschaft bildet sich schon länger ein kleinbürgerlicher Widerstand gegen diese Politik des Bauernverbandes. Mit der Expansion der ökologischen Landwirtschaft profitierten einige Zeit die Grünen davon. Doch die Illusionen in deren „andere“ Politik sind bei vielen verblasst, was auch erklärt, warum in der gegenwärtigen Situation Habeck und die Grünen und nicht Lindner und die FDP zur ersten Zielscheibe des Hasses gerieten. Der andere Grund liegt darin, dass seit etlichen Jahren auch eine reaktionäre, kleinbürgerliche, rechte und nationalistische Kritik am Bauernverband stärker geworden ist. Diese lehnt Subventionen grundsätzlich ab und tritt für eine „echte“, das heißt kleinbäuerliche Marktwirtschaft ein, will zurück zur Einheit von Hof, Land und Eigentum. Um die „ehrliche“ deutsche Landwirtschaft zu retten, soll sie von der internationalen Konkurrenz abgeschottet werden. Es sind diese utopischen und gleichzeitig reaktionären Tendenzen, die von den Rechten, von AfD oder auch Faschist:innen aufgegriffen werden. Darin sind sie nicht erfolglos, obwohl sie selbst kein auch nur einigermaßen schlüssiges Konzept vorzuweisen haben. Die AfD fordert sogar die Streichung aller Subventionen in der Landwirtschaft, was, würde es auf einmal umgesetzt, den Ruin Zehntausender Bäuerinnen und Bauern bedeuten würde. Doch wie andere rechte und rechtspopulistische Bewegungen zeigen, wird der Verweis auf die innere Unvernunft solcher Vorschläge, auf ihren aberwitzigen und zutiefst irrationalen Charakter nicht verhindern, dass Kleinbürger:innen solchen Rattenfänger:innen auf den Leim gehen.

Und die Arbeiter:innenklasse?

Ein entscheidender Grund, warum die gesamte Krise des Agrarsektors von bürgerlichen Kräften bestimmt und als deren einzige scheinradikale Alternative rechte bis faschistische Gruppierungen auf den Plan treten, liegt darin, dass die Arbeiter:innenbewegung selbst über keine programmatische und politische Antwort verfügt. Sie kann so auch nicht als eigenständige Kraft in Erscheinung treten, zumal sie auch bei den Kämpfen der letzten Jahre über rein ökonomische Forderungen kaum hinauskam.

Natürlich sollten sämtliche Subventionsstreichungen unmittelbar rückgängig gemacht werden. Aber das löst die grundlegenden Probleme überhaupt nicht. Eine Überwindung der Krise des Agrarsektors und eine Neustrukturierung im Interesse der Versorgung und ökologischer Notwendigkeiten setzt voraus, die Eigentumsfrage anzugehen. Das schließt die Enteignung von Grund und Boden sowie der Agrarindustrie und der Handelskonzerne ein.

Auf dieser Basis könnte die Produktion unter Einbeziehung von Ausschüssen der Bauern und Bäuerinnen und Landarbeiter:innen gemäß der Bedürfnisse der Masse der Konsument:innen und ökologischer Nachhaltigkeit reorganisiert werden – und zwar nicht nur auf nationaler, sondern auch auf internationaler Ebene. Dies müsste natürlich nicht nur die Frage einschließen, welche Landwirtschaftsprodukte wie produziert, sondern auch, wie die Maschinen und Transportsysteme entwickelt werden sollen.

Um die Preise für Agrarprodukte zu regulieren, braucht es Preiskontrollkomitees, die ländliche Produzent:innen und städtische Konsument:innen direkt verbinden. Damit höhere Agrarpreise nicht auf Kosten der Lohnabhängigen gehen, müssen Löhne und Einkommen automatisch an diese Preissteigerungen angepasst werden.

Die Arbeiter:innenklasse kann und muss den bäuerlichen Produzent:innen zwar einen Plan für eine vernünftige Reorganisation der Landwirtschaft anbieten, sie kann und muss sie gegen den Druck der Agrarkonzerne verteidigen, aber sie kann ihnen nicht die Beibehaltung des bäuerlichen „unabhängigen“ Betriebs versprechen. Dieser ist selbst auf dem Boden des aktuellen Kapitalismus längst zu einer Fiktion geraten. Die Lösung des Problems besteht nicht in der Rückkehr zu einem „goldenen“ Zeitalter der bäuerlichen Wirtschaft, das es ohnehin nie gab, sondern in der gemeinwirtschaftlichen, demokratisch geplanten Produktion auch in der Landwirtschaft. Dabei können Genoss:innenschaften als Übergangsform vom individuellen Privat- zum Gemeineigentum nützlich sein. Sie sollten daher von der Arbeiter:innenklasse unterstützt werden.

Ein solches Programm würde zwar sicher nicht alle Landwirt:innen, also eine ganze (klein-)bürgerliche Schicht gewinnen. Es wäre aber geeignet, einen Keil zwischen Bäuerinnen-/Bauernschaft und das Agrarkapital zu treiben und zwischen reaktionären und fortschrittlichen Teilen der Landbevölkerung.




Wir haben ein Recht auf Mobilität!

Warum die Verkehrswende auch uns betrifft, wie das Autokapital seine Macht generiert, was es für eine solidarische Verkehrswende braucht und welche Rolle die Kampagne „Wir fahren zusammen“ dabei spielt

Verkehrspolitik ist meistens eine Sache, die alte autofahrende Männer unter sich ausmachen. Was wir Jugendliche für Bedürfnisse an Mobilität haben und dass Verkehr uns – und eigentlich vor allem uns – betrifft, wird in der aktuellen Debatte um eine Verkehrswende (was auch immer das sein soll) mehr oder weniger bewusst übersehen

Jugend und Mobilität

Als Jugendliche haben wir jedoch noch länger auf dieser Erde zu leben als so manche_r SUV-Fahrer_in, sodass uns die Folgen für die Umwelt auch stärker betreffen. Und die sind nicht ohne: 21 Prozent der Treibhausgasemissionen gehen in Deutschland auf den Verkehr zurück. Daneben kommt es zu weiteren Umweltproblemen wie die Luftverschmutzung durch Feinstaub, Oberflächenversieglung in gigantischem Ausmaß durch Straßen und Parkplätze sowie der Reifenabrief als der nachgewiesen größten Quelle von Mikroplastik im Meer. Doch das Autokapital und seine rücksichtslosen Interessen bedrohen nicht nur in der entfernten Zukunft unser Leben, sondern jeden Tag. Allein 2018 starben weltweit 1350000 Menschen bei Unfällen im Straßenverkehr. Dabei steigt das Risiko unter den Toten zu sein, je ärmer du bist, da man sich dann häufiger und länger im öffentlichen Raum aufhält. Jugendliche sterben dabei statistisch besonders häufig im Verkehr. So ist für Menschen im Alter zwischen 5 und 29 Jahren der Tod im Verkehr sogar die wahrscheinlichste Todesursache! Neben dem tatsächlichen Sterben durch Verkehr kommt es zu weiteren krassen Krankheitsgefahren durch Abgabe, Lärm und Stress.

Dass vor allem wir unter den Folgen dieser Verkehrspolitik leiden, ist kein Zufall. Das selbsterklärte „Autoland“ Deutschland berücksichtigt unsere Interessen und Bedürfnisse zum Beispiel bei der Planung von Städten keine Spur. Da Jugendliche meistens kein Auto haben, sind wir auf den ÖPNV angewiesen, um von A nach B zu kommen. Die meisten deutschen Groß- und Kleinstädte wurden jedoch in den vergangenen Jahrzehnten zu sogenannten „autofreundlichen Städten“ umgebaut. Das heißt Schienen wurden abgebaut, Spielplätze eingezäunt, innerstädtische Grünflächen und alternative Freiräume abgerissen, um Platz für breite Asphaltstraßen zu schaffen. Der verbliebene öffentliche Raum wird zusätzlich privatisiert, dadurch dass alle Freiflächen mit Autos und Blechhaufen vollgestellt werden. So wude der ehemalige Bolzplatz zum Parkplatz. Während Waren im Kapitalismus ungehindert von A nach B kommen, um die kapitalistische Verwertung am Laufen zu halten, kommen wir, wenn das Geld am Ende des Monats nicht mehr ausreicht, ohne Ticktet nicht mal bis zur Schule. Wer sein Grundbedürfnis nach Mobilität trotzdem wahrnimmt und ohne Ticket in die Tram steigt, den steckt der strafende Staat vielleicht sogar in den Knast. So ist einer der Hauptgründe, warum Jugendliche in JVAs sitzen, das Schwarzfahren. So zwingt uns die Autostadt zum Schwarzfahren und steckt uns dann dafür in den Knast. Während die Tickets trotz allem Gerede von der großen Verkehrswende ständig teurer werden (das 9 Euro-Ticket war dabei nur ein kurzer Lichtblick, der auch schnell wieder abgeschafft wurde), subventioniert der Staat großzügig das Autofahren. Mal heißen die kleinen großen Steuergeschenke Abwrackprämie, mal Umweltbonus. Auf dem Land sieht die Lage des ÖPNVs dabei sogar noch schlimmer aus. Während uns in der Stadt die Luft und der Platz zum Atmen wegbleibt, durch Platzmangel und vollgesmogte Straßen, so fährt auf dem Land gleich gar nichts mehr, außer der SUV der Nachbarin. Beides bedeutet für uns einen Verlust von Lebensqualität und einfach auch wertvoller Lebenszeit, in der wir nicere Sachen machen könnten, als auf den Bus zu warten, oder 6 mal umzusteigen, um in einen anderen Bezirk zu kommen. Der Rückbau und die systematische Verteuerung des ÖPNV verstärken zudem unsere Abhängigkeit zu unseren Eltern, die ohnehin schon viel zu groß ist. Wenn kein Bus kommt, müssen wir uns von ihnen fahren lassen oder müssen ihr Auto nutzen. Dadurch können sie uns besser kontrollieren, reden uns rein, wo wir denn hinwollen. Wenn sie unsere Mobilität kontrollieren, können sie uns verbieten, da und dorthin zu gehen, können uns einschränken und bestimmen, wann wir wieder zuhause sein müssen.

Autokapital und Kapitalismus

Ganz objektiv betrachtet, stellt das Auto das ineffizienteste Verkehrsmittel nicht nur für uns Jugendliche dar. Im Gegensatz zu Zügen führen sie ihren Energieträger (Benzin oder Batterie und Motor) mit sich und müssen dadurch zusätzliches Gewicht transportieren, und das bei extrem hohen Reibungswiderstand auf der Straße. Privatgenutzte Autos stehen außerdem die meiste Zeit einfach nur ungenutzt rum (im Gegensatz zu allen anderen Verkehrsmitteln von Zug, über Schiff bis hin zum Taxi). Sie können dabei nur wenige Menschen transportieren, bei gleichzeitig extrem hohem Material- und Energieaufwand. Jetzt fragt man sich: Wie konnte sich dieses krass ineffiziente Teil eigentlich als Hauptverkehrsmittel durchsetzen? – Und das zu einem historischen Zeitpunkt, zu dem fast die ganze Welt eigentlich schon mit einem Schienennetz ausgestattet war?

Der Hauptgrund für den Siegeszug des Autos liegt darin, dass das Auto ein Massenkonsumgut werden konnte. So ist in einer Krisenphase des Kapitalismus massenweise anlagesuchendes Kapital auf der Jagd nach schnellen Profiten in die Autoindustrie geströmt. In Deutschland stellte die Autoproduktion später einen wichtigen Faktor für den Nachkriegsboom und das sogenannte „Wirtschaftswunder“ dar. An der militärischen Eroberung der Welt war Hitler gescheitert, starke Bankkonzerne hatte man im Vergleich zu den USA oder Großbritannien nicht, aber wo man mitspielen konnte, war in der Industrie. Der Staat ist dann sofort in die Bresche gesprungen und hat für optimale Bedingungen gesorgt, damit sich das deutsche Autokapital entwickeln konnte. So hat er sich darum gekümmert, dass Schienen rückgebaut und Straßen ausgebaut wurden. Unsere Städte wurden unter Einsatz gigantischer Kosten „autofreundlich“ umgebaut. Begleitet wurde dieses Programm von riesigen Subventionen und Steuererleichterungen für die Autoindustrie. Um diesen Prozess besser zu steuern hat sich der Staat in vielen Fällen sogar selbst in die Aufsichtsräte gesetzt (zum Beispiel gehören heute immer noch 20 % von VW dem Land Niedersachen). Somit wurde das Auto zum Flaggschiff der deutschen Industrie und zur Triebkraft der Erneuerung des deutschen Kapitals nach dem Krieg. Gleichzeitig wurde das Auto ideologisch verklärt und mystifiziert zum Symbol des Wohlstandes und der „Freiheit des kleinen Mannes“. So soll das Auto dem „kleinen Mann“ dabei helfen, den ganzen entfremdeten Alltag in der Produktionsmaschinerie zu vergessen, wenn er auf der Autobahn bei 180 km/h mal das Gaspedal durchdrücken kann. Das Nachkriegsdeutschland hat also alles daran gesetzt, Hitlers größenwahnsinnigen Verkehrstraum zu verwirklichen: jedem Mann ein Auto, das Land zerschnitten von Asphalt.

Heute zählt das Autokapital in Deutschland zu den stärksten und einflussreichsten Kapitalfraktionen. Dies lässt sich mit seiner enormen Wirtschaftsleistung und deren Bedeutung für das Bruttoinlandsprodukt begründen. Ferner beschäftigt die Autoindustrie und ihre Zulieferindustrieren über 800 000 Menschen in Deutschland. Doch auch die ehemals stabilen Profitraten der Autoindustrie sind durch die multiplen Krisen des Kapitalismus ins Schwanken geraten. China als  ein zentraler globaler Konkurrent und wichtigster Automarkt versetzt das immer noch marktführende deutsche Autokapital zunehmend in Bedrängnis. Das Autokapital versucht seine Profite dadurch zu schützen, indem es die Kosten der gestiegenen Konkurrenz auf die Beschäftigten ablädt. So wurden in den letzten 4 Jahren bereits über 100 000 Arbeitsplätze in der deutschen Automobilindustrie abgebaut. Die diesjährige IAA (Internationale Automobil Ausstellung) steht dabei ganz im Zeichen der Erneuerung des deutschen Autokapitals (unter anderem durch E-Mobilität, die aktuell aber nur 5 % im globalen Automarkt ausmacht). Dabei versucht sich das Autokapital weltoffen und progressiv zu geben, und die Debatten um eine Verkehrswende zu vereinnahmen, um Profit daraus zu schlagen.

Solidarische Verkehrswende: Floskel oder Kampfbegriff?

Dass sich sogar die Aufsichtsräte der Autoindustrie positiv auf eine Verkehrswende beziehen müssen, ist das Produkt der jahrelangen Kämpfe um eine Umgestaltung der Infrastruktur. Kaum jemand traut sich mehr die Notwendigkeit einer Verkehrswende zu bestreiten. Also auch wenn sich alle einig zu sein scheinen, dass es eine Verkehrswende braucht, treten die Gräben dann zu Tage, wenn es darum geht, wie diese aussehen soll. AfD, CDU und FDP machen dabei ganz deutlich, dass es bei ihrer Verkehrswende allein darum geht, dass deutsche Autokapital auf dem internationalen Markt konkurrenzfähiger zu machen. Doch auch wenn die Grünen, die SPD oder NGOs davon reden, dass die Verkehrswende sozial und nachhaltig sein soll, meinen sie damit, nur „nachhaltig“ in dem Sinne, dass es immer noch im Einklang mit den kapitalistischen Profitinteressen sein muss.

Als Klimabewegung sind wir dabei schon einen entscheidenden Schritt weiter: Wir haben in den letzten Jahren die entscheidende Erfahrung gemacht, dass wir unsere Interessen nicht zusammen mit dem Kapital und den „Unternehmer 4 Future“ durchsetzen können, sondern nur gegen sie. Antikapitalismus wurde ein immer wichtigeres Thema in den Debatten der Klimabewegung und der Slogan „system change not climate change” ist ein All Time Favorite geworden. Doch wie dieser System change nun aussehen soll, müssen wir in der Bewegung noch diskutieren. Für uns steht fest, dass wir die Autoindustrie und fossile Energieindustrie enteignen und unter die Kontrolle der Beschäftigten stellen müssen, um gemeinsam einen ökologischen Übergangsprozess zu erarbeiten, der in eine demokratisch von der gesamten Gesellschaft geplante ökologische Kreislaufwirtschaft mündet. Die zentrale Frage in der Debatte um den „System Change“ ist es, ob wir es schaffen, die organisierte Arbeiter_innenklasse als Subjekt im Kampf um die Rettung dieses Planeten zu betrachten und für unsere Ziele zu gewinnen. Denn das tut leider kaum eine relevante Kraft innerhalb der Bewegung.

Die Letzte Generation versucht selbst durch Straßenbesetzungen Druck auf den Staat auszuüben und an ihn zu appellieren, endlich eine klimafreundlichere Politik zu machen. Ende Gelände hat wichtige Forderungen wie zB. die Enteignung von RWE aufgenommen, aber scheitet daran, dass man diese nicht als Aktivistis von außen ohne die Beschäftigten einfach so umsetzen kann. Doch auch die Gewerkschaften haben selbst gar kein Konzept für eine Verkehrswende und trotten somit einfach nur den Ideen des Kapitals von E-Mobilität usw. hinterher. Dabei versuchen sie hier und da ein wenig Stellenabbau aufzuhalten und ein paar mehr Urlaubstage rauszukriegen. Doch sie betrachten die Arbeiter_innenklasse nicht als das Subjekt, das tatsächlich eine solidarische Verkehrswende gegen die Interessen des Kapitals durchsetzen könnte.

Wie sollte diese solidarische Verkehrswende jetzt genau aussehen? Dafür brauchen wir ein Programm, das die Interessen der Arbeiter_innenklasse und der Jugend ins Zentrum stellt und auch weiß, dass es nur von ihnen selbst erkämpft werden kann. Auf die konkreten Inhalte können wir hier nicht im Detail eingehen, aber wichtige Eckpunkte dessen müssen die Folgenden sein:

  • Massiver Ausbau des Schienennetzes und Rückbau des Straßennetzes!
  • Kostenloser ÖPNV für alle!
  • Tramkonzepte, kleine Bahnen und Schnellfahrstrecken müssen den Kern des neuen Verkehrs bilden. Dort wo es nicht möglich ist oder schlicht mehr Ressourcen binden würde, Schienen zu bauen, sollten Car-Sharing-Konzepte oder Oberleitung-betriebene Busse die Anbindung an den nächstgelegenen Bahnhof ermöglichen!
  • Bezahlt werden soll das alles von denjenigen, die jahrzehntelang für ihre Profite unsere Umwelt zerstört haben!
  • Verstaatlichung des Autokapitals und der fossilen Energieindustrie! Demokratisch-geplante Konversion der Autoindustrie unter Arbeiter_innenkontrolle!

Wir fahren zusammen!“ Doch wohin?

Als Klimabewegung bewegen wir uns zwar langsam aber dennoch auf dem richtigen Weg dorthin. Das zeigt sich für uns zum Beispiel daran, dass es immer mehr Bewusstsein dafür gibt, dass die Klimafrage und die soziale Frage zusammengehören und wir dabei nicht an den Beschäftigten vorbeikommen. Das sieht man zum Beispiel daran, dass Ende Gelände sich dafür entschlossen hat, die Enteignung von RWE zu fordern oder FFF gemeinsam mit ver.di im Rahmen der Kampagne für einen Tarifvertrag-Nahverkehr (TV-N) gemeinsam Streiks organisiert hat. Bereits seit 2020 gab es Gespräche zwischen Aktivitis von FFF und der Dienstleitungsgewerkschaft verdi, die halt auch diejenigen organisiert, die den ÖPNV fahren. Daraus wurde langsam aber sicher die Kampagne „Wir fahren zusammen“ geboren.

Am 3.3. 2023 gab es im Zuge dessen an über 40 Orten gemeinsame Aktionen von ver.di und FFF. In Köln zB. haben FFF Aktivistis Unterschriften zur Unterstützung der Streikenden gesammelt, woraufhin dann über 300 Beschäftigte aus dem Nahverkehr die Demo zum global Strike angeführt haben. In der neuen Tarifrunde im Frühjahr 2024 soll es dann laut den Organisator_innen der Kampagne „richtig losgehen“. Wir sehen in der Kampagne ein wichtiges Zeichen dafür, dass Arbeitsbedingungen im ÖPNV sich auch nur durch eine verkehrspolitische Wende und massiven Investitionen in diesen Bereich (statt in Autokapital und Straßenbau) umsetzen lassen. Die Kampagne zeigt dabei auf, wie sich soziale Forderungen mit ökologischen Forderungen sinnvoll vereinen lassen. Die zeigt ferner, dass wir uns nicht gegeneinander ausspielen lassen, wie es AFD, CDU und Co. versuchen. Der Ansatzpunkt Klima- und Gewerkschaftsbewegung zusammenzuführen bildet den einzigen Weg, wie wir als Klimabewegung auch aus der isolierten gesellschaftlichen Position, in der wir uns lange bewegt haben, herausbewegen können, um durch die Streikmacht der Beschäftigten auch mehr gesellschaftlichen Druck zu erzeugen. Es ist also absolut notwendig, dass wir uns als Klimabewegung stark machen für die Kampagne, klar hinter ihren Zielen vereinen und ihre Aktionen tatkräftig mittragen.

Was können wir als Schülis dafür machen? Wir können Streikversammlungen und Streikposten besuchen und dort mit den Leuten ins Gespräch kommen. Wir können dabei im direkten Gespräch herausfinden, was wir machen können, um ihre Forderungen zu unterstützen. Auch innerhalb unserer Schulen gibt es viel zu tun. Wir können Vollversammlungen abhalten und Kreativaktionen durchführen und dann auch die Streikenden selbst dazu einladen, um gemeinsam darüber sprechen, wie eine solidarische Verkehrswende aussehen kann, welche Bedürfnisse wir Jugendlichen in Puncto Mobilität haben und welche Aktionen folgen können. Ebenso lassen sich Fragen nach der Verkehrsanbindung und Fahrradfreundlichkeit der Schule selbst thematisieren.

Doch auch wenn wir als Organisation die Kampagne nach Kräften unterstützen, müssen wir sie auch dort solidarisch kritisieren, wo es notwendig ist. So darf der Schulterschluss zwischen Klimabewegung und Arbeitskampf kein rein symbolischer sein. Das heißt also, nicht nur sich solidarisch mit den Forderungen des jeweils anderen zu erklären, sondern tatsächlich gemeinsame Forderungen zu entwickeln, für die wir auch gemeinsam kämpfen wollen. Doch das wird mit den Bürokrat_innen, Funktionär_innen und Sekretär_innen in den autoritären Gewerkschaftsapparaten nicht möglich sein. Sie standen unter Druck, sich gegen den Klimawandel zu positionieren und anstatt selbst politische Forderungen für einen ernsthaften Kampf gegen den Klimawandel aufzuwerfen, schließt sich ver.di mit Teilen von FFF zusammen und feiert diese „Aufgabenteilung“. Somit kann die Bürokratie politisch-ökologische Forderungen aus dem Tarifkampf outsourcen und sich trotzdem als große Vorkämpferin für ökologische Fragen darstellen, ohne politisch anzuecken und ihre Position in der Sozialpartnerschaft zu gefährden.

„Wir fahren zusammen“ muss sich also nicht nur als verbindende Kampagne zwischen Klimabewegung und Beschäftigten verstehen, sondern gleichzeitig auch als Teil im Aufbau einer oppositionellen Bewegung für eine demokratische Erneuerung der Gewerkschaften von unten. Es sind die Beschäftigten, die selbst die Kontrolle über ihre Streiks übernehmen müssen und damit die parasitäre und bremsende Rolle der Gewerkschaftsbürokrat_innen überflüssig machen. Unsere Aufgabe in den Schulen ist es nun, mit unseren Mitschüler_innen über die Kampagne zu sprechen und sie dafür zu gewinnen und gleichzeitig mit den Beschäftigten in die Diskussion darüber gehen, wie wir eine antibürokratische Strömung in den Gewerkschaften aufbauen können, um gemeinsam vom Bahnstreik zu einem Verkehrswendestreik zu einer solidarischen Verkehrswende zu kommen!