USA: Wie wir Abtreibungsrechte wieder zurück erkämpfen können

In der größten Demokratie der Welt hat gerade die Mehrheit der gebärfähigen Menschen das Recht auf Abtreibung verloren. Warum? Weil die Urteile Roe v. Wade und Planned Parenthood v. Casey vom Obersten Gerichtshof gekippt wurden – Grundsatzentscheidungen, die Frauen das Recht, über Abbruch oder Fortführung einer Schwangerschaft zu entscheiden, einräumten. So erlaubte Roe v. Wade eine Abtreibung bis zur angenommenen Lebensfähigkeit des ungeborenen Kindes außerhalb des Mutterleibes. Diese Entscheidung des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 1973 schränkte so die amerikanischen Bundesstaaten in ihrer eigenen Gesetzgebung ein, welche ab diesem Zeitpunkt strengen richterlichen Kontrollen unterlag. Bundesstaaten mussten Frauen das grundsätzliche Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch zugestehen.

Am 24. Juni wurde nun ein nach Roe v. Wade eigentlich verfassungswidriges Gesetz für verfassungskonform erklärt, was Roe v. Wade formell außer Kraft setzt. Es überrascht nicht, dass Ex-Präsident Trump maßgeblich für diesen Anschlag auf die Rechte der Frau verantwortlich ist: Er setzte gleich drei neue, konservative Richter im Obersten Gerichtshof ein, was dessen Machtbalance empfindlich in Richtung der reaktionären, republikanisch geprägten Rechtsprechung verschob. Nun hat also eine Institution, die nicht einmal demokratisch legitimiert ist, eine Entscheidung getroffen, die nicht repräsentativ ist für die Haltung der Bevölkerung zum Thema Abtreibung: Laut Umfragen befürworten um die 70 % der US-Amerikaner_Innen Roe vs. Wade.

Natürlich gab es jedoch auch vor diesem historischen Urteil Abtreibungen – nur waren diese eben deutlich weniger sicher. Diesen Zustand haben reaktionäre Kräfte nun für die Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung wieder hergestellt, indem sie dieses Bundesgesetz gekippt haben. Besonders betroffen sind hiervon Menschen, denen die nötigen Ressourcen zum Reisen in einen anderen Bundesstaat fehlen, überproportional Mitglieder der Arbeiter_Innenklasse und vor allem ihre nicht-weißen, migrantisierten Anteile.

Die reaktionären Kräfte, die maßgeblich für diese Entwicklung verantwortlich sind, sind zahlenmäßig stark, gut organisiert und politisch bestens vernetzt. Zur jährlichen Demonstration gegen Abtreibungsrechte mobilisierten sie 2013 circa 600.000 Teilnehmer_Innen nach Washington D.C. Bereits vor dem erfolgreichen Angriff auf Roe v. Wade konnten diese Kräfte so bereits Teilerfolge verzeichnen: Vor allem in den republikanischen Südstaaten und dem Mittleren Westen, wo bereits vor dem jüngsten Urteil die Gesetzgebung so angepasst wurde, dass sie Roe v. Wade bewusst übergeht und Abtreibung in die Illegalität drängen konnte – so etwa in Texas. Dort trat schon 2021 ein Gesetz in Kraft, das Schwangerschaftsabbrüche ab der 6. Woche selbst bei Vergewaltigung oder Inzest kriminalisiert – ganz egal, dass eine Schwangerschaft zu diesem Zeitpunkt oft noch nicht mal spürbar ist. Noch dramatischer war hieran, dass dieses Gesetz durch die Erweiterung privater Klagen die Möglichkeit einer staatlich entlohnten Hetzjagd auf Abtreibungseinrichtungen und diejenigen, die sie in Anspruch nehmen, geschaffen hat. Der bereits damals konservativ besetzte Oberste Gerichtshof lehnte eine Aufhebung dieses Gesetzes ab. In Mississippi wiederum waren Abtreibungen bereits ab der 16. Woche für illegal erklärt worden, dies auch im offensichtlichen Verstoß gegen Roe v. Wade.

Auch bereits 1992 erreichten reaktionäre Kräfte mit dem Urteil Planned Parenthood v. Casey einen Teilerfolg ihrer misogynen Kampagne. Damals wurde den Bundesstaaten erlaubt, auch vor dem dritten Trimester Vorschriften zum Schutz des ungeborenen Kindes zu erlassen und der Zeitpunkt in der Schwangerschaft, ab dem eine Abtreibung verboten werden kann, um 4 Wochen vorgezogen.

Warum sind gerade Abtreibungsrechte so umkämpft?

Wieso es immer wieder zu Angriffen auf das Selbstbestimmungsrecht von gebärfähigen Personen kommt, lässt sich nur durch einen Blick in die Geschichte und die jeweilige Situation der Frau erklären: Bereits vor der Verfestigung der Klassengesellschaft wurde in ursprünglichen Gesellschaften die soziale Ungleichheit zwischen Mann und Frau institutionalisiert. Dies geschah nicht zufällig oder auf „natürliche“ Weise, sondern verfolgte den Zweck, die Frau als eigentliche Quelle des Stammesreichtums, durch ihre Rolle beim Ackerbau und als Gebärerin, zu dominieren. So wurden Frauen zum Objekt ökonomischer Begehrlichkeit, was damit einherging, dass Heiratsvorschriften und Regelungen zur Kindererziehung radikal verändert werden mussten, um das Patriarchat zu sichern.

Mit steigendem Reichtum innerhalb von Gesellschaften und damit einhergehend auch einer Entwicklung des Privateigentums etablierte sich eine Weitergabe dieses Privateigentums auf Basis von Familienstrukturen. Diese Vererbungsstrukturen bedurften monogamer Beziehungen, um die Nachkommen unzweifelhaft identifizieren zu können. Der Vater eines Kindes ist beispielsweise ohne Vaterschaftstest nicht so einfach identifizierbar wie dessen Mutter. Monogame Beziehungen zu etablieren, stellte hierfür eine geeignete Methode dar, da bei nur einem Sexualpartner der Frau der Vater eines Kindes relativ eindeutig bestimmbar ist. Mit der Entstehung der Klassengesellschaft verfestigten sich diese Strukturen, beispielsweise die Idee einer monogamen Ehe.

Doch wie äußerte und äußert sich die Unterdrückung später, auch während und nach der Industrialisierung? Im Zuge der Industrialisierung nahm die Bedeutung des Haushaltes als grundlegende Produktionseinheit ab, denn nun wurde in Fabriken und Produktionsstätten produziert. Während vor allem Männer an diesen Orten ihre Arbeitskraft verkaufen mussten, waren Frauen nicht nur in verschiedenen Bereichen der Heimarbeit tätig, sondern auch für die unbezahlte Reproduktionsarbeit. Reproduktionsarbeit beschreibt die Arbeit, die nötig ist, um Arbeitskraft wieder herzustellen. Beispielsweise ist das Zubereiten von Nahrung nötig, um das Bedürfnis nach Hunger zu stillen. Ohne diese Arbeit ist es auf Dauer nicht möglich, regelmäßig die eigene Arbeitskraft verkaufen zu können. Aber auch die Bereitstellung neuer Arbeitskräfte durch die Geburt von Kindern, deren Versorgung, Fürsorge und Erziehung im privaten Haushalt zählt zur reproduktiven Arbeit. Dass Frauen diese auch weiter möglichst günstig verrichten, ist also im Interesse der Kapitalist_Innen. Durch weiter rationalisierte Produktionsprozesse wurden Frauen immer mehr auch in die Lohnarbeit integriert, um durch eine größere Anzahl an Arbeiter_Innen größere Profite zu erwirtschaften und gleichzeitig die Löhne möglichst niedrig zu halten. Eine gerechte Verteilung der Reproduktionsarbeit wurde allerdings nicht geschaffen, weshalb für Frauen oft eine doppelte Belastung besteht, da sie nicht nur ihre Arbeitskraft verkaufen müssen, sondern auch heute noch oft ganz allein für die Reproduktionsarbeit verantwortlich sind, für welche sie keinen Lohn erhalten.

Diese kurze Analyse der Unterdrückung der Frau soll verdeutlichen, wie sehr die Kontrolle von weiblicher Fortpflanzung mit der Entstehung von Privateigentum verbunden ist und wie sehr die Besitzenden von der Rolle der Frau als Mutter und Fürsorgerin profitieren. Gerade in Anbetracht der hohen Sterberate unter Arbeiter_Innen, die während der Corona-Pandemie keinen oder nur unzureichenden Zugang zur Gesundheitsversorgung hatten, ist es also kein Wunder, dass vor allem Kapitalist_Innen jetzt ein Interesse an hohen Geburtenraten haben. In der Vergangenheit bereits erkämpfte Rechte wie beispielsweise das Recht auf eine sichere, (teilweise) legale Abtreibung stehen auch im Zuge eines gesellschaftlichen Rechtsrucks in den imperialistischen Teilen der Welt wieder zur Debatte. Das Recht auf Abtreibung ist nur ein Teil einer Entwicklung, die sich als ein Rollback in Bezug auf die Rechte unterdrückter Gruppen beschreiben lässt.

Internationale Solidarität statt sexistischer Rollbacks!

Die Aufhebung von Roe v. Wade und die vorangegangene Aufweichung der Errungenschaften von 1973 bereits in 1992 und 2021 zeigen, dass der Fortschritt im bürgerlich-kapitalistischen Staat jederzeit wieder zurückgerollt werden kann. Auch in Europa als weiterem Teil der vermeintlich so freien wie fortschrittlichen „westlichen Welt“ sind Abtreibungsrechte Angriffen ausgesetzt. In Polen sind seit Herbst 2020 Abtreibungen nahezu gänzlich verboten. Das hat krasse Folgen für die Schwangeren, denn ein Abtreibungsverbot führt nicht gleich zu weniger Abtreibungen. Es führt vielmehr dazu, dass die Abtreibungen illegal mit einem größeren gesundheitlichen Risiko für die Schwangeren durchgeführt werden. So gab es in Polen seit der Verschärfung nur weniger als 2000 legale Abtreibungen, aber ca. 200.000 illegale Abtreibungen bzw. Abtreibungen im Ausland. Nach dem Tod einer schwangeren Frau als Opfer der Verschärfung gingen Zehntausende auf die Straßen.

Doch auch in Deutschland ist die Situation nach wie vor problematisch. Zwar wurde vor kurzem der Paragraf 219a (Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche) gestrichen, allerdings sind durch den Paragraf 218 Schwangerschaftsabbrüche im Strafgesetzbuch nach wie vor formal kriminalisiert und könnten laut diesem mit bis zu dreijährigen Freiheitsstrafen vergolten werden. In anderen Ländern Europas ist die Situation für Schwangere, die abtreiben wollen, nicht weniger schwierig. Neben Polen und Deutschland zum Beispiel auch in Ungarn oder Italien. In Letzterem übt die Kirche massiven Einfluss aus, sodass sich viele Ärzt_Innen aus Furcht vor Repression weigern, Abbrüche überhaupt durchzuführen.

Das Recht der Frau auf körperliche Unversehrtheit ist durch eine derartige Rechtsprechung nicht gegeben. In den USA kam es nach der Urteilsverkündung zu vielen Protesten. Allein in New York versammelten sich mehrere tausend Menschen und es kam zu Straßenblockaden. Der Kampf um das Selbstbestimmungsrecht über unsere Körper und reproduktiven Rechte kann nicht länger warten, er muss jetzt konsequent geführt werden.

Da wir uns nicht nur für fortschrittlichere Gesetzgebungen einsetzen, sondern die bisherigen Errungenschaften vehement verteidigen müssen, braucht es endlich eine massenhafte Bewegung der Arbeiter_Innen. Denn es sind nicht nur diejenigen Gebärfähigen, die am meisten unter restriktiven Abtreibungsgesetzen leiden, Teil der Arbeiter_Innenklasse. Auch nicht gebärfähige Arbeiter_Innen und weitere unterdrückte Gruppen werden durch eine derartige Zurücknahme fundamentaler Rechte in Gefahr gebracht. Urteile wie die jüngste Aufhebung von Roe v. Wade zeigen, dass selbst hart erkämpfte Erfolge, die von der Bevölkerungsmehrheit unterstützt werden, im politischen Alleingang reaktionärer, mit Wirtschaft und Politik vernetzter Gruppen wieder rückgängig gemacht werden können.

Aus diesem Grund sollte der Kampf gegen eine derart reaktionäre Gesetzgebung wie die Aufhebung von Roe v. Wade die Unterstützung aller Unterdrückten und Ausgebeuteten finden. Als Kommunist_Innen ist es unsere Aufgabe, für eine organisierte internationale Bewegung zu kämpfen, die die Rechte der Frau vor reaktionären Angriffen schützt – in den USA und auf der ganzen Welt.

Auf internationaler Ebene müssen die Frauen- und Arbeiter_Innenbewegung und alle fortschrittlichen Kräfte zur Unterstützung der Betroffenen in den USA mobilisieren. Die jüngsten Bewegungen in Spanien, Polen, Irland und Argentinien zeigen, was getan werden kann. Überall auf der Welt gibt es die gleichen reaktionären Mächte, die durch die Siege ihrer Gesinnungsfreund_Innen in den USA ermutigt werden.

Doch inwieweit können wir im Kampf für die Rechte der Frau auf die bürgerlichen Parteien vertrauen? Die Botschaft von Vizepräsidentin Kamala Harris bringt die Antwort der Demokratischen Partei auf den Punkt: „Es ist noch nicht vorbei; die Wähler_Innen werden das letzte Wort haben“. Mit Blick auf die Zwischenwahlen, die voraussichtlich die Kontrolle der Republikanischen Partei über den Senat stärken und ihr sogar das Übergewicht im Repräsentantenhaus verleihen werden, lautete ihre Botschaft: „Sie haben die Macht, Führer_Innen zu wählen, die Ihre Rechte verteidigen und schützen werden.“

Wir wissen jedoch: eine organisierte proletarische Frauenbewegung hat eine viel größere Macht als bloß die Abgabe eines Stimmzettels! In den USA wie an anderen Orten kann eine Massenbewegung der Arbeiter_Innen viel machtvoller und effektiver gegen derartige Entwicklungen vorgehen. Erzreaktionäre Urteile wie die Aufhebung von Roe v. Wade lassen sich kippen und Rechte können verteidigt und wiederhergestellt werden, indem Kliniken und ihre Patient_Innen, Pflegepersonal und Ärzt_Innen durch direkte Massenaktionen verteidigt werden und massenhafte Streiks die Regierungen unter Druck setzen. Als Vorbild einer möglichen Aktionsform sind zum Beispiel die Schweizer Frauenstreiks interessant, bei denen in den Jahren 1918, 1991 und 2019 bereits jeweils Hunderttausende, vor allem Arbeiterinnen, für Zugang zu Arbeit und bessere Arbeitsbedingungen kämpften.

Eine derartige Bewegung muss gleichzeitig bürgerliche Staaten wie die USA oder Deutschland als das entlarven, was sie eigentlich sind: Durchsetzungsinstrumente kapitalistischer Interessen, die sich der Verteidigung von Menschenrechten nur annehmen, wenn dies politisch vorteilhaft erscheint. Sie muss darüber hinaus revolutionäre Forderungen aufwerfen, die alle reaktionären Organe und Gesetze hinwegfegen, die diesen Zustand aufrechterhalten. Es sind die nationalen Arbeiter_Innenklassen, die diesen Kampf anführen müssen, indem sie Massendemonstrationen mit Massenstreiks unterstützen.

Deshalb fordern wird national und international:

  • Uneingeschränktes Recht auf Schwangerschaftsabbruch als Teil der öffentlichen Gesundheitsversorgung! Abtreibungen müssen sicher und von den Krankenkassen finanziert sein!
  • Für uneingeschränkten und transparenten Zugang zu Informationen, Ärzt_Innen und Kliniken!
  • Hände weg von unseren Körpern! Raus mit der Kirche und anderen Religionen aus Gesundheitssystem und Gesetzgebung! Für Abschaffung aller kriminalisierender Abtreibungsparagraphen sowie der Beratungspflicht!
  • Für den flächendeckenden Ausbau an Beratungs- und Behandlungsstellen! Vollständige Übernahme der Kosten für eine Abtreibung, egal in welchem Monat, und aller Kosten für Verhütungsmittel durch den Staat!
  • Für die Abschaffung von Fristen, bis zu denen abgetrieben werden darf! Für die ärztliche Entscheidungsfreiheit, lebensfähige Kinder zu entbinden!
  • Gegen leibliche Zwangselternschaft! Der Staat soll für Kinder aufkommen und sich um sie kümmern bzw. zur Adoption freigeben! Adoptionsvorrang für leibliche/n Vater und/oder Mutter, falls sie das Kind später großziehen wollen und dieses zustimmt!
  • Kostenlose Kinderbetreuung und Ausbau der sozialen Sicherung!
  • Für den Ausbau von Schutzräumen für Opfer sexueller Gewalt, Schwangere und junge Mütter!



Spanien – Vorreiter im Abtreibungs- und Sexualstrafrecht?

von Leonie Schmidt (REVOLUTION/ Gruppe Arbeiter:innenmacht), zuerst erschienen in Neue Internationale 266, Juli/August 2022

Die seit 2020 amtierende neoreformistische Regierung im spanischen Staat, bestehend aus sozialdemokratischer PSOE und linkspopulistischer Podemos, hat in diesem Jahr einige Gesetzesänderungen auf den Weg gebracht, die verschiedenste Bereiche der geschlechtsspezifischen Unterdrückung betreffen und künftig für mehr reproduktive Rechte und härtere Strafen bei geschlechtsspezifischer Gewalt führen sollen.

Spanien scheint von außen oft eher konservativ und wird auch zuweilen als Macho-Land abgetan, zumal die katholische Kirche gesellschaftlich auch noch sehr präsent ist. In Sachen Antisexismus gibt es jedoch schon seit einiger Zeit ein Umdenken in den Parlamenten. Doch die fortschrittlichen Gesetze kommen nicht von irgendwo her, sie wurden erkämpft.

Was ändert sich?

Besonders auffällig ist das gelockerte Abtreibungsgesetz: So dürfen Schwangere schon ab 16 Jahren ohne elterliches Einverständnis abtreiben, Abtreibungen sind bis zur 14. Woche legal und die 3-tägige Bedenkzeit soll ebenso abgeschafft werden. Außerdem müssen öffentliche Krankenhäuser mit gynäkologischer Abteilung über fachkundiges Personal verfügen, welches einen Abort durchführen kann.

Ferner wurde das Sexualstrafrecht verschärft, und zwar gilt nun „Nur Ja heißt Ja“, was eine fortschrittlichere Regelung ist als „Nein heißt Nein“, da nun auch Täter für eine Vergewaltigung verurteilt werden können, deren Betroffene sich nicht wehren oder äußern konnten, sei es aus Schockstarre und Angst oder Bewusstlosigkeit. Dies fiel vorher lediglich unter den Straftatbestand der sexuellen Belästigung. Konkret heißt es nun im neuen Gesetzesentwurf: Alle Handlungen, die „die sexuelle Freiheit einer anderen Person verletzen“, gelten als Vergewaltigung und können für die Täter bis zu 15 Jahre Gefängnis bedeuten. Konservative kritisieren, dass es nun keine Unterscheidung mehr zwischen Übergriffen und Vergewaltigungen gebe und sehen die Unschuldsvermutung in Gefahr. Auch Catcalling wird nun strafbar insofern, als jegliche Annäherungen in Form eines Flirts von allen Beteiligten gewollt werden müssen und andernfalls als Straftatbestand gelten.

Neben diesen Verschärfungen wurde der sogenannte Periodenurlaub von bis zu 3 Tagen monatlich nun eingeführt. Wenngleich das eine gute Idee ist, ist der Name doch etwas missverständlich, denn in Spanien war es bisher erst möglich, ab 4 Tagen Krankheit eine Lohnfortzahlung vom Unternehmen zu erhalten. Daher wurde hier nur eine Lücke geschlossen. Spanien hat somit als erstes europäisches Land den Periodenurlaub eingeführt. Bisher existieren derartige Regelungen vor allem im asiatischem Raum, bspw. in Taiwan, Südkorea und China. Außerdem soll es nun endlich Verordnungen zur Prostitution in Spanien geben. Diese ist nämlich weder verboten noch legal, was vielen ein Dorn im Auge ist.

Wie kam es dazu?

Wie konnte es nun zu solchen fortschrittlichen Zugeständnissen kommen, während weltweit ein extremes Rollback gegen Frauen und LGBTIA-Personen im vollen Gange ist, insbesondere Abtreibungsrechte reihenweise verschärft werden – siehe Polen und die USA. Hierfür sind mehrere Gründe verantwortlich. Einerseits, wie bereits eingangs erwähnt, wurden die Gesetzesänderungen maßgeblich durch die Frauenbewegung in Spanien erkämpft. Diese ist ziemlich stark, zu den 8.-März-Protesten gehen landesweit Millionen Menschen auf die Straße. Alleine in Barcelona waren es 2021 über 100.000 Personen.

Die Größe der Bewegung ist insbesondere historisch bedingt, denn während in den späten 1960er und 1970er Jahren in den westlichen Industrieländern der Kampf um Gleichberechtigung und sexuelle Befreiung erstarkte, war in Spanien noch das halbfaschistische Regime Francos an der Macht, in welchem Frauen zu Kinder, Küche, Kirche verbannt waren. Erst 1978 wurde ein Gesetzantrag zur Gleichstellung von Mann und Frau erwirkt, das Recht auf Scheidung gibt es erst seit 1981. Das kollektive Trauma dieser Zeit besteht fort und sorgt auch heute noch für größeres und kämpferischeres Bewusstsein. Bereits in den späten 1990er Jahren konnte ein Gesetz durch Massenproteste ins Rollen gebracht werden.

Diese formierten sich 1997 nach einem Femizid an einer Frau, Ana Orantes, deren Mann sie ermordete, weil sie in einem Fernsehinterview über die 40 Jahre häuslichen Missbrauchs durch ihn an ihr und den gemeinsamen Kindern sprach. Sie hatte sich zuvor sogar an die Polizei gewandt, 15 Anzeigen gestellt. Doch diese wollte ihr nicht helfen, da es keine entsprechenden Gesetze gab, die Frauen vor geschlechtsspezifischer Gewalt schützten. Als die Scheidung nach über 10 Jahren endlich durchkam, musste sie dennoch weiter mit ihm zusammen wohnen.

Die damals konservative Regierung unter der Partido Popular, einer rechtskonservativen Volkspartei, sprach von einem Einzelfall, was nicht unbeantwortet blieb. Unter dem Motto „ Wir sind alle Ana“ gingen damals Tausende auf die Straßen. Im Anschluss wurde 2004 ein erstes Gesetz auf die Beine gestellt, welches weitreichend gegen häusliche Gewalt ankämpfen sollte. Alleine schon die Benennung der geschlechtsspezifischen Gewalt stellte einen großen Schritt nach vorn dar. Außerdem wurden Spezialgerichte für die Verfolgung der Straftaten eingerichtet und Männer, die Frauen Gewalt antun, werden nun durch das Gesetz stärker bestraft als Frauen, die Männern etwas antun, oder Männer, die anderen Männern etwas antun. Seit 2007 wird auch jegliche geschlechtsspezifische Gewalttat statistisch erfasst, was in Deutschland bspw. erst seit 2015 der Fall ist.

Das „Ja heißt Ja“-Gesetz kam vor einem ähnlichen Hintergrund zustande: Nach einer Gruppenvergewaltigung an einer 18-Jährigen durch 5 Männer (welche ihr Opfer zusätzlich filmten) wurden die Täter nur wegen sexueller Belästigung verurteilt, da sie das Opfer nicht schlugen oder bedrohten, und sie sich nicht wehrte. Sie bekamen somit nur 9 Jahre Haft. Jedoch mobilisierten auch 2016 erneut die spanischen Feminist:innen gegen dieses milde Urteil und erzwangen somit dessen Revision. Die Täter wurden nun doch wegen Vergewaltigung verurteilt und sitzen eine 15-jährige Haftstrafe ab. Das neue Gesetz soll auch zukünftig ähnliche Gerichtsurteile ermöglichen und wurde somit de facto durch die Frauenbewegung in Spanien erkämpft. Außerdem wirkte sich positiv aus, dass auch die Gewerkschaften mit der feministischen Bewegung wahrhaft vernetzt sind und es sich bei vielen 8M-Protesten wirklich um Frauenstreiks handelte, welche mit Streikposten einhergingen und nicht wie bspw. in Deutschland einen rein symbolischen Charakter trugen.

Einige Politikerinnen und Ministerinnen der Regierung PSOE/Podemos entstammen ebenfalls einer Tradition feministischer Proteste und haben sich auch deswegen für diese Belange eingesetzt. Generell ist die reformistische Regierung natürlich auch ein Grund für die Durchsetzung. In Krisenzeiten gibt es zwar klassischer Weise Rollbacks gegen Frauen und LGBTIA-Personen, aber irgendwas muss die linke Koalition trotzdem der mobilisierten Wähler:innenschaft anbieten. Dass es im Rahmen von Krieg, Krise, Umweltkatastrophe und Pandemie nur wenig Spielraum gibt, ist klar. Denn ansonsten ist die Regierung eher weniger linksorientiert, als es eventuell scheinen mag. Die Politik, die gefahren wird, ist durchaus arbeiter:innenfeindlich. So werden bspw. Streiks im Auftrag der Regierung durch Polizei und Militär brutal niedergeschlagen. Insbesondere während der Pandemie zeigten die Politiker:innen ihr wahres Gesicht. So sperrten sie die Arbeiter:innen in ihren Stadtvierteln ein, diese durften sie nur verlassen, wenn sie zur Arbeit fuhren.

Kritik an der Gesetzesänderung

Kritik gab es einige, sowohl aus feministischen Kreisen als auch von rechts. Die Feminist:innen in Spanien sind stark beeinflusst von Andrea Dworkin, welche als Radikalfeministin insbesondere eine abolitionistische Position gegenüber der Prostitution einnahm. Sie sahen sich und das Anliegen eines Sexkaufverbots in den neuen Entwürfen nicht gehört, denn das nordische Modell wurde anfangs nicht eingeplant. Prostitution wurde 1995 in Spanien entkriminalisiert, Zuhälterei ist allerdings strafbar. Anfang Juni wurde jedoch ein Entwurf ins Rollen gebracht, der einem Sexkaufverbot gleichkommt: Das vorgeschlagene Gesetz soll diejenigen bestrafen, die Prostituierte finanziell ausbeuten, für ihre Dienste bezahlen oder wissentlich Räumlichkeiten für die Ausübung der Prostitution zur Verfügung stellen. Wenngleich die PSOE in Spanien sich für dieses, vom „nordischen Modell“ inspirierte Gesetz ausspricht, so ist es alles andere als sicher für die betroffenen Sexarbeiter:innen, denn so werden sie in noch unsicherere Arbeitsverhältnisse gedrängt (ausführlicher Artikel zur Frage siehe Neue Internationale 257, Juli/August 2021). Beibehaltung der Entkriminalisierung, die Möglichkeit für sichere und kostenlose Umschulungen zum Ausstieg sowie gewerkschaftliche Organisation der Sexarbeiter:innen wären aus einer marxistischen Perspektive die deutlich sinnvolleren Mittel gewesen.

Interessant ist auch, dass diese Frage zu einer Spaltung innerhalb der Koalition geführt hat. Die PSOE arbeitet nun bzgl. des Gesetzesentwurfs mit der rechtspopulistischen PP (Partido Popular) zusammen, während sich Podemos dagegen stellt, da er zu moralisierend wäre. Für die feministische Partei Spaniens ist der Vorschlag von PSOE und PP aber dennoch zu unkonkret, sie fordert umfassendere Maßnahmen. Außerdem gab es Proteste mit bis zu 7.000 Frauen, die sich für ein abolitionistisches Gesetz aussprachen.

Auch wenn der Gesetzentwurf ansonsten einen wichtigen Schritt darstellt, so bleibt Sexismus eine strukturelle Unterdrückung im Kapitalismus, welche sich nicht einfach durch Gesetze wegreformieren lassen kann und so auch in Spanien unter der linken Regierung bestehen bleibt: Reproduktionsarbeit wird auch hier weiterhin vornehmlich von Frauen ausgeführt.

Zugleich gibt es natürlich auch Kritik von rechts und aus konservativen Kreisen. Die rechtsradikale VOX, drittstärkste Partei im Parlament, möchte das Gesetz gegen geschlechtsspezifische Gewalt aus dem Jahr 2004 schon länger abschaffen. Sie ist außerdem gegen die Legalisierung von Abtreibung. Gegen die Veränderung des Abtreibungsgesetzes gingen auch 100.000 Konservative auf die Straße, unter anderem angestachelt durch die Aufhebung von Wade vs. Roe in den USA.

Wie weiter?

Auch wenn in Spanien wichtige gesetzliche Verbesserungen errungen werden konnten, so ist der Kampf längst nicht vorbei. Einerseits findet auch innerhalb der Bewegung ein Kampf zwischen fortschrittlichen und reaktionären Richtungen (siehe die Frage der Prostitution) statt. Die PSOE, aber auch wichtige Strömungen des Feminismus schrecken dabei auch vor einer Zusammenarbeit mit den Konservativen nicht zurück. Andererseits macht die extreme und konservative Rechte gegen alle fortschrittlichen Verbesserungen weiter mobil, wie die Massendemonstrationen der VOX verdeutlichen.

Die enge Verbindung zwischen den feministischen Streiks und der gewerkschaftlich organisierten Arbeiter:innenklasse war jedoch nicht nur entscheidend dafür, warum wichtige Verbesserungen überhaupt durchgesetzt werden konnten. Sie ist auch der einzige Weg zur Verteidigung und Ausweitung dieser Errungenschaften und zur Schaffung einer proletarischen Frauenbewegung – nicht nur in Spanien, sondern international.




Oslo: Kampf der LGBTIA-Feindlichkeit

Redaktion, Juli 2022

In Oslo, der Hauptstadt Norwegens, wurden am 25.6.22 zwei Menschen erschossen und 21 weitere verletzt. Der Zeitpunkt und Ort dieses Anschlages war gezielt gewählt. Es war kein Zufall, dass in der Nacht vor der 40. Pride Parade in Oslo vor dem bekanntesten LGBTIA Club der Stadt auf die Besucher_Innen vor Ort geschossen wurde. Wir trauern um die Ermordeten und haben vollste Solidarität mit allen Betroffenen und Angehörigen.

Dieser Anschlag ist wieder einmal ein Angriff auf LGBTIA Menschen weltweit. Ereignisse wie diese zeigen immer wieder, dass sogar selbst aufgebaute „safe spaces“ in dieser Gesellschaft nicht wirklich safe sind. Sich sicher zu fühlen und sich sicher bewegen zu können bleibt ein Privileg, solange LGBTIA-Feindlichkeit und andere Diskriminierungsformen eine Grundlage in dieser Gesellschaft haben. Während Teile der Presse das Problem v.a. im islamistischen Terror sehen (nach der Wohnungsdurchsuchung beim Verdächtigen wurde der Anschlag als islamistisch eingestuft), sprechen auch die Maßnahmen, die Norwegen nun trifft, für sich. Die offizielle Pride Parade wurde abgesagt oder zumindest auf einen unbestimmten Zeitpunkt verschoben, dass die sonst unbewaffnete norwegische Polizei jetzt Waffen trägt, soll für mehr Sicherheit sorgen. Dabei ist eigentlich bekannt, dass die (zumal bewaffnete) Polizei LGBTIA Menschen selten Sicherheit gebracht hat. Die Norwegische Regierung, aber auch Olaf Scholz und viele Weitere, betonten ihre Solidarität, setzten aber einen großen Fokus auf den „Kampf gegen den Terror“, der in der Vergangenheit Rechtfertigung für anti-muslimischen Rassismus und verschärfte Überwachung war.

Was sie allerdings nicht benennen, ist dass weder dieser Anschlag in Oslo noch z.B. der Anschlag 2016 auf einen LGBTIA Club in Orlando zufällig und zufällig zu dieser Zeit, an diesem Ort passierte. Weltweit war der Angriff auf LGBTIA Rechte in den letzten, von Krisen überladenen Jahren auch in westlichen „freiheitlichen“ und „demokratischen“ Ländern enorm. Homo- und transfeindliche Gesetze reihten sich nicht nur unter Trump in den USA aneinander, LGBTIA freie Zonen in Polen sind immer noch ein Ding und Zustände wie in Ungarn sind, entgegen dem, was häufig erzählt und berichtet wird, leider keine Ausnahme. Und auch wenn Politiker_Innen gerne anderes behaupten oder die Thematik ignorieren, sind die verbalen und physischen Angriffe auf LGBTIA Personen über die letzten Jahre stark angestiegen (über 1000 von der Polizei registrierte Straftaten, wer die Polizei kennt, kann sich vorstellen, wie hoch die Dunkelziffer ist) und fast die Hälfte der Deutschen gab 2019 an, sich in Gegenwart von trans Personen nicht ganz wohl zu fühlen.

In diesem Kontext wirkt der Anschlag von Oslo nicht mehr plötzlich oder überraschend, sondern wie die massiv brutale Spitze, die von einem weltumspannenden Eisberg getragen wird: dem Kapitalismus. LGBTIA Arbeiter_Innen in Deutschland sind statistisch seltener am Arbeitsplatz geoutet, über 30% erfahren häufig Diskriminierung am Arbeitsplatz und weltweit arbeiten überdurchschnittlich viele von ihnen in prekären Arbeitsverhältnissen und leben in Armut. Besonders die Jugendlichen, denen durch Jugendunterdrückung zusätzlich Selbstbestimmung und Handlungsfähigkeit genommen wird, sind häufig obdachlos.

Was hat der Kapitalismus mit dem Anschlag von Oslo und den Reaktionen darauf zu tun?

Wer von Diskriminierung betroffen ist, kann sich weniger aussuchen, wo gearbeitet werden möchte. Wenn eine Person Schwierigkeiten hat, eine Wohnung zu finden oder einen Job zu bekommen, wird sie auf alles zurückgreifen, was kurzfristig den Lebensunterhalt halbwegs sichert, auch wenn das Überausbeutung bedeutet. So landen LGBTIA Menschen häufiger in prekären Verhältnissen und unterbezahlten Bereichen wie dem Gesundheitssektor. Sie sind billige Arbeitskräfte. Es gibt ein Interesse vonseiten der Kapitalist_Innen, dass dies bestehen bleibt. Außerdem stellt die Existenz von trans Personen und nicht heteronormativen Familienentwürfen die bürgerliche Familie infrage, bei der klassischerweise die Frau die unbezahlte Reproduktionsarbeit übernimmt. Auch diese Auffassung von Familie ist im Sinne des Kapitalismus, da die Reproduktion der Ware Arbeitskraft so ins Private gedrängt wird und die Kapitalist_Innen sich nicht um sie kümmern müssen.

Es überrascht also auch nicht, dass Scholz und Co. nicht wirklich versuchen, das Problem bei der Wurzel zu packen, sondern es bei leeren Solidaritätsbekundungen belassen und nur auf islamistischen Terror zielen. Denn andernfalls müsste man ja etwas an den bestehenden Verhältnissen verändern. Statt LGBTIA-Befreiung auf jeder Ebene tragen norwegische Cops jetzt auch noch Waffen. Tatsächliche Befreiung von LGBTIA Personen ist verbunden mit der Loslösung von der bürgerlichen Familie, der Befreiung von Frauen und der Befreiung der Welt vom Kapitalismus. Das müssen wir begreifen, um nicht alleine, sondern geschlossen und gemeinsam für LGBTIA Rechte und ein Ende der Gewalt auf die Straße zu gehen. Die Menschen in Oslo haben einen Anfang gemacht, indem sie trotz der abgesagten Pride Demo zu Tausenden auf die Straße gingen, um zu zeigen, dass LGBTIA Menschen nicht verschwinden und der Kampf weitergeht. Niemand schenkt uns unsere Befreiung, schon gar nicht der bürgerliche Staat. Wir müssen und werden sie uns erkämpfen!

Wir fordern alle dazu auf, an Gedenk- und Protestveranstaltungen teilzunehmen und proletarische, antikapitalistische Perspektiven in die LGBTIA-Kämpfe und Bewegungen zu tragen. Für ein Ende jeder Gewalt gegen LGBTIA Menschen! Für die Selbstbestimmung von LGBTIA Jugendlichen! Für Schutz vor LGBTIA-Feindlichkeit und den Aufbau von Selbstverteidigungskomitees gegen diese! LGBTIA-Befreiung statt Regenbogenkapitalismus! Kämpferische, antikapitalistische LGBTIA-Bewegungen in Oslo und überall!




Amber Heard vs. Johnny Depp – Was der Gerichtsprozess zweier Megastars mit der weltweiten feministischen Bewegung und dem Patriarchat zu tun hat

Von Leonie Schmidt

In den letzten Wochen führten Johnny Depp und Amber Heard vor den Augen der Welt einen Prozess zum Thema häuslicher Gewalt in deren Ehe. Für die Öffentlichkeit war schon vor Beginn klar, dass Heard die Täterin sei und der Hashtag #justiceforjohnny trendete in allen möglichen sozialen Netzwerken. Wir wollen uns in diesem Beitrag nicht abschließend auf eine Seite stellen, möchten aber beleuchten, wo wir im Prozess selber ungeklärte Fragen sehen und insbesondere, inwiefern dieser Prozess richtungsweisend für zukünftige, ähnliche Fälle ist. Denn eigentlich müsste uns so ein Prozess millionenschwere Celebrities wenig interessieren. Doch er ist ein Symbol für das weltweite Rollback gegenüber Frauen und LGBTIA-Personen. Nicht nur der Prozess selber und das gefällte Urteil, auch die Reaktionen insbesondere im Netz zeichnen ein klares Bild.

Hintergründe des Prozesses

n dem Prozess selber ging es nicht, wie von vielen angenommen, um die Frage, wer in der Beziehung von Heard und Depp mehr Gewalt ausgeübt hat und den manipulativeren Part ausgeführt hat, sondern darum, ob Depp überhaupt jemals Gewalt gegen Heard ausgeübt hat. Diese hatte das nämlich in einem anonymen Artikel geschrieben, welcher 2018 in der Washington Post veröffentlicht wurde. Daraufhin verklagte Depp die britische Boulevardzeitung „The Sun“, welche ihn in einem Artikel bzgl. Heards anonymen Berichts als „Frauenschläger“ bezeichnete. Im damaligen (britischen) Gerichtsprozess wurde Depp in 12 von 14 Anklagepunkten der häuslichen Gewalt schuldig gesprochen. Da er damals aber nicht Heard sondern nur die Zeitung verklagte, konnte er in diesem Jahr gegen sie in den USA vor Gericht ziehen.

Ein fairer Prozess?

Wenngleich die Jury in den USA von der Öffentlichkeit abgeschirmt wird, um dafür zu sorgen, dass keine Meinungsbildung manipuliert werden kann, wurde bereits vor Prozessbeginn mächtig Stimmung im Netz gegen Amber Heard gemacht. Die „crazy ex Girlfriend“-Rhetorik wurde immer wieder ausgegraben. Beweise von Heard wurden von den Richtern nicht zugelassen (bspw. medizinische Dokumente, die ihre Verletzungen über einen Zeitraum seit 2012 dokumentieren) und trotz ihres Erfolgs und Status‘ zeichnet sich ganz klar ab, dass sie weniger Geld für ihr Anwaltsteam locker machen konnte. Auch wurde sie bereits mit Morddrohungen bombardiert und wir können uns sicher sein, dass das mit jedem passiert, der für sie aussagt, de facto zum Beispiel mit ihrer Schwester. Auf der anderen Seite haben wir Johnnys Zeugen, viele aus seinem beruflichen Umfeld, die natürlich ihre Karriere in Hollywood nicht gefährden wollen. Des Weiteren darf der Altersunterschied nicht außenvorgelassen werden, Amber war Mitte 20 zu Beginn ihrer Beziehung, Johnny bereits Ende 40. Ebenso war er stark drogen- und alkoholabhängig, wobei der Rausch durchaus zu Gewaltexzessen führen kann, an die man sich möglicherweise nicht mehr erinnern kann. Es existieren Mitschnitte, aber auch die können natürlich manipuliert sein, nicht per se durch den Schnitt, aber wenn eine Partei sich zur Aufnahme entscheidet und die andere nicht davon weiß, kann sich die Person, die aufnimmt, anders verhalten und somit in ein besseres Licht rücken. Hinzu kommt, dass Johnny Depp mit anderen mutmaßlichen Tätern gut befreundet ist, bspw. Marilyn Manson und Roman Polanski. Ebenso wurden Chat-Verläufe mit Vergewaltigungs- und Mordfantasien von Depp gegenüber Amber Heard öffentlich, welche auf eine misogyne Grundeinstellung schließen lassen können.

Im Prozess konnte geklärt werden, dass auch Amber gewalttätig gegenüber Johnny war, aber, was viele nicht sehen wollen, die Frage des Machtverhältnisses innerhalb der Beziehung und vor allem der Kontext für die Gewalt bleibt ungeklärt. Es ist nicht ungewöhnlich, dass bei Betroffenen häuslicher Gewalt auch mal alle Stricke reißen nach jahrelangem Missbrauch und sie wortwörtlich zurückschlagen. Das wird auch als reactive abuse bezeichnet, ist ein natürlicher Verteidigungsmechanismus des Körpers auf Situationen, die als lebensbedrohlich wahrgenommen werden (Stichwort fight or flight) und ist schon bei vielen Betroffenen aufgetreten. Ob das in diesem Fall so war, können wir aus unserer aktuellen Position heraus nicht bewerten. Aber auch ein bürgerliches Gericht kann und will diese Frage nicht ausdifferenzieren. Dafür müssten nämlich noch weitere gesellschaftliche Hintergründe mit einbezogen werden: das Patriarchat.

Was hat das Patriarchat jetzt damit zu tun?

Das Patriarchat und die Klassengesellschaft gehen Hand in Hand und prägen unser Leben. Es sorgt für die Unterdrückung von Frauen und queeren Personen, drückt uns in Rollenbilder, um die bürgerliche Familie und somit die Reproduktionsarbeit ins Private zu drängen und aufrecht zu erhalten. Und es macht es Betroffenen geschlechtsspezifischer Gewalt besonders schwer, gegen die Täter vorzugehen. Besonders stark zeigt sich dies in Fällen sexualisierter Gewalt, wo die Dunkelziffer und die verurteilten Täter unfassbar stark auseinander gehen. Aber auch die Reaktion der Öffentlichkeit hat etwas damit zu tun. Im Fall Heard vs. Depp wurde Amber Heard vorgeworfen, sich nicht wie ein richtiges Opfer häuslicher Gewalt zu verhalten, sie habe geschauspielert. Allein die Vorstellung, ein Opfer patriarchaler Gewalt müsse sich auf eine bestimmte Art und Weise verhalten, ist zutiefst misogyn. Hinzu kommt die Hetze, welcher sie sich ausliefern muss. Wie schon so oft bewiesen, bekommen Täter in Hollywood nicht einmal ansatzweise so viel Hass ab, wenn überhaupt. Aber auf Plattformen wie Tiktok wurde sich über sie und ihre Aussagen, in welcher sie auf potentiell retraumatisierende Art und Weise den Missbrauch schildert, wortwörtlich das Maul zerrissen. Die Kommentare bezogen sich aber nicht nur darauf, sondern auch auf ihr Aussehen, ihre schauspielerische Tätigkeit, ihre mentale Gesundheit und außerdem ignoriert der wütende Internet-Mob, dass auch Depp in diesem Prozess ebenfalls schuldig gesprochen wurde.

Mentoo oder Metoo?

Johnny Depp gilt aktuell als Paradebeispiel für männliche Betroffene häuslicher Gewalt. Es ist richtig und wichtig, dass auch Feminst_Innen sich einsetzen müssen für Männer, die Gewalt in Beziehungen erleben. Dass diese oft belächelt werden, weil sich so ein „richtiger Mann“ nicht verhalten würde, ist ein Fakt und zu kritisieren (und ebenfalls in den patriarchalen Rollenbildern verwurzelt). Doch trotzdem sind Frauen in heterosexuellen Beziehungen viel öfter Gewalt (und besonders schwerwiegender und vor allem oftmals auch tödlicher Gewalt) von Männern ausgesetzt und der Gerichtsprozess führt nicht dazu, dass männliche Opfer im großen Rahmen gestärkt werden, sondern vor allem, dass männliche Täter ihre weiblichen Opfer besser zum Schweigen bringen können. Incels pochen bereits darauf, wie großartig der Ausgang doch sei, dass sie jetzt ein Paradebeispiel haben, welches beweist, dass Frauen sich ihren Missbrauch für ein bisschen Aufmerksamkeit, Erfolg und Geld einfach nur ausdenken würden. Marilyn Manson zum Beispiel plant nun ebenfalls, seine Ex Rachel Wood wegen Verleumdung zu verklagen. Aber es bleibt nicht bei den prominenten Fällen. Fakt ist: es gibt jetzt einen Präzedenzfall, bei dem selbst die Aussage, man habe häusliche und/ oder sexualisierte Gewalt erfahren, ohne den Namen des Täters zu nennen, schon als Verleumdung und somit Straftat gilt. Leider ist das Urteil jedoch nicht verwunderlich, denn Rechte von Frauen und LGBTIA- Personen werden in den letzten Jahren immer wieder angegriffen, erkämpfte Rechte zurückgenommen – wie aktuell auch ebenfalls in den USA: die Frage nach der körperlichen Selbstbestimmung bezüglich Verhütung und Abtreibung. Das Rollback kommt nicht einfach so, es ist eng verwurzelt mit der Wirtschaftskrise, in welcher wir uns aktuell wieder einmal befinden.

Unsere Perspektive

Wir glauben nicht, dass der bürgerliche Staat in der Lage ist, Fälle von häuslicher und sexualisierter Gewalt angemessen aufzuklären, daher fordern wir:

  • Unabhängige Gremien bestehend aus Arbeiter_Innen, gesellschaftlich Unterdrückten und Jugendlichen zur Aufklärung dieser Taten und zur Entscheidung über Konsequenzen und mögliche Aufarbeitungen
  • ständige Thematisierung von Konsens und Aufklärung über geschlechtsspezifische Gewalt in Schule und der gesamten Gesellschaft
  • Ausbau von Beratungsstellen und Zufluchtsorten für Betroffene von Beziehungsgewalt
  • Aufbau von Selbstverteidigungskomitees für FLINTA

Zwei längere Texte, in welchen wir uns ausführlich damit beschäftigen, wie wir gegen sexualisierte Gewalt kämpfen wollen, findet ihr hier:




Was ist eigentlich Radikalfeminismus?

von Leonie Schmidt

Im Januar kam es zu Angriffen von Radikalfeministinnen auf die Grünen-Abgeordnete Tessa Ganserer, da sie eine trans Frau ist und über die Frauenliste der Grünen in den Bundestag einzog. Dieser Shitstorm wurde unter anderem angeführt von der EMMA, der Zeitung von Alice Schwarzer. Man beschwerte sich darüber, dass es „biologischen Frauen“ so schwerer gemacht würde, in die Politik zu kommen, Tessa Ganserer wurde ihre Identität abgesprochen und für ihr Aussehen beleidigt. Auch selbsternannte Linke zogen mit. Das ist eine Entwicklung, die in den letzten Monaten vor allem online immer sichtbarer wird: Radikalfeministinnen greifen trans Personen an und versuchen Transfeindlichkeit innerhalb der Linken wieder salonfähig zu machen. Dieser Artikel soll einen Überblick über die theoretischen Grundsätze und Fehlanalysen dieser Strömung geben und aufzeigen, warum eine revolutionäre marxistische Bewegung sich klar gegen diese positionieren muss.

Aber was ist überhaupt Radikalfeminismus?

Der Radikalfeminismus ist eine Strömung des bürgerlichen Feminismus, welche sich in den 60er-70er Jahren entwickelte. Die Anhängerinnen kamen aus der Neuen Linken und der Bürgerrechtsbewegung und kritisierten, dass ihre Unterdrückung auch innerhalb der linken Bewegungen, genauso wie in der restlichen Gesellschaft anhielt. Somit prägten sie den Slogan „Das Private ist politisch.“ Anhängerinnen des radikalen Feminismus behaupten, dass die Unterdrückung von Frauen die erste und primäre Unterdrückung sei (im Gegensatz zur kapitalistischen Ausbeutung durch Besitzverhältnisse), sie machen ihre erlebte persönliche Erfahrung zur Politik. Relevante Themengebiete der radikalfeministischen Theorie beziehen sich stark auf den weiblichen Körper, bspw. Abtreibung, sexualisierte Gewalt, Prostitution, Schönheitsideale. Wenngleich sie Geschlechterrollen als das eigentliche Problem anerkennen und sie
diese abschaffen wollen, haben sie nicht grundsätzlich einen revolutionären, antikapitalistischen Ansatz, sondern sind
viel mehr auf einer sehr individuellen Ebene politisch aktiv. Zu Gute halten kann man der Bewegung, dass sie die gesellschaftsdurchdringende rape culture in eine breite Öffentlichkeit getragen hat und dass ihre Forderungen nach Abschaffung der Geschlechterrollen zumindest etwas radikaler sind, als für andere bürgerlichen Feminismen üblich.

Doch der Radikalfeminismus hat aus unserer Sicht viele Fehlanalysen und Probleme. Der eigentliche Hauptfeind laut ihrer Theorie ist der Mann, doch inzwischen greifen sie auch immer mehr trans Personen an. Das geht so weit, dass
RadFems in Großbritannien bspw. trans Personen auf Demos angreifen und von diesen verweisen wollen, oder eben wie bspw. bei Tessa Ganser, online shitstorms und Hassattacken lostreten.

Doch woher kommt diese Ablehnung von trans Personen?

1. Radikalfeministischer Materialismus
Wenngleich sie von einem materiellen Weltbild ausgehen, hat für sie Materialismus eine andere Bedeutung als für Marxist_Innen: materialistisch bedeutet in ihrem Sinne so etwas wie sichtbar, anfassbar etc., während der Materialismus im marxschen Sinne sich auch auf den Zusammenhang von unserem Sein und Bewusstsein bezieht. So sagen wir, dass das Denken der Menschen, und schließlich auch die sexistische Rollenverteilung aus den materiellen Verhältnissen der Gesellschaft entsteht. Das würden RadFems ablehnen, denn ihre Analyse der Frauenunterdrückung beinhaltet unter anderem essentialistische Ansätze.

2. Essentialismus und Ursprung der Frauenunterdrückung
Doch was ist Essentialismus? In diesem Kontext bedeutet es, dass Dingen eine ihnen tieferliegende Eigenschaft zugeschrieben wird, welche immer automatisch vorhanden ist. So schreiben Radikalfeministinnen Männern und vor allem ihren normativen Genitalien – Penissen – ein innewohnendes Bedürfnis nach Unterdrückung „biologischer Frauen“ nach. Auch wenn das teilweise abgestritten wird, ist es doch offensichtlich, da sich viele ihrer Kritiken gegen trans Personen auf die Existenz „eines Penisses in Frauenräumen“ fokussieren und in der Analyse der Frauenunterdrückung davon ausgehen, dass diese auch schon vor Klassengesellschaften aufgrund ihrer Biologie unterdrückt wurden. Das ist jedoch eine falsche Annahme, denn Körperlichkeiten der binären Geschlechter sind ein Mittel der Frauenunterdrückung, jedoch nicht ihr Grund. Aus einer marxistischen Sicht gehen wir davon aus, dass
der Grund für die Frauenunterdrückung im Besitzverhältnis der Produktionsmittel liegt und durch das Idealbild der
bürgerlichen Familie aufrechterhalten wird. Das bedeutet, dass die Reproduktion der Ware Arbeitskraft (Erziehung,
Hausarbeit, Care Arbeit etc.) ins Private gedrängt wird und somit für die Kapitalist_Innen kostenlos von Frauen erledigt
wird. Darauf bauen die Geschlechterrollen auf, die trotz der Liberalisierung der bürgerlichen Gesellschaft weiterhin
aufrechterhalten werden. Daraus erklärt sich auch trans Unterdrückung, denn trans Personen können nicht in die herkömmlichen Geschlechterrollen gepresst werden und stellen diese damit in Frage

3. Geschlechtsidentität, soziales und biologisches Geschlecht
Radikalfeministinnen leugnen die Existenz einer Geschlechtsidentität und behaupten, das soziale Geschlecht sei
gleichbedeutend mit Geschlechterrollen. Somit bleibt nur das biologische Geschlecht als Basis der Theorie. Wenngleich
wir ebenfalls die starre Unterteilung von biologischem und sozialem Geschlecht ablehnen, welche von Judith Butler
geprägt wurde, tun wir dies aus anderen Gründen: für uns ist das Geschlecht eine multifaktorielle Kategorie, bestehend
aus verschiedenen Aspekten, die sich gegenseitig bedingen aber auch in einem Widerspruch zueinander stehen. Wir
denken, dass das biologische Geschlecht durchaus existent ist, allerdings begreifen wir es als Spektrum zwischen den
binären Polen (männlich und weiblich). Diese beiden Pole werden durch die körperlichen Merkmale, und dem Verhältnis von Testosteron und Östrogen, bestimmt. Doch sowohl die körperlichen Merkmale, als auch die Geschlechterunterschiede durch Hormone entwickelten sich auch mit den Klassengesellschaften. So stieg der Östrogenanteil aller Geschlechter beispielsweise, und sank damit der Muskelaufbau, sobald die Menschen nicht mehr in der Natur um ihr tägliches Überleben kämpfen mussten. Und auch mit der jahrtausendelang anhaltenden Frauenunterdrückung und deren Drängung in die Hausarbeit und Kindererziehung sank der Testosteronanteil
der Frauen, ihre Brüste wuchsen und ihr Muskelaufbau ging zurück. Hier entstanden sowohl Geschlechterklischees,
als auch körperliche Unterlegenheit nicht von Natur, sondern aus der Unterdrückung der Klassengesellschaft, an die sich die Natur anpasste. So ist das biologische und soziale Geschlecht eng verbunden mit den gesellschaftlich auferlegten Geschlechterrollen, aber es gibt außerdem eine Geschlechtsidentität, welche aus dem Verhältnis zwischen biologischem Geschlecht und sozialem Geschlecht bzw. Geschlechterrollen entsteht und durchaus im Widerspruch zu diesen stehen kann. Die Geschlechtsidentität existiert also und wird sogar durch die Klassengesellschaft, insbesondere dem Kapitalismus bedingt. So schrieb der Wissenschaftler John D’Emilio beispielsweise in „Capitalism and Gay Identity“, dass der Aufstieg des Kapitalismus die materiellen Grundlagen für die Ergründung von Identität liefere. Als sich die Produktion immer mehr aus dem häuslichen Kontext in den der Fabriken und anderer Arbeitsplätze verlagerte, gewannen die Menschen die Möglichkeit, ihr Leben auch außerhalb der bürgerlichen Familie zu führen. Vorher konnte man zwar ein Mann sein, der Sex mit Männern hatte, aber die politische und persönliche Kategorie „schwul“ existierte nicht. Ein ähnlicher Prozess ist im Hinblick auf die Geschlechtsidentität zu beobachten.

4. Transfeindlichkeit und verschiedene Strömungen des Radikalfeminismus
Aus dieser theoretischen Grundlage und ihren Falschannahmen kommen die Radikalfeministinnen zu ihrem Ausschluss
von trans Personen, da sie ihre Geschlechtsidentität als nicht existent erachten und sie somit auch nicht respektieren
wollen. Allerdings gibt es auch hier verschiedene Grade an Transfeindlichkeit. Manche akzeptieren noch binäre trans Personen und verleugnen nur die Existenz nicht-binärer trans Personen (Menschen, die sich keinem der zwei Pole
männlich oder weiblich zuordnen wollen), da diese angeblich die binären Geschlechterrollen für cis Personen verfestigen würden, indem sie für sich selbst zusätzliche Rollen schaffen und somit die Richtigkeit der binären Geschlechterrollen auf cis Personen bestätigen würden. Manche schließen trans Männer in ihren Feminismus mit ein, da sie sie weiterhin als biologische Frauen sehen, andere grenzen sie aus, mit der Begründung, sie wären einfach misogyn und würden deswegen ihren Körper hassen. So oder so: Transfeindlichkeit ist im Rahmen des anti-sexistischen Kampfes zu verurteilen. Nicht binäre trans Personen und trans Personen ohne körperliche Dysphorie sind genauso trans wie binäre trans Personen und ebenso in den Befreiungskampf zu inkludieren.

Wie bereits dargestellt, gibt es auch im Radikalfeminismus verschiedene Theorien und Ausprägungen. Manche sind
zutiefst kleinbürgerlich wie bspw. Alice Schwarzer, andere extrem radikal (aber immer noch kleinbürgerlich) im Sinne,
dass sie jegliche sexuelle oder romantische Interaktion mit Männern als Kooperation mit dem Unterdrücker (Mann)
ansehen, wieder andere versuchen sich positiv auf den Marxismus zu beziehen, aber scheitern daran, da sie behaupten,
Frauen wären eine eigene Klasse und zusätzlich wäre zum Klassenkampf ein eigener Geschlechterkampf nötig. Frauen
sind jedoch keine eigene Klasse, da sie nicht alle den gleichen ökonomischen Bedingungen unterliegen und somit auch
nicht alle die gleichen Klasseninteressen vertreten können. Beispielsweise können Frauen der Bourgeoisie zwar von körperlicher Gewalt betroffen sein (und das ist auch zu verurteilen), aber durch ihren Status sind sie weniger ökonomisch abhängig und können sich bspw. von den Aufgaben der Reproduktionsarbeit freikaufen, indem sie Servicepersonal einstellen, was Frauen des Proletariats niemals könnten. Das gemeinsame Klasseninteresse zur Aufhebung der Frauenund LGTBIA-Unterdrückung ist dafür aber eines, was die Arbeiter_Innenklasse hat. Somit kann der Kampf der patriarchal Unterdrückten nur ein gemeinsamer der Arbeiter_Innenklasse sein. Denn erst die sozialistische Revolution wird die materiellen Grundlagen dieser Unterdrückungsformen und das Patriarchat aulösen können. Somit brauchen wir eine massenhafte, multiethnische Bewegung aller Unterdrückten unter Führung der Arbeiter_Innenklasse.

Wir fordern:

  • Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit, kontrolliert durch Ausschüsse der arbeitenden Frauen. Gewerkschaften müssen
    verstärkt auf die Organisierung von Frauen hinarbeiten und Kampagnen für diese Forderung durchführen
  • Organisierte Selbstverteidigung von Frauen gegen sexistische und sexualisierte Übergriffe, auch gemeinsam mit anderen unterdrückten Gruppen und der Arbeiter_ Innenbewegung. Keine Frau darf der Gefahr von Vergewaltigung und Missbrauch ausgeliefert werden.
  • Schutzräume und Beratungszentren für Betroffene häuslicher und sexistischer Gewalt und familiärer Unterdrückung
  • Für die Vergesellschaftung der Hausarbeit – kostenlose und flächendeckende Kinderbetreuung, Wäschereien
    in Wohnblocks und Kantinen in Betrieben, Stadtteilen und Dörfern.
  • Für das Recht auf medizinische Geschlechtsangleichung an die soziale Geschlechtsidentität – kostenfrei und ohne unnötigen bürokratischen Akt!
  • Gegen eine erzwungene Einteilung von Mann und Frau. Es gibt Menschen, die können oder wollen sich nicht klar einem der beiden Geschlechter zuordnen.
  • Gegen die Plicht das eigene Geschlecht in ofiziellen Dokumenten anzugeben! Für den Ausbau an Unisex-Orten im öffentlichen Raum, wie Toiletten oder Umkleiden!
  • Zurückdrängung aller Formen der Rollenklischees, Diskriminierung und Ausgrenzung in der Jugend und Arbeiter_Innenklasse



„Sprache formt Wirklichkeit“ – Ist das so?

Von Gosha Aurora und Felix Ruga

Sprache ist ein facettenreiches, sich stetig veränderndes Werkzeug, um uns anderen Personen mitzuteilen und ermöglicht so erst die Entwicklung, Übertragung und den Austausch von Ideen und Konzepten. Da wir nicht per Gedankenübertragung kommunizieren können, hilft uns die Sprache, anderen Menschen unsere abstrakten Ideen und Gefühle zugänglich zu machen. Diese Sprache hat sich über lange Zeit entwickelt, die Gesellschaft hat die Sprache geformt und die Sprache wirkt gleichzeitig auch auf unsere Gesellschaft zurück. Die verwendete Sprache hat Einfluss darauf, wie etwas auf uns wirkt und uns beeinflusst. Ein gut untersuchtes Beispiel dafür ist die gendergerechte Sprache. Aus zahlreichen Studien geht hervor, dass Personen bei Verwendung des generischen Maskulinums (verallgemeinernde Benutzung männlicher Formen) auch öfter an männliche Personen denken. So nennen Befragte bei der Frage nach „Lieblings-Sängern“ z.B. fast ausschließlich männliche Personen. Wird stattdessen z.B. nach „Lieblings-Sänger_Innen“ gefragt, so ist der Anteil an genannten Sängerinnen viel höher. Diese gendergerechte Sprache sorgt also dafür, dass Frauen und andere Identitäten sichtbarer gemacht werden, als durch Verwendung des generischen Maskulinums. Diese höhere Sichtbarkeit kann Mädchen und Frauen dabei bestärken, sich bestimmte Aufgaben eher zuzutrauen oder Ziele zu verfolgen und kann damit in individuellen Lebensläufen eine wichtige Rolle spielen und damit auch gesellschaftlich wirken.

Doch was sind die Grenzen von Sprache?

Hierfür ist die Betrachtung des Verhältnisses von Basis und Überbau sehr praktisch und gehört zu den marxistischen Basics. Jede Gesellschaft muss produzieren, um zu überleben. Produktion von notwendigen Gütern ist die Grundlage dessen, warum Menschen überhaupt miteinander leben und leben müssen und hat deswegen schon immer eine absolute Ausnahmerolle in unserem Zusammenleben gespielt. Deswegen bezeichnet man die gesellschaftlichen Verhältnisse in der Produktion auch als „Basis“. Menschen produzieren aber nicht nur miteinander, sondern haben noch unzählige andere Tätigkeiten, Institutionen und Ebenen wie Kunst, Kultur, Religion, Wissenschaft und (staatliche) Verwaltung. Diesen Stehen auf die ein oder andere Art und Weise in aktivem Bezug zur Basis. Am Beispiel der Verwaltung erkennt man auch, dass sie einerseits unbedingt notwendig ist, um eine nennenswerte Produktion aufrechtzuerhalten, andererseits aber immer den Vorgaben der Produktion gehorcht. Die Produktion gibt die Rahmenbedingungen und gesellschaftlichen Bedürfnisse vor, weil sie eben das notwendige im menschlichen Zusammenleben ist. Und so ähnlich ist es auch mit der Sprache: Sprache oder das Sprechen selbst ist nicht lebensnotwendige Produktion. Es ist aber absolut notwendig zum Planen, Entwerfen und Absprechen im Arbeitsprozess und je ausgefeilter und produktiver der Mensch arbeitet, desto mehr Zeit hat er auch, komplexe Dinge zu besprechen. Und je komplexer die Produktion, desto komplexer ist die Arbeitsteilung und damit auch die Gesellschaft. Und eine komplexere Gesellschaft braucht eine komplexere Sprache, um beschrieben zu werden und zu funktionieren. Sprache und Produktion befruchten sich also gegenseitig, die Produktion nimmt aber dabei die Grundlage ein. Es ist der ursprüngliche Zweck. Daraus kann man schon mal ziehen, dass zwar durch die Sprache die Art und Weise verändert werden kann, wie wir die Welt betrachten und welchen Blick wir auf soziale Verhältnisse haben, jedoch entstehen Begriffe nicht im luftleeren Raum, sondern sie müssen auch einen Bezug zur tatsächlichen Umgebung haben, damit sie überhaupt entstehen und verständlich sind. Außerdem können dadurch materielle Mauern nicht unmittelbar „wegdefiniert“ werden. Es macht also für die Menschen, die an Europas Außengrenzen ausharren müssen, keinen Unterschied, ob sie von unseren Politiker_Innen nun als „Flüchtende“ oder „Asylanten“ bezeichnet werden. Und ob nun jetzt mehr oder weniger Leute in der Gesellschaft gendergerechte Sprache benutzen, wird den Chef nicht davon abhalten, Frauen durch schlechtere Bezahlung überauszubeuten. Die Machtverhältnisse im Betrieb oder in der bürgerlichen Familie werden durch eine veränderte Sprechweise nicht fundamental angegriffen. Wenn Reaktionäre weiterhin ihre Privilegien ausnutzen wollen, wird Sprache daran nichts ändern können.

Aber welche Rolle spielt die Sprache in unserem Kampf?

Einige Kommunist_Innen lehnen einen Kampf um Sprache ab, indem sie sagen, dass es ja eh nur zum Überbau gehört und man etwas an der Basis, an den materiellen Verhältnisse verändern muss, um zu einer besseren Gesellschaft zu kommen. Die Idee ist erstmal nicht verkehrt, denn tatsächlich reicht es nicht aus, die Sprache allein zu verändern, denn erst die Überwindung aller Unterdrückungsverhältnisse kann unterdrückerischer Sprache ein Ende bereiten. Aufgrund dessen

lehnen manche beispielsweise gendergerechte Sprache ab. Wir müssen jedoch den Kampf um eine bessere Welt und die bewusste Benutzung von Sprache zusammen denken. So kann man Sprache als Werkzeug in unserem Kampf sehen. Eine respektvolle und inklusive Sprache vermittelt, dass ansonsten diskriminierte Menschen bei uns gesehen werden, dass ihr Kampf auch unser Kampf ist. Das Benutzen von unterdrückerischer Sprache kann hingegen reaktionäre Sichtweisen wecken und Menschen abstoßen. Doch gerade die Diskriminierten und Unterdrückten brauchen wir in den Bewegungen für materielle Verbesserungen! Darüber hinaus ist es wichtig, das Kampffeld Sprache

zu erkennen und in unserem allgemeinen Klassenkampf einzubinden. Begriffe können Sichtweisen enthalten und transportieren, die einerseits inhaltlich (Terrorist_In vs. Freiheitskämpfer_In), als auch durch implizite Wertungen (Geflüchtete vs. Asylanten oder Arbeitslose_r vs. Hartz4-Empfänger_In) stark verschieden sind. So kann die Wahrnehmung von bestimmten Ereignissen und Gruppen durch sogenanntes „Framing“ verändert werden. Insbesondere die Neue Rechte nimmt dies als ein wichtiges Kampffeld wahr (z.B. durch Begriffe wie „Corona-Diktatur“). Hingegen ein positives Beispiel aus der jüngeren Zeit ist der Begriff „Klimakrise“, der vor Allem durch FFF massiv verbreitet wurde. Wenn dieser Begriff in einer Debatte oder einem Artikel auftaucht, transportiert er auf der Stelle: „Es gibt ein Problem und dieses Problem drängt!“. Die Entstehung eines solchen Begriffs ist nicht selbstverständlich: Er muss durch Bewegungen erkämpft werden, damit er in der Gesellschaft benutzt wird und ihn auch alle so verstehen, dass er noch fortschrittlich ist. Feindliche gesellschaftliche Kräfte werden versuchen, ihrerseits konkurrierende Interpretationen oder Begriffe zu produzieren. Dadurch gibt es zwischen den Klassen und politischen Lagern einen ständigen Kampf um die Sprache, die den eigentlichen Kampf in der Gesellschaft abbildet und rückwirkend beeinflusst. Wir sollten uns also in kampfkräftigen und hörbaren gesellschaftlichen Bewegungen darum bemühen, bestimmte Begriffe zu entwerfen und zu verbreiten, um unsere Sichtweisen leichter zugänglich und intuitiver zu machen. Gerade in einer Welt, in der ein ganzes Argument in einen Tweet mit 280 Zeichen passen muss, ist es gut, wenn in einem einzigen Wort schon eine ganze Argumentation steckt.




#LinkeMeToo: Aus den Fehlern lernen!

Jaqueline Katherina Singh, Infomail 1185, 18. April 2022

Zuerst veröffentlich unter: https://arbeiterinnenmacht.de/2022/04/18/linkemetoo-aus-den-fehlern-lernen/

Der SPIEGEL-Artikel „Entweder wir brechen das jetzt, oder die Partei bricht“ und unzählige Tweets unter dem Hashtag #LinkeMeToo sorgen für Aufregung. Es wird von Missbrauchsvorfällen berichtet innerhalb des hessischen Landesverbandes der Linkspartei sowie der Linksjugend. Unter den zehn Betroffenen, mit denen der SPIEGEL gesprochen hat, ist auch eine Person, die zum Zeitpunkt der Vorfälle 2017/18 minderjährig war. Besonders sticht dies heraus, da mehrere Betroffene sagen, dass führende Mitglieder von den Vorfällen gewusst, aber nichts getan hätten – darunter auch Janine Wissler, aktuelle Bundesvorsitzende der Linkspartei. Ein paar Worte zur beginnenden Debatte.

Sexualisierte Gewalt in linken Strukturen

Zuerst muss klar gesagt werden: Lasst uns bitte nicht schockiert tun! Sexismus und sexualisierte Gewalt sind niemals „das Problem der anderen“. Sie sind Alltag in der gesamten Gesellschaft. Politik und linke Strukturen bilden keine Ausnahme. Sie sind keine Inseln der Freiheit, wo alle unbefangen miteinander leben können.
Das ist auch logisch. Wir alle sind von der bürgerlichen Gesellschaft geprägt, verinnerlichen dementsprechend Rollenbilder sowie Stereotype, die nicht einfach so verschwinden. Gerade in großen Organisationen sind unterschiedliche Wissens- und Bewusstseinsstände normal, auch, weil neue und neu politisierte Menschen hinzukommen. Entsetzt zu sein, dass „so etwas überhaupt jemals passieren konnte“, ist Teil des Problems. Es geht davon aus, dass es sichere Räume geben könne, aus denen ein für alle Mal rückständige Ideen und Verhalten verbannt sein könnten. Das gibt es leider nicht. Gleichzeitig sorgt diese Annahme auch dafür, dass gewaltausübende Personen (Täter:innen) es leichter haben, sich aus der Anklage zu ziehen. Denn wenn es so unglaublich, so unfassbar ist, dass Gewalt stattgefunden hat, ist es auch leichter, Betroffenen nicht zu glauben, zu zweifeln und keine Schritte zur Klärung einzuleiten.

Lasst uns deswegen sagen: Sexismus und sexualisierte Gewalt sind Probleme der Gesellschaft und deswegen ist die Linke nicht frei davon. Das senkt die Hemmschwelle für Betroffene, sich zu erkennen zu geben, und bricht mit der Schweigekultur. Die Frage ist nicht, ob es die Übergriffe überhaupt gibt, sondern welche Strukturen aufgebaut werden, um dagegen anzugehen.

Stellungnahmen und Konsequenzen

Der hessische Landesvorstand hat am 15. April eine kurze Stellungnahme herausgegeben. In dieser wird davon gesprochen, dass dieser Ende November 2021 Kenntnis erlangte und begonnen hat, auf allen Ebenen das Geschehene aufzuarbeiten. Perspektivisch sollen Vertrauenspersonen eingesetzt sowie ein Workshop zur Sexismussensibilisierung organisiert werden. Im Statement der Bundespartei, ebenso vom 15. April, wird klar gemacht: „Patriarchale Machtstrukturen finden sich überall in der Gesellschaft. DIE LINKE ist davon nicht ausgenommen.“ Ebenso wird festgehalten, dass der Parteivorstand im Oktober 2021 die Vertrauensgruppe innerhalb des Parteivorstandes gegründet hat, um Menschen, die innerhalb der LINKEN Erfahrungen mit Sexismus, Übergriffen oder Diskriminierung machen, beratend zur Seite zu stehen. Im SPIEGEL wird dies zwar erwähnt, näher beleuchtet wird die Arbeitsweise und Zusammensetzung dieses Gremiums aber nicht. In den Fokus gestellt wird dafür ein Handout zu den „Vorwürfen sexualisierter Gewalt“ – geschrieben von einem mutmaßlichen Täter.

Es ist gut, dass es die Schritte gegeben hat. Der Kritikpunkt, der intern aufgearbeitet werden muss, lautet: Warum braucht es für die Einrichtung solcher Dinge erst den öffentlichen Druck von Betroffenen? Welche Annahmen hat es gegeben, dass diese nicht schon früher eingeleitet wurden?

Als Antwort auf die Artikel hat auch der Jugendverband einen offenen Brief verfasst, den bisher 500 Mitglieder unterschrieben haben. In diesem werden u. a. gefordert:

  • Transparente und lückenlose Aufklärung aller Vorfälle.
  • Verpflichtende Awarenessstrukturen, deren Mitglieder nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis zur Partei stehen oder Abgeordnete sind.
  • Verpflichtende Seminare zum Thema Awareness und Feminismus für Funktionär:innen und Angestellte.
  • Finanzielle Unterstützung durch DIE LINKE für alle Betroffenen, wenn sie juristische oder auch psychologische Beratung und Hilfe in Anspruch nehmen.
  • Eine Vertrauensperson für Mitarbeitende von Partei, Mandatsträger:innen und Fraktionen, die von Sexismus, verbalen Übergriffen und sexualisierter Gewalt betroffen sind.

Dies sind unterstützenswerte Forderungen. Die Aufarbeitung scheint begonnen zu haben und die Forderung nach Strukturen, die nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis zu Funktionen stehen, ist enorm wichtig. Auf weitere Punkte, die sinnvoll sein könnten, gehen wir im späteren Teil des Artikels ein. Zuerst wollen wir uns jedoch mit einer anderen Frage beschäftigen:

Rücktritt als Lösung?

Ebenso wird in dem offenen Brief auch der Rücktritt aller beteiligten Personen gefordert – ob sie nun selber Täter:in sind oder die Taten anderer gedeckt haben. Dazu soll an der Stelle gesagt werden: Ein Wechsel von Personen bedeutet nicht immer, dass der Umgang sich verbessert und nachhaltige Strukturen geschaffen werden. Vielmehr kommt es auf Einsicht an. Damit ist nicht gemeint, dass alle, die jetzt aufschreien, aus dem Schneider sind. Das heißt: Jene, die beiseite treten, die offen Fehler eingestehen, jene, die den Raum für Aufklärung freimachen, sollten bedacht werden – denn es ist ein Zeichen, mit den Strukturen brechen zu wollen. So hat Janine Wissler selbst eine Stellungnahme verfasst, in der sie zu den aufgeworfenen Fragen des SPIEGEL Stellung bezieht und klarmacht, dass sie nicht wusste, dass es sich für die Betroffene um eine Grenzüberschreitung gehandelt hat. Ob diese ausreichend ist oder nicht, sollte eine Kommission entscheiden – nicht nur bei ihr, sondern allen, die involviert waren. Besagte Kommission sollte aus FLINTA-Mitgliedern bestehen, die unabhängig vom Parteiapparat sind und die verschiedenen politischen Strömungen der Partei repräsentieren. Auch kann so verhindert werden, dass solche Fälle für politische Machtkämpfe um Posten benutzt werden können.
Aber Achtung: Das Problem bei Awarenessstrukturen und Meldestellen liegt immer darin, dass diese nur so effektiv sind wie das Bewusstsein der Leute dort selber. Denn ein Problem, warum Diskriminierungen totgeschwiegen werden und man auf soviel Widerstand bei der Aufklärung stößt, sind die unklaren Konsequenzen. Wer Angst hat, für jeden Fehler abgestraft zu werden, wird das Beste versuchen, diese Fehler unter den Teppich zu kehren, insbesondere wenn Einkommen und Karriere davon abhängig sind. Das ist an der Stelle kein Appell für einen Freifahrtschein für Täter:innen und jene, die sie schützen. Es ist ein Appell dafür, künftig mit den Konzepten von Transformative Justice zu arbeiten, wo es Sinn macht.

Der Kampf für Verbesserung ist ein gesamtgesellschaftlicher

Viele Dinge müssen geschehen. Die Diskussion in DIE LINKE und [‚solid| könnte so einen Beitrag leisten im Kampf gegen Sexismus und Gewalt in der Linken und in der Arbeiter:innenbewegung. Aber wie? Gesamtgesellschaftlich brauchen wir einen anderen Umgang mit sexualisierter Gewalt. Zuerst braucht es eine politische Kampagne, die konkrete Verbesserungen erkämpft. Forderungen, die dringend notwendig sind:

1. Flächendeckende Meldestellen für sexuelle Gewalt!

Für flächendeckende Anlaufstellen zur Meldung von sexueller Gewalt, die ebenso, wenn gewünscht, kostenlose psychologische Beratung anbieten. Dies muss damit verbunden werden, dass es breite Aufklärungskampagnen bezüglich Gewalt an Frauen an Schulen, Universitäten und in Betrieben gibt.

2. Finanzielle Unterstützung für Betroffene!

Im Falle eines konkreten gerichtlichen Prozesses braucht es besondere Unterstützung für die Betroffenen. Dabei reden wir nicht nur von psychologischer, sondern kostenloser Rechtsberatung und Übernahme der Prozesskosten, unabhängig von dessen Ausgang. Darüber hinaus bedarf es längerfristige Hilfeangebote für Betroffene von sexueller Gewalt, finanziert durch den Staat. Solche Verfahren sind keine Kleinigkeit. Deswegen bedarf es des Rechts auf mehr bezahlte Freistellung, zusätzliche Urlaubstage sowie eine Mindestsicherung, angepasst an die Inflation! Dies ist notwendig, um die ökonomische Grundsicherung für Betroffene zu gewährleisten, ihnen überhaupt die Möglichkeit zu geben, sich so einem aufreibenden Prozess zu stellen.

3. Öffentliche Untersuchungen und Verfahren unter Kontrolle der Betroffenen und der Arbeiter:innenbewegung!

Die ersten beiden Forderungen wären im Hier und Jetzt einfach umzusetzen. Die dritte ist nicht so einfach, aber die substantiellste. Solange der bürgerliche Polizei- und Justizapparat die Untersuchungen und Rechtsprechung beherrscht, werden Verbesserungen immer wieder an diesen Strukturen scheitern oder bestenfalls auf halbem Wege steckenbleiben. Es braucht daher vom Staatsapparat unabhängige Untersuchungskommissionen sowie von den Betroffenen gewählte Richter:innen. Diese sollten mehrheitlich aus Frauen und geschlechtlich Unterdrückten zusammengesetzt sein.

Ebenso sollten sie für den Umgang mit Betroffenen von Gewalt sensibilisiert und geschult worden sein. So kann man gewährleisten, dass Entscheidungen hinterfragt werden und nicht abhängig von der männlichen Sozialisierung der Richtenden und Untersuchenden sind. Im Zuge dessen könnte auch das Sexualstrafrecht überarbeitet werden und festhalten, dass das Konsensprinzip „Nur Ja heißt Ja“ eine sinnvolle Grundlage wäre. Warum? Dies liegt dem Ansatz zu Grunde, dass Polizei und Staat zum einen kein materielles Interesse an der Verfolgung solcher Vorwürfe hegen. Zum anderen sind diese Formen wesentlich fortschrittlicher, als wenn jede/r für sich alleine bestimmt, was richtig ist und nicht. Ausführlicher leiten wir das in diesem Artikel her: https://arbeiterinnenmacht.de/2022/03/17/kampf-gegen-sexuelle-gewalt-abseits-des-staates-gegen-oder-mit-ihm/

Und in linken Strukturen?

Der Kampf für so eine Kampagne ist essentiell. Denn linke Strukturen sind aus sich heraus nicht nur meist zu schwach, dauerhafte und professionelle Hilfe für Betroffene zu gewährleisten – was es diesen wiederum erschwert, wieder in politischen Zusammenhängen aktiv zu werden. Sie können und sollen auch keinen Ersatz die Herstellung allgemeiner gesellschaftlicher Rechte im Kampf gegen Unterdrückung bilden. Doch das heißt nicht, dass man bis dahin nichts tun kann. Präventionsarbeit durch beispielsweise regelmäßige Debatten über sexuellen Konsens sind ein Beispiel – unabhängig davon, ob es Übergriffe gegeben hat oder nicht. Dabei braucht es das Verständnis, insbesondere für männlich Sozialisierte, dass ein Ausbleiben eines Ja keine Zustimmung ist. Nur Ja heißt Ja und aktives Nachfragen ist nicht nur nett, sondern notwendig. Zudem braucht es eine Sensibilisierung für den Umgang mit Machtverhältnissen wie Alter, Herkunft oder auch Stellung in der eigenen Gruppe. Für weiblich sozialisierte Menschen macht es Sinn, sich dessen bewusst(er) zu werden und zu lernen, wie die eigenen Bedürfnisse artikuliert werden können. Darüber hinaus braucht es eigene Treffen – Caucusse – für gesellschaftlich diskriminierte Gruppen, die sich über Missstände innerhalb von linken Strukturen austauschen und Veränderungen einfordern.

DIE LINKE hat sicher Mist gebaut. Aber sie hat die Chance, ja die Pflicht, ihre Politik zu ändern. Sie verfügt über die Ressourcen, eine Kampagne zu starten, wie sie hier umrissen ist. Das würde nicht nur den Betroffenen am ehesten gerecht werden. Es kann auch dafür sorgen, dass DIE LINKE mal wieder irgendeinen ernstzunehmenden Kampf führt, was zur Zeit sicher keine/r behaupten kann.




Die Wohnungsfrage in Zeiten von Krieg und Rassismus

Aus: „Was hat der Krieg eigentlich mit mir zu tun?“

Gastbeitrag von Resa Ludvin

Du wohnst in Berlin, München oder Köln und hast massive Probleme, eine bezahlbare Bleibe zu finden? Da bist du nicht die*der Einzige und das ist nichts Neues. Der angespannte Wohnungsmarkt trifft in besonderen Maße Menschen mit geringem Einkommen, tatsächlichem oder vermeintlichen Migrationshintergrund (ja, Name und Hautfarbe bestimmen wesentlich über Zu- und Absage) und Alter. In all diesen Gruppen werden Flinta (das steht für Frauen*Lesben*Inter*Non-Binary*Trans*Agender) nochmal extra benachteiligt.

Jetzt ist Krieg und Tausende flüchten täglich aus der Ukraine nach Polen, Rumänien oder Deutschland. Sie alle brauchen ein Dach über dem Kopf. Sie brauchen eine menschenwürdige Unterbringung – sprich nicht nur ein Feldbett in einer Turnhalle oder Sammelunterkunft, sondern einen sicheren, bedarfsorientierten Rückzugsort, Internet, eine Ansprechperson für medizinische, aufenthaltsrechtliche Fragen und und und. Und je nachdem wie lange der Krieg geht, braucht es nicht nur kurzfristige Lösungen. Private Unterbringung, die es derzeit überall gibt, ist zwar eine ehrenwerte Geste der Solidarität, bedeutet aber auch Verantwortung. Nicht allen scheint klar, dass es keine „Wochenendgäste“ sind. Zumindest mehrere Wochen muss man damit planen, das jetzt zur Verfügung gestellte Bett oder Zimmer zu vergeben. Die Alternative für die Menschen heißt sonst Geflüchtetenunterkunft oder Schlimmeres. Je länger der Krieg dauert und je mehr Menschen aufgenommen werden, desto schlechter wird auch die Unterbringung sein. Bereits jetzt machen sich das die „Spanner“ und Menschenhändler_Innen zu Nutze, die an den großen Umsteigebahnhöfen warten und angeblich Wohnraum anbieten. Verzweifelte Frauen und Mütter gehen ihnen aufgrund nicht vorhandener Alternativen auf den Leim. Ihnen droht Gewalt und Ausbeutung. Wieder einmal zeigt sich hier die besondere Verbindung von Geschlecht und Krieg. Schon nach kurzer Zeit sind viele Wohngebiete unbewohnbar geworden, Familienangehörige gefallen. Ein längerer Aufenthalt der Menschen, ob gewollt oder ungewollt, wird daher immer wahrscheinlicher. Dafür braucht es Wohnraum. Nur ist der, gerade in Großstädten, angeblich knapp. Bezahlbar ist er auch nicht.

Teile und Herrsche

Rassismus auf dem Wohnungsmarkt ist allgegenwärtig. Der Nährboden ist auch ohne Krieg da, weil hier unterschiedliche diskriminierte Gruppen gegeneinander ausgespielt werden. Rassismus trifft Klassismus, am Ende freuen sich die profitorientierten Vermieter_Innen. Und Geflüchtete befinden sich sehr weit unten in der Nahrungskette. Nun besteht die Gefahr, dass selbst diese noch in „die Guten“ und „die Schlechten“ auseinanderdividiert werden. Weiße, europäische Geflüchtete stünden in dieser Hierarchie vor jenen, die auch aus der Ukraine geflüchtet sind, aber beispielsweise aus Afrika stammen und sich zum Studieren im Land aufhielten. Dann folgen erst die Geflüchteten aus anderen Ländern, die bereits hier in Unterkünften leben. In Berlin geht unter Helfer_Innenstrukturen das Gerücht herum, dass diese zu Gunsten der ukrainischen Geflüchteten die Unterkünfte verlassen müssten. Wenn das stimmt, hieße das für die Betroffenen eine dramatische Verschlechterung bis hin zur Obdachlosigkeit. Flucht ist allgegenwärtig. Während es in Europa eine Solidarität mit der Ukraine gibt- weiß und nah dran- gibt es überall auf der Welt andere Konflikte und unhaltbare Lebenssituationen, die Menschen zum Flüchten zwingen. Dabei geht das Sterben im Mittelmeer weiter. Diese Menschen stehen ganz unten.

Immer da, wo es von dem einen zu viel und von dem anderen zu wenig gibt, entstehen Konflikte. In diesem Fall Menschen, die Wohnraum suchen. Diese Menschen gegeneinander auszuspielen, beschleunigt die kapitalistische Wirtschaft und unterdrückt die Vereinigung dagegen. Die Ausgrenzungsmechanismen heißen Rassismus, Sexismus und Klassismus. Eine neue rassistische Welle, die sich gegen russischsprachige Menschen richtet, hat bereits begonnen. Menschen werden auf der Straße oder am Arbeitsplatz angefeindet. In Berlin gab es sogar einen Brandanschlag auf eine russisch-deutsche Schule. Je länger der Krieg dauert und je mehr Geflüchtete kommen, desto mehr wird sich dies ausbreiten. Erst wird es sich gegenüber Geflüchteten aus anderen Regionen der Welt richten, die dann unerwünscht sind. Letzten Endes besteht aber auch die Gefahr, dass er sich gegen Ukrainer*innen richten wird. Gegen „zu viele“ die kämen. Gegen andere politische, kulturelle oder religiöse Vorstellungen. Gegen Männer, die angeblich kämpfen müssten. Gerade das ist ein beliebtes Narrativ von Rechten und Reaktionären, die im gleichen Atemzug stolz auf militärische Wehrfähigkeit und Standhaftigkeit sowie auf ihre Vorväter (höchstwahrscheinlich dann auch Nazis) sind, die das zerstörte Land „alleine aufgebaut hätten“.

Die Krisen verstärken sich

Zurück zu Rassismus auf dem Wohnungsmarkt und die Auswirkungen des Krieges: In einer Stadt wie Berlin gibt es viel Leerstand, da mit Wohnraum spekuliert oder er zweckentfremdet wird. Der Kampf um ihn hat bereits begonnen. Der Marktmechanismus von Angebot und Nachfrage wird zum angeblich „unausweichlichen“ Vorwand, um den Preis in die Höhe und den Rassismus weiter voranzutreiben. Auch jetzt gibt es Hausverwaltungen, die offen sagen „Hier nicht mit Kopftuch“ oder „schwarze Menschen wollen wir hier nicht“. Obwohl das verboten ist, helfen hier weder Anzeigen noch Gerichte. Menschen werden aus ihnen Wohnungen parallel dazu herausgeklagt, zwangsgeräumt. Das trifft nicht nur linke Hausprojekte, sondern auch viele Menschen, deren Häuser verkauft oder saniert wurden. Wiederum sorgt das dafür, dass es Menschen mit geringerem Einkommen noch schwieriger haben, etwas Neues in der Stadt zu finden. Sie werden an den Stadtrand oder darüber hinaus verdrängt. Zur Unterbringung der Menschen aus der Ukraine werden gerade vom Staat sowie der Privatwirtschaft ungewöhnliche Objekte wie Hotels in der Stadt aktiviert. Die vertriebenen Mieter_Innen fragen sich dann zu Recht: „Und warum habt ihr einen Scheiß für mich getan?“. Der Mechanismus des Rassismus‘ greift. Die gebeutelte Arbeiter_Innenklasse wird dann von „bürgerlichen Helfer_Innen“ als zu wenig solidarisch und allgemein als rassistisch dargestellt. Ein gefundenes Fressen für rechte Strukturen. Vergessen wird dabei, dass die deutsche Arbeiter_Innenklasse keine rein weiße Gruppe ist. In Berlin sind die Kiezkämpfe um Wohnraum geprägt von der migrantischen Linken, die Hand in Hand über rassistische Deutungsmuster hinausgehen. Wo Rassismus ist, muss man ihn benennen und bekämpfen. Wir als Revolutionär*innen greifen hier im Besonderen die materielle Grundlage an und versuchen die Kämpfe der Menschen zu verbinden.

Die Besetzung in der Habersaathstraße in Berlin Ende 2021 hat gezeigt, nur wer kämpft kann auch siegen, anstatt sich jetzt Seit‘ an Seit‘ mit der Regierung zu stellen. Die im Bund rüstet auf und liefert Waffen, die lokale Regierung -zumindest in Berlin- hat es die ersten zwei Wochen nicht mal geschafft, Essen für die Ankömmlinge am Hauptbahnhof zu organisieren. In dem Haus in Berlin Mitte konnten nun ehemalige Obdachlose einziehen. Das ist der Spirit der Stunde. Es braucht nicht nur langfristig mehr Wohnungsbau, sondern auch kurzfristig Enteignung und Besetzung, um die vielen Menschen ohne Bleibe in der Stadt unterzubringen- unabhängig vom Aufenthaltstitel, Hautfarbe, Name, Religion oder Geldbeutel. Wohnen ist ein Grundrecht! Das geht nur wenn wir unsere Kämpfe und Kräfte verbinden. Daher fordern wir:

  • Eine Einheitsfront der Linken gegen Krieg und Rassismus!
  • Enteignung und Nutzbarmachung sämtlichen leerstehenden Wohnraums!
  • Entschädigungslose Enteignung der Wohnungskonzerne!
  • Staatlich geregelte Wohnungsvergabe statt spekulierender Privatwirtschaft!
  • Bezahlbaren Wohnraum für alle!
  • Gegen Rassismus, immer und überall!
  • Lasst uns unsere Kämpfe verbinden und gemeinsam die soziale Frage angehen!



Hexenjagd: Silvia Federici auf der Suche nach Antworten

Jaqueline Katharina Singh (REVOLUTION/Gruppe Arbeiter:innenmacht, Deutschland)

Federicis Buch „Caliban und die Hexe“ ist nicht nur in sieben Sprachen übersetzt worden. Ihre Analyse der Hexenverfolgung und ihrer Bedeutung zum Verständnis von Frauenunterdrückung und Kapitalismus wurden vom linken Feminismus diskutiert und aufgegriffen. Viele Autor:innen stützen sich mittlerweile auf die darin entwickelten Ideen, machen sie zur Grundlage eigener Theorien und Konzepte.

Silvia Federici selber ist ehemalige Hochschullehrerin, politische Philosophin und Aktivistin. Zusammen mit Mariarosa Dalla Costa, Selma James und anderen gründete sie 1972 das International Feminist Collective, welches die internationale „Lohn für Hausarbeit“-Kampagne startete. Über Jahre veröffentlichte Federici zahlreiche Bücher und Essays zu marxistischer und feministischer Theorie, Globalisierungskritik und zum Konzept der „Commons“. Mit ihrem 2004 erschienenen Hauptwerk „Caliban und die Hexe – Frauen, der Körper und die ursprüngliche Akkumulation“ (Mandelbaum-Verlag, Wien/Berlin 2021, 9. Auflage) wollen wir uns im Folgenden beschäftigen und einige ihrer zentralen Ideen diskutieren.

Grundgedanken von „Caliban und die Hexe“

Auch für Federici selbst bilden die in „Caliban und die Hexe“ entwickelten Auffassungen die Grundlage einer politisch-strategisch Orientierung, die davon ausgeht, dass die eigentliche Quelle des Reichtums und damit seiner Vermehrung in der kapitalistischen Gesellschaft nicht oder allenfalls nur zum Teil in der Aneignung fremder Arbeit im kapitalistischen Verwertungsprozess besteht. „In diesem Sinn zeigt Caliban und die Hexe, dass der Körper für Frauen in der kapitalistischen Gesellschaft das gewesen ist, was die Fabrik für männliche Lohnarbeiter gewesen ist: der Hauptschauplatz ihrer Ausbeutung und ihres Widerstandes.“ (Caliban und die Hexe, a. a. O., S. 23.)

Die ursprüngliche Akkumulation, als deren integralen Bestandteil Federici die Hexenverfolgung und den Mord an Hunderttausenden begreift, steht daher nicht einfach am Beginn der Durchsetzung des Kapitalismus als Gesellschaftsformation. Sie betrachtet sie vielmehr als „universellen Vorgang“, der „in jeder Phase kapitalistischer Entwicklung“ (S. 24) ein ergänzendes, wenn nicht grundlegendes Moment des Gesamtprozesses bildet. Kolonialismus, Imperialismus, Globalisierung und die private Hausarbeit stellten für sie grundlegende Formen dieser Permanenz der ursprünglichen Akkumulation dar.

In ihrer Einleitung fasst Federici ihre Thesen prägnant zusammen: „Die politische Lektion, die wir Caliban und die Hexe entnehmen können, lautet in der Tat, dass der Kapitalismus als sozio-ökonomisches System zwingend auf Rassismus und Sexismus angewiesen ist. Denn der Kapitalismus muss die Widersprüche, die seinen gesellschaftlichen Verhältnissen innewohnen, rechtfertigen und mystifizieren: Seinem Freiheitsversprechen steht die Realität weitverbreiteten Zwangs, seinem Wohlstandsversprechen die ebenso weitverbreiteten Elends gegenüber.“ (S. 25) Zentral ist dabei ihre These, dass die Hexenverbrennung eine maßgebliche Rolle bei der ursprünglichen Akkumulation gespielt hat. Dabei greift sie Marx’ Begriff auf, übt jedoch zugleich Kritik und leistet eine eigene (Fehl-)Interpretation. Für Federici war die Hexenverfolgung ebenso konstitutiv für die Entstehung des Kapitalismus wie die „Entdeckung“ der Kolonien und Sklaverei sowie Einhegung und Vertreiben der Bauern/Bäuerinnen von ihrem Land. Dies konnte ihrer Auffassung zufolge von Marx nicht gesehen werden, da dieser „die ursprüngliche Akkumulation vom Standpunkt des entlohnten männlichen Proletariats und der Entwicklung der Warenproduktion“ (S. 17) untersucht habe. Federici fokussiert hingegen auf die Stellung der Frau und ihre Veränderung, die die ursprüngliche Akkumulation bei der Produktion der Ware Arbeitskraft bewirkte. Daraus resultiert für sie unter anderem auch eine andere Bewertung der weltgeschichtlichen Rolle des Kapitalismus. Sie lehnt den Grundgedanken des Marxismus, dass die Durchsetzung dieser Produktionsweise erst die Bedingungen für eine sozialistische Gesellschaft (gesellschaftliche Produktion, Herausbildung des Proletariats als universeller Klasse) schafft und insofern eine notwendige Voraussetzung für diese darstellt, kategorisch ab (S. 18). Für Federici wäre im Grund auch aus der Krise des Feudalismus ein Übergang zu einer gemeinwirtschaftlichen, nicht-unterdrückerischen Wirtschaftsweise und Gesellschaftsformation möglich gewesen.

Ein anderer wichtiger Punkt ist die Auseinandersetzung mit Körpern. Ihr Ziel ist es, mithilfe der Analyse des Übergangs zum Kapitalismus und der ursprünglichen Akkumulation über die bisher existierenden Analysen der „Körperpolitik“ seitens Foucaults und diverser Feminist:innen hinauszugehen. „Caliban und die Hexe“ soll zeigen, dass der Körper für Frauen in der kapitalistischen Gesellschaft das gewesen ist, was für Männer die Fabrik gewesen ist: Hauptschauplatz der Ausbeutung und des Widerstandes. Diese These ist darin begründet, dass der weibliche Körper von Staat und Männern angeeignet wurde, als Mittel zur Akkumulation und Reproduktion von Arbeit (S. 23).

Wie wir sehen werden, zieht diese eine Reihe theoretischer wie politischer Konsequenzen nach sich, was das Verständnis der kapitalistischen Produktionsweise, ihrer Rolle in der Geschichte, des revolutionären Subjekts und der Alternative zum Kapitalismus betrifft. Für Federici stellt nicht die Enteignung des Kapitals und die bewusste Vergesellschaftung von Produktions- und Reproduktionsarbeit im Rahmen einer globalen, demokratischen Planwirtschaft die notwendige Form der Überwindung des Kapitalismus dar, sondern eine Rückkehr zu, wenn auch an moderne Produktivkräfte angepassten, gemeinwirtschaftlichen Formen der Commons (oder der Allmende). Diese Schlussfolgerungen werden in „Caliban und die Hexe“ nur knapp angedeutet und in anderen Schriften und Interviews umfänglich dargestellt. Auch diese einer ausführlichen Kritik zu unterziehen, würde jedoch den Rahmen des Artikels sprengen. Es sei einer zukünftigen Arbeit vorbehalten. „Caliban und die Hexe“ bildet aber so etwas wie einen theoretischen Unterbau für diese universellen politischen Schlussfolgerungen. Daher konzentrieren wir uns auf eine Kritik ihres Buches.

Die ursprüngliche Akkumulation bei Marx

Bevor wir Federicis Argumente genauer betrachten und verstehen können, lohnt es sich, mit Marx’ Verständnis der ursprünglichen Akkumulation anzufangen. Im Kapitel 24 des ersten Bandes von „Das Kapital“ (Die sogenannte ursprüngliche Akkumulation) geht Marx darauf näher ein. Unter diesem Begriff versteht er die historischen Prozesse, die der Durchsetzung der kapitalistischen Produktionsweise vorausgehen, zur Herausbildung einer Klasse von Kapitaleigentümer:innen, die die wesentlichen Produktionsmittel monopolisieren, und einer Klasse doppelt freier Landarbeiter:innen führen. Der Kapitalismus ist nun mal nicht vom Himmel gefallen: „In einer längst verfloßnen Zeit gab es“, so Marx sarkastisch, „auf der einen Seite eine fleißige, intelligente und vor allem sparsame Elite und auf der anderen faulenzende, ihr alles und mehr verjubelnde Lumpen [ … ] So kam es, daß die ersten Reichtum akkumulierten und die letztren schließlich nichts zu verkaufen hatten als ihre eigne Haut“ (MEW 23, Berlin/Ost 1971, S. 741). Die Entstehungs- und Durchsetzungsgeschichte des Kapitalismus als vorherrschender Produktionsweise ist vielmehr ein längerer Prozess vom 14. bis ins 19. Jahrhundert, bei dem in unterschiedlichen Regionen aufgrund ihrer jeweiligen Gegebenheiten auch unterschiedliche Produktionsweisen herrschten und teilweise gleichzeitig existierten. Schließlich geht es im Kapitalismus darum, Kapital durch Kombination mit Lohnarbeit zu vermehren. Der dabei gewonnene Mehrwert wird dem Gesamtkapital hinzufügt, damit es sich weiter vermehrt, auf einer nach oben offenen Akkumulationsskala. Damit nun aber ein solches selbsttragendes Kapitalwachstum beginnen kann, muss zunächst einmal einsatzfähiges Kapital vorhanden sein, das selber nicht durch seinen Einsatz im indistriellen Produktionsprozess entstanden sein kann. Und es muss eine Klasse von Lohnarbeiter:innen vorhanden sein, die keine Alternative hat zum Verkauf ihrer Arbeitskraft, um ihre Existenz zu fristen. Marx untersucht diesen Prozess in erster Linie für England, da sich dort die kapitalistische Produktionsweise zuerst und am durchgängigsten entfaltet hat. Die ursprüngliche Akkumulation umfasst v. a. die Momente, „worin große Menschenmassen plötzlich und gewaltsam von ihren Subsistenzmitteln losgerissen und als vogelfreie Proletarier auf den Arbeitsmarkt geschleuderte werden (a. a. O., S. 744). Dazu gehören:

a) Die gewaltsame Aneignung des Grund und Bodens

Um überhaupt ausreichend Arbeitskräfte für das Kapital zu haben, musste die Bauern-/Bäuerinnenschaft von ihrem Grund und Boden gewaltsam vertrieben werden, was nicht nur die Vertreibung der selbstständigen Produzent:innen bedeutete, sondern auch die Enteignung des Gemeindelandes, der Allmende, um so der Bevölkerung jede Grundlage für Subsistenzwirtschaft zu entziehen.

b) Blutgesetzgebung und Absenkung des Arbeitslohns

Durch die Auflösung der feudalen Gefolgschaften und durch stoßweise, gewaltsame Expropriation von Grund und Boden entstanden massenhaft Bettler:innen, Räuber:innen, Vagabund:innen, zum Teil aus Neigung, in den meisten Fällen durch den Zwang der Umstände, da diese nicht von den aufkommenden Manufakturen absorbiert werden konnten. Um dem entgegenzuwirken, wurde Ende des 15. und während des ganzen 16. Jahrhunderts in Westeuropa die Blutgesetzgebung erlassen. Die Strafen reichten von Auspeitschung, Brandmarkung bis zur Hinrichtung, die erfolgen konnte, wenn jemand ein drittes Mal beim Vagabundieren gefasst wurde. Allein unter Heinrich VIII. sollen 72.000 Vagabund:innen hingerichtet worden sein. Der entscheidende Punkt dieser Maßnahmen bestand darin, sämtliche Formen alternativer Einkommen zu kriminalisieren und damit die Besitzlosen faktisch zur Lohnarbeit zu zwingen, oft sogar in Form direkter Zwangsarbeit (Arbeitshäuser) und zu extrem geringen Löhnen, was umgekehrt die Profite der entstehenden Manufakturbesitzer:innen massiv steigerte.

c) Die Herausbildung der Kapitalist:innenklasse und kapitalistischen Pächter:innen

Die Enteignung des Landes und die Durchsetzung des Zwangs zur Lohnarbeit bildet die Grundlage für die Entstehung des/r industriellen Kapitalist:in und des/r kapitalistischen Pächter:in (Agrarkapitalist:innen). Das Handelskapital hatte sich historisch früher entwickelt. Damit die kapitalistische Produktionsweise jedoch zur vorherrschenden werden konnte, musste es die Schranken feudaler Bindung an Grund und Boden sowie Zunftwesen plus das Eigentum kleiner Landbesitzer:innen zerstören. Der Kolonialismus, die Plünderung der Amerikas, Sklav:innenhandel, Ausweitung der Staatsschuld sowie die Entstehung eines internationalen Kreditsystems schafften dabei mächtige Hebel zur Akkumulation des industriellen Kapitals, weil so viel gewaltigere Kapitalmassen (und damit Produktionsmittel und Arbeitskraft) mobilisiert werden konnten, als dies ohne diese Katalysatoren möglich gewesen wäre.

d) Kommodifizierung und Herstellung des innern Markts für das industrielle Kapital

Schon die Krise des Feudalismus und erst recht die Vertreibung der Landbevölkerung führen zu einer zunehmenden Kommodifizierung der Reproduktion. Ein wichtiges Beispiel stellt dabei der Übergang von der Natural- zur Geldrente im Feudalsystem dar. Noch viel umfassender ist dieser Prozess natürlich bei der Expropriation der kleinen Bauern/Bäuerinnen. Sie müssen nun ihre Lebensmittel und ihren Wohnraum als Waren kaufen. Das zwingt sie nicht nur zur Lohnarbeit, sondern es erzeugt zugleich auch den inneren Markt für das Kapital, indem ganze Produktionszweige (Produktion von Konsumgütern, Einzelhandel) ausgedehnt werden.

Aus all dem ergibt sich die historische Bedeutung der ursprünglichen Akkumulation als Geburtshelferin des Kapitalismus. Die Gewalttätigkeit und Brutalität des Prozesses beruht gerade darauf, dass die Produktionsweise sich erst als vorherrschendes gesellschaftliches Verhältnis durchsetzt. Sie ist wesentlich eine Durchsetzungsgeschichte des Wertgesetzes. Hat sie sich einmal als solche etabliert, finden zwar im Weltmaßstab weiter ähnliche Prozesse statt – doch vor einem grundlegend anderen Hintergrund, nämlich einer längst etablierten Herrschaft des großen Kapitals. Die Gewalt, mit der die Besitzlosen noch zur Lohnarbeit gezwungen werden mussten, ist weitgehend der stummen Macht der Verhältnisse gewichen.

Die Unterschiede zwischen Marx und Federici

Da wir nun ein grobes Verständnis der ursprünglichen Akkumulation bei Marx erlangt haben, können wir nun auf Federicis Thesen eingehen. Wichtig zu verstehen ist, dass ihre Interpretation der Geschichte keine reine, positive Ergänzung der ursprünglichen Akkumulation darstellt. Vielmehr widerspricht sie in fundamentalen Punkten Marx’ Ansichten, die sich vor allem in ihren Vorschlägen im Kampf gegen den Kapitalismus zeigen – und somit auch gegen die Frauenunterdrückung. Dazu aber später mehr.

Sie hat zwar Recht, dass im 24. Kapitel des ersten Bandes bezüglich der ursprünglichen Akkumulation selten explizit auf die Rolle der Frau eingegangen wird. Schon für den gesamten Band von „Das Kapital“ trifft das nicht wirklich zu. Marx und Engels entwickeln zwar nirgendwo eine ausführliche werttheoretische Untersuchung der Reproduktionsarbeit im Kapitalismus. Aber schon die Darlegungen im 24. Kapitel machen deutlich, dass sich die Arbeitsteilung und die Stellung der Frauen grundlegend ändern, weil die Arbeiter:innenfamilie auf die Lohnarbeit angewiesen ist, um überhaupt existieren zu können. Dass die Reproduktion im Haushalt zu einem untergeordneten Moment wird, das von der kapitalistischen Akkumulation und Mehrwertproduktion bestimmt wird, hat nichts mit „Wertschätzung“ zu tun, sondern entspricht einem Ausbeutungssystem, da auf der Aneignung von Mehrarbeit durch das Kapital beruht.

Gleichzeitig offenbart Federici mit ihrem bereits oben zitierten Standpunkt, dass „die ursprüngliche Akkumulation vom Standpunkt des männlichen Proletariats und der Entwicklung der Warenproduktion“ aus betrachtet wird, ihr eigenes Fehlverständnis von Marx. Wie deutlich geworden ist, führt die ursprüngliche Akkumulation die Entstehung einer Produktionsweise mit sich und wird aus Veränderungen der gesellschaftlichen Strukturen hergeleitet, nicht aus den Standpunkten oder Sichtweisen der männlichen oder weiblichen Arbeiter:innen. Dies ist jedoch nicht der wichtigste Punkt.

Zentraler ist vielmehr, dass die ursprüngliche Akkumulation und damit auch die Entstehung des Kapitalismus selbst für Federici nicht aus der Krise der Feudalgesellschaft und der Entstehung einer neuen Produktionsweise verstanden werden, sondern vor allem als Antwort auf die sich erhebenden Bauern und Bäuerinnen, die für ihre Befreiung kämpften.

a) Der Kapitalismus stellt gegenüber vorherigen Produktionsweisen keinen Fortschritt dar

Federici vertritt letztlich einen anderen Kapitalismusbegriff als Marx. Für letzteren steht die Vermehrung von Kapital durch die Aneignung von Mehrwert im Zentrum. Dieser kann nur im industriellen Produktionsprozess geschaffen werden (Aneignung durch Plünderung ist ein untergeordneter Prozess). Für Federici hingegen sind die Formen des Kapitals relativ, daher kann die neue Produktionsweise bei ihr schon mit der Dominanz des Handelskapitals die Oberhand gewinnen. Die Schaffung einer universellen Produktionsweise, die die Kleinteiligkeit vorhergehender Formationen überwindet und den Weltmarkt überhaupt erst schafft, stellt für Marx und Engels einen historischen Fortschritt dar – trotz des von ihnen geschilderten, notwendigerweise extrem brutalen und gewalttätigen Prozesses der Herausbildung der Arbeiter:innenklasse und der kolonialen Ausbeutung.

Der Kern des geschichtlichen Fortschritts besteht für Marx nämlich nicht in der Schaffung einer kapitalistischen Ökonomie und der bürgerlichen Gesellschaft als solcher, sondern darin, dass dies eine notwendige Voraussetzung für eine zukünftige universelle Entwicklung der Menschen bildet. Die Frage der Expansion des Kapitalverhältnisses und des Weltmarkts inkludiert daher auch in einem anderen Sinn ein grundlegend historisches Moment. Sobald es sich gemäß seiner eigenen technischen Grundlage – der großen Industrie – durchgesetzt hat und der Weltmarkt etabliert ist, hört die Bourgeoisie auf, eine fortschrittliche Klasse zu sein. Die Welt ist unter die großen Kapitale und Mächte aufgeteilt, die ihrerseits auch den Eintritt und die Form der Weltmarktintegration der sog. Dritten Welt bestimmen.

Federici hingegen widerspricht dem klar und stellt die These auf, dass die Entwicklung des Kapitalismus verhindert hätte werden können. Die bürgerliche Revolution war kein, wenn auch widersprüchlicher geschichtlicher Fortschritt, sondern wesentlich eine Konterrevolution. So schreibt sie „Der Kapitalismus war eine Konterrevolution, die die aus dem antifeudalen Kampf hervorgegangenen Möglichkeiten zerstörte: Möglichkeiten, die uns, wenn sie verwirklicht worden wären, jene ungeheure Vernichtung menschlichen Lebens und der natürlichen Umwelt erspart hätten, die den Vormarsch kapitalistischer Verhältnisse auf der ganzen Welt gekennzeichnet hat. Das muss auf jeden Fall betont werden, denn der Glaube, der Kapitalismus habe sich aus dem Feudalismus ‚entwickelt’ und stelle eine höhere Form gesellschaftlichen Lebens da, hält sich noch immer.“ (S. 30)

Dies geht mit einer starken Romantisierung des Mittelalters einher. „Die ‚Allmende’ stellt sich als Vorschein einer Welt dar, in der Güter geteilt werden und gesellschaftliche Beziehungen von der Solidarität zehren, nicht von dem Wunsch nach selbstsüchtiger Erweiterung.“ (S. 33) Zwar gibt sie im Nachsatz zu: „Die Gemeinschaft der mittelalterlichen Leibeigenen 4 hinter diese Ziele zurück und sollte nicht als Beispiel des Kommunalismus idealisiert werden.“ (ebda.) Allerdings fehlt die entscheidende Kritik daran. Die Subsistenzwirtschaft mag zwar auf den ersten Blick – insbesondere verglichen mit der kapitalistischen Produktionsweise – etwas Friedliches, gar Fortschrittliches repräsentieren. Global betrachtet ist dies allerdings nicht der Fall. Zum einen bindet die Subsistenzwirtschaft enorm viel Zeit, die – je nach Gesellschaftsformation – anderweitig genutzt werden könnte. Ist man jedoch tagein, tagaus damit beschäftigt, sich bzw. die eigene Kommune selber zu versorgen, wird ein Hauptteil der Arbeitszeit darauf verwendet.

Des Weiteren bietet sie keine Möglichkeit, auf Schwankungen im Bedarf schnell zu reagieren. Der Kapitalismus hingegen war die erste Produktionsweise, in der die technische Basis der Produktion ständig umgewälzt wird. Er geht mit einer welthistorischen Steigerung der Produktivkräfte einher, auf deren Grundlage erstmals die Möglichkeit für die volle Entfaltung aller Individuen materiell überhaupt möglich wird.

Solange jedoch nicht so viel produziert werden kann, dass nicht nur für alle genug vorhanden ist, sondern auch noch ein Überschuss von Produkten zur Vermehrung des gesellschaftlichen Investitionsfonds und zur weiteren Ausbildung der Produktivkräfte bleibt, muss es immer eine herrschende, über die Produktivkräfte der Gesellschaft verfügende und eine arme, unterdrückte Klasse geben.

Kurzum: Die Entwicklung hin zum Kapitalismus war mit unfassbar viel Gewalt verbunden, die bis heute anhält. Wenn wir jedoch davon sprechen, welche Gesellschaftsformation, international betrachtet, eine Versorgung der gesamten Bevölkerung ermöglicht, so schafft er die Basis dafür – ist jedoch unfähig, diese umzusetzen. Große Monopole produzieren im Überfluss auf anarchische Weise vorbei an den Bedürfnissen der Menschheit, ohne Rücksicht auf die Umwelt – allerdings nur, solange sie im Interesse der Kapitalist:innen produzieren. Unter zuerst Kontrolle und dann Enteignung durch die Arbeiter:innenklasse, frei von der Konkurrenz der Profite, sind diese Monopole zentralisierte Produktionsinstrumente, die dazu eingesetzt werden können, zeitsparend und effektiv Massen an Menschen zu versorgen. Sie legen somit auch die Grundlage dafür, dass die Arbeitszeit, die notwendig bleibt, um das eigene Leben zu erhalten, gesamtgesellschaftlich gesenkt und international nach den Bedürfnissen der Menschheit produziert wird.

b) Klassenbegriff

Neben der Romantisierung des Mittelalters ist auffällig, dass Federici keinen wirklichen marxistischen Klassenbegriff vertritt. Bauern und Bäuerinnen sind für sie Proletariat, den Feudalherren unterscheidet nicht viel vom Kapitalisten. Die Kapitalist:innen stellen für sie im Grunde keine neue gesellschaftliche Klasse dar, sondern nur die Geistlichen, Adeligen und städtischen Kaufleute und Patrizier:innen, die sich neuer Techniken der Herrschaft bedienen, weil sie mit den tradierten Formen der Ausbeutung die Bauern/Bäuerinnen nicht mehr niederhalten können.

Es scheint eher so, dass es für sie in populistischer Art Einteilung in Ausbeuter:innen und Unterdrückte gibt, die überhistorisch existieren und sich auch nicht groß unterscheiden. So formen letztlich die Kapitalist:innen keine wirklich neue Klasse und die bürgerliche Revolution sowie die Veränderung der Produktionsweise bilden keinen wirklichen Fortschritt. Das ist jedoch ein fataler Fehler. Widmen wir uns zuerst der Frage, warum es wichtig ist, genauere Unterteilungen zwischen den Formen der Unterdrückung anzustellen, oder anders gesagt, Bauern/Bäuerinnen und Lohnarbeiter:innen nicht das Gleiche sind.

Kurz könnte man wie Engels in „Grundsätze des Kommunismus“ (http://www.mlwerke.de/me/me04/me04_361.htm) sagen, dass die arbeitenden Klassen auf verschiedenen Entwicklungsstufen der Gesellschaft in unterschiedlichen Verhältnissen gelebt und verschiedene Stellungen zu den besitzenden und herrschenden Klassen eingenommen haben. So gab es beispielsweise in der Antike Sklav:innen sowie deren Besitzer. Deren Verhältnis war davon gekennzeichnet, dass der/die Sklav:in das Eigentum des Besitzers ist. So elendig dieses Schicksal ist, bringt es jedoch auch einige Unterschiede zum Proletariat mit sich. Der/die Sklav:in gilt für eine Sache, nicht als Mitglied der Gesellschaft. Dadurch, dass er/sie „Sache“ des Besitzers ist, ist seine Existenz gesichert.

Der/die Proletarier:in hingegen tritt als „freies“ Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft auf und muss seine/ihre Arbeitskraft eigenständig verkaufen, wenn er/sie überleben möchte. Seine/Ihre Existenz ist also im direkten Vergleich ungesicherter. Ähnliches gilt für die Leibeigenen, die im Mittelalter arbeitende Klasse, gegenüber dem grundbesitzenden Adel. Leibeigene erhielten Inventar und ein Stück Boden gegen Abgabe eines Teils des Ertrages oder Leistung von Fronarbeit oder beides. Der/Die Proletarier:in arbeitet mit Produktionsinstrumenten eines/r anderen für dessen/deren Rechnung gegen Empfang eines Teils des Ertrages (Lohn). Der/Die Leibeigene gibt ab, dem/r Proletarier:in wird abgegeben. Erstere/r führt eine gesicherte Existenz, letztere/r nicht. Der/Die Leibeigene steht außerhalb der Konkurrenz, der/die Proletarier:in in ihr.

Zentral ist jedoch die Frage nach der Aufhebung der Konkurrenz untereinander. Sklav:innen und Leibeigene waren größtenteils frei davon. Ihr Weg, um ihrer Ausbeutung ein Ende zu bereiten, bestand darin, beispielsweise in die Städte zu fliehen und dort Handwerker:in zu werden oder statt Arbeit und Produkten Geld an den Gutsherrn zu entrichten und freie/r Pächter:in zu werden. Alternativ hätten Hörige/Leibeigene auch den Feudalherrn verjagen und selbst Eigentümer:in werden können. Auf die oder andere Weise treten sie somit in die besitzende Klasse und in die Konkurrenz ein. Das Proletariat hingegen befreit sich, indem es die Konkurrenz, das Privateigentum und alle Klassenunterschiede aufhebt. Das ist keine belanglose Kleinigkeit, sondern zeigt auf, dass die vorangegangenen arbeitenden Klassen über die Möglichkeit zum Aus- und Aufstieg verfügten – aber nicht über Interesse und materielle Grundlage, das System der Ausbeutung insgesamt abzuschaffen.

c) Der Kapitalismus wäre aufzuhalten gewesen

So legt der Kapitalismus als Gesellschaftsform ironischer Weise die Grundlage zur Befreiung der (lohn)arbeitenden Klasse und aller anderen Werktätigen selbst – etwas, das vorher nicht möglich gewesen ist. Das sind nur ein paar Gründe, warum Federicis These, dass der Kapitalismus eigentlich für eine Weiterentwicklung nicht notwendig sei, fehlerhaft ist. Deutlicher wird es aber erneut, wenn wir ihre Ansicht überprüfen, dass diese Entwicklung gar hätte verändert werden können.

Für sie war die Feudalwirtschaft zwar zum Untergang verurteilt, aber es hätte sich ebenso gut keine kapitalistische Gesellschaft aus ihr „entwickeln“ müssen. So schreibt sie: „Die Entwicklung des Kapitalismus war nicht die einzige mögliche Reaktion auf die Krise der Feudalmacht. In ganz Europa hatten riesige kommunistische Sozialbewegungen das Versprechen in einer neuen, egalitären, auf sozialer Gleichheit und Kooperation beruhen Gesellschaft geboten.“ (S. 80) Sie bezieht sich dabei unter anderem auf den deutschen Bauernkrieg.

Der Widerstand der Bauern/Bäuerinnen scheiterte ihrer Auffassung nach am Bündnis zwischen Bürger:innentum und Adel. Engels hingegen führt in seinem Werk „Der deutsche Bauernkrieg“ (MEW 7, Berlin/Ost 1964, S. 327 – 413) aus, dass dies nicht der einzige Grund war. Die lokale Zersplitterung erschwerte jede gemeinsame Übereinkunft. Auch die unterschiedliche Stärke der Ausbeutung aufgrund der unterschiedlichen Vorgehensweise der Herren verkomplizierte dauerhafte, gemeinsame Aktionen. Eine weitere Schwäche war die Entwöhnung vom Gebrauch der Waffen in vielen Gegenden. Vor allem waren, laut Engels, die Bauern/Bäuerinnen allein nicht imstande, eine Revolution zu machen, solange ihnen die organisierte Macht der Fürsten, des Adels und der Städte verbünde und geschlossen entgegenstand. Nur durch eine Allianz mit anderen Ständen konnten sie eine Siegchance bekommen. Aber wie sollten sie sich mit anderen Ständen verbinden, da sie von allen gleichmäßig ausgebeutet wurden?

Federici hingegen beschäftigt sich nicht wirklich im Detail mit dem deutschen Bauernkrieg. Vielmehr wirft sie unterschiedliche Proteste zusammen und führt Verallgemeinerungen an wie „Wann immer die Bauern rebellierten, standen ihnen die Handwerkerinnen und Tagelöhner zur Seite, und die wachsende Masse der städtischen Armen ebenso.“ (Seite 56) Es mag stimmen, dass die passiert ist – jedoch bildet es nicht die ganze Realität ab. Ebenso stimmt es, dass immer wieder fortschrittliche Fraktionen in den Bauern-/Bäuerinnenkriegen existierten, die Freiheit und gleiche Behandlung für alle Menschen forderten.

Engels bezieht sich beispielsweise positiv auf Thomas Münzer. An ihm zeigt sich aber gerade das Dilemma eines der fortschrittlichsten und hervorragenden Anführer des Aufstandes, der selbst aus dem entstehenden Bürger:innentum stammte und sich auf den radikaleren Flügel des städtischen Kleinbürger:innentums, die plebejischen Schichten und die Bauern-/Bäuerinnenschaft stützte. Wie Engels zeigt, enthielt das Programm von Münzer Elemente, die nicht nur den unmittelbaren Interessen seiner Basis entsprechen, sondern viele darüber hinausgehende radikale, egalitäre Zielsetzungen.

Sein Problem bestand jedoch gerade darin, dass er seiner Zeit voraus war, die Vision einer Gesellschaft predigte, deren materielle Bedingungen noch nicht existierten. Nach der kurzzeitigen Machtergreifung in Süddeutschland (Mühlhausen) stieß er selbst an die Grenzen der Unreife der gesellschaftlichen Verhältnisse: „Es ist das Schlimmste, was dem Führer einer extremen Partei widerfahren kann, wenn er gezwungen wird, in einer Epoche die Regierung zu übernehmen, wo die Bewegung noch nicht reif ist für die Herrschaft der Klasse, die er vertritt, und für die Durchführung der Maßregeln, die die Herrschaft dieser Klasse erfordert.“ (Engels, a. a. O., S. 400; http://www.mlwerke.de/me/me07/me07_400.htm)

Münzer musste zu unhaltbaren Kompromissen und Zugeständnissen Zuflucht nehmen. Seine Herrschaft war notwendig von kurzer Dauer, weil seine Basis selbst, wenn auch auf widersprüchliche Weise, dem Privateigentum verhaftet war und es allenfalls erste Ansätze einer proletarischen Klasse gab. Engels zeigt darüber hinaus, dass die Bauern-/Bäuerinnenschaft zwar enorme Kampfkraft und Mut entfalten kann, jedoch aufgrund ihrer widersprüchlichen gesellschaftlichen Stellung nicht nur Allianzen mit anderen Klassen braucht, sondern der politischen Führung durch eine der Hauptklassen der Gesellschaft bedarf.

Es ist daher historisch und theoretisch falsch, die Geschichte so darzustellen, dass alle Aufständischen eine einheitliche Position bezogen und die Bauern-/Bäuerinnenschaft selbst eine konsistente, revolutionäre Ideologie und Führung hervorgebracht hätte. Im Gegenteil, wie Engels und andere Marxist:innen gerade anhand einer Analyse der verschiedenen Klassen in den Bauernkriegen zeigen, war sie aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung, ihrer Klassenlage dazu nicht fähig.

Engels bekräftigt dies noch einmal im Vorwort zum Bauernkrieg, wo er erstens zeigt, dass „die“ Bauern-/Bäuerinnenschaft überhaupt keine einheitliche Klasse bildet. Ihre oberen Schichten zählt er zur ländlichen Bourgeoisie. Die ökonomische Unabhängigkeit ist für die unteren Schichten zwar schon im späten 19. Jahrhundert eine Fiktion. Umso hartnäckiger hängen sie an ihrem Kleineigentum an Produktionsmitteln. Diese Stellung macht sie zwar zu möglichen Bundesgenoss:innen der Arbeiter:innenklasse, aber zugleich auch unfähig, selbstständig eine konsequent antikapitalistische Position zu entwickeln. (Vorbemerkung [zum Zweiten Abdruck (1870) „Der deutsche Bauernkrieg“]; in: MEW 16, Berlin/Ost 1962, S. 399; http://www.mlwerke.de/me/me16/me16_393.htm)

Eine solche materialistische Charakterisierung und damit ihres Verständnisses von Arbeiter:innenklasse findet sich bei Federici nicht, ja kann sich nicht finden. Für sie gehören Bauern/Bäuerinnen, Lohnarbeiter:innen und die Masse der Frauen nämlich alle einer Klasse an.

Die Rolle der Hexenverbrennungen

Dies gilt auch für eine ihrer Hauptthesen, dass die Hexenverbrennung eine zentrale Rolle im Rahmen der ursprünglichen Akkumulation gespielt hat. Sie gilt ihr dabei als ein Mittel zur Disziplinierung des weiblichen Körpers und wäre in Europa im Interesse des Staates zu dem Zweck durchsetzt worden, um die Geburtenrate zu steigern, die Lohnkosten zu senken und die Rolle der Frau als Mutter zu verfestigen.

Historisch betrachtet ist diese Konstruktion, wie unter anderem der Historiker und Marxist Fabian Lehr in seinem YouTube-Video bezüglich Caliban und die Hexe zeigt, überaus fragwürdig. Wir wollen dabei auf einige Punkte verweisen. Er führt zuerst aus, dass es erstmal Probleme in der zeitlichen Darstellung gibt. Federici erklärt den Drang zur Steigerung der Geburtenraten damit, dass es im 16. und 17. Jahrhundert einen bedenklichen Bevölkerungsrückgang gegeben hätte. Die Hexenverfolgungen beginnen jedoch im 15. Jahrhundert und erreichen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts erhebliche Ausmaße. In dieser Zeit hat es jedoch im Großteil Europas eher das Problem eines zu großen Bevölkerungswachstums gegeben mit der Folge einer starken Zunahme an Land- und Besitzlosen.

Diese mussten umherziehen, wirkten aber im frühneuzeitlichen Europa destabilisierend. So beginnen dann ab dem späten 15. Jahrhundert massive Einschüchterungen und disziplinarische Maßnahmen, um das Problem einzudämmen. Dies führt sie zwar an, erkennt aber nicht, dass dies ihrer These widerspricht, da zu Beginn der Hexenverfolgung gar kein Interesse der europäischen Staaten an der Erhöhung der Geburtenrate bestand. Vielmehr wurde versucht, die kaum zu unterhaltenden Unterschichten in die neuen Kolonien auszulagern.

Darüber hinaus führt er an, dass die Hexenverbrennungen gar nicht flächendeckend innerhalb Europas und eher in zeitlich verschiedenen Episoden stattfanden. So sollen oftmals innerhalb einer Region nur einige Monate bis wenige Jahre große Hexenverfolgungen stattgefunden haben mit längeren Pausen, bis eine neue Prozesswelle startete. Somit waren sie nirgends eine dauerhafte, gleichmäßig intensive Erscheinung, sondern traten eher in wiederholten Schüben auf – mit einer Opferzahl von einigen Zehntausenden und nicht mit mehr, wie Federici andeutet. Größere Hexenverfolgungen gab es nur in einigen Regionen. Spielten sie eine so zentrale Rolle, müsste es also größere ökonomische, soziale sowie demographische Unterschiede zwischen Regionen mit und ohne Hexenprozesse gegeben haben. Dies spart Federici aus, obwohl es, wie Lehr festhält, die naheliegendste und empirische Prüfung auf ihre Theorie wäre. Die Hexenverbrennungen somit als zentralen, für die ursprüngliche Akkumulation absolut notwendigen Schritt zu betrachten, macht nur wenig Sinn, während die oben bereits aufgeführten Merkmale wie die Einhegung von Land flächendeckend auftraten.

Auch Federicis Konstruktion, die Hexenverfolgung vor allem als Ausdruck des Kampfes gegen die aufständische Bauern-/Bäuerinnenschaft und gegen aufbegehrende plebejische Schichten zu betrachten, ist fragwürdig. Es ist daher auch kein Zufall, dass sie Vorkommnisse herunterspielt, wo die Hexenverfolgung – durchaus ähnlich wie Judenpogrome – Ausdruck irrationaler, reaktionärer, von unteren Schichten des Klerus, des Adels oder auch des Kleinbürger:innentums geschürter öffentlicher Exzesse waren. Eine Analyse dieser irrationalistischen, reaktionären Entwicklungen fehlt bei ihr weitgehend.

Trotzdem wollen wir Federicis These bezüglich der Disziplinierung des weiblichen Körpers damit noch nicht völlig verwerfen, sondern im Folgenden näher betrachten.

Die Disziplinierung des weiblichen Körpers

Diese sei zentral für die Entwicklung der ursprünglichen Akkumulation gewesen. Wie wir bereits festgehalten haben, hat die Hexenverbrennung damit jedoch wenig zu tun. Das ist aber nicht der einzige Mechanismus, auf den Federici sich stützt. Festzuhalten ist vor allem, dass für sie der weibliche Körper selber zum Produktionsmittel wird. Damit greift sie, wie sie in ihrem Vorwort schreibt, auch die Idee von Mariarosa Dalla Costa sowie Selma James auf. „Gegen die marxistische Orthodoxie, die die ‚Unterdrückung’ der Frauen und ihre Unterordnung unter die Männer als Residuum feudaler Verhältnisse erklärte, vertraten Dalla Costa und James die Position, die Ausbeutung der Frauen habe im Prozess kapitalistischer Akkumulation insofern eine zentrale Rolle gespielt, als Frauen die Produzentinnen und Reproduzentinnen der grundlegenden kapitalistischen Ware gewesen sind: der Arbeitskraft.“ (S. 8)

Dass die spezifische Form, die die Frauenunterdrückung im Kapitalismus annimmt, bloß ein Rückstand feudaler Verhältnisse sei, ist ein theoretischer Pappkamerad, der „der marxistischen Orthodoxie“ in die Schuhe geschoben wird. Sowohl Engels’ Arbeiten (beispielsweise „Der Ursprung der Familie … “), vor allem aber die Anknüpfungspunkte, die Marx im Kapital für eine werttheoretische Analyse der Reproduktionsarbeit liefert, belegen das Gegenteil.Sie zeigen deutlich auf, dass die geschlechtliche Arbeitsteilung und der Ursprung der Frauenunterdrückung deutlich früher beginnen – mit Anfang der Entstehung der ersten Klassengesellschaften. In etlichen Teilen mag eine umfassende, zusammenhängende Darstellung ausstehen. Andererseits haben beispielsweise Autorinnen wie Lise Vogel wertvolle Arbeit zu einer solchen geliefert. Sie kommen allerdings zu grundlegend anderen Schlussfolgerungen als Federici (siehe: Aventina Holzer, Social Reproduction Theory: moderner Marxismus oder feministische Sackgasse? In: REVOLUTIONÄRER MARXISMUS 53, Berlin 2020, S. 295 – 308).

Körper als Produktionsmittel?

Wesentlich ist jedoch, dass für Federici vor allem der weibliche Körper ein Produktionsmittel geworden sei. Um dies zu zeigen, knüpft sie an verschiedenen Autor:innen an, die darauf verwiesen, dass die bürgerliche Gesellschaft eine vollkommen neue Art von Individuum hervorbringt. Max Weber zufolge bilde die Neugestaltung des Körpers den Kern der kapitalistischen Ethik, weil der Kapitalismus den Erwerb zum Selbstzweck mache, anstatt ihn als Mittel zur Bedürfnisbefriedigung zu behandeln. Daraus folgt, dass die protestantische, kapitalistische Ethik, die Entsagung des spontanen Lebensgenusses zur moralischen Handlungsmaxime werden muss.

Federici verweist hier auch zu Recht darauf, dass mit der kapitalistischen Produktionsweise die Selbstentfremdung der Lohnabhängigen auf die Spitze getrieben wird: „So wird der Arbeitsprozess zum Terrain der Selbstentfremdung. ( … ) Auch das bewirkt eine gewisse Loslösung vom eigenen Körper, der verdinglicht und auf einen Gegenstand reduziert wird, mit dem sich die Person nicht mehr unmittelbar identifiziert.“ (S. 170)

Diese Selbstentfremdung kennzeichnet den kapitalistischen Arbeits- und Verwertungsprozess und wird im Fabriksystem systematisch angewandt, wie Marx im „Kapital“ zeigt. Die Arbeitenden werden Anhängsel des Maschinensystems, dem Kapital nicht nur formell, sondern reell subsumiert.

Diese sich verändernde Produktionsweise brachte auch eine andere Organisation der Reproduktion mit sich, auf die wir weiter unten noch näher eingehen werden. Natürlich erfolgte auch dies wie die Durchsetzung des Kapitalismus selbst alles andere als gewaltfrei. So weit ist Federici sicher zuzustimmen.

Schließlich prägt der entfremdete Arbeitsprozess nicht nur den betrieblichen Alltag, sondern auch die Verhältnisse außerhalb desselben sowie die Denkweisen und Ideologien der Gesellschaftsmitglieder. Der zugerichtete, zerstückelte, auf einige Handgriffe oder Prozesse reduzierte, dem Verwertungsprozess untergeordnete erscheint als der „natürliche Mensch“. Auch die Körperideale von Frauen werden darauf reduziert. Allerdings ist der Körper im kapitalistischen Arbeits- und Verwertungsprozess selbst kein Produktionsmittel, sondern Träger des menschlichen Arbeitsvermögens. Als solcher ist er für den Produktionsprozesse unerlässlich, schafft er Mehrwert fürs Kapital.

Damit diese Prozesse verstetigt werden können, muss dieser Körper, muss das menschliche Arbeitsvermögen beständig außerhalb der Produktionssphäre reproduziert werden. Dies geschieht im proletarischen Haushalt, welche Form dieser auch immer annehmen mag (Familie, alleinstehend … ). In diesem muss darüber hinaus nicht nur die eigene Arbeitskraft, sondern auch die nächste Generation der Klasse aufgezogen und reproduziert werden.

Der Wert der Arbeitskraft umfasst daher die Reproduktionskosten der gesamten Klasse – wobei die einzelnen Kapitale diese ständig versuchen, unter ihren Wert zu drücken.

Die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung innerhalb der Arbeiter:innenklasse, die im Grunde von vorhergehenden Gesellschaften übernommen wurde, führt dazu, dass im „klassischen“ Familienmodell der Mann als Hauptverdiener, die Frau als Hausfrau gilt (auch wenn selbst dieses Modell historisch gesehen der herrschenden Klasse abgerungen werden musste).

Entscheidend für uns ist aber Folgendes. Auch in der privaten Haus- und bei der Care-Arbeit fungiert der weibliche Körper in der Regel nicht als Arbeitsmittel. Auch dort ist er vor allem Träger des Arbeitsvermögens. D. h. die arbeitende Person kocht, putzt, betreut Kinder oder Alte. Sie verändert wie jede Arbeit einen Gegenstand. Die einzige wichtige Ausnahme stellt hier die Geburt von Kindern dar. Hier ist der weibliche Körper als solcher selbst für die Reproduktion der Gattung unerlässlich.

Zweifellos bildet dieser reale Unterschied der Geschlechter eine wichtige Grundlage für die Ideologisierung, Rechtfertigung und Reproduktion einer reaktionären, geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung und ebensolcher Geschlechterrollen. Dass die Arbeit der Frau im Haushalt als gleichsam natürliche „Körpertätigkeit“ erscheint, ist jedoch selbst eine Ideologisierung, der Federici aufsitzt. Ein entscheidender Fehler ihrer gesamten Analyse besteht darin, dass sie im Grunde jegliche Tätigkeit im Haus als analoge Form zur Geburt betrachtet.

Dies geht in Caliban und die Hexe auch mit einer Romantisierung vorindustrieller, vorkapitalistischer Familienformen einher. Deutlich wird dies, wenn sie über die Allmende schreibt: „Darüber hinaus war die Arbeit auf den Höfen der Leibeigenen an der Subsistenz ausgerichtet, so dass die geschlechtliche Arbeitsteilung dort weniger ausgeprägt und weniger diskriminierend war als auf den kapitalistischen Höfen“ (S. 34), und folgt mit: „Wenn wir darüber hinaus auch zur Kenntnis nehmen, dass kollektive Beziehungen in der mittelalterlichen Gesellschaft gegenüber Familienbeziehungen vorrangig waren und dass die von den weiblichen Leibeigenen übernommenen Aufgaben (Waschen, Spinnen, Ernten, das Hüten der Tiere auf der Allmende) gemeinsam mit anderen Frauen erledigt wurden, dann erkennen wir, dass die geschlechtliche Arbeitsteilung weit davon entfernt war, die Frauen zu isolieren. Sie war ihnen vielmehr eine Quelle von Macht und Schutz. Die geschlechtliche Arbeitsteilung war Grundlage einer ausgeprägten weiblichen Gesellschaft und Solidarität, die es den Frauen erlaubte, sich gegen die Männer zu behaupten, obwohl die Kirche die Unterordnung der Frauen predigte und das Kirchenrecht es dem Mann erlaubte, seine Frau zu schlagen.“ (S. 35)

Das Problem besteht in der Bewertung der geschlechtlichen Arbeitsteilung. Es wird ein einfacher Gegensatz konstruiert, der isoliert betrachtet sinnvoll erscheinen mag, aber weder mit den historischen Tatsachen übereinstimmt noch etwas über den Gesamtverlauf der Geschichte aussagt. Gleichzeitig wird die geschlechtliche Arbeitsteilung in ihrer Bedeutung für die weibliche Unterdrückung eigentlich relativiert. Der Ausschluss der Frauen aus Teilen der Produktion ist in keiner Epoche der Menschheitsgeschichte als etwas Positives zu bewerten, als „Quelle von Macht und Schutz“. Denn es ist eben jene Arbeitsteilung, die Frauen an der Selbstständigkeit hindert.

Sie prägt viel mehr den Kern der Frauenunterdrückung als die bloße Fähigkeit, Kinder zu gebären. Vielmehr scheint es in ihrer Erzählung so, dass die geschlechtliche Arbeitsteilung erst im Rahmen der ursprünglichen Akkumulation zum wirklich großen Problem für Frauen wurde und vorher eigentlich eine recht positive Lage existierte, da es keine klare Trennung zwischen Produktion und Reproduktion gab.

Mit Beginn des Kapitalismus und der Entstehung des Proletariats hörte der Haushalt auf, die grundlegende Produktionseinheit zu sein. Statt in der Familie selber zu produzieren, musste die eigene Arbeitskraft an Kapitalist:Innen für einen bestimmten Zeitraum vermietet werden. Die Einbeziehung der Frauen in die Lohnarbeit stellt zwar einen wichtigen Fortschritt dar, aber einen, der im Rahmen des Kapitalismus immer mit einer doppelten Last – Ausbeutung in der Lohnarbeit und ihrer unentgeltlichen Plackerei im Haushalt – einhergeht. Daher stellt auch die Vergesellschaftung der Hausarbeit eine zentrale Forderung im Kampf gegen ihre Unterdrückung dar, der untrennbar mit dem gegen den Kapitalismus verbunden ist.

Federici hingegen vertritt eine andere Perspektive. Statt Vergesellschaftung geht es um eine Rückkehr zu einer längst überholten Form, der Allmende. Dem entspricht, dass die Frauenunterdrückung letztlich nicht als mit der Klassenherrschaft verwobene Form begriffen wird, sondern eigentlich als neben der kapitalistischen Lohnarbeit existierendes Ausbeutungsverhältnis.

Federici vertritt bei allen Verdiensten wie der Hervorhebung der vergangenen Kämpfe von Frauen, sowie der Zurichtungen und Zumutungen von ihnen und Unterdrückten objektiv eine reaktionäre Vorstellung von der Lösung dieser Probleme. Sie hängt der Utopie an, dass Häretiker:innen, Kleineigentümer:innen an den Produktionsmitteln, Bauern-/Bäuerinnengemeinden eine befreite Gesellschaft und fortschrittliche Alternative zum Kapitalismus nicht nur in der Vergangenheit hätten schaffen können, sondern die Rückkehr zu einer „modernisierten“ Variante der Allmende, die Commons, die Lösung der großen gesellschaftlichen Probleme und Überwindung der Klassen- wie Frauenunterdrückung leisten könne. Dies ist eine Utopie. Auch wenn Federici immer wieder den Frauenkampf als Klassenkampf und die Frauen als Proletarierinnen darstellt, so kann das nicht darüber hinwegtäuschen, dass bei ihr die Arbeiter:innen in einer Allianz mit den kleinbürgerlichen Klassen untergehen, das historisch Spezifische des proletarischen Befreiungskampfes letztlich verlorengeht. Ihre historische Analyse stellt daher letztlich keine Erweiterung oder Korrektur, sondern eine kleinbürgerlich-populistische Abkehr vom Marxismus dar.




Abtreibung international

Leila Cheng (REVOLUTION und Gruppe ArbeiterInnenmacht, Deutschland)

Zurzeit werden Abtreibungsrechte auf der ganzen Welt von rechten und fundamentalistischen Bewegungen und Regierungen angegriffen und zurückgenommen. Nur an wenigen Stellen konnten Frauen und linke Bewegungen Verbesserungen erkämpfen. Wir haben einige Beispiele gesammelt, und möchten sie mit euch teilen.

USA

Seit Dezember 2021 hat Mississippi Abtreibungen nach der 15. Woche verboten und damit ein wichtiges US-Grundsatzurteil (was Abtreibung erlaubt) infrage gestellt. Im ganzen US-Staat gibt es noch eine Abtreibungsklinik. Nun beschäftigt sich der Oberste Bundesgerichtshof mit dem neuen Gesetz. Seit 1973 gilt bundesweit das Urteil: Abtreibungen sind erlaubt, bis der Fötus lebensfähig ist, also zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche. Das neue Urteil des Gerichtshofes soll im Juni 2022 verkündet werden. Sollte das Gesetz tatsächlich gekippt werden, wollen einige Bundesstaaten Abtreibung ganz verbieten.

Rechte Antiabtreibungsbewegungen nehmen in den letzten Jahren in den USA vor allem in den Staaten des mittleren Westens stark zu. Sie sind Teil der rechten Mobilisierungen, die sich oft politisch nah bei Trump verorten und predigen konservative Frauenbilder. Oft haben die sogenannten Evangelikalen hierbei ihre Finger im Spiel (diese sind auch meist in die Politik dieser Bundesstaaten verstrickt).

Polen

In Polen starb im Januar 2022 eine Schwangere an einer Sepsis. Die Ärzt_Innen in 3 Kliniken trauten sich aufgrund des strengen Abtreibungsgesetzes nicht, einen Abbruch vorzunehmen (denn sie hätten dafür ins Gefängnis kommen können). Solche Sepsen können sich entwickeln, wenn ein schwerkrankes Kind im Mutterleib abstirbt und dann nicht bzw. zu spät entfernt wird.

Vor einem Jahr war nach einem Urteil des Verfassungsgerichts ein verschärftes Abtreibungsrecht in Kraft getreten. Seitdem dürfen Frauen auch dann keinen Abort vornehmen lassen, wenn es sich um einen schwer fehlgebildeten oder nicht überlebensfähigen Fötus handelt. Das heißt, es müssen todkranke Kinder zur Welt gebracht werden auch gegen den Willen von Mutter und Ärzt_Innen. Das geht nicht nur krass gegen das Selbstbestimmungsrecht von Frauen über ihren eigenen Körper, sondern ist für sie auch lebensgefährlich.

Es gab letztes Jahr eine starke Bewegung u. a. von vielen Frauen, Arbeiter_Innen gegen das neue Gesetz, die tausende auf die Straße bringen und sogar Streiks anleiern konnte. Das Gesetz kam jedoch trotzdem durch. Hier spielen vor allem die katholische Kirche mit ihrer Verstrickung zur Regierung eine Rolle sowie auch die neue rechte Bewegung in Polen mitsamt der regierenden konservativen PiS-Partei.

Argentinien

In Argentinien sind Eingriffe sind bis zur 14. Woche erlaubt, kostenlos im öffentlichen Gesundheitswesen, länger bei Vergewaltigungen oder Gefahr für die Gesundheit der Mutter. 30 Jahre hat Argentiniens Frauenbewegung dafür gekämpft. Eine ähnliche Initiative war noch 2018 am konservativen Senat gescheitert. 2020 wurde das Gesetz von Präsident Alberto Fernandez persönlich eingebracht. Seit Dezember 2020 gilt die neu erkämpfte Regelung. In Argentinien gab es wirklich eine starke Frauenbewegung, die dieses noch unzureichende, aber dennoch schon mal fortschrittliche Gesetz durchboxen konnte, indem Jahr für Jahr tausende Frauen auf die Straße gingen.

Doch weiterhin kämpft der konservative Norden mit Einfluss der evangelikalen und katholischen Kirche dagegen.

Deutschland

In Deutschland gibt es den Paragraf 219a, der oft als ein Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche dargestellt wird. Er verbietet Ärzt_Innen jegliche Information darüber, ob sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen und wie. Dieser Paragraf stammt sogar noch aus der Nazizeit. Weiterhin sind Abtreibungen in Deutschland eigentlich verboten, werden allerdings bis zu 12. Woche gemäß aktuellem Abtreibungsgesetz unter u. a. Bedingungen nicht unter Strafe gestellt. In Ausnahmefällen (wie schweren Fehlbildungen des Kindes) können diese bis zur 24. Woche gelten. Außerdem sagt Paragraf 218: Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Um nicht kriminalisiert zu werden, müssen die Abtreibenden zu einer Pflichtberatung. Die staatlich anerkannten Beratungsstellen werden dazu angehalten, den Schutz des ungeborenen Lebens in den Vordergrund zu rücken. Also sollen sie nicht sachlich informieren, sondern die Frauen vom Gegenteil überzeugen und unter Druck setzen.

Jetzt will die Ampelregierung zumindest den Paragrafen 219a abschaffen, was schon mal ein großer Fortschritt ist. Aber warum schweigt sie zu Paragraf 2018 und der dortigen Tabuisierung von Schwangerschaftsabbrüchen? Auch in Deutschland gibt es seit Jahren von erzkonservativen Katholiken und Rechten den sogenannten Marsch fürs Leben. Dagegen gibt es auch immer wieder linke Gegenproteste.

Fazit

Was können wir daraus schließen? Was alle Länder vereint, ist das Abtreibungsrechte immer wieder von rechten und konservativen Regierungen, Parteien oder der Kirche angegriffen oder zumindest stigmatisiert werden. Überall versucht man abtreibenden Frauen Steine in den Weg zu legen, je nach Land mal mehr und mal weniger. Gerade jetzt in Zeiten der Krise des Kapitalismus nutzen die erstarkenden Rechten Ängste um sich zu mobilisieren. Aufgrund dieser massiven Angriffe auf Abtreibungsrechte, die gerade auf der ganzen Welt stattfinden, haben wir einige Forderungen aufgestellt, die es zu erkämpfen gilt.

Weitere Forderungen (siehe dazu auch den Artikel zur Ampelkoalition in dieser Ausgabe):

  • Vollständige Übernahme aller Kosten für Verhütungsmittel durch den Staat bzw. die Krankenversicherung!
  • Ausbau von Kitas und Kinder-/Jugendbetreuungsangeboten, um Eltern zu entlasten!
  • Für viel mehr finanzielle und gesellschaftliche Unterstützung von insbesondere (jungen) Frauen und Alleinerziehenden und dafür, dass minderjährige Frauen mit einer Schwangerschaft nicht alle Chancen auf eine gute Zukunft verlieren!
  • Langfristig daher: Für die Kollektivierung der Kindererziehung in der Gesellschaft!
  • Schluss mit der internationalen Stigmatisierung von abtreibenden Frauen! Für die Aufhebung aller Verbote! Das Leben einer Frau muss immer über dem eines ungeborenen Fötus stehen!