Welcher Weg: Reform oder Revolution?

Grundlagen des Marxismus: Marxismus ist eine Wissenschaft, die keine_r von uns an einem einzigen Tag komplett verstehen wird. Vielmehr ist es wichtig sich(und natürlich auch andere) ständig zu bilden. Diese Kolumme wird in Zukunft regelmäßig in unserer Zeitung und auf www.onesolutionrevolution.de erscheinen und in loser Reihenfolge Themen marxistischer Theorie erklären.

Welcher Weg: Reform oder Revolution?

Mehr als drei Jahrzente lang argumentierten Marx und Engels, eine Revolution sei der einzige weg, wie die Arbeiter*innen eine sozialistische Gesellschaft erreichen können. Für sie entstanden revolutionäre Krisen zwangsläufig aus dem Konflikt zwischen den Klassen der kapitalistischen Gesellschaft. Der Kapitalismus schafft die Möglichkeit und die Notwendigkeit der Revolution. In Gestalt des Proletariats erschafft er seine eigenen „Totengräber“. Marx und Engels lehnten einen friedlichen, parlamentarischen Weg zum Sozialismus nicht etwa aufgrund ihrer dämonischen Blutlust ab, sondern weil sie erkannten, dass im Laufe der Geschichte keine herrschende Klasse ihre Macht und ihren Wohlstand jemals ohne einen Kampf abtrat. Der moderne Kapitalismus selbst triumphierte in einer Reihe gewalttätiger Revolutionen über den Feudalismus* (Bekanntes Beispiel: die französische Revolution). Es gibt jedoch eine tief und kraftvoll in der Arbeiter*innenbewegung verankerte Tradition, die häufig das Ziel des Sozialismus für sich beansprucht, aber behauptet, der dorthin führe über eine Schrittweise Verwandlung der Gesellschaft mittels Reformen. Die Unterstützer*innen dieser Tradition bestehen darauf, dass die schlimmsten Auswüchse des Kapitalismus „gezähmt“ und eventuell für eine neue Gesellschaft, die auf den Interessen der Arbeiter*innen beruht, verändert werden können.

Diese politische Ideologie hat viele Vertreter*innen und verschiedene Ausprägungen, sowohl links als auch rechts. Ihr Name lautet: Der Reformismus

Der Kapitalismus erfuhr Perioden der Expansion und des Booms, währenddessen sahen viele Arbeiter*innen wie ihr Lebensstandard wuchs. Die wahrscheinlich längste dieser Phasen reichten vom Ende des zweiten Weltkrieges bis in die frühen 1970er Jahre. Allerdings ist der Kapitalismus trotz dieser Perioden ein sehr instabiles System, das die Gesellschaft in periodische Krisen taucht.
Das System des Profits erschafft eine derart scharfe Konkurrenz zwischen kapitalistischen Unternehmen und Nationen, dass es zu wirtschaftlichen Kriegen und sogar militärischen Auseinandersetzungen kommen kann. Viele Reformist*innen akzeptieren, dass der Kapitalismus ein System, das zur Krise verdammt ist ist. Dennoch argumentieren sie es sei möglich eine parlamentarische Mehrheit und Regierungssitze zur verwenden um Reformen durchzusetzen, die diese Krisen abmildern. Maßnahmen wie Wettbewerbsregulierung, Verstaatlichung mancher Industrien und die teilweise Umverteilung von Reichtum von den Reichen an die Armen durch Besteuerung gehören zu den Kernpunkten des reformistischen Programms. In der reformistischen Denkweise bedeutet die Legalität der parlamentarischen Demokratie, dass trotz oppositioneller Sektionen der herrschenden Klasse immer noch friedliche Veränderungen gemacht werden können. Ermächtigungen und Erlasse treten an die Stelle der Notwendigkeit der gewalttätigen Revolution.

Die Sozialdemokratische Partei

Ironischerweise erreichte dieser Strategie ihren klarsten Ausdruck am Ende des Neunzehnten Jahrhunderts in einer Massenorganisation der Arbeiter*innenklasse, an deren Gründung Marx und Engels beteiligt waren; der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). Während der 1880er und 1890er genoss der Kapitalismus eine Phase der Ausbreitung und der relativen Stabilität. Koloniale Eroberungen in Asien und Afrika und der beginn des imperialistischen
Stadiums der kapitalistischen Entwicklung lieferten enorme Profite und hoben den Lebensstandard vieler europäischer Arbeiter*innen. Während dieser Jahre wuchs die deutsche Industrie rasant. Gewerkschaften und Parteien wie die SPD organisierten hunderttausende Arbeiter*innen im Kampf um bessere Löhne, öffentliche Gesundheitsversorgung und demokratische Rechte. Daraus resultierten spürbare Gewinne für die Arbeiter*innen. Zur gleichen Zeit erreichten sie eine parlamentarische Vertretung. Diese Entwicklungen sorgten für die Verbreitung der Meinung innerhalb der SPD, der Kapitalismus könne „von oben“ reformiert werden. In Großbritannien formte diese Vorstellung die Praxis und das Programm der Labour Party (Sozialdemokratische Partei in GB).

In Deutschland gab der SPD-Denker Eduard Bernstein den Kampf des revolutionären Sozialismus vollständig auf und behauptete,dass Marx und Engels mit ihrer Theorie der Tendenz des Kapitalismus hin zur Krise vollkommen falsch lagen und, dass der revolutionäre Weg vollkommen utopisch sei. Er befürwortete den Standpunkt, dass Deutschland wohlhabender werden würde und die Arbeiter*innen sich unter der fürsorglichen Führung der SPD auf eine sozialistische Verwandlung hinbewegen können.
Innerhalb der SPD entbrannte ein Kampf zwischen den Vorstellungen, der die internationale sozialistische Bewegung tief gehend beeinflussen sollte.
Die polisch-stämmige Marxistin Rosa Luxemburg starte eine Verteidigung der marxistischen Prinzipien gegen Bernstein in ihrem Pamphlet „Reform oder Revolution“.

Rosa Luxemburg - vor einer Versammlung des Spartakusbundes redend

Rosa Luxemburg – vor einer Versammlung des Spartakusbundes redend

Der Weltkrieg

Trotz Luxemburgs Kampf innerhalb der SPD gewann Bernsteins Reformismus an Einfluss und lieferte vielen einen Grund aus der SPD auszutreten. Als die Stabilität des Kapitalismus den Weg zum ersten Weltkrieg bereitete unterstützte die SPD-Führung die Kriegskredite der deutschen Regierung. Das SPD-Programm hatte faktisch durch die Konzentration der Wut der Arbeiter*innen weg vom System der Bosse hinzu einem zum Scheitern verurteilten Versuch es menschlicher zu gestalten den Kapitalismus gestärkt.
Die reformistische Logik – die zur Verteidigung des Systems führende Mitverwaltung des Kapitalisnus – brachte die Führung der SPD dazu die Bourgeoise zu unterstützen als ihre Raserei Deutschland und Europa in ein imperialistisches Blutbad tauchten. Luxemburg hat die Folgen dieser Logik klar vorhergesehen. Sie stellte fest, dass der Kampf der Arbeiter*innen den kapitalistischen Staat zu reformieren, oder zu stürzen nicht nur eine Frage von zwei unterschiedlichen Wegen mit dem selben Ziel ist.
„Anstatt für die Etablierung einer neuen Gesellschaft zu stehen, stehen sie für eine oberflächliche Veränderung der alten Gesellschaft“ – Rosa Luxemburg in „Sozialreform oder Revolution“
Das sie richtig lag wurde nicht allein von der SPD-Führung, die zur Anwerberin für Rekruten des deutschen Imperialismus wurde, sondern auch von deren Sicht auf die von den Bolschewiki geführte Revolution in Russland 1917. Die Führerschaft erklärte sich zur geschworenen Feindin der Revolution, ihrer Räte die als echte Alternative zum Paralament funktionierten und ihrer Miliz, die das genaue Gegenteil der kapitalistischen Armee, die die SPD jetzt als die ihre betrachtete, war.
Nach vier Jahren Krieg und der Niederlage Deutschlands wollten die deutschen Arbeiter*innen eine revolutionäre Veränderung. Der Spartakus-Bund, eine von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht geformte Partei, wurde die Avantgarde der Revolution im November 1918. Die SPD Führer*innen bewies welcher Klasse ihre Loyalität galt; Sie schlugen die Revolution nieder und machten die brachten die Stimme der des revolutionären Sozialismus kurzerhand zum schweigen. Im Januar wurden Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht auf Befehl der SPD Führung hin ermordet und ihre Leichen in den Landwehrkanal geworfen.

Reformismus heute

Auch heute ist der Reformismus in Deutschland und Europa noch die vorherrschende Strömung in der Arbeiter*innenbewegung. Die beiden großen reformistischen Parteien SPD und LINKE und die von der SPD geprägten Gewerkschaften organisieren hunderttausende Arbeiter*innen und Jugendliche in ihren Reihen. Trotz dieser zahlenmäßig relativ gut entwickelten Organisationen gibt es so gut wie keine kämpferische Aktionen gegen Imperialismus, Krieg und Krise. Die SPD hat ihren Platz gefunden und macht seit 100 Jahren Politik, die sich nicht mehr um die Arbeiter*innenklasse schert – wer Krieg finanziert, Revolutionäre ermordet und Angriffe auf Sozialsysteme und Arbeiter*innenrechte führt weiß ganz genau auf wessen Seite er/sie steht. Auch die LINKE ist nicht so links wie ihr Name vermuten lässt, einmal abgesehen davon, dass rechte Strömungen wie der BAK Shalom enorm viel Einfluss haben blockiert die Führung der Partei eine revolutionäre Neuausrichtung, mehr noch, sie treibt den Rechtsruck der Partei voran und geht auf Koalitionskurs mit der SPD und den Grünen.
Also: Es sind zahlreiche Arbeiter*innen und Jugendliche in den Parteien und Gewerkschaften aktiv, aber die bürokratischen Führungen verhindern jede Einflussnahme der linken Oppostion innerhalb der jeweiligen Organisationen und sorgen damit nicht einmal für die
von ihnen angepeilten „Reformen“, sondern schnallen dem Proletariat einen Maulkorb um und schützen das Kapital!

Reformen, wenn sie denn durchgesetzt werden sind schön und gut, aber sie mildern allerhöchstens die Symptome und heilen nicht die Krankheit, das kapitalistische Krebsgeschwür. Lasst uns eine alternative zum Reformismus eröffnen, eine revolutionäre Bewegung schaffen!

Für eine revolutionäre Strömung in der LINKEN und den Gewerkschaften!

Gegen die bürokratischen Führungen!

Für eine revolutionäre Massenpartei und eine revolutionäre Jugendinternationale!

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