Für kostenloses Schulessen und Schüli-Kontrolle über Speisepläne!

von Oskar Oi, Februar 2024

Schüler:innen aus Braunschweig hatten vor einigen Wochen ihr schlechtes Mensa-Essen endgültig satt. Deswegen haben sie sich kurzerhand dazu entschlossen, die Mensa zu bestreiken. Wir Schüler:innen kennen das leidige Thema: Wir müssen in kürzerer Zeit und dafür länger in den Nachmittag hinein möglichst viel Unterrichtsstoff lernen und oft in der Schule essen. Nicht nur mit dem Leistungsdruck dürfen wir uns herumschlagen: Auch haben wir während der Zeit, die wir in der Schule verbringen, häufig Essen, das uns nicht zufriedenstellt und ungesund ist. Die Braunschweiger Schüler:innen gehen mit Beispiel voran und hatten mit ihrem Streik auch noch erfolgt! Es brauch: Schüler:innenkontrolle über die Speisepläne und darüber hinaus dieses Essen auch umsonst! Doch was macht die deutsche Staat wegen dem schlechten Schulessen?

Als Gegenmaßnahme des Problems hat die Bundesregierung eine neue Strategie für unser Schulessen beschlossen: Weniger Fleisch, Zucker, Fett und Salz – dafür mehr Gemüse und Obst sollen auf den neuen Speiseplänen stehen. Das Landwirtschaftsministerium feiert sich jetzt zwar selbst auf der Website, allerdings ernten sie viel Kritik von der bürgerlichen Presse. So schreibt beispielsweise „Foodwatch“: „Für dieses wohlklingende, aber weitgehend folgenlose Papier hat die Ampel-Koalition also die Hälfte ihrer Legislaturperiode gebraucht?“ Die Strategie wird auch von der AOK oder dem WWF kritisiert, da keine Umsetzung zu erwarten ist bzw. nicht dargelegt wird, wie die Ideen konkret umgesetzt werden sollen. Auch wir teilen diese Kritik, sehen die Problemfelder aber noch weitreichender und schätzen es auch nicht als realistisch ein, dass tatsächliche Verbesserungen für uns alle dadurch erreicht werden. Die Ernährungsstrategie ändert nichts an den herrschenden Verhältnissen der Unterfinanzierung von Schulen. Sie soll zwar verbindlich sein, aber de Facto wird nicht ersichtlich, wie das durchgesetzt werden soll. Somit wird wohl kaum eine Schule oder ein Unternehmen diese doch eher als Vorschlag zu betrachtende Strategie umsetzen.

An Schulen ist das Essen häufig so schlecht, dass viele Schüler:innen auf ungesundes Fastfood oder das gute, alte Pausenbrot zurückgreifen. Oft können die Kosten für das Schulessen die Schülerschaft spalten, da Arbeiter:innenfamilien häufig nicht das Geld für die tägliche Versorgung mit einer warmen Mahlzeit in der Schule aufbringen können, aber in Vollzeit arbeiten müssen. Die Tendenz geht in Richtung immer längerem Unterricht, weil sich viele Eltern nicht mehr leisten können, nur halbtags arbeiten zu gehen, um beim Lernen zu helfen, und der Schulstoff, der zunehmend komplexer wird und in kürzerer Zeit durchgedrückt werden muss. Dennoch haben viele Schulen das Essen den jetzigen Verhältnissen nicht angepasst. So assoziieren viele Schüler:innen ihr Mensaessen mit ungesunden, sich häufig wiederholenden Speisen.

Auch Schulen unterliegen bei dem Thema der Logik des Marktes und müssen einen günstigen Anbieter für das Essen auswählen, was häufig der Auslöser für das schlecht schmeckende, teils ungesunde Essen ist. Als eine weitere Maßnahme, um die Kosten gering zu halten, haben einige Schulen sog. „Mensamütter“, also Arbeiter:innen (meistens Frauen), die in der Kantine arbeiten, aber nicht kochen. Damit wird die Rolle der Mutter in der bürgerlichen Familie auch noch außerhalb des Privaten institutionalisiert. Wenn diese Frauen Bezahlung erhalten, dann ist diese sehr gering, sodass sie abhängig von ihren Ehemännern bleiben. Allein schon durch den Namen wird den Frauen (Müttern) ihre Rolle in der Care-Arbeit zugeschrieben.

Kollektive Küchen rein in Schule, Uni und Fabrik

Grundsätzlich ist das Konzept Mensa eine sehr gute Idee, die Menschen mittags zu versorgen. Man kann zusammen mit den Freund:innen essen, es ist günstig und es muss nicht selbst gekocht werden. Wir als Marxist:innen befürworten diese Idee also und wollen einen Ausbau solcher Institutionen, da so vor allem Frauen entlastet werden, die häufig für das Kochen zuständig sind – es muss nicht mehr jeder sein eigenes Süppchen kochen und wird so entlastet. Auch fällt es leichter, sich vollwertig zu ernähren, da es häufig schwer ist, zwischen Job, Haushalt, Lernstress und dem, was sonst in der kapitalistischen Gesellschaft anfällt, Zeit für gesunde Ernährung zu finden und die hohen Lebensmittelpreise in Zeiten von Inflation diese ebenfalls erschweren.

In vielen der genannten Bereiche gibt es schon eine Kantine oder Mensa. Allerdings sollten diese nicht nur Mittagessen, sondern auch alle weiteren Mahlzeiten anbieten, so dass die Menschen aus ihrer häuslichen Sphäre herauskommen und mit ihren Freund:innen, Verwandten usw. in Kontakt treten können. Das dämmt die durch den Kapitalismus erzeugte, zunehmende Vereinsamung ein. Leute können beim Essen neue Kontakte knüpfen, was häufig in den eingefahrenen Konzepten in Schulen nicht möglich ist. Schüler:innen, die nicht ins Bild passen, müssen sich oft die Schmach geben, alleine zu essen. Dabei sollte auch das ja eigentlich nicht schlimm sein. Es gibt Menschen, die Ruhe beim Essen brauchen. Auch das sollte in die Konzepte der Kollektiven Kantinen mit eingebracht werden und es sollte Bereiche geben, in denen es ruhiger zugeht.

Kostenloses Schulessen – Wer soll das bitte bezahlen?

Die Ampelregierung hat aufgrund des Haushaltslochs immer weitere Sparmaßnahmen angekündigt. In Zeiten von allgegenwärtiger Armut sind die Folgen verheerend. Wir fordern, dass unser Essen in Schule und Betrieb künftig kostenlos ist. Auch die Mitarbeitenden in der Küche müssen fair bezahlt werden. Dabei kommt von Neoliberalen immer wieder die Frage nach der Finanzierbarkeit auf – natürlich nur wenn es um soziale Absicherungen oder Hilfen geht. Das Essen ließe sich durch stärkere Besteuerung der Reichen bezahlen. Diese reformistische Forderung lässt sich auch im bürgerlichen Staat umsetzen, wie bspw. Frankreich zeigt. Cateringservices, die Schulen, Kitas und Unternehmen beliefern, sollen enteignet und unter Arbeiter:innenhand gestellt werden, um sie so der Profitlogik zu entziehen. Keine Profite mit unserem Essen!

Die Strategie, die die Ampelregierung vorgestellt hat, wird wohl kaum umgesetzt werden, auch wenn es grundsätzlich gute Verbesserungen wären, die tatsächlich zu gesünderer Ernährung und mehr Nachhaltigkeit beitragen würden, wenn sie umgesetzt werden. Aus dem Strategiepapier geht allerdings nicht hervor, wie das bezahlt werden soll, was dann darin münden wird, dass sich keiner für die Finanzierung verantwortlich fühlen wird. Auch wirft die Strategie nicht die soziale Frage auf. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir fordert, dass gutes Essen nicht vom Geldbeutel abhängig sein darf. Das sagt er zwar, dennoch gibt das Papier keine Perspektive, wie das umgesetzt werden soll. Weil keine Taten folgen, scheinen es leere Worte zu sein. Dementsprechend ist nicht zu erkennen, wem dieses Strategiepapier überhaupt nützen soll. Das Ministerium für Landwirtschaft und Ernährung kann sich jetzt zwar auf die Schulter klopfen, da sie das Papier vor dem Bundestag durchbekommen haben und dieser dafür abgestimmt hat, allerdings ist nicht absehbar, dass darauf auch Taten folgen und das Essen dann auch tatsächlich besser und nachhaltiger wird.

Für Schüler:innenkontrolle der Speisepläne!

Im Prozess, wie das Papier erstellt wurde, gab es ein Bürgerforum, bei dem einige Menschen ihre Ideen einbringen konnten. Mit sozialistischen Räten hat das natürlich nichts zu tun und soll es auch nicht. Die Bürger werden lediglich angehört, die Entscheidungsmacht liegt nicht bei ihnen. Dieser Umstand ist kritikwürdig. Auch gibt es an manchen Schulen einen „Essensausschuss“, der aus Schüler:innen besteht und von den Schüler:innen der Schule gewählt wird. Grundsätzlich klingt das erstmal positiv. Allerdings kann der Ausschuss nur Vorschläge einbringen und vertritt die Anliegen bezüglich des Essens der Schüler:innenschaft. Die hier eingebrachten Ideen sind nicht verbindlich und oft wird überhaupt nichts davon umgesetzt. Es scheint, als werde beispielsweise die Forderung nach mehr Auswahl von vegetarischem oder veganem Essen seit Jahren ignoriert. Der Staat wird uns auch in der Ernährungsfrage nicht helfen. Es gilt, Schüler:innenkomitees aufzubauen und so eine Opposition zur Schulleitung zu bilden, um auch die Forderungen, die das Essen betreffen, demokratisch durchzusetzen.

Deshalb fordern wir:

  • Our food, our choice! Für die demokratische Entscheidung über den Speiseplan
  • Kostenloses Schulessen, finanziert durch Besteuerung der Reichen
  • Die Vergesellschaftung der Hausarbeit! Gemeinschaftliches, gesundes und günstiges Essen für jeden aus kollektiven Großküchen in allen Stadtteilen, in Unis, Schulen und Betrieben!
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