There is no school without racism!?

Rassismus hat viele Gesichter. Ob an den Außengrenzen der EU, bei Polizeikontrollen oder der Jobvergabe. In diesem System gibt es keinen Ort, der vollkommen frei von Ausbeutung und Unterdrückung ist. Somit ist rassistische Diskriminierung im Alltag für viele uns nichts Neues. Auch nicht unseren Schulen, denn unser Bildungssystem soll uns für „die Zukunft“ vorbereiten und das klappt an sich ganz gut: der Mix aus Leistungsdruck, mangelnde individuelle Förderung und Lernen nach Plan soll uns auf 40-Stunden Wochen ohne sich zu beschweren vorbereiten, also auf das Funktionieren in der kapitalistischen Arbeitswelt. Deswegen gibt es auch keine großartigen Auseinandersetzungen mit Unterdrückungen wie Rassismus, Sexismus oder LGBTIA+ Feindlichkeit. Stattdessen sind dumme Sprüche von Lehrer_Innen oder Mitschüler_Innen Alltag und auch sonst läuft ‘ne Menge schief:

Rassismus im Lehrplan

Aufarbeitung deutscher Kolonialvergangenheit? Gibt’s so gut wie nie. Stattdessen können wir, wenn wir Geographiebücher aufschlagen viele dumme, rassistische Stereotype über „Afrika“ lernen. Die Bilder von hungernden Kindern vor Strohhütten lassen unbewusst das Kolonialherz höher schlagen und ermutigen Alexander und Elisabeth dazu, nach dem Abi unbedingt mal was Gutes zu tun und sich in der sogenannten Entwicklungshilfe zu engagieren. Welches Bild wird hier vermittelt? Alle Menschen auf diesem Kontinent sind arm, rückständig und sowieso ist’s zu anstrengend, sich mit den 52 Ländern Afrikas genauer auseinanderzusetzen. Neben dieser viel zu vereinfachten Darstellung wird die jahrhundertelange Gewaltherrschaft und Versklavung sowie die bis heute andauernde Ausbeutung durch reichere Länder verschwiegen. Aber das ist nicht alles. In Geschichte und anderen Fächern wird alles so dargestellt, als ob die Europäer_Innen das Rad der Zeit erfunden und beispielsweise Amerika „entdeckt“ hätten, während andere Hochkulturen, Befreiungsbewegung und PoCs selbst nie existierten. Kolonialist_Innen wie Kolumbus oder Bismarck werden als schillernde Figuren der Geschichte dargestellt, auf die wir stolz sein könnten. Die Abwertung anderer Kulturen und das Auslöschen unserer vielfältigen kulturellen Identitäten zieht sich weiter durch: Obwohl zum Beispiel in deutschen Großstädten wesentlich mehr Menschen Türkisch als Französisch sprechen, zählen die Sprachen der alten Kolonialmächte Frankreich, Spanien, Deutschland und England nach wie vor zu den „Weltsprachen“, die alle lernen müssen, während der Rest unwichtig ist.

Rassismus auf dem Schulflur

Daneben kommen noch rassistische Beleidigungen und Sprüche dazu. Ob nun von Lehrer_Innen oder Mitschüler_Innen, sie sind das, was mehr hängen bleibt. „Du darfst erst hier sitzen, wenn du einen deutschen Pass hast“, „Der Pole hat wieder mein Pausenbrot geklaut“, „Wasch dich solange du weiß bist“, „Ihr Migranten habt doch immer so große Familien“, „Darf ich mal deine tollen Kraushaare anfassen?“ rahmen den Schulalltag neben den Vor- und Nachnamen, bei denen sich niemand auch nur die Mühe macht, sie richtig auszusprechen. Auch wenn einige das nur „witzig“ meinen, der Kern bleibt rassistisch und zeigt uns auf, dass wir anders sind, nicht erwünscht sind und vor allem: dass es auch in der Schule ein Machtgefälle gibt, das sich zu unserem Nachteil auswirkt. Dabei findet die rassistische Spaltung nicht nur zwischen nicht-weißen und weißen Schüler_innen statt. Auch untereinander reproduzieren wir rassistische Gedanken. So gibt es sehr häufig Ausgrenzungen und Konflikte, die zum Beispiel kurdische Jugendliche erdulden müssen, während das Lehrpersonal oftmals unwissend daneben steht und sagt „Löst das mal außerhalb der Schule“ (Ja. Herr M. Der Konflikt, der älter als sie ist, den lösen wir einfach mal nach dem Deutschunterricht. Danke für den Tipp). Besonders schwer haben es aber unsere schwarzen* Freund_Innen, die oftmals von allen Seiten rassistische Witze und Beleidigungen ertragen müssen. Entweder wird man, insbesondere wenn man ein Mädchen ist, exotisiert also dass bspw. das sogenannte Fremde (dunklere Haut- und Haarfarbe) als was besonderes angesehen wird oder man bekommt abfällige „Sklavenwitze“ an den Kopf geworfen.

Rassismus als Ordnungssystem

Doch das ist nicht das einzige, wo wir mit Rassismus in der Schule konfrontiert werden. Viele kennen das vielleicht, dieses Gefühl ungleich behandelt zu werden. Doch wirklich was dagegen machen, kann man nicht. Schließlich ist’s nur ein Gefühl, oder? Falsch. Das subjektive Empfinden von Lehrer_Innen sorgt teilweise für Ausgrenzung und schlechtere Noten. So ist 2018 eine Studie der Universität Mannheim raus gekommen mit dem Namen „Max vs Murat“. Dort wurden zwei Gruppen von Lehramtsstudierenden Diktate mit gleicher Fehleranzahl gegeben. Nur hieß der eine Schüler Max, der andere Murat. Das Ergebnis: Obwohl alles identisch war, wurde Murat schlechter benotet. Das ist nur ein Beispiel dafür, dass so was keine reine Einbildung ist. Auch, wenn nicht alle Lehrende dies mit Absicht machen, so haben sie doch Stereotype – schließlich sind sie in dieser Gesellschaft aufgewachsen – und bedienen sie mal bewusster, mal unbewusster. Insgesamt sorgt gerade die schlechtere Bewertung dafür, dass wir PoCs oder Menschen mit sogenannten „Migrationshintergrund“ seltener Bildungsempfehlungen für höhere Schulabschlüsse bekommen. Dann arbeiten wir in beschissenen Jobs, unterstützen parallel unsere Familie und haben später selber weniger Zeit, uns um unsere Kinder zu kümmern – so vererbt sich Armut und wir bleiben dort, wo uns das kapitalistische System gerne hat. Unten.

Was tun?

Der Kampf gegen Rassismus an der Schule ist nicht leicht. Konfrontiert man Lehrer_Innen oder Mitschüler_Innen mit ihren Äußerungen, wird einem nicht geglaubt oder man wird als die nervige Person abgestempelt, die „immer diskutieren will“. Auch riskiert man, noch schlechtere Noten zu kriegen und im Unterricht ignoriert zu werden, weil der_die Lehrer_in Angst vor kritischen Äußerungen hat. Initiativen wie „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage sind für uns dabei ein Tropfen auf den heißen Stein, die oftmals nur reine Imagekampagnen sind, mit denen sich die Schule schmücken kann. Also was tun? Um Rassismus in die Geschichtsbücher zu verbannen, müssen wir ihn an seiner Wurzel packen: dem Kapitalismus. Als Sozialist_Innen wollen wir die Produktionsmittel vergesellschaften, sodass weder Reiche, noch Konzerne oder Kapitalist_Innen darüber bestimmen können, wie produziert wird. Das soll stattdessen die Mehrheit der Bevölkerung in Räten machen. Damit wollen wir materielle Ungleichheit verhindern, die eine wichtige Grundlage für Rassismus ist – also die systematische Ausbeutung anderer Länder und die Spaltung von weißer* und nicht-weißer* Arbeiter_Innenklasse, die zu Konflikten und Abstiegsängsten führt. ­

Doch das allein reicht nicht aus! Der Kampf gegen Rassismus kann nur erfolgreich sein, wenn wir im Hier und Jetzt für konkrete Verbesserungen einsetzen. Deswegen fordern wir beispielsweise:

  • Wir wollen nicht nur die Rücknahme von allen rassistischen Asylgesetzen, sondern offene Grenzen und Staatsbürger_Innenrechte für alle!
  • Aufmerksamkeit gegen Polizeigewalt reicht nicht! Für die Organisation von antirassistischen Sellbstschutzkomitees in Verbindung mit der Arbeiter_Innenklasse!
  • Gegen die Unterbringung in Lagern & überhöhten Mieten: Enteignung & Nutzung von leerstehenden Wohnraum und Spekulationsobjekten!
  • Schluss mit Spaltung! Gleicher Lohn für gleiche Arbeit und einen höheren Mindestlohn für alle! Für den Aufbau einer antirassistischen Bewegung auf Basis der Organisationen der Arbeiter_Innenklasse, die das durchsetzt mit Komitees an Schulen, Unis und Betrieben!

Damit es für rassistisch Unterdrückte auch möglich ist, sich zu organisieren, treten wir für ein Caucusrecht ein, dass unserer Meinung allen sozial Unterdrückten zu steht. Das ist ein Schutzraum, in denen Unterdrückte die Möglichkeit haben, sich bspw. in unserer Organisation separat zu treffen, um über konkrete Vorfälle von Unterdrückung sich auszutauschen und gemeinsam Forderungen in die Organisation hineinzutragen. So was sollte es in allen Organisationen der Arbeiter_Innenklasse geben (wie bspw. den Gewerkschaften) und damit kombiniert werden, dass sich jene, die die Unterdrückung nicht erfahren, sich in der Zeit ebenfalls mit der Thematik auseinandersetzen.

Und an der Schule?

Auch wenn das da oben sich alles sehr abstrakt anhört, verknüpfen wir unsere Inhalte mit unserer Praxis. Denn wir wollen gleichzeitig Politik an die Orte tragen, an denen wir uns tagtäglich bewegen, um dort eine Debatte zu starten und so auch Menschen für unsere Ideen zu gewinnen, die noch nicht auf linke Demos gehen. Deswegen gehört es zu unserer Organisationspraxis dazu, dass wir uns an unseren Schulen organisieren und dort Komitees aufbauen. Denn im Gegensatz zu den normalen Schüler_Innenvertretungen können alle mitmachen, die möchten. Zudem sind wir in diesem Rahmen nicht von dem autoritären Schulgesetz abhängig und können uns deswegen politisch positionieren. Im Rahmen von so einem Komitee ist es dann auch leichter Aktionen zu starten: ob Plakataktionen, wo die eigenen Schulbücher ausgestellt und kritisiert oder rassistische Stereotype auseinandergenommen werden. Auch ist es sinnvoll Veranstaltungen zu organisieren, wo man gemeinsam mit Mitschüler_Innen über aktuelle Themen wie Black Lives Matter, rassistische Polizeigewalt und rechten Terror oder die Situation von Geflüchteten diskutiert, da diese im Unterricht oftmals zu kurz kommen oder erst gar nicht thematisiert werden. Gibt’s Stress oder geht es darum sich gegen rassistische Lehrer_Innen oder Schulstrukturen zu wehren, ist es auch besser gemeinsam aktiv zu sein: Ob offene Briefe an Schüler_Innenvertretung oder die Öffentlichkeit, gemeinsame Protestkundgebungen oder gar Vollversammlungen zu dem Thema – zusammen organisiert’s sich leichter. Auch Mobilisierungen sind immer ein guter Ansatz, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Hat man es geschafft eine Diskussion zu starten oder weiß nicht, wie man konkret anfangen soll, kann man auch Themen miteinander verknüpfen: am 25.9. gibt’s den nächsten internationalen Klimastreik von Fridays for Future. Auch das kann und muss ein Anknüpfungspunkt sein, um in der Schule über Rassismus zu sprechen, schließlich finden viele der Umweltkatastrophen andernorts statt, weil imperialistische Länder wie Deutschland ihre Produktion in andere, ärmere Länder verlagern. Das kann man im Zuge der Mobilisierung thematisieren, gemeinsam auf den Streik gehen und sich danach weiter tiefgehender mit Rassismus an der eigenen Schule beschäftigen.

Also, lasst uns loslegen und gemeinsam gegen Rassismus an unseren Schulen kämpfen! ­

  • Lernen für’s Leben? Nur mit uns! Für Rahmenlehrpläne und Lehrmaterial organisiert von Schüler_Innen, Lehrer_Innen in Verbindung mit der Arbeiter_Innenbewegung! ­
  • Schluss mit Leistungsdruck & Spaltung: Gegen das 3-teilige Schulsystem und Privatschulen stattdessen eine Gesamtschule für Alle! Für massive Investitionen in das Bildungssystem, bezahlt aus der Besteuerung von Vermögen und Profiten! ­
  • Gemeinsam gegen Diskriminierung: Für unabhängige Meldemöglichkeiten bei Diskriminierungsfällen an der Schule organisiert durch Schüler_Innen! ­
  • Für den Aufbau einer Schüler_Innengewerkschaft, die gegen Sparmaßnahmen, Leistungsdruck und Diskriminierung kämpft!

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