Wie kandidiere ich als Schulsprecher_In?

Leonie Schmidt

Schulen sind größtenteils ein undemokratischer Raum: Lehrer_Innen vergeben ihre Noten teilweise nach Willkür, die Lehrpläne sind nicht nach unseren Bedürfnissen gestaltet, sondern werden fernab in einem Ministerium geplant und das Gefühl, dass es erwünscht ist, eigene Ideen einzubringen, wird auch nicht vermittelt. Es gibt nur sehr wenige Felder und Möglichkeiten für Schüler_Innen, ihre Rechte und Wünsche einzubringen oder durchzusetzen. Darunter fällt ein Amt in der Schüler_Innenvertretung und das Schulsprecher_Innen-Amt. Sie sind das Bindeglied zwischen Schüler_Innen und Eltern sowie Lehrer_Innen. Die meisten Jugendlichen interessieren sich aber wenig für diese formalen Ämter und wollen sich nicht zusätzlich damit Lasten aufladen. Sie überlassen es den Menschen, die es machen wollen: meistens Lieblingsschüler_Innen der Lehrer_Innenschaft oder Musterschüler_Innen die damit Noten und Lebenslauf aufbessern – aber definitiv keine Veränderungen im Schulalltag haben wollen.

Warum sollte ich kandidieren?

Klar, grundlegende Probleme des Schulsystems wie Leistungsdruck, Lehrpläne von oben und Konkurrenzdenken kannst du auch als Schulsprecher_In nicht allein und sofort abschaffen, denn den Einfluss von Schüler_Innen versucht die Schule meist aufs Geringste zu minimieren. Aber du kannst dafür sorgen, das Schulleben erträglicher zu machen. Auf der einen Seite bietet die Wahl die Möglichkeit, dass du viel besser Probleme der Schule thematisieren kannst. Auch gut ist es, die Probleme, die du an deiner Schule vor Ort hast, mit Problemen, die es überall gibt zu verbinden, beispielsweise rassistische Kommentare oder heruntergekommene Schulgebäude. Die späteren, regelmäßigen SV-Treffen sind außerdem eine Möglichkeit, mit allen Klassen der Schule einen Austausch haben. Daneben ist es aber sinnvoll, auch zu offenen Diskussionstreffen oder einem Schüler_Innenkommitee aufzurufen, damit auch Schüler_Innen, die keine Klassensprecher_Innen sind, zu Wort kommen und aktiv werden können. Insgesamt hast du durch die Wahl die Möglichkeit, mehr Menschen für Politik zu begeistern oder überhaupt erst einmal aufzuzeigen, dass auch viele kleine Probleme im Schulleben politisch sind.

Wie sollte ich kandidieren?

Ihr kennt es vielleicht aus trashigen amerikanischen High-School-Filmen: Schulsprecher_Innen werden nur die coolen, reichen Kids, die versuchen, ihre Wähler_Innenschaft mit Geschenken und coolen Partys zu beeinflussen. Aber ist das wirklich so? Nein. Wie bereits erwähnt, sind die meisten Menschen gar nicht wirklich an diesen Wahlen interessiert. Weil es ja angeblich eh nichts ändert. Also wäre es die erste Aufgabe, herauszufinden, was die jeweiligen Probleme an der Schule sind: schlechtes Kantinenessen? dreckige Klos? zubetonierter Schulhof? rassistische, sexistische Lehrer_Innen oder Mitschüler_Innen? Was auch immer es sein mag, dafür musst du dir Lösungen und Forderungen ausdenken, mit denen du deinen Wahlkampf untermauern könntest. Mit leeren Floskeln erreicht man meistens wenig. Es ist wichtig, deinen Mitschüler_Innen aufzuzeigen und durch dein Handeln im Amt zu beweisen, dass der Kampf für die Verbesserung unseres (Schul-)Lebens niemals sinnlos ist und dass wir selber dafür einstehen müssen, um gemeinsam kleine und größere Erfolge zu erzielen.

Hilfreich ist es dabei aber auch immer, mit den Schüler_Innen direkt in Kontakt zu treten. So findet man nicht nur ihre Probleme besser heraus, man zeigt auch Empathie und kann so auf die eigene Person aufmerksam machen. Für die meisten von euch wird es aber sicher zu teuer sein, einen ganzen Stoß Plakate und Poster selbst zu gestalten und zu drucken, deswegen lässt sich sowas auch von Hand malen. Dazu kannst du sicher auch Mitschüler_Innen um Hilfe bitten. Flyer solltet ihr aber am besten auf jeden Fall schreiben und drucken, denn den können sich eure Freund_Innen auch zuhause durchlesen (oder im Unterricht, wenn es gerade mal wieder langweilig ist).

Auch eine Banner-Drop-Aktion mit einer wichtigen Forderung oder auch mehreren kann eine coole Aktion sein, die für eure Mitschüler_Innen spannend sein kann, da es ja auch ein bisschen von normalen Wahlkämpfen abweicht. Außerdem könnt ihr so auch eure Freund_Innen oder interessierte Mitschüler_Innen integrieren. Schon durch solch kleine Aktionen könnt ihr zeigen, wie einfach es ist, zusammen was auf die Beine zu stellen.

Eine weitere Möglichkeit könnte eine kurze Kundgebung in der Hofpause sein – mit Megafon und einer knackigen Rede, die Probleme der Schule anspricht und eure Lösung dagegen aufzeigt. Oder eine Infoveranstaltung nach Schulende, in denen eure Mitschüler_Innen auch Fragen stellen und ihre Probleme erzählen können. Wie bereits erwähnt: Um gemeinsam etwas zu erreichen, sind Zuhören, Empathie und sich als Schüler_Innen zu organisieren und für etwas einzusetzen essentiell. Je größer die Basis/Zustimmung in der Schüler_Innenschaft, desto größer sind die Erfolgschancen, auch wirklich eure Ideen durchzusetzen.

Was soll ich tun, wenn ausschließlich durch die Schüler_Innenvertretung der Schule gewählt wird?
Dieser Fall ist natürlich immer blöd, da er eure demokratischen Rechte beschneidet. Hier solltet ihr euch dagegen einsetzen und möglichst vielen Leuten an eurer Schule klarmachen, wie scheiße es ist, dass nur die Klassensprecher_Innen das höchste Amt der Schüler_Innenschaft wählen dürfen. Dafür kann sich zum Beispiel auch ein unabhängiges Schüler_Innenkomitee zusammen finden, was für das Recht auf Direktwahl, aber auch andere Dinge eintreten kann. Aktionsformen für diesen Kampf sind eigentlich ähnlich, wie bei einer Kandidatur als Schulsprecher_In, wobei auch hier ein unabhängiges Komitee, wo auch alle Nichtgewählten mitarbeiten können, eine wichtige Stütze ist. Auch für den Fall, dass ihr trotz euer Bemühungen nicht Schulsprecher_In geworden seid, könnt ihr mit Aktionen des Schüler_Innenkomitees politischen Druck auf die SV ausüben.

Und wenn ich nicht gewählt werde?

Dann hast du trotzdem eine Menge Aufmerksamkeit bekommen und eine Diskussion angestoßen! Das ist der erste Schritt, um Politik in die Schule zu tragen. Ein zweiter Schritt ist es, sich mit den Leuten, die deine Ideen gut fanden, zu treffen und zu diskutieren, ob man vielleicht eine Kampagne zu einem bestimmten Problem macht, wie man sich zu bestimmten Fragen auch innerhalb der gesamten Gesellschaft positioniert und wie man das ganze verbinden kann. Also: Warte nicht, sondern werde aktiv!

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