Ende einer "Diktatur" – Baden-Wuerttemberg nach der Landtagswahl

Nach den Landtagswahlen vom 27.03.2011 steht Baden-Württemberg vor einem „historischem Neuanfang“.Die Schwarz/Gelbe Regierung von Ex-Ministerpräsident Mappus wurde abgewählt, wenn auch knapp. So hat die neue Grün/Rote Landesregierung unter der Führung des designierten Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann nur drei Landtagsmandate mehr als die zukünftige Schwarz/Gelbe Opposition. Das historische dabei ist,das zum ersten mal nach 58 Jahren die CDU nicht an einer Regierung beteiligt ist.

Diese lange Zeit gleicht schon fast einer „Diktatur“, wie sie in den nordafrikanischen Staaten zu Fall gebracht wurde. Der entscheidende Unterschied zu Nordafrika ist, dass diese „Diktatur“ nicht durch eine Revolution, sondern auf dem bürgerlich-demokratischem Weg beendet wurde.

Reaktionen auf das Wahlergebnis

Sehr unterschiedlich fielen die Reaktionen auf das Wahlergebnis aus,wie es bei solchen Wahlen eigentlich immer ist.Während die CDU und die FDP sich gegenseitig die Schuld an der Wahlniederlage geben, feiern sich Grüne und SPD selbst; und das, obwohl die SPD ihr schlechtestes Wahlergebnis aller Zeiten (23,1%) einfuhr. Trotzdem sagte SPD-Spitzenkandidat Nils Schmid, dass das Wahlziel der SPD erreicht worden sei. Mappus trat einen Tag später, am 28.03., als Vorsitzender der baden-württembergischen CDU zurück.

Und DIE LINKE ?

Für DIE LINKE, die zum ersten mal bei einer Landtagswahl in Baden-Württemberg antrat, war es eine heftige Wahlniederlage. Sie erreichte nur 2,8% aller Stimmen. Die Ursachen dafür sind vielfältig, ebenso wie die vertretenen Meinungen in der Partei selbst. Der wichtigste Grund war der Wahlkampf der LINKEN. Dieser war eher „handzahm“. So waren keine deutlichen Unterschiede zu anderen Parteien zu erkennen, vielmehr betrieb DIE LINKE eine „Nachtrabpolitik“. Es wurden fast identische Forderungen wie bei SPD und Grünen aufgestellt, nur dass DIE LINKE etwas mehr die soziale Kompetente betonte. Da ist es klar, dass sich viele Wähler_innen auf dem Weg zur Wahlurne überlegten, ob und warum sie DIE LINKE denn überhaupt wählen sollten.

Ein weiterer Grund für das miserable Wahlergebnis der LINKEN ist, dass sie sich kaum an den Protesten gegen S21 und Atomkraft beteiligten. So waren beispielsweise nur einzelne Landtagsabgeordnete der LINKEN bei den Blockaden gegen S21 mit dabei, und auch auf den Großdemos war die LINKE als solche fast nicht sichtbar. Das, was die Partei-Spitze nun öffentlich bedauert – nämlich dass alleine die Grünen die „Wahllorbeeren“ für S21 eingeheimst haben – ist vor diesem Hintergrund natürlich absolut hausgemacht.

Ebenfalls ein Grund für das Abschneiden der LINKEN ist das Fehlen eines eigenen, klaren Profils.

So sind die Positionen zu S21 beispielsweise sehr ähnlich mit denen von Grünen und SPD (so forderte DIE LINKE genauso einen Volksentscheid zu S21 wie es die SPD tat). Auch im Bezug auf andere Themen wie die Umwelt- und Energiepolitik oder auch der Bildungspolitik gab es kaum Unterschiede zu SPD und Grünen.

Kein Vertrauen in die Grün/Rote Landesregierung!

Doch auch in die neue Landesregierung sollte man sich keine all zu großen Hoffnungen machen. Trotz ihrer Wahlversprechen wie das Ende von S21 durch einen Volksentscheid oder der Stilllegung der alten AKW-Meiler brauchen wir uns keine Illusionen zu machen. Schließlich wird eine Grün/Rote Regierung dem Kapital und seinen Interessen genauso dienen wie es Schwarz/Gelb tut, und auch sie werden diese Interessen im äußersten Falle genauso „durchsetzen“ wie es Schwarz/Gelb am 30.09.2010 im Schlosspark tat (Räumung der Parkblockade wegen S21).

Bestes Beispiel dafür sind die Castor-Transporte im Wendland: als Rot/Grün die Bundesregierung stellte, prügelte sie die Transporte genauso durch wie es Schwarz/Gelb im letzten Jahr nicht nur in Stuttgart tat. Der damalige Umweltminister Jürgen Trittin rief sogar dazu auf, von den Castor-Protesten fern zu bleiben und kriminalisierte diese – vergangenen November fuhr er zusammen mit Claudia Roth ins Wendland und ließ sich als „Demonstrant“ von der Presse photographieren.

Und auch gerade in Sachen AKW-Stillegung darf man Grün/Rot auf keinen Fall vertrauen! Schließlich war es die Rot/Grüne Bundesregierung, die die heutige Laufzeitverlängerung der alten AKWs mit einem mehr als faulem „Atom-Kompromiss“ erst ermöglichte. Aus diesem Vertrag war jederzeit der Ausstieg möglich, was Schwarz/Gelb dann auch auf Bundesebene im letzten Herbst umsetzte.Und auch in der Bildungspolitik wird es trotz aller Versprechen wohl kaum Änderungen geben, genauso wenig wie in der Sozialpolitik, denn Rot/Grün war es, die Hartz IV und die Agenda 2010 beschlossen und diese auch konsequent umgesetzt haben.

Die Kardinalfrage wird sich für die neue Regierung, insbesondere die Grünen, bei S21 stellen. Natürlich haben die beteiligten Konzerne längst ihre Pfründe gesichert und entsprechende Verträge abgeschlossen, die sie auf rechtlicher Ebene absichern. Und da der „Rechtsstaat“ ein Staat für das Recht des Kapitals ist, wird es im Zweifel immer heißen: S21 wird gebaut werden. In gleicher Weise sind die Grünen vor zwei Jahren in Hamburg auf die Schnauze gefallen: ein Gericht hatte entschieden, dass das Kohlekraftwerk Moorburg nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Die Grünen haben sich natürlich für die Macht und den Bruch ihres Wahlversprechens entschieden – genauso wie bald in Stuttgart?

Alternative?

Das einzige, was man dieser Regierung entgegensetzten kann, ist der politische Kampf. Auch wenn die neue Landesregierung vertrauenswürdig erscheint, so wird sie, wie oben bereits erwähnt, den Interessen des Kapitals dienen. Man sollte nicht vergessen, dass Baden-Württemberg die Hochburg des deutschen Industriekapitals ist und gerade hier mit Nachdruck die Interessen des Kapitals mit allen Mitteln durchgesetzt werden, wie der 30.09.2010 gezeigt hat.

Mit anderen Worten: Grün/Rot wird genauso „Regierungsfähigkeit“ beweisen müssen, wie es Schwarz/Gelb schon tat.

Deswegen muss der Kampf gegen dieses System weitergeführt werden, egal welches „Farbenspiel“ der großen, etablierten Parteien gerade an der Macht ist. Insbesondere bei Stuttgart 21, aber auch bei den sozialen Fragen (Hartz 4) und den Folgen der Krise (Entlassungen z.B. bei Behr und Mahle) muss jetzt weiter entschieden Widerstand geleistet werden gegen die neue Landesregierung!

Nur durch die Überwindung des Systems, des Kapitalismus, können die Interessen der Mehrheit gegenüber einer kleinen Minderheit, die die Macht inne hat, durchgesetzt werden!

  • Kein Stuttgart 21! Sofortiger Baustopp und Abbruch der Bauarbeiten ohne Entschädigung für die Konzerne!

  • Keine Entlassungen! Für die Enteignung aller Betriebe, die mit Entlassungen drohen, unter Arbeiter_innenkontrolle!

  • Weg mit Hartz 4!

  • Durchsetzung der Gewerbesteuer! Konzerne wie Daimler, Mahle und Bosch sollen ohne Abschläge zahlen!

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