aus Mai 2024, Revolution Zeitung 2/2024
Das linke und antikapitalistische Spektrum ist vielseitig in ihren Zielen und Taktiken, ihren Schwerpunkten und Organisationsstrukturen. Hin und wieder finden sich für Großaktionen wie Demos Bündnisse zusammen, aber leider scheint die Zusammenarbeit nach dem gemeinsamen Projekt oft wieder zu enden. Dabei sind nur durch die verschiedenen Gruppen, die sich den Aufwand von Organisation und Mobilisation geteilt haben, überhaupt so viele Leute aufgetaucht. Diese Großveranstaltungen sind oft die Momente, die uns zeigen wie viel wir als Klasse erreichen können, wenn wir uns zusammen anstrengen, und es sind die Erfahrungen, die uns Mut und Hoffnung geben, die uns motivieren überhaupt politisch aktiv zu sein.
Um diese Energie effektiver zu nutzen und Ziele unserer Klasse zu erreichen, wurde die Einheitsfronttaktik entwickelt. Die Einheitsfront handelt direkt und geballt und stellt einen drastischen Gegensatz zu den leeren Versprechen der reformistischen Parteien dar. Wenn ihre „Brandmauer gegen rechts“ sich tatsächlich nur als eine schöne Redewendung entpuppt und kein Handeln folgt, erkennen mehr Arbeiter:innen, dass diese Strukturen unsere Gesellschaft nicht vor Gefahren wie dem Faschismus schützen können. Deswegen geht es bei der Einheitsfronttaktik auch nicht um intensive ideologische Überschneidung mit den Bündnispartnern, sondern um das Ernstnehmen einer Bedrohung und dem zielstrebigen Handeln auf der Basis einiger Kernprinzipien, über die man sich einig ist.
Was ist eine Einheitsfront?
In einer Einheitsfront kommen verschiedene Organisationen der Arbeiter:innenklasse zusammen, um ein bestimmtes Ziel zu verfolgen und diesem mit praktischen Aktionen näher zu kommen. Dabei arbeiten die Organisationen über inhaltliche Grenzen hinweg, ohne dabei die Kritik an den Positionen der anderen zu verstecken. Das Ziel der Einheitsfront sollte es sein, möglichst große Teile der gesamten Klasse in sich zu organisieren, um eine möglichst große Schlagkraft zu haben. Ein klassisches Beispiel für Einheitsfronten sind Gewerkschaften: Sie organisieren große Teile der Beschäftigten in einem Bereich über inhaltliche Auseinandersetzungen hinweg mit dem Ziel, möglichst gute Arbeitsbedingungen zu erkämpfen. Für uns als Revolutionär:innen ist die Einheitsfront deshalb so zentral, weil wir damit aus unserer Isolation von der Klasse ausbrechen können und reformistische Organisationen in der Praxis als Hindernis für die Interessen der Arbeiter:innen entlarven können. Außerdem sind sie ein besonders effektives Mittel, um die Interessen der Arbeiter:innen durchzusetzen.
Getrennt marschieren, vereint schlagen!
Damit die Einheitsfront ihren Zweck erfüllt und wir uns als Revolutionär:innen nicht darin verlieren, sondern Menschen für unsere Politik begeistern können, wurden verschiedene Prinzipien der Einheitsfront entwickelt. Sie lassen sich auf die Metapher „Getrennt marschieren, vereint schlagen“ herunterbrechen. Damit werden die zwei wichtigsten Punkte der Einheitsfronttaktik aufgegriffen: Organisatorische und propagandistische Unabhängigkeit und Einheit in der Aktion zur Erreichung eines Ziels. Reformistische Kräfte zeichnen sich dadurch aus, immer wieder die Interessen unserer Klasse zur Aufrechterhaltung ihrer Stellung in der Gesellschaft zu verraten. Die richtige Anwendung der Einheitsfronttaktik zeigt sich dann, wenn Revolutionär:innen es schaffen, die reformistischen, anarchistischen, zentristischen, etc. Kräfte und deren Taktiken zu entlarven. Dafür ist die organisatorische Unabhängigkeit super wichtig, denn nur so können wir überhaupt ordentliche Kritik formulieren und die Reformist:innen in der Praxis entlarven. Um aber auch den Zweck der Einheitsfront zu erreichen, beispielsweise einen Rechten Aufmarsch aufzuhalten und eine linke/proletarische Perspektive entgegenzustellen, muss die Einheit in der Aktion gegeben sein.
Dass der Begriff Einheitsfront so selten fällt, obwohl es eigentlich eine notwendige Taktik ist, liegt daran, dass große reformistische Strukturen näher an bürgerlichen Parteien stehen und lieber „nach bürgerlichen Regeln spielen“ als „radikalere“ und kämpferische Alternativen in Betracht zu ziehen. Außerdem besteht die berechtigte Angst, dass die reformistischen Führungen die Kontrolle über „ihre“ Basis verlieren könnten. Es ist also unsere Aufgabe, solche Einheitsfronten aufzubauen und die reformistischen Führungen in diese zu zwingen, wenn sie nicht von sich aus mitarbeiten. Dafür müssen wir die Führung unter Druck setzen, zum Beispiel indem wir die Basis gegen sie mobilisieren. Dabei kann es von Vorteil sein, selbst in der Organisation, beispielsweise einer Gewerkschaft, Mitglied zu sein, um einfacheren Zugang zur Basis zu haben.
Aber die Einheitsfront ist nicht nur eine Taktik für abstrakte Notlagen in der Zukunft. Der aktuelle Rechtsruck in Deutschland und Europa lässt rechte Hetze hochkochen und führt in eine ungewisse Zukunft. Viele Menschen, besonders mit Migrationshintergrund oder betroffen von Armut machen sich Sorgen wie sehr sich ihre Lage noch verschlechtern wird mit dem Kurs den rechte und moderate Strömungen in Deutschland gerade anstreben. Deswegen ist es notwendig, mit einem breiteren Spektrum an Organisationen zusammenzuarbeiten, denn in der Masse liegt die Schlagfähigkeit. Außerdem zeigt uns der Rechtsruck, wie wichtig es ist, die Massen für kommunistische Politik zu überzeugen, denn nur revolutionäre Politik kann den Rechtsruck und dessen perfide Auswirkungen effektiv bekämpfen und ein für alle Mal beenden.