internationale Resolution der kommunistischen Jugendorganisation REVOLUTION, Mai 2025
33 Minuten Lesezeit
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine läuft nun seit knapp über drei Jahren. Auch wenn Krise und
Auseinandersetzung seit 2014 anhält, ist der Angriff den wir seit Anfang 2022 sehen eine
Zuspitzung welche nicht nur die Frage der Unabhängigkeit der Ukraine auf den Tisch wirft, sondern auch die der Neuafteilung der Welt zwischen den Großmächten. Als junge Revolutionär:innen brauchen wir eine klare Haltung und Handlungsorientierung für einen der heftigsten Kriege seit dem 2. Weltkrieg. Wir versuchen uns in diesem Papier thesenhaft an einer Orientierung für die jetzige Situation. Das ist auch zwingend nötig, denn es ist nicht unwahrscheinlich, dass dieses Jahr zum entscheidenden für den Russisch-Ukrainischen Krieg wird.
Der Ukrainekrieg ist seit längerer Zeit in einem Stellungskrieg erstarrt, bei dem wenig Gebiet eingenommen, aber auch wenig Gebiet verloren wird. Es kommt hin und wieder zu Vorstößen von beiden Seiten, aber seit den Niederlagen der Ukraine in den Schlachten um Bachmut und Awdijiwka, und der erfolglosen ukrainischen Sommeroffensive 2023, ist die Ukraine in die Defensive geraten. Stellungskrieg heißt dabei sicher nicht, dass es nicht zu hohen Todeszahlen kommt. Die genauen Informationen sind nicht zugänglich, es dürften sich aber auf beiden Seiten um mehrere Hunderttausende Opfer handeln (die meisten davon an der Front). Der Krieg erinnert frappierend an die Westfront des 1. Weltkriegs, in dem auch jeder Meter Frontverschiebung zum Preis von Menschenleben erkauft wurde.
Trotz der Hoffnung des Westens durch die Lieferung von hochtechnologischen Angriffssystemen (Kampfpanzer (Abrams, Challenger, Leopard), Schützenpanzer (diverse IFVs), Flugzeuge (sowohl alte MIG wie auch modernere F16), Raketen- (HIMARS, Storm Shadow, ATACMS) und Artilleriesysteme (Ceasar, M777, inklusive Streumunition)) der Ukraine zu ermöglichen, verlorenes Territorium zurück zu erobern, konnte das bisher nicht realisiert werden. Vielmehr kommt Russland in dem Abnutzungskrieg Stück für Stück geländemäßig vorwärts, wenn auch in einem sehr langsamen Tempo. Sowohl Russland als auch die Ukraine haben Probleme damit, die Verluste der in den Fleischwolf der Ostukraine geworfenen Soldat:innen zu kompensieren. Auf ukrainischer Seite wurde zwar zu Beginn des Krieges eine Generalmobilisierung verkündet, aber wirklich durchgezogen wurde sie nicht. Die ukrainische Regierung schreckte vor allem davor zurück, die gut ausgebildete und dadurch kampfstärkste Generation der 18-25 jährigen zu mobilisieren. Auf russischer Seite gab es bisher auch nur eine Teilmobilisierung und der Bedarf an Soldaten wird in erster Linie durch Freiwilligenmobilisierungen gedeckt, wie „freiwillig“ das oft ist, bleibt fraglich.
Der Ukrainekrieg ist der Krieg, der bisher den höchsten Technologieeinsatz hat. Neben klassischem schweren Kriegsgerät wie Artilleriesystemen und Panzern, spielen Drohnen in der Kriegsführung eine immer zentralere Rolle, und werden zum häufig tödlichen Schrecken für vorrückende Soldat:innen. Ebenfalls mit KI, zum Beispiel für die Auswahl von Zielen, wird immer wieder experimentiert.
Doch wie konnte es zu so einem Krieg kommen, der in seiner Intensität (was die Schwere der Kampfhandlungen betrifft) wohl nur von den beiden Weltkriegen übertroffen wird? Um das zu verstehen, beginnen wir zunächt mit einem Überblick der jüngeren Geschichte der Ukraine und ihrem Verhältnis zum Russischen Imperialismus.
Der russische Überfall auf die Ukraine im Jahr 2022 war kein isoliertes Ereignis, sondern das Ergebnis der sich zuspitzenden Verhältnisse zwischen imperialistischen Blöcken – dem „Westen“ und Russland – nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 und im Kontext eines globalen Machtkampfs um die Neuaufteilung der Welt.
Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion stand der junge ukrainische Nationalstaat vor tiefgreifenden wirtschaftlichen Krisen, die eine chronische politische Instabilität nach sich zogen. Eine kleine Gruppe ehemaliger Funktionär:innen nutzte gezielt die Überreste der stalinistischen Bürokratie, um sich im Zuge der kapitalistischen Restauration und umfassender Privatisierungen massiv zu bereichern. In diesen neuen Verhältnissen bildete sich eine neue mächtige Oligarchie.
Aufgrund der engen wirtschaftlichen und politischen Verflechtungen mit dem russischen Imperialismus sowie einer bedeutenden russischsprachigen Minderheit im Süden und Osten des Landes, geriet die Ukraine in ein Spannungsverhältnis zwischen pro-russischen und pro-westlichen Oligarch:innen. Weder wirtschaftlich noch militärisch in der Lage, selbst zur imperialistischen Macht aufzusteigen, sah sich die Ukraine gezwungen, sich einem der beiden Blöcke – dem westlichen oder dem russischen – in halbkolonialer Abhängigkeit anzuschließen. Das Ergebnis war eine zwischen den Lagern hin- und herpendelnde staatliche Politik.
Diese inneren Widersprüche spiegelten sich auch in der demografischen Struktur des Landes wider: Der Süden und Osten waren stark von der russischen Sprache, Kultur und historischen Bindungen an Russland geprägt, während im Westen ein ausgeprägter ukrainischer Nationalismus mit pro-westlicher Orientierung vorherrschte.
Die Euromaidan-Bewegung 2014 stellte die Zuspitzung dieser Widersprüche dar. Der damalige ukrainische Präsident Janukowytsch war Vertreter der pro-russischen Fraktion und zog sich im Laufe des Jahres 2014 von einem EU-Assoziierungsabkommen zurück, das von seinem pro-westlichen Vorgänger in die Wege geleitet worden war. Daraufhin begannen nationalistische Kräfte, die eine Bindung an den Westen forderten, einen Protest gegen Janukowytschs Politik auf die Straße zu tragen. Als dessen Regime mit Gewalt antwortete und es zu Schüssen auf Protestierende kam, wagten die führenden rechten und
faschistischen Kräfte der Bewegung einen Putsch gegen die ukrainische Regierung. Diese wurde abgesetzt und durch eine pro-westliche Regierung ersetzt. Damit nahm die Unterdrückung der russischen Minderheit im Süden und Osten der Ukraine zu, deren Sprache und Autonomie in der Folge weitreichend eingeschränkt wurden. Als sich im Osten der Ukraine Widerstand gegen diese Entwicklungen formierte, griffen faschistische Banden auf die Ostukraine über und wurden nur durch Selbstverteidigungskräfte der russischen Minderheit gestoppt. Dem folgte die russische Annexion der Krim – zum Halt der strategisch wichtigen Krimhäfen, aber auch zum Schutz der russischen Minderheit – und die Erklärung der Unabhängigkeit der Volksrepubliken Luhansk und Donezk durch Separatist:innen.
Die Volksrepubliken führten in der Folge einen bis 2022 andauernden Bürger:innenkrieg gegen die ukrainische Zentralregierung. Auch wenn die Separatist:innen in der Folge stark vom russischen Imperialismus, die Zentralregierung hingegen vom westlichen Imperialismus abhängig waren, darf das Recht auf Selbstbestimmung der russischstämmigen Separatist:innen nicht untergraben werden.
Friedensbemühungen wie das Minsker Abkommen von 2015, das Autonomie und Sprachrechte zugesichert hätte, wurden mehrfach sabotiert. Das westlich-russische Konkurrenzverhältnis, aber auch die innere Konkurrenz des westlichen Blocks zwischen EU und USA, trugen nicht zu einer Befriedung des Konflikts bei. Die Eskalation des ukrainisch-russischen Konflikts setzt trotz der Annexion der Volksrepubliken durch Russland auch den ukrainischen Bürger:innenkrieg in anderer Intensität fort.
Die Zuspitzung der Auseinandersetzung zwischen imperialistischen Blöcken in und um die Ukraine mündeten im russischen Überfall 2022. Der Westen drohte die Ukraine durch Aufrüstung und wirtschaftliche Durchdringung zu seiner eigenen abhängigen Halbkolonie zu machen – ein Zustand, den Russland mit Gewalt zu verhindern suchte, als es den dauerhaften Verlust seines Einflussgebietes fürchtete. Doch die anfänglichen Erfolge blieben aus, und der Widerstand der ukrainischen Streitkräfte führte dazu, dass die Invasion bislang kaum nennenswerten Gebietsgewinne brachte. Stattdessen forderte sie zig- bis hunderttausende Tote und verwandelte weite Teile des Landes in ein Schlachtfeld.
Der Krieg in der Ukraine weist in seiner Geschichte gleich mehrere Ebenen auf, die es zu berücksichtigen gilt. Den innerimperialistischen Konflikt zwischen dem Westen und Russland, den Kampf um nationale Selbstbestimmung innerhalb der Ukraine, und damit auch die Fortführung des Bürgerkriegs, und den Verteidigungskampf der Ukraine selber gegen den Angriff des imperialistischen Russlands.
Der reaktionäre Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar 2022 hebt den zuvor bereits
brodelnden Konflikt auf ein neues Level. Die imperialistische Aggression stellt das Selbstbestimmungsrecht der ukrainischen Bevölkerung nun offen in Frage. Die Behauptung einiger Linker, Russland werde „angegriffen“, weil die NATO zunehmend in seine Einflusssphäre eindringe, ist als Entschuldigung dieser Aggression gemeint, verdeutlicht aber vielmehr den zwischenimperialistischen Aspekt des Konflikts sowie die Gefahr, dass er sich zu einem zwischenimperialistischen Krieg von beispielloser Zerstörung ausweiten könnte.
Was will Russland?
Die Interessen des russischen Imperialismus in der Ukraine sind klar: Es geht um die Sicherung
sogenannter „traditioneller Einflussphären“, da die Ukraine sowohl industriell, agrarisch als auch
rohstofftechnisch ein bedeutender Bestandteil des russischen Monopolkapitals war – und es aus
Sicht der herrschenden Klasse Russlands wieder werden soll. Russischsprachige Minderheiten
sowie historische Verbindungen werden dabei gezielt instrumentalisiert, um politischen und
militärischen Druck auszuüben und Vorwände für Aggressionen zu schaffen.
Da Russland nicht über die ökonomischen und ideologischen Mittel des Westens verfügt –
Stichwort „Demokratie!“ – bleibt ihm vor allem die militärische Stärke, um im Konzert der
Großmächte mitzuspielen und seinen Einfluss zu behaupten. Die zunehmende Aggressivität ist
Ausdruck seiner relativen Schwäche, ein Versuch, durch immer brutalere Mittel seine
Machtansprüche und Interessen dennoch durchzusetzen.
Der Verlauf des Krieges
Einerseits war die russische Armee nicht in der Lage, einen entscheidenden Sieg gegen die vom
Westen hochgerüstete und im Selbstverteidigungswillen motivierte ukrainische Armee zu erringen. Andererseits stellt der derzeit stattfindende Abnutzungskrieg zunehmend eine ökonomische Frage dar. Russland gewinnt an Boden, weil es seine Wirtschaft erfolgreich auf Kriegswirtschaft umgestellt hat. Die quantitative Versorgung der Truppen mit militärischem Material wird immer entscheidender. Die russische Ökonomie hat sich in diesem Prozess eindeutig als imperialistische Macht erwiesen: Die Ausfälle von Kapital- und Warenimporten konnten mit nur leichten Einbrüchen abgefedert werden. Die Waffenproduktion wurde um 68 % gesteigert und macht mittlerweile 6,5 % des BIP aus. Nach einer Rezession im Jahr 2022 ist die russische Wirtschaft 2023 wieder um 2,8 % gewachsen. Natürlich haben steigende Importpreise und die Kriegswirtschaft auch zu einer Inflation von rund 7% geführt. Die Hauptleidtragenden sind, wie in jedem Krieg, die Arbeiter:innen, die mit steigenden Lebenshaltungskosten und einem eingeschränkten Angebot zukämpfen haben.
Der globale Charakter des Russischen Imperialismus
Der russische Imperialismus ist nicht nur in der Ukraine aktiv, nicht einmal nur in Europa. Im Zuge
der Blockbildung nahmen auch Stellvertreter-Konflikte in Afrika zu. Dort unterstützt das Putin Regime verschiede bewaffnete Gruppen, allen voran die russischen „Wagner“-Söldner, denen zahlreiche Verbrechen gegen Zivilist:innen vorgeworfen werden. Der russische und chinesische Imperialismus zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihre Einflusssphären nicht durch das angebliche Wahren von Menschenrechte und Demokratie durchsetzen wollen, und die halbkolonialen Länder, welche oft diktatorische Regime haben, nicht an ihren autoritären Maßnahmen zu hindern versuchen (auch wenn der Westen das selber häufig nur symbolisch tut). Die Innenpolitik von abhängigen Staaten wird seltener durch diese Imperialist:innen angefochten, was auf viele wirkt, als ob sie freundlicher und respektvoller währen als die westlichen Ausbeuter:innen. Dabei ist es aber auch nur eine Frage der Zeit, wann die Bourgeoisien in Moskau und Beijing beschließen, ihren Preis zu fordern. Putin und Xi sind sicher um nichts humaner als die Herrschenden im Westen.
Nationale Unterdrückung in Russland
Auch innerhalb der eigenen Grenzen unterdrückt der russische Staat nationale Minderheiten. Wer an die Front geht bekommt ein gutes Gehalt und wer stirbt, dessen Familie bekommt sogar noch mehr Geld. Das führt dazu, dass besonders aus verarmten Regionen die überausgebeutet werden, überdurchschnittlich viele Soldaten in die Ukraine geschickt werden und dort sterben. Am stärksten betroffen sind Regionen in denen unterdrückte Minderheiten leben. Nach dem Zerfall der Sowjetunion war die russische Föderation gezwungen, Gebiete aufzugeben. Umso brutaler klammert sie sich an die noch erhaltenen Gebiete. So in Tschetschenien, wo zwei blutige Kriege zu tausenden Toten geführt haben, da der russischen Imperialismus um jeden Preis eine Loslösung der Kaukasusregion verhindern wollte.
Wofür müssen Linke kämpfen?
Die entscheidende Aufgabe aus linker Perspektive besteht darin, diesen reaktionären Krieg in einen Klassenkampf zu transformieren. Die Unterstützung antiimperialistischer Kräfte in Russland ist dafür unerlässlich. Während unser übergeordnetes Ziel der Sturz der russischen Regierung durch eine demokratische Antikriegsbewegung und der Aufbau einer breiteren sozialistischen Bewegung ist, sehen wir den Sturz Putins nicht als Vorbedingung für eine russische Niederlage. Vielmehr steigen die Aussichten auf seinen Sturz mit der militärischen Niederlage der russischen Streitkräfte. Im Zusammenhang mit dem ukrainischen Widerstand gegen die imperialistische Aggression unterstützen wir deshalb eine militärische Niederlage Russlands und den vollständigen Rückzug aus den besetzten Gebieten! Weder der russische, noch der westliche Imperialismus können wirklich Frieden und Unabhängigkeit bringen. Die Situation heute macht auch deutlicher denn je, dass kapitalistische Staaten die nationale Frage nicht lösen können. In allen Ländern müssen wir daher die Unabhängigkeit der Arbeiter:innenklasse erhalten und ausbauen. Dem bürgerlichen Staat, aber auch Stalins Sozialismus in einem Land, stellen wir eine sozialistische Föderation in Europa und Asien entgegen. Anstatt uns zu teilen und uns einem imperialistischen „Team“ anzuschließen, wollen wir die Weltrevolution und das Ende aller Imperialist:innen!
Der zwischenimperialistische Konflikt hat sich mit der Invasion Russlands in die Ukraine und der beispiellosen wirtschaftlichen und militärischen Unterstützung der westlichen NATO-Staaten klar
herauskristallisiert. Dabei wurde im Verlaufe des Krieges immer deutlicher, dass der westliche
Imperialismus, allen voran die USA, ein Interesse daran hat, Russland als imperialistischen Rivalen
zu schwächen. Die damit einhergehende demokratische Rhetorik der NATO ist lediglich eine
heuchlerische Farce.
Verhältnis zum Hauptwiderspruch USA vs China
Der Ausbruch des Krieges hat den aktuell weltbestimmenden Konflikt der Blockbildung zwischen
den USA und China weiter verschärft. In dieser Auseinandersetzung wurde Russland stärker an den Chinesischen und die EU an den US-Imperialismus gebunden. Russlands Imperialismus hat seine Stärke im Militär. Diese Stärke muss aus Sicht des Westens und der USA für den kommenden Konflikt mit China möglichst klein bis inexistent werden. Die Bindung der EU an den US-Imperialismus konnte vor allem durch die Sanktionen und die darauffolgende Zerstörung der Beziehungen zwischen EU-Staaten und Russland vollzogen werden. Seit kein Öl und Gas aus Russland mehr importiert wird, sind die Importe von LNG-Gas aus den USA in die Höhe geschossen.
Wirtschaftskrieg
Auf der wirtschaftlichen Ebene ist die Unterstützung der Ukraine längst zu einem Wirtschaftskrieg gegen Russland geworden. Russland soll von der Weltwirtschaft isoliert und darüber geschwächt werden. Die Sanktionen treffen Russland jedoch kaum, die russische Wirtschaft war darauf vorbereitet und wurde immer mehr zu einer Kriegswirtschaft umgebaut. Vor allem aber hat sich nicht nur China, sondern auch ein Großteil der Halbkolonien geweigert, die Sanktionen mitzutragen, sodass in der Konsequenz hauptsächlich die EU-Staaten die wirtschaftlichen Folgen tragen mussten. In der Folge befindet sich die EU und insbesondere Deutschland in einer immer komplizierteren Konjunkturkrise. Steigende Energie- und Lebensmittelpreise sowie hohe Inflationsraten treffen hier besonders die Arbeiter:innen und Jugendlichen. Gleichzeitig besteht die politische Antwort der Regierungen auf die Krise in sozialen Angriffen und Kürzungen.
Aufrüstung in Europa
Durch den Ukrainekrieg ist für den westlichen Imperialismus eine perfekte Möglichkeit zur massiven Aufrüstung entstanden. Kurz nach Beginn des Krieges wurde in Deutschland ein 100 Mrd.-Paket für die Bundeswehr beschlossen. Anfang 2025 kam ein weiteres Paket von 500 Mrd. für das Militär und weitere 500 Mrd. für die Infrastruktur. Über Ringtausche wird altes Kriegsmaterial abgegeben und durch neues ersetzt. Dieser Ringtausch gilt im Jahr 2025 als abgeschlossen. Deutschland spielt bei der europäischen Aufrüstung eine zentrale Rolle: Durch das große Eisenbahnnetz und grenzüberschreitenden Verkehr ist es Drehachse der Hochrüstung Europas. Die 500 Mrd. für die Infrastruktur sollen hier weitere Abhilfe schaffen und die Infrastruktur für weitere, größere und schwerere, Kriegstransporte fit machen. Stillgelegte Gleise werden reaktiviert, Weichen, die längst aufgegeben wurden, neu gebaut, die Elektrifizierung vorangetrieben. In unseren Schulen spüren wir die Auswirkungen ebenfalls stark. Ob auf Jobmessen, wo die Bundeswehr fürs Töten wirbt, Kriegspropaganda auf Monitoren oder Besuche von Offizier:innen in unseren Schulen, all das hat in den letzten Jahren zugenommen. Zusätzlich sollen in Deutschland die über 18-Jährigen über ihre Kriegstüchtigkeit befragt werden, um darauf Musterungen aufzubauen. Die neue Regierung von Merz, aber auch schon die Ampelregierung, steuern auf eine Wiedereinführung der Wehrpflicht zu.
Wie müssen wir uns verhalten?
Als Jugend und als Arbeiter:Innenklasse in den westlichen imperialistischen Staaten müssen wir einem zwischenimperialistischen Krieg entschieden entgegentreten! Gleichzeitig müssen wir auch das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine berücksichtigen und verteidigen. Wie sieht dies jedoch konkret aus? Die wichtigste Aufgabe der Jugend und Arbeiter:innen in den imperialistischen Ländern, welche die Ukraine in immer tiefere ökonomische, militärische und politische Abhängigkeit verwickeln wollen, besteht darin, sich in Wort und Tat gegen diese neo-koloniale Politik zu organisieren. Wir wissen, das der Imperalismus nicht im Interesse der national Unterdrückten handeln wird und immer in seinem eigenen imperialistischen Interesse, weswegen wir in seinen Parlamenten dagegen stimmen, Waffen unter den Bedingungen der Imperialisten zu liefern. Statt dieser falschen Solidarität fordern wir eine echte Solidarität mit den Arbeiter:innen und Jugendlichen in der Ukraine und als Teil dessen:
Die gegenwärtige Weltlage befindet sich in einer grundlegenden kapitalistischen Krise, die ihren ersten tiefen Riss in der Finanzkrise 2008 gezeigt hat. Diese Krisenperiode, die sich in verschiedenen ökologischen, sozialen, militärischen, ökonomischen und vielen weiteren Zuspitzungen der Wiedersprüchlichkeit des Systems widerspiegelt, hat nun eine neue Phase erreicht, die vor allem durch den Ukrainekrieg in ein offeneren Zustand getreten ist. In dieser neuen Phase geht es nicht „nur“ um Wirtschaftskrisen oder lokale Kriege – es geht um die offene, teils kriegerische, Neuaufteilung der Welt zwischen den imperialistischen Mächten, allen voran den USA, Russland und China. Die Imperialistischen Mächte der EU (v.a. Deutschland, Frankreich und Italien) sowie Großbritannien und Japan, einst dominierende Imperialisten, befinden sich auf dem absteigenden Ast, müssen sich anderen unterodnen, schaffen es verzweifelt nicht, sich neu zu orientieren und etablieren.
Langfristige Krisenperiode seit 2008
Seit 2008 befinden wir uns in einer anhaltenden Krisenperiode, die sich nicht nur durch eine stagnierende Durchschnittsprofitrate auszeichnet, sondern auch durch einen tiefgreifenden Zerfall globaler Produktionsketten. In zahlreichen wieder oder neu aufflammenden Konflikten – wie in Syrien, Libyen, Kaschmir, dem Sudan und Myanmar – zeigen sich die imperialistischen Auseinandersetzungen, die von den großen kapitalistischen Mächten teils selber geführt, aber noch öfter verschärft und ermöglicht, werden. Der Aufstieg Chinas und auch Russlands als globale Konkurrents zu den älteren Imperialisten hat die weltpolitische Landschaft bereits lange vor demUkrainekrieg verändert. Die imperialistischen Kräfte versuchen, ihre Einflusszonen auszuweiten oder zumindest zu erhalten, was u.a. durch die Aktivitäten in Westafrika (z.B. die russische Rolle in der Zentralafrikanischen Republik) und durch den fortwährende Krieg in der Ukraine verdeutlicht wird. Auch die US Ambitionen, Gebietsansprüche wie den „Grönlandkauf“ von Dänemark zu erlangen oder den Panamakanal zu kontrollieren, sind Teil dieser Imperialistischen Neuordnung.
Blockbildung vor dem Ukrainekrieg
Vor dem Ukraine-Krieg war die Frage, ob die EU es schaffen würde, ein imperialistischer Akteur zu
werden, der eigenständig auftritt und international handlungsfähig ist, eine zentrale. Dies war insbesondere mit Blick auf ein mögliches Bündniss mit Russland und dem Aufstieg Chinas für die USA eine Bedrohung, die dessen Stellung als Welthegemon herausfordern hätte können. Der Ausbau von Militärkapazitäten im Ostpazifik und ein klareres wirtschaftliches Konkurrenzverhalten zeigten wiederum, dass die USA sich zunehmend eine Konfrontation mit China als Hauptkonkurrenten vorbereitet. Die Frage stellte sich, ob andere abgestiegene Großmächte – wie Japan oder Großbritannien – es schaffen könnten, eine stärkere Rolle zu spielen, ohne völlig von den USA abhängig zu sein.
Blockbildung nach dem Ausbruch des Ukrainekrieg
Der Ukraine-Krieg hat die geopolitische Landschaft dramatisch verändert. Der Bruch zwischen der EU und Russland, durch den beiden Seiten verlieren, ist in nächster Zeit erstmal nicht umkehrbar. Jedoch ist nicht auszuschließen, dass sich das mit Veränderung im imperialistischen Weltgefüge auch irgendwann wieder ändern kann. Russland wird inzwischen von den USA als bedeutende militärische Macht anerkannt, wobei das Ziel vor allem darin besteht, Russland weiter von der EU abzudrängen. Russland versuchte in der Phase seit Kriegsausbruch, ein limitiertes taktisches Bündniss mit China einzugehen, um weiterhin Absatzmöglichkeiten für seine Rohstoffe zu haben. Die EU hat sich in dieser neuen Blockbildung völlig der USA untergeordnet. Sie hat es nicht geschafft, den Krieg eigenständig fortzuführen oder eine entscheidende Rolle in den Verhandlungen zu spielen um ihre eigenen Interessen umzusetzen. Die EU ist ohne die militärische und politische Unterstützung der USA in diesem Konflikt fast machtlos. Der NATO-Beitritt von Schweden und Finnland zeigt ebenfalls, wie sehr sich die EU unter die USA begibt, um die Sicherheit ihrer imperialistischen Interessen zu garantieren, da sie dazu alleine wohl nicht in der Lage wäre.
Donald Trumps Versuche den US-Imperialismus neu aufzustellen
Mit der Amtsübernahme von Donald Trump wurde eine neue Phase in der Neuaufteilung der Welt eingeleitet. Trump versuchte, den Fokus der US-Imperialisten von Russland noch stärker auf China
zu verlagern. Der Handelskrieg, die Erhöhung von Zöllen auf chinesische Waren und der weitergehende Ausbau von Militärbasen im südchinesischen Meer, Japan, Südkorea und den Philippinen verdeutlichen diese Strategie. Trump wollte nicht nur China wirtschaftlich und militärisch eingrenzen, sondern auch einen Teil der globalen Produktionsketten, von China in die USA, schwächen. Das Ziel war, die USA von der chinesischen Wirtschaft weniger abhängig zu machen und gleichzeitig einen neuen Block von Ländern zu schaffen, die sich zunehmend von China distanzieren und den USA unterordnet. Auch versuscht Trump relativ offen, Russland aus seinem Bündnis mit China herauszubrechen, während er traditionelle US-Verbündete, die er als „wertlos“ im Kampf gegen China sieht, offen brüskiert. So die EU der Kanada.
Die EU als Verliererin dieser Entwicklungen
Die EU hat sich als klare Verliererin der letzten imperialistischen Entwicklungen herausgestellt. Im Konflikt mit Russland ist sie zur entschiedensten Unterstützerin der Ukraine geworden, hat jedoch keine eigenen strategischen Mittel, um den Krieg zu beeinflussen oder zu beenden. Stattdessen ist sie gezwungen, sich vollständig der US-Strategie unterzuordnen, ohne eine eigenständige politische Linie zu entwickeln. Der Ukraine-Konflikt hat auch gezeigt, dass die EU militärisch und wirtschaftlich nicht in der Lage ist, ihre eigenen Ziele erfolgreich zu verfolgen. Die EU konnte nicht verhindern, dass Russland weiter auf der globalen politischen Bühne agieren kann, die westlichen Sanktionen wurden selbst von traditionellen Verbündeten wie Israel, der Türkei oder Saudi-Arabien nicht mitgetragen und laufen stattdessen auf dem Rücken der EU, und auch in den Verhandlungen ist sie machtlos. Ihre Rolle wird zunehmend von den USA bestimmt, die EU agiert in dieser neuen Weltordnung zunehmend als reine Gehilfin der USA. Dennoch zeigt sich mit Amtsantritts Trumps die Brüchigkeit dieser imperialistischen Bündnisse – und die Frage der politische Vereinigung Europas stellt sich vermehrt, da es den europäischen Imperialisten sonst unmöglich ist, sich als eigenständiger imperialistischer Akteur hervorzutun. Daran wird deutlich, dass wir trotz abzeichnender Tendenzen, keine für immer feststehenden Aussagen über die widersprüchlichen Dynamiken im imperialistischen Weltsystem abgeben können.
Da es oft um Einflusssphären und territoriale Neuafteilung geht, kommt der nationalen Unterdrückung eine besondere Relevanz zu. Auch wenn wir keine Nationalist:innen sind, vertreten wir die Haltung, dass jedes unterdrückte Land selbst entscheiden können sollte, wie es sich verwaltet. Nationale Unterdrückung abzuschütteln kann oft nur mit einem Abschütteln der unterdrückenden Nation erreicht werden. Wir sehen das an Kämpfen wie in Rojava oder Palästina, aber auch in der Ukraine. In der Ukraine wird das umso deutlicher, desto stärker der Krieg sich seinem Ende entgegen neigt.
Waffenruhe und imperialistischer „Frieden“
Seit dem Amtsantritts Donald Trumps im Weißen Haus versuchen die USA den Ukrainekrieg zu beenden. Noch im Wahlkampf versprach Trump dies an Tag 1 seiner Präsidentschaft umzusetzen. Kalkül dahinter ist wohl zum einen, Ressourcen lieber in den Pazifik und in einen kommenden Konflikt mit China zu stecken, als in einen Krieg, den die Ukraine gerade augenscheinlich verliert. Stattdessen versucht Trump, Russland von China loszulösen und zumindest in einem kommenden Konflikt neutral zu halten.
Aktuelle Perspektive
Da Russland aktuell den Krieg gewinnt und Trump sich schon mehrmals öffentlich auf einen Frieden als Option festgelegt hat, ist dieses in einer sehr starken Verhandlungsposition und verlangt entsprechend viel. Ein innerimperialistischer Frieden, bei aktuellen Kräfteverhältnissen, läuft auf eine Niederlage der Ukraine im Kampf um ihre nationale Selbstbestimmung hinaus. Solch ein Frieden muss selbst gegen das Kollaborationsregimes Zelenskys durchgesetzt werden. Dessen Abhängigkeit und Hilflosigkeit gegenüber den USA haben Trump und Vize Vance jedoch Anfang März 2025 unter Beweis gestellt, als sie Zelensky in einer Liveübertragung demütigten. Dem Zelenskyregime bliebt trotz Unterstützung aus Großbritannien und Frankreich nichts übrig, als sich den USA zu fügen, die Perspektive des Friedens zu akzeptieren und den Ausverkauf des Landes durch den Rohstoffdeal mit den USA auf ein neues Level zu heben. Gleichzeitig lässt Trump bei dieser Entwicklung die europäischen Imperialisten, allen voran Deutschland, Frankreich und Großbritannien, außen vor. Dies hat das traditionelle westliche Bündnis in Frage gestellt und wirft eine strategische Neuorientierung für die politisch geschwächten europäischen Imperialisten auf. Insgesamt ist die Wahrscheinlichkeit eines innerimperialistischen Friedens aufgrund der Linie der
US-Führung hoch, allerdings führen die Forderungen Russland auch zu gegenläufigen Tendenzen.
Charakter des Friedens
Welche Auswirkungen hätte ein solcher Frieden auf den Charakter des Krieges und die Weltlage, bzw. welche Auswirkungen hat die Tendenz zum Frieden bereits heute? Die Ebene des innerimperialistischen Konflikts tritt im Moment der Friedensschließung vollkommen in den Hintergrund. Ja, sie wandelt sogar im Bezug auf die Ukraine ihren Charakter. Aus dem Konflikt über die Vorherrschaft über die Ukraine, wird der gemeinschaftlich begangene Raub der Imperialisten an der Ukraine. Das bedeutet natürlich nicht, dass die Imperialisten nicht mehr konkurrieren, aber sie haben die Ukraine als ihre Beute aufgeteilt und zwingen dem ukrainischen Volk das nun auf. Höchstwahrscheinlich wird dabei Russland die von ihm besetzen Gebiete endgültig annektieren können, während der westliche Teil der Ukraine eine noch abhängigere Halbkolonie des Westens würde. Der Löwenanteil würde dabei wohl an die die USA gehen, während sich die europäischen Räuber:innen mit kleineren Stücken begnügen müssten. Für die Ukraine würde dies die Spaltung ihres Landes, dauerhafte Besatzung eines Teils und entsprechende Unterdrückung der dort lebenden ukrainischen Bevölkerung, Ausverkauf und völlige Abhängigkeit des anderen Teils bei damit einhergehender Verarmung großer Bevölkerungsteile, bedeuten. Es wird deutlich: Die Frage der Verteidigung des ukrainischen Selbstbestimmungsrecht gegen diesen inner-imperialistischen Raubfrieden, wird im Moment des Friedens alle anderen Ebenen verdrängen und alleine im Vordergrund stehen. Mit der aktuellen Tendenz zum innerimperialistischen Frieden rückt damit die Frage der Verteidigung der nationalen Selbstbestimmung der Ukraine in den Vordergrund. Bereits der Akt des Aufteilens selbst ist eine massive imperialistische Einflussnahme. Doch auch wenn ein imperialistischer Diktatfrieden jetzt die größte Bedrohung für die Arbeiter:innen, Bäuer:innen und Jugend in der Ukraine ist, so kann die Tendenz auch nochmal umschlagen, wenn keine Einigung erzielt wird.
Bedeutung für die Weltlage
Auf Weltebene würde solch ein Frieden Russland wohl zunächst stärken, wobei eine Loslösung von China unwahrscheinlich bleibt. Unter den Imperialisten werden die EU und Großbritannien die großen Verlierer sein und ihre Brüskierung, aufgrund ihrer aktuellen Schwäche, wohl kurzfristig hinnehmen müssen. Allerdings könnte der Frieden zu einer strategischen Neuorientierung dieser führen. Der Aufrüstungswahn wird durch den Frieden nicht gestoppt, sondern wenn überhaupt weiter angeheizt werden. Schon jetzt wird der Bruch im westlichen Bündnis genutzt um Rüstungspakete von 500 Milliarden und mehr zu rechtfertigen, mit der Niederlage Europas wird diese Tendenz nur zunehmen. Auch die Gefahr eines innerimperialistischen Kriegs wird durch den Frieden mittel- bis langfristig größer.
Kriege und Antikriegsbewegungen
Wie muss eine erfolgreiche Antikriegsbewegung in den imperialistischen Zentren aussehen? Dafür müssen wir uns die Widersprüche und Probleme genau ansehen, die je nach Ausgangslage anders aussehen können. Für große imperialistische Länder wie Deutschland oder Frankreich gilt es momentan, sich auf die Aufrüstung zu konzentrieren, dagegen mobil zu machen und alle Register zu ziehen, um die Verbindung zwischen militärischer „Unterstützung“ anderer Länder und der eigenen Aufrüstung und Kriegsvorbereitung aufzuzeigen. Die Interessen der eigenen Länder im Kontext von Blockbildung und Einflusszonen müssen aktiv aufgezeigt werden. Pazifismus und Neutralität bieten für uns keine Alternative. Auch wenn wir in einigen Ländern (wie Österreich oder der Schweiz), die Abschaffung der Neutralität als Schritt hin zu einer Militarisierung ablehenen, sehen wir in ihr nur eine Scheindebatte. Es gibt keine neutralen Staaten auf einer aufgeteilten Erde. Die Realität ist: unsere Solidarität gilt ausschließlich den Unterdrückten und Arbeiter:innen aller Nationen. Das bedeutet, dass wir fortschrittliche Elemente in Kriegen sehen können, wenn sich diese für Emanzipation einsetzen. Wir haben aber nie Illusionen in die Herrschenden, egal welcher Seite, die sich niemals ernsthaft für Befreiung einsetzen, auch wenn sie das behaupten. Es muss abgewogen werden: Kann es möglich sein, durch revolutionäre Arbeit
Kämpfe auch gegen die eigene Regierung und nicht nur gegen den Aggressor zu richten? Was sind
die Auswirkungen die eigene Bourgeoisie gewähren zu lassen, wenn man sich nicht gegen ihre
Aufrüstungs- und Wirtschaftsinteressen stellt? Das sind Fragen, die von Situation zu Situation
unterschiedlich sind. Faustregel ist aber, dass man niemals auf der Seite eines imperialistischen
Staates steht, und für uns in Ländern wie Deutschland oder Frankreich der Hauptfeind immer die
eigene Regierung und die eigene Bourgeoisie darstellt. In Halbkolonien hingegen kann es teilweise
nötig sein, temporäre taktische Allianzen einzugehen, um einen antiimperialistischen Kampf zu führen. So zum Beispiel in Palästina gemeinsam mit dortigen bürgerlichen Kräften des Widerstands. Gleichzeitig muss man auch in diesem Fall deren reaktionäre Ideologie ablehnen und eine eigenständige Position der Arbeiter:innen erhalten.
Allein 6.4 Millionen geflüchtete Ukrainer:innen leben zur Zeit außerhalb der Ukraine in Europa. Sie wurden durch die Zerstörung und Verwüstung des Krieges aus ihrem Land getrieben. Während noch mehr innerhalb der Ukraine fliehen mussten, aus dem Osten in den Westen. Allein 1.2 Millionen Ukrainer:innen leben in Deutschland, fast eine Million in Polen, ca. 370.000 in Tschechien und in fast jedem europäischen Land zehn- bis hunderttausende. Doch haben wir gesehen, dass diese immens anders behandelt wurden, als jene die z.B. 2015 vor Kriegen in Syrien oder Afghanistan geflohen sind. So erhielten sie ab dem ersten Tag eine Arbeitserlaubnis, Sozialleistungen wie Bürgergeld und wurden vorallem in privatem Wohnraum untergebracht. Menschen die für die EU-Staaten nicht „politisch richtige“ Geflüchtete waren, leiden häufig jahrelang unter Beschäftigungsverboten, welche sie dazu zwingen, ihre Arbeitskraft auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen und müssen in Lagern verweilen, wo sie vielfach Übergriffen ausgesetzt sind. Doch auch die Behandlung der Ukrainer:innen ist nicht makellos. So sind sie betroffen von rassistischen Segregation auf dem Arbeitsmarkt und Überausbeutung ihrer Arbeitskraft, wie z.B. beim Fleischunternehmen Tönnies, was sich auch aus den Hürden bei der Anerkennung von Berufsqualifikationen ergibt. Gleichzeitig probiert die ukrainische Regierung Deals mit anderen Staaten zu schließen, um Geflüchtete, welche sich dem Wehrdienst entzogen haben, an die Front zu zwingen.
Als Resultat der Krise der EU und ihrer führenden imperialistischen Mächte Deutschland und Frankreich, stehen nun unter einer Regierung Merz aber auch die „Privilegien“, welche die geflüchteten Ukrainer:innen erfahren, auf der Kippe. Anstatt den Erhalt dieser „Privilegien“ der ukrainischen Geflüchteten zu verteidigen, ist es unsere Aufgabe als revolutionäre Jugendliche das 2-Klassen System unter Geflüchteten positiv aufzulösen, indem wir generell gegen die rassistische Spaltung der Arbeiter:innen und Jugendlichen kämpfen. Der Ungleichbehandlung der geflüchteten Klassengeschwister konsequent entgegentreten! Das Proletariat hat kein Vaterland! Und das bedeutet zu kämpfen für:
Außerdem macht die spezifische Situation der Ukrainekriegs es ebenfalls nötig klar und eindeutig
zu fordern:
Die Aufgaben der Jugend in der Ukraine sind mit Sicherheit die Schwierigsten. Zum einen sieht sich diese mit der imperialistischen Invasion Russlands konfrontiert und wird, mitunter unfreiwillig und gewaltsam, in die ukrainische Armee und an die Front geschickt. Gleichzeitig steht sie einem autoritären Staatsapparat gegenüber, der enorm repressiv gegen Linke Kräfte vorgeht. Die „Kommunistische Partei“ ist seit 2015 verboten, positiver Bezug auf die Sowjetunion und selbst der Besitz marxistischer Literatur stehen unter Strafe. Gleichzeitig überwiegt innerhalb der Ukraine klar die Ebene des gerechten Selbstverteidigungskrieges der Halbkolonie Ukraine gegen die Imperialistische Großmacht Russland, auch wenn dieser Kampf aktuell von einer reaktionären bürgerlichen Regierung geführt wird.
Die Regierung kann keine Unabhängigkeit schaffen
Diese Regierung führt keineswegs einen konsequenten Kampf um Selbstbestimmung, sondern zielt auf eine Unterordnung unter den westlichen militärischen Apparat und macht seine Kriegsziele maßgeblich von dessen Interessen abhängig. Anstatt sich gegen den sich immer mehr abzeichnenden gemeinsamen Raub der Imperialist:innen an der Ukraine zu verteidigen, lässt sie den Raub der USA wie EU bereitwillig zugunsten ihrer eigenen Interessen zu. Die militärischen „Hilfen“ des Westens, deren Konsequenz 3 Jahre Zermürbungskrieg und am Ende ein „Frieden“ mit Kapitulations-Beigeschmack zu sein droht, waren von Anfang an ein Mittel, die Ukraine in ökonomische Abhängigkeit zu bringen und die Ausbeutung ihres natürlichen Reichtums und der Arbeitskraft ihrer Bevölkerung auf lange Zeit zu sichern.
Dies einerseits indem die Lieferungen die Schulden der Ukraine weiter in die Höhe getrieben haben (aktuell liegen diese bei 171 Mrd USD – ca. 96% des BIP). Andererseits war die westliche Unterstützung an die Einführung von Sparmaßnahmen, Kürzungen und nicht zuletzt eine Bodenreform geknüpft (ein Boden, auf dem 30% des Weizens weltweit wächst), die den Weg für westliches Kapital auf ukrainische Felder geebnet hat. Heute sind 9 der 10 größten Investor:innen in ukrainisches Land im Ausland gemeldet, darunter DuPont, Cargill und Bayer-Monsanto. Mit dem neuen Rohstoffabkommen hat sich zudem die USA Anspruch auf die Förderung von 57 Bodenschätzen wie Erdöl und -gas, Titanium, Lithium und seltene Erden erteilt. Die ökonomische Unterjochung bedeutet darüberhinaus auch eine politische Abhängigkeit insbesondere von den USA, wie nicht zuletzt durch den Kurswechsel Trumps, den Eklat im Weißen Haus sowie die vollständige Übergehung der Ukraine bei möglichen Friedensverhandlungen zwischen den USA und Russland, bei denen im Zweifelsfall die Ukraine Konzessionen an Russland zugunsten der USA machen und sich dennoch ökonomisch von u.a. letzterer auspressen lassen müsste.
Die Jugend muss den Kampf, gemeinsam mit den Arbeiter:innen, selber in die Hand nehmen!
Dies darf für die ukrainische Jugend aber nicht bedeuten, den gerechten Kampf um nationale Selbstbestimmung nicht zu führen. Das bedeutet auch innerhalb der Ukraine anzuerkennen, dass die Ukraine ein Recht hat, die notwendigen Waffen für diesen Kampf zu erhalten um diesen auch führen zu können. Wir rufen also auch zu keinen Sabotageaktionen o.ä. gegen die Ukrainische Armee auf. Das bedeutet keineswegs eine Kapitulation vor der pro-imperialistischen und arbeiter:innenfeindlichen Politik Selenskys. Dieser und die Ukrainische herrschende Klasse sind diejenigen, welche am wenigsten unter dem Krieg leiden, ja durch z.B. die Verpachtung von Ackerland und anderen Deals noch von ihm profitieren und in relativer Sicherheit vor den eigentlichen Kampfhandlungen leben, während die Arbeiter:innenklasse und Jugend an der Front kämpfen, geflohen sind oder nur unzureichend bis gar nicht geschützt werden.
Der Kampf der ukrainischen Jugend muss ebenfalls mit einschließen, gewerkschaftliche Rechte zu verteidigen und zu erkämpfen. Im Betrieb und dort wo es möglich ist, und diese überhaupt noch existieren (im Krieg wurden bereits zahlreiche Schulen zerstört), auch in den Schulen für bessere
Lebensbedingungen und demokratische Rechte zu kämpfen. Dies steht nicht im Gegensatz zur Verteidigung gegen die russischen Angreifer:innen. Vielmehr stärkt es die Widerstandskraft und die Moral der Bevölkerung. Diese Kämpfe müssen auch an der Front geführt werden, überall wo es Schikane durch Offiziere, sinnlose Manöver oder Zusammenarbeit mit Neonazi-Batallionen gibt, ist es notwendig, dagegen Widerstand zu leisten. Aus diesen Kämpfen heraus ist es notwendig, Soldat:innenkomitees zu bilden welche sowohl im hier und jetzt eine Stellung der Gegenmacht aufbauen können, als auch im Falle eines Imperialistischen Friedens gegen eine Entwaffnung der Ukraine kämpfen, und real in der Lage sein können, auch die westlichen Imperialisten wieder aus dem Land zu jagen. Im Kontext eines drohenden aufgezwungenen Friedens, muss es klar sein, dass wir uns gegen das Zelenskij Regime stellen und keinerlei Vertrauen in diese Regierung hegen. Wie auch immer das Land unter den kapitalistischen Verbänden aufgeteilt wird, braucht es eine unabhängige Arbeiter:innenklasse, die sich gegen die Interessen des Westens stellt und die Verteidigung gegen den russischen Agressor in die eigenen Hände nimmt!
Es ist also notwendig, sowohl für den konsequenten Kampf gegen imperialistische Unterwerfung der Ukraine und konsequente Verteidigung ihres Selbstbestimmungsrechts, als auch für die Unabhängigkeit der Arbeiter:innenklasse und der Jugend im Kampf um die Selbstbestimmung zu kämpfen. Dies würde die Grundlage legen um für weitere Forderungen, welche jetzt ebenso aufgeworfen werden müssen, kämpfen zu können: