06. Januar 2009
Nachdem die israelische Armee Gaza-Stadt – einer der am engsten besiedelten Orte der Welt – eine Woche lang bombardiert hat, ging sie nun diesen Samstag zur Bodenoffensive über. Wir rufen alle Sozialist/innen und fortschrittlichen Kräfte dazu auf, in Solidarität mit dem Widerstand gegen diesen mörderischen und reaktionären Angriff zu stehen.
Israels Bodenoffensive stellt eine Eskalation der Gewalt gegenüber dem palästinensischen Volk dar. Nach einer einseitigen Waffenruhe, während derer kein/e Isreali von Palästinensern getötet wurde, jedoch 24 Palästinenser/innen vom IDF (Israel Defence Forces) getötet wurden, und während derer Israel die Lage im Gaza-Streifen durch die wirtschaftliche Blockade verschärfte, hat es Israel nicht geschafft, die demokratisch gewählte Hamas-Regierung zu stürzen. Nachdem die israelische Regierung den Willen der Palästinenser/innen in keinster Weise anerkannt hat, hat sie nun Gaza ein weiteres Mal in ein abscheuliches Kriegsgebiet verwandelt, um den Widerstand gegen die Besatzung physisch zu brechen.
Das Resultat ist verheerend. Als dieses Statement geschrieben wurde, waren ca. 600 Palästinenser/innen nach offiziellen Angaben getötet und ca. 3000 verletzt worden. Die echten Zahlen sind wahrscheinlich viel größer. Die IDF haben alles bombardiert – Wohnsiedlungen, Moscheen, Radiostationen, Geschäfte, Universitäten, Schulen und andere zivile Infrastruktur. Am Montag, den 5.Januar, sprengte eine Rakete einen Gemüsemarkt in die Luft, tötete 20 Menschen und verletzte noch viele mehr. Ganze Familien werden regelmäßig abgeschlachtet, wenn die IDF ihre High-Tech-amerikanischen Waffen gegen die nahezu unbewaffnete Bevölkerung benutzen. Hinzu kommt die bewusste Verhinderung von Nahrungsmittel- und medizinischer Versorgung, die Raketenangriffe gegen Krankenhäuser und das Abschneiden von Energie- und Wasserversorgung – hier sehen wir den wahren Charakter von dem Krieg, den der tschechische Ministerpräsident und derzeitige EU-Vorsitzende schändlicherweise einen „Verteidigungskrieg“ nannte – einen Krieg gegen alle 1.5 Millionen Palästinenser/innen, welche den Gaza-Streifen bewohnen.
Die Heuchelei der „demokratischen“ imperialistischen Mächte trat ein weiteres Mal voll und ganz in Erscheinung, als sich eine Regierung nach der anderen geweigert hat, eine klare Haltung gegen die israelischen Angriffe einzunehmen. Die USA haben sich beständig geweigert, für eine Waffenruhe aufzurufen und gaben Israel durchweg taktische Unterstützung. Die britische Regierung hat nicht die gleiche unkritische Haltung wie während des Libanon-Kriegs eingenommen – als sie sich schändlicherweise geweigert hatte, für eine Waffenruhe aufzurufen – und besteht darauf, dass es keine „militärische Lösung“ gibt. Aber auch sie unternimmt weiterhin nichts, um Israel an der Fortführung der Angriffe zu hindern. Einige Außenminister der EU riefen zu einer sofortigen Waffenruhe „von beiden Seiten“ auf – ohne den völlig einseitigen Charakter des Konfliktes anzuerkennen. Tatsächlich wurde bekannt, dass diese Angriffe auf Gaza bereits vor 5 Monaten geplant wurden.
Die taktische Unterstützung der USA spiegelt die Tatsache wieder, dass Israel eine außerordentlich wichtige Rolle für den amerikanischen Imperialismus im Mittleren Osten spielt. Es wurde auf der Basis von Milliarden von Dollar an jährlicher militärischer Unterstützung gegründet und im Austausch fungiert es als Amerikas „Wachhund“ – eine bis an die Zähne bewaffnete, in der Tat nukleare Macht mit militärischen Plänen und Raketen, welche auf entscheidende Ziele wie Iran, Irak und Syrien gerichtet sind. Israels Rolle als Beschützer der imperialistischen Interessen ist auch der Grund, warum die imperialistischen Mächte der EU nicht handeln. Viele von ihnen, besonders Deutschland, verdienen daran, dass sie riesige Mengen an militärischem Arsenal an Israel verkaufen. Somit hat die europäische, allen voran die deutsche, Rüstungsindustrie ein massives Interesse an dem Konflikt im Gaza-Streifen und dürfte entzückt über den Krieg sein. Erst kürzlich verhandelte die EU ein neues Handelsabkommen mit Israel.
Jede/r, der/die denkt, Israel würde die friedliche Existenz eines unabhängigen, lebensfähigen palästinensischen Staates an seinen Grenzen erlauben, sollte sich anschauen, wie es den Gaza-Streifen in den letzten 18 Monaten behandelt hat. Israel verweigerte dem Gaza-Streifen jegliche Kontrolle über die Grenzen, jegliche eigenen territorialen Gewässer, den Zugang zu Waren oder Handel. Gaza wurde von Israel nicht wie ein unabhängiger Staat, sondern wie ein Freiluft-Gefängnis behandelt. Nach Oxfam haben die Blockaden zu der Schließung von 95% (!) aller Fabriken im Gaza-Streifen geführt. 80% aller Familien leben unter der Armutsgrenze, und die Versorgung mit Energie, Nahrungsmitteln und medizinischen Gütern wurde massiv eingeschränkt. Im Moment arbeiten viele Krankenhäuser mit Notgeneratoren, welchen der Treibstoff jetzt ausgeht.
Jetzt handeln!
Wir müssen jetzt handeln. Wir rufen zu Demonstrationen in Solidarität mit den Menschen in Gaza auf und fordern, dass die Angriffe sofort eingestellt werden. Die Belagerung muss beendet werden – Gaza sollte über sein eigenes Öl, Wasser und seine eigene Nahrungsmittelversorgung bestimmen können. Wir müssen weiterhin die israelischen Botschaften weltweit mit Protesten und direkten Aktionen belagern und israelische Güter boykottieren. Israel ist ein rassistischer Apartheid-Staat wie es Süd-Afrika früher war und muss zu einem neuen Paria werden.
Obwohl es keine große Überraschung sein sollte ist es eine Schande, dass die reformistischen Führer/innen der verschiedenen Arbeiterbewegungen nicht zu direkten Aktionen gegen die Israelische Besatzung und den Krieg aufrufen. Alle fortschrittlichen Kräfte, und insbesondere die Arbeiterklasse, haben ein Interesse an dem Sieg über diesen rassistischen und mörderischen Apartheidstaat. Wir ermutigen weiterhin alle Arbeiter/innen, ihre Führungen zum Handeln aufzurufen – aber auch, selbst zu handeln, mit oder ohne, und wenn nötig gegen diese Führungen.
Gaza Strasse für Strasse, Haus um Haus einzunehmen, hat sich nicht als leicht für die israelische Armee herausgestellt und es ist bereits klar, dass die palästinensischen Massen zum Kampf bereit sind. Auch wenn Israel weiterhin schreckliche Massaker anrichten und die Infrastruktur zerstören kann – letztendlich ist das ein nicht-gewinnbarer Krieg.
Wir stehen in voller Solidarität mit dem bewaffneten Widerstand gegen die IDF. Wir begrüßen jeden toten IDF-Soldaten, jeden in die Luft gesprengten Panzer oder Bulldozer, und jede Aktion, welche die israelische Offensive verletzt. Ein Sieg des palästinensischen Widerstands ist ein Sieg aller Unterdrückten, nicht nur in Gaza, sondern auf der ganzen Welt. Wir haben viel zu sagen zu der islamischen Politik der Hamas – wir denken, dass sie eine Sackgasse für das palästinensische Volk darstellt – aber hier und jetzt stehen wir komplett an ihrer Seite in Solidarität mit ihrer Miliz, welche unerschrocken die IDF in den Strassen von Gaza bekämpft. Hamas sollte alle anderen palästinensischen Organisationen, welche zum Kampf bereit sind, dazu ermutigen, Milizen zu gründen und Selbstverteidigungseinheiten zu gründen, um den Sieg über den Angriff zu erreichen.
Wir rufen auch die arabischen Regime, welche Freundschaft mit Palästina heucheln, aber den Interessen der USA dienen, dazu auf, den Widerstand mit Waffenlieferungen zu unterstützen. Aber am wichtigsten ist, dass wir alle Arbeiter/innen und Unterdrückten im Mittleren Osten dazu ermutigen, Massenaktionen in Solidarität mit Palästina zu organisieren und gegen jedes Regime zu kämpfen, das keine Aktionen gegen Israel unternimmt. Auch die Antikriegsbewegung in Israel muss aktiv werden. Sie muss den israelischen Staat für die Probleme in der Region in die Verantwortung nehmen und Seite an Seite mit dem palästinensischen Widerstand stehen. Zusätzlich rufen wir die israelische Arbeiterbewegung dazu auf, Streikaktionen und Boykotte gegen israelische Militärausrüstungen zu organisieren, um die mörderischen israelischen Streitkräfte zu schwächen.
Eine Nation, welche eine andere unterdrückt, kann niemals frei sein. Jede israelische Aggression wird letztendlich diejenigen stärken, welche entschlossen sind, gegen den unterdrückenden Staat zu kämpfen – unabhängig ihrer weiteren Politik. Israel kann nur „seine Sicherheit“ gewinnen, wenn es aufhört, Israel zu sein: die gewaltsame Vertreibung von fünf Millionen Palästinenser/innen, damit drei Millionen Israelis eine Mehrheit in einem rassistischen Staat sein können, muss beendet werden.