SCHULE MUSS ANDERS! ABER WIE? Warum das Bildungssystem in einer fundamentalen Krise steckt und was wir dagegen tun können

Von Marvin Schutt, September 2023, Revolution Zeitung September 2023

Nach 10 Stunden Frontalunterricht mit mindestens 25 Schüler_Innen in einer Klasse kommen wir nach Hause und möchten uns einfach nur noch die Bettdecke über den Kopf ziehen und raus aus dieser Scheiße. Nachdem von den Französisch-Vokabeln, den Anaphern im Goethe-Gedicht und der mathematischen Integralgleichung kaum noch was hängen geblieben ist, scheint wenigstens eins klar zu sein: Dieses Bildungssystem ist genauso marode wie das Schulgebäude, in dem es durch die Decke tropft und in der Umkleidekabine schimmelt.

Leistungsterror als Antwort auf Unterfinanzierung

Obwohl Bildungsstreikbewegungen, Jugendorganisationen und Gewerkschaften schon seit über 10 Jahren davon reden, scheint es nun auch bei der sogenannten Allgemeinheit angekommen zu sein, dass neben Unis und Kitas vor allem auch unsere Schulen in einer fundamentalen Krise stecken. Von FAZ bis taz verdrückt die bürgerliche Presse eine dicke Krokodilsträne nach der anderen darüber, dass immer neue Vergleichsarbeiten bestätigen, dass es den Schüler_Innen an elementaren Grundfähigkeiten wie Rechnen, Lesen und Schreiben mangelt. Kein Wunder, denn die PISA-Studie hat bestätigt, was wir schon lange wussten: Bildungserfolg hängt in Deutschland vor allem vom Einkommen der Eltern ab. Und das in Deutschland in sogar noch stärkerem Maße als in Mexiko, Ungarn oder Polen. Aber anstatt das Problem der massiven Unterfinanzierung unserer Schulen anzugehen, wird uns Schüler_Innen eingeredet, wir würden uns halt einfach nicht genug anstrengen und seinen demnach auch selber schuld, wenn wir den ganzen Tag nur am Handy hängen. Aber nachdem nun auch die bürgerliche Presse auf die Probleme in den schulischen Leistungen hingewiesen hat, mussten die Landesregierungen handeln. Anstatt eines Investitionspakets Bildung, der Einstellung neuer Lehrkräfte und der Bereitstellung von kostenloser Nachhilfe hat man sich gedacht: „Wenn die Schüler_Innen zu faul zum Lernen sind, müssen wir halt den Druck und die Vergleichbarkeit erhöhen.“. Praktisch bedeutet das für uns eine schärfere Selektion im 3-gliederigen Schulsystem, die Erhöhung der Anzahl von Prüfungen und eine Verkürzung der Regelschulzeit von 13 auf 12 Jahre im Rahmen des sogenannten „G8“-Abis. Corona hat diesem Prozess noch das Sahnehäubchen aufgesetzt. Der durch die Lockdowns verpasste Lernstoff, soll jetzt einfach noch zusätzlich drauf-gepackt werden. Dieser künstlich erzeugte Leistungsdruck geht auf unsere (mentale) Gesundheit, so ist die Anzahl derer von uns, die sich in psychotherapeutischer Behandlung befinden, in den letzten 10 Jahren um mehr als das Doppelte angestiegen.

Mit Privatisierung gegen die Bildungskrise?

Obwohl die klassisch neoliberale Antwort „Der Markt wird’s schon lösen“ bereits in der Corona-Pandemie, der Klimakrise, der Wohnungskrise und der Inflationskrise nicht funktioniert hat, wird sie nun auch in der Bildungskrise versucht, indem auf die „unternehmerische Initiative des freien Marktes“ gesetzt wird. Praktisch heißt das: Privatisierung statt stabiler öffentlicher Ausfinanzierung. Eine Öffnung unserer Schulen für den freien Markt findet heute insbesondere unter den Vorzeichen der „Digitalisierung“ statt. Klingt ja erstmal eigentlich ganz gut, denn während der Corona-Pandemie haben wir gemerkt, dass weder unsere 60 Jahre alte Mathelehrer_In, noch unsere 60 Jahre alte Technik für das Homeschooling bereit waren. Doch unter Digitalisierung versteht der Staat keine flächendeckenden Investitionen in eine opensource-basierte digitale Infrastruktur unserer Schulen, sondern eine Öffnung des öffentlichen Sektor für die Privatwirtschaft. Über Sponsoringverträge mit Softwarekonzernen kann eine Schule ein nagelneues Computerkabinett oder eine Schulcloud bekommen, wenn sie sich nur dazu verpflichtet, das Konzernlogo gut sichtbar aufzuhängen und alle weiteren Update- und Softwarepakete von derselben Firma zu erwerben. Wenn sich Schulen weigern, geht’s halt weiter mit dem Mathe-Buch, mit den Bildern, auf denen die coolen Kids aus den 90ern Spaß beim Lernen haben. Doch auch die Schulbücher werden nicht vom Staat kostenlos bereitgestellt, natürlich müssen wir dafür zahlen. Für die meisten Familien, die unter inflationsbedingtem Reallohnverlust leiden, ist jedoch am Monatsende kaum noch Geld für Schulbücher da. Zu den Schulbüchern kommen dann auch noch die ganzen anderen privatisierten Kosten für Kunstmaterial, Sportzeug, Klassenfahrten, Mensaessen, Arbeitsmaterial usw. Hinzu kommt, dass wir auch mit dem ganzen neu gekauften Kram nicht lernen können, denn entweder gibt es nicht genügend Räume für alle Klassen oder die Klassenräume sind so ekelhaft, dass man lieber raus gehen würde für den Unterricht. Bei speziellen Fachräumen mit besonderem Equipment zum Beispiel für Chemie, Physik, Informatik, Musik und Kunst sieht die Lage noch schlimmer aus. Sportunterricht kann teilweise nicht stattfinden, weil es im Winter keine beheizten Hallen gibt. Ein Grund für den massiven Unterrichtsausfall ist also auch der Mangel an Räumen. Auch wenn Unterrichtsausfall erst einmal immer nach mehr Spaß und Freizeit klingt, heißt das im Umkehrschluss, dass diese ausgefallene Unterrichtszeit privatisiert wird, indem sie nach Hause verlagert wird. Eigentlich praktisch, denn da muss der Staat weder Wasser,oder Heizung, noch Miete oder Personal bezahlen. Meistens passiert das durch die Berge von Hausaufgaben, die eigentlich nur ins Private verlagerte Unterrichtszeit darstellen. Dasselbe gilt für „Online-Unterricht“, der uns dann auch als Schulung digitaler Kompetenzen schmackhaft gemacht werden soll.

Angriffe auf die Arbeitsbedingungen von Lehrkräften

Nicht nur aus uns Schüler_Innen wird versucht, alles Verwertbare auszupressen, auch aus unseren Lehrer_Innen. Diese sollen bei gleichbleibendem Lohn nun immer mehr Schüler_Innen in einer Klasse unterrichten und immer mehr zusätzliche Aufgaben wie Inklusion, Digitalisierung, Berufsorientierung und Verwaltung übernehmen. Kein Wunder, dass laut einer Studie der Bildungsgewerkschaft GEW über ein Drittel unserer Lehrer_Innen im Laufe ihrer Berufslaufbahn ein Burnout oder Anzeichen dafür entwickeln. Immer weniger Menschen wollen diesen Job machen, sodass es in den letzten 10 Jahren bis zu 14 Prozent weniger Lehramtsstudiumsabsolvent_Innen gibt. Für uns wird das am massiven Unterrichtsausfall deutlich und daran, dass das Wort „Vertretungsunterricht“ aus dem Stundenplan in die Geschichtsbücher geflüchtet ist. Prognosen nehmen an, dass aktuell bis zu 100 000 Lehrkräfte fehlen. Für unsere Lehrer_Innen heißt das, dass sie die Arbeit von den fehlenden 100 000 Lehrkräften zusätzlich tragen müssen und das natürlich bei gleicher Bezahlung.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Neben der Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte spielt auch die Demographie eine wichtige Rolle: So gehen aktuell die geburtenstarken Jahrgänge der sogenannten „Babyboomer“ in Rente, während die geburtenschwachen „Millennials“ jetzt in das Berufsleben eintreten und zahlenmäßig nicht ausreichen, um die Pensionierungswelle der Boomer auszugleichen. Hinzukommt, dass die jetzt eingeschulten Jahrgänge wieder angewachsen sind, durch stärkere Geburtenraten und Migration aus u.a. der Ukraine. Während die Bildungsstreikbewegung und die GEW diese Entwicklung bereits Anfang der 2000ender Jahre prognostiziert haben, haben Land und Bund das Problem systematisch kleingerechnet und als „unnötige Panikmache“ abgetan. Das ist nun nicht mehr so leicht möglich. So hat die ständige wissenschaftliche Kommission (SWP) der Kultusminister_Innenkonferenz (kurz KMK, hier treffen sich die Verantwortlichen für Bildung und Kultur aller Länder) ein Papier veröffentlicht, dass bestätigt, dass es einen massiven Lehrkräftemangel in Deutschland gibt. Man könnte jetzt denken, dass die Landesregierungen sich nun Maßnahmen überlegen, wie man wieder an mehr Lehrkräfte kommt, um uns Schüler_Innen unser verfassungsmäßig verbrieftes Recht auf Bildung zu gewähren. Doch die dafür nötigen 100 Milliarden werden für die Bundeswehr gebraucht, also hat die KMK Vorschläge erarbeitet, nicht wie unsere Schulen an mehr Lehrer_Innen kommen (denn das kostet Geld), sondern wie sie mit weniger Lehrer_Innen besser zurecht kommen können. Die dort vorgeschlagenen Maßnahmen sind eine dicke Schelle ins Gesicht von uns allen: die Klassengröße soll erhöht werden, pensionierte Lehrer_Innen sollen aus dem Ruhestand zurückgeholt werden, die Pflichtzahl an wöchentlichen Unterrichtsstunden für Lehrkräfte soll erhöht werden und durch Online-Unterricht soll eine Lehrkraft gleich mehrere Klassen gleichzeitig unterrichten können. Und das ist keine dunkle Fantasie einer dystopischen Hölle: In NRW, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt wurden Teile davon sogar schon umgesetzt. In Berlin wird derweil laut darüber nachgedacht, angeblich weniger wichtige Fächer wie Geschichte, Politik, Ethik, Sport, Musik und Kunst einzukürzen.

Kapitalistische Bildung als Krisenursache

Doch wie konnte es überhaupt so weit kommen? Der Grund ist nicht die Inkompetenz der zuständigen Bildungspolitiker_Innen, sondern die kapitalistische Produktionsweise selbst. Die Kapitalist_Innen stecken darin in der widersprüchlichen Situation, dass sie einerseits unsere Bildung ausweiten und gleichzeitig begrenzen müssen.

Durch den kapitalistischen Wettbewerb weitet sich die technische Basis der Produktion ständig aus und erneuert sich. Ist auch logisch, denn wenn das eine Kühlschrankunternehmen anfängt durch den Einsatz von AI (künstliche Intelligenz) Kosten einzusparen und die Kühlschränke günstiger verkaufen kann, muss das andere Konkurrenz-Kühlschrankunternehmen nachziehen und auch AI benutzen, sonst wird es auf dem Markt eingehen. Das heißt aber auch, dass die Unternehmen ständig gebildetere Arbeitskräfte brauchen, die mit diesen technischen Neuerungen umgehen können. Dieser Trend wird in den imperialistischen Ländern dadurch verstärkt, dass immer mehr arbeitsintensive Produktion ins Ausland verlagert wird, während die meiste sogenannte „Kopfarbeit“ hier geleistet wird. Auch dafür müssen die Arbeitskräfte ein gewisses Bildungsniveau haben. Hinzu kommt, dass durch den immer verstärkteren Einsatz von Technologie die Mehrwertrate der Unternehmen schrumpft, denn die Basis ihres Profits ist die menschliche Arbeitskraft, deren Preis (Lohn) sie drücken können, während die Priese für Technik, Maschinen, Gebäude etc. (konstantes Kapital) feststehen. Der immer kleiner werdende Anteil von menschlicher Arbeitskraft in der Produktion muss deshalb produktiver Arbeiten, um dieselbe Mehrwertrate zu erzielen. Also muss den Arbeitskräften über Bildung vermittelt werden, wie sie produktiver Arbeiten.

Auf der inhaltlichen Ebene hat das Kapital natürlich kein Interesse daran, dass alle Schüler_Innen so schlau werden, dass sie analysieren können, dass diese Produktionsweise nicht in ihrem Interesse ist, sodass sie dagegen aufbegehren könnten. Die Kapitalist_Innen versucht deshalb mal mehr mal weniger offensiv, die Inhalte des Bildungssystems zu kontrollieren und nach ihren Interessen auszurichten. Entweder direkt, indem sie den überarbeiteten Lehrer_Innen kostenlose, schön aufbereitete Unterrichtsmaterialien zur Verfügung stellen oder indirekter über ihre Thinktanks (zum Beispiel die Bertelsmannstiftung oder die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“) oder Lobbyarbeit bei den Landesregierungen. Auf der ökonomischen Ebene verursacht Bildung jedoch auch enorme Kosten für das Kapital, was es gerne einsparen möchte. Das liegt daran, dass Bildung direkt in die Reproduktionskosten der Ware Arbeitskraft einfließt und damit ihren Wert, ausgedrückt im Lohn, erhöht. Die Reproduktionskosten der Arbeitskraft sind das, was der_die Arbeiter_In braucht, um am nächsten Tag wieder in der Kühlschrankfabrik auf der Matte auf der zu stehen. Also Nahrung, Erholung, Miete aber eben auch Bildung, um die AI in der Kühlschrankfabrik zu bedienen. Um seine_Ihre Profite nicht zu schmälern versucht der_die Kapitalist_In immer so wenig Lohn wie möglich zu zahlen, also zahlt er_sie nur das, was die_der Arbeiter_In unmittelbar für seine_Ihre Reproduktion der Arbeitskraft braucht. Doch dazu zählt auch die Bildung (deshalb werden zB. auch Tätigkeiten mit längerer Ausbildungsdauer wie Arztberufe, Lehrer_Innenberufe oder Anwält_Innen besser bezahlt, weil also ihre Reproduktionskosten höher sind). Das Kapital versucht also die Kosten für die Bildung so gering wie möglich zu halten.

In dieser widersprüchlichen Situation (das Kapital muss Bildung ausweiten aber gleichzeitig die Kosten senken) kommt der bürgerliche Staat ins Spiel. Er taucht immer dann auf, wenn die egoistischen Interessen der Einzelkapitale drohen, den Kapitalismus insgesamt ins Grab zu bringen. Damit also nicht alle Einzelkapitale die Kosten für Bildung auf 0 drücken und die kapitalistische Produktion dann nicht mehr gewährleistet werden könnte, muss der Staat einspringen und ein Minimum an Bildung gewährleisten und finanzieren. Dabei versucht er die Kosten dessen weitestgehend auf die Arbeiter_Innenklasse über die Verbrauchersteuer oder Privatisierung auszulagern. Ebenso schlichtet er zwischen den widersprüchlichen Einzelinteressen der Kapitale, denn Edeka hat aufgrund seiner Produktionsbedingungen andere Anforderungen an seiner Arbeiter_Innen als VW oder die AI-gestützte Kühlschrankproduktion. Der Staat versucht hier durch mehr „allgemeine Berufsorientierung“ im Unterricht einen Kompromiss zu finden. Doch so wie der Kapitalismus immer wieder in Krisen gerät, tut es auch sein staatliches Bildungssystem. So kommt es in Phasen ökonomischen Aufschwungs immer wieder zu größeren Investitionen und einer Öffnung des Schulsystems für untere Schichten und in Krisenzeiten (wie aktuell auch) zu Kürzungen und einer Herausdrängung von Arbeiter_Innenkindern und Migrant_Innen. Organisiert wird dies über das 3-Gliedrige Schulsystem aus Hauptschule, Realschule und Gymnasium (die Bezeichnungen variieren von Land zu Land), dass durch scharfe Selektion gewährleistet, dass jede_r nur so viel Bildung bekommt, wie für seinen_Ihren späteren Platz in der Arbeitswelt nur unbedingt nötig ist. Somit produziert  die Schule zwar keine Klassenspaltung (das macht die kapitalistische Produktionsweise selbst), sie reproduziert diese aber. So bleiben Arbeiter_Innenkinder auf der Hauptschule, weil ihre Eltern zwischen 2 befristeten 30-Stunden Jobs es nicht schaffen, ihren Kindern bei den Hausaufgaben zu helfen oder sie auch nicht dieselbe Muttersprache sprechen. Die Reichen schicken ihre Kinder in der Zeit auf Privatschulen und -unis, wo sie dann durchgeboxt werden, um einmal reich zu erben.

Lasst uns unsere Schulen zurückholen!

Dass wir in einer tiefen Bildungskrise stecken, müssen wir nicht mehr diskutieren, das sieht mittlerweile auch die FDP ein. Offen bleibt nur, wer die Kosten dieser Krise zahlen soll. Sind es wir Schüler_Innen durch mehr Leistungsterror, größere Klassen und schärfere Selektion oder sind es die Regierungen und das Kapital, die tiefer in die Tasche greifen müssen, um Geld für unsere Bildung locker zu machen. Ersteres zu verhindern und Zweiteres zu erkämpfen, stellt den zentralen Kampf dar, den wir führen müssen. Krise heißt ebenso wie beim Klima oder der Wirtschaft auch immer Potenzial für eine Bewegung dagegen.

Einen Ansatzpunkt dafür bietet der Aktionstag von „Schule muss anders“ (SMA) am 23.9.! Wir unterstützen die Hauptforderungen der Initiative nach 1. kleineren Klassen, 2. mehr Investitionen in die Bildung, 3. multiprofessionellen Unterrichtsteams und 4. einer unabhängigen Beschwerdestelle gegen Diskriminierung zu 100 Prozent und schließen uns mit allen unseren Ortsgruppen der Aktion an. Doch gehen uns diese Forderungen noch nicht weit genug. Um die Dynamik des Aktionstages zu nutzen und weitere Schritte im Aufbau einer bundesweiten Bildungsbewegung zu gehen, müssen wir die 4 Forderungen von SMA in unseren Schulen diskutieren und erweitern. Wir brauchen dafür Vollversammlungen der gesamten Schüler_Innenschaft und Komitees an den einzelnen Schulen, die weitere Forderungen erarbeiten. Indem wir unsere Forderungen auf Schilder schreiben, auf dem Protesttag lautstrak vertreten und vor allem in die Schule durch kleinere Aktionen und Versammlungen hineintragen, können wir verhindern, dass wir auf ewig ignoriert und totgeschwiegen werden. Beispiele für sinnvolle Forderungen in Ergänzung zu SMA könnten die Folgenden sein:

  • Kostenloses und ökologisches Mensaessen! Selbstverwaltete Speisepläne von uns Schüler_Innen!
  • Bildung eines Kontrollausschusses aus Schüler_Innen, Eltern und Lehrer_Innen, der eine Maximalgrenze für Hausaufgaben festlegt!
  • Gegen jede Einflussnahme und Präsenz der Bundeswehr an unseren Schulen!
  • Für die Möglichkeit, den Namen und Geschlechtseintrag in der Schule einfach und unbürokratisch zu ändern! Schluss mit Deadnames auf der Klassenarbeit!
  • Von Schüler_Innen selbstorganisierte Freiräume, die in den Pausen für alle frei zugänglich sind, an jeder Schule!
  • Für eine flächendeckende Modernisierung und energetische Sanierung aller Schulgebäude sowie ihrer Heizungs-, Wasser- und Belüftungssysteme. Bezahlt werden soll das von denen, die vom Krieg und den steigenden Energiepreisen profitieren!
  • Für eine demokratische Kontrolle des Lehrplans durch Schüler_Innen, Eltern, Lehrer_Innen und Organisationen der Arbeiter_Innenklasse! Wir bestimmen selbst, was wir lernen wollen!
  • Schluss mit dem 3-gliedrigen Schulsystem! Eine Schule für alle und Abschaffung aller Privatschulen!
  • Für den Aufbau einer Schüler_Innengewerkschaft und ein volles Streikrecht für Schüler_Innen, damit wir Verbesserungen erkämpfen können!

Die Forderungen von SMA sind nur der Ausgangspunkt, von dem aus wir uns Fragen müssen, in wessen Schulen wir eigentlich lernen. Es sind unsere Schulen, denn es sind wir und nicht Bettina Stark-Watzinger (Bildungsministerin), die unter zu großen Klassen leiden. Es sind wir Schüler_Innen, Lehrer_Innen, Sozialarbeiter_Innen und Schulpsycholog_Innen, die diese Bildungskrise ausbaden müssen. Dann sollten wir doch auch darüber entscheiden können, wie viele Schüler_Innen in einer Klasse erträglich sind. Wir wollen nicht in einem Geschichtsunterricht sitzen, in dem einfach nicht über deutschen Kolonien gesprochen wird. Wir wollen im Sexualkundeunterricht auch etwas über nicht-heterosexuellen Sex lernen. Wir wollen an einem Ort lernen, den wir auch selbst gestalten dürfen. Und das zusammen mit unseren Friends, auch wenn ihre Eltern Toiletten putzen oder kein Deutsch sprechen.

Dafür gehen wir nicht nur selbst zum SMA-Aktionstag, sondern fordern alle linken Jugendorganisationen von Solid, den Jusos, bis hin zur SDAJ und Young Struggle auf, sich daran zu beteiligen. Und zwar nicht nur symbolisch mit Fahne, sondern durch die Mobilisierung der kompletten Basis. Die von SMA geforderte Bildungskonferenz bietet einen wichtigen Ansatzpunkt, an dem wir unsere Forderungen miteinander diskutieren und weitere Aktionen gemeinsam planen können. Ebenso gilt es den Schüler_Innenprotest mit dem Protest der Lehrer_Innen zu verbinden. In Berlin streiken Lehrer_Innen bereits seit über einem Jahr für kleinere Klassen und einen Tarifvertrag Gesundheitsschutz. Diesen Kampf gilt es durch eine Unterstützung ihrer Streiks gemeinsam zu führen und außerhalb Berlins durch Diskussionen mit der GEW auszuweiten. Ebenso wird im Oktober in der Tarifrunde der Länder über die Höhe des Lehrer_Innenlohns verhandelt. Auch bei diesen Streiks im gesamten Bundesgebiet braucht es unsere Solidarität und unsere Initiative, um weitere Aspekte der Bildungskrise und eine volle Ausfinanzierung unserer Schulen in die Debatte zu tragen. Darüber hinaus gilt es den Protest gegen die Bildungskrise mit den aktuellen Bewegungen rund um die Klimakrise zu verbinden, denn betreffen tun uns beide und ihre kapitalistische Ursache ist dieselbe! Lasst uns gemeinsam für eine Zukunft kämpfen, in der die Schulen uns gehören!

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