Vater, Mutter, Kind – Bürgerliche Familie

Von Janeck Peschel

Kennst du das? Mama macht die Wäsche, kocht, hält die Wohnung sauber und stemmt nebenbei noch ihre berufliche Karriere. Deine Eltern sagen dir mit 14 du sollst 16 werden, damit sie es dir erlauben, wenn du 16 bist, 18 und wenn du 18 bist, sobald du deine Füße nicht mehr unter ihrem Tisch hast. Ebenso wie Sätze, wie: „bist du nicht langsam in dem Alter, wo du eine Familie gründen solltest?“ oder „Du bist bisexuell? Ich verstehe das voll, in deinem Alter will man sich auch mal ausprobieren“. Das alles ist bürgerliche Familie, das alles ist das patriarchalische Familienbild, in welchem eine klare Rollenverteilung herrscht und mit ihrer Ideologie unser Leben prägt. Familie bedeutet in diesem System nicht nur Fürsorge, Verbindlichkeit und Solidarität, sondern auch Zwang und Unterdrückung. In diesem Artikel werde ich mich der Jugend- sowie Frauenunterdrückung annehmen und klären, woher diese kommt und wie sie sich äußert.

Frauenunterdrückung in der bürgerlichen Familie

Ich werde im Folgenden über die Rollenverteilung zwischen Mann und Frau sprechen, wozu eine Sache noch angemerkt ist: In welche Rolle wir gedrängt werden, hängt letzten Endes von unserer Sozialisation ab, also wie wir erzogen werden, und was wir tagtäglich um uns herum erleben. Diese muss nicht mit dem biologischen und erst recht nicht mit dem empfundenen Geschlecht zusammenfallen. Dennoch existiert diese binäre gesellschaftliche Zuschreibung und um dessen Wirkung beschreiben zu können, verwende ich dennoch die Begriffe Frau und Mann.

Frauen- und Jugendunterdrückung sind ein strukturelles Problem in der kapitalistischen Gesellschaft. Betrachten wir dazu einmal das Problem mit der Hausarbeit, welche den Frauen in der bürgerlichen Familie angehangen wird. Ein Mann, der weiß, wie man eine Waschmaschine bedient oder in Elternzeit geht, ist auch in der heutigen BRD eher noch ein Randphänomen als Standardpartner. Denn diese Unterdrückung beschränkte sich keinesfalls auf vergangene Zeiten, wie die 50er und 60er, in denen es der Ehefrau nicht einmal erlaubt war, ohne die Zustimmung des Ehemanns arbeiten zu gehen, geschweige denn ein eigenes Konto zu besitzen. Sie ist trotz gewisser feministischer Errungenschaften nach wie vor Teil dieser Gesellschaft, fußend auf kapitalistischer Wirtschaftsweise und der sich daraus ergebenden Ideologie. Frauen sind nunmehr durch Beruf und Hausarbeit doppelt belastet, wobei ihnen oftmals selbst in aufgeklärten Haushalten nur spärlich Arbeit abgenommen wird, indem z.B. der Gender Pay Gap dafür sorgt, dass es finanziell mehr Sinn ergibt, dass die Frau den Großteil der Hausarbeit übernimmt.

Sowohl die Monogamie als auch die Norm der heterosexuellen Beziehung beruht auf derselben Grundlage der Arbeitsteilung. Auch wenn (zumindest in der BRD) „Zuwiderhandlungen“ nicht bestraft werden, läuft das bürgerliche Gesetz auf die bürgerliche Kleinfamilie hinaus und begünstigt sie deutlich über alternative Lebensformen, beispielsweise beim Sorgerecht. Indem auch auf ideologischer Ebene die „klassischen Familie“ als gesellschaftliche Norm festgelegt wird, werden jegliche Abweichungen im besten Fall unsichtbar gemacht, im schlimmsten Fall von Konservativen bis Rechten angegriffen.

Stellt sich nun also die große Frage nach dem „Warum“? Wozu dient die Frauenunterdrückung im Kapitalismus? Was ist ihr tieferer Sinn? Um zu klären, warum sich ausgerechnet die Unterdrückung der Frau durch den Mann ergibt, empfehle ich das Werk „Ursprung der Familie, des Staats und des Privateigentums zu lesen“ von Friedrich Engels. In diesem Werk wird der Ursprung von Sexismus genauer beleuchtet, wofür in diesem Artikel kein Platz bleibt. Dafür möchte ich aber darauf eingehen, wie der Kapitalismus und seine Ausbeutungsform der Lohnarbeit seinen Nutzen aus Sexismus, zieht. Modellhaft ist das leicht erklärt: Der Mann muss seine Arbeitskraft an die Kapitalist_Innen verkaufen und um die Kraft dafür zu haben, sprich um sich reproduzieren (seine Kraft wiederherstellen) zu können, braucht es die Frau, welche kostenlos die Hausarbeit übernimmt und die Kinder umsorgt. Der Kapitalismus braucht diese klare aufgabenbezogene Rollenverteilung, um einerseits den Nachwuchs neuer Arbeitskräfte und andererseits die Reproduktion und somit die Wiederverwertbarkeit der Arbeitskraft zu garantieren, ohne dass dabei die Hausarbeit ebenfalls entlohnt wird, also ohne selbst Profitverluste dadurch machen zu müssen. Diese Rollenverteilung ist heutzutage keinesfalls gelöst, da sie sich jeher ideologisch fortpflanzt und ihren Nutzen findet.

Jugendunterdrückung

Ebenso wird die Jugend in dem bürgerlichen Familienbild stark benachteiligt. Finanzielle Abhängigkeit von den Eltern und rechtliche Bevormundung sind hier die Hauptproblempunkte. Als Jugendliche_r kann man sich meist bereits eine Meinung bilden und eigene Ziele im Leben setzen, ist aber an die Eltern gebunden. Wohnort, Kleidungsstil und generelle Lebensplanung sind in vielen Fällen vom elterlichen Reichtum abhängig. Die dazu kommende rechtliche Benachteiligung, wie das Verbot, Verträge unter 18 Jahren abschließen zu können, verschafft den Eltern gegenüber ihren Kindern ein starkes Machtverhältnis, was nicht allzu selten in Manipulation endet.

Dass Jugendlichen nicht alle Rechte zustehen, weil sie noch nicht arbeiten, wird zwar oft als Argument angeführt, ist aber etwas zu kurz gedacht: Einerseits werden Jugendliche auf dem Arbeitsmarkt ebenfalls diskriminiert und nicht vollwertig für ihre Tätigkeiten bezahlt (es gilt in der Ausbildung oder unter 18 kein Mindestlohn). Anderseits sollte die eigene Persönlichkeitsentwicklung nicht von der eigenen Arbeitskraft und dem finanziellen Stand abhängen. Aber genau dieses Bild einer Gesellschaft, welches auf Leistungsdruck aufbaut, führt zu einer Herabwürdigung derer, welche noch nicht in den Arbeitsprozess eingebunden sind, als nutzlose und unselbständige. Vielmehr sollte das Ideal der Solidarität und größtmöglichen Entfaltung aller gelten!

Was ist der Sinn der bürgerlichen Familie und was sind ihre Auswüchse?

Der Sinn ist also die Reproduktion von Arbeitskraft und Erziehung von neuen Arbeitskräften ins Private zu verlagern, damit das Kapital Kosten sparen kann. Weiterhin werden Jugendliche und Kinder in so einem Familiensystem schon früh zu Gehorsam und Unterordnung erzogen, was sie später ihrer/m Kapitalist_In zeigen sollen. Außerdem dient die bürgerliche Familie in der herrschenden Klasse immer noch dem, was die monogame Familie seit ihrer Entstehung in jeder Klassengesellschaft leisten sollte: der Vererbung von Privateigentum innerhalb genetischer Abstammungslinien, also dem Erhalt der herrschenden Klasse als Besitzende.

Somit schafft es die bürgerliche Familie ein klares Rollenbild zu vermitteln und dem Mann eine höhere Stellung zu verleihen, gemäß dem patriarchalen Aufbau dieses Familiensystems. Alles zu dem Zweck, eine geordnete Arbeitsteilung im Rahmen der Familie zu haben, damit der Fortbestand des Systems und der kapitalistischen Ausbeutung auch durch die Familie geschützt wird. Die Bevorteilung des Mannes, welche sich vor allem finanziell stützt, setzt ihn als Familienoberhaupt ein, sodass dieser tonangebend gegenüber Frau und Kindern wird. Nicht selten mündet dieses strukturelle hervorgebrachte Privilegium auch in häuslicher Gewalt, worunter Frauen und Jugendliche jahrelang leiden und tiefe psychische Verletzungen davontragen können. Gerade durch den Lockdown hat diese nochmal erheblich zugenommen, da die Familie nunmehr den einzigen Rückzugsort ohne Einschränkungen darstellt. Dabei stellt der Lockdown aber nicht die Hauptursache dar, sondern verschärft, was im System bereits grundlegend vorzufinden ist.

Was können wir dagegen tun?

Kurzum, die bürgerliche Familie ist patriarchal, diskriminierend gegenüber Frauen, Jugendliche und den LGBTIAQ*-Menschen; sie ist aber auch überwindbar. Ein Lösungsansatz für die Enthebung des Patriarchats ist unter anderem die Vergesellschaftung der Hausarbeit, sodass dieses Problem der Reproduktion ein gesellschaftliches wird, welches nicht durch den einzelnen Hausstand geregelt werden muss. Hierbei muss es mehr Möglichkeiten im öffentlichen Raum geben, um anderen Menschen bei ihren alltäglichen Arbeiten zu helfen, wie kostenlose Kitas, Mensen und Wäschereien. Am Rande bemerkt ist dies sogar ressourcensparender, da nicht jeder Haushalt für sich alleine zig Geräte hat, die die meiste Zeit nicht genutzt werden. Ein weiterer wichtiger Punkt ist es, Akzeptanz gegenüber alternativen Beziehungsformen zu erreichen, sowie den Betroffenen von häuslicher Gewalt mehr Schutz und Gehör zu verleihen. Außerdem sollten gemeinschaftliche Selbstverteidigungskomitees gegen Gewalt und Übergriffe gegen Frauen und LGBTIAQ* aufgebaut werden. Zur Beendigung der finanziellen Abhängigkeit müssen wir einerseits gleiche Bezahlung für gleichwertige Arbeit durchzusetzen und andererseits Jugendlichen mit einem garantierten Mindesteinkommen und gute Alternativen zu ihrem Elternhaus ihre Freiheit und Selbstbestimmung zurückgeben.

Die bürgerliche Familie ist weder ewig noch alternativlos, sondern entsteht aus der konkreten kapitalistischen Gesellschaft. Daher lässt sich das Patriarchat sehr wohl lösen, indem der Kapitalismus zusammen mit dem Privateigentum fällt und eine Vergesellschaftung der Produktionsmittel uns den Weg in den Sozialismus ebnet, der unsere Klasse, die Arbeiter_Innenklasse, von dem Joch der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen befreit. Nur durch die Aufhebung wirtschaftlicher Ungleichheit lässt sich eine Gleichheit der Menschen aus emanzipatorischer Sicht erreichen. Wenn wir die private Kontrolle über die Produktion aufheben, und gemeinschaftlich als Arbeiter_Innen bestimmen, was die Gesellschaft braucht und was produziert werden muss, wird es auch möglich sein die Reproduktion der Arbeitskraft aller gemeinschaftlich und frei von privater Überbelastung zu organisieren (=Vergesellschaftung der Hausarbeit). Dafür wird, auch die private Vererbung und die private Erziehung aufgelöst, und zu einer Aufgabe der Gemeinschaft gemacht werden. So, dass keine Frau, kein Jugendliche/r, keine LGBTIAQ* Person mehr Unterdrückung erleiden muss. Lasst uns gemeinsam das Patriarchat zerschlagen!


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