Mobbing in der Schule – Aus Langeweile?

Von Maggy Rehfeld

Beleidigungen, Schubsen, Ausgrenzen: Laut einer PISA Studie¹ ist jede sechste Schüler_In Opfer von Mobbing oder hat, wie es der Psychologe Dan Olweus beschreibt, erlebt, dass „ein oder mehrere Individuen, wiederholte Male und über einen längeren Zeitraum negativen Handlungen von einem oder mehreren Individuen ausgesetzt sind“². Depressionen, unkontrollierte Aggressionen bis hin zu selbstverletzendem Verhalten und suizidalen Tendenzen, sind nur einige der drastische Folgen für die Opfer. Wer die betroffenen sind, wird in Deutschland nur sehr grob erfasst. Klar geht aus den Untersuchungen hervor, 8te bis 10te Klassen, also die Pubertät, sind die Brennpunkte und Jungs sind öfter Opfer und auch Täter als Mädchen. Soziale Hintergründe werden, wenn überhaupt, nur als Randnotizen erwähnt. Doch decken sich diese in einem Punkt. Soziale Schwäche und Minderheitspositionen, also z.B. Kinder aus einkommensschwachen oder migrantischen Familien, sind eindeutige Risikofaktoren dafür, von Mobbing betroffen zu sein.

Schulsituation

Generell ist es so, dass das kapitalistische System, welches auf Konkurrenz und Ausbeutung beruht, Abscheulichkeiten wie Mobbing hervorbringen muss. Die Erziehung, sei es im Elternhaus, Kindergarten und Schule ist absolut geprägt von diesem Gesellschaftssystem. Werfen wir dabei einen Blick auf die Schulen: Marode Gebäude, ein straffer Lehrplan, der durch permanenten Lehrermangel noch komprimierter wird, andauernde Tests, wie Klausuren,  PISA oder unangekündigte Leistungsabfragen erzeugen hier ein Klima permanenten Stresses. „Hauptgrund für Mobbing ist Langeweile in der Schule“ behauptet Manuela Richter-Werling im Interview mit der SZ³. Der Unterricht mag langweilig gestaltet sein, doch reichen schon wenige  Momente der Unaufmerksamkeit oder ein versauter Test und schon erwachen sie wieder, die Ängste vom sozialen Abstieg. „Kind lern fleißig, sonst wird nichts aus dir!“  heißt es da. Und scheinbar stimmt das, angemessen bezahlte Berufe werden immer weniger, mehr als die Hälfte der Jugendlichen sind als arbeitslos  gemeldet⁴ oder prekär beschäftigt ⁵, ganz analog zur allgemeinen Entwicklung in Deutschland. So entsteht zum Klima des Stresses zusätzlich ein Klima der Konkurrenz, denn anscheinend haben nur die Besten eine Chance auf Aufstieg und ein gutes Leben. Weiterhin zu beachten sind die Mitsprache und Mitbestimmungsrechte der Schüler_Innen. Klassen- und Schulsprecher_Innen dürfen dem Lehrkörper unverbindliche Empfehlungen aussprechen und Vollversammlungen einberufen. Doch weit darüber hinaus geht es nicht. Einfluss auf die Unterrichtsgestaltung und den vermittelten Stoff sucht man vergebens. Den Schüler_Innen wird die Unmündigkeit anerzogen, jeden Tag ab Punkt 8, immer schön im Takt, mit drögem Unterricht und doch gilt es immer bereit zu sein, um Bestleistungen abzurufen, die eine Chance auf eine vielleicht bessere, aber weit entfernte Zukunft versprechen. Doch Jugendliche leben im Hier und Jetzt, wollen sich frei entfalten, mitbestimmen und die Welt um sich herum erforschen. Diese krassen Gegensätze prallen im Schulalltag aufeinander und der entstehende Frust sucht sich ein Ventil. Und dort wo sich zu Hause kein ausgewogenes Umfeld befindet, weil beide Eltern arbeiten müssen, selbst seelische Probleme haben, geschieden sind oder anders verhindert sind, findet sich dieses Ventil in denjenigen, die noch unmündiger sind. Wer bereits nicht fest im Alltag der Schule steht, sei es wegen schlechter Noten, Integrationsschwierigkeiten, soziale oder kultureller Art, hat dann kaum noch eine Chance, sich gegen Mobbing zu wehren.

Hilfe

Die angebotene Hilfe fällt dagegen eher schwach aus. Oft sind Lehrer_Innen selbst (Mit-)täter_Innen oder das Vorgehen richtet sich ausschließlich gegen die Täter_Innen, wodurch die Opfer nur noch weiter ausgegrenzt werden. Das bringt nichts im Kampf gegen Mobbing! Den Opfern müssen Schutzmaßnahmen wie Caucusse, Selbstverteidigungskurse und kostenfreie psychologische Beratung angeboten werden. Um Mobbing präventiv zu verhindern, müssen die Ursachen bekämpft werden. Schüler_Innen müssen den Schulalltag aktiv mitgestalten dürfen und last but not least muss die Ursache für Stress Druck und Konkurrenz in der Schule, muss die Herrschaft des Kapitalismus zerschlagen werden.

 

1 PISA 2015 Results (Volume III): Students‘ Well-Being

2 Dan Olweus: Mobbning – Vad vi vet och vad vi kan göra. Liber, Stockholm 1986

3 Paul Munzinger „Hauptgrund für Mobbing ist Langeweile in der Schule“ SZ online 05.02.19

3 statista Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland

4 DGB Index gute Arbeit für junge Beschäftigte

image_pdfimage_print

Related Posts

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

− 1 = 2

Besuch uns auch auf

Unser Programm

Neueste Zeitung

Zeitung Februar 2024

Archiv