Corona, Krise und doppelte Belastung der Frauen

Jaqueline Katherina Singh, Fight! Revolutionäre Frauenzeitung Nr. 9

Seit mehr als einem Jahr stellt die Pandemie unser Leben auf den Kopf. Rund 110 Millionen Menschen sind (Stand: Mitte Februar 2021) offiziell am Corona-Virus erkrankt, beinahe 2,5 Millionen sind verstorben. Ausgangsbeschränkungen, Atemschutzmasken, Arbeitslosigkeit – die Liste mit Dingen, die nun zu unserem Alltag gehören, ist lang. Angst um Freund_Innen, Familie, die eigene Existenz. Gerade Letzteres stellt sich für viele Arbeitende.

Denn das Corona-Virus hat eine Wirtschaftskrise, die sich bereits vorher abzeichnete, ausgelöst und massiv verschärft. Unter anderem, da – anders als bei der Finanzkrise 2007/08 – fast alle Länder gleichzeitig erfasst wurden. Der Internationale Währungsfonds (IWF) geht in einem Bericht davon aus, dass die Pandemie alle Fortschritte in der Bekämpfung der globalen Armut seit den 1990er Jahren zunichtegemacht hat. Die soziale Ungleichheit hat sich 2020 drastisch weiter verstärkt. Das bedeutet, dass jene, die schon vorher am Existenzminimum gelebt haben, noch weniger besitzen sowie kleinere Verbesserungen, die in den letzten Jahren errungen werden konnten, verschwinden.

Die Krise heißt Kapitalismus

Als Ergebnis der Finanzkrise 2007/08 konnten wir in den letzten Jahren eine stetige Zuspitzung von imperialistischen Konflikten wahrnehmen – ob durch Interventionen in der Ukraine, Syrien, die stetigen Drohungen gegen den Iran oder den Handelskrieg zwischen den USA und China. Gerade Letzterer stellt eine direktere Konfrontation zwischen zwei imperialistischen Mächten dar, bei der es nicht nur um ein bloßes Kräftemessen geht. Vielmehr ist es die Zuspitzung der Frage, welche Kraft den Weltmarkt in ihrem Interesse neu gestaltet – die niedergehende, über Jahrzehnte vorherrschenden USA oder China als neue, aufstrebende Macht. Die jetzige Krise wird die Verteilungskrise und den existierenden Machtkampf massiv verstärken. Die Frage der Verfügbarkeit medizinischer Versorgung, insbesondere des Impfstoffes, ist in mehrfacher Weise mit dem Kampf um die Neuaufteilung der Welt verbunden.

Zum Ersten sichern sich alle imperialistischen Mächte einen privilegierten Zugang zu den Impfstoffen und räumen den Markt faktisch leer. Hinzu kommt, dass die großen Konzerne, die fast ausschließlich in den kapitalistischen Zentren angesiedelt sind, für Jahre enorme Monopolprofite wittern, auf Patentrechten und damit dem Ausschluss von Milliarden Menschen vom bezahlbaren Zugang zu den Impfstoffen beharren. Während die Bevölkerung der imperialistischen Staaten bis Ende 2021 geimpft werden kann, sollen in vielen Ländern Afrikas, Lateinamerikas und Asiens selbst „optimistischen“ Vorhersagen zufolge nur 20 % diesen Schutz erhalten.

Die dramatisch wachsende globale Verschuldung verschärft die Ungleichheit noch weiter. Während die USA, China oder auch die EU mit Milliardenausgaben die unmittelbaren Wirkungen der Krise kurzfristig mildern und Konjunkturprogramme auf den Weg bringen können, ist dieser Weg den meisten Ländern des globalen Südens verschlossen. Sie können allenfalls auf eine kurzfristige Aussetzung des Schuldendienstes für über den IWF oder andere Institutionen vermittelte Kredite hoffen. Diese Last wird sie noch mehr von den Zentren der Weltwirtschaft und des Finanzkapitals abhängig machen – mit extremen Folgen für Milliarden Lohnabhängige, Bauern und Bäuerinnen.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass selbst wenn die imperialistischen Zentren durch Impfungen wieder versuchen, zum Regelbetrieb zurückzukehren, die Lage sich nicht von alleine entspannen wird. Während die nationalen Regierungen für größere Konzerne Rettungspakete schnüren, wird versucht werden, die entstandenen Kost auf die Arbeiter_Innenklasse abzuwälzen: Massenentlassungen, Einsparungen im sozialen Bereich neben der stetigen Gefahr von Mutationen des Virus, die gegen den Impfstoff resistent sind. Es stellt sich also die Frage: Wer zahlt für die Kosten der Krise und die Folgen der Pandemie? Und während der Machtkampf unter den Kapitalfraktionen noch läuft, ist zugleich klar, dass sie alle versuchen werden, die Kosten auf die Arbeiter_Innenklasse abzuwälzen. Im Folgenden wollen wir einen Überblick darüber geben, wie die Belastung für Frauen aus der ArbeiterInnenklasse seit Ausbruch der Pandemie zugenommen hat, welchen Problemen sie sich verschärft gegenübersehen, um dann auf die Ursachen der Unterdrückung und die Frage des Kampfes dagegen einzugehen. Schließlich stellen sie einen maßgeblichen Teil der Arbeiter_Innenklasse dar und haben aufgrund ihrer sozialen Unterdrückung mit spezifischen Angriffen zu kämpfen.

Frauen sind in vielen der am stärksten von Covid-19 betroffenen Branchen überrepräsentiert, z. B. in der Gastronomie, im Einzelhandel und in der Unterhaltungsbranche. So arbeiten 40 Prozent aller erwerbstätigen Frauen – 510 Millionen weltweit – in den am stärksten betroffenen Branchen, verglichen mit 36,6 Prozent der erwerbstätigen Männer. International stellen Frauen 70 % des Personals in sozialen und Pflegeberufen.

Kurzarbeit und Entlassungen

Auch die ersten großen Entlassungswellen betrafen vor allem Sektoren, in denen Frauen überrepräsentiert sind wie Einzelhandel, Gastgewerbe und Tourismus. Eine statistische Erhebung aus den USA zeigt, dass Frauen in verschiedenen Branchen stärker vom Arbeitsplatzverlust betroffen sind als Männer. Im Freizeit- und Gastgewerbe waren vor der Pandemie 52 % der Beschäftigten Frauen, aber 54 % der Entlassenen sind weiblich. Im Bildungs- und Gesundheitswesen stellten Frauen 77 % der Arbeitskräfte, aber 83 % der Entlassenen; im Einzelhandel 48 % der Beschäftigten, 61 % der Arbeitsplatzverluste; in den Kommunal- und Landesverwaltungen schließlich 58 % der Belegschaften, aber 63 % der Freigesetzten.

Laut Zahlen der ILO verdienten 2018 61 % der globalen Erwerbsbevölkerung (2 Milliarden Menschen) ihren Lebensunterhalt in der informellen Wirtschaft, davon sind rund 50 % Frauen. Für diese Menschen bedeutet das, dass sie über keinen einklagbaren Arbeitsvertrag, keine Arbeitslosenversicherung oder damit vergleichbare Absicherung verfügen.

Frauen stellen zwar die Hälfte der Menschen im informellen Sektor, sie sind aber vor allem im globalen Süden überrepräsentiert. So arbeiten in Südasien über 80 % aller Frauen außerhalb der Landwirtschaft im informellen Sektor, in den Ländern südlich der Sahara 74 %, in Lateinamerika und der Karibik 54 %.

Besonders betroffen von der Krise sind oft WanderarbeiterInnen. So haben in Indien mindestens 40 Millionen ArbeitsmigrantInnen von heute auf morgen ihren Job und ihre Unterkunft verloren. Sie müssen 100 – 1.000 Kilometer zurück zu ihren Familien reisen, denen sie meistens selbst Geld schicken, also die sie eigentlich finanzieren. Schätzungen gehen davon aus, dass 660.000 bis 1,5 Millionen MigrantInnen in Lagern untergebracht wurden, wo sie minimale Essensrationen erhielten.

Frauen sind jedoch nicht nur als überausgebeutete Lohnarbeiterinnen betroffen. In vielen Ländern der halbkolonialen Welt waren sie im Zuge von „Entwicklungshilfe“ oft auch Empfängerinnen sog. Mikrokredite. In Jordanien beispielsweise erhielten rund 70 % der Frauen solche. Unter den Bedingungen von Corona und der Krise können viele ihre Raten nicht mehr tilgen, sind nicht zahlungsfähig, was in manchen Ländern mit Gefängnisstrafe geahndet werden kann.

Wir sehen anhand dieser Beispiele, dass arbeitende Frauen auch ökonomisch besonders stark von der Krise betroffen sind – und diese wird so schnell nicht nachlassen.

Gesundheit

Aufgrund der Pandemie liegt der Fokus des Gesundheitssystems auf der Bekämpfung der Krankheit. Dies ist an sich sinnvoll. Aber da es ohnedies schon einen Mangel an medizinischem Personal und Einrichtungen gibt, bedeutet das auch, dass diese anderswo fehlen. So können wir aktuell in vielen Ländern einen Anstieg der Mütter- und Kindersterblichkeit beobachten.

Der Zugang zu hygienischen Produkten und Verhütungsmitteln wird durch Verdienstausfälle erschwert, deren Produktion teilweise ausgesetzt. In Indien wurden während der ersten Wochen des Lockdowns Binden nicht als essentiell betrachtet. Mädchen hatten aufgrund der Schließung von Schulen keinen Zugang. NGOs und Hilfsorganisationen schätzen, dass allein in Indien mindestens 121 Millionen Frauen keinen Zugriff auf Güter zur Befriedigung ihrer Grundbedürfnisse hatten, wobei ländliche Regionen und Kleinstädte besonders betroffen waren.

Zusätzlich wird der ohnedies schon eingeschränkte Zugang zu Abtreibungen weiter erschwert. UN-Schätzungen zufolge könnte die Corona-Krise zu 7 Millionen ungewollten Schwangerschaften führen. Zum einen, da der Zugang zu Verhütungsmitteln erschwert ist, zum anderen, da die sexualisierte Gewalt gegenüber Frauen massiv zugenommen hat und sie noch mehr an die Familie und damit an Ehemänner gebunden sind. Dort, wo Schwangerschaftsabbrüche legal sind, wurde der Zugang zu Beratungsgesprächen massiv eingeschränkt, da viele Praxen und Familienplanungszentren ihr Angebot reduzierten. In 8 US-Bundesstaaten liefen während des ersten Lockdowns Verfahren, da Abtreibungen auf die Liste der „nicht dringlichen“ medizinischen Behandlungen gesetzt worden sind.

Gewalt gegen Frauen

Zugleich verschärft sich die Lage der Frauen in Familien und Beziehungen. Der Bevölkerungsfonds der UN (United Nations Population Fund, bis 1987: United Nations Fund for Population Activities; UNFPA) rechnet mit 31 Millionen zusätzlichen Fällen von häuslicher Gewalt in 6 Monaten des Lockdowns. Wir haben es hier mit einem globalen, keinesfalls mit einem regionalen Problem zu tun.

In Frankreich nahmen mit der Ausgangssperre 2020 die Fälle häuslicher Gewalt um 30 Prozent zu. Die französische Regierung kündigte zudem an, bis zu 20.000 Zimmern in Hotels für Betroffene zu reservieren, in französischen Einkaufszentren wurden 20 Beratungsstellen eingerichtet.

Allein in den ersten beiden Aprilwochen 2020 gab es im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einen 47 %igen Anstieg der Anrufe bei der spanischen Hotline für häusliche Gewalt. Die Zahl der Frauen, die sich per E-Mail oder über soziale Medien an die von der Regierung als wesentlich eingestuften Unterstützungsdienste wandten, soll um bis zu 700 % gestiegen sein. Sichtbar wird das Ausmaß des Problems, wenn man die bestehende Infrastruktur für von Gewalt betroffene Frauen betrachtet.

So mangelt es in Deutschland seit Jahren an Plätzen in Frauenhäusern. Bis heute stehen rund 6.800 Plätze zur Verfügung, obwohl sich Deutschland schon 2017 verpflichtet hat, mindestens 21.400 zu schaffen. Kurzfristig hätte hier durch Nutzung leerstehenden Wohnraums, wegen der Pandemie nicht belegter Hotels und Ferienwohnungen etwas Abhilfe geschaffen werden können – doch Fehlanzeige. Hinzu erschweren die soziale Isolierung und Quarantäne die Lage der Frauen. Mit Tätern eingeschlossen, kannst du nicht einfach verschwinden und dich um die Kinder kümmern, die ebenfalls krasser Gewalt ausgesetzt sind.

Homeoffice und unbezahlte Hausarbeit

Grundsätzlich leisten Frauen nach wie vor weit mehr unbezahlte Hausarbeit als Männer. Im Zuge von Corona wurden Schulen und Kindergärten geschlossen, ist Pflegeunterstützung im Haus oft weggefallen oder reduziert.

Hinzu kommt, dass Homeoffice und Kinderbetreuung nur schwer vereinbar sind. Das zeigt sich in Deutschland daran, dass 40 % der Personen mit Kindern unter 14 Jahren die Tätigkeit im Homeoffice als äußerst oder stark belastend einschätzen gegenüber 28 Prozent der Befragten ohne Kinder. 1,5 Millionen Alleinerziehende – davon sind 90 % Frauen – sind noch mal stärker betroffen.

Ein Teufelskreis

Viele Frauen arbeiten im Caresektor und in sog. systemrelevanten Berufen. Sie sind oft einem höheren Infektionsrisiko ausgesetzt, gleichzeitig aber auch von Entlassungen am stärksten betroffen. Das bindet sie ökonomisch stärker an die Familie, macht sie schutzloser gegenüber häuslicher Gewalt. Zusätzlich steigt die reproduktive Arbeit, die im Haushalt getätigt werden muss, was die Doppelbelastung der Frauen erhöht. Sie werden also unter Bedingungen einer kapitalistischen Krise, die durch die Pandemie verstärkt wird, mehr in die klassische, reaktionäre Geschlechterrolle gedrängt. Auch wenn jetzt die Kontaktverbote gelockert werden, wird es keine Rückkehr zur ohnedies zweifelhaften „Normalität“ geben. Vielmehr drohen im Zuge der Wirtschaftskrise mehr Entlassungen und massive Sozialkürzungen.

Warum ist das so?

Um die aktuelle Situation zu verändern, ist es essentiell zu verstehen, warum Corona sowie die Wirtschaftskrise Frauenunterdrückung verstärken und woher diese überhaupt kommt. Dazu gibt es zahlreiche theoretische Ansätze und diverse Lösungen von verschieden feministischen Strömungen, auf die wir an dieser Stelle nicht eingehen können. Stattdessen beschäftigen wir uns mit der Position von Revolutionär_Innen.

Frauenunterdrückung existierte schon lange vor dem Kapitalismus und nahm in allen Klassengesellschaften eine systematische Form an. So war z. B. die bäuerliche Familie im Feudalismus Produktions- und Reproduktionseinheit. Für den Kapitalismus ist freilich typisch, dass sich die Funktion von Haushalt und Familie für die unterdrückte Klasse gegenüber früheren Klassengesellschaften ändert. Im Kapitalismus werden Produktion und Reproduktion getrennt und natürlich hat die Familie/PartnerInnenschaft für die ArbeiterInnenklasse und für die besitzenden Klassen auch eine unterschiedliche Funktion. Für Erstere dient sie in erster Linie zur Reproduktion der Ware Arbeitskraft, während sie für KapitalistInnen essentiell für die Vererbung der Produktionsmittel ist.

Auch wenn dieses „Ideal“ der ArbeiterInnenfamilie global betrachtet oft gar nicht der Realität entspricht, so übernimmt der Kapitalismus eine schon vorher existierende geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, die dadurch, dass der Lohn des Mannes als „Familienlohn“ gesetzt wird, während die Frau nur „dazuverdient“, selbst befestigt und reproduziert wird. Die bürgerliche Familie, die auch als Norm in der ArbeiterInnenklasse ideologisch und repressiv durchgesetzt wird gegenüber anderen Formen, reproduziert die geschlechtliche Arbeitsteilung und diese verfestigt wiederum die Familie als scheinbar „natürliche“ Form des Zusammenlebens.

Warum sind Frauen stärker betroffen?

Diese Form der geschlechtlichen Arbeitsteilung bedeutet auch, dass Frauen oft von Krisen besonders stark betroffen sind. Gerade in solchen Perioden wird die Reproduktionsarbeit im Kapitalismus systematisch ins Private gedrängt. Kosten für v. a. öffentliche Kindererziehung, Kranken- und Altenpflege erscheinen als unnütze, unproduktive Arbeit, da sie oft keinen Mehrwert für ein Kapital schaffen. Das heißt nicht, dass es nicht nützliche Arbeiten sind. Aber da sie sich nicht im gleichen Maßstab wie andere, z. B. industrielle, verwerten lassen, erscheint z. B. Carearbeit im öffentlichen Krankenhaus oder die Arbeit der Erzieherin in einer Kita nur als Kostenfaktor, der gefälligst reduziert oder ganz eingespart werden soll.

Daher verbleibt auch die individuelle Kindererziehung, Pflege von Alten in der Familie – und es erziehen und pflegen dabei in erste Linie Frauen. Dabei kann diese Operation durchaus widersprüchlich sein, weil eigentlich auch das gesellschaftliche Gesamtkapital unter bestimmten Bedingungen mehr weibliche Arbeitskraft und damit auch eine teilweise Vergesellschaftung der Hausarbeit (z. B. durch mehr Kindergärten, bessere Kantinen …) braucht.

In Krisenzeiten müssen aber Kosten gespart werden durch Absenkung der Löhne, Verlängerung der Arbeitszeit, Kurzarbeit, Entlassungen, aber auch und vor allem durch Kürzungen im sozialen Bereich insgesamt. Frauen fungieren so als „flexible“ Aufstockerinnen, besonders leicht verschiebbarer Teil der industriellen Reservearmee, die zuerst ins Private gedrängt werden und sich eher um Familie kümmern, aber bei besserer Konjunktur auch wieder leicht und schlechter bezahlt einsetzbar sind.

Wir sehen hier also auch, woher der Gender Pay Gap (geschlechtsspezifischer Lohn- und Gehaltsunterschied) kommt. Der Lohn des Mannes wird historisch als Familienlohn gesetzt (der auch die Kosten zur Reproduktion der Familie einschließt). Die Arbeit der Frau erscheint dabei nur als „Zuschuss“, als „Aufstocken“. Das Ganze bildet einen Elendskreislauf, der sich in einem gewissen Maß selbst reproduziert: Basierend auf der geschlechtlichen Arbeitsteilung geht der Mann arbeiten, weil er mehr verdient – und weil der Mann mehr verdient, bleibt die Frau zu Hause. Somit reproduziert sich die geschlechtliche Arbeitsteilung gleich mit.

Kämpfe der ArbeiterInnen- und der Frauenbewegung haben zwar wichtige Verbesserungen errungen, aber eine wirkliche Gleichheit konnte nie erreicht werden, weil die unterschiedlichen Löhne in der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung und im privaten Charakter der Hausarbeit wurzeln. Gerade in Krisen stehen wir immer wieder vor der Gefahr eines Rollbacks.

Forderungen

Auch wenn sich die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Frauen in den verschiedenen Ländern und Regionen sehr unterschiedlich darstellen, so gibt es doch einige gemeinsame Forderungspunkte, die für eine internationale Bewegung von großer Bedeutung sind:

Gesundheitsschutz für alle!

Kostenloser Zugang für alle, insbesondere auch Frauen aus dem „globalen Süden“, zu Gesundheitsversorgung sowie zu Corona-Impfstoffen und -Tests. Die Produktion und Verteilung der Impfstoffe muss der Kontrolle der privaten Konzerne entzogen werden. Nein zum Impfstoff-Nationalismus der imperialistischen Staaten, für die Aufhebung der Patente und einen internationalen Plan zu raschen Produktion und Verteilung. Streichung der Schulden der Länder der „Dritten Welt“ und Finanzierung der Gesundheitsversorgung und der Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung (inklusive der Versorgung bei Quarantänemaßnahmen) durch einen internationalen Plan, finanziert von den reichen Ländern und durch die Besteuerung von Vermögen und Kapital!

Gleiche Arbeit, gleicher Lohn!

Dies beinhaltet auch Forderungen wie jene nach einem Mindestlohn oder nach Abschaffung aller Formen informeller, prekärer Arbeit durch tarifliche Löhne und Gehälter, verknüpft mit der nach Kontrolle dieser Maßnahmen durch Komitees der ArbeiterInnenklasse, insbesondere der Lohnarbeiterinnen. Keine Entlassungen und volle Bezahlung aller Beschäftigen während der Lockdowns bei Schließung aller nicht-essentiellen Wirtschaftsbereiche, um eine Zero-Covid-Strategie durchzusetzen. Anhebung der Renten, Arbeitslosenunterstützung zumindest auf Höhe des Mindestlohns. Kontrolle der Gewerkschaften und von Ausschüssen der ArbeiterInnen über diese Maßnahmen.

Selbstbestimmung über den eigenen Körper!

Diese muss das Recht auf Empfängnisverhütung, die kostenlose, sichere und frei zugängliche Abtreibung beinhalten. Sie inkludiert auch den Schutz vor häuslicher Gewalt, Scheidungsrecht, rechtliche Gleichheit, den massiven Ausbau von Schutzräumen wie Frauenhäusern sowie den Aufbau von Selbstverteidigungskomitees gegen Gewalt und Übergriffe, die von der ArbeiterInnenbewegung unterstützt werden.

Kampf gegen Entlassungen, Einbezug ins Berufsleben!

Der Kampf gegen Entlassungen muss sich auch gegen die von Frauen richten. Alle rechtlichen Benachteiligungen, alle Formen von Sexismus und Diskriminierung im Berufsleben müssen offensiv bekämpft werden. Der Kampf gegen Entlassungen muss mit dem für eine massive Verkürzung der Arbeitszeit verbunden werden, so dass die Arbeit unter alle, Männer wie Frauen, aufgeteilt werden kann.

Nein zu Sozialabbau und Privatisierung – Vergesellschaftung der Hausarbeit!

Statt weiterer Kürzungen müssen wir für den Ausbau von Schulen, Bildungseinrichtungen, öffentlichen Krankenhäusern, Kultureinrichtungen usw. unter Kontrolle der ArbeiterInnenklasse eintreten. Dies ist absolut notwendig, um dem weiteren Rollback und der Zunahme privater Hausarbeit entgegenzutreten. Letztlich besteht die Aufgabe darin, die gesamte Hausarbeit zu vergesellschaften, so dass lebenswichtige Aufgaben wie Kindererziehung und Sorge um Alte und Kranke nicht mehr individuelle Last von Frauen bleiben, sondern kollektiv angepackt werden.

Gegen Sexismus und Chauvinismus!

Beim Aufbau einer internationalen Bewegung gegen Pandemie und Krise müssen Frauen und ihre Forderungen eine Schlüsselrolle einnehmen. Doch ihre Unterdrückung in der Gesellschaft findet nur allzu oft ihre Fortsetzung in der reformistischen und bürokratisierten ArbeiterInnenbewegung. Daher ist es notwendig, dass sie sich gegen alle Formen des Sexismus und Chauvinismus in unserer Klasse auch organisiert zur Wehr setzen können und wie alle anderen sozial Unterdrückten in Parteien oder Gewerkschaften das Recht auf eigene Treffen (Caususes) haben. Mit den Frauen*streiks der letzten Jahre hat sich eine globale Kraft zu formieren begonnen, die das Potential besitzt, zu einer internationalen proletarischen Frauenbewegung zu werden. Diese stellt für den gemeinsamen Kampf von Männern und Frauen der ArbeiterInnenklasse kein Hindernis, sondern vielmehr eine Voraussetzung zu einem wirklichen, gemeinsamen Kampf gegen Frauenunterdrückung und Kapitalismus dar.

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