Der Plan für den großen Krieg: Operationsplan Deutschland

Foto Soldaten: Tobias Nordhausen CC BY-NC-SA 2.0 via Flickr Foto Gewehr: DomoK, SSG VINCENT A KING, USA CC BY-SA 4.0 via Wiki Commons

von Yorick F., November 2024

Die BRD bereitet sich auf den Kriegsfall vor. Bereits im Verlauf dieses Jahres wurde mit dem „Operationsplan Deutschland“ (kurz OPLAN DEU) der erste „Verteidigungsplan“ in der BRD seit 1989 erarbeitet. Dieser umfasst wohl über 1000 Seiten und ist in seinen Details nicht bekannt. Das Ziel dieses Plans soll ganz offen die Vorbereitung auf einen großen Krieg mit Russland in Osteuropa sein. Nun fanden die ersten Vorträge der Bundeswehr bei Unternehmen und zivilen Institutionen statt, wie diese den OPLAN DEU praktisch für sich selbst umsetzen können. Wichtige genannte Punkte der vortragenden Bundeswehr-Offiziere waren wohl insbesondere für die Unternehmen folgende: Zum einen sollten diese energieautarker werden, falls sich die Energieversorgung weiter verschlechtert, und zusätzlich aktuell eigentlich nicht benötigte LKW-Fahrer:innen ausbilden. Hintergrund ist, dass die meisten aktuellen Fahrer:innen aus Osteuropa kommen. Sollte ein potenzieller Krieg dort stattfinden, könnte die für einen Krieg elementare Infrastruktur zusammenbrechen.

Was steht drin?

So weit, so beunruhigend. Neben der direkten Verbindung der Verteidigungsstrategie mit dem deutschen Kapital ist der Plan vor allem ein Programm zur Militarisierung. Dies betrifft tatsächlich vor allem das Inland: Die BRD soll sowohl im „Schutz“ ihrer nationalen Integrität gestärkt werden als auch als Land, durch das im Ernstfall Hunderttausende NATO-Soldat:innen zur NATO-Ostgrenze transportiert werden könnten. Generell gehen die deutschen (wie auch die NATO-)Strateg:innen augenscheinlich nicht wirklich von einem Krieg auf deutschem Territorium aus. Die BRD soll vielmehr als Drehscheibe des westlichen Machtblocks fungieren, Infrastruktur, medizinische Versorgung und technischen Support für NATO-Truppen bereitstellen und diese natürlich auch militärisch unterstützen. Man gehe jedoch nicht von „einer Panzerschlacht in der Norddeutschen Tiefebene“ aus.

Und dennoch beschäftigt sich der Plan wohl auch ausgiebig mit der Kriegsführung im Inneren: Neben Strategien zur Abwehr von Sabotage und Cyberattacken, vor allem an norddeutschen Häfen, behandelt das Papier auch die Koordination von Bundeswehr und Polizei im Inneren. Russland, so das Papier, führe seine Kriege zunehmend hybrid und streue über Propaganda Misstrauen in der Bevölkerung gegen die eigene Regierung. Unter anderem deshalb – und um mehr Menschen beispielsweise in den Katastrophenschutz einzubeziehen – brauche es neben der Eindämmung russischer Propaganda ein gesamtgesellschaftliches Bewusstsein zum „Schutz“ Deutschlands nationaler Integrität und Bevölkerung. Dies öffnet natürlich Tür und Tor, nicht nur für Kriegspropaganda seitens der Herrschenden sowie der bellizistischen Medienhäuser, sondern auch für massive Repressionen gegen antimilitaristische Kräfte. Wie dies aussehen kann, wenn Protestbewegungen sich gegen die Interessen des deutschen Imperialismus und dessen Staatsräson wenden, sehen wir bereits jetzt im Zuge der Palästina-Soli-Proteste.

Warum das Ganze?

Der OPLAN DEU reiht sich ein in die Militarisierung nach innen und außen, die spätestens nach dem russischen Angriff auf die Ukraine 2022 und den darauffolgenden 100 Milliarden Euro der „Zeitenwende“ deutlich Fahrt aufgenommen hat.  Dass es hierbei nur sekundär um den Schutz der Zivilbevölkerung geht, zeigt unter anderem, dass selbst der sächsische Innenminister Armin Schuster (CDU) fehlende Perspektiven des Bevölkerungsschutzes im Kriegsfall kritisierte. Vielmehr drehen sich die tatsächlichen Hauptziele des Plans um die Interessen des BRD-Imperialismus. Im Kontext einer globalen Blockbildung und der durch den Ukraine-Krieg verstärkten Unterordnung der EU unter den US-amerikanischen Machtblock zielt der Plan darauf ab, den russischen und chinesischen Imperialismus zurückzuschlagen im Kampf um die Neuaufteilung der Welt – um Kontrolle über deren Einflusssphären, Absatzmärkte und billige Arbeitskräfte.

Aktuell wird die Frage eines zunehmend offenen Krieges zwischen der NATO und Russland im Ukrainekrieg immer dringlicher, da die russische Armee immer mehr die Oberhand gewinnt. Es zeichnet sich ab, dass auch mit einem Hochfahren der westlichen Waffenlieferungen die Ukraine in diesem Abnutzungskrieg langfristig nur verlieren kann. Dies bedeutet, dass die NATO entweder für einen reaktionären imperialistischen Frieden auf Kosten der Ukraine eintreten muss – und damit Konzessionen an den russischen Imperialismus machen –, oder den Krieg durch eine direkte Beteiligung weiter eskalieren lassen könnte. Auch wenn diese Frage sich heute noch nicht unmittelbar stellt, muss die NATO auf alle Eventualitäten vorbereitet sein und die Debatte darum ist auch schon im Anmarsch: Carlo Masala, Lehrer an der Bundswehrhochschule und Berater der Bundesregierung, will bereits Entsendung von Bodentruppen in die Ukraine ins Spiel bringen. So oder so dient der aktuelle Plan sicherlich auch der Abschreckung gegenüber dem russischen Imperialismus sowie als Vehikel für eine weitere Aufrüstung nach innen zur Absicherung der „Heimatfront“.

Jugend gegen Aufrüstung!

Wir wissen, dass kein „Operationsplan“ für unsere Sicherheit sorgen wird. Ein tatsächlich sicheres Leben kann es nur ohne Krieg und Krise geben – das heißt ohne den Kapitalismus, im Sozialismus. Das bedeutet auch, dass wir die Aufrüstung der Herrschenden als das begreifen müssen, was sie ist: Im Zweifel immer gegen uns gerichtet, insbesondere gegen uns als Jugend. Nicht nur werden wir es sein, die dazu gezwungen werden, uns für die Interessen des deutschen Imperialismus von anderen Arbeiter:innen und Jugendlichen erschießen zu lassen, während potenziell unser Zuhause pulverisiert wird. Nicht nur werden wir diejenigen sein, die für unseren Widerstand gegen ihre Kriegspläne mit Repressionen überzogen werden – in Schulen und Unis soll uns teilweise auch noch erzählt werden, dies sei irgendwie in unserem Interesse.

Bereits jetzt kommen wieder vermehrt Offiziere der Bundeswehr an unsere Schulen, um uns anzuwerben. Sie richten ihre Werbung spezifisch auf Jugendliche aus: Bundeswehr-Werbung arbeitet mit Videospielästhetik. Krieg sei „die größte Open World der Welt“ – schade nur, dass man dort nach einem Headshot nicht respawned, sondern tot ist. Dennoch scheint diese Werbung bei vielen Jugendlichen zu funktionieren, teils auch aus der Suche nach einem „sicheren“ Arbeitgeber in Zeiten enormer Perspektivlosigkeit. Dies hat zur Folge, dass die Bundeswehr allein in den letzten fünf Jahren 7861 Minderjährige rekrutieren konnte. Eine Zahl, die unter einer wahrscheinlichen Regierung Merz mit einer möglichen Einführung der Wehrpflicht dramatisch steigen dürfte.

Für uns bedeutet das, dass ein Kampf gegen die Aufrüstung genau dort geführt werden muss, wo wir uns tagtäglich bewegen – und damit eben auch genau dort, wo wir künftig (zumindest in Bayern) verpflichtend von Jungoffizieren besucht werden sollen. Diese Organisierung kann unter anderem Aktionen gegen die Bundeswehr an unseren Schulen beinhalten, aber auch niedrigschwelliger mit dem Hereintragen antimilitaristischer Positionen in Diskussionen im Politik- oder Geschichtsunterricht. Bei solchen Aktionen muss vor allem klargemacht werden, dass der Hauptfeind von uns als Jugend, das Kapital, immer noch im eigenen Land steht – und dass Krieg und Aufrüstung niemals in unserem Interesse sein können. Letztlich braucht es eine breite Bewegung gegen Krieg, Krise und den Rechtsruck – bestehend aus Arbeiter:innen und der Jugend.

Wir fordern:

  • Für den Aufbau einer Schüler:innengewerkschaft, die unsere Interessen gemeinsam mit der Arbeiter:innenklasse vertritt und durchsetzt!
  • Nein zur Wehrpflicht! Wir wollen kein Kanonenfutter sein!
  • 100 Milliarden für Soziales, Bildung und die Jugend – und nicht für die Bundeswehr!
  • Gegen jede Aufrüstung aller imperialistischen Nationen, ob Russland oder Deutschland!
  • Für eine Antikriegsbewegung international! Nur die Arbeiter:innen können den Konflikt lösen.
  • Für eine revolutionäre Jugendinternationale! Die Jugend braucht eine unabhängige und internationale Vertretung.
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