von Karim Kalash, Revolution Berlin
Viele werden es schon mitbekommen haben: am 7. und 8. Juli 2017 findet in Hamburg das G20 Gipfeltreffen statt. Aber nicht nur die Staatsführer_Innen mit ihrem Anhang aus 3000 Büroktrat_Innen und über 10000 Bullen und „Sicherheitskräften“ werden sich treffen. Auch die verschiedenen Organisationen und Strukturen der Linken und Arbeiter_Innenbewegung werden in Hamburg sein. Warum? Um jenen, die für Unterdrückung, Ausbeutung und Abschottung stehen, in die Suppe zu spucken und ihre Perspektiven entgegenzustellen.
Nachdem die Vorbereitungen bisher vor allem in recht übersichtige Delegiertenstrukturen wie den G20 Ratschlag, AGs und kleineren Bündnisse stattfand, folgte dieses Wochenende nun ein erster öffentlicher Schritt.
Um die 600 Teilnehmer_Innen brachten den Raum zum Überlaufen. Die im Wesentlichen von der IL Hamburg getragene, aber auch von anderen Hamburger Gruppen[1], wie der Hamburger Gruppe von Perspektive Kommunismus und der YXK-Hamburg organisierte Konferenz, zeigt vor allem eins: ein großes Bedürfnis, die G20 in Hamburg nicht einfach gewähren zu lassen. Durch die Öffnung nach außen ermöglichte sie einen Raum der Diskussion, der Propaganda und der Vernetzung.
Erfreut nahmen unsere Delegation zur Kenntnis dass sich in Hamburg ein wachsender Unmut entwickelt und auch viele aus dem Bundesgebiet angereist waren, sowie ein verhältnismäßig großer Anteil organisierter Menschen beteiligte.
Bei der Gelegenheit präsentierte die Staatsmacht gleich mal praktisch wie sie mit den Protesten umgehen will. Gerade mal 4 Tage vor dem Beginn erfolgte eine fristlose Kündigung durch die HTW. Angeblich wegen des hohen Gewalt Potentials der Veranstaltung. Auch wenn dank massiver Solidität die Konferenz nicht von den Räumen der HTW abhängig war, konnte vor Gericht die fristlose Kündigung rückgängig gemacht werden. Trotzdem versuchten die Bullen, welche vor Ort massiv aufgelaufen waren, durch Provokationen die von ihnen gewünschten Bilder zu erzeugen.
In den Vorbereitungskreisen wurde schon vor der Konferenz ein Aktionsbild festgelegt. Die 3 Hauptaktionsformen stellen hierbei ein Gegengipfel, in den Tagen vor dem G20 Treffen, ein Blockadetag am 7.7. und eine Massendemo am 8.7. dar. Für alle Aktionsformen werden grade die ersten Schritte getätigt. Wahrscheinlich ist jedoch das sich für den 7.7. unterschiedliche thematische Finger bilden werden. So hat z.B. „Ums Ganze“ bereits beschlossen, den Hafen und nicht das Gipfeltreffen zu blockieren. Für die Großdemo wurden bereits alle möglichen Routen in der Innenstadt angemeldet und eine Pressekonferenz abgehalten.
Außen herum werden sich weitere Aktionsformen sortieren. So wurde bereits eine autonome Demo am 6.7. angekündigt. Am Wochenende gelang es uns außerdem die bereits angelaufenen Vorbereitungen für ein Camp (im Rahmen des G20 entern Bündnis, an dem auch wir beteiligt sind) mit der Initiative der Veranstalter_Innen zu vernetzen. Wir werden uns hierbei auch weiterhin für ein zentrales Camp aller Linken und Arbeiter_Innen Organisationen einsetzen. Denn gegen dezentrale Übernachtungsorte sprechen für uns sowohl der Schutz der Aktivist_Innen vor Repression, als auch das Ziel einen Ort für Diskussion, Vernetzung und Organisierung von Widerstand zu schaffen. Zusätzlich zu diesen Dingen wurde beschlossen, dass es März/April eine weitere Konferenz geben soll auf der die Arbeitskreise, die sich gegründet ihre Ergebnisse vorstellen und es konkrete Informationen zu den geplanten Aktionen geben wird, sowie an der Aktionskonferenz am 11.2 von G20 entern teilzunehmen.
Bevor sich mensch beschwert, werden wir hier ein paar Worte über Kritik verlieren. Für uns gehört eine permanente Diskussion, eine Kultur aus Kritik (und Selbstkritik) untrennbar zur linken Bewegung. Sie richtet sich an linke Kräfte und ist als solidarische Kritik zu verstehen. Es geht darum aus der Praxis zu lernen, aber auch unsere Theorien in der Realität und in der Auseinandersetzung mit andern Standpunkten zu überprüfen. Untrennbar mit einer linken Tradition ist für uns auch verbunden, „immer das laut zu sagen, was ist“. Ein solidarisches Klima entsteht durch das Verstehen der anderen Position und durch gemeinsame Erfahrungen im Klassenkampf, nicht durch das Verschweigen von Differenzen.
Genau deswegen werden wir sie jetzt auch benennen. Auch wenn wir eine öffentliche Konferenz zu diesem Zeitpunkt für richtig halten, so kritisieren wir deren informelle Vorbereitung. Eigentlich war es eine Konferenz der IL und ihrer engeren Bündnispartner_Innen aus dem „post-autonomen“ Spektrum. Das ist sicher legitim. Die Konferenz wurde jedoch nach außen so präsentiert, als wäre sie die der Gesamtmobilisierung. Statt solcher Manöver wäre eine bundesweite Konferenz sinnvoller gewesen, an der die wichtigsten Akteur_Innen aus unterschiedlichen Strömungen der Linken vertreten sind. So waren verschiedene Spektren außerhalb der „post-autonomen“ Strukturen wenig repräsentiert und die Konferenz wurde stark von den intransparent geführten Auseinandersetzungen zwischen IL und Um’s Ganze um die Frage der Blockadetaktik am 7. Juli (Blockade des Hafens versus Blocke des Gipfels) geprägt. Die „Einladungspolitik“ zweigte sich darin, dass kaum gewerkschaftliche Zusammenhänge anwesend waren, dass sowohl das reformistische und als auch das anti-imperialistische Spektrum sowie Migrant_Innenorganisationen (mit Ausnahme der kurdischen Bewegung) unterrepräsentiert waren.
Den zweiten Kritikpunkt kennen wir schon von Konferenzen mit ähnlichen Veranstaltern. Statt Konferenz würde die Beschreibung Workshop-Tage es eigentlich besser treffen. Problematisch ist, dass es auch, wenn es gute Diskussionen gibt, selten ein Ergebnis gibt. Wo es kontroverse Auseinandersetzungen gibt, kommen pädagogische Spielchen aus dem Kasten. Die eigentlichen Entscheidungen stehen meistens vorher schon fest.
Immerhin einte alle, die an der Konferenz teilnahmen und die Mehrheit der Vorbereitung, dass es eine gemeinsame Mobilisierung gegen die G20 geben soll.
Das trifft aber überhaupt nicht auf die NGOs BUND, Campact (nicht die Neurechten, sondern die TTIP Leute) zu, die der Konferenz weitgehend fern blieben. Diese und deren Kolleg_Innen von der Naturfreunde Jugend scheinen es vorzuziehen, den Protest zu spalten und unter eine Großdemo am Wochenende vor den Gipfeltreffen zu veranstalten. Somit stellen sie den rechten Flügel in den Anti-G20 Organisator_Innen dar. Ihre Argumente sind zutiefst bürgerlich. Im Zentrum derer Steht eine angeblich bessere Wahrnehmbarkeit in der Presse und die Vermeidung von „Konfliktbildern“.
Ihnen schwebt keine Gegnerschaft zu G20 sondern eine Kritische Auseinandersetzung damit vor. In Wirklichkeit währen sie lieber zu den G20 eingeladen als auf der Straße zu kämpfen. Sie wollen den Protest spalten unter der Argumentation einer Aktionswoche. Wir wollen dann den Schaden für die Mobilisierung der Linken und Arbeiter_Innen möglichst gering halten. Deswegen lehnen wir zwei Großdemonstrationen ab. Denn praktisch heißt das, dass Gewerkschaften und NGOs eine Woche vor den eigentlichen Aktionen mobilisieren. Darauffolgende Proteste werden kleiner, denn keiner der arbeiten oder zur Schule gehen muss, kann es sich leisten zweimal in Folge an Wochenenden nach Hamburg zu fahren. Kleinere Proteste bedeuten außerdem weniger mediale Aufmerksamkeit und vor allem: mehr Repression.
Trotz der üblichen Spielchen zeichnet es sich ab, dass so viele Organisationen wie lange nicht mehr mobilisieren werden. Wir freuen uns auf eine große Gegenmobilisierung. Denn in der aktuellen Zeit ist es unfassbar wichtig ein Zeichen gegen Abschottung, Rassismus, Krieg und Ausbeutung zu setzen. Dieser ganzen Scheiße wollen wir eine Perspektive entgegensetzen, die eine wirkliche Alternative für linke Jugendliche und die Klasse ist. Deswegen beteiligen wir uns an den Anti-G20 Protesten, mobilisieren kräftig für diese und wollen im Rahmen der internationalen Solidarität ein lautstarkes Zeichen am 7. und 8. Juli auf die Straße tragen!