In der SPD brodelt es! Wie muss es nach den offenen Briefen weitergehen?

Von Brokkoli Bittner, Oktober 2024

Von Teilen der SPD sind gleich zwei offene Briefe veröffentlicht worden, die beide starken Zuspruch bekommen haben. In den Briefen wird der Bundestagsfraktion vorgeworfen, ihre sozialdemokratischen Werte verraten zu haben. Vor allem die kürzlich umgesetzte Überwachung aller deutschen Grenzen hat wohl zur Entstehung der Briefe beigetragen. Umgesetzt wurde das von der Sozialdemokratin Nancy Faeser umgesetzt, um so vielen Geflüchteten wie möglich die Einreise zu verweigern. Durch eine rassistische Vereinnahmung des Messerangriffs in Solingen wird versucht, diesen Beschluss zu rechtfertigen.

Es ist gut, dass diese Briefe geschrieben wurden. Die Politik der SPD richtet sich schon lange gegen die arbeitende Bevölkerung, vor allem gegen Migrant*innen. Das darf man nicht einfach hinnehmen. Aber an Scholz zu appellieren reicht nicht, um den Rassismus in der eigenen Partei zu beenden. Was muss also in der SPD und den Jusos passieren?

1. Für eine unabhängige Jugendorganisation!

Auffällig ist, dass der eine Brief von 120 Regionalverbänden der Jusos getragen wird, während der andere auch von Teilen des Bundesvorstands der Jusos unterstützt wird. In der Vergangenheit ist immer wieder aufgefallen, dass Jugendorganisationen ihre Mutterparteien unter Druck setzen und für eine progressivere Politik einstehen.

Durch ihre Rolle im Produktionsprozess bekommen Jugendliche die Auswirkungen der Krise als erstes zu spüren. In der anhaltenden Wirtschaftskrise seit 2008 ist für uns immer weniger Geld da. In der Schule und Uni, wo nichts produziert wird und kein Profit erwirtschaftet werden kann, setzt der Staat Sozialkürzungen meist zuerst um. Die Schule soll auch den Zweck der Erziehung erfüllen und uns Leistung und Konkurrenz als Naturzustand vermitteln. Diese kapitalistische Ideologie ist in den Köpfen der Jugend weniger fest verankert und die Widersprüche fallen uns schneller auf.

Wenn Jugendliche sich für Politik einsetzen, erfahren sie immer wieder Unterdrückung. Ihre Positionen werden nicht ernstgenommen, weder im Politikunterricht noch in den Parteien. Deshalb ist es wichtig, dass die Jugend ihre eigene Organisation hat, in der ihre progressiven Positionen nicht unterdrückt werden. Ein Kampf gegen die rechten Positionen der Mutterpartei muss mit dem Kampf für eine unabhängige Jugendorganisation verbunden werden.

2. Konsequente Kritik der sozialdemokratischen Strategie!

Wie konnte es überhaupt dazu kommen, dass eine sozialdemokratische Partei an vorderster Front den Rassismus aufleben lässt? Um das zu beantworten, müssen wir uns die Frage stellen, was ihre Strategie ist. Sozialdemokrat:innen wollen durch Kompromisse mit den Herrschenden kleine Verbesserungen erreichen. Reformen sollen dazu beitragen, dass wir uns Stück für Stück einer lebenswerten Welt annähern.

Diese Verhandlungen sind am besten bei sozialdemokratischen Gewerkschaften zu beobachten: Statt systematisch für die Kontrolle der Arbeiter:innen über ihren Lohn zu streiken, wird mit Konzernchefs über wenige Prozente debattiert. Wir stellen auch fest, dass die Kompromisse immer kläglicher werden. Statt einen Inflationsausgleich gibt es nur 5% mehr Lohn, was einen Reallohnverlust bedeutet.

Die Krise, in der wir uns befinden, bedeutet jedoch nicht, dass wir alle den Gürtel enger schnallen müssen. Krise im Kapitalismus heißt, dass bei Arbeiter:innen und Jugendlichen gespart wird, während Konzernbosse Milliardengewinne machen. Krise heißt auch, dass der Rassismus weiter angekurbelt wird, denn er soll die Begründung liefern, warum migrantischen Kolleg:innen noch weniger verdienen als weiße. Rassismus soll uns spalten, damit wir uns als Klasse nicht gegen die Herrschenden wenden. Er dient dazu, die wahren Krisenursachen zu verschleiern und die Schuld auf Geflüchtete zu schieben.

Dass die SPD rechte Forderungen wie Grenzkontrollen und Abschiebungen in die Tat umsetzt, ist ein Ausdruck der aktuellen Krise; sie verwaltet mit ihrer Politik dieses Elend mit. Es reicht jedoch nicht, die SPD als rassistisch zu bezeichnen. Wir müssen den Ursprung dieser rassistischen Politik angehen, die reformistische Strategie der Partei offen kritisieren und eine revolutionäre Perspektive zur Überwindung des Kapitalismus aufwerfen.

3. Für eine Kampagne gegen Rechtsruck und Sparpolitik!

Als Revolutionär:innen müssen wir mit den linken Teilen der Jusos über eine solche Perspektive diskutieren. Sie sind ein Teil der Jugend, der schon festgestellt hat, dass wir uns links organisieren müssen. Deshalb können sie auch für ein revolutionäres Programm zu gewinnen sein. Wer nach der Veröffentlichung des Briefs nur „Wer hat uns verraten?“ schreit, verschließt sich einem revolutionären Kampf mit Genoss:innen in der SPD.

Abseits der offenen Briefe muss Druck auf die SPD aufgebaut werden. Mit den linken Teilen der Partei muss eine Kampagne gegen den Rechtsruck durchgeführt werden, die auch die Politik der Ampel angreift. Das Ende der Sparpolitik und die Enteignung derjenigen, die an Rassismus verdienen, muss eine der Forderungen sein. Auch die Gewerkschaften und die Schulen müssen an dieser Kampagne beteiligt werden. Auf Parteitagen müssen eigene Kandidat:innen aufgestellt werden, die für klaren Antirassismus und einen entschiedenen Kampf für den Sozialismus stehen.

Wenn trotzdem keine Veränderung in der Partei entsteht, muss die Entscheidung für den geschlossenen Austritt fallen und es muss mit einer eigenen Organisation für eine solche Politik gekämpft werden. Häufig wird an dieser Stelle das Argument hervorgebracht: „Aber wenn alle Linken die Partei verlassen, dann überlassen wir die Partei doch den Rassist:innen!“ Doch wenn die Führung der SPD in der Lage ist, menschenfeindliche Politik zu machen, ohne, dass die Basis sie daran hindern kann – dann ist das auch keine linke oder sozialdemokratische Partei mehr, um die es sich zu kämpfen lohnt.

Quellen:

  1. https://eintreten-fuer-wuerde.de
  2. https://asylwende.wtf
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