Konjunkturpaket in den USA, Sozialdemokratische Krisenpolitik

Was hat es mit dem Konjunkturpaket auf sich?

Die USA befinden sich in einer der schlimmsten wirtschaftlichen Krisen ihrer Geschichte. Die Krise, die mittlerweile weltweit zu einer dreifachen Krise, einer Krise des Gesundheitssystems, einer ökologischen und einer Wirtschaftskrise herangewachsen ist verlangt nach neuen Maßnahmen das System zu erhalten.

Die Trumpsche Krisenpolitik, die die USA zu einem Steuerparadies gemacht haben und so Investitionen in den USA und die industrielle Produktion ankurbeln sollten zeigen nur ungenügende Erfolge. Die neoliberale Krisenpolitik, unter deren Agenda das System der sozialen Absicherung und der öffentlichen Infrastruktur immer weiter untergraben wurden, haben den US-Imperialismus nicht ausreichend stabilisieren können. Wirtschaftlich und militärisch werden die USA global vom imperialistischen Konkurrenten China unter Volldampf eingeholt. Während sich die chinesische Wirtschaft rasant von den Folgen von Corona erholen kann, kämpfen alle anderen (imperialistischen) Staaten mit den Folgen des Rückgangs und der teilweisen Einstellung von Produktion und Einzelhandel.

Nach seinem knappen Wahlerfolg muss Biden liefern, sicher wird er gerade jetzt an den Erfolgen im Kampf gegen den Corona Virus und am Plan zum Wiederaufbau der USA gemessen. Dass er diese Erfolge nicht mit der Fortsetzung der Sparpolitik erringen wird ist offensichtlich. Die Notwendigkeit ein Infrastrukturprogramm auf den Weg zu bringen, das in der Lage dazu ist, den US-Kapitalismus wieder in die Position der hegemonialen Weltmacht zu bringen ist gegeben.

Trotz aller positiver Maßnahmen, die das Konjunkturpaket beinhaltet und der sicherlich positiven Auswirkungen auf einen großen Teil des US-Proletariats, insofern er zumindest einige der Versprechungen einhält, sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch dieses Konjunkturpaket in Erster Linie dem Erhalt der wirtschaftlichen, politischen und militärischen Dominanz der USA auf globaler Ebene dient.

Was beinhaltet das Konjunkturpaket?

„Built Back Better“, unter diesem Slogan trat Biden zur Wahl an. Was aber bedeuten die drei B´s genau? Das aus dem links populistischen Lager übernommene Konzept möchte eine Stärkung der Wirtschaft unter den Maßgaben sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Verträglichkeit erreichen. Die Modernisierung der Infrastruktur und Investitionen, beispielsweise in grüne Verkehrsinitiativen sollen gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen, gleichzeitig sollen langfristig amerikanische Gewerbe gestärkt werden.

Die Nähe zu Trumps „make America great again“ Politik, verdeutlicht sich an Bidens Slogan „buy american“. Biden setzt dabei aber auf multilaterale Wirtschaftsabkommen und einen „weicheren“ Protektionismus.

Der American Rescue Plan Act of 2021 ist das größte Konjunkturpaket der Geschichte der USA. Die Investitionen sollen sich insgesamt auf 1,9 Billionen Dollar belaufen, mehr als das jährliche Brutto Inlands Produkt von Brasilien (Platz neun im weltweiten Vergleich).

Unter anderem sollen 1400 Dollar ausgezahlt werden, an alle Amerikaner_Innen mit einem Einkommen von unter 80.000 Dollar im Jahr. Es sollen befristete Arbeitslosenhilfen, bis September, ausgezahlt werden, zusätzlich zu den Zahlungen lokaler Behörden. Darüber hinaus soll eine Art Kindergeld eingeführt werden.

Langfristige Maßnahmen, wie die Einführung eines Flächendeckenden existenzsichernden Mindestlohns, wurden nicht aufgenommen. Die versprochenen 15 Dollar Mindestlohn sollen nur in Betrieben ausgezahlt werden, die im Staatsauftrag arbeiten. Der aktuelle Mindestlohn in den USA beträgt 6,35€ (man bedenke fehlende soziale Absicherung, Krankenversicherungen etc.) Die sozialen Maßnahmen, wie die Arbeitslosenhilfe sollen befristet bleiben.

Investitionen sollen unter andrem in die Modernisierung von rund 32.000 km Straße, die Sanierung von 10.000 Brücken, die Modernisierung von Flughäfen, Häfen und in den Bau einer halben Millionen Ladestationen für E-Autos gesteckt werden. Der Nahverkehr soll durch Investitionen von bis zu 25 Mrd. Dollar emissionsfrei werden. Unter anderem sollen diese Maßnahmen aus der Erhöhung der Unternehmenssteuer (Steuer auf Unternehmensgewinne) auf 28 % (Trump hatte sie von 35% von auf 21% abgesenkt) und die Erhöhung der Kapitalertragssteuer (Steuer auf Zinserträge und Aktiengewinne) finanziert werden.

Allein die Ankündigung seines Investitionsprogramms hatte Prognosen von bis zu 7% Wirtschaftswachstum in den USA in 2021 zur Folge. Der überschwängliche Optimismus deutet auf die wahren Ziele des Konjunkturpakets hin: nicht den Arbeiter_Innen soll geholfen, sondern die Wirtschaft stabilisiert werden.

Bidens Programm soll über Steuererleichterung Anreize für Unternehmen schaffen, die in die USA investieren. Gleichzeitig sollen Strafsteuern Unternehmen abhalten, Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern. Es sollen ca. 1. Mio. neue Arbeitsplätze in der Automobilindustrie geschaffen werden. Pharmazeutische Güter und Schutzausrüstung sollen in den USA, unabhängig von Internationalen Lieferketten hergestellt werden. Der Kern des Pakets verbleibt, bei allem Euphemismus, in der Standort-nationalistischen „make America great again“ Logik. Es bleibt eine sozialliberale Mogelpackung mit grünem Anstrich.

Wohlwollende Sozialpolitik oder Notwendige Beschwichtigungsversuche?

So gut sich die Investitionen und die kurzfristigen Zahlungen auch anhören mögen, eine substantielle Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den USA wird auch dieses große Konjunkturprogramm nicht herbeizaubern. Hierfür braucht es eine schlagkräftige Kampagne der Gewerkschaften und der Unterdrückten, eine Bewegung, die sich für den Ausbau der Arbeiter_Innenrechte einsetzt. Das Recht auf gewerkschaftliche Organisierung, ein Recht auf Tarifverträge für alle Beschäftigten wären die Grundlage für eine erfolgreiche Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen in den USA, um die Schwächen des Reformprogramms aufzuzeigen.

Eine kurzfristige Geldschwämme wird die tiefen strukturellen sozialen Probleme der USA nicht lösen. Die Spannungen traten im letzten Jahr vermehrt zutage. Spontane Massenaktionen bis hin zu militanter Selbstverteidigung, wie im Zuge der Black Lives Matter Proteste, sind ein Ausdruck dieser Spannungen. Nicht nur der strukturelle Rassismus, sondern auch die Lebenssituation prekär beschäftigter US-Amerikaner_Innen führen nicht nur zu spontaner Radikalität, sondern ebenso zur Notwendigkeit des Aufbaus einer revolutionären Arbeiter_Innenpartei.

Diese Bewegung muss eine flächendeckende kostenlose Gesundheitsversorgung fordern, Maßnahmen gegen die rasant anwachsende Wohnungslosigkeit ergreifen und sich entschlossen gegen Abschiebungen und für die Aufnahme aller Geflüchteten positionieren, die in den USA leben wollen. So kann die Regierung Bidens enttarnt werden, als Regierung des Kapitals. Jede Form der sozialen Befriedung verschleiert den Gegensatz der Interessen der reichsten und der prekär beschäftigten Amerikaner_Innen, deshalb muss sie im Kern kritisiert werden, während eigene Lösungsansätze präsentiert werden. Die umfassenden Maßnahmen werden nicht von der Regierung Biden, werden von keiner Politikerin und keinem Politiker der demokratischen oder der republikanischen Partei umgesetzt werden. Letztlich kann nur ein massiver Eingriff in den Reichtum der amerikanischen Bourgeoisie die sozialen Konflikte beseitigen. Dass die das nicht mit sich machen lässt und, dass das nicht mit den Republikanern und Demokraten zu machen ist verdeutlicht die Notwendigkeit des Aufbaus einer revolutionären Arbeiter_Innenpartei, die es schafft die sozialen Bewegungen unter sozialistischem Banner zu bündeln und anzuleiten.

Internationale Dimension

Die neuen Schulden müssen finanziert werden. Gerade Ressourcenkonflikte mit dem imperialistischen Hauptkonkurrenten China werden perspektivisch zu aggressiven Auseinandersetzungen führen. Dabei sind die Strafzölle, als eine Form wirtschaftlicher Kriegsführung, nicht das letzte Instrument im Repertoire der USA. Gerade im Hinblick auf Konflikte in halbkolonialen Staaten wird es zunehmende militärische Anfeindungen geben, die stellvertretend für einen direkten Konflikt zwischen den USA und China stehen. Bidens antichinesische Rhetorik auf internationaler Ebene. Mitte letzten Monats bekräftigte Biden die Sicherheitsgarantie für Japan unter Verweis auf die Möglichkeit des Einsatzes Atomarer Waffen (näheres zum Konflikt im Ostchinesischen Meer findet sich auf unserer Homepage).

Allgemein wird sich der Druck auf Halbkolonien erhöhen. Deren Verschuldung wird weiter vorangetrieben werden, die eh schon dürftigen Hilfszahlungen werden wahrscheinlich reduziert. Die rassistische Einwanderungspolitik der USA wird weiterhin Millionen Menschen die Perspektive auf ein zumindest halbwegs sicheres Leben verwehren.

Möglicherweise wird dieses Konjunkturprogramm andere imperialistische Länder oder Blöcke in Zugzwang bringen, deren Wirtschaft über kurzfristige Schuldenfinanzierung zu stabilisieren. Dabei müssen wir den Charakter dieser Programme stets offenlegen. Nicht die Wirtschaft und nicht die individuellen Kapitalist_Innen müssen gerettet werden. Nein! Deren Kapital muss genutzt werden die vielen Krisen, des Gesundheitssystems, der Umwelt und die vielfältigen sozialen Krisen abzuwenden!

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